Medienart: Print Medientyp: Fachpresse Auflage: 16'000 Erscheinungsweise: monatlich
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- Lothar Neumann
- vor 6 Jahren
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1 Spielplatzgestaltung als Herausforderung Der Spielplatz ist seit je ein Ort, wo Freiheit gewährt und zugleich kanalisiert wird. In ihm treffen sich Vorstellungen zum Städtebau und zur Wohnraumgestaltung, verbunden mit pädagogischen Elementen. Kein Wunder, sind Spielplätze, deren Standort und die Ausstattung mit Spielgeräten auch immer Anstoss für unterschiedliche Meinungen, Nachbarschaftsstreit und Gerichtsfälle. Text: Werner Müller 1/ Fotos: Werner Müller, Archiv, zvg. Ausschnitt Seite: 1/5
2 Sinnvolle Spielplatzgestaltung hat eine lange Geschichte. Bis zum Zweiten Weltkrieg bestanden Spielplätze meist aus improvisierten Plätzen mit wenigen Spielgeräten - vielleicht eine Schaukel, Wippe oder Rutsche. Ab den 1930er-Jahren wurden, ausgehend von den skandinavischen Ländern mit ihren pädagogisch fortschrittlichen Erkenntnissen, neue Ideen realisiert, um kindergerechtes Spiel und Kreativität aktiv zu fördern. Spielplatzarchitektur im Entstehen In Zürich entstand nach 1953 eine aktive Spielplatzbewegung, getragen von Privatpersonen und der Pro Juventute unter dem erst kürzlich verstorbenen Präsidenten Alfred Ledermann. Alfred Trachsel nahm als Architekt beim Hochbauamt und Gestalter von innovativen Spielplätzen eine Schlüsselposition ein. Herausragende Beispiele dieser Zeit sind die Erfolgsgeschichte der Robinsonspielplätze mit Gemeinschaftszentren und der Aufbruch der Zürcher Gartenarchitektur rund um Ernst Baumann, Ernst Cramer und Willi Neukom. Doch erst in den 1970er-Jahren begannen auch die Zürcher mit ihren Kindern, für ihren Spielplatz zu kämpfen und Ansprüche auf dessen Mitgestaltung zu erheben. Eine 2014 gestaltete Ausstellung an der ETH Zürich zum Thema «Architektur für Kinder: Zürichs Spielplätze» zeichnete die Geschichte der Zürcher Spielplätze seit 1950 nach. In Filmen, Diashows, Plänen und Fotografien aus privaten und öffentlichen Archiven wurde die Bewegung lebendig aufgezeigt. Zudem zeigten Kinder in einem Experiment, wie und wo sie heute am liebsten spielen. Pro Juventute als Pionier der Spielplatzidee in der Schweiz Die 1919 gegründete Jugendorganisation Pro Juventute widmete sich schon früh dem «Freizeitproblem», das in den industrialisierten städtischen Gesellschaften immer drängender wurde. Unter ihrem damaligen Zentralsekretär Alfred Ledermann übernahm die Pro Juventute eine führende Rolle in der Auseinandersetzung mit dieser Thematik, und dies sogar europaweit. Die Spielplatzfrage lag Ledermann dabei besonders am Herzen fand in der Schweiz unter dem Patronat der Pro Juventute der «5. Internationale Kongress für Schulbaufragen und Freilufterziehung» statt. Gleichzeitig eröffnete im Gewerbemuseum der Stadt Zürich die Ausstellung «Das neue Schulhaus», die von dem führenden Kunstkritiker Willy Rotzler ( ) und dem renommierten Architekten Alfred Roth ( ) kuratiert wurde. Kongress wie Ausstellung beschäftigten sich mit Fragen zum fortschrittlichen Schulhausbau, aber auch Themen wie dem Spielplatz. Diese beiden Themen lagen damals nahe beieinander und tangierten die Fachgebiete Architektur und Pädagogik. Der Robinsonspielplatz als Leuchtturm-Projekt Am erwähnten Kongress traf Alfred Ledermann auf den Referenten Alfred Trachsel, der unter anderem Zuständiger für Spielplätze beim Hochbauamt Zürich war und als Genossenschafter bereits den Spielplatz Bergwiesen bei der Siedlung Triemli geplant hatte. Ledermann und Trachsel waren sich einig, dass es auch für ältere Kinder spielerische Herausforderungen brauchte. Ledermann hatte in Dänemark den 1943 entstandenen «Skrammellegeplads» (Gerümpelspielplatz) des Landschaftsarchitekten Carl Theodor Sorensen kennengelernt. Nach diesem Vorbild entstand das Konzept des Robinsonspielplatzes, für den Trachsel und Ledermann in Zürich-Wipkingen an Ausschnitt Seite: 2/5
3 der Limmat den geeigneten Ort fanden. Ledermann konnte die dortige Wiese von der Stadt pachten eröffnete der erste Robinsonspielplatz: eine leere Wiese, Baumaterialien und ein altes Tram. Die Kinder wurden von einem Spielplatzleiter betreut. Die Kinder sollten sich hier, wie Robinson, ihre eigene Welt schaffen. Spielplatzarchitektur heute In der Zwischenzeit hat sich die Spielplatzarchitektur deutlich weiterentwickelt. Heute sind Kriterien massgebend, denen in den Anfangsjahren kaum jemand Beachtung schenkte. Ein aktuelles Beispiel an moderner Spielplatzarchitektur ist das Projekt Voltamatte in Basel. Ein Planerteam, bestehend aus dem Landschaftsarchitekten Christian Lenzin und dem Architekten Darko Stula, hatte den Architekturwettbewerb in dem mehrstufigen und durch längere Unterbrüche geprägten Verfahren für sich entschieden. Ihr Beitrag war der einzi- Lozziwurm und Verkehrsgarten waren Entwicklungen der 70er-Jahre. 70erJahre. Sie sind auch heute noch aktuell. Ausstellung «The Playground Project» Auf über 1000 Quadratmeter zeigen die Veranstalter, dass der Spielplatz, diese Nische in unseren Städten, ein subversiver Ort sein kann, ein Experimentierfeld im öffentlichen Raum für Kunst und Gesellschaft und eine Reibungsfläche für Erwachsene, Eltern und Kinder. Wir installieren Spielskulpturen für Kinder, führen in Filmen, Fotografien und Objekten durch über 100 Jahre Spielplatz und fragen, wo wir heute stehen. Und wir zeigen, was jenseits vom Standard alles möglich ist. Die Ausstellung ist in der Kunsthalle Zürich zu sehen und dauert noch bis am Ausschnitt Seite: 3/5
4 ge, welcher den Spielplatz an einen neuen Standort innerhalb der Voltamatte versetzte, was raumplanerisch als Befreiungsschlag zugunsten einer offeneren Raumwirkung gewertet wurde. Die Verlegung des Robi-Spielplatzes war dabei nicht Triebfeder des Konzepts, sondern vielmehr eine Folge des Bedürfnisses, die Kleinkinder-Spielplätze von der viel befahrenen Strasse weg in den hinteren, ruhigeren Teil des Parks zu verlegen. Hohe Anforderungen an eine heutige Spielanlage Die monolithisch wirkenden Gebäudevolumina, am Beispiel in Basel, erzeugen vielfältige Zwischenräume und Durchblicke. Zusammen mit den verschieden geneigten Dachflächen entwickelt sich eine sanft bewegte Silhouette im Stadtraum. Die Pavillons sind als eingeschossige Holzelementbauten konstruiert und mit patinierenden, ballwurf- und vandalensicher vorgehängten Cortenstahl-Metallplatten verkleidet. Die Platten sind sehr grossformatig ausgebildet und analog dem Grundriss- und Schnittcharakter der Bauten in Trapezform geschnitten. Die rötlich-braune Farbtönung der Gebäudefassade sollte einen harmonischen Einklang mit den nach Jahreszeiten wechselnden Farben der Parklandschaft und des Grünraums herstellen. Zentrales Element jedes Spielplatzes sind die Spielgeräte. Alle Spielbauten - ob Klettergerüst, Holzturm, Tauwerk oder Kunststoffmobiliar - sind nach neusten Erkenntnissen gestaltet und nach architektonischen und pädagogischen Überlegungen ausgewählt worden. Die Sicherheit auf dem Spielplatz im Allgemeinen und auf den Spielgeräten im Speziellen wird heute besonders grossgeschrieben. Ein heutiger Spielplatz hat aber auch eine Funktion als Park. Der grosse, zentrale Hartplatz bildet das Aktivitäts- und Spielzentrum. Dazwischen liegen Kiesflächen und Spielanlagen, die sich spontan begrünen und ein stetig wandelndes Erscheinungsbild des Spielplatzes erzeugen. Feldahorne, Rotahorne und Eschen stehen in verschieden dichten Gruppen im Kiesbelag und ermöglichen alle Arten von Kletteraktivitäten. Für den Baumhausbau dienen vereinzelt um die Bäume installierte und in die Krone ragende Holzstämme als Konstruktionsgrundlage. Robinson-Spielplätze sind auch heute noch attraktiv und gefragt. 4 Ausschnitt Seite: 4/5
5 r Planung und Ansicht des ersten von Alfred Ledermann realisierten Robinson-Spielplatzes in Zürich-Wipkingen. Ausschnitt Seite: 5/5
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