500 Jahre Reformation Aufbruch zur Freiheit

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1 500 Jahre Reformation Aufbruch zur Freiheit Deutschland 2017 Vor 500 Jahren vollbrachte ein einzelner Mönch etwas, das noch keiner vor ihm gewagt hatte. Martin Luther brachte mit seiner Kritik am Ablasshandel die Kirche ins Wanken. Seine 95 Thesen haben Auswirkungen auf unsere Gesellschaft - bis heute. Kommen Sie mit auf eine Reise durch ganz Deutschland. Eine Reise auf den Spuren Luthers. Augsburg Die St. Anna-Kirche in Augsburg. Ort der Standhaftigkeit. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Religionsfreiheit. Durchsetzung religiöser Vielfalt Augsburg steht wie kein anderer Ort für die Standhaftigkeit der Reformatoren gegenüber ihren Kritikern. Hier trotzte Luther 1518 dem päpstlichen Beauftragten Kardinal Cajetan und weigerte sich vehement zu widerrufen. Wenige Jahre später traten hier 1530, die im Reichstag vertretenen lutherischen Fürsten und Städter zusammen und standen gemeinsam vor Kaiser Karl V. für ihren Glauben ein. Auf dieser Basis markierte der Augsburger Religionsfrieden von 1555 mit dem Grundsatz, mit dessen Grundsatz "cuius regio, eius religio": Wessen das Gebiet, dessen die Religion, einen historischen Wendepunkt. Von nun an, konnte der Fürst selbst bestimmen, welcher Konfession sein Land zu folgen hatte. Und von nun an, galt im Deutschen Reich insgesamt mehr als nur eine christliche Glaubensüberzeugung. Nürnberg Die historische Stadt Nürnberg. Nürnberg - Aug und Ohr der Reformationszeit Druckzentrum der Reformation und der 95 Thesen. Laut Luther: "Auge und Ohr Deutschlands."

2 Aug und Ohr der Reformationszeit Nürnberg ist eine der ersten deutschen Stätte in denen die Reformation eingeführt wurde. Vor allem aber handelte es sich um eines der wichtigsten Medienzentren der damaligen Zeit. Hier wurden Luthers 95 Thesen gedruckt, reformatorische Flugschriften wurden erstellt und verbreitet. Buch- und Bilddruck wurden zu regelrechten Massenmedien. Als das "Aug und Ohr Deutschlands" bezeichnete Martin Luther diese aufstrebende Handelsstadt. Deutschlands wohl berühmtester Maler, Albrecht Dürer, wohnte und arbeitete hier. Heute ist sein Haus ein einzigartiges Museum mit reichen Beständen. In der Werkstatt werden historische Drucktechniken erläutert, die eine authentische Atmosphäre schaffen. Worms Hier, im Wormser Bischofshof, verteidigte Luther seine Schriften. "Ich kann und will nichts widerrufen., so Luther vor dem Reichstag zu Worms. Vom Prediger zum Vogelfreien Da mein Gewissen im Wort Gottes gefangen ist, kann und will ich nichts widerrufen. Wie ein Krimineller stand Luther 1521 vor dem Reichstag zu Worms wohl wissend, dass diese Worte seinen Tod bedeuten konnten. Doch er handelte nach seinem Gewissen und wollte die von ihm getroffenen Aussagen nicht zurücknehmen. Nach dieser Verhandlung war er - dem Wormser Edikt zufolge - vogelfrei, ein Geächteter und jeder, der ihn töten wollte, konnte dies tun, ohne eine Strafe befürchten zu müssen. Doch dazu kam es nie. Denn auf dem Rückweg von Worms wurde Luther kurzerhand von Soldaten seines Kurfürsten Friedrich von Sachsen entführt und auf der Wartburg unter falschem Namen in Sicherheit gebracht. Mainz Reformation ohne Buchdruck? Kaum vorstellbar! In Mainz gelang mit dieser revolutionären Technologie ein Durchbruch.

3 Die Lutherbibel findet Verbreitung "Die hohen Wohltaten der Buchdruckerei sind mit Worten nicht auszusprechen", so Martin Luther in einer seiner Tischreden. Die Reformatoren nutzten das neue Medium intensiv, um ihre Schriften zu verbreiten. Erfunden wurde der moderne Buchdruck in Deutschland von Johannes Gutenberg. Das Gutenberg-Museum in Mainz ist eines der ältesten Druck- und Schriftmuseen der Welt. Zu seinen wichtigsten Ausstellungsstücken gehören mehrere Ausgaben der Gutenberg-Bibel, des ältesten Buches, das mit beweglichen Lettern gedruckt wurde. Im September 1522 erschien Luthers Übersetzung des Neuen Testaments, sie wurde in dreitausend Exemplaren gedruckt, einer sehr großen Zahl für die damalige Zeit, aber nach nur drei Monaten war die Auflage ausverkauft. Kurz darauf erschien die nächste Auflage. Luther übersetzte weiter und schließlich war auch das Alte Testament fertig erschien die erste komplette Luther- Bibel. Für das Reformationsjubiläum 2017 wurde eine Neuausgabe der Luther-Bibel veröffentlicht, deren erste Auflage erneut nach wenigen Wochen ausverkauft war. Wieder musste nachgedruckt werden. Marburg Bildung ist Ländersache. Doch nicht zu Luthers Zeiten. Dort kontrollierte die Kirche diesen Bereich - bis zur Reformation. Ein Recht auf Bildung für alle Das Bildungswesen verdankt der Reformation wichtige Impulse. Lehrer der Reformation - wie Philipp Melanchthon - griffen humanistische Ideale auf und setzten sich für die allgemeine Bildung breiter Schichten ein. Möglichst jeder - so das erklärte Ziel - sollte in die Lage versetzt werden, selbst zu lesen, sich möglichst umfassend zu bilden und auch die Bibel selbständig zu erforschen. Dies führte zu einer großen Zahl von Schulgründungen, sehr häufig und das war neu nicht in kirchlicher, sondern in städtischer Trägerschaft oder in der Verantwortung der Landesfürsten. Bildung wurde Ländersache. Landgraf Philipp I. von Hessen gründete 1527 in Marburg die erste reformatorische Landesuniversität wurde in Wittenberg die erste

4 Mädchenschule eröffnet. Die einsetzende Bildungsreform, bald darauf von den Jesuiten aufgegriffen, schuf die Grundlagen für das heutige Schulsystem. Eisenach Die Wartburg stolz und mächtig steht sie da. Vor Kaiser und Kirche versteckte sich Martin Luther hoch über Eisenach. Luther in Schutzhaft Luther war vogelfrei. Auf der Wartburg hat er sich versteckt. Hier hat er das Neue Testament übersetzt. Kaum ein anderer Ort wird so eng mit Luther und der Reformation verbunden wie die Wartburg. Seine Unterkunft selbst war klein und spartanisch eingerichtet. Als Junker Jörg verbrachte Martin Luther hier fast ein Jahr. Sein Aufenthalt auf der Burg sollte ein Geheimnis bleiben. Die Bibelübersetzung, die er in dieser Zeit vorantrieb, prägte die deutsche Sprache außerordentlich wirkungsvoll. Bis heute kommt uns das zu gute. Leipzig Die Thomaskirche in Leipzig ein Ort des Glaubens und der Musik. Und Heimat eines der bekanntesten und ältesten Chöre der Welt. Musik der Reformation Kernstück westlicher Kultur Die gesamte Gemeinde singt zusammen im Gottesdienst und zwar auf Deutsch. Vor der Reformation war das keineswegs so. Erst Martin Luther führte den deutschsprachigen Gemeindegesang in Wittenberg ein. Luther, Vater der Lieder, dichtete und komponierte über 30 Werke. Doch nicht nur Luther selbst war musikalisch tätig. Große Komponisten wie Heinrich Schütz oder Georg Philipp Telemann nahmen sich der lutherischen Kirchenmusik an. Johann Sebastian Bach gilt bis heute als der musikalische Ausdruck der Reformation. Sein Wirken als Kantor der Thomaskirche in Leipzig machte diese Stadt zum Zentrum protestantischer Kirchenmusik. Bis heute ist das Amt des Thomaskantors eines der angesehensten Ämter des deutschen Musiklebens.

5 Halle Halle bei Leipzig Bildungsstadt, Wissenschaftsort und Innovationspunkt. Und das alles dank eines lutherischen Theologen. Franckesche Stiftungen Symbol deutscher Bildungsgeschichte Umfassende Bildung für jedermann. Diese bahnbrechende Idee wurde um 1700 von dem lutherischen Theologen und Pädagogen August Hermann Francke in Halle umgesetzt. Das war der Beginn eines epochalen Umdenkens. Ob arm oder reich jedes Kind sollte bei Francke etwas lernen können. Was heute ganz selbstverständlich klingt, war zur damaligen Zeit ein sensationeller Fortschritt. Wo am Anfang eine Armenschule und ein Waisenhaus standen, wurde nach und nach eine ganze Schulstadt errichtet. Franckes Engagement und seine Weitsicht wirken bis in die Gegenwart. Schulen, Institute der Universität Halle-Wittenberg und zahlreiche soziale Einrichtungen schreiben seine Visionen zum Wohle jedes Menschen auch heute noch fort. Wittenberg Wir erreichen den Ort der Reformation: Wittenberg. Luthers Gemeinde, Luthers Stadt, Luthers Heimat. Größtes Reformationsmuseum der Welt Seit 1511 wohnte Martin Luther im Augustinerkloster Wittenberg, dem heutigen Lutherhaus. Dort unterrichtete er seine Studenten und verfasste seine theologischen Schriften. Das Lutherhaus war aber nicht nur Wohn- und Arbeitsstätte. Es war zugleich der Ort, an dem der Reformator mit seiner Familie zusammenlebte. Dadurch wurde es zum Urbild für das Pfarrhaus als identitätsstiftendes Zentrum evangelischen Lebens und als kulturell wichtiger Bildungsort. Prägend wurde das Leben im Lutherhaus auch für das Eheverständnis. Luther und seine Frau Katharina von Bora lebten den Menschen eine gleichberechtige Beziehung vor. Als authentischer Schauplatz der Reformation ist das Lutherhaus seit 1883 als Museum für Besucher geöffnet. Seit 1996 gehört es zum UNESCO-

6 Weltkulturerbe. Heute ist es das größte reformationsgeschichtliche Museum der Welt. Philipp Melanchthon Luthers Weggefährte und Mitstreiter Philipp Melanchthon kam als Professor für griechische Sprache nach Wittenberg. In Luther fand er schnell einen Freund. Beeindruckt waren die Wittenberger am Anfang ganz sicher nicht, als der nur 1,51 Meter große und schmächtige Philipp Melanchthon in ihrer Stadt ankam, um an der Universität zu unterrichten. Doch dieser Eindruck wandelte sich bei seiner flammenden Antrittsrede ins Gegenteil. In dem begeisterten Publikum saß auch Martin Luther. In Gesprächen über Philosophie, Religion und Wissenschaft lernten die beiden sich näher kennen. Zwischen ihnen entstand schnell eine enge Zusammenarbeit und Freundschaft. Melanchthons Haus in Wittenberg gilt noch heute als einer der schönsten Renaissancebauten der Stadt und gehört seit 1996 zum UNESCO- Weltkulturerbe. Ort des Thesenanschlags Die Schlosskirche in Wittenberg hier nahm die Reformation ihren Anfang. Hier fand Luther seine letzte Ruhestätte. Historiker sind sich uneins darüber, wie der Thesenanschlag stattgefunden hat Unzweifelhaft ist aber, dass die Tür der Schlosskirche in Wittenberg als schwarzes Brett der Universität diente. Wichtige Mitteilungen wurden an ihr ausgehängt. Deshalb ist die Schlosskirche ein zentraler Ort der Reformation mag nun Luther selbst oder ein Angestellter der Universität die 95 Thesen dort angeschlagen haben. Die Originaltür der Lutherzeit existiert zwar nicht mehr sie wurde im 18. Jahrhundert bei einem Brand zerstört aber auf der Thesentür, die König Friedrich Wilhelm IV. der Stadt Wittenberg 1858 schenkte, sind noch heute Luthers Kritikpunkte am Ablasshandel zu lesen. Diese Kritik und mit ihr der Aufbruch zur Reformation sollte sich auf nahezu alle Bereiche der Gesellschaft von der Kultur, über die Wirtschaft bis hin zur Politik auswirken und dies bis heute.

7 Jüterbog Ob hier in Jüterbog oder in anderen Städten, der Ablasshändler Johann Tetzel sammelte Geld für den Erlass von Sündenstrafen. Johann Tetzel und der Ablasshandel Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt, diese Inschrift stand auf dem Tetzelkasten mit dem der Ablass von dem berühmten Dominikaner Johann Tetzel eingetrieben wurde. Der Prediger versprach Gläubigen, und mit ihnen auch deren verstorbenen Verwandten, eine schnelle Erlösung vom Fegefeuer, wenn sie nur genug Geld für die Befreiung von ihren Sündenstrafen bezahlen würden. Der kirchliche Ablasshandel war ausschlaggebend dafür, dass Luther seine 95 Thesen verfasste und damit die Reformation auslöste. Ein originaler Tetzelkasten kann noch heute in der Nikolaikirche in Jüterbog bestaunt werden. Lübeck Lübeck Küsten- und Hansestadt. Die Reformation veränderte nicht nur Kirche, sondern auch Arbeit und Wirtschaft. Reformation und Hanse Der hanseatische Raum in Norddeutschland war früh protestantisch geprägt. Doch damit setzte sich nicht nur ein neuer Glaubensgrundsatz durch, sondern auch eine neue Auffassung menschlicher Arbeit. Für Luther war die Arbeit eine geistliche Berufung zum Dienst am Nächsten mitten in der Welt. Der Mensch sei zur Arbeit geboren, wie der Vogel zum Fliegen, sagte er mit einem alten Sprichwort. Der Beruf wurde neu gewürdigt, ja neu entdeckt und mit Selbstachtung, Ehrgefühl und Verantwortungsbewusstsein verbunden. Gutes Wirtschaften und ein bürgerliches Selbstbewusstsein wurden wichtige Bestandteile des Lebens. Durch den Handel in den Hansestädten und die glaubensbedingte Migration verbreitete sich dieser Protestantismus international bis in die neue Welt.

8 Auf den Spuren Luthers Wir sind am Ende unserer Reise. Die Reformation prägt unser Denken und Handeln bis heute. Sie war ein Aufbruch in die Freiheit Und damit Wegbereiterin unserer lebendigen, demokratischen Gesellschaft. Und sie war ganz sicher eines der bedeutendsten Ereignisse für Deutschland, Europa und die Welt.