Zwischen Recht auf Autonomie und unterlassener Hilfeleistung Fachtagung am 27. April 2017

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Zwischen Recht auf Autonomie und unterlassener Hilfeleistung Fachtagung am 27. April 2017"

Transkript

1 v Zwischen Recht auf Autonomie und unterlassener Hilfeleistung Fachtagung am 27. April 2017 Tagungsbeiträge Seite 2 Warum wir als Angehörige nicht tatenlos zusehen dürfen Dr. Hans Jochim Meyer, Angehörige psychisch Kranker, Landesverband Hamburg e.v. Seite 7 Autonomie und Würde: Überlegungen zum Anspruch auf Hilfeleistungen für psychisch erkrankte Menschen Dr. Christiane Pohl, Philosophische Praxis Hamburg Seite 15 Recht auf Autonomie oder Recht auf Hilfe eine Güterabwägung Prof. Dr. Wolfgang Schütte, Rechtswissenschaft/Sozialrecht, HAW Hamburg Seite 19 Mein Recht auf Hilfe, wenn ich mir nicht mehr selber helfen kann Rolf Scheffel, EX-IN Hamburg Seite 22 Wie wir im Rauhen Haus arbeiten die Praxis unseres Arbeitsalltags Wolfgang Bayer, Stiftungsbereichsleiter Sozialpsychiatrie, Das Rauhe Haus, Hamburg Seite 25 Pflegepraxis und Pflegewissenschaft was bietet sie dieser Zielgruppe an, was muss sie lernen? Prof. Dr. Michael Schulz, Psychiatrische Pflege, Fachhochschule der Diakonie, Bielefeld Die Fachtagung war eine gemeinsame Veranstaltung des Bundesverbands der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.v., Bonn, des Landesverbands der Angehörigen psychisch Kranker Hamburg e.v. sowie der Stiftung Das Rauhe Haus. 1

2 Warum wir als Angehörige nicht tatenlos zusehen dürfen Vortrag Dr. Hans Jochim Meyer, LApK Hamburg Lassen Sie mich gleich in medias res gehen mit zwei kurzen Fallbeschreibungen aus unserer Beratung, Berichte von Eltern erwachsener Kinder. Im ersten Beispiel wird gar keine häusliche Hilfe angeboten, im zweiten Beispiel kommt zwar jemand ins Haus, unternimmt aber nichts, gar nichts. 1. Wir haben bei einer Klinik in der Notfallambulanz angerufen und die Krankheitssymptome geschildert, woraufhin der Arzt uns sagte, es handele sich um eine Psychose und wir sollten uns im Internet informieren. Unserem Sohn ging es von Tag zu Tag schlechter. Wir haben dann im Internet nach einer Klinik gesucht, die sich besonders um junge ersterkrankte Patienten bemüht, und dort angerufen. Der Chefarzt war sehr nett und hat sich viel Zeit genommen, sagte uns, dass es sich hier schon um eine lebensbedrohliche Erkrankung handele und wir unbedingt versuchen sollten, ihn in die Klinik zu bringen, notfalls über eine Zwangseinweisung, da es keine Möglichkeit gäbe, zu Hause Hilfe zu bekommen. 2. Das Ehepaar hat große Sorgen um den 37-jährigen Sohn, der an einer Psychose erkrankt ist. Nach längerem Aufenthalt in einem Wohnheim konnte er in die Selbständigkeit entlassen werden. Nach Überforderung im Job kam der Rückschlag. Er nahm keine Medikamente mehr. Er verkaufte alle seine Habseligkeiten, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Die Eltern wandten sich an den sozial-psychiatrischen Dienst, der zweimal in der Wohnung des Sohnes erschienen, wegen fehlender Fremd- und Selbstgefährdung nichts unternahm. Die Eltern sind verzweifelt und fragen sich, wie sehr der Sohn noch verelenden soll. Dies sind keine Einzelfälle, sondern Alltag in unserer Beratung. Die Erfahrungen von Angehörigen klingen immer wieder ähnlich: Ein psychisch schwerkranker Mensch bricht sämtliche sozialen Kontakte ab, bezahlt keine Miete mehr, zieht sich in seine Wohnung zurück, öffnet keine Post, ernährt sich nicht mehr richtig, vermüllt, u.u. sind schon Strom und Heizung abgestellt, als Lichtquelle werden Kerzen verwendet, er verwahrlost, körperliche Beschwerden stellen sich zusätzlich ein. Krankheitsbedingt fehlt die Einsicht in seine Hilfsbedürftigkeit oder er ist krankheitsbedingt nicht in der Lage, sich um Hilfe zu bemühen. Wenn Angehörige oder Freunde, und Nachbarn versuchen, Hilfe für ihn zu erhalten, bekommen sie in der Regel zu hören, man könne leider nichts machen, solange keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt. Mehrfach wurde uns von Angehörigen berichtet, die den sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes um Hilfe baten, man habe ihnen gesagt, der Kranke möge doch selbst auf dem Amt vorsprechen oder zumindest selbst anrufen! Der einzige Rat, der Angehörigen oft gegeben wird, wenn es gar nicht mehr geht: Sie müssen die Polizei rufen. 1

3 Der Politik sind diese Probleme seit Jahren gut bekannt, wie der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vom 28. Juni 2012 belegt: Es bestehe die Gefahr einer Unterversorgung derjenigen, die zumeist schwer chronisch krank sind, jedoch von sich aus nicht selbst um Hilfe nachsuchen sowie derjenigen Patienten und Patientinnen, die krankheitsuneinsichtig und nicht compliant sind. Diese Menschen werden von den bestehenden Hilfesystemen häufig nicht erreicht; die Folgen sind erheblich. Gerade für diese Personengruppe erhöht sich das Risiko, in Obdachlosigkeit, im Strafvollzug oder im Maßregelvollzug zu landen. Hier gilt es, verstärkt systemübergreifende, nachgehende und aufsuchende Hilfen zu entwickeln bzw. auszubauen. ( ) Aufgabe von Psychiatriepolitik ist es, zukunftsfähige Strukturen zu schaffen, welche die Übernahme von Verantwortung für alle psychisch erkrankten Menschen gewährleisten und dabei öffentlich kontrolliert sind. Bisher ist wenig geschehen, allenfalls örtlich begrenzte Modellversuche. Wir, die Angehörigen, wollen endlich Fortschritte sehen. Wir versuchen, das Problem in die Öffentlichkeit zu tragen und suchen die Unterstützung der Fachwelt. Im Januar 2016 haben wir unseren Aufruf veröffentlicht: Menschenwürde wahren, Zwangseinweisungen vermeiden, aufsuchende Behandlung stärken. Der Aufruf liegt hier aus, Sie können noch unterschreiben. Im Juni 2016 haben sämtliche Verbände der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen in Deutschland in einer Resolution alle Verantwortlichen in Politik und Verwaltung aufgefordert ihrer Verpflichtung zur Daseinsvorsorge für alle psychisch erkrankte Bürger nachzukommen, wie es von der Gesundheitsministerkonferenz schon 2012 formuliert wurde, Seit März 2017 läuft eine Internetpetition mit dem Titel Psychisch schwerkranke Menschen brauchen in lebensbedrohlichen Krisen aufsuchende Hilfen. Fast 3000 Menschen haben Aufruf und Petition bisher unterzeichnet: Angehörige, auch viele Psychiatrieerfahrene und sehr viele psychiatrische Fachleute aller Berufsgruppen. Wo liegen die Probleme? Wir müssen über Strukturen sprechen, wir müssen über ethische Fragen sprechen, wir müssen über rechtliche Fragen sprechen. Selbstbestimmung, Autonomie und Menschenwürde sind hohe Güter. Fürsorge und Hilfe für Menschen, die sich selbst nicht helfen können, sind gleichfalls tief in unserer Kultur verwurzelte Güter. Bei psychisch schwerkranken Menschen kann hier ein Spannungsfeld bestehen. Rechtliche Fragen sind auch zu bedenken: Wie steht es mit dem Recht auf Hilfe durch aufsuchende Dienste? Wann liegt unterlassene Hilfeleistung vor? Angehörige sind schon wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt worden, weil sie das nicht schafften, was professionell Tätige hätten schaffen sollen. Gibt es Gesetze oder Gerichtsurteile, die es verbieten, einem Menschen, der zunächst eine Hilfe ablehnt, wiederholt und geduldig Hilfsangebote zu machen? 2

4 Zunächst zu den Strukturen Die Erreichbarkeit und Zugänglichkeit vorhandener Dienste muss verbessert werden, jeder kranke Mensch und seine Angehörigen müssen das Recht haben, diese Dienste in Anspruch zu nehmen. Die Stadt Hamburg mit 1,8 Mill. Einwohnern zum Beispiel verfügt bislang über keinen psychiatrischen Dienst, an den Menschen sich in Notsituationen 24 Stunden am Tag wenden können. Die sozialpsychiatrischen Dienste sind nur an Werktagen zu normalen Bürozeiten erreichbar. Außerdem sind sie personell schlecht ausgestattet. Nach allem, was wir hören, können sie eine intensive aufsuchende Betreuung und Begleitung schwerkranker Menschen überhaupt nicht leisten. Es fehlen Dienste, die versuchen diejenigen Menschen zu erreichen, die keinen Kontakt zum Versorgungssystem haben. Wir denken hier zum Beispiel an Ersterkrankte, an Menschen, die den Kontakt zum Versorgungssystem verloren haben, aus welchen Gründen auch immer, an Menschen in der Obdachlosigkeit. Eine längerfristige häusliche Behandlung schwerkranker Menschen wird in Hamburg unseres Wissens lediglich als Modellvorhaben im Umkreis der Universitätsklinik durch Prof. Lambert und sein ACT-Team angeboten. Die Integrierte Versorgung ist bekanntlich für schwerkranke Menschen zu hochschwellig. Außerdem wird sie, zumindest bei der Technikerkasse, gerade wieder zurückgefahren. Strukturen allein lösen die Probleme nicht. Entscheidend ist das Handeln der Mitarbeiter in den Diensten. Was halten sie für ethisch richtig, welche Wertmaßstäbe sollen gelten. Viele psychiatrische Fachkräfte meinen, in erster Linie müsse die Autonomie eines psychisch kranken Menschen respektiert werden. Wenn der Kranke einmal nein gesagt hat, könne und dürfe man gar nichts unternehmen, solange er keine Gefahr für sich oder andere darstellt. Es klingt einfühlsam und verständnisvoll, wenn vom Respekt vor dem psychisch kranken Menschen, von der Achtung seiner Autonomie, von der Achtung seiner Menschenwürde gesprochen wird. Auch die UN-Konvention wird gern angeführt, die in Artikel 12 ja fordert der Wille und die Präferenzen der betreffenden Person müssen geachtet werden. Aber führt diese Einstellung gegenüber den Schwerkranken, denjenigen, deren soziale und gesundheitliche Situation schon längst von massiven Autonomieverlust geprägt ist, nicht letztlich allzu oft zu sozialer Isolierung, finanzieller Not, Zwangseinweisung mit nachfolgender Zwangsbehandlung, Einweisung in die Forensik oder Obdachlosigkeit? Es kann doch nicht sein, dass tatenlos zugesehen wird, wenn der Zustand eines sogenannten uneinsichtigen Patienten sich immer mehr verschlechtert, und dass die erste Hilfe die Zwangseinweisung mit nachfolgender Zwangsbehandlung ist. Es kann doch nicht sein, dass gerade schwerkranken Menschen, die nicht in der Lage sind, sich um Hilfe zu bemühen oder die nicht erkennen können, dass sie hilfebedürftig sind, ein Hilfsangebot verweigert wird. Sollte nicht gerade der Respekt vor der Autonomie verlangen, alles zu versuchen, um eine Eskalation hin zu traumatisierenden Maßnahmen zu vermeiden? So kann und darf es nicht weitergehen. Ich bin sicher, dass die große Mehrzahl der Angehörigen und, nebenbei bemerkt, auch viele Betroffene, mir zustimmen, wenn ich fordere: 3

5 Wir brauchen eine breite Diskussion über das Verhältnis von Respektierung des aktuellen Willens eines psychisch kranken Menschen einerseits und Hilfsangeboten und Fürsorge andererseits. Es muss darüber gesprochen werden, ob es ethisch vertretbar ist, unter Berufung auf die Willensfreiheit heraus einen kranken Menschen sich selbst zu überlassen. Es muss darüber gesprochen werden, ob es ethisch zu rechtfertigen ist, tatenlos zuzusehen, wie ein kranker Mensch sich zunehmend weiter schädigt. Es muss darüber gesprochen werden, wie man verhindern kann, dass ein kranker Mensch letztlich mit Polizeigewalt unter oft entwürdigenden, traumatisierenden Bedingungen zwangsweise eingewiesen wird. Um es ganz eindeutig auszudrücken: Die Forderung ist nicht früherer Zwangseinsatz, sondern frühzeitige Hilfsangebote, um möglichst Zwang zu vermeiden. Die Forderung ist, einen pragmatischen Weg zwischen dem Respekt vor der Autonomie eines kranken, hilfsbedürftigen Menschen einerseits und der Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung andererseits zu finden. Wir brauchen aufsuchende Hilfsangebote in der eigenen Wohnung mit dem Ziel, das Vertrauen des psychisch kranken Menschen zu gewinnen und ihm die erforderlichen Hilfen zu verschaffen. Dies auch, wenn der psychisch kranke Mensch dies Angebot nicht selbst anfordert oder zunächst sogar ablehnt! Ziel dieser Hilfsangebote soll letztlich gerade die Vermeidung von Zwang, die Wiederherstellung eines eigenbestimmten Lebens in Würde sein. Warum ist das psychiatrische Versorgungssystem nicht in der Lage, schwerkranken Menschen, die ihre Hilfsbedürftigkeit nicht erkennen, zu helfen? Die Antwort liegt auf der Hand: Wir haben in Deutschland ein differenziertes Angebot für leicht oder mittelschwer erkrankte Menschen, die in der Lage sind, die bestehenden Hilfsangebote anzunehmen, die zum Teil sogar in der Lage sein müssen, Verträge abzuschließen. Wer so krank ist, dass er dies nicht kann, bekommt eben keine Hilfe und kann sehen, wo er bleibt. Zynisch ausgedrückt: Wer seine Hilfsbedürftigkeit erkennt, kommt in den Genuss staatlicher oder psychiatrischer Fürsorge. Wer das nicht erkennt, ist auf Selbstsorge angewiesen, obwohl er diese nicht leisten kann. Ich möchte ausdrücklich daran erinnern, dass die UN-Behindertenrechtskonvention auch Maßnahmen zum Schutz behinderter Menschen einschließlich aufsuchender gemeindenaher Dienste fordert. Auf rechtliche Aspekte möchte ich als juristischer Laie nur kurz eingehen mit dem Hinweis, dass mir kein Gesetz oder kein Gerichtsbeschluss bekannt ist, der es verbieten würde, einem psychisch kranken Menschen geduldig und wiederholt Hilfsangebote zu machen. Zusammenfassend Gerade der Respekt vor Autonomie und menschlicher Würde eines psychisch kranken Menschen gebieten es, ihm alle Hilfe anzubieten, dies auch wiederholt, auch wenn er die Hilfe nicht selbst einfordert. Psychisch schwerkranke Menschen brauchen Fürsorge. Gefragt sind geduldig wiederholte Hilfsangebote, der Versuch, eine Beziehung herzustellen. Der Versuch wird nicht immer gelingen. Wird er aber nicht gemacht, liegt unterlassene Hilfeleistung vor. Abschließend einige Worte zum Hometreatment. Das neue Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) 4

6 eröffnet den Kliniken die Möglichkeit zur Behandlung schwerkranker Menschen zu Hause oder in einem anderen sozialen Umfeld. Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Aber er genügt keinesfalls. Auch wird praktische Umsetzung des Hometreatments ein Prozess von mindestens einem Jahrzehnt sein. Auch ist bislang völlig unklar, wie die Praxis aussehen wird. Auf jeden Fall glaube ich, dass die Kliniken, die Hometreatment einführen wollen, gut beraten sind, frühzeitig alle psychiatrisch tätigen Akteure sowie die Betroffenen und ihre Angehörigen in ihre Planungen einzubeziehen. 5

7 Autonomie und Würde: Überlegungen zum Anspruch auf Hilfeleistungen für psychisch erkrankte Menschen Dr. Christiane Pohl, Philosophische Praxis Hamburg Ich begrüße Sie ganz herzlich, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Teilnehmende an dieser Fachtagung voller interessanter Themen. Ich freue mich, dass Sie da sind. Einleitung In meinem Vortrag geht es um Autonomie und Würde und, davon abgeleitet, um die Frage, ob ein Anspruch auf Hilfeleistungen auch dann besteht, wenn diese von einem psychisch schwer erkrankten Menschen abgelehnt werden oder ob dies im Widerspruch zu seiner Würde und Autonomie steht. Werfen wir zunächst einem Blick auf den Begriff Würde. Was heißt das eigentlich: Würde? Oder etwas bescheidener gefragt: Wann gebrauchen wir diesen Begriff? Zunächst fällt auf, dass wir ihn sehr unterschiedlich gebrauchen: Man spricht davon, dass ein Mensch eine innere Würde ausstrahlt oder dass er sich würdevoll benimmt. Wir sehen zum Beispiel einen alten Mann oder eine alte Frau würdevoll einen Gang hinunterschreiten auch von der Würde eines Amtes meist dann, wenn sich jemand so benimmt, dass es mit dieser Würde nicht vereinbar scheint. (Anforderungsbezogene Würde) zudem von der Würde eines Tieres. Auch ein Tier kann sehr wohl den Eindruck von Würde in uns hervorrufen. natürlich von der Würde im Menschen, unser eigentliches Thema heute. Wir sprechen zudem davon, dass etwas unter unserer Würde ist oder von würdelosem Verhalten. Mir ist eine Geschichte bekannt, wo ein junger Mann psychisch sehr krank wurde und sich extrem auffällig in der Öffentlichkeit verhielt. Nachdem ihn die Polizei nach Hause gebracht hatte, sagte seine aufgebrachte Mutter zu ihm: Hast du denn keine Selbstachtung mehr? Jetzt hast du sogar noch deine Würde verloren! Die Mutter verbindet Selbstachtung und Würde und wir spüren: Da ist auch eine Verbindung. Wir spüren auch: Hier ist eine Verbindung zur Autonomie. Aber wie hängt das alles zusammen? Und, um die Schwierigkeiten komplett zu machen, brauchen wir nur auf die 1

8 Antwort des jungen Mannes zu blicken. Der sagte nämlich: Wieso verloren? Die Würde des Menschen ist doch unantastbar! Man kann sie gar nicht verlieren! Stimmt das? Wird sie nicht immer wieder mit Füßen getreten? Wird die Würde angetastet, wenn psychisch kranke Menschen einer Behandlung zugeführt werden, die sie nicht wollen? Oder ist es eine Verletzung der Würde und vielleicht auch Autonomie, wenn wir zusehen, wie sie verwahrlosen und sich immer tiefer in ihre Krankheit verstricken? Wir befinden uns in einem philosophischen Irrgarten. Um da herauszukommen, schauen wir nochmals auf das, worauf sich der junge Mann eben bezogen hat, nämlich auf den ersten Satz im deutschen Grundgesetz: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 1 Die Würde als Schlüsselbegriff Dieser erste Satz im Grundgesetz bezieht sich auf Immanuel Kant, der vor allem in seiner Schrift Grundlegung der Metaphysik der Sitten über die Würde und Autonomie schrieb. Diese Schrift, mehr als 200 Jahre alt, hat eine unglaubliche Bedeutung, auch für unsere Frage, erlangt. Er steht nicht von ungefähr gleich am Anfang im deutschen Grundgesetz von Nach der Katastrophe des zweiten Weltkriegs und den Verbrechen des Nazi-Regimes zum Beispiel auch die Ermordung psychisch Kranker suchte man nach einem ethischen Fundament, das verlässlich ist und das so etwas ein für alle Mal unmöglich macht. Man fand es in der Philosophie von Immanuel Kant. Es ist zudem Grundlage in der Charta der UN von 1945, in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1948 und in der Behindertenrechtskonvention der UN. Man sieht, die Philosophie der Würde bei Kant hat eine erstaunlich praktische Bedeutung gelangt. Sie greift über Gesetze und Rechtsvorschriften bis in unser Leben hinein. Wir verdanken ihr viel. Und gleichzeitig hat sie uns ein Problem beschert, weshalb wir unter anderem heute hier versammelt sind: das Problem, das im Spannungsfeld zwischen unerwünschten Hilfeleistungen und individueller Autonomie liegt. Oder zwischen Fürsorgepflicht und der Behauptung: Ich habe ein Recht darauf, anders, ja auch so verrückt zu sein wie ich will. Aus diesem Grunde der enormen Bedeutung möchte ich gerne mit Ihnen näher hinschauen, was dieser Satz eigentlich bedeutet. Um ihn und alles, was damit zusammenhängt, zu verstehen, begeben wir uns auf einen Gedankenweg: Subjekt Autonomie Zweck an sich Unantastbarkeit der Würde 2 Bedeutungen Endergebnis Würde 1. Station und Zwischenergebnis Freier Wille 2

9 Ein Blick auf die Begründung der Würde durch Kant Kant hat die gleiche Erfahrung wie wir alle gemacht, nämlich, dass unser Leben stets verschiedenen Gefährdungen ausgesetzt ist. Eine der Gefährdungen ist es, dass jemand über uns bestimmen will, uns einfach geflissentlich übersieht oder uns bloßstellt und demütigt. Es kann, wie wir alle wissen, auch noch schlimmer kommen. Wenn es sehr massiv ist, fühlen wir uns in unserer Würde verletzt. Aber warum ist das so? Subjektsein: Wenn wir danach suchen, worin die Würde begründet ist, ist zunächst ein Begriff von Bedeutung: Subjekt. Ihm wollen wir uns zuerst zuwenden. Nun ist Kant ja bekanntlich nicht ganz leicht zu lesen, und bevor wir uns mit ihm in schwierige Satzkonstruktionen vertiefen, schauen wir lieber auf einen Satz eines heute lebenden Philosophen, nämlich Peter Bieri, der sich wie eine wunderbare Zusammenfassung einiger Kantischer Grundgedanken liest. Um einem Menschen zu begegnen in dieser gewichtigen Lesart des Wortes, müssen wir ihm als einem Subjekt gegenübertreten: als einem Wesen, das im selben Sinne wie wir eine eigene Perspektive auf die Welt hat und deshalb, wie wir auch, als Zweck in sich selbst betrachtet werden möchte. Peter Bieri 1 Als erstes schauen wir wie gesagt auf den Begriff Subjekt. Kennzeichnend wird von Bieri die eigene Perspektive auf die Welt hervorgehoben. Im Zentrum des eigenen Erlebens zu stehen, Gedanken, Gefühle, Träume, Erinnerungen haben, auch die Verbundenheit mit dem eigenen Körper das alles gehört zum Subjektsein dazu. Ist man damit schon im philosophischen Sinne ein Subjekt? Nein, das entscheidende Kriterium, das zum Subjektsein dazu gehört, ist, dass man sich zu seinen Bewusstseinsinhalten in der einen oder anderen Weise selbstbestimmt verhalten kann. Dass man sich, wie die Stoiker sagten, die Freiheit des Geistes bewahrt. Diese Freiheit schenkt einem die Möglichkeit, in eine Distanz zu den eigenen Bewusstseinsinhalten zu gehen, so dass zum Beispiel auch ein innerer Wandel möglich ist, eine andere Perspektive auf sich und die Welt. Autonomie: Von hier aus haben wir die Brücke zur Autonomie. Übersetzt aus dem Griechischen bedeutet Autonomie ja sich selbst ein Gesetz geben. Und wodurch ist dies uns möglich? Für Kant durch unsere praktische Vernunft. Ein autonomes Subjekt ist dadurch in der Lage, sich selbstverantwortlich vorzugeben, wie es denkt und handelt. Es kann einen Lebenshorizont entwerfen, wie es leben möchte. In diesem Prozess ist das Scheitern natürlich immer wieder inbegriffen. Es läuft nicht immer so, wie man sich das vorgestellt hat. Aber man kann sich dann auch zum Scheitern als autonomes Subjekt so oder so verhalten. Freier Wille: Aber entscheiden zu können, wie wir leben und wie wir handeln wollen, setzt einen freien Willen voraus. Was aber ist der freie Wille? Wenn ich dem folge, was ich will? Ist es so einfach? Nein, das haben wir sicher schon geahnt. Der freie Wille ist der, den wir in selbstverantwortlicher Weise handlungswirksam werden lassen können. Ein Beispiel: Wenn wir gerade uns mit einer Abnehmdiät herumquälen und Hunger haben und dann noch ausgerechnet an einer Bäckerei 1 Peter Bieri: Eine Art zu leben. Über die Vielfalt menschlicher Würde, München 2013, S

10 vorbeigehen, wo es köstlich duftet: Wie verführerisch ist es, hineinzugehen und damit unserem natürlichem Willen wie Hegel sagen würde zu folgen. Wenn wir dann aber Nein sagen, das ist das, was Kant im Grunde unter einer freien Willensbestimmung versteht wenngleich er dabei eher weniger an köstliche Brötchen oder Schokoladentorte gedacht hat, sondern an ethische Probleme gedacht hat. Aber gerade diese Fähigkeit, den Willen selbst zu bestimmen, findet Kant so phänomenal, weil sie im Reich der Natur einzigartig ist und den Menschen zu einem geistigen Wesen macht! Kant hat noch das Gespür dafür, wie bewunderungswürdig, wie großartig es ist, dass wir eben nicht nur Geschöpfe von Determinationen sind, nicht nur abhängig von Umwelt, Erziehung, Genetik oder Hunger, wie in unserem Beispiel wir können auch zuweilen Nein sagen und damit einen neuen Anfang setzen. Wäre es anders, so wäre letztlich jede Selbstbemühung um innere Veränderung sinnlos. Autonomie setzt diesen freien Willen voraus. Es kann keine Autonomie geben ohne ihn. Kant behauptet nicht, dass wir das oft tun, aber es ist uns doch immer wieder möglich. Und eben dies, dass wir uns lösen können von Bestimmungen aller Art, dass wir autonom handeln und denken können, ist nach Kant der Grund unserer Würde. Autonomie ist der Grund der Würde der menschlichen und jeder vernünftigen Natur. Immanuel Kant 2 Das ist in gewisser Hinsicht ein fataler Satz. Mich hat er anfangs richtig blockiert, ich starrte auf ihn wie das Kaninchen auf die Schlange. Denn er suggeriert uns, dass ein Mensch, der nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr autonom ist, keine Würde mehr hat. Allein bei diesem Gedanken sträuben sich die Haare. Machen wir uns das einmal mit zwei Bildern klar: Würde Autonomie Wenn also die Autonomiefähigkeit beeinträchtigt ist, zum Beispiel weil jemand psychisch schwer erkrankt ist sie also wegbricht für den Betroffenen suggeriert der Kantische Satz, dass auch seine Würde wegbricht. Der Gedanke, die Würde an die autonome, freie Willensbestimmung zu koppeln, ist so kraftvoll, so genial, dass wir undifferenziert annehmen, Menschen seien immer und zu jedem Zeitpunkt als autonome Subjekte zu sehen. Wir müssen feststellen, dass das Problem der Hilfeleistungen letztlich mit dieser Gedankenkonstruktion verbunden ist. Denn wir sind dadurch verführt zu denken, dass man mit dem Verlust der Autonomie auch die Würde verliert. Das ist aber ein falscher Gedanke. 2 Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Hamburg 1965, S. 59, Signatur

11 Denn es ist natürlich nicht so, dass eine ständige Präsenz der Autonomiefähigkeit gegeben sein muss. Hierin liegt ein tiefes Missverständnis. Das kann kein Mensch leisten. Wir alle leben in Gewohnheiten, auch Denkgewohnheiten und bestimmen unseren Willen nicht andauernd im Rahmen der Vernunft. Nicht immer führen wir uns als autonome Subjekte auf, aber dennoch liegt in unserer Natur Würde. Wir könnten dies jetzt mit Kant differenziert begründen, aber lösen wir uns einmal von ihm. Wir könnten jetzt auf moderne Philosophen blicken, aber auch auf Aristoteles. Das ist vielleicht verblüffend, aber hilfreich. Denn Aristoteles lenkt immer wieder den Blick auf die Potenzialität geistiger Fähigkeiten. Sie sind als Potentialität auf einer bestimmten Realitätsebene da, aber nicht immer lebbar, oft noch verborgen oder in sich geschlossen, manchmal auch nicht mehr erreichbar. Aber so wie die geschlossene Rosenblüte ihre Schönheit und ihre ganz eigene Würde hat, so hat auch der in sich geschlossene Mensch seine Schönheit und Würde. Die Möglichkeitsebene von der Wirklichkeitsebene als unterschiedliche Realitätsebenen zu unterscheiden, ist ein enorm moderner Gedanke. Er findet sich u. a. wieder in dem modernen Begriff Ressourcen. Ein Zwischenergebnis: Die grundsätzliche Verfasstheit des Menschen als Autonomie (autonomes Subjekt) begründet seine Würde. In wie weit ihm selbst die Autonomie zugänglich ist, ist dabei nicht ausschlaggebend. Bezogen auf Hilfeleistungen ist dies ein erster wichtiger Hinweis, dass auf sie ein Anspruch besteht auch wenn sie abgelehnt werden, damit die Autonomiefähigkeit wieder hergestellt werden kann. Zweck an sich Sind wir nun aus dem Irrgarten herausgetreten? Beinahe, aber wir wissen immer noch nicht richtig, was wir unter der Unantastbarkeit verstehen sollen. Das aber ist wichtig, um unser Zwischenergebnis zu festigen. Um uns noch weiter vorzutasten, sollten wir noch einmal auf das Bieri-Zitat blicken, wo der Bezug zu Kant direkt ins Auge springt. So können wir tatsächlich den Ausgang finden, denn hier finden wir eine weitere Bestimmung, die für die Würde entscheidend ist. Bieri spricht vom Zweck in sich selbst Kant spricht hier wörtlich vom Zweck an sich selbst der jedes Subjekt, jeden Menschen ausmache. Dazu, weil es so wichtig ist, hier die entsprechende Stelle bei Kant: das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich selbst sein kann, hat nicht bloß einen relativen Wert, d. i. einen Preis, sondern einen inneren Wert, d. i. Würde. Immanuel Kant 3 Was heißt das? Man kann den Wert von Menschen nicht gegen den Wert von anderen Menschen oder Sachen verrechnen. Niemand ist in seinem Wert berechen- oder verhandelbar, ein Mensch hat keinen Preis. Ferdinand von Schirach hat sich ein Extrembeispiel ausgedacht, um zu zeigen, wohin es führen könnte, wenn dieser unberechenbare Wert fallen gelassen wird. Es lautet in etwa so: Man stelle sich vor, beim Arzt sitzen drei junge Leute und ein alter Mensch, zu dem gesagt wird: Ach, Sie sind so alt, hier sind drei junge Menschen, die Ihre Organe dringend brauchen, Sie verstehen sicher, dass Sie jetzt denen Ihre Organe zu geben haben, auch wenn Sie dann sterben. 4 3 (Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Signatur 434f.) 4 Vgl. Ferdinand von Schirach: Die Würde ist antastbar. Essays, Berlin 2014, S. 11f. 5

12 Den unvergleichlichen Wert eines Menschen bezeichnet Kant als Würde. Wir sehen, dass hier noch eine weitere, zweite Begründung für die Würde gegeben wird die freilich mit der ersten zusammenhängt. Auch das ist enorm wichtig für unser Thema. Wir sehen das am besten, wenn wir darauf schauen, wohin die Gedanken von Kant führen, nämlich zu schon zitierten Satz: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Unantastbar Immanuel Kant, Nicht antastbar. Worin die Würde besteht, haben wir uns klar gemacht: Autonomie und Zweck an sich. Aber dieses unantastbar bleibt noch irgendwie undeutlich. Was heißt das? Wir müssen uns zwei Bestimmungen, zwei Seiten des Unantastbaren vor Augen führen. Unantastbarkeit der Würde 1 Die Würde ist jedem Menschen mitgegeben. Sie ist sozusagen Teil seines Seins. Menschsein und Würde haben fällt hier zusammen. In diesem Sinne ist sie unantastbar, was so viel heißt wie unverfügbar, unserm Zugriff entzogen. Sie ist ein absoluter innerer Wert oder wie Christoph Horn sagt: Die unverlierbare MW beschreibt nicht eine soziale Praxis, sondern begründet sie. 5 Sie ist unabhängig von der Anerkennung der Würde durch andere Menschen. Sie ist auch unabhängig davon, ob man sich selbst, zum Beispiel als psychisch Kranke, diese Würde zugesteht. Hier sieht man: die Unantastbarkeit der Würde ist mit dem Zweck an sich verbunden. Die Würde kann auch nicht an die individuelle Setzung von Selbstachtung gebunden sein. Sie ist als Zweck an sich nicht abhängig vom Würdebewusstsein ihres Trägers und folglich auch nicht von der Selbstachtung und freilich auch nicht davon, ob andere sie achten. In der Selbstachtung wird oft die eigene Würde empfunden, aber sie begründet sie nicht. (Wäre es anders, wäre es oft schlecht um einen bestellt, wenn man zum Beispiel psychotisch wird.) Unantastbarkeit der Würde Auf der anderen Seite heißt unantastbar, dass wir sie nicht antasten dürfen. Es ist ein unbedingtes ethisches Gebot, das aber wie jedes Gebot, jede Norm, auch jedes Gesetz übertreten werden kann. Und manchmal wird diese ethische Norm natürlich auch übertreten. Immer wieder beklagen sich Patienten, dass ihre Würde und damit natürlich ihre Autonomie nicht geachtet wurde. Ganz besonders ist das natürlich der Fall, wenn Zwangsbehandlungen eingeleitet werden. Hier empfinden viele den Verlust ihrer Würde eklatant. Es ist inzwischen gängiger Sprachgebrauch, vom Verlust der Würde zu sprechen. Aber wenn wir an das eben Gesagte von der Unverletzlichkeit her denken, dann heißt das eigentlich: Die Kränkung oder Verletzlichkeit der Würde besteht darin, dass dieses Unverletzliche nicht geachtet wird! Die Achtung der Würde ist also somit ein Teil der normativen Ethik. 5 Christoph Horn: Information Philosophie, August 2011, Heft 3, S. 37. Er wendet sich damit gegen eine zunehmende Strömung der gegenwärtigen Diskussion um die Begründung der Würde, siehe zum Beispiel A. Margalit, R. Stoecker, Ch. Pollmann. 6

13 Auch wenn man in der philosophischen Diskussion um die alleinige Vertretbarkeit der einen oder der anderen Sichtweise streitet: Ich halte beide Sichtweisen für wichtig und vor allem für untrennbar. Resümee der Doppelbedeutung von Die Würde des Menschen ist unantastbar 1.) Sie kommt jedem Menschen als absoluter, innerer Wert zu. Sie ist nicht von kontingenten, situativen oder individuellen Zuschreibungen abhängig. 2.) Es ist ein unbedingtes ethisches, normatives Gebot, sie nicht anzutasten. Wir haben jetzt uns gemeinsam tatsächlich zum Ausgang des Irrgartens gearbeitet! Zusammenfassung Ich meine, es ist durch unsere Überlegungen etwas deutlich geworden: Weil die Würde auf der Autonomie ruht, sind wir ethisch verpflichtet, die Autonomiefähigkeit wieder herzustellen. Es besteht ein Schutzanspruch vor sich selbst, der sich nicht nur auf das rein physische (Über)-Leben, bezieht, sondern auch auf das autonome Leben des Subjekts. Der Gedanke der Unantastbarkeit in beiden Bedeutungen stärkt dieses Argument noch. Deshalb haben wir uns ebenso darum bemüht. Alles zusammengefasst, kommen wir bezogen auf unser Thema zu folgendem Ergebnis: Jeder Mensch gleichgültig in welchem kontingenten oder situativen Zustand er sich befindet (auch bei eingeschränkter Autonomie) hat eine unverlierbare Menschenwürde (ist Zweck an sich). In der Achtung dieser Würde liegt ein normatives Gebot, ihm gegebenenfalls Hilfeleistungen zukommen zu lassen, damit er als autonomes Subjekt sein Leben führen kann. Hier ist besonders der Gesetzgeber gefordert, die Vereinbarkeit von Würdeanspruch und Hilfsangeboten zu gewährleisten. Es kann sonst sein und so geschieht es auch, dass ein äußerst behandlungsbedürftiger Mensch sich in einer Psychiatrie einfindet und man kann ihn nicht behandeln. Aber er hat den Anspruch auf Wiederherstellung seiner Autonomie, er hat einen Schutzanspruch vor sich selbst. Überlässt man ihn sich selbst, missachtet man seine Würde, was mit dem Grundgesetz und unserem inneren ethischen Empfinden unvereinbar ist. Aber natürlich verlangt eine jede Hilfeleistung, medizinische Behandlung oder Unterstützung, besonders wenn sie gegen den Willen des Patienten geschieht, danach, dass sie in einer würdevollen Form geschieht, so gut es überhaupt möglich ist. Auch wenn zu manchmal schwierig ist: Es ist mit der Würde eines Schwerkranken unvereinbar, ihn seinem Schicksal zu überlassen. Es geht natürlich in keiner Weise darum, ihm irgendeinen Lebensstil vorzuschreiben, überhaupt nicht, sondern es geht darum, dass er sich durch seinen freien Willen auf der Basis seiner Autonomie für einen Lebensstil entscheiden kann. Es geht um ein hohes Gut: Die Ressourcen für eine Wiederer- 7

14 langung von Autonomie und Selbstverantwortlichkeit zu mobilisieren. Tun wir das nicht, sind Autonomie und Würde nur noch feige Ausreden, hinter denen wir uns verstecken. Die Kostenträger verstecken sich gerne hinter zu hohen Kosten wobei ich im Gegenteil der Meinung bin, dass gerade durch möglichst individualisierte Maßnahmen, die die Würde des Patienten im Auge haben, die Kosten eher gesenkt werden. Die UKE-Studie zum Hometreatment scheint das auch zu bestätigen. Das ist eigentlich auch kein Wunder. Denn durch die Beachtung der Würde hat man eine gute, humane Basis, die Autonomiefähigkeit zu stärken, worauf ich sage es nochmals ein ethischer Anspruch besteht, der leider in der Praxis häufig nicht beachtet wird. Aber auch der Gesetzgeber sollte sich nicht hinter einem schief gelagerten Autonomieverständnis verstecken, das so, wie es als Argument immer wieder gebracht wird, gar nicht haltbar ist. Manchmal kostet es sehr viel Kraft, Mut, Ausdauer, Phantasie und ja, auch Liebe, einen psychisch kranken Menschen dazu zu bewegen, ein Unterstützungsangebot wahrzunehmen. Besonders die Angehörigen, die meist als erste merken, dass etwas nicht rund läuft, können davon ein Lied singen. Auch sie haben einen Anspruch auf wertschätzende Unterstützung. Das ist letztlich auch für sie ein in der Menschenwürde verankertes Recht und es ist unverantwortlich, sie mit den Schwierigkeiten nicht ernst zu nehmen oder allein zu lassen, wie es leider immer wieder geschieht, oft mit dem Hinweis auf die Autonomie des Erkrankten. Ein letztes Wort: Neben Rechtsphilosophie und Rechtsvorschriften zur Würde und Autonomie steht noch etwas anderes. Die Wahrung der Würde in verschiedensten Lebenssituationen ist eine innere Haltung, die, wie Bieri sagt, erst wirkliche Begegnung möglich macht. Sie ist eine Art zu leben. Sie ist die Basis für jede Begegnung und selbstverständlich auch für den Kontakt mit psychisch Kranken. Das Bemühen um die Wahrung der Würde ist letztlich auch ein Schlüssel dafür, dass das Leben gelingen kann. So, das waren die theoretischen Grundlagen, und ich lege Ihnen ans Herz, sie nicht zu vergessen. Nun aber kommt die praktische Arbeit, wie das alles umgesetzt werden kann und dazu wird Ihnen mein Nachfolger bestimmt vieles Interessantes sagen! 8

15 Recht auf Autonomie und/oder Recht auf Hilfe? Eine Güterabwägung Prof. Dr. Wolfgang Schütte, Fakultät Wirtschaft und Soziales, HAW Hamburg Frau Pohl hat in ihren klarsichtigen philosophischen Erläuterungen bereits zentrale Begriffe eingeführt, die auch für die juristische Diskussion um das Hilfekonzept für psychisch Kranke maßgeblich sind: Menschenwürde und Autonomie. Hier kann ich sehr gut anknüpfen. Die Juristen haben es nun etwas schwerer als die Philosophen: Sie dürfen nicht beim Erwägen und Argumentieren stehen bleiben, sondern müssen Entscheidungen herbeiführen und begründen. Und nicht nur Grundrechtskonformität erwarten wir von rechtlichen Entscheidungen, sondern auch Verbindlichkeit, Transparenz und Systemkonformität. Das alles ruft nach klaren Strukturen. So bin ich mit Frau Pohl völlig einig in ihrer Schlussfolgerung: Es geht um ein hohes Gut: Die Ressourcen für eine Wiedererlangung von Autonomie und Selbstverantwortlichkeit zu mobilisieren. Tun wir das nicht, sind Autonomie und Würde nur noch feige Ausreden, hinter denen wir uns verstecken. Juristisches Kopfzerbrechen machen mir weniger die Ziele für sozialstaatliches Handeln als die Konkretisierung dieser Ziele im Sinne einer ausgewogenen Gestaltung der Unterstützungssysteme: In welchen Bereichen hat der soziale Rechtsstaat die freien Entscheidungen zur privaten Lebensführung zu akzeptieren und sich mit Belehrungen und Interventionen zurückzuhalten? Wo hat er Angebote zur Ressourcenstärkung vorzuhalten? Wo sollte er diese Angebote mit einem aktiven und aktivierenden Unterstützungskonzept versehen? Und wo sollte er zum Schutz der psychisch Kranken und ihrer Umgebung auch Zwangsmaßnahmen vorsehen? In den vergangenen 50 Jahren haben sich unsere fachlichen und juristischen Einschätzungen dazu grundlegend gewandelt. Als ich vor 50 Jahren meine Schulzeit beendete, arbeitete mein Vater in Westfalen als Arzt zeitweise in psychiatrischen Anstalten. Ich hatte recht tiefe Einblicke in die Zusammensetzung der Insassen, teilweise auch in die Krankengeschichten der Menschen, die zu einem nicht geringen Anteil krank gemacht worden waren. Als ich dann in Süddeutschland Jura studierte, wurde uns das rechtliche Innenleben dieser sehr besonderen Kliniken anhand einer verwaltungsrechtlichen Konstruktion erläutert: Hier seien die Grundrechte (wie auch in Gefängnissen und in Schulen) nicht voll wirksam, Grundrechtseingriffe seien schon aus dem Anstaltszweck heraus legitimierbar; man sprach im Verhältnis Staat : Bürger bei Schülern, Gefangenen und 1

16 Anstaltsinsassen von besonderen Gewaltverhältnissen im Gegensatz zu sonst gültigen allgemeinen Rechtsverhältnissen mit Grundrechtsgeltung. Eine Ent-Rechtung besonderer Art, die sich auch im BGB in der zivilrechtlichen Figur der Entmündigung widerspiegelte. So war sie eben, die autoritär grundierte Adenauerzeit. Erst die Protestbewegungen der späten 60er und die sozialliberale Ära der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts haben solche verkrusteten rechtlichen Verhältnisse aufgebrochen. Ich habe deshalb viel Verständnis für Proteste, die auch heute noch auf versteckte autoritäre Strukturen oder scheinbar betriebliche Sachzwänge hinweisen, auf Gefährdungen der Autonomie und Würde durch Zwangsmedikation, Zwangssterilisation, durch Behandlungen am Lebensende, die nicht durch ausdrückliche Einwilligungen legitimiert sind, und durch Wahlrechtsbeschränkungen und paternalistische Fürsorge gegenüber Menschen mit Behinderungen. Aber wie überall darf man das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und jede staatliche Zurückhaltung und politische Passivität mit der angeblich nun endlich für wertvoll erachteten individuellen Entscheidungsfreiheit legitimieren. Die Grundrechte sind nicht nur Freiheitsrechte, die den Staat zur Zurückhaltung gegenüber Interventionen in die Lebenswelt der Einzelnen anhalten. In einer hoch verdichteten Gesellschaft sind sie zugleich Auftrag an den sozialen Rechtsstaat, gerechte Verhältnisse zu befördern, die diese Gestaltungsfreiheiten auch lebbar machen. Sehr abstrakt gesehen folgt daraus eine Verpflichtung von Parlamenten und Regierungen, ihre Politiken an den grundrechtlich verankerten Zielen auszurichten, also vor allem den sozialen Ausgleich zu befördern. Mein Eindruck ist, dass der deutsche Gesetzgeber mit seiner generellen sozialen Verantwortung, gerechte Lebensverhältnisse herzustellen, sehr bewusst und grundrechtskonform umgeht: Das Sozialgesetzbuch wird in jeder Legislaturperiode neu angefasst, es umfasst inzwischen in der Beck-Ausgabe über Seiten engbedruckten Text. Aber soziale Gerechtigkeit als Maßstab führt uns hier noch nicht viel weiter. Etwas näher an die konkreten Abwägungen bei psychischen Erkrankungen kommt man heran, wenn man die Grundrechte als Aufträge an Gesetzgeber und Verwaltungen versteht, vulnerable Gruppen unter den besonderen Schutz der staatlich verfassten Gesellschaft zu stellen; ihnen also rechtlich zuzubilligen, dass sie vom sozialen Rechtsstaat mehr erwarten dürfen als andere; also mehr persönliche Aufmerksamkeit, mehr Schutz ihrer vielleicht unkonventionellen Lebensweise, mehr persönliche Unterstützung, vielleicht auch mehr Bargeld. Eine solche rechtliche Sonderstellung muss man gut begründen: Sie rückt den sozialen Rechtsstaat näher an die private Lebenswelt und gerät so möglicherweise mit den staatsabwehrenden Freiheitsrechten in Konflikt. Gleichzeitig sind solche Unterstützungsleistungen kostenintensiv, sie verlangen finanzielle Aufwendungen jenseits des Üblichen. Dem Gesetzgeber muss man, schon aus demokratischen Erwägungen, einen weiten Handlungsspielraum zubilligen. Er ist befugt, seine Verantwortungsbereiche zu definieren (Kompetenzkompetenz) und die nötigen Mittel bereitzustellen (Haushaltskompetenz). Nur in Ausnahmefällen bei krassen Schutzlücken oder unverständlichen Ungleichbehandlungen wird ihm die Verfassungsrechtsprechung Vorgaben machen. Auch beim Schutz vulnerabler Gruppen, so ist mein Eindruck, geht der Gesetzgeber mit seiner Verantwortung derzeit sehr reflektiert um. Wir hatten in den letzten Jahren eine Reihe von medi- 2

17 zinethischen und sozialethischen Gesetzesprojekten im Deutschen Bundestag, die mit großem Ernst behandelt und überwiegend auch mit breiten Mehrheiten abgeschlossen wurden. Denken Sie nur an die Einfügung des Behandlungsvertrages in das Bürgerliche Gesetzbuch und die damit verbundene Stärkung der Patientenrechte ( 630a ff BGB), an die schwierigen Debatten um Embryonenschutz, Kinderwunsch und Forschungsfreiheit (Embryonenschutzgesetz), an die mehrfache Korrektur des Betreuungsrechts zu Behandlungen bei nicht einwilligungsfähigen Patienten, insbesondere am Lebensende ( 1901a ff BGB), an die jüngst mit breiten Mehrheiten verabschiedete Reform der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz, BTHG). In meinem Vortrag bin ich der Frage nachgegangen, welche gesetzlichen Vorschriften und höchstrichterlichen Entscheidungen die Initiativen des LApK unterstützen könnten, im Gesundheits- und Sozialsystem mehr aufsuchende Hilfen für psychisch Kranke vorzusehen. Dazu habe ich zunächst einige verfassungs- und völkerrechtliche Normen betrachtet (Grundgesetz, Europäische Menschenrechtskonvention, UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen). Im BGB habe ich auf die Grundregeln des Behandlungsvertrages hingewiesen und dann die neuere Rechtsprechung zum Betreuungsrecht dargestellt. Bemerkenswert ist, dass das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr eine Schutzlücke bei den Hilfen für psychisch Kranke identifiziert und den Gesetzgeber verpflichtet hat, das Betreuungsrecht nachzubessern. Es ging um drohende lebensbedrohliche Erkrankungen und Zwangsbehandlungen ( gegen den natürlichen Willen ). Der Gesetzgeber hat schnell reagiert und in diesem Jahr 1906 BGB ergänzt. Die Möglichkeiten der Zwangsbehandlungen wurden erweitert, allerdings nur für stationär Behandelte. Im Sozialrecht (SGB) habe ich auf die Kranken- und Pflegeversicherung hingewiesen. Offen ist, wie sich die umfangreichen Änderungen im Recht der Rehabilitation und Teilhabe (SGB IX) durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) auswirken werden. Immerhin soll es erweiterte Beratungsmöglichkeiten geben, auch nach dem Konzept des peer counseling (Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung, 32 SGB IX neu). Schließlich habe ich im Hamburger Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (HmbPsychKG) nach Ansätzen für eine aufsuchende Betreuung gesucht und gefunden. Im Ergebnis zeigt der Gang durch einschlägige Gesetzesnormen und höchstrichterliche Entscheidungen: Das Problem aufsuchender Behandlung und Betreuung wird gesehen. In der Ausgestaltung hat der Gesetzgeber verfassungsrechtlich einen weiten Handlungsspielraum. Bei der ambulanten Versorgung psychisch Kranker kann man eine Schutzlücke annehmen. Doch ist es fraglich, ob der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gefordert ist, diese durch ein dichteres Angebot oder durch Verpflichtungen an die zuständigen Gesundheits- und Sozialämter zu schließen. Wohl eher nicht. Rechtliche Möglichkeiten zum Aufbau einer dichteren und krisensensiblen Versorgung sind vorhanden. Entsprechende Soll-Vorschriften gibt es, zum Beispiel im Hamburger PsychKG und in den 3

18 Sozialgesetzbüchern V und IX. Sie werden aber von den zuständigen Behörden und Kassen noch wenig genutzt, um aufsuchende Betreuung für psychisch Kranke auch flächendeckend zu implementieren. Finanzielle Erwägungen dürften eine Rolle spielen. Nun kennt die Sozial- und Gesundheitspolitik keinen Stillstand. Einem Verband kann man nur raten, die aktive gesellschaftliche Einflussnahme zu verstärken: Absprachen mit Nachbarverbänden, Lobbyarbeit, Druck auf parlamentarische und behördliche Entscheider, Allianzen mit der Wissenschaft, Mobilisierung der Fachöffentlichkeit und der Zivilgesellschaft. 4

19 Mein Recht auf Hilfe, wenn ich mir nicht mehr selber helfen kann Rolf Scheffel Ich begrüße Sie ganz herzlich, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Teilnehmende an dieser Fachtagung voller interessanter Themen. Ich freue mich, dass Sie da sind. Wir psychisch Kranken sind alle sehr unterschiedlich. Viele können autonom leben und es besteht kein Anlass, ihnen das zu nehmen. Wenige können nicht autonom leben und bleiben auf unbestimmte Zeit auf Hilfen angewiesen. Etliche können autonom leben, aber es gibt Krankheitszeiten, wo ihnen das nicht mehr gelingt. Zu diesen gehöre ich. Jetzt könnte man sagen, jeder müsste optimal medikamentös eingestellt sein, und dann erkrankt niemand mehr psychotisch. Ich gehöre jedoch zu den etwa 50%, die trotz Neuroleptika innerhalb von fünf Jahren erneut erkranken. Was ist meine Situation und wie kann ich verhindern, eine schwere Psychose über lange Zeit zu haben? In den letzten drei Jahren ist es mir gelungen zu merken, wenn etwas nicht mit mir stimmt. Ich ziehe mich dann in meine Wohnung zurück und beschränke meine sozialen Kontakte auf meine Freundin, die im gleichen Haus wie ich wohnt und auf mein Hilfesystem. Letzteres besteht aus der IV und meinem Psychiater, denen ich eine schicke, bzw. bei denen ich anrufe. Ansonsten versuche ich jeden Kontakt zu anderen zu vermeiden und halte mir die Option offen, meine Fritzbox abzubauen und meiner Freundin in Verwahrung zu geben, damit ich nicht spontanen Eingebungen zum Opfer fallen kann, irgendwelche Telefonate/Mails zu führen, die bei den Adressaten schlecht ankommen, weil mich paranoide Gedanken plagen. Mag paranoides Denken mich auch sehr drängen, alles katastrophal Mögliche zu unternehmen, ich muss dem dann Einhalt bieten und mir sagen, ich habe ein Recht darauf, gar nichts zu tun, was mir dann schwerfällt und ich komme mir dann vielleicht auch feige vor. Aber ich will dadurch verhindern, dass sich mit irgendjemandem etwas hochschaukelt. Denn dann ist sehr schnell alles verloren und mir kommt dann jegliche Krankheitseinsicht rasant abhanden. Aber auch, solange ich mir bewusst bin, dass mit mir etwas nicht stimmt, bin ich intellektuell stark eingeschränkt. Das Psychotische nimmt viel Raum ein und dem nicht nachzugeben kostet viel Kraft und Gehirnkapazität, so dass ich praktisch ziemlich dumm und hilfsbedürftig bin. Ich kann deshalb keine komplizierten Wie verhalte ich mich dann -Pläne aufstellen. 1

20 Da ist es schon hilfreich, wenn meine Betreuerin von der Integrierten Versorgung (IV) mich darauf aufmerksam macht das Bedarfsmedikament Truxal dreimal täglich zu nehmen. Auch sind die Hausbesuche durch die IV eine große Hilfe. Ambulante Sozialpsychiatrie (ASP) nutze ich nicht, weil ich keine wöchentlichen Kontakte zu Betreuern haben möchte und ASP nur in Krisenzeiten nicht angeboten wird. Meine Erfahrungen aus den letzten drei Jahren besagen, solange es mir gelingt, krankheitseinsichtig zu bleiben, und ich nichts hochschaukeln lasse, dann geht es mir innerhalb kürzester Zeit wieder gut, das kann schon nach wenigen Tagen der Fall sein. Nur was passiert, wenn ich die Krankheitseinsicht verliere und meine Psychose auslebe? Klar, dann kann ich kaum noch etwas Gutes für mich tun und brauche die Hilfe anderer! Medikamente alleine helfen dann bei mir nicht mehr, und es wird für die Helfer anstrengend. Etwas, zu dem sie vielleicht nicht bereit sind. Wenn ich den Kontakt zur IV abbreche, sie aber von meinem Krankheitsschub wissen, versuchen sie mich zu Hause aufzusuchen. Wenn ich nicht öffne, überlegen sie, ob sie eventuell einen Krankenwagen für mich rufen. Ich kann mich dann auf nichts verlassen. Jeder professionelle Helfer hält es sich offen, dann erst zu entscheiden, wenn der Krisenfall da ist. Da lässt sich im Voraus nichts vereinbaren. Und da ein einzelner professioneller Helfer kaum etwas alleine tun kann, ist er dann auf andere angewiesen, die das dann völlig anders sehen können, so dass vielleicht viel über mich gesprochen wird, aber nicht mit mir, und dass überhaupt nichts unternommen wird. Ich habe in einer schweren Krise jenseits jeglicher Krankheitseinsicht viel zu verlieren. Zum Beispiel dass meine Nachbarn nichts mehr mit mir zu tun haben wollen, Wohnungskündigung, Verlust von Freunden, Angehörigen und Bekannten. Mir ist es am wichtigsten, dass davon nichts passiert. Einen stationären Psychiatrieaufenthalt finde ich grundsätzlich weniger schlimm. Wenn ich out of self control bin, sollte mir so etwas eigentlich dringend angeraten werden und wenn ich darauf nicht eingehe, sollte eigentlich eine Zwangseinweisung unternommen werden. Allerdings ist zur Behandlung auf den stationären psychiatrischen Akutstationen in Hamburg etliches anzumerken. Erstens kann ich mir nicht im Voraus aussuchen, auf welche ich dann zwangseingewiesen werde, aufgrund der skandalösen Sektorisierung. Zweitens ist die Personalausstattung auf den Akutstationen in Hamburg katastrophal ausgedünnt worden. Die wenigen Krankenpfleger und Krankenschwestern meiden den Kontakt mit den Patienten, bzw. haben inzwischen restlos verlernt, Kontakt mit Patienten in schweren Krisen zu haben, abgesehen von Medikamenten- und Essensvergabe. Personal, das mit einem Patienten, der beispielsweise starke Ängste hat, Zeit hat, draußen spazieren zu gehen, existiert schon seit etlichen Jahren nicht mehr. Drittens hinken Hamburgs Akutstationen der Forschung weit hinterher. Sie behandeln ausschließlich mit Medikamenten. Sonst findet nichts statt. Erwiesenermaßen ist jedoch auch die kognitive Verhaltenstherapie bei akuten Psychosen hoch wirksam und sollte zumindest für die vielen Patienten angewandt werden, bei denen die Medikamente keine Wirkung zeigen, wie es bei mir ist. 2

21 Viertens sollten in den Akutstationen Soteriaelemente umfangreich verwirklicht sein. Das bedeutet, dass das Personal den Kontakt mit den Patienten sucht, es gemütliche Rückzugsräume gibt und es dort krankenhausuntypisch wohnlich ist. Fünftens sollten alle Akutstationen offene Stationen sein. Doch statt sich darüber Gedanken zu machen, reden die Krankenhauspsychiater lieber über Elektrokrampftherapie. Deshalb ist Akutpsychiatrie für mich so unattraktiv geworden, wie im Urlaub bei Dauerregen auf einem Schlammplatz zu zelten. Und nun zu Zwangsmaßnahmen Da die Akutstationen so schlecht geworden sind und viele Patienten hochpsychotisch entlassen werden, ist dementsprechend die sehr teure forensische Psychiatrie immer mehr ausgebaut worden, die nur aus Zwang besteht. Deren Patienten haben keinen Einfluss mehr auf Psychiaterauswahl und was sie an Medikamenten einnehmen müssen. Selbst wenn die Medikamente nur sehr schlecht vertragen werden, können diese Psychiater das gänzlich ignorieren. Eine Beschwerdestelle existiert nicht. Psychiatrie ist bei den psychisch kranken Menschen nie beliebt gewesen. Aber die gegenwärtigen Zustände, wie zum Beispiel auf der Akutstation im Erdgeschoss in Ochsenzoll, wo das Personal jeden Kontakt mit den Patienten meidet, wo nichts angeboten wird und die einzige Behandlung in der Medikamentenvergabe besteht, ja, da darf man sich nicht wundern, wenn dort niemand mehr freiwillig in einer Krise hingeht und schnellstmöglich dort abhaut. Soteriaelemente und das Angebot von kognitiver Verhaltenstherapie würden sicherlich einen großen Teil der Patienten motivieren freiwillig dort zu bleiben, denen die Medikamente alleine nicht helfen. Und da mein letzter Psychiatrieaufenthalt in Ochsenzoll dazu führte, dass ich in einem noch schlechterem Zustand entlassen worden bin, als ich reinkam, ist dort die Akutstation keine Option sondern nur ein riesengroßer Skandal. Fazit Die psychiatrischen Akutstationen müssen dringend verbessert werden. Momentan ist es offensichtlich politisch gewollt, dass sich die Straftaten vermehren, damit immer mehr psychisch Kranke in die teure Forensik kommen. Dass es dabei zu unnötigen Opfern kommt und etliche psychisch Kranke verhinderbarer Weise zu Tätern werden, wird als Kollateralschaden hingenommen. Da ich weiß, dass ich wieder so schwer erkranken kann, dass aufsuchende Hilfen nichts mehr bringen, stecke ich in einer üblen Situation. Da in den Akutstationen auf unabsehbare Zeit krankheitsverstärkende Zustände herrschen werden für diejenigen, bei denen die Medikamente nicht anschlagen, wie bei mir, kann ich nur den Ausbau der ambulanten aufsuchenden Hilfen begrüßen. Die IV muss ich jedes Jahr verlängern. Das nervt, aber ohne sie sähe ich in Krisen richtig schlecht aus. Ein Krisendienst nach Berliner Vorbild ist wichtig, der bereit ist, jeden aufzusuchen, und bei dem keine Verlängerungsanträge nötig wären. 3

22 Wie wir im Rauhen Haus arbeiten die Praxis unseres Arbeitsalltags Wolfgang Bayer, Stiftungsbereichsleiter Sozialpsychiatrie, Das Rauhe Haus, Hamburg Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank für die freundliche Begrüßung. Auch wenn meine Vorredner bereits wesentliche Aspekte, die auch den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden in sozialpsychiatrischen Einrichtungen und Diensten und die Ambivalenzen, Zwickmühlen und Widersprüche für die professionell Tätigen schon genannt und angetickt haben, so will ich doch auf ein paar weitere noch eingehen. Zunächst eine Vorbemerkung: Wir diskutieren hier zwei unterschiedliche Themen. Das eine ist die Frage, wie bekommen Menschen Hilfe, wenn sie keinen Zugang zum Unterstützungssystem wollen, wenn sie Psychiatrie ablehnen, trotz einer psychischen Störung. Das andere ist die Frage, ob das psychiatrische Hilfesystem erstens adäquate Hilfen (Behandlung und Unterstützung) vorhält und in welchem Maße es selber wiederum Menschen mit besonders auffälligem Verhalten aus dem Hilfesystem wieder heraus bugsiert. Die Trennung der Themen ist wichtig, sie richten sich an verschiedene Adressaten und bei dem ersten verspüre ich, ähnlich wie die Angehörigen, ein wenig Ratlosigkeit. Auch wir bewegen uns zwischen den formulierten Wünschen und Forderungen nach Autonomie und Hilfe/Unterstützung, wir bewegen uns im Dickicht unterschiedlicher rechtlicher Normen, die keineswegs widerspruchsfrei das Feld sozialpsychiatrischer Arbeit mitbestimmen. Wir versuchen unser Handeln an Fachlichkeit zu orientieren und bewegen uns dabei zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen, die etwas von uns wollen. Neben den Klienten gibt es Angehörige und dann treten noch Behörden, Aufsichtsstellen, Nachbarn und die Öffentlichkeit usw. hinzu. Die Rolle, Aufgabe und Funktion der professionell Tätigen ist dabei im Vierklang der Leistungserbringung von Betroffenen/Psychiatrie-Erfahrenen Angehörigen Leistungsträger und uns selbst, den Mitarbeitenden von einer besonderen Art. Dazu zwei fachliche Anmerkungen sehr knapp formuliert: 1. Psychische Störungen entstehen nach meinem Verständnis State of the Art aus einem Wechselspiel von persönlichen Dispositionen, gesellschaftlichen Umständen sehr unterschiedlicher Art und der jeweiligen Sozialisation heraus. Psychische Störungen verstehen wir immer als mehr oder weniger gelingende Lösungsversuche für individuelle Probleme, die aus diesem Wechselspiel entstanden sind. Es geht dabei weder um eine schlichte 1

23 Kausalität, noch um eine Schuldzuweisung, noch um einen Freispruch von persönlicher Verantwortung. Aber solche Störungen führen zu Einschränkungen im alltäglichen Leben, bei der Teilhabe in und an sozialen Beziehungen und zu bisweilen sehr, sehr eigenen Sichtweisen auf die Welt, die sich meinem einfachen Verständnis weitgehend entziehen, wie zum Beispiel bei Menschen in akuten psychotischen Episoden. 2. Wir, die Professionellen, verstehen uns zunächst grundsätzlich als Begleiter/Unterstützer der Klienten. Der Menschen also, die auf Grund einer psychischen Erkrankung unsere Dienste in Anspruch nehmen wollen und die, im sozialrechtlichen Rahmen, einen von der bewilligenden Stelle anerkannten Bedarf haben. Dazu gehört im Hilfeplanungsverfahren für die vom Klienten genannten individuellen Ziele Maßnahmen zu entwickeln, zu formulieren und umzusetzen. Dies zunächst einmal unabhängig davon, ob irgendjemand außerhalb mit den Zielen einverstanden ist, diese für sinnvoll hält. Ich vermeide hier bewusst den Begriff des Auftraggebers, weil nach meiner Auffassung rechtliche, ökonomische und strukturelle Bedingungen deutliche Grenzen für mögliche Unterstützung setzen. Anders und vereinfacht gesagt, was wir tun, ist kein Wunschkonzert, sondern die Erfüllung sozialrechtlicher Bedarfe. In unserer Arbeit gilt es die beiden Aspekte (Begleitung von Menschen und Beeinträchtigung auf Grund einer psychischen Erkrankung) miteinander zu verbinden, sie zu quasi zu versöhnen, nämlich dann, wenn Wünsche und formulierte Ziele nach unserer Wahrnehmung im Alltag nicht oder nur begrenzt erreichbar sind, oder wir fachliche Zweifel daran haben, was alleine schon immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen unserer professionellen Sichtweise und den Erwartungen, Wünschen und Zielen der jeweiligen Klienten/innen führt. Auseinandersetzungen um Wünsche nach einem gelingenden Leben, um konkretes Verhalten im wirklichen Leben, Konflikte, Liebe und Tod, gehören zum Alltag der Begleitung von Klienten. Und dann kommen noch die Erwartungen Anderer, wir mögen doch qua uns erteiltem Auftrag endlich für, ja für was eigentlich sorgen? Was sollen wir tun? Insbesondere bei Menschen, die stationäre Hilfe erhalten, sind sie die Ziele der Eingliederungshilfe. Worin die Begleitung/Unterstützung konkret bestehen soll, bleibt allzu oft unklar. Unsere Arbeit ähnelt mitunter einem Suchen nach der Nadel im Heuhaufen, der zunächst einmal berechtigten Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen aller. Ich spitze dies zu: Der Wunsch eines Klienten, das eigene Leben trotz beispielsweise einer psychotischen Störung autonom zu führen, ist genauso berechtigt wie zum Beispiel die Wünsche seiner Angehörigen, ihren Lebensalltag in Ruhe und in der Gewissheit, ihr erkrankter Angehöriger ist versorgt, gestalten zu können. Und der Wunsch der Wohnungsnachbarn ebenfalls ungestört leben zu können ist auch berechtigt. Aber wie geht das beides? Geht das alles überhaupt gleichzeitig, und wenn nicht, was dann? Und was geschieht, wenn die Vorstellungen zwischen Angehörigen und Klienten nicht übereinstimmen, was wir durchaus regelhaft erleben? Wir erleben also ganz alltäglich das im Tagungstitel skizzierte Spannungsfeld zwischen dem Recht auf Autonomie und dem Recht auf Hilfe und das damit mitklingende Thema von Zwang und Gewalt. Wir versuchen Klienten zu unterstützen, sich auf ein Austarieren von Wünschen und Realität, von eigenen und fremden Ansprüchen, von Träumen und eigenen realen Fertigkeiten einzulassen. 2

24 Und die mittlerweile etablierte Angebotsstruktur mit ihrem ich erlaube mir, dies einmal pointiert so zu nennen Dogma ambulant vor stationär trägt hier, nach meiner Einschätzung, zu einer Aussortierung der Menschen mit sehr herausforderndem Unterstützungsbedarf bei. Während ambulante Hilfe richtigerweise ausgebaut worden sind, haben wir fälschlicherweise intensiv unterstützende Hilfen tendenziell vernachlässigt und so den angeblich steigenden Bedarf nach geschlossener Unterbringung mit kreiert. Für mich besteht hier ein systemischer Zusammenhang, den wir angehen müssen. Hier könnte Sozialpsychiatrie wieder politischer werden. Nach meiner Einschätzung ist dieses Austarieren von Interessen, Bedürfnissen Bedarfen und Rechten in einem Aushandlungsprozess überhaupt der einzige Weg, keine der Beteiligten Seiten hat per se ein Vorrecht vor den anderen. Wir setzen auf Gesprächsbereitschaft, auf die Bereitschaft einander zuzuhören. Und wir akzeptieren die Grenzen der Handlungsmöglichkeiten. Und, wir setzen Grenzen dort, wo Normen und Regeln in einem nicht zu akzeptierenden Maß verletzt werden. Aber auch erst dann. Präventive Sanktionierung und Einschränkung von Rechten ist weder rechtlich, noch fachlich, noch ethisch vertretbar, es ist nicht machbar. Dies ist nicht trivial, denn wir selber bleiben nicht unberührt von den im Alltag spürbaren Dilemmata, in denen wir uns bewegen und von denen wir als Mitarbeitende auch ganz persönlich betroffen sein können, zum Beispiel wenn Menschen in einer Ausnahmesituation nicht erreichbar sind und auch aggressiv/bedrohlich gegen uns auftreten. Wir sind auch betroffen, wenn wir das Ende unserer Möglichkeiten erleben und feststellen, bei allem Bemühen, wir erreichen den einzelnen Menschen nicht. Wir versuchen also Aushandlungsprozesse zu gestalten unter Beachtung von Recht und Gesetz, von menschlichem Verstehen und fachlichem Sachverständnis geprägt. Wir treten für die Einhaltung von Normen eines menschlichen Umgangs und von Rechtsnormen ein und versuchen in unserer Arbeit strukturelle Gewalt so weit wie möglich zu vermeiden. Aber, wenn jemand Gewalt gegen Dritte ausübt, so greifen wir auf staatliche Instanzen wie Polizei und Justiz zu und schützen. Schutz Dritter hat Vorrang von Autonomie. Das staatliche Gewaltmonopol ist nach meiner Meinung nicht diskutierbar. Die Psychiatrie ist aus guten Gründen (z.b. historischen) nicht der Ausfallbürge für gesetzliche Lücken oder Mängel. Wir versuchen, Angehörige zu beraten und Klienten auch in Krisen zu begleiten, und erleben doch immer wieder die Grenzen des Gestaltbaren. Aber auch diese gilt es auszuhalten und nie den Versuch aufzugeben, diese zu erweitern. Dies bedeutet, sich gemeinsam mit Psychiatrie-Erfahrenen und Angehörigen politisch zu engagieren, dies Thema der Nicht-Versorgten an Politik und Verwaltung gemeinsam heranzutragen um damit zur Verbesserung der Psychiatrie beizutragen, trotz unterschiedlicher Positionen in einzelnen Feldern. Dies wäre als eine Rückbesinnung der Sozialpsychiatrie auf ihre Wurzeln ein sehr zeitgemäßer Schritt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 3

25 Menschenwürde wahren, Zwangseinweisung vermeiden, aufsuchende Hilfen stärken Pflegepraxis und Pflegewissenschaft was bietet sie dieser Zielgruppe an, was muss sie lernen? Prof. Dr. Michael Schulz Fachhochschule der Diakonie, Bielefeld , Stiftung Das Rauhe Haus, Hamburg

26 Gliederung Anmerkungen zur (Psychiatrischen) Pflege Was bietet Pflegewissenschaft und Pflegepraxis jenen an, die vom Versorgungssystem nicht erreicht werden? Was müssen Pflegepraxis und Pflegewissenschaft lernen? Fazit

27 Gliederung Anmerkungen zur (Psychiatrischen) Pflege Was bietet Pflegewissenschaft und Pflegepraxis jenen an, die vom Versorgungssystem nicht erreicht werden? Was müssen Pflegepraxis und Pflegewissenschaft lernen? Fazit

28 Anforderungsprofil an Psychiatrisch Pflegende Liebe, Teilnahme, völlige Selbstverleugnung, Furchtlosigkeit, Engelsgeduld, Sanftmut, Selbstbeherrschung, Gehorsam gegen Vorgesetzte, Fleiß, Eifer, gesunden Verstand, männlich festen Charakter und Gewissenhaftigkeit. Eintrittsalter: Jahre, in diesem Alter sind sie noch gelehrig und gefügig. Später werden sie eigensinnig und rechthaberisch und wollen sich selbst ein Wort erlauben. (Scholz, 1914)

29 Badische Heilanstalt Illenau, 1842

30 Wesentliche Entwicklungsschritte nach Thornicroft und Tansella (2009) Periode Bau großer Psychiatrien Investition öffentlicher Gelder Ärzte und Pflegende Primat der Beherrschung der Behandlung Periode Kliniken geraten aus dem öffentlichen Bewusstsein Fehlende Gelder aus öffentlichem Bereich Zudem: Psychologen, Ergotherapeuten, Sozialarbeiter, standardisierte Diagnosen und Pläne, Psychotherapie Fokus auf Psychopharmakologie und sozialer Rehabilitation Phase 3 ab 1980 Deinstitutionalisierung, Bildung kleinerer Kliniken Zunehmende Privatisierung von Behandlung, Fokus auf Kosteneffektivität Mehr multidisziplinäre Teams in der Gemeinde, wachsende Bedeutung von Evidenzbasierung Spannungsfeld Fürsorge vs. Autonomie

31 In welchen Psychiatrischen Settings arbeiten Pflegende Median pro Einwohner. WHO Atlas of Mental Health Nursing, 2007

32

33 (Aus-) bildung im Pflegedienst

34 Die Intensivüberwachung - Kann als hilfreich erlebt werden - Begleitung - Wer bekommt Intensivbetreuung? Nienaber, A.; Schulz, M.; Hemkendreis, B. und Löhr, M. (2013) Die intensive Überwachung von Patientinnen und Patient in der stationären psychiatrischen Akutversorgung eine systematische Literaturübersicht. Psych Praxis 40: 14 2

35 Woher stammen die Studien (n=33)?

36 Psychiatrische Pflege Pflege in der Psychiatrie

37 Beispiel: Demenzkoordinator Ergebnisse nach einem Jahr: - Mitarbeiterschulungen haben berufsgruppenübergreifend stattgefunden (Zuwachs des Wissens erkennbar) - Unterstützung der MA direkt in der Patientenversorgung. - Menschen mit Demenz und Delir wurden besser identifiziert. - ND Demenz > um 36%, - Delir > 105% von 2014 auf Die Verweildauer von Menschen mit Delir reduzierte sich von 13,11 auf 9,49 Tage (< 28%)

38 Gliederung Anmerkungen zur (Psychiatrischen) Pflege Was bietet Pflegewissenschaft und Pflegepraxis jenen an, die vom Versorgungssystem nicht erreicht werden? Was müssen Pflegepraxis und Pflegewissenschaft lernen? Fazit

39 Krisendienste Präventive Aufnahmen Behandlungsvereinbarung Reduzierung von Zwangsmaßnahen

40 Bernburg an der Saale

41 Zu starke Fokussierung auf Ordnung und Sicherheit auf der Station steigert das Risiko einer schlechten Beziehungsqualität zum Patienten

42 Eine Recovery Orientierung bedeutet für die Behandler, die Hoffnung des Patienten auf Besserung/ Genesung aufrecht zu erhalten, anstatt sie zu entmutigen und demotivieren Therapeutische Beziehung Empfehlung : Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben ein Recht darauf, in ihren besonderen Bedürfnissen und individuell unterschiedlichem Hilfebedarf wahrgenommen zu werden, und sollten befähigt und in die Lage versetzt werden, ihre Interessen selbst durchzusetzen, sich organisieren sowie ihre Lebensverhältnisse individuell bestimmen zu können (Selbstbefähigung / Empowerment).

43 Recovery orientierte Psychiatrische Versorgung Vier Schlüsselelemente: Personenorientiert (individuelle Person mit Stärken, Talenten und Grenzen, nicht als «Fall) Einbezug von Betroffenen (Peer-Support, partnerschaftliche Arbeitsbeziehung, Mitbestimmung in allen Bereichen, Anstellungen von Betroffenen) Selbstbestimmung / Wahlfreiheit (u.a. Wohnsituation, Wahl der Therapien, Kontakt zu Einrichtungen) Wachstumpotential (Potential der Genesung, Hoffnung, Veränderung, Recovery als Prozess) Farkas, M., et al., Implementing Recovery Oriented Evidence Based Programs: Identifying the Critical Dimensions. Community Mental Health Journal, (2): p. 18.

44 Personenzentrierung stärken

45 Sektorenübergreifende psychotherapeutische Kurzintervention zur Förderung der Adhärenz (Adherence Therapie) Einbeziehung der Patienten & Widerstand gering halten Austausch von Informationen & Diskrepanzen herausarbeiten Interpersonnelle Fähigkeiten Ambivalenz Heraus- und bearbeiten Problemlösung Annahmen + Einstellungen besprechen Assessment Nach vorne blicken Rückblick Evidence based - wissenschaftliches Fundament Prozess Fähigkeiten

46 Fokus auf ethische Entscheidungsfindung Nimweger Methode Wie lautet das ethische Problem? Medizinische Gesichtspunkte Pflegerische Gesichtspunkte Lebensanschauliche und soziale Dimension Wohlbefinden des Patienten Autonomie des Patienten Verantwortlichkeit der jeweiligen Berufsgruppe Wie lautet die Beschlussfassung? Gibt es einen Ausweg aus dem Dilemma?

47 Gliederung Anmerkungen zur (Psychiatrischen) Pflege Was bietet Pflegewissenschaft und Pflegepraxis jenen an, die vom Versorgungssystem nicht erreicht werden? Was müssen Pflegepraxis und Pflegewissenschaft lernen? Fazit

48 Lancet Report zur Bildung in Gesundheitsberufen Gesundheitsfachleute sollen aufgrund ihrer Ausbildung grundsätzlich in der Lage sein, vorhandenes Wissen umzusetzen, ein kritisches Urteilsvermögen zu entwickeln und nach ethischen Gesichtspunkten zu handeln.

49

50 Das Inverse Care Law James Tudor Hart, englischer Mediziner (1971): The avaiability of good medical care tends to vary inversely with the need for it in the population served. Auch heute gilt in Deutschland: Je schwerer die Erkrankung und je komplexer die psychosozialen Folgeprobleme, umso geringer sind die Chancen der Betroffenen, die für sie notwendige Unterstützung zu bekommen.

51 Psychische Belastung (Balkenhöhe) in Abhängigkeit von Armut in elf lokalen Nachbarschaften in Berlin-Mitte. Wenig Sozialleistungsempfänger leben in gelb markierten Stadtteilen, mehr in orangenen und am meisten in rot gekennzeichneten. (genaue Bildbeschreibung Dtsch Arztebl Int 2017; 114(8):121-7)

52 Suchtspezifische Hilfen bei Alkoholabhängigen 14,5% weitergehend 14,5% geringfügig 70,9% keine Rumpf et al. (2000) Sucht 46, 9-17

53 Barrieren der Inanspruchnahme psychiatrischer Dienstleistungen Systemebene Wartezeiten Fragmentiertes Versorgungsangebot face-to-face zwischen 9:00-17:00 Uhr Alter? Meinen Sie als ich in das Wartezimmer gekommen in? Personenebene Stigmatisierung Unwissen über Behandlungsangebote Geringe Verfügbarkeit (Ballungszentren vs. ländliche Umgebung)

54 Lösungsansätze (Beispiele) Neue Technologien: e-mental Health Neue Formate: begleitete Selbsthilfe, Peer-Support, aufsuchende Angebote Kooperation mit der primären Versorgungslinie (v.a. Hausärzte) Low-Intensity Cognitive Behavioral Therapy (LI-CBT)

55 Der Ansatz niederschwelliger psychotherapeutischer Interventionen (Low-Intensity Cognitive Behavioural Therapy ) Was? Wie? Wer? Möglichst vielen Menschen -bei möglichst früher Krankheitsphase -einen niederschwelligen Zugang -zu evidenzbasierten, bedarfsgerechten Interventionen verschaffen. Neue Interventionsformate (u.a. digitale Medien und Internet; E -Mental Health) eingebettet in innovative Versorgungsmodelle (Stepped Care; Collaborative Care Übertragung psychotherapeutischer Tätigkeiten auf weitere Berufs- und Personengruppen - Gesundheits- und Krankenpflege - Erzieher - Heilerziehungspfleger - Ex In (geschulte Psychiatrieerfahrene) -..

56

57 StäB Bildquelle:

58 Durch aufsuchende Dienste kann eine Zwangseinweisung vermieden werden (Gühne et al, 2011) Menschen, die ihre Hilfsbedürftigkeit nicht erkennen benötigen ein aufsuchendes Angebot des Hilfesystems. Es sind auch dann Hilfen anzubieten, wenn der psychisch kranke Mensch sie nicht selbst anfordert oder zunächst sogar ablehnt Respekt vor der Autonomie eines psychisch kranken Menschen darf keine Entschuldigung für Untätigkeit sein.

59 Aufsuchende Arbeit erfordert eine andere Form der Verantwortungsübernahme

60 Ergebnis Die Ambivalenz der Pflegenden 36

61

An Hand dieses Falles lassen sich verschiedene Fragestellungen beleuchten:

An Hand dieses Falles lassen sich verschiedene Fragestellungen beleuchten: Autonomie oder unterlassene Hilfeleistung- was erwarten Angehörige von der Sozialpsychiatrie Bielefeld November 2017, Wstfälische Gesellschaft für soziale Psychiatrie Sehr geehrte Damen und Herren, zunächst

Mehr

Hometreatment Kongress September vorläufige Endfassung

Hometreatment Kongress September vorläufige Endfassung Meine sehr geehrten Damen und Herren, Hometreatment Kongress September 2017 vorläufige Endfassung ich freue mich, dass diese Konferenz hier in Hamburg stattfindet, ich freue mich, dass ich die Perspektive

Mehr

Janine Berg-Peer: Mit einer psychischen Krankheit im Alter selbständig bleiben eine Elternsicht Vortrag'DGPPN,' '

Janine Berg-Peer: Mit einer psychischen Krankheit im Alter selbständig bleiben eine Elternsicht Vortrag'DGPPN,' ' Janine Berg-Peer: Selbstständigkeit im Alter 1 Janine Berg-Peer: Mit einer psychischen Krankheit im Alter selbständig bleiben eine Elternsicht Vortrag'DGPPN,'28.11.2014' Manchmal habe ich Angst, was mit

Mehr

Umgang mit straffälligen Personen in Österreich

Umgang mit straffälligen Personen in Österreich Leicht Lesen Umgang mit straffälligen Personen in Österreich 1. Einleitung Der österreichische Staat will mit Gefängnis-Strafen erreichen, dass Täterinnen und Täter erkennen, dass sie etwas Falsches getan

Mehr

Angebote des Gesundheitsamtes Düsseldorf für psychisch kranke obdachlose Menschen

Angebote des Gesundheitsamtes Düsseldorf für psychisch kranke obdachlose Menschen Angebote des Gesundheitsamtes Düsseldorf für psychisch kranke obdachlose Menschen Andrea Melville-Drewes Leiterin Abteilung Sozialpsychiatrie Landestreffen des Landesverbandes der Angehörigen psychisch

Mehr

Neues aus dem Recht. Zwangsbehandlung, Selbstbestimmung und Betreuung bei psychischer Erkrankung

Neues aus dem Recht. Zwangsbehandlung, Selbstbestimmung und Betreuung bei psychischer Erkrankung Angehörigenwochenende 20. + 21.04.13 in Bad Salzhausen Neues aus dem Recht Zwangsbehandlung, Selbstbestimmung und Betreuung bei psychischer Erkrankung Michael Goetz, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht,

Mehr

Die Würde des Menschen ist unantastbar Eine Herausforderung moderner Palliativmedizin

Die Würde des Menschen ist unantastbar Eine Herausforderung moderner Palliativmedizin 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar Eine Herausforderung moderner Palliativmedizin Rede zur Eröffnung der Palliativstation am St.-Josef-Hospital in Bochum am 10.02.2016 Sehr geehrter Herr Dr. Hanefeld

Mehr

Unterstützung von Angehörigen von Menschen mit Behinderungen

Unterstützung von Angehörigen von Menschen mit Behinderungen Unterstützung von Angehörigen von Menschen mit Behinderungen Zusammenfassung In der UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geht es um die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen.

Mehr

Autonomie oder unterlassene Hilfeleistung

Autonomie oder unterlassene Hilfeleistung APK, 4.11. 2015 Autonomie oder unterlassene Hilfeleistung Über die Frage, was ist Autonomie, gibt es eine umfangreiche Literatur in Philosophie, Psychologie, Soziologie und Pädagogik. Ich möchte mich dem

Mehr

Gesundheit von Menschen mit Behinderung Die Menschenrechtsperspektive. Vergessene Patienten, Düsseldorf, 17. April 2013 Susanne Schwalen 1

Gesundheit von Menschen mit Behinderung Die Menschenrechtsperspektive. Vergessene Patienten, Düsseldorf, 17. April 2013 Susanne Schwalen 1 Vergessene Patienten, Düsseldorf, 17. April 2013 Susanne Schwalen 1 Vergessene Patienten, Düsseldorf, 17. April 2013 Susanne Schwalen 2 Prof. Dr. med. Susanne Schwalen Geschäftsführende Ärztin der Ärztekammer

Mehr

Bremer Erklärung zur Weiterentwicklung der Psychiatrie in Deutschland

Bremer Erklärung zur Weiterentwicklung der Psychiatrie in Deutschland Die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung Bremer Erklärung zur Weiterentwicklung der Psychiatrie in Deutschland Die Beauftragten des Bundes sowie der

Mehr

Ethik in der Psychiatrie. Prof. Dr. Viola Balz

Ethik in der Psychiatrie. Prof. Dr. Viola Balz Ethik in der Psychiatrie Prof. Dr. Viola Balz Ethische Besonderheiten Diagnose ist stärker wert- und kulturgebunden Inwieweit wird missliebiges Verhalten pathologisiert? Es stellt sich die Frage nach psychischen

Mehr

Vor diesem Gesetz muss niemand Angst haben, es bringt Sicherheit für alle Betroffenen, Angehörigen und Mitarbeiter.

Vor diesem Gesetz muss niemand Angst haben, es bringt Sicherheit für alle Betroffenen, Angehörigen und Mitarbeiter. Informationen zum PsychKHG 17. April 2018 Was bringt das neue Gesetz? Hilfe und Schutz der betroffenen Menschen ist unser Ziel. Der vorliegende Gesetzentwurf setzt auf frühe Hilfen, die Vermeidung von

Mehr

Teilhaben und selbstbestimmt leben

Teilhaben und selbstbestimmt leben Teilhaben und selbstbestimmt leben Ist der Kunde König? Selbstbestimmung und professionelle Unterstützung von Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf Workshop 27.02.2015 Gliederung 1. Einleitung 2. Begriff

Mehr

Kongress "Ungarns neues Grundgesetz" Fachkonferenz über Europas jüngste Verfassung. am 19. Oktober 2012 in München

Kongress Ungarns neues Grundgesetz Fachkonferenz über Europas jüngste Verfassung. am 19. Oktober 2012 in München Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Amtschef Kongress "Ungarns neues Grundgesetz" Fachkonferenz über Europas jüngste Verfassung am 19. Oktober 2012 in München Rede von Ministerialdirektor

Mehr

Betreuung, Unterbringung, Zwangsbehandlung

Betreuung, Unterbringung, Zwangsbehandlung Betreuung, Unterbringung, Zwangsbehandlung Prof. Dr. Tanja Henking, LL.M. Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt Inhalte Entscheidungen des BVerfG 2011, 2013, 2016 Ausgangspunkt

Mehr

Prof. Konrad Stolz. Fürsorglicher Zwang in der Psychiatrie? -Verfassungsrechtliche Aspekte-

Prof. Konrad Stolz. Fürsorglicher Zwang in der Psychiatrie? -Verfassungsrechtliche Aspekte- Prof. Konrad Stolz Fürsorglicher Zwang in der Psychiatrie? -Verfassungsrechtliche Aspekte- Verfassungsrechtliche Prinzipien Recht auf Selbstbestimmung Recht auf Freiheit Anspruch auf Fürsorge Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Mehr

Beihilfe zur Selbsttötung, Tötung aus Mitleid, Tötung auf Verlangen?

Beihilfe zur Selbsttötung, Tötung aus Mitleid, Tötung auf Verlangen? Beihilfe zur Selbsttötung, Tötung aus Mitleid, Tötung auf Verlangen? Eine theologisch-ethische und seelsorgerische Beurteilung Prof. Dr. theol. Ulrich Eibach, Ev. Theol. Fakultät Uni Bonn und Klinikseelsorge

Mehr

Weg-Weiser. Kinder- und Jugend-Hilfe. Hinweise in Leichter Sprache. Ein Ein Rat-Geber für für behinderte und und chronisch kranke Eltern

Weg-Weiser. Kinder- und Jugend-Hilfe. Hinweise in Leichter Sprache. Ein Ein Rat-Geber für für behinderte und und chronisch kranke Eltern Weg-Weiser Kinder- und Jugend-Hilfe Hinweise in Leichter Sprache Ein Ein Rat-Geber für für behinderte und und chronisch kranke Eltern Wer hat das Heft geschrieben? Martina Müller hat den Text geschrieben.

Mehr

Irmgard Badura. Publikation Vorlage: Datei des Autors Eingestellt am

Irmgard Badura. Publikation Vorlage: Datei des Autors Eingestellt am Irmgard Badura Grußwort Publikation Vorlage: Datei des Autors Eingestellt am 25.05.20 Autor Irmgard Badura Die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung Veranstaltung

Mehr

Betreuungs-Vertrag. für das ambulant Betreute Wohnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Erklärung in Leichter Sprache

Betreuungs-Vertrag. für das ambulant Betreute Wohnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Erklärung in Leichter Sprache Betreuungs-Vertrag für das ambulant Betreute Wohnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung Erklärung in Leichter Sprache Was steht auf welcher Seite? Was steht auf welcher Seite?... 2 Was ist das

Mehr

PHILOSOPHISCHER ANARCHISMUS:

PHILOSOPHISCHER ANARCHISMUS: PHILOSOPHISCHER ANARCHISMUS: R.P. WOLFF, EINE VERTEIDIGUNG DES ANARCHISMUS AUTONOMIE 24-34 WOLFF 24-25B: VERANTWORTUNG & DAS ERLANGEN VON WISSEN Grundannahme der Moralphilosophie Handeln Verantwortung

Mehr

Zugang von Flüchtlingen mit Behinderungen zum Hilfesystem:

Zugang von Flüchtlingen mit Behinderungen zum Hilfesystem: Zugang von Flüchtlingen mit Behinderungen zum Hilfesystem:! Unterstützung trotz sozialrechtlicher Barrieren Rechtsanwältin Julia Kraft! Fachtagung Migration und Behinderung: Zugangsbarrieren erkennen -

Mehr

Prof. Dr. med. Arno Deister. Stellungnahme. Hintergrund. Schleswig-Holsteinischer Landtag Sozialausschuss Postfach 7121.

Prof. Dr. med. Arno Deister. Stellungnahme. Hintergrund. Schleswig-Holsteinischer Landtag Sozialausschuss Postfach 7121. Prof. Dr. med. Arno Deister Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Arzt für Neurologie und Psychiatrie Chefarzt des Zentrums für Psychosoziale Medizin

Mehr

Überlegungen zur. stationären Akutpsychiatrie. AEM-Jahrestagung Dr. Elke Prestin 1. I. Zugänge zum Begriff der. Dr.

Überlegungen zur. stationären Akutpsychiatrie. AEM-Jahrestagung Dr. Elke Prestin 1. I. Zugänge zum Begriff der. Dr. Überblick Überlegungen zur Menschenwürde in der stationären Akutpsychiatrie Sektionsvortrag auf der AEM-Jahrestagung 2016 in Bielefeld Dr. Elke Prestin I. Theoretische Zugänge zum Begriff der II. Persönliche

Mehr

Betreuungs-Vertrag. für die WOHNASSISTENZ für Menschen mit einer Beeinträchtigung. Erklärung in Leichter Sprache

Betreuungs-Vertrag. für die WOHNASSISTENZ für Menschen mit einer Beeinträchtigung. Erklärung in Leichter Sprache Betreuungs-Vertrag für die WOHNASSISTENZ für Menschen mit einer Beeinträchtigung Erklärung in Leichter Sprache Was steht auf welcher Seite? Was steht auf welcher Seite?... 2 Was ist das Betreute Wohnen?...

Mehr

KRANKHEIT, WÜRDE UND SELBSTACHTUNG

KRANKHEIT, WÜRDE UND SELBSTACHTUNG KRANKHEIT, WÜRDE UND SELBSTACHTUNG AEM-JAHRESTAGUNG 2016 23.9.2016 NELE RÖTTGER, UNIVERSITÄT BIELEFELD Können Krankheiten, das Sterben oder Folgen des Alterns die Würde eines Menschen verletzen? SO MÖCHTE

Mehr

Die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland Stellungnahme der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag zum Bundesteilhabegesetz

Die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland Stellungnahme der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag zum Bundesteilhabegesetz Die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland Stellungnahme der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag zum Bundesteilhabegesetz So bewerten wir das Bundesteilhabe-Gesetz Die Rechte von Menschen mit

Mehr

Perspektiven des Gemeindepsychiatrischen Verbunds

Perspektiven des Gemeindepsychiatrischen Verbunds Perspektiven des Gemeindepsychiatrischen Verbunds Matthias Rosemann Träger ggmbh Berlin Siegen, 12. Oktober 2007 Ein Vortrag im Rahmen der Fachtagung Wir(r) in NRW!? Perspektiven der Gemeindepsychiatrie

Mehr

MA Stellungnahme barrierefreies Wohnen

MA Stellungnahme barrierefreies Wohnen nach dem capito Qualitäts-Standard für Leicht Lesen MA Stellungnahme barrierefreies Wohnen Barrierefreies Wohnen 1. Einleitung Jeder Mensch hat das Recht darauf, in einer passenden Wohnung zu leben. Das

Mehr

Manuskript Berlin DGPPN Protest am So Für eine Psychiatrie ohne Zwang

Manuskript Berlin DGPPN Protest am So Für eine Psychiatrie ohne Zwang Manuskript Berlin DGPPN Protest am So 8.10.17 Für eine Psychiatrie ohne Zwang Herzlichen Dank, liebe Frau Fricke für die Einladung zu dieser Veranstaltung. Es hat mich verwundert, hier als Psychiater zu

Mehr

Sonder-Heft. Infos über die Stiftung Anerkennung und Hilfe. Lieber Leser und liebe Leserin! Heute bekommen Sie ein neues Heft.

Sonder-Heft. Infos über die Stiftung Anerkennung und Hilfe. Lieber Leser und liebe Leserin! Heute bekommen Sie ein neues Heft. Seite 1 M e n s c h z u e r s t N e t z w e r k P e o p l e F i r s t D e u t s c h l a n d e. V. Sonder-Heft Infos über die Stiftung Anerkennung und Hilfe Lieber Leser und liebe Leserin! Heute bekommen

Mehr

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die Herausforderungen an Unterstützung für Menschen mit Behinderungen

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die Herausforderungen an Unterstützung für Menschen mit Behinderungen Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die Herausforderungen an Unterstützung für Menschen mit Behinderungen --------------------------------------------------------------------------

Mehr

INKLUSION ALS FRAGE GESELLSCHAFTLICHER ANERKENNUNG KONSEQUENZEN FÜR PSYCHISCH KRANKE MENSCHEN UND IHR UMFELD? Sigrid Graumann

INKLUSION ALS FRAGE GESELLSCHAFTLICHER ANERKENNUNG KONSEQUENZEN FÜR PSYCHISCH KRANKE MENSCHEN UND IHR UMFELD? Sigrid Graumann INKLUSION ALS FRAGE GESELLSCHAFTLICHER ANERKENNUNG KONSEQUENZEN FÜR PSYCHISCH KRANKE MENSCHEN UND IHR UMFELD? Sigrid Graumann Vorgehen 1. Das Leitbild Inklusion in der UN-BRK 2. Erfahrungen von Verkennung

Mehr

Dr. Klaus-Peter Frentrup 05. Mai 2010

Dr. Klaus-Peter Frentrup 05. Mai 2010 Der Hilfe verweigernde Klagende Dr. Klaus-Peter Frentrup 05. Mai 2010 Agenda Fremd- und Eigengefährdung Diagnostische Probleme soziale Probleme bei psychiatrischer Erkrankung 2 NOTFÄLLE BEI PSYCHIATRISCH

Mehr

Jahresbericht 2013 und 2014

Jahresbericht 2013 und 2014 Jahresbericht 2013 und 2014 Einleitung Sie lesen hier den Jahresbericht des Monitoring-Ausschusses für die Jahre 2013 und 2014. Der Monitoring-Ausschuss ist jetzt Mitglied im Bundes-Behinderten-Beirat.

Mehr

Die gewählte. Leicht zu lesen. Leicht zu verstehen. Für alle, die es brauchen.

Die gewählte. Leicht zu lesen. Leicht zu verstehen. Für alle, die es brauchen. Die gewählte Erwachsenen-Vertretung Leicht zu lesen. Leicht zu verstehen. Für alle, die es brauchen. Alle Arten der Erwachsenen-Vertretung Vorsorge- Vollmacht Gewählte Erwachsenen- Vertretung Allgemeiner

Mehr

Verantwortung übernehmen für Die Schwierigsten!

Verantwortung übernehmen für Die Schwierigsten! Verantwortung übernehmen für Die Schwierigsten! Brauchen wir dazu die geschlossene Heimunterbringung? Fachtagung 23. und 24. März 2012 LVR Köln Heike Looser 1. Aufgabe der/des Betreuers/in 2. Erwartungshaltung

Mehr

#btw17 das muss kommen!

#btw17 das muss kommen! #btw17 das muss kommen! Es gibt Menschen mit schwerer Behinderung und Menschen mit vielen Behinderungen. Sie haben durch neue Gesetze mehr Nachteile. Alle Menschen mit Behinderung sollen die gleichen Rechte

Mehr

Die UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung

Die UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung Die UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung i n s i e m e Z ü r i c h 4. 1 1. 2 0 1 5 D r. i u r. I r i s G l o c k e n g i e s s e r, I n t e g r a t i o n H a n d i c a p Was ist

Mehr

Haftungsfragen im Zusammenhang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen

Haftungsfragen im Zusammenhang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen Haftungsfragen im Zusammenhang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen Freiheitsentziehende Maßnahmen stehen im Spannungsfeld zwischen: Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen Menschenwürde des Betroffenen

Mehr

Assistierte Freiheit. Gleiche Würde und gleiche Rechte für Menschen mit Behinderung? Sigrid Graumann

Assistierte Freiheit. Gleiche Würde und gleiche Rechte für Menschen mit Behinderung? Sigrid Graumann Assistierte Freiheit Gleiche Würde und gleiche Rechte für Menschen mit Behinderung? Sigrid Graumann Vorgehen 1. Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik: Von einer Behindertenpolitik der Wohltätigkeit

Mehr

RECHTLICHE GRUNDLAGEN IN DER ERWACHSENEN PSYCHIATRIE. Grundlagen der Unterbringung. Zivilrechtliche Unterbringung

RECHTLICHE GRUNDLAGEN IN DER ERWACHSENEN PSYCHIATRIE. Grundlagen der Unterbringung. Zivilrechtliche Unterbringung Curriculum Block 2 Hilfen Planen 07. Febr. 2017 RECHTLICHE GRUNDLAGEN IN DER ERWACHSENEN PSYCHIATRIE Grundlagen der Unterbringung 1. Zivilrechtliche Unterbringung Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Betreuungsgesetz

Mehr

GGWD Gemeinschaft Gebet und Wort Deutschland e. V. Cahenslystr. 9a I Limburg I I

GGWD Gemeinschaft Gebet und Wort Deutschland e. V. Cahenslystr. 9a I Limburg I I GGWD Gemeinschaft Gebet und Wort Deutschland e. V. Cahenslystr. 9a I 65549 Limburg 06431-5682134 I hagio-zentrum-limburg@online.de I www.hagio.de Sendung: 19. September 2017 GGWD Gemeinschaft Gebet und

Mehr

Versorgungssysteme für psychisch kranke Menschen

Versorgungssysteme für psychisch kranke Menschen Versorgungssysteme für psychisch kranke Menschen Das psychiatrische Hilfesystem stellt sich vielfach als Dschungel dar. Die Versorgungslandschaft ist sehr differenziert, weshalb wir Ihnen eine grobe Richtlinie

Mehr

Meine Damen und Herren, ich freue mich, Sie heute hier im Namen der Frankfurt School of Finance und Management begrüßen zu dürfen.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, Sie heute hier im Namen der Frankfurt School of Finance und Management begrüßen zu dürfen. Meine Damen und Herren, ich freue mich, Sie heute hier im Namen der Frankfurt School of Finance und Management begrüßen zu dürfen. Manch einer wird sich vielleicht fragen: Was hat eigentlich die Frankfurt

Mehr

ETHIK UND RECHT IN DER GERONTOPSYCHIATRISCHEN VERSORGUNG. 6. Gerontopsychiatrisches Symposium Hannover

ETHIK UND RECHT IN DER GERONTOPSYCHIATRISCHEN VERSORGUNG. 6. Gerontopsychiatrisches Symposium Hannover ETHIK UND RECHT IN DER GERONTOPSYCHIATRISCHEN VERSORGUNG 6. Gerontopsychiatrisches Symposium Hannover 1. Einleitung 2. Geschichtlicher Überblick 3. Paradigmenwechsel 4. Selbstbestimmung im Betreuungsrecht

Mehr

Thema: Migrantenambulanz in der LVR Klinik Bonn. Vorgetragen von Dr. Gelas Habasch

Thema: Migrantenambulanz in der LVR Klinik Bonn. Vorgetragen von Dr. Gelas Habasch Thema: Migrantenambulanz in der LVR Klinik Bonn Vorgetragen von Dr. Gelas Habasch Arbeitskreis Migration im LVR Gibt es seit 2006 in jeder LVR Klinik Es sind Ärzte, Sozialdienst, Pflegepersonal vertreten

Mehr

Pressekonferenz Reform der Eingliederungshilfe Regierungsentwurf Bundesteilhabegesetz Übergabe der Resolution an Ministerpräsidenten

Pressekonferenz Reform der Eingliederungshilfe Regierungsentwurf Bundesteilhabegesetz Übergabe der Resolution an Ministerpräsidenten Pressekonferenz Reform der Eingliederungshilfe Regierungsentwurf Bundesteilhabegesetz Übergabe der Resolution an Ministerpräsidenten Dienstag, 6. September 2016, 12.00 Uhr Maximilianeum, Landtagsgaststätte,

Mehr

Ethik der Achtsamkeit. l éthique. du care. Ethics of care. Zorgethiek

Ethik der Achtsamkeit. l éthique. du care. Ethics of care. Zorgethiek Ethik der Achtsamkeit. l éthique Elisabeth Conradi Ethik der Achtsamkeit Care zwischen Bevormundung und Teilhabe Symposium zur Sorgekultur im Alter am 27.9.14 du care. Ethics of care. Zorgethiek h Professorin

Mehr

Aktuelle Entwicklungen im Recht der Zwangsbehandlung. Dr. Rolf Marschner Erkner

Aktuelle Entwicklungen im Recht der Zwangsbehandlung. Dr. Rolf Marschner Erkner Aktuelle Entwicklungen im Recht der Zwangsbehandlung Dr. Rolf Marschner Erkner 16. 9. 2016 Themenkomplex 1 Folgen der Entscheidung des BVerfG vom 26.7.2016 Rechtsprechung des BGH BGH v. 10. 1. 2000 (BtPrax

Mehr

Thomas Rachel MdB. Redebeitrag zur Debatte des Deutschen Bundestages zum Thema. Sterbebegleitung

Thomas Rachel MdB. Redebeitrag zur Debatte des Deutschen Bundestages zum Thema. Sterbebegleitung Thomas Rachel MdB Redebeitrag zur Debatte des Deutschen Bundestages zum Thema Sterbebegleitung am 13. November 2014 1 Sehr geehrte Damen und Herren, 1. Wir diskutieren derzeit intensiv über Begriffe wie

Mehr

DAS LEBEN NEU ORGANISIEREN. Die richtigen Entscheidungen treffen

DAS LEBEN NEU ORGANISIEREN. Die richtigen Entscheidungen treffen DAS LEBEN NEU 99 ORGANISIEREN Früher oder später wird eine Demenzerkrankung den gewohnten Alltag aller Beteiligten verändern. Statt das Schicksal einfach auf sich zukommen zu lassen, sollten Sie versuchen,

Mehr

Philosophische Perspektiven auf den Begriff der Menschenwürde

Philosophische Perspektiven auf den Begriff der Menschenwürde Philosophische Perspektiven auf den Begriff der Menschenwürde Tagung: Altern in Würde?, 21. April, Bern Dr. des. Holger Baumann, Ethik-Zentrum der Universität Zürich (baumann@ethik.uzh.ch) Der Begriff

Mehr

Schulungs-Heft. Liebes Mitglied von Mensch zuerst, heute bekommen Sie das neue Schulungs-Heft von Mensch zuerst. In dem Heft geht es um die Schulung:

Schulungs-Heft. Liebes Mitglied von Mensch zuerst, heute bekommen Sie das neue Schulungs-Heft von Mensch zuerst. In dem Heft geht es um die Schulung: M e n s c h z u e r s t N e t z w e r k P e o p l e F i r s t D e u t s c h l a n d e. V. Schulungs-Heft Darum geht es in diesem Heft Was ist eine rechtliche Betreuung? Wann bekommt man eine rechtliche

Mehr

Rechtliche Grundlagen FeM - ambulant

Rechtliche Grundlagen FeM - ambulant Rechtliche Grundlagen FeM - ambulant Die Verantwortung der rechtlichen Betreuer und Betreuerinnen Seite 1 Inhaltsverzeichnis 1. Was ist zu bedenken? 2. Rechtliche Grundlagen a) Auszug aus dem Grundgesetz

Mehr

Bericht zum Schutz von Opfern von Gewalt und Missbrauch:

Bericht zum Schutz von Opfern von Gewalt und Missbrauch: Bericht zum Schutz von Opfern von Gewalt und Missbrauch: 1. Einleitung Es hat immer wieder Berichte über Gewalt an Menschen mit Behinderungen gegeben. Deswegen meldet sich der Monitoring-Ausschuss zu Wort.

Mehr

046 Bedürfnisse in der letzten Lebensphase: Wenn nichts mehr zu machen ist...

046 Bedürfnisse in der letzten Lebensphase: Wenn nichts mehr zu machen ist... 046 Bedürfnisse in der letzten Lebensphase: Wenn nichts mehr zu machen ist... Menschen in ihren letzten Lebenstagen und -stunden und deren Angehörige zu begleiten, ist eine ehrenvolle und ganz besondere

Mehr

Auftaktveranstaltung zur Gründung eines GPV im Landkreis Nordwestmecklenburg

Auftaktveranstaltung zur Gründung eines GPV im Landkreis Nordwestmecklenburg Auftaktveranstaltung zur Gründung eines GPV im Landkreis Nordwestmecklenburg Wozu brauchen wir einen Gemeindepsychiatrischen Verbund? Warum Steuerung psychiatrischer Hilfen? Perspektive aus Sicht der Bürger

Mehr

Für einen linken Feminismus

Für einen linken Feminismus Die Leichte Sprache wurde geprüft von Menschen mit Lern-Schwierigkeiten Für einen linken Feminismus Für eine gute Frauen-Politik Gleiche Rechte für alle Menschen Liebe Leser und Leserinnen, liebe Menschen,

Mehr

Ich gehöre dazu Menschen sind nicht gleich Aber sie sind gleich wichtig

Ich gehöre dazu Menschen sind nicht gleich Aber sie sind gleich wichtig Annigna Command Pia Friedrich Viejó Frank Mathwig Christine Urfer Ich gehöre dazu Menschen sind nicht gleich Aber sie sind gleich wichtig Katholische Behindertenseelsorge des Kantons Zürich Annigna Command

Mehr

Advance Care Planning: Grundlagen und Ziele

Advance Care Planning: Grundlagen und Ziele Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin Advance Care Planning: Grundlagen und Ziele Symposium Instrumente zur Stärkung der Patientenautonomie in der Psychiatrie: Vorausverfügungen, Shared

Mehr

Aufsuchende Hilfen Zwangseinweisungen vermeiden

Aufsuchende Hilfen Zwangseinweisungen vermeiden Mainz 7.7. 2016 Aufsuchende Hilfen Zwangseinweisungen vermeiden Dr. Hans Jochim Meyer, Vorsitzender Landesverband der Angehörigen psychisch kranker Menschen Hamburg Ich spreche hier nicht nur aus persönlichen

Mehr

Lassen sich Lebensqualität und Behinderung überhaupt miteinander vereinbaren?

Lassen sich Lebensqualität und Behinderung überhaupt miteinander vereinbaren? Lassen sich Lebensqualität und Behinderung überhaupt miteinander vereinbaren? SZH-Kongress Pierre Margot-Cattin Seite 1 SZH 1 2013 - P. Margot-Cattin Lebensqualität Gutes Leben? Wohlbefinden? Lebensqualität:

Mehr

Bioethik und Biomedizin

Bioethik und Biomedizin Grundpositionen des Sozialverbands VdK Deutschland e.v. beschlossen auf dem 17. Ordentlichen Bundesverbandstag vom 13. bis 15. Mai 2014 in Berlin Bioethik und Biomedizin 1 Inhalt 1 Die Perspektive von

Mehr

Bioethik und Biomedizin

Bioethik und Biomedizin Grundpositionen des Sozialverbands VdK Deutschland e.v. beschlossen auf dem 17. Ordentlichen Bundesverbandstag vom 13. bis 15. Mai 2014 in Berlin Bioethik und Biomedizin 1 Inhalt 1 Die Perspektive von

Mehr

Psychiatrie Jahrestagung 2012 des BeB. Betreuungsverfahren und betreuungsrechtliche Unterbringungspraxis im Lichte der UN-Konvention

Psychiatrie Jahrestagung 2012 des BeB. Betreuungsverfahren und betreuungsrechtliche Unterbringungspraxis im Lichte der UN-Konvention Psychiatrie Jahrestagung 2012 des BeB Betreuungsverfahren und betreuungsrechtliche Unterbringungspraxis im Lichte der UN-Konvention Ralph Sattler, Betreuungsverein Ludwigshafen im DW Pfalz Dr. Jörg Breitmaier,

Mehr

lässt sich besser bewältigen, wenn man ein paar allgemeine Hinweise berücksichtigt, die auch von vielen Angehörigen immer wieder an andere Angehörige

lässt sich besser bewältigen, wenn man ein paar allgemeine Hinweise berücksichtigt, die auch von vielen Angehörigen immer wieder an andere Angehörige lässt sich besser bewältigen, wenn man ein paar allgemeine Hinweise berücksichtigt, die auch von vielen Angehörigen immer wieder an andere Angehörige weitergegeben werden. Akzeptieren Sie die Depression

Mehr

An ihrer Seite. Wie unterstütze ich Frauen, die Gewalt erlebt haben? Ein Heft in Leichter Sprache!

An ihrer Seite. Wie unterstütze ich Frauen, die Gewalt erlebt haben? Ein Heft in Leichter Sprache! An ihrer Seite Ein Heft in Leichter Sprache! Wie unterstütze ich Frauen, die Gewalt erlebt haben? In diesem Heft geht es um Gewalt. Hier gibt es Infos für Personen, die helfen wollen. Dieses Heft ist vom

Mehr

Behandlungsvereinbarung

Behandlungsvereinbarung Zentrum 16: Psychosoziale Medizin Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Behandlungsvereinbarung Erklärungen und Absprachen zwischen Name, Vorname... Straße, PLZ Ort... Telefon... Geb.-Datum... und

Mehr

MITTEN IM LEBEN. Politik für Menschen mit Behinderungen

MITTEN IM LEBEN. Politik für Menschen mit Behinderungen MITTEN IM LEBEN Politik für Menschen mit Behinderungen UNSEL ZIEL: DIE INKLUSIVE GESELLSCHAFT S. 4 SCHRITTE ZU EINER INKLUSIVEN GESELLSCHAFT S. 7 WENIGER HINDERNISSE, WENIGER BENACHTEILIGUNG S. 7 GLEICHSTELLUNG

Mehr

Armut und Behinderung: Menschen mit Behinderungen müssen vor Armut geschützt werden.

Armut und Behinderung: Menschen mit Behinderungen müssen vor Armut geschützt werden. Armut und Behinderung: Menschen mit Behinderungen müssen vor Armut geschützt werden. Der Monitoring-Ausschuss wollte einen Bericht zum Thema Armut schreiben. Dafür gibt es vor allem 3 Gründe: 2010 war

Mehr

Update Recht Vom Zwang zur Teilhabe. Dr. Rolf Marschner 6. BayBGT Regensburg Überblick

Update Recht Vom Zwang zur Teilhabe. Dr. Rolf Marschner 6. BayBGT Regensburg Überblick Update Recht Vom Zwang zur Teilhabe Dr. Rolf Marschner 6. BayBGT Regensburg 9. 10. 2017 Überblick PsychKHG in Bayern aktueller Stand Zwangsbehandlung durch den Betreuer ( 1906a BGB) Zwangsbehandlung nach

Mehr

Arbeitsblatt: Gentherapie

Arbeitsblatt: Gentherapie Arbeitsblatt: Gentherapie Anleitung zur Gruppenarbeit (auch als Einzelarbeit möglich) (Lösungen am Ende des Dokuments) Im Folgenden findest du verschiedene Aussagen zur Gentherapie, wie sie Betroffene

Mehr

Hey DU, ja, genau DU. da will DIR jemand einfach mal DANKE sagen. Schön, dass es DICH gibt

Hey DU, ja, genau DU. da will DIR jemand einfach mal DANKE sagen. Schön, dass es DICH gibt Hey DU, ja, genau DU. da will DIR jemand einfach mal DANKE sagen. Schön, dass es DICH gibt Es ist ein Geschenk des Universums, dass es DICH gibt Wenn DU diese Zeilen liest, dann bist genau DU gemeint.

Mehr

II. 14 Betreuungsrecht

II. 14 Betreuungsrecht II. 14 Betreuungsrecht Sinn & Zweck 1. Betreuung dient dazu, Rechtshandlungen im Namen des Betreuten zu ermöglichen, die dieser selbst nicht mehr vornehmen kann, und wird zeitlich und sachlich für entsprechende

Mehr

Gehalt statt Taschengeld Forum Kloster in Gleisdorf 9. Juni 2011

Gehalt statt Taschengeld Forum Kloster in Gleisdorf 9. Juni 2011 Die UN Konvention (Artikel 27) und ihre Umsetzung in Österreich Gehalt statt Taschengeld Forum Kloster in Gleisdorf 9. Juni 2011 Franz Wolfmayr Präsident EASPD Gliederung des Vortrags 1. Begriffe erklären:

Mehr

Umgang mit Transportverweigerung

Umgang mit Transportverweigerung Umgang mit Transportverweigerung Recht im Rettungsdienst Mit einem Bein im Gefängnis? 13. Stuttgarter Intensivkongress 09.02.2017 Transportindikation und Patientenwille + - + RD hält Transport für indiziert

Mehr

Die Antworten von der FDP

Die Antworten von der FDP 19 Die Antworten von der FDP 1. Wahl-Recht Finden Sie richtig, dass nicht alle wählen dürfen? Setzen Sie sich für ein Wahl-Recht für alle ein? Wir sind der Meinung: Das Wahl-Recht ist ein wichtiges Recht

Mehr

Patienten helfen Der Letter des NÖ Patientenanwalts

Patienten helfen Der Letter des NÖ Patientenanwalts Meine Mutter wurde nicht so behandelt, wie ich das wollte Missverstandenes Selbstbestimmungsrecht Dr. Gerald Bachinger NÖ Patienten- und Pflegeanwalt Dezember 2001 Wenn Patienten oder Heimbewohner ihren

Mehr

PsychKHG für Bayern. Dr. Rolf Marschner

PsychKHG für Bayern. Dr. Rolf Marschner PsychKHG für Bayern Dr. Rolf Marschner 16. 10. 2018 Gründe für eine Neuregelung des Unterbringungsrechts Entwicklungen in der Psychiatrie UN-BRK 2009 Rechtsprechung des BVerfG zur Zwangsbehandlung und

Mehr

Brauchen Kinder Leitwölfe? Liebevolle Führung in der Familie

Brauchen Kinder Leitwölfe? Liebevolle Führung in der Familie Brauchen Kinder Leitwölfe? Liebevolle Führung in der Familie In der heutigen Welt brauchen Kinder mehr denn je klare, verlässliche Signale von ihren Eltern. Dies ist nicht immer einfach, weil sich die

Mehr

Bericht an den Bundes-Behinderten-Beirat

Bericht an den Bundes-Behinderten-Beirat Bericht an den Bundes-Behinderten-Beirat Was ist der Monitoring-Ausschuss? Was steht im Gesetz? Im Artikel 33 der UNO-Konvention steht: Jedes Land muss überwachen, ob die Forderungen der UNO-Konvention

Mehr

Barrierefreie Gesundheits-Versorgung

Barrierefreie Gesundheits-Versorgung Barrierefreie Gesundheits-Versorgung 1. Einleitung Menschen mit Behinderungen sind meistens gesund. Menschen mit Behinderungen sind nicht krank, nur weil sie Behinderungen haben. Aber wenn Menschen mit

Mehr

Copyright 2014: Anne Hibbeln, bipolaris e. V., Jeverstr. 9, Berlin Kontakt zur Autorin über /

Copyright 2014: Anne Hibbeln, bipolaris e. V., Jeverstr. 9, Berlin Kontakt zur Autorin über / Copyright 2014: Anne Hibbeln, bipolaris e. V., Jeverstr. 9, 12571 Berlin Kontakt zur Autorin über bipolaris@bipolaris.de / www.bipolaris.de Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung... 1 2 Unsere Geschichte... 2

Mehr

Predigt G über Jahreslosung 2017 (Hesekiel 36,26)

Predigt G über Jahreslosung 2017 (Hesekiel 36,26) Predigt G+ 15.1.2017 über Jahreslosung 2017 (Hesekiel 36,26) Die Jahreslosung für 2017 steht im Buch eines Propheten, dessen Name immer wieder einmal Schwierigkeiten macht. Manche sprechen ihn Hese-kiel

Mehr

Haus CERES 1. Wachkomawohngemeinschaft in BaWÜ

Haus CERES 1. Wachkomawohngemeinschaft in BaWÜ Haus CERES 1. Wachkomawohngemeinschaft in BaWÜ Selbstbestimmung trotz Hilfe- und Pflegebedarf Fachtagung, Plochingen am 25.November 2013 Annette Saur 1. Vorsitzende/Geschäftsführerin des CERES e.v. N E

Mehr

Autonomie und Partnerschaft

Autonomie und Partnerschaft Autonomie und Partnerschaft Ich bin 75 Jahre alt und seit 53 Jahren verheiratet. Autonomie bedeutet für mich, meinen Drang «weiterzulernen» ausleben zu dürfen auch wenn mein Partner absolut nicht dieses

Mehr

Ihr Empfang bietet eine gute Gelegenheit zum Gedankenaustausch zwischen Vertretern von Kirche und Politik.

Ihr Empfang bietet eine gute Gelegenheit zum Gedankenaustausch zwischen Vertretern von Kirche und Politik. Sperrfrist: 9. Juli 2015, 19.00 Uhr Es gilt das gesprochene Wort. Grußwort des Bayerischen Staatsministers für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Dr. Ludwig Spaenle, beim Jahresempfang des Erzbischofs

Mehr

Eröffnung der Radiologie am Berliner Platz, Würzburg am 09. Juni 2017 in Würzburg Grußwort von Barbara Stamm, MdL Präsidentin des Bayerischen Landtags

Eröffnung der Radiologie am Berliner Platz, Würzburg am 09. Juni 2017 in Würzburg Grußwort von Barbara Stamm, MdL Präsidentin des Bayerischen Landtags Es gilt das gesprochene Wort! Eröffnung der Radiologie am Berliner Platz, Würzburg am 09. Juni 2017 in Würzburg Grußwort von Barbara Stamm, MdL Präsidentin des Bayerischen Landtags Sehr geehrte Damen und

Mehr

UN-Konvention erfordert ein PsychKG für Bayern

UN-Konvention erfordert ein PsychKG für Bayern UN-Konvention erfordert ein PsychKG für Bayern Dr. Rolf Marschner 2. BayBGT Bamberg 6. 10. 2011 These 1 Die Entwicklung der Gesetzgebung der Bundesländer zur Unterbringung psychisch kranker Menschen zeigt,

Mehr

Nachricht von Martin Hagen

Nachricht von Martin Hagen Bitte beachten Sie! Damit Sie das Heft gut lesen können: Haben wir immer die männliche Form geschrieben. Zum Beispiel: der Bürger, der Polizist. Wir meinen damit aber genauso auch die Frauen: die Bürgerin,

Mehr

Sexuelle Gewalt. Informationen Adressen Telefonnummern in Leichter Sprache

Sexuelle Gewalt. Informationen Adressen Telefonnummern in Leichter Sprache Sexuelle Gewalt Informationen Adressen Telefonnummern in Leichter Sprache Das ist sexuelle Gewalt Zum Beispiel: Ein Mann fasst eine Frau an. Obwohl sie das nicht will. Oder ein Mann zwingt eine Frau zum

Mehr