Übungsfall: Weichgekocht oder Frühstücksei im Internetzeitalter 1
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- Martin Hofmeister
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1 J. F. Geiger, Übungsfall: Weichgekocht oder Frühstücksei im Internetzeitalter 1 Die A-AG ist Herstellerin und Vertreiberin von Elektrogeräten im Bereich der modernen Unterhaltungselektronik. Sie ist seit dem Jahr 2008 Inhaberin der eingetragenen Wortmarke IPOD, mit der sie die von ihr hergestellten und vertriebenen Musikabspielgeräte bezeichnet. Die zugunsten der A-AG eingetragene Wortmarke umfaßt lt. Markenregister auch Geräte für Haushalt und Küche. G ist Einzelunternehmer und bietet seit Anfang des Jahres 2010 Eierbecher unter der Bezeichnung eipott an, wobei auf der Produktpackung diese Bezeichnung zusammen mit einem angebissenen Ei abgedruckt ist. G ist nicht Inhaber eines eingetragenen Schutzrechts. Hat die A-AG Anspruch darauf, daß G die Verwendung der Bezeichnung eipott für die von ihm hergestellten und vertriebenen Eierbecher unterläßt? 1 Nach OLG Hamburg, Beschluß vom , Az. 5 W 84/10 = GRUR-RR 2010,
2 2 Lösungsvorschlag Anspruch der A-AG gegen G auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung eipott für die von G vertriebenen Eierbecher I. Aus 14 Abs. 2 Nr. 2, 14 Abs. 5 S. 1 MarkenG G müsste mit dem Vertrieb der Eierbecher entgegen 14 Abs. 2 Nr. MarkenG benutzt haben und dadurch das Markenrecht der A-AG verletzt haben. Voraussetzung ist gem. 14 Abs. 1 MarkenG, daß die A-AG Markenschutz nach 4 MarkenG erworben hat. In Betracht kommt Schutz nach 4 Nr. 1 MarkenG. Die A-AG ist Inhaberin der eingetragenen Wortmarke IPOD. Als Zeichenfolge ist dieses Wort nach 3 Abs. 1 MarkenG abstrakt unterscheidungsgeeignet, es weist auch als Kunstwort nach 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die erforderliche konkrete Unterscheidungskraft auf. Anhaltspunkte für weitere absolute Schutzhindernisse nach 8 MarkenG sind nicht ersichtlich. Es kann auch insbesondere (noch) nicht davon ausgegangen werden, daß IPOD als Gattungsbezeichnung für Wiedergabegeräte für Tonaufzeichnungen vom Verkehr verwendet wird und daher einem Schutz gem. 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht. Die A-AG ist als juristische Person des Privatrechts auch nach 7 Nr. 2 MarkenG taugliche Markeninhaberin. Das Markenrecht der A-AG ist somit wirksam entstanden. G müßte durch den Vertrieb der Eierbecher das Markenrecht der A-AG verletzt haben. In Betracht kommt eine Verletzungshandlung nach 14 Abs. 5 S. 1 i. V. m. 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Wortmarke IPOD erfaßt auch Geräte für Haushalt und Küche. Zum Bereich Haushalt und Küche gehört insbesondere die Aufbewahrung, Bereitung, und das Servieren von Lebensmitteln für Mahlzeiten, so daß ein Eierbecher als Behältnis und damit auch als Gerät für Haushalt und Küche angesehen werden kann und mithin zu den Waren gehört, die vom Schutzbereich der Marke erfaßt werden.
3 3 eipott und IPOD sind aber keine identischen Zeichen, so daß aus diesem Grund eine Verletzungshandlung nach 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausscheidet. Es könnte sich aber um ähnliche Zeichen handeln. Zwischen beiden besteht zwar keine Ähnlichkeit in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht, es könnte aber in klanglicher Hinsicht aufgrund der Aussprache 2 Ähnlichkeit bestehen. Bei der Aussprache ist zu berücksichtigen, daß der deutsche Durchschnittsverbraucher bei Produkten mit der Vorsilbe i (z. B. iphone und ipad ) entsprechend der englischsprachigen Phonetik diese im Sprachgebrauch als ei ausspricht. Auf dieser Aussprache beruht ja auch der Witz des angegriffenen Zeichens. Demzufolge klingen IPOD und eipott gleich, so daß Ähnlichkeit zu bejahen ist. Weiter muß Verwechslungsgefahr bestehen. Die Verwechslungsgefahr ist anhand der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens, der Warenähnlichkeit und der Zeichenähnlichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, wobei diese drei Parameter in Wechselwirkung untereinander stehen 3. Mangels anderer Anhaltspunkte ist in dem hier maßgeblichen Bereich der Geräte für Haushalt und Küche von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen. Da aber, wie oben dargelegt, Warenidentität besteht, muß ein deutlicher Abstand der Zeichen untereinander gewahrt sein, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Im Umkehrschluß folgt daraus, daß eine nur geringe Ähnlichkeit der Zeichen, bzw. nur eine Ähnlichkeit in einem Merkmal genügt, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Das ist hier infolge des identischen Klangs durch die Aussprache der Worte, wie oben gezeigt, der Fall. Fraglich ist, ob die Verwechslungsgefahr durch einen eindeutigen, anderweitigen Sinngehalt des Wortes Eipott neutralisiert werden kann 4. Dem steht vorliegend entgegen, daß es sich beim Wort Eipott um ein Kunstwort handelt, das für Eierbecher nicht üblich ist und nicht einem anderen Begriff zugeordnet werden kann. Damit ist Verwechslungsgefahr gegeben. Weiteres ungeschriebenes- Tatbestandsmerkmal ist der markenmäßige Gebrauch des angegriffenen Zeichens durch den Verletzer 5. Hierdurch soll eine aufgrund der Verhältnismäßigkeit gebotene Einschränkung des Markenschutzes 2 Ingerl-Rohnke, MarkenG, 14 MarkenG, RN 549) 3 Ekey/Klippel/Bender, MarkenG, 2. Aufl.(2009), 9 MarkenG, RN 40 4 BGH GRUR 2010, 235, Tz EuGH GRUR Int. 1999, 438(441)
4 4 in Fällen sichergestellt werden, in denen ein Gebrauch vorliegt, der die Funktion der Marke nicht beeinträchtigt 6. Daran kann es insbesondere dann fehlen, wenn das Zeichen nur zu beschreibenden Zwecken verwendet wird 7. Dem steht vorliegend entgegen, daß das Kunstwort eipott als Überschrift über der Abbildung des Produkts auf seiner Verpackung mit dem Becher und dem angebissenen Ei- abgedruckt ist, also gerade zur Kennzeichnung dieses Produkts und seiner betrieblichen Herkunft verwendet wird. Diese Kennzeichnungsfunktion die herkunftshinweisende, kennzeichenmäßige Verwendung- ist aber gerade Inhalt des Markenschutzes 8. Demzufolge wird das Zeichen auch markenmäßig verwendet. Dies ergibt hier sogar explizit aus der beispielhaft in 14 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG erwähnten Verwendungsform, auf die sich der Markenschutz gerade erstrecken soll. Demzufolge ist das Markenrecht der A-AG durch das Verhalten von G verletzt. Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich, insbesondere liegt eine Zustimmung der A-AG nicht vor. Die Wiederholungsgefahr ist bereits durch den einmaligen Verstoß indiziert 9. Damit steht der A-AG der Unterlassungsanspruch zu. II. Aus 14 Abs. 2 Nr. 2, 14 Abs. 5 S. 1 MarkenG Ergänzend ist noch zu prüfen, ob bei Verneinung der Warenähnlichkeit der A-AG oder der Verneinung einer Verwechslungsgefahr der Unterlassungsanspruch auch auf 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gestützt werden kann 10. Wie oben gezeigt, besteht Zeichenähnlichkeit und es liegt auch ein Verhalten von G vor, das ausschließlich dem Markeninhaber vorbehalten ist. Voraussetzung ist, daß es sich bei IPOD um eine im Inland bekannte Marke handelt. Hierbei ist es erforderlich, aber auch ausreichend, daß eine relevante Bekanntheitsschwelle überschritten und die Marke einem bedeutenden Teil des relevanten Publikums bekannt ist 11. Im Alltagssprachgebrauch ist IPOD für Tonwiedergabegeräte eines bestimmten Herstellers in weiten Kreisen geläufig, so daß es sich um eine im Inland bekannte Marke handelt. 6 Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, 9. Aufl.(2010), 55, RN EuGH, GRUR 2002, 692 (Leitsatz) 8 EuGH, GRUR 2003, 55, 57 ff. 9 Götting, wie vor, 63, RN 3 10 Es handelt sich hier genau genommen um eine hilfsgutachtliche Prüfung, weil oben bereits Warenidentität, Zeichenähnlichkeit und Verwechslungsgefahr bejaht wurden 11 Ekey/Klippel/Bender-Ekay, wie vor, 14 MarkenG, RN 221
5 5 Fraglich ist, ob G die Wertschätzung der Marke für sich ausnutzt. Das setzt voraus, daß die Gütevorstellungen der Produkte der A-AG auf die Eierbecher von G übertragen werden 12. Vorliegend benutzt der Anspruchsgegner das Zeichen für eine erheblich nichtähnliche Ware, nämlich Eierbecher, so daß angesichts des großen Abstandes eine solche Übertragung ausscheidet. G könnte aber die Unterscheidungskraft des Zeichens für sich ausnutzen. In Betracht kommt die Fallgruppe der Anlehnung an das Produkt der A-AG. Eine solche liegt hier vor. Diese Ausnutzung ist somit gegeben. Sie müßte zusätzlich noch unlauter sein. In diesem Zusammenhang wird angenommen, daß die Unlauterkeit bereits durch die Ausnutzung indiziert wird 13. Diese Vermutung könnte aber durch die Drittwirkung von Grundrechten widerlegt werden, dies kommt insbesondere im Falle der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) in Betracht 14. Dies setzt aber voraus, daß die Marke als ein Element unter weiteren in eine eigenständige Gesamtdarstellung integriert und in einen Verwendungszusammenhang eingebettet wird, der einen kreativen Überschuß aufweist, der die Ausnutzung der Markenbekanntheit in der Gesamtanmutung überlagert. Vorliegend beschränkt sich die Darstellung auf die Ausnutzung der Mehrdeutigkeit der ersten Silbe, die sowohl für das englischsprachige i als auch für das deutsche Wort Ei stehen kann und die Verwendung des Begriffes Pott, der ein norddeutsches Synonym für Topf ist. Das ist durchaus kreativ, reicht aber nicht zur Annahme eines kreativen Überschusses in dem Ausmaß aus, der notwendig wäre, um die Ausnutzung der Unterscheidungskraft der Marke in den Hintergrund treten zu lassen 15. Das Markenrecht der A-AG ist mithin verletzt. Wie oben bereits dargelegt, besteht Wiederholungsgefahr und Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich. Der A-AG steht der begehrte Unterlassungsanspruch auch aus dieser Norm zu. 12 BGH GRUR 2005, 583(584) 13 BGH, a. a. O., 14 BGH, a. a. O. 15 OLG Hamburg, a. a. O., Gegenauffassung hier gut vertretbar
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