FA Urheber- & Medienrecht Werberecht. Rechtsanwalt Jens O. Brelle Art Lawyer
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- Hilke Geisler
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1 Fortbildung BILD-Zeitung verliert Streit um taz-werbespot BGH präzisiert Grenzen humorvoller Werbevergleiche FA Urheber- & Medienrecht Werberecht Rechtsanwalt Jens O. Brelle Art Lawyer VORTRAG: BILD-ZEITUNG VERLIERT STREIT UM TAZ-WERBESPOT Seite (1/41)
2 Übersicht BILD-Zeitung verliert Streit um taz-werbespot BGH präzisiert Grenzen humorvoller Werbevergleiche 1. BILD vs. taz 1.1 Zusammenfassung der Streitigkeit 1.2 Die Ansicht der Vorinstanzen 1.3 Die Ansicht des BGH 2. Rechtsprechungshistorie 2.1 Preisgegenüberstellung im Schaufenster - BGH, Urteil v Az.: I ZR 89/ Cola-Test - BGH, Urteil v Az.: I ZR 11/85 VORTRAG: BILD-ZEITUNG VERLIERT STREIT UM TAZ-WERBESPOT Seite (2/41)
3 1.1. Zusammenfassung der Streitigkeit Die taz warb im Jahr 2005 mit einem Kino- Werbespot. Der Spot besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil sieht man einen mit Unterhemd und Jogginghose bekleideten Mann mit seinem Hund zu einem Kiosk, bzw. zu einer Trinkhalle gehen. Der Zeitungsständer mit der BILD ist vollkommen leer. Vor dem Kiosk rifft er auf einen Kumpel und sagt zu dem Inhaber des Kiosks Kalle, gib mal Zeitung, der Inhaber des Kiosks entgegnet ihm daraufhin mit Is aus. Der Mann fragt nach Wie aus? und nun schiebt der Inhaber wortlos eine taz über den Tresen. Der Kunde antwortet darauf Wat is dat denn? Mach mich nicht fertig, Du und wirft die taz nach einem kurzen Blick darauf verärgert auf die Ladentheke. Doch der Kioskinhaber zaubert nun eine BILD unter der Theke hervor, übergibt sie seinem Kunden. Alle Anwesenden brechen in Gelächter aus. Im zweiten Teil wiederholt sich die Anfangsszene mit dem Unterschied, dass der Zeitungsständer mit der BILD gut gefüllt ist. Diesmal sagt der Kunde zum Kioskinhaber Kalle, gib mal taz. Der Kioskinhaber ist so verblüfft, dass er nicht reagiert. Doch dann bricht der Kunde in Gelächter aus und auch der Kioskinhaber schließt sich dem an. Am Ende beider Spots wird der Text taz ist nicht für jeden, Das ist OK so. eingeblendet. Seite (3/41)
4 BGH, Urteil v , Az.: IZR 134/07 Vorinstanzen: LG Hamburg, Entscheidung v , Az.: 408 O 97/06 OLG Hamburg, Entscheidung v , Az.: 5 U 108/06 Klägerin: BILD Beklagte: tageszeitung (taz) Ansprüche: - Unterlassung - Auskunftserteilung - Feststellung der Schadensersatzpflicht Grund: Der Werbespot der taz sei unzulässige vergleichende Werbung und stelle eine Verletzung der Rechte an der Marke BILD dar. Seite (4/41)
5 Das Video in voller Länge: Seite (5/41)
6 Teil 1 VORTRAG: BILD-ZEITUNG VERLIERT STREIT UM TAZ-WERBESPOT Seite (6/41)
7 VORTRAG: BILD-ZEITUNG VERLIERT STREIT UM TAZ-WERBESPOT Seite (7/41)
8 VORTRAG: BILD-ZEITUNG VERLIERT STREIT UM TAZ-WERBESPOT Seite (8/41)
9 Teil 2 VORTRAG: BILD-ZEITUNG VERLIERT STREIT UM TAZ-WERBESPOT Seite (9/41)
10 VORTRAG: BILD-ZEITUNG VERLIERT STREIT UM TAZ-WERBESPOT Seite (10/41)
11 Das LG Hamburg hat der Klage stattgegeben, bis auf einen Teil des Auskunftsanspruchs. Die Berufung der Beklagten beim OLG Hamburg blieb erfolglos. Das OLG hat die Revision zugelassen. Der BGH hat das Urteil des OLG Hamburg aufgehoben und das Urteil des LG Hamburg teilweise abgeändert. Insgesamt wurde die Klage abgewiesen. Die Klägerin hatte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Seite (11/41)
12 1.2. Die Ansicht der Vorinstanzen Das LG Hamburg sah in der Werbung der taz eine unlautere Wettbewerbshandlung, die die Waren des Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft. Der Klägerin steht laut LG Hamburg ein Unterlassungsanspruch nach 3, 4 Nr. 7, 6 Abs. 2 Nr. 5,8 Abs. 1 UWG zu. Das LG Hamburg lehnte die Anwendung des Markengesetzes in diesem Fall ab. Grund dafür war, dass hier kein markenmäßiger Gebrauch der Marke BILD vorlag. Jedoch sah das LG Hamburg die Werbespots als unlauter im Sinne von 3, 4 Nr. 7, 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG. Beide Spots setzen die Ware des Mitbewerbers herab oder verunglimpfen diese. Außerdem wird die BILD in den Spots als Zeitung für sozialschwache und ungebildete Menschen diffamiert. Es handele sich um eine pauschale Abwertung der BILD, die in der Werbung für ein Konkurrenzprodukt unlauter nach 4 Nr. 7, 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist. Die pauschale Abwertung wird auch nicht dadurch wettbewerbsrechtlich unbedenklich, dass der Werbespot neben den in ihm enthaltenen wertenden Elementen auch die Tatsachenbehauptung enthält, die BILD stelle wesentlich geringere Ansprüche an ihre Leserschaft als die taz. Auch wahre Tatsachen über die Konkurrenz rechtfertigen keine pauschale Abwertung. Die Verbreitung wahrer geschäftsschädigender Tatsachen zu Zwecken des Wettbewerbs ist keineswegs generell zulässig. Seite (12/41)
13 1.2. Die Ansicht der Vorinstanzen Zulässig sind wahre, aber geschäftsschädigende Tatsachenbehauptungen nur, soweit ein sachlich berechtigtes Informationsinteresse der angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf eine Nachfrageentscheidung besteht. Der Wettbewerber muss außerdem einen hinreichenden Anlass haben, den eigenen Wettbewerb mit der Herabsetzung des Mitbewerbers zu verbinden, und die Kritik muss sich nach Art und Maß im Rahmen des Erforderlichen halten. Eine Verbreitung derartiger geschäftsschädigender Kritik und Verunglimpfungen wird auch nicht über die Grundrechte aus Art. 5 GG geschützt. Seite (13/41)
14 1.3.Die Ansicht des BGH Leitsatz Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte in einem Werbevergleich, die weder den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preis gibt noch von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher nicht als Abwertung verstanden wird, stellt keine unlautere Herabsetzung im Sinne des 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG dar. Seite (14/41)
15 1.3.Die Ansicht des BGH Der Werbespot ist als vergleichende Werbung im Sinne des 6 Abs. 1 UWG anzusehen. - Werbung im Sinne von 6 Abs. 1 UWG ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern. - Vergleichende Werbung liegt daher schon dann vor, wenn eine Äußerung auch nur mittelbar auf einen Mitbewerber oder die von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen Bezug nimmt. - Vergleichende Werbung ist nach 6 Abs. 1 UWG jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. - Der Begriff der vergleichenden Werbung ist in einem weiten Sinn zu verstehen, da er alle Arten der vergleichenden Werbung abdecken soll. Seite (15/41)
16 1.3.Die Ansicht des BGH Der Vergleich setzt die von der Klägerin vertriebene BILD-Zeitung jedoch nicht im Sinne des 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG herab. - Wer vergleichend wirbt, handelt nach dieser Bestimmung unlauter, wenn der Vergleich die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft. Wie das Berufungsgericht bereits festgestellt hat, stellt der Werbespot dem Betrachter einen typischen BILD-Leser vor. Dieser typische BILD-Leser wird in dem Spot so dargestellt, als sei er intellektuell nicht in der Lage die taz zu lesen und zu verstehen. - Ein Vergleich im Sinne dieser Regelung liegt vor, wenn der Werbende einen für den Verkehr erkennbaren Bezug zwischen (mindestens) zwei Wettbewerbern, zwischen deren Waren oder Dienstleistungen bzw. ihren Tätigkeiten oder sonstigen Verhältnissen herstellt. Seite (16/41)
17 1.3.Die Ansicht des BGH Die Einblendung taz ist nicht für jeden. Das ist OK so. stellt dies nochmals heraus und schafft somit einen unmittelbaren Vergleich zwischen der Leserschaft und dem Inhalt beider Zeitungen. Dieser Vergleich ist jedoch nicht in unlauterer Weise, im Sinne von 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG, herabsetzend. - Herabsetzend im Sinne von 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich daher nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen. - Eine Herabsetzung im Sinne von 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG setzt mehr voraus als die einem kritischen Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile der verglichenen Produkte. - Maßgeblich ist, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlichen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Seite (17/41)
18 1.3.Die Ansicht des BGH Der BGH berücksichtigt außerdem, dass der Werbespot zu einem nicht unerheblichen Teil von Humor und Ironie lebt. - Wo genau die Grenze zwischen leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung verläuft, bedarf stets in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung. - Solange der Werbende mit ironischen Anklängen lediglich Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber weil der Verkehr die Aussage nicht wörtlich und damit ernst nimmt keine Abwertung des Mitbewerbers oder des konkurrierenden Angebots verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung. Seite (18/41)
19 1.3.Die Ansicht des BGH Hier stellt der BGH heraus, dass das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen hat, die Grenze zwischen Ironie und hinnehmbarer Herabsetzung sei überschritten. - Erst wenn der Spott von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernstgenommen wird, kann er als abwertend verstanden werden. - Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Werbevergleichs ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen. - Dieser Durchschnittsverbraucher ist zunehmend an pointierte Aussagen in der Werbung gewöhnt und empfindet sie als Ausdruck lebhaften Wettbewerbs. - Ein humorvoller oder ironischer Werbevergleich kann daher auch dann zulässig sein, wenn er sich nicht auf feinen Humor und leise Ironie beschränkt. Seite (19/41)
20 1.3.Die Ansicht des BGH Das Berufungsgericht argumentierte weiter, der Werbespot sei als massive Abwertung der Klägerin anzusehen, weil er die gesamte Leserschaft der BILD-Zeitung pauschal als dumm und primitiv abstemple. Dieser Argumentation schloss sich der BGH nicht an. Auch wenn der Spot dem Betrachter vermittelt, es handele sich bei dem Mann in Unterhemd und Jogginghose um einen typischen BILD-Leser, so widerspricht dies der Lebenserfahrung. - Danach ist allgemein bekannt, dass die Leserschaft der BILD tatsächlich nicht nahezu ausschließlich aus der Personengruppe besteht, die die Beklagte in den Spots überzeichnet beschrieben hat, sondern die BILD von breiten Teilen der Bevölkerung quer durch alle sozialen Schichten gelesen wird. Seite (20/41)
21 1.3.Die Ansicht des BGH Zur Darstellung des typischen BILD-Lesers führt der BGH aus: - Der BILD-Leser wird nicht pauschal als dumm und primitiv abgestempelt. Hier stelle das Berufungsgericht nur darauf ab, der Kunde sei wegen seiner schlichten und sehr einfachen Persönlichkeitsstruktur intellektuell überfordert dargestellt. - In den Spots wird er durchaus als gewitzt gezeigt. - Schließlich erkennt er, dass der Kioskinhaber ihm einen Streich gespielt hat und stimmt in das Lachen mit ein. - Außerdem gelingt es ihm im zweiten Teil, den Kioskinhaber mit seinem Wunsch nach einer taz seinerseits auf den Arm zu nehmen und er hat zuletzt die Lacher auf seiner Seite. Seite (21/41)
22 1.3.Die Ansicht des BGH Dass der Kunde im zweiten Teil des Spots in schallendes Gelächter ausbricht, nachdem er den Kioskinhaber nach einer taz gefragt hat, soll nicht verdeutlichen, dass es fernliegend und lächerlich sei, dass er nach einer taz fragt, sondern es soll vielmehr lediglich Ausdruck der Freude des Kunden sein, dass es ihm gelungen ist, seinerseits den Kioskinhaber zu veräppeln. - Der durchschnittlich informiert, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher erkennt, dass es sich bei der Darstellung um eine humorvolle Überspitzung handelt, mit der die Aufmerksamkeit der Werbeadressaten geweckt und nicht die BILD-Zeitung oder deren Leserschaft pauschal abgewertet werden soll. Somit machen die Spots nur deutlich, dass sich die taz an eine andere Leserschaft richtet und nicht den Massengeschmack ansprechen. Seite (22/41)
23 1.3.Die Ansicht des BGH Auch nach den übrigen Tatbestandsvarianten des 6 Abs. 2 UWG stellt der Werbespot der Beklagten keine unlautere Werbung dar. - 6 Abs. 2 Nr.2 UWG - Kein objektiver Bezug auf Eigenschaften der Ware Wer vergleichend wirbt, handelt nach dieser Vorschrift unlauter, wenn der Vergleich nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist. Dabei ist die Frage, ob sich die Werbung auf eine Eigenschaft bezieht, die für die Waren die genannten, kumulativ zu fordernden Qualifikationen aufweist, aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs zu beurteilen. Der Verkehr sieht hier einen Vergleich der Leserschaft beider Zeitungen. Der Vergleich ist damit objektiv auf eine wesentliche, relevante, nachprüfbare Eigenschaft von den Parteien verlegten Zeitungen bezogen. Seite (23/41)
24 1.3.Die Ansicht des BGH - 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG - Keine unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs eines Kennzeichen Wer vergleichend wirbt, handelt nach dieser Bestimmung unlauter, wenn der Vergleich den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Der Ruf eines Kennzeichens wird in unlautere Weise ausgenutzt, wenn dessen Verwendung im Rahmen einer vergleichenden Werbung bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Assoziation zwischen dem Werbenden und dem Mitbewerber in der Weise hervorruft, dass diese den Ruf der Erzeugnisse des Mitbewerbers auf die Erzeugnisse des Werbenden übertragen. Der Hinweis auf die Marke der in den Vergleich einbezogenen Produkte ist für eine Unterscheidung der verglichenen Erzeugnisse und einen wirksamen Wettbewerb auf dem in Rede stehenden Markt erforderlich und begründet für sich genommen keine unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung des guten Rufs der fremden Markenartikel. Seite (24/41)
25 1.3.Die Ansicht des BGH Der Spot verletzt auch nicht die Rechte der Klägerin an der Marke BILD nach 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. - Nach dieser Vorschrift ist es Dritten zwar unter näher bezeichneten Voraussetzungen untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit dieser Marke identisches oder dieser Marke ähnliches Zeichen zu benutzen. - Der Inhaber einer eingetragenen Marke ist jedoch nicht berechtigt, einem Dritten die Benutzung eines mit seiner Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in einer vergleichenden Werbung zu verbieten, die gegen keinen der in 6 Abs. 2 UWG genannten Verbotstatbestände verstößt. Seite (25/41)
26 2. Rechtssprechungshistorie 2.1. PREISGEGENÜBERSTELLUNG IM SCHAUFENSTER - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 89/99 Vorinstanzen: OLG Naumburg LG Halle Leitsätze: a) Ein Klageantrag, der auf die Unterlassung gerichtet ist, dass Preise herabsetzend und/oder ironisch vergleichend gegenübergestellt werden, genügt nicht den Bestimmungserfordernissen des 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. b) Zur Frage der Herabsetzung oder Verunglimpfung eines Mitbewerbers durch Aushang einer Zeitungswerbung dieses Konkurrenten (überschrieben: PC Sonderaktion Solange der Vorrat reicht! ) im eigenen Schaufenster mit dem Hinweis, dieselbe beworbene Ware sei in diesem Geschäft normal zu einem bestimmten, günstigeren Preis erhältlich. Seite (26/41)
27 2.1. PREISGEGENÜBERSTELLUNG IM SCHAUFENSTER - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 89/99 Sachverhalt: Die streitenden Parteien handeln in E. mit Geräten der Büro- und Computertechnik. Im Juli 1997 erschien in der örtlichen Presse eine Werbeanzeige der Klägerin, mit der sie unter der Überschrift PC Sonderaktion Solange der Vorrat reicht! für ein näher beschriebenes Computergerät zum Preis von DM warb. Zwei Tage nach Veröffentlichung der Anzeige hängte die Beklagte diese leicht vergrößert in ihrem eigenen Schaufenster aus und versah sie mit dem handschriftlichen Hinweis Dieser PC wird bei uns normal für DM verkauft!. Die Klägerin hat dies als wettbewerbswidrig ( 1 UWG) beanstandet. Sie hat geltend gemacht, die Werbung der Beklagten sei unzulässig, weil sie die eigenen Preise kritisierend und herabwürdigend mit denen der Klägerin vergleiche. Seite (27/41)
28 2.1. PREISGEGENÜBERSTELLUNG IM SCHAUFENSTER - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 89/99 Die Klägerin beantragte: 1. die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere zu Wettbewerbszwecken, eigene Waren und/oder deren Preise dadurch hervorzuheben und/oder herauszustreichen, dass Waren und/oder Preise von Waren, die durch die Klägerin angeboten werden, mit der eigenen Ware und/ oder deren Preise herabsetzend und/oder ironisch vergleichend gegenübergestellt werden, 2. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auf eine Werbeaktion der Klägerin unter Hervorhebung eines Verkaufspreises dahingehend zu reagieren, dass die Beklagte darauf hinweist, dass das gleiche Produkt bei der Beklagten normal für weniger Geld verkauft wird. Seite (28/41)
29 2.1. PREISGEGENÜBERSTELLUNG IM SCHAUFENSTER - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 89/99 Das LG hat den Klageantrag zu 1 als unzulässig abgewiesen. Dem Klageantrag zu 2 hat es ohne den Zusatz insbesondere entsprochen. Das OLG hat die Klage unter Zurückweisung der gegen die Abweisung des Klageantrags zu 1 gerichteten Berufung der Klägerin auf die selbstständige Anschlussberufung der Beklagten auch im übrigen abgewiesen. Die Klägerin verfolgte vor dem BGH ihre ursprünglichen Klageanträge weiter. Die Beklagte war zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten. Die Klägerin beantragte ein Versäumnisurteil. Der BGH entschied dennoch durch streitiges Urteil (unechtes Versäumnisurteil). Seite (29/41)
30 2.1. PREISGEGENÜBERSTELLUNG IM SCHAUFENSTER - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 89/99 Nach 2 II Nr. 5 UWG (a. F.) ist vergleichende Werbung ohne weiteres sittenwidrig, wenn sie einen Mitbewerber oder seine Leistung herabsetzt. Doch nicht jede herabsetzende vergleichende Werbung verstößt ohne weiteres gegen die guten Sitten. Zu Herabsetzung müssen daher besondere Umstände hinzutreten, damit vergleichende Werbung nach 2 II Nr. 5 UWG (A. F.) gegen die guten Sitten verstößt. Unnötig herabsetzende vergleichende Werbung gilt als sittenwidrig. Allerdings sind Werbevergleiche nicht schon dann unnötig herabsetzend, wenn Mitbewerber oder ihre Leistungen unnötig erkennbar gemacht werden. Unnötig herabsetzend kann vergleichende Werbung auch dann sein, wenn Mitbewerber oder ihre Leistungen ironisierend herabgesetzt werden. Dem Stilmittel der Ironie kann eine größere Werbewirkung zukommen, als unrichtigen, herabsetzenden Sachaussagen. Verwendet man Ironie dazu, die Leistung eines Mitbewerbers ins Lächerliche zu ziehen, dann ist dies mit den guten Sitten nicht mehr vereinbar. Seite (30/41)
31 2.1. PREISGEGENÜBERSTELLUNG IM SCHAUFENSTER - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 89/99 Der BGH führte in seinem Urteil aus: - Der beanstandete Werbevergleich stellt die Angebote der Parteien nicht auf unangemessene Weise abfällig, abwertend oder unsachlich gegenüber. - Die Art der Darstellung des Preisvergleichs entbehrt allerdings nicht einer gewissen Ironie. - Die sich in dieser Art der Darstellung äußernden leicht ironisch kritisierenden und zur Schau stellenden Elemente beinhalten aber nach den gesamten Umständen noch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Klägerin im sinne von 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG (a. F.). - Indem die Beklagte die Werbeanzeige der Klägerin in ihrer konkreten Gestaltung vollständig leicht vergrößert abbildet und diese mit dem handschriftlichen Kommentar versieht, dass dasselbe Computergerät bei der Beklagten normal für einen geringeren Preis erhältlich sei, benutzt sie die Werbung der Klägerin als Vorspann für ihr eigenes Angebot. Seite (31/41)
32 2.1. PREISGEGENÜBERSTELLUNG IM SCHAUFENSTER - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 89/99 - Mit der vollständigen Wiedergabe der Werbung der Klägerin knüpft die Beklagte mit der größtmöglichen Authentizität an das zum Gegenstand des Vergleichs gemachte Preisangebot des Mitbewerbers an. Darin liegt nichts Unsachliches. - Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wird daher ohne hier nicht ersichtliche besondere Anhaltspunkte die wörtliche Wiedergabe oder Abbildung des konkurrierenden Angebots vom Verkehr regelmäßig nicht als herabsetzend oder verunglimpfend empfunden. - Der handschriftlich hinzugefügte Kommentar der Beklagten wirkt auch in keiner Weise abfällig oder abwertend. - Der eigentliche Kern der Kritik liegt in der rein sachlichen Gegenüberstellung von einem dauerhaft preisgünstigeren Normalangebot und einem zeitlich begrenzten preislich höheren Sonderangebot. - Hier sei bereits die Wurzel für eine leise Ironie angelegt. Seite (32/41)
33 2.1. PREISGEGENÜBERSTELLUNG IM SCHAUFENSTER - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 89/99 Unterschiede/ Übereinstimmungen mit dem taz-urteil Der BGH hat bereits in diesem Urteil die Grenzen der Zulässigkeit ironisch vergleichender Werbung konkretisiert. So lange der Werbende mit ironischen Anklängen lediglich Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber keine Abwertung des Mitbewerbers verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung oder Verunglimpfung. Es bedarf stets einer sorgfältigen Einzelfallprüfung, wo die Grenzen zwischen leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung liegen. Seite (33/41)
34 2. Rechtssprechungshistorie 2.2. COLA-TEST - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 11/85 Vorinstanzen: OLG Düsseldorf LG Düsseldorf Leitsätze: 1. Der Tatbestand der wettbewerbswidrigen kritisierenden vergleichenden Werbung erfordert, dass der Werbende die eigene Ware durch Herabsetzung der Ware des Mitbewerbers besonders hervorzuheben sucht. 2. Die Aufforderung zu einem Geschmackstest konkurrierender Getränke stellt nicht schon dann eine wettbewerbswidrige kritisierende vergleichende Werbung dar, wenn die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der überragenden Marktstellung des Mitbewerbers ohne weiteres eine gedankliche Beziehung zu dessen Produkt herstellen. Seite (34/41)
35 2.2. COLA-TEST - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 11/85 Sachverhalt: Klägerin ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs gehört. Die Beklagte stellt eine koffeinhaltige Limonade namens Pepsi-Cola her. Sie hat einen Werbespot herstellen lassen, der in Kinos ausgestrahlt wurde und in dem Jugendliche zu einem Cola-Test aufgefordert wurden. Der Geschmacksvergleich fand mit Pepsi-Cola und zwei namentlich nicht genannten Cola-Getränken statt. Der Verband ist der Ansicht, es handele sich um eine unzulässige vergleichende Werbung, da die Beklagte hier ihr Produkt mit dem des Marktführers Coca Cola vergleiche. Obwohl Coca Cola nicht ausdrücklich genannt wird, sei jedoch davon auszugehen, dass ein relevanter Teil der Verbraucherschaft auch ohne ausdrücklichen Hinweis annehme es handele sich um Coca Cola. Damit stelle das Ergebnis des Geschmackstest, bei dem Pepsi-Cola natürlich besser abschneidet, eine Abwertung des Geschmacks von Coca Cola dar. Seite (35/41)
36 2.2. COLA-TEST - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 11/85 Der Dialog in dem Spot lief wie folgt: Sprecher: Es gibt immer noch viele Leute, die nicht wissen, wie gut Pepsi-Cola schmeckt. Zum Beispiel Martin hier: Martin, bevor wir den Pepsi-Test starten: Wie viele Colas kennst du? Sprecher: Ist es Pepsi-Cola? Martin: Ne Sprecher: Hier sind 3 Colas. Probier sie und sag mir, welches deinen Geschmack trifft. Martin: 3 oder 4 Martin: Die Sprecher:. Und was ist für dich das Wichtigste an einer Cola? Martin: Hauptsächlich der Geschmack möchte ich sagen. Sprecher: Also, wenn du so viele Colas kennst, bist du denn ganz sicher, dass du auch die Cola trinkst, die dir am Besten schmeckt? Martin: Ich glaube schon. Sprecher: Schau nach, welche das ist. Martin schaut nach und lacht offensichtlich hat er auf die Pepsi-Cola gezeigt. Sprecher: Pepsi gewinnt nicht immer, aber Martin steht nicht allein es gibt noch viele andere, die nicht wissen, wie gut Pepsi-Cola schmeckt, denn jeder hat seinen eigenen Geschmack und jedes Cola schmeckt anders. Mach den Pepsi-Test! Seite (36/41)
37 2.2. COLA-TEST - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 11/85 Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, dass hier kein Vergleich mit Coca Cola vorliegt. Eine allein auf der überragenden Marktstellung von Coca Cola beruhende Assoziation zu diesem Produkt sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Konkurrenzprodukte würden nicht herabgesetzt, lediglich die eigene Leistung herausgestellt. Das OLG hat das Urteil des LG abgeändert und der Klage antragsgemäß stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten und verfolgt weiter ihren Klageabweisungsantrag. Die Klägerin beantragt die Revision zurückzuweisen. Der BGH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das klag - abweisende Urteil des LG zurückgewiesen. Seite (37/41)
38 2.2. COLA-TEST - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 11/85 Das OLG nahm an, die Wettbewerbswidrigkeit der Werbung folge aus der überragenden Marktstellung von Coca Cola, deren Marktanteil sich zu diese Zeit auf 75 % belief. Pepsi hingegen hatte einen Marktanteil von 12 %. Andere Mitbewerber waren nur mit geringen Prozentsätzen beteiligt. Auch der Bekanntheitsgrad von Coca Cola war wesentlicher höher als der von Pepsi- Cola. Der BGH war der Ansicht, das OLG habe zu Unrecht die Werbung als unzulässig vergleichend beurteilt. Es unterscheidet zwischen einer gezielten Bezugnahme auf den Mitbewerber, die es hier als gegeben und als ausreichend für die Verurteilung unter den Gesichtspunkten der vergleichenden Werbung angesehen hat, und einer kritisierenden und herabsetzenden Bezugnahme, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr ankommen soll. Dabei ist nicht hinreichend beachtet worden, dass eine lediglich bezugnehmende und nicht herabsetzende Werbung rechtlich nur unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Anlehnung an den Ruf eine Konkurrenzerzeugnisses beanstandet werden könnte. Seite (38/41)
39 2.2. COLA-TEST - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 11/85 - Eine Herabsetzung der Ware Coca Cola ergibt sich aus den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht. - Dabei kann mit dem Berufungsgericht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise wegen der überragenden Marktstellung dieses Erzeugnisses ohne weiteres zu dem Schluss gelangen können, eines der anonymen Vergleichsgetränke in der Probierszene sei Coca Cola und diese lediglich auf der überragenden Marktstellung dieses Produkts beruhende Assoziation sei in diesem Zusammenhang rechtlich erheblich. - In der Aufforderung eines Werbenden an das Publikum, die eigene und die Konkurrenzware selbst zu vergleichen und zu erproben, liegt in der Regel keine Wettbewerbswidrigkeit, insbesondere liegt keine kritisierende Aussage des Werbenden darin über die Eigenschaft, die Zusammensetzung, die Beschaffenheit oder sonstige objektiv feststellbare Eigenschaften der zum Vergleich stehenden Produkte. - Da diese bezugnehmende Vorstellung für sich allein vom Publikum auch nach der Feststellung des Berufungsgerichts noch nicht als herabsetzende Kritik an der Konkurrenzware aufgefasst werden kann, hängt es allein von der übrigen Aussage des Werbespots ab, ob das Konkurrenzerzeugnis Coca Cola durch die beanstandete Werbung herabgesetzt wird. Seite (39/41)
40 2.2. COLA-TEST - BGH, URTEIL V AZ.: I ZR 11/85 Reaktionen auf das Urteil Vergleichende Werbung galt in Deutschland lange Zeit als grundsätzlich unzulässig. Dennoch wurden Formen indirekt-vergleichender Werbung bereits vor der Korrektur der früheren Rechtsprechung durch den BGH im Februar bzw. April 1998 zum Teil für zulässig befunden. So zum Beispiel auch das Cola-Test -Urteil. Zwar ist vergleichende Werbung, die den Maßstäben der Richtlinie entspricht, seitdem nicht mehr als unlauter anzusehen. Die Richtlinie geht auch grundsätzlich von der Zulässigkeit vergleichender Werbung aus, sie knüpft diese jedoch weiter an strenge Voraussetzungen. Im Fall des Cola-Test -Urteils keimte in der Werbebranche die leise Hoffnung auf, zukünftig ähnlich aggressiv wie in den USA Produkte in der Werbung vergleichen zu können. Diese Hoffnung konnte auch nicht mit in Kraft treten der EU-Richtline 97/55/EG am vollständig erfüllt werden. Seite (40/41)
41 KONTAKT: Art Lawyer RA Jens O. Brelle Auf dem Sande 1, Block E / 2.Etage Hamburg-Speicherstadt Telefon +49 (0) Telefax +49 (0) info@art-lawyer.de Internet Seite (41/41)
BILD-Zeitung verliert Streit um taz-werbespot BGH präzisiert Grenzen humorvoller Werbevergleiche
Fortbildung FA Urheber- & Medienrecht 09. - 10.04.2010 Rechtsanwalt Jens O. Brelle Art Lawyer Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht 1 Übersicht Übersicht I. Rechtsprechungs historie 1. Preisgegenüberstellung
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 11. Juli 2007 aufgehoben.
Herabsetzend im Sinne von 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als
Dr. Martin Bahr. Rechtsanwalt KÖNNEN EINZELNE BUCHSTABEN ALS MARKE ANGEMELDET WERDEN? Kanzlei RA Dr. Bahr Sierichstr.
Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr KÖNNEN EINZELNE BUCHSTABEN ALS MARKE ANGEMELDET WERDEN? Kanzlei RA Dr. Bahr Sierichstr. 35, 22301 Hamburg Tel.: 040 35 01 77 66 Fax: 040 35 01 77 68 E-Mail: info@dr-bahr.com
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