At the Polls - Wahlbeteiligung. Julian Aichholzer Ulrike Jäger Philip Kisser Andreas Woppmann

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Frieder Voss
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1 At the Polls - Wahlbeteiligung Julian Aichholzer Ulrike Jäger Philip Kisser Andreas Woppmann 1

2 Gründe für Wahlbeteiligung Reiner Rational-Choice-Ansatz > wird als problematisch angesehen Kühnel (2001) fasst weitere Ansätze in fünf Faktoren zusammen: Aufwand des Wählens Teilnahmedruck durch Bezugspersonen/-gruppen Die intrinsische Befriedigung beim Befolgen einer verinnerlichten Wahlnorm Möglichkeit politische Entscheidungen zu beeinflussen Eigene politische Vorstellung zum Ausdruck bringen 2

3 Gründe für Wahlbeteiligung Wahlnorm und Soziale Kontrolle (vgl. Golzem/Liepelt 1977; Eilfort 2006): Problem: Nichtwähler geben ihr tatsächliches Verhalten in Umfragen nicht zu > schwer zu erfassen sowie oft verzerrte Ergebnisse Man geht selten allein zur Wahlurne > Zwang der Familie bzw. einer Gruppe Partizipation von Menschen die in Mehr- Personenhaushalten höher als bei Singles Beteiligung in der Stadt geringer als am Land 3

4 Gründe für Wahlbeteiligung Ein Rückgang der Beteiligung wird meist durch Individualisierungsthese erklärt: d.h. geringer werdende gesellschaftliche Anknüpfung bzw. soziale Integration (vgl. Eilfort 2006) 4

5 Demoskopie = Meinungsforschung dèmos = Volk skopeìn = (aus)spähen George Gallup * 18. November Juli

6 Beeinflussen Wahlprognosen die Bevölkerung? Zwei zu untersuchenden Fragen: 1) Wirken sich Wahlumfragen auf die Wahlbeteiligung aus? 2) Beeinflussen Wahlumfragen das Wahlverhalten? 6

7 4 Wirkungsvermutungen 1) Mobilisierungs-Effekt führt zu einer stärkeren Wahlbeteiligung 2) Defätismus-Effekt Anhänger der schwächeren Partei gehen nicht zur Wahl 3) Lethargie-Effekt Anhänger der stärkeren Partei gehen nicht zur Wahl 4) Bequemlichkeits-Effekt Unentschlossene beteiligen sich nicht an der Wahl 7

8 2 Wirkungshypothesen 1) Bandwagon-Effekt (Mitläufer-Effekt) Aufgrund von Umfragen wechseln einige Wähler zur Partei mit den größeren Siegeschancen 2) Underdog-Effekt (Mitleid-Effekt) Aufgrund von Umfragen wechseln einige Wähler aus Mitleid zur Partei mit den geringeren Siegeschancen 8

9 Zwei weitere Hypothesen 1) Wasted-vote oder Fallbeil-Effekt Der Wähler stimmt nur dann für seine bevorzugte Partei, wenn deren Einzug ins Parlament wahrscheinlich ist 2) Stütz- oder Leihstimmen-Effekt Es wird nicht die präferierte Partei, sondern der kleinere in Aussicht stehende Koalitionspartner gewählt 9

10 10

11 Wahlbeteiligung in Österreich 11

12 Wahlbeteiligung bundesweiter Wahlen Prozent ,89 80,42 84,27 74,4 71,6 67,73 78,49 49,4 42,

13 Wahlbeteiligung bei Nationalratswahlen von 1945 bis Prozent

14 Nationalratswahl 2006 (1) Gesamt: 78,5% (-5,8) Szb: 76,9% (-6,8) Bg.: 86,8% (-3,2) St: 78,6% (-5,3) Knt.: 77,3% (-6,4) T: 72,8% (-10) NÖ: 85,2% (-3,9) Vbg: 70% (-14,1) OÖ: 81,4% (-4,9) W: 72,3% (-5,3) 14

15 Nationalratswahl 2006 (2) NichtwählerInnen ausschlaggebend Je 8% der WählerInnen von ÖVP und SPÖ von 2002 blieben zu Hause. 15% jener der Grünen, 18% der FPÖ 89% der NichtwählerInnen von 2002 wählten auch 2006 nicht. 15

16 EP-Wahlen 1996: 67,7% 1999: 49,4% (-18,3) 2004: 42,4% (-7) 16

17 Studie von Klaus Poier 2004 Politik dient nicht mehr zur materiellen Existenzsicherung Schwindende Problemlösungskompetenzen Mediatisierung von Politik BürgerInnenverantwortung geht zurück Abschaffung der Wahlpflicht 17

18 Wahltagsbefragung Motive (n=1100) Enttäuschung über EU (76%) Parteien-, KandidatInnenangebot (61%) Meine Stimme hat keinen Einfluss (60%) Politisches Desinteresse (39%) Persönliche Verhinderung am Wahltag (29%) 18

19 Wahlbeteiligung im internationalen Vergleich 19

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22 Wahlbeteiligung in Prozent Deutschland Schweden Italien Österreich Holland Spanien Schweiz Quelle: IDEA

23 Wahlbeteiligung in Prozent Deutschland Italien Österreich Holland Quelle: IDEA

24 Einflüsse auf die Wahlbeteiligung (Stichprobe: 18 westliche Länder mit demokratischer politischer Ordnung) Institutionelle Determinanten Wahlpflicht Größe der Regierung ( ) Regierungswechsel oder änderungen ( ) Alter des Frauenwahlrechts (gemessen 1970) Wahlsystem (nicht signifikant) Anzahl der effektiven Parteien (nicht signifikant) Sozio-politische und pol.-kulturelle Determinanten Organisationsgrad der Gewerkschaften ( ) Politisches Interesse in der Gesamtbevölkerung ( ) Stärke der cleavages (70er und 80er Jahre) Parteimitglieder (nicht signifikant) Quelle: Freitag

25 Einflüsse auf die Wahlbeteiligung (Stichprobe: 18 westliche Länder mit demokratischer politischer Ordnung) Sozioökonomische und demographische Determinanten Staatsausgaben ( ) Inflationsrate (nicht signifikant) Mobilisierungsthese (nicht signifikant) Öffentliche Bildungsausgaben (nicht signifikant) Historische Dimension Wahlbeteiligung ( ) Quelle: Freitag

26 Nationale Wahlen EU-Wahlen 2004 Slowakei 26 Slowenien Estland Polen Portugal Ungarn Schweden Tschechische Republik Lettland Finnland Niederlande Spanien Deutschland Frankreich Litauen Belgien Luxemburg Malta Italien Zypern Griechenland Irland Quelle: Eurostat

27 Mögliche Konsequenzen niedriger Wahlbeteiligung Hohe Wahlbeteiligung ist eher ein Krisensymptom, als Ausdruck von Systemzufriedenheit (Roth 1992). Vorurteil, dass nur hohe Beteiligung ein Zeugnis für Stabilität wäre. Denn eine gewisse Wahlenthaltung signalisiert eine Art Stabilität (Normalisierungsthese). Sofern Vertauen in die politischen Verhältnisse, das System und die Funktionsweise groß genug ist (Golzem/Liepelt 1977; Eilfort 2006). 27

28 Mögliche Konsequenzen niedriger Wahlbeteiligung Sozioökonomisch besser gestellte und höher gebildete Personen gehen eher zur Wahl. These 1: Daher wäre ein Großsteil der Nichtwähler eher sozial schwächer und potenziell dem politisch linken Spektrum zuzuordnen. Sie sind unterrepräsentiert. These 2: Linke Parteien würden von einer höheren Wahlbeteiligung theoretisch mehr profitieren. > Empirische Studien/Simulationen lieferten jedoch in Bezug auf die Politikpräferenzen von Wählern gegenüber Nichtwählern keine eindeutigen Ergebnisse (vgl. Lutz/Marsh 2007). 28

29 Mögliche Konsequenzen niedriger Wahlbeteiligung Wähler sollten ihre Entscheidung auf Basis der eigentlichen Funktionen von Wahlen Beurteilung der Verantwortlichkeit und zugewiesenes Mandat treffen. These: Nichtwähler/sporadische Wähler sind kaum interessierte und informierte Wähler, entscheiden daher quasi per Münzwurf. > Rosema (2007) zeigt, dass kein eindeutiger Befund vorliegt, dass Nichtwähler weniger konsistent in Bezug auf die genannten Funktionen handeln. 29

30 Literatur Freitag, Markus (1996): Wahlbeteiligung in westlichen Demokratien. Eine Analyse zur Erklärung von Niveauunterschieden. Schweizerische Zeitschrift für Politische Wissenschaft. Heft 4/96, Golzem, F. / Liepelt K. (1977): Wahlenthaltung als Regulativ Die sporadischen Nichtwähler. In: Böhret, C. (Hg.): Wahlforschung Sonden im politischen Markt. Opladen: Westdeutscher Verlag, S Lutz, G. / Marsh, M. (2007): Introduction Consequences of low turnout. In: Electoral Studies, 26 (3), S Rosema, M. (2007): Low turnout Threat to democracy or blessing in disguise? Consequences of citizens varying tendencies to vote. In: Electoral Studies, 26 (3), S

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