Seite 7. Der Weg ins Fiasko. Zehn Jahre nach Beginn des Afghanistankrieges fällt die deutsche Bilanz verheerend aus. Unter Räubern

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1 Nr. 41/11 EUR 3,60 Österreich EUR 3,80/ Schweiz CHF 6,00 WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT, KULTUR, WISSEN UND DEBATTE THORSTEN HINZ N Spiegel, Der Volkstribun Nur wenige konservative Politiker können Menschen so begeistern und in ihren Bann ziehen wie der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler. Jetzt schickt sich der Euro-Skeptiker an, seine Partei aufzumischen. Seite 7 Der Weg ins Fiasko Zehn Jahre nach Beginn des Afghanistankrieges fällt die deutsche Bilanz verheerend aus Was ist der Afghanistan- Einsatz anderes als der Mißbrauch von Landeskindern? Recht getan Er liest der politischen Klasse der EU die Leviten. Kaum ein etablierter Politiker kämpft so gegen den Euro-Wahn wie der slowakische Parlamentspräsident Richard Sulík. MEINUNG, Seite 2 Wohlgethan Er war der erste deutsche Afghanistan-Veteran, der seine Erlebnisse publizierte: Achim Wohlgethan landete mit seinem Buch Endstation Kabul einen Bestseller. INTERVIEW, Seite 3 Afghanistan Zehn Jahre Krieg am Hindukusch haben beide verändert: Das Land dort und auch die Bundeswehr hier. Nicht nur zum Guten. POLITIK, Seite 6 HINTERGRUND, Seite 12 Weh getan Gerhard Löwenthal hat als Jude den Nationalsozialismus überlebt und anschließend den Kommunismus bekämpft: Er war der Stachel im Fleisch der DDR-Verharmloser. LITERATUR, Seite 21 O Bundestag stimmt für den neuen Rettungsschirm Unter Räubern»Die Wahl Gauweilers wird zu einer Abstimmung über die Euro-Rettung werden.«kolumne VON DIETER STEIN Meinung... 2 Im Gespräch... 3 Politik Thema... 7 Ausland Wirtschaft Hintergrund Pankraz Kultur Medien Forum Geschichte & Wissen Literatur Natur & Technik Leserforum Impressum Sein & Zeit... 24

2 2 M E I N U N G Zitate WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT, KULTUR, WISSEN UND DEBATTE Streit zwischen Schäuble und der CSU Bürgerliche Sollbruchstelle Von Paul Rosen ie Vereinigten Staaten von Europa: Noch in den sechziger Jahren Ddes letzten Jahrhunderts schien der Weg zum Zusammenschluß der europäischen Vaterländer die Garantie für ein friedliches Zusammenleben der Völker in der Alten Welt zu sein. Den schönen Schein hat Europa schon lange verloren. Die Nachfolger von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, die ein Europa der Vaterländer wollten und mehr nicht, wollen jetzt zusammenschweißen, was nicht zusammengehört. Dazu paßt, daß Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine europäische Wirtschaftsregierung anstrebt, die anonymen Kommissaren und Räten noch mehr Macht geben würde, als sie ohnehin schon haben. Während die FDP schon lange zum Prozeß der Entdemokratisierung schweigt, kämpft wenigstens die CSU dagegen an. Gegensätze in der Union werden sichtbar: Schäuble ist Zentralist. Er will Europa von Brüssel aus regiert wissen. Der wichtigste Schritt dahin ist der Verlust des Haushaltsrechts der Nationalstaaten. Daran wird gearbeitet. Dagegen steht die traditionell föderalistische süddeutsche und bayerische Linie, heute noch verkörpert durch die Christsozialen. An der Auseinandersetzung wird die Sollbruchstelle der Bürgerlichen in Deutschland deutlich. Wenn die CDU den EU-Rätestaat tatsächlich will, nimmt sie letztlich ihren eigenen Untergang in Kauf. Der Fall Martin Böcker Verleumdung ohne Rüge Von Michael Vollstedt ie Studenten der Bundeswehr-Universität München wählten mit DOberleutnant Martin Böcker einen Chefredakteur ihrer Zeitschrift Campus, der konservativ denkt und auch so schreibt, unter anderem in der jungen freiheit. Alsbald warnte die Präsidentin der Universität, die Historikerin Merith Niehuss, öffentlich vor einer zu rechtslastigen Gesinnung Böckers. Seine Artikel geben dazu aber nichts her, wie dienstlich bestätigt wurde; dennoch traten weder der Verteidigungsminister noch der zuständige Vorgesetzte klar für die den Soldaten garantierte Meinungsfreiheit ein: Die vom Minister als persönliche Meinung gedeutete Verdächtigung durch Frau Niehuss bleibt ungerügt, der verleumdete Offizier wird nicht in Schutz genommen. Die Seuche Political Correctness erfaßt auch die Bundeswehr. Indes ist es auf ihrem Weg in die Berufsarmee wichtig, daß die Soldaten sich äußern dienstlich wie öffentlich, ohne Einengung auf einen medialen Mainstream und keineswegs nur zu militärischen Fragen. Als Staatsbürger in Uniform dürfen sie sich an jeder öffentlichen Meinungsbildung beteiligen, dies ist für ihre Verankerung in der Gesellschaft auch notwendig. Michael Vollstedt, Generalmajor a. D., war Kommandeur der 2. Luftwaffendivision, diente im Bundesministerium der Verteidigung sowie im Nato-Hauptquartier. Niederlande streichen Sprachtest für türkische Ehegatten Vollkommen verzichtbar Von Fabian Schmidt-Ahmad steht höher? Die Souveränität der europäischen Völker und Wihrer Gesetze oder die der Europäischen Union? Geht es nach letzterer, ist dieser neuzeitliche Investiturstreit schon längst entschieden. In Erinnerung geblieben ist das sogenannte Soysal-Urteil (JF 44/10) vor zwei Jahren, mit dem der Europäische Gerichtshof die deutsche Visumpflicht für Türken faktisch aushebelte. Begründet wurde dies mit dem Assoziationsabkommen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, welches vor dreißig Jahren der Türkei Garantien gab, die schon damals fern jeglicher Realität standen. Mit eben dieser Begründung haben EU-Advokaten nun ein weiteres Ärgernis aus dem Weg geräumt. Nach jahrelangem Rechtsstreit hat die niederländische Regierung ihre sowieso schon bescheidene Anforderung für den Ehegattennachzug aufgehoben. Künftig können also Türken ihren Ehepartner in die Niederlande holen, ohne daß dieser wenigstens rudimentäre Sprachkenntnisse nachweisen muß. In Deutschland haben sich Humanisten dieses Urteil bereits zu eigen gemacht und fordern das Verbot des deutschen Pendants. Und übersehen geflissentlich das Nächstliegende: Wer eine Familie gründen will, im übrigen aber auf die europäische Kultur sowie die Sprache seines Gastlandes verzichten möchte, kann das gerne tun in der Türkei. Denn wir wiederum können auch auf so jemanden verzichten. Jetzt bloß nicht schlappmachen, einer geht noch! RICHARD SULÍK S Geheuchelte Solidarität Rettungsschirm: Europa ist auf dem Weg in einen neuen Sozialismus olidarität, mit der europäische Politiker immer wieder argumentieren, ist heuchlerisch. Die Zahlungsunfähigkeit ist kein Erdbeben oder Tsunami, bei dem die Hilfe dem betroffenen Staat ein Zeichen echter Solidarität wäre. Zahlungsunfähigkeit ist in erster Linie eine schlechte Nachricht für denjenigen, der Geld geliehen hat, das heißt für den Gläubiger, da er sein Geld oder einen Teil davon verlieren kann. Ob der Gläubiger nun das Geld dem schlechten Schuldner aus Unwissenheit oder aus Habgier mit Aussicht auf hohe Zinserträge geliehen hat, spielt dabei keine Rolle. Was zählt, ist, daß die Gläubiger lange Zeit und ziemlich gut an den griechischen Staatsanleihen verdient haben, ohne ihre Gewinne mit jemandem zu teilen. Die Gewinne waren daher privat. Nun im Falle der Erklärung der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands drohen Verluste, und plötzlich machen europäische Politiker große Sprüche zum Thema Solidarität, einer heuchlerischen Solidarität! In Wirklichkeit geht es nur darum, die Gewinne der ausländischen, in erster Linie der deutschen und französischen Banken zu retten. Ich frage also, wieso sollte man wieder einmal die Finanzverluste sozialisieren, während die Gewinne privatisiert werden? Beim befristeten Euro-Rettungsschirm gab es ursprünglich die Hoffnung, daß er unter gewissen Umständen den Staaten real helfen könnte. Allerdings wurden mit der Kredithilfe für Griechenland aus dem befristeten Euro-Rettungsfonds (insgesamt bereits der zweiten Kredithilfe) alle Prinzipien über Bord geworfen. Nun ist es nur noch ein Instrument zur Bildung von weiteren Schulden, die zur Rückzahlung der alten Schulden und daher also zur Rettung der Bankengewinne verwendet werden. Nach den aktuellen Änderungen, die am 21. Juli 2011 vereinbart wurden, macht es der befristete Euro-Rettungsschirm möglich, die eigenen Schulden auf andere Staaten zu verschieben. Ist das vielleicht solidarisch? Nein, das ist unverantwortlich! Schauen wir uns an, wer konkret den Euro-Rettungsschirm befürwortet. Es sind der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, der Chef der Europäischen Kommission José Manuel Barroso und der Chef der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker. Selbstverständlich befürworten diese Herren und mit ihnen weitere Eurokraten den Euro-Rettungsschirm, ansonsten müßten sie sich doch Verglichen mit dem, was im Begriff ist zu entstehen, war der von der Sowjetunion diktierte sozialistische Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) nur ein Kaffeekränzchen. ihren eigenen Fehler eingestehen und so etwas kommt in diesen Kreisen nicht in Frage. Wieso sollte etwa Trichet im Oktober in Pension gehen vor dem Hintergrund, bei der EZB einen Verlust von zig Milliarden Euro erwirtschaftet zu haben, und so seiner persönlichen Reputation schaden? Oder wieso sollte der Kommissionschef Barroso zugeben, einen Fehler gemacht zu haben, weil er es jahrelang zugelassen hat, daß Griechenland mehrfach höhere Defizite produzierte, als es die Maastricht- Kriterien erlauben, und so unnötig seine Machtposition untergraben? Kurz und gut, alle in Brüssel werden den Unsinn des Euro-Rettungsschirms bis zum letzten Blutstropfen verteidigen. Ungeachtet der wirtschaftlichen und, wie es scheint, auch der politischen Kosten. Ich bin auch der Ansicht begegnet, daß die Europäische Kommission, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank eine Menge Experten beschäftigen, und die könnten sich doch nicht irren. Tja, erstens muß man sich vor Augen halten, daß hier gilt: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing ; und daß es den meisten Politikern gut gelegen kommt, daß der Euro-Rettungsschirm ihnen ermöglichen wird, nach wie vor zu mißwirtschaften und Stimmen zu kaufen. Daher werden auch die von ihnen bezahlten Experten in erster Linie das behaupten, was den Politikern paßt. Und zweitens: Vor nicht einmal einem Jahr haben diese sogenannten Experten behauptet, Griechenland werde 2012 auf die Finanzmärkte zurückkehren. Bei dem befristeten Euro-Rettungsschirm haben sie sich um beinahe 200 Milliarden Euro vertan. Viel mehr als auf die Experten würde ich mich auf den gesunden Menschenverstand verlassen. Auch in Deutschland gibt es gegen den Euro-Rettungsschirm markanten Widerstand, man braucht sich nur die verschiedenen Internetdiskussionen anzuschauen. Ich stimme der Behauptung zu, daß es nun nicht nur um Griechenland geht. Es geht darum, daß sich gerade in dieser Zeit (unter dem Vorwand der Euro-Rettung) eine zentrale europäische Regierung formt. Bei einer solchen Regierung werden wir nicht nur eine gemeinsame Währung haben, sondern auch gemeinsame Schulden, gemeinsame Steuern und im mittelfristigen Horizont ein Minimum an nationalen Kompetenzen. Verglichen mit dem, was im Begriff ist zu entstehen, war der von der Sowjetunion diktierte sozialistische Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) nur ein Kaffeekränzchen. Hat jemand überhaupt die Leute gefragt, ob sie das wirklich wollen? Sämtliche Umfragen haben ein eindeutiges Ergebnis: Die Leute möchten keinen Euro-Rettungsschirm. Richard Sulík ist Präsident des slowakischen Parlaments und Vorsitzender der rechtsliberalen Partei Freiheit und Solidarität (SaS). Der promovierte Ökonom wurde 1968 in Preßburg geboren und lebte von 1980 bis 1991 in Deutschland. Partei kommt von pars, dem Teil. Die Teile der Gesellschaft, die noch mehr individualistische Modernität wünschen, wählen SPD, Grüne oder Linke. Die Union muß sich endlich auf diejenigen besinnen, die ein paar mehr altmodische Tugenden und Werte nicht so ganz falsch finden für das innere Gleichgewicht unserer Gesellschaft. Schließlich drehen so viele am Rad des Fortschritts, daß es immer ein paar geben muß, die dem Rad von Zeit zu Zeit in die Speichen greifen, damit es ruhig und gleichmäßig läuft. Diesen Menschen sollte sich die CDU in erster Linie verpflichtet fühlen. Dann könnten auch die Wahlergebnisse wieder besser werden. Denn vor echten, gelebten Überzeugungen haben auch Andersdenkende Respekt. Alexander Gauland, Publizist, in der Welt vom 28. September 2011 Wer die Vereinigten Staaten von Europa will, also einen Bundesstaat mit eigener souveräner Staatlichkeit, der muß den in Artikel 146 Grundgesetz beschriebenen Weg gehen und sich an eine neue Verfassung wagen. Und die kann sich das deutsche Volk meiner Meinung nach nur über einen Volksentscheid geben. Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, in der Berliner Morgenpost vom 28. September 2011 Afroamerikaner haben eine Gehirnwäsche verabreicht bekommen, damit sie voreingenommen sind und eine konservative Sichtweise von vornherein ablehnen. Ich habe mit dieser Bissigkeit Bekanntschaft gemacht, weil ich mich als Konservativer um die Präsidentschaftsnominierung der Republikaner bewerbe. Herman Cain, schwarzer Präsidentschaftsbewerber der Republikaner, auf CNN am 28. September 2011 Die Ursache der Legitimationskrise der Demokratie liegt immer bei der kratie, also der Herrschaft, nicht beim demos, also dem Volk. Man kann das Volk nicht absetzen und ein neues wählen. Deshalb bleibt der Politik nur eines demütig jeden Tag beim Bürger Überzeugungsarbeit zu leisten. (...) In der Krise der Mitte werden die Ränder stärker. Es ist dabei nicht ausgemacht, daß es der linke Rand ist, der profitieren würde. Im Gegenteil könnten es genauso gut nationalistische, nationalsozialistische Brandstifter sein, die die Unzufriedenen aufsammeln und mit ihrer menschenverachtenden Ideologie in die entstandenen Lücken eindringen. Friedbert Pflüger, ehemaliger CDU- Politiker, bei Cicero-Online am 28. September 2011 Ich hätte eine doppelte Staatsbürgerschaft bekommen können (...). Aber ich bin sehr spanisch und sehr, sehr stolz auf mein Land. Antonio Banderas, Hollywood- Schauspieler, im Fernsehsender Tele 5 am 2. Oktober 2011 Wir haben ein Problem miteinander, das alle Generationen vor uns auch schon hatten: Wir müssen uns damit abfinden, daß wir nicht alle gleich sind. (...) Das ist unser Problem mit dem Begriff der Gerechtigkeit. Wolfgang Böhmer, ehemaliger Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt (CDU), in seiner Bürgerpredigt im Braunschweiger Dom am 3. Oktober 2011 Z Soziologie Die schräge Sicht des Herrn Beck u ihren Frühzeiten wurde die Soziologie zunächst als Pseudowissenschaft belächelt. Doch in der deutschen Wirklichkeit spielen die Propheten dieser urtypischen 68er -Disziplin längst die erste Geige, wissen scheinbar über alles und jedes Bescheid und machen linksideologisch mächtig Dampf. Soziologen haben Politik und Gesellschaft von Grund auf verändert zuvorderst mit Zukunftsangstmacherei. Den gesinnungsverwandten Politikschaffenden gefällt derlei Zuarbeit natürlich außerordentlich. Denn ein notorisch zukunftsverzagtes Bürger- und Wählerpublikum läßt sich leichter manipulieren. Der Soziologieprofessor Ulrich Beck, ein Tausendsassa seiner Zunft, verstieg sich in den aufwallenden Debatten nach Fukushima in eine Sicht, die hart am Rande der Lächerlichkeit angesiedelt ist. Man höre und staune: Nukleare Energie und deren Nutzung, tönte Beck, sei ihrer Natur nach antidemokratisch, Sonnen- und Windenergie hingegen seien durch und durch demokratisch. Und»Ein notorisch zukunftsverzagtes Bürger- und Wählerpublikum läßt sich leichter manipulieren.«kolumne VON ROLF DRESSLER allen Ratlosen, denen das zu hoch oder zu abstrus vorkommt, verabreicht er gleich noch ein Extrazäpfchen: Wer seine Energie von einem Atomkraftwerk beziehe, dem werde, wenn er die Rechnung nicht bezahle, kurzerhand der Strom abgeschaltet. Dem Glücklichen aber, der auf erneuerbare Energiequellen gepolt sei, sprich seinen Strom aus Sonnenkollektoren auf dem eigenen Hausdach beziehe, könne dergleichen Mißgeschick angeblich nicht passieren. Ja, Sonnenenergie mache den Menschen schlicht und einfach unabhängig. Natürlich weiß Ulrich Beck, daß dies blanker Unsinn ist, man kann es, mit Verlaub, getrost auch höheren professoralideologischen Blödsinn nennen, fernab unserer Energieversorgungswirklichkeit, der jeder Kleinund Großverbraucher bekanntlich unausweichlich unterworfen ist. Schon träumt Beck mit Verweis auf Fukushima gar von einer daraus hergeleiteten Ermächtigung zivilgesellschaftlicher Bewegungen. Und da Kohlendioxid-Emissionen nunmehr zum Maß aller Dinge erhoben würden, müssen sich Scheidungswillige, meint Beck, fortan nicht mehr nur vor Gott verantworten, sondern auch vor der Umwelt, weil nämlich die Haushalte von Paaren umweltverträglicher sind als Single-Haushalte. Sind sie nicht wundervoll, die Soziologen dieser Welt? Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim Westfalen-Blatt in Bielefeld und ist nun freier Journalist. Lesereinspruch Vertrauen nimmt ab Zu: Letzte Instanz der nationalen Souveränität von Björn Schumacher (JF 39/11) er weitgehend positiv gehaltene DArtikel zum Bundesverfassungsgericht hat sehr verwundert, steht er doch im Gegensatz zu einem seit etwa zehn Jahren immer stärker abnehmenden Vertrauen der Bevölkerung in dieses Verfassungsorgan. So wäre es bis vor kurzem noch undenkbar gewesen, daß 55 Unternehmer und Hochschullehrer die Verfassungsrichter vor dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagen. Zu Recht mahnte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, daß auch Verfassungsrichter sich bei ihren Urteilen an das Grundgesetz zu halten haben. Obwohl Artikel 6 des Grundgesetzes die Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt, nötigt das Gericht dem Gesetzgeber eine Angleichung der gleichgeschlechtlichen Verpartnerungsform mit der Ehe auf. Es ist notwendig, sich Gedanken über die zukünftige Rolle dieses Verfassungsorgans zu machen, wenn wir nicht wollen, daß sich unsere Demokratie schleichend in Richtung einer Justizdiktatur bewegt. KLARA SCHUETZ, KÖLN Ihre Leserbriefe senden Sie an: Leserforum Hohenzollerndamm 27 a, Berlin leserbriefe@jungefreiheit.de Fax

3 I M G E S P R Ä C H 3 Malika Sorel ist Frankreichs Necla Kelek, jedoch viel offensiver als bei uns vorstellbar FOTO: PICTURE ALLIANCE / DPA Herr Wohlgethan, Ihr Buch Endstation Kabul hat 2008 für Furore gesorgt. Wohlgethan: Ja, denn es war wie etwa auch der Untertitel lautet der erste Insiderbericht eines deutschen Soldaten in Afghanistan auf dem Buchmarkt. Warum waren ausgerechnet Sie der erste? Wohlgethan: Das war Zufall. Als Fallschirmjäger und Angehöriger eines Fernspähtrupps sowie einer Kommandoeinheit in Afghanistan war ich am Hindukusch auch für den MAD im Einsatz. Der war zwar eigentlich zu der Zeit rechtlich noch nicht befugt, in Afghanistan tätig zu sein, aber so verfügte ich über interessante Informationen. Etwa, die Bundeswehr habe auch außerhalb des Mandatsgebiets operiert und so die Beschlußlage des Bundestags verletzt. Wohlgethan: Zum Beispiel, ich habe selbst an solchen Einsätzen, die der Aufklärung dienten, teilgenommen. Der spätere Koautor des Buches, Dirk Schulze, rief mich eines Tages an und bat um ein Treffen. Nachdem er sich einen Eindruck von meinen Informationen verschafft hatte, fragte er mich: Hast du Lust, das Material zu publizieren? Meine spontane Antwort: Auf keinen Fall! Aber er ließ nicht locker. Als Fan von Peter Scholl-Latour schwebte ihm ein Buch in dessen Stil vor. Na ja, schließlich sind wir bei Econ/Ullstein gelandet. Sie waren Stabsunteroffizier, ein vergleichsweise niedriger Dienstgrad. Wohlgethan: Ja, dieser Vorwurf kam immer wieder: Wie kann ein Stuffz das alles wissen? Nun, ich habe an diversen Einsätzen teilgenommen, war in diversen Operationszentralen eingesetzt. Das Entscheidende aber war, daß ich dreizehn Jahre gedient und einige meiner späteren Vorgesetzten als junge Rekruten ausgebildet habe. Dadurch hatte ich mit diesen Leuten eine ganz andere Gesprächsebene und erfuhr eine Menge. Wir werden unsere Kriegsziele nicht erreichen Sind Sie später nie von Kameraden des Verrats bezichtigt worden? Wohlgethan: Nein, meine Absicht war nicht, Geheimnisse zu verraten, sondern der Öffentlichkeit klarzumachen, was unsere Soldaten im Einsatz leisten. Das war allerdings ziemlich blauäugig. Warum? Wohlgethan: Weil, wie wir feststellen mußten, es die Öffentlichkeit nicht wirklich interessiert. Endstation Kabul fand ein breites, positives Presseecho, entwickelte sich zum Bestseller und löste eine Welle ähnlicher Titel aus. Wohlgethan: Das stimmt, und es ist uns gelungen, unser Anliegen öffentlich zu machen, aber die Lage unserer FOTO: PRIVAT Eine tickende Zeitbombe Seit zehn Jahren kämpft die Bundeswehr am Hindukusch, der längste deutsche Krieg seit knapp 200 Jahren. Achim Wohlgethan war der erste Afghanistan-Veteran, der seine Erlebnisse publizierte heute zieht er eine ernüchternde Bilanz Bundeswehrsoldat am Hindukusch: Wir haben in Deutschland Arbeitslosigkeit, Hartz IV, Integrationsprobleme, überschuldete Haushalte, jetzt auch noch Griechenland und die Euro- Krise. Da fällt die Armee, mit ein paar tausend Mann, die irgendwo am Ende der Welt in einem Krieg kämpfen, für den sich hier keiner interessiert, natürlich immer hinten runter. So ist das. Soldaten in Afghanistan hat sich kaum gebessert. Wie ist die Lage? Wohlgethan: Nachweislich sind deutsche Soldaten ums Leben gekommen, weil sie minderwertiges Material hatten und haben. Das kann ich belegen. Und warum ist das so? Weil die Politik viel zu lange darauf bestanden hat, daß dies gar kein Krieg ist. Und warum nicht? Weil sie diesen Einsatz dem Volk als Krieg nicht hätte verkaufen können. Also hat der pazifistische Vorbehalt unserer Gesellschaft die Soldaten das Leben gekostet? Wohlgethan: Ich würde eher sagen, es war der fehlende Mut der Politiker. Afghanistan ist bis heute eine tickende Zeitbombe für unsere Soldaten. Inwiefern? Wohlgethan: Jeden Tag gibt es Gefechte, jeden Tag kann es neue Opfer geben. Es mag hart klingen, aber sind 52 Gefallene für zehn Jahre Krieg nicht eigentlich vergleichsweise wenig? Wohlgethan: 52 ist die offizielle Zahl der Gefallenen. Was ist mit den Invaliden? Den Traumatisierten? Und mit den Gefallenen der Spezialkräfte, die in den Statistiken nicht auftauchen, weil deren Operationen geheim sind. Wie hoch ist also die Gesamtzahl? Wohlgethan: Etwa 200 Verwundete, über Traumatisierte und eine auch mir unbekannte Zahl von Opfern in den Reihen der Spezialkräfte. Aber zurück zu Ihrem Einwand: In Kriegen fallen Soldaten, das ist normal, ja. Aber: Die Zahl der Gefallenen und Verwundeten kann reduziert werden, wenn die beste Ausrüstung zum Einsatz kommt. Das war und ist in Afghanistan nicht der Fall und darum ist ein Teil der Kameraden im Grunde der Politik zum Opfer gefallen. Die Bundesregierung hat den Beginn des Abzugs für den Jahreswechsel angekündigt, und bis 2014 soll er abgeschlossen sein. Wohlgethan: Das glaube, wer will; ich nicht. Warum? Wohlgethan: Weil die Politik sich ein Hintertürchen offengelassen hat: Sofern es die Sicherheitslage zuläßt. Was auf absehbare Zeit nicht der Fall sein wird. Sondern? Achim Wohlgethan Wohlgethan: Wenn wir dort abziehen, fällt Afghanistan zurück ins Chaos. Das weiß auch die Politik. Also verliert die Bundeswehr den Krieg? Wohlgethan: Das kommt darauf an, was Sie unter verlieren verstehen. Sein Kriegsziel nicht zu erreichen. Wohlgethan: Sie wird ihr Ziel nicht erreichen, kein Zweifel. Also war der Krieg sinnlos? Wohlgethan: Wenn ich das sage, würde ich meine gefallenen Kameraden beleidigen, nein. Außerdem war der Krieg für sehr viele Afghanen sinnvoll. Was bleibt davon nach dem Abzug? Wohlgethan: Ich fürchte nichts, dann wäre er in der Tat sinnlos gewesen. Was sagt uns das? Abzug in den nächsten Jahren: Mit Sicherheit nicht! Kaum einsatzbereit: Das hat man zehn Jahre vertuscht! In Ihrem neuen Schwarzbuch Bundeswehr kommen Sie zu dem Ergebnis, die Bundeswehr sei kaum einsatzbereit. Wohlgethan: So ist es. Nach zehn Jahren Krieg? Wohlgethan: Man hat das zehn Jahre lang gut vertuscht. Die Truppe führt Krieg, soll aber kaum einsatzbereit sein wie paßt das zusammen? Wohlgethan: Die Bundeswehr war von Beginn an auf ihre Partner angewiesen, selbst bei den kleinsten Kleinigkeiten. Solange das funktioniert hat, konnte man der Öffentlichkeit natürlich vormachen, daß alles stimmt. Die Wahrheit war aber eine andere: Tatsächlich ist die Bundeswehr immer wieder in Situationen gekommen, in denen die Amerikaner nicht helfen konnten, weil sie anderweitig gebunden waren. So bleiben die Kameraden dann ohne Luftunterstützung mitunter mit tödlichem Ausgang. Zum Beispiel? Wohlgethan: Wären etwa beim berühmt gewordenen Karfreitagsgefecht bei Kunduz an Ostern 2010 die Amerikaner nicht gewesen, hätte es noch mehr Tote gegeben, als die drei deutschen Gefallenen, da US-Rettungshubschrauber unter feindlichem Beschuß deutsche Verwundete schnellstmöglich herausgeflogen haben. Deutsche Hubschrauber sind zur Zeit dazu nicht befähigt. Und nun wollen die USA gar abziehen. Inzwischen muß selbst der Minister zugeben, daß es dann eng wird. Ich gebe zu, zehn Jahre Krieg zu führen, ohne jemals voll einsatzfähig gewesen zu sein, klingt grotesk. Aber so ist es. Gewisse Aufgaben werden von der Bundeswehr im Bündniseinsatz gar nicht erwartet. Muß man den Begriff einsatzbereit heute noch auf hundert Prozent beziehen? Wohlgethan: Na, selbstverständlich! Denn wenn die Regierung die Truppe in den Krieg schickt, muß gewährleistet sein, daß wir dort mit allem Nötigen operieren können und uns nicht darauf verlassen müssen, daß andere das für uns übernehmen. So eine Truppe ist für mich nicht voll einsatzbereit. Der ehemalige Stabsunteroffizier diente von 1995 bis 2007 bei der Bundeswehr. Zweimal war er in Afghanistan stationiert: 2002 in Kabul und 2003 in Kunduz und 2009 veröffentlichte er seine Erfahrungen in den Büchern Endstation Kabul. Als deutscher Soldat in Afghanistan und Operation Kunduz. Mein zweiter Einsatz in Afghanistan (beide Econ-Verlag). Für Aufmerksamkeit sorgten unter anderem Passagen wie diese: Ich wurde Augenzeuge, wie Isaf-Soldaten testeten, ob das Gelände vermint war. Dazu winkten sie Kinder heran. Wenn diese losliefen und es keinen Knall gab, wurde dieses Feld als geklärt und unvermint Ist das bei einer Mittelmacht wie Deutschland und dem heutigen Stand der Kosten für eine Armee überhaupt noch zu schaffen? Wohlgethan: Für verantwortungsbewußte Planer kann der Maßstab für die Einsatzbereitschaft der Truppe nicht das Budget sein, sondern die Mission, in die sie sie schicken. Und es ist die Politik, die vorgibt, sie wolle eine Armee, die schnell und flexibel weltweit deutsche Interessen durchsetzen kann. Minister Guttenberg hat doch ein bestelltes Haus hinterlassen, wie er sich rühmte. Wohlgethan: Was heißt bestelltes Haus? Er hat eine Reform auf den Weg gebracht, die besagt, Truppen zu reduzieren und zu spezialisieren. Gut, aber selbst das kostet Geld. Und Geld hat die Regierung für die Armee nun bekanntlich nicht übrig. Und so kann man schon jetzt sagen, daß auch diese Reform zum Scheitern verurteilt ist. Die Truppe soll von auf Mann reduziert, die Einsatztruppenstärke von auf Mann erhöht, der Generalinspekteur aufgewertet und die Bürokratie des Ministeriums reduziert werden, wie die Eckpunkte der Reform lauten. Warum ist das nicht die Lösung? Wohlgethan: Das ist alles nicht falsch, im Gegenteil. Aber ich vermisse den entscheidenden Punkt auf der Liste, nämlich zu investieren! Nach aller Erfahrung dienen Reformen der Bundeswehr vor allem dazu, im Haushalt Mittel zu sparen. Aber um eine wirklich einsatzbereite Armee zu bekommen, muß man Geld ausgeben! Also wird die Politik das Problem auch in Zukunft nicht in den Griff bekommen? Wohlgethan: Wir haben Arbeitslosigkeit, Hartz IV, Integrationsprobleme, überschuldete Haushalte, jetzt auch noch Griechenland und die Euro-Krise. Da fällt die Armee, mit ein paar tausend Mann, die irgendwo am Ende der Welt in einem Krieg kämpfen, für den sich hier keiner interessiert, natürlich immer hinten runter. So ist das. Das heißt, eigentlich wollen wir allesamt die Bundeswehr gar nicht? Wohlgethan: Wenn nicht gerade Hochwasser ist, halten die meisten Deutschen ihre Armee in der Tat potentiell für Geldverschwendung. Wenn aber einmal etwas passiert, wäre der Ruf nach ihr plötzlich ganz laut. Das Problem ist nur: Wer nicht vorsorgt, hat im Ernstfall auch keine Truppe. Denn eine einsatzfähige Armee kann man nicht aus dem Nichts aufstellen. Die hat man entweder ständig oder gar nicht. Wie fühlten Sie sich als Angehöriger einer Truppe, die eigentlich keiner will? Wohlgethan: Die Moral der Soldaten ist deshalb im Keller. Ich habe es selbst erlebt. Und dieses Desinteresse ist schon schlimm genug, aber richtig schlimm wird es, wenn, wie oft passiert, die Angehörigen sogar die Kinder in der Schule beschimpft, angepöbelt oder gar bedroht werden, weil Vater oder Mutter bei der Bundeswehr dienen. Sie schreiben: Ab dem Dienstgrad Oberst sind das keine Soldaten mehr, sondern karrierebewußte Leute, die nach oben wollen... (und) diejenigen, die das ausbaden müssen, sind die Dienstgradniedrigeren. Wohlgethan: Haben Sie noch nie erlebt, daß hohe Offiziere erst dann Tacheles reden, wenn sie außer Dienst sind? Im Dienst ging dies nicht, da sie auf der Karriereleiter immer weiter kommen wollten. Blutgruppenwechsel nannten wir es deshalb, wenn ein Offizier einen bestimmten Dienstgrad erreichte, ab dem die da oben ihm plötzlich wichtiger waren als seine Männer da unten. Wird die Bundeswehr also von ihren Vorgesetzten verraten? Wohlgethan: Verraten würde ich nicht sagen, und es gibt auch einige gute Vorgesetzte. Und es ist auch schwierig, sich als General unter Generälen durchzusetzen denn auch ein General ist unter seinesgleichen oder gar gegenüber der Politik relativ machtlos. Aber ich sage mal, achtzig Prozent der hohen Vorgesetzten müßten nach meiner Ansicht ausgetauscht werden, und die zwanzig Prozent mit Arsch in der Hose müßten endlich Klartext reden können, ohne dafür von der Politik abserviert zu werden. Der deutsche Soldat kämpft nicht mehr für sein Vaterland Wie soll das gehen? Wohlgethan: Es müßte eine gesellschaftliche Gruppe geben, die die Erfordernisse einer einsatzbereiten Armee und die Interessen der Soldaten mal ganz klar gegenüber der Politik und auch gegenüber der Bevölkerung vertritt! Woher soll diese Gruppe kommen? Wohlgethan: Das können nur Ehemalige, Einsatzerfahrene aller Dienstgradgruppen und Truppengattungen sein. Für was kämpft der Soldat dann noch? Wohlgethan: Bestimmt nicht für sein Vaterland, sondern für seine Familie. Das müssen Sie erklären. betrachtet. Geboren wurde Wohlgethan 1966 in Wolfsburg, wo er heute als privater Sicherheitsberater tätig ist. Sein drittes Buch ist 2011 bei Bertelsmann erschienen: Schwarzbuch Bundeswehr. Überfordert, demoralisiert und im Stich gelassen. Wohlgethan: Der deutsche Soldat, das sage ich Ihnen ganz klar, kämpft nicht für Deutschland, das war einmal. Das machen heute vielleicht noch die Amerikaner, wo Patriotismus noch ein Wert ist. Aber der deutsche Soldat kämpft für seine Einheit, die seine Familie ist. Einer paßt auf den anderen auf, so muß man sich das vorstellen, das ist die Realität. Die Heimat interessiert sich nicht für ihre Jungs und die Jungs wollen heute nicht mehr für die Heimat sterben. Aber für ihre Familie, da tun sie alles, deshalb kämpfen sie. MORITZ SCHWARZ Die Unerbittliche FRIEDRICH-THORSTEN MÜLLER rankreich hat mit Manuel FValls seinen Sarrazin (JF 40/11) und nun auch seine Necla Kelek: Malika Sorel. Eher müßte es aber heißen, Deutschland hat eine kleine Malika Sorel. Denn während Nekla Kelek mit dem Thema Emanzipation muslimischer Einwandererfrauen eher mit Kleingeld hantiert, nimmt Sorel große Scheine in die Hand. Die Tochter algerischer Einwanderer, die es vorzieht, Alter und Privates vor der Öffentlichkeit zu verbergen, fordert in einer Radikalität, die man sonst nur vom Front National kennt, nicht weniger als die Assimilierung immigrierter Araber und Afrikaner. Als glühende Patriotin der Republik, klagt die Schriftstellerin und Soziologin, Absolventin der Pariser Elite-Uni Sciences Po und Mitglied der Ehrenlegion, die Eliten an, anti-republikanisch zu sein und einen Bevölkerungsaustausch zuzulassen. Dies ist besonders starker Tobak, wenn man bedenkt, daß sie 2009 von Präsident Sarkozy in den Hohen Rat der Integration berufen wurde. Man stelle sich solche Töne in der deutschen Islam-Konferenz vor, die dem Hohen Rat etwa vergleichbar ist. Nun hat Sorel in Frankreich ihr 288 Seiten starkes Buch Einwanderung, Integration. Die Sprache der Wahrheit veröffentlicht. Der Band hat es in sich und kletterte im ersten Monat bei Amazon immerhin auf Platz 39 der meistverkauften politischen Bücher. Sorel räumt darin mit dem Vorurteil auf, die Franzosen würden die Einwanderer diskriminieren. Vielmehr gäbe es eine selbstverschuldete Benachteiligung besonders der eingewanderten Muslime, die sich einfach weigerten, in ihren Köpfen die Software der Franzosen zu übernehmen, schließlich sei das die Grundlage des Erfolgs in der französischen Gesellschaft. Dauerhaften Parallelgesellschaften erteilt Sorel eine strenge Absage, da diese den Lebensstil der Franzosen durch ihre Sitten und durch Kriminalität massiv bedrohten. Was die eingeborenen Franzosen wünschen und erwarten, das müsse im Mittelpunkt aller Einwanderungsdiskussionen stehen, so Sorel. Und nur wer wie die Franzosen ticke, könne als Teil ihrer Schicksalsgemeinschaft angenommen werden. Der von französischen Arbeitgebern geforderten Forcierung der Einwanderung erteilt sie eine klare Absage, denn diese sei Verrat an den im Land lebenden Menschen mit Migrationshintergrund, da deren Assimilierung so unmöglich gemacht würde. Der regelmäßige Familiennachzug anstelle von Mischehen mit Einheimischen ist ihr dabei ein besonderer Dorn im Auge. Die Probleme der Einwanderungsgesellschaft treten in Frankreich wesentlich deutlicher zutage, als dies in Deutschland der Fall ist. Daß eine Autorin mit solchen Meinungsäußerungen aber in Frankreich beim renommieren Verlagshaus Fayard unterkommt und Interviewanfragen meinungsführender Medien bekommt, offenbart auch die deutlich weiter entwickelte Dialogkultur unserer Nachbarn.

4 4 P O L I T I K Innenminister kritisiert Blockadetraining DRESDEN. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat angesichts eines mittlerweile abgesagten sogenannten Blockadetrainings des Bündnisses Dresden Nazifrei an der Technischen Universität Dresden vor getarnten Linksextremisten gewarnt. Die geplante Aktion des Bündnisses habe gezeigt, daß diese keine friedlichen Demonstranten seien. Sie wollen Gewalt. Gewalt gegen die Polizei und damit Gewalt gegen die Gesellschaft. Also gegen uns alle. Wer das Durchbrechen von Polizeiketten übt, ist kein Demokrat, kritisierte der CDU- Politiker in der Bild- Zeitung. In dem Blockadekurs sollte unter anderem das Umgehen und Durchbrechen von Polizeisperren geübt werden. Acht weitere Worshops des linken Bündnisses können jedoch wie ursprünglich geplant in den Räumen der Hochschule stattfinden. So werden dort am kommenden Wochenende neben der Landtagsabgeordneten Julia Bonk (Linkspartei) auch Mitglieder der linksextremen Interventionistischen Linken diskutieren. (ho) Kampf gegen Rechts : Grüne fordern mehr Geld BERLIN. Die Grünen haben die Bundesregierung aufgefordert, die Mittel für den Kampf gegen Rechts erheblich aufzustocken. Nach den Plänen der Partei sollen die Mittel für die Extremismusbekämpfung danach von derzeit 29 auf 50 Millionen Euro jährlich steigen und ausschließlich für den Kampf gegen Rechts verwendet werden. Der erneute Einzug der NPD in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern habe gezeigt, daß die Nazis viele Stammwählerinnern und Stammwähler sowie Sympathisantinnen und Sympathisanten hätten, heißt es zur Begründung in einer Stellungnahme der Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler und Monika Lazar. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), deren Ressort für die Extremismusbekämpfung zuständig ist, hatte zuvor eine Kürzung der entsprechenden Mittel von jährlich 29 auf 27 Millionen Euro angekündigt. (rg) Kitas: 400 Millionen Euro für Integration BERLIN. Das Bundesfamilienministerium gibt bis zum Jahr 2014 rund 400 Millionen Euro aus, um Kindergärten zu Schwerpunkt- Kitas für Sprache und Integration auszubauen. Je früher wir ein Kind in seiner Entwicklung unterstützen, desto größer ist die Chance auf Erfolg, sagte Familienministerin Kristina Schröder (CDU). Sprachliche Kompetenz sei der Schlüssel für Integration in das gesellschaftliche Leben. Die Initiative richte sich daher an Kitas, die auch Kinder unter drei Jahren betreuen. Bislang seien Kindergärten in das Förderprogramm aufgenommen worden. Die Einrichtungen erhalten jährlich zunächst Euro für ihre Arbeit, teilte das Ministerium mit. (ms) FOTOS (3): UNIVERSITÄT DER BUNDESWEHR MÜNCHEN; CAMPUS HENNING HOFFGAARD N ein, es ist sicherlich kein Triumph, sagt Martin Böcker nachdenklich. Vielmehr gelte es jetzt, die entstandenen Gräben zu schließen. In der vergangenen Woche hatte der studentische Konvent der Bundeswehruniversität München den Oberleutnant als Chefredakteur der Hochschulzeitung Campus bestätigt. Mit einer ziemlich deutlichen Mehrheit sogar. 16 der 23 anwesenden Konvents- Mitglieder hatten sich nach fast vierstündiger Diskussion für den Verbleib Böckers ausgesprochen. Vier stimmten gegen ihn, drei enthielten sich. Ob er mit diesem Ergebnis gerechnet habe? Nein, sagte der 30 Jahre alte Bundeswehrstudent der jungen freiheit, ich hatte eher das Gefühl, daß es 50 zu 50 ausgeht. FELIX KRAUTKÄMER roht dem islamkritischen Internet- Politically Incorrect (PI) die Dblog Beobachtung durch den Verfassungsschutz? Diese Frage stellen sich derzeit nicht nur die Betreiber der nach eigenen Angaben täglich bis zu Besucher zählenden Seite. Zuvor hatten drei zur DuMont-Schauberg-Gruppe gehörende Zeitungen (Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau, Kölner Stadt-Anzeiger), übereinstimmend berichtet, daß PI bei einer Sitzung des Verfassungsschutzes von Bund und Ländern in der vergangenen Woche ein Thema war. Da zu den vertraulichen Beratungen grundsätzlich nicht Stellung genommen wird, ist beim Bundesamt für Verfassungsschutz auf Nachfrage nur soviel zu erfahren: Man schaue sich die Inhalte auf PI an, die Seite sei derzeit aber kein Beobachtungsobjekt was den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (V-Leute, Observation, Abhören) ausschließt. Ansonsten verweist die Behörde auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Bundeswehrstudent Martin Böcker, Universitätspräsidentin Merith Niehuss: Angebliche Nähe zum Rechtsextremismus Abfuhr für die Präsidentin Bundeswehr: Im Streit um die Münchner Studentenzeitung Campus ist Chefredakteur Martin Böcker in seinem Amt bestätigt worden Kleine Anfrage der Linksfraktion. Darin heißt es unter anderem, die überwiegende Mehrheit der Einträge auf PI bediene sich neben einigen Ausnahmen keiner klassischen rechtsextremistischen Argumentationsmuster, sondern ist im islamkritischen Spektrum anzusiedeln. Eine rechtsextremistische Bestrebung lasse sich daher derzeit (noch) nicht feststellen. Die Existenz ist nicht gefährdet Vor zwei Monaten, als der Fall Bökker in den Medien hochkochte, deutete wenig darauf hin, daß der Chefredakteur seinen Posten behalten würde. Von einer Machtergreifung rechter Aktivisten war in der Süddeutschen Zeitung die Rede. Die gesamte Campus-Redaktion sei böswillig unterwandert worden, vermutete der Bayerische Rundfunk. Selbst die Universitätspräsidentin, Merith Niehuss, meldete sich zu Wort und warnte vor einer angeblichen Nähe zum Rechtsextremismus (JF 30/11). Besonders eine Werbeanzeige des Instituts für Staatspolitik (IfS ) für die Studie Die Frau als Soldat erregte den Zorn von Niehuss. Diese Affinität zur Neuen Rechten könne an der Hochschule nicht hingenommen werden, ließ Niehuss wissen. Unter anderem wegen dieser Äußerungen hatte der ehemalige Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Carl-Dieter Spranger (CSU), eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Universitätspräsidentin erhoben. Das Verteidigungsministerium konnte allerdings keine Dienstpflichtverletzung feststellen. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung gab die Präsidentin später an, sie würde alles genauso wieder machen. Diesen Triumph wollen wir den Rechten nicht gönnen, zumal in der Bundeswehr. Am Tag der Konventsentscheidung klingt das etwas anders. Böcker und seine Redaktion ständen selbstverständlich auf dem Boden des Grundgesetzes, läßt sie wissen. Ihr sei es allein um ihre Studenten gegangen, die sie ja nach außen verkaufen müsse. Deswegen sei sie etwa auch gegen Burschenschaften vorgegangen. Auch sonst macht Niehuss aus ihren politischen Ansichten keinen Hehl. So war sie unter anderem als Autorin für das Neue Deutschland tätig und veröffentlicht weniger zu militärischen als vielmehr zu Themen der Gender-Forschung. Über Unter Extremismusverdacht Verfassungsschutz: Politically Incorrect sieht einer möglichen Beobachtung gelassen engegen Ähnlich sieht man das offenbar bei den Landesämtern. So weist der Präsident des Hamburger Verfassungsschutzes, Manfred Murck, darauf hin, daß seine Behörde auch einen Blick auf solche politische Entwicklungen werfe, bei denen zumindest der Verdacht bestehe, sich gegen Schutzgüter des Grundgesetzes zum Beispiel die Glaubensfreiheit zu richten. Und die islamkritische Szene in Deutschland sei nicht frei von entsprechenden Anhaltspunkten, sagte Murck der jungen freiheit. Neben den kritisierten Inhalten könnte PI aber noch ein anderer Umstand zum Verhängnis werden: Das Bundesverfassungsschutzgesetz schreibt vor, daß die Verfassungsschutzämter nur über solche Bestrebungen Informationen sammeln und auswerten dürfen, die sich unter anderem gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker richten. Als Bestrebungen gelten allerdings nur politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß. Sollten die Verfassungsschützer zu der Ansicht gelangen, daß PI mit seinem festen Redaktionskollektiv und seinen verschiedenen Ortsgruppen einen solchen Personenzusammenschluß darstellt, könnte dies zu einer Neubewertung führen. PI-Gründer Steffan Herre sieht einer solchen Entwicklung dennoch gelassen entgegen. Sicherlich würde eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz einige Nachteile mit sich bringen, beispielsweise den Verlust bestimmter Anzeigenkunden und Autoren, sagte Herre der JF. Die Existenz von PI ist dadurch aber nicht gefährdet. großen Rückhalt scheint die Präsidentin unter den Studenten nicht zu verfügen. In einer Internetpetition forderten innerhalb weniger Stunden 500 der etwa Bundeswehrstudenten den Rücktritt der Präsidentin. Einen Tag später ist das Schreiben aus dem Internet wieder verschwunden. Zum Ergebnis der Abstimmung im Studentischen Konvent sagt Niehuss lakonisch: Ich akzeptiere die Entscheidung. Etwas wortreicher exponierte sich der bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Paul Gratzer. Ich glaube, die wissen nicht, wie sie dem Ansehen der Bundeswehr geschadet haben, kommentiert er das Abstimmungsergebnis. Wer Chefredakteur einer solchen Zeitschrift ist, darf nicht einmal den Anschein erwecken, daß er rechtsextremistische Tendenzen hat. Bereits kurz nach der ersten Campus-Aushabe hatte sich Gratzer zu Wort gemeldet und das Verteidigungsministerium aufgefordert, gegen den Oberleutnant vorzugehen, auch weil er regelmäßig für die JF und das IfS schreibt. In meinem Ansehen ist er deswegen nicht gerade gestiegen, sagt Böcker diplomatisch. Selbstkritisch fügt er an, daß er im nachhinein einiges anders machen würde. Die IfS-Anzeige würde er wohl nicht noch einmal drukken. Nicht weil es falsch war, ganz im Gegenteil. Sie habe jedoch zu sehr vom eigentlichen Thema abgelenkt, stellt der Offizier klar. Spurlos ist die Debatte jedenfalls nicht an Böcker vorbeigegangen. Besonders der starke Zuspruch von Mitstudenten, Freunden und der Familie habe ihm Kraft gegeben. Und wie geht es jetzt weiter? Derzeit plane die Redaktion bereits die Themen der nächsten Campus- Ausgabe. Nur eines steht schon jetzt fest: Weniger kontrovers soll es nicht werden, verspricht Böcker. Unerträglich Vertreibung: Broschüre sorgt in Hessen für Streit as der früheren hessischen WSPD-Chefin Andrea Ypsilanti nicht vergönnt war, ist nun dem CDU-geführten Sozialministerium in Wiesbaden gelungen: die Schaffung einer Einheitsfront aus SPD, Grünen und Linkspartei. Auslöser war die Verschickung von 450 Exemplaren der Broschüre 50 Thesen zur Vertreibung des amerikanischen Völkerrechtlers Alfred de Zayas an Bildungseinrichtungen. Beigelegt war der Sendung ein Schreiben des Bundes der Vertriebenen. Kosten: Rund Euro. Da de Zays nicht zu den Wissenschaftlern zählt, die die Vertreibung der Deutschen als gerechte Strafe für den Zweiten Weltkrieg betrachten, sondern diese vielmehr als grausames Verbrechen geißelt, ließ der Aufschrei der Opposition nicht lange auf sich warten. Das Sozialministerium adele einen Autor, der nachweislich in rechten Kreisen Zuspruch erfährt, www. campus-unibw.de empörten sich Willi van Ooyen (Linkspartei), Dieter Franz (SPD) und Kordula Schulz-Asche (Grüne). Durch die Verbreitung kruder Thesen und Verschwörungstheorien werde der Aufarbeitung der Geschichte geschadet und das Verständnis zwischen den europäischen Nachbarn behindert. Auch der DGB meldete sich zu Wort und forderte, die Broschüre umgehend zurückzuholen. Sie sei in weiten Teilen schlicht unerträglich. Die CDU reagierte mit Unverständnis auf die Kritik: In der DDR sei es den Vertriebenen unter Androhung von Strafen verboten gewesen, über ihr Leid zu sprechen. Sie seien gezwungen worden, ihre kulturelle Identität aufzugeben, ihr Schicksal sei totgeschwiegen worden. Für uns sieht es so aus, stichelte der vertriebenenpolitische Sprecher der Fraktion, Ulrich Caspar, als wollten die Kritiker der Broschüre zu diesen Verhältnissen zurück. (krk) Parteien, Verbände, Personen Bund der Steuerzahler Als krasse Fehlentscheidung hat der Bund der Steuerzahler die Ausweitung des sogenannten Euro- Rettungsfonds (EFSF) gewertet. Damit steige das Haftungsrisiko für die deutschen Steuerzahler auf 211 Milliarden Euro, ohne daß die Probleme in den maroden Euro- Ländern beseitigt würden. Da es sich beim EFSF nur um einen temporären Rettungsschirm handelt, müsse es nun darum gehen, den geplanten dauerhaften Rettungsfonds ESM zu verhindern. Statt der Einführung eines dauerhaften ESM müssen schnellstens Umschuldungsverhandlungen mit Griechenland beginnen, die maroden Euro-Länder ihre Haushalte konsolidieren und alle EU-Staaten eine Schuldenbremse in ihren Verfassungen verankern, fordert der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke. Guttenberg Der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird Berater der einflußreichen amerikanischen Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington. Der CSU- Politiker ist im Sommer mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten übergesiedelt. www. csis.org Guttenberg Gewerkschaft der Polizei Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat vor Defiziten in der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität gewarnt. Es wird immer deutlicher spürbar, daß die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität nicht mehr den Stellenwert besitzt, den sie zum Schutze unserer Gesellschaft haben müßte, sagte der GdP- Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut. Die angespannte Personalsituation bei der Polizei, die sehr hohen rechtlichen Hürden in Deutschland, die strategisch gegen die Polizei und Justiz ausgerichteten Verhandlungs- und Prozeßstrategien der Rechtsanwälte mit ihren Verzögerungstaktiken, liefen einer adäquaten Bekämpfung der Organisierten Kriminalität entgegen. Die Gegenseite verfügt über personelle und finanzielle Mittel, von denen die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland nur träumen können, sagte Witthaut. Junge Union Die Junge Union hat sich gegen den Vorschlag des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Bundestages, Siegfried Kauder (CDU), ausgesprochen, Internetsperren als Strafmaßnahmen für die Verletzung von Urheberrechten einzuführen. Die Junge Union Deutschlands lehnt die vorgeschlagene abgestufte Verhängung von Internetsperren als Strafe gegen Urheberrechtsverletzungen ( Three-Strike-Modell ) strikt ab, sagten der gesellschaftspolitische Sprecher der JU, Henrik Brökkelmann, und die stellvertretende JU-Bundesvorsitzende Dorothee Bär. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP sehe vor, wirksame Instrumente zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet zu schaffen und die Möglichkeiten der Selbstregulierung zu fördern. Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen sieht der Vertrag hingegen ausdrücklich nicht vor. Harald Range Der Generalstaatsanwalt von Celle, Harald Schnell Range (FDP), soll laut Medienberichten auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) neuer Generalbundesanwalt werden. Der ursprüngliche Kandidat Johannes Schmalzl hatte Mitte September nach Widerstand aus den SPD-geführten Bundesländern seine Kandidatur zurückgezogen (JF 40/11). Die bisherige Generalbundesanwältin Monika Harms ist am Freitag in den Ruhestand verabschiedet worden. Ihr bisheriger Stellvertreter Rainer Griesbaum hat bis auf weiteres die Amtsgeschäfte übernommen. Republikaner Die Republikaner rufen für den 15. Oktober in München zu einem Protestmarsch gegen die Euro-Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf. Die Demonstration in der bayerischen Landeshauptstadt soll vom Sendlinger Tor (Beginn Uhr) zum Marienplatz führen. Zu den Rednern gehört neben dem Bundesvorsitzenden der Partei, Rolf Schlierer, auch der Salzburger FPÖ-Landesobmann Karl Schnell. Ring Christlich- Demokratischer Studenten Mit einer Festveranstaltung in der Orangerie des Berliner Schlosses Charlottenburg hat der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) am vergangenen Wochenende sein 60jähriges Bestehen gefeiert. Heute sind nach Angaben des RCDS deutschlandweit rund 100 Hochschulgruppen organisiert. Gemeinsam streiten sie für christdemokratische Werte an den Hochschulen und für studentische Belange, heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes. Zum neuen Bundesvorsitzenden wurde der 27 Jahre alte Promotionsstudent Frederik Ferreau Herzog gewählt. Neue stellvertretende Bundesvorsitzende sind Christian Stadler von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt sowie Andreas Heddergott von der Universität Mannheim. Hochschulen und Arbeitgeber müssen alles daransetzen, daß der Bachelor auf dem Arbeitsmarkt endlich als berufsqualifizierender Hochschulabschluß akzeptiert wird, forderte Ferreau. Konvent für Deutschland Der Konvent für Deutschland hat sich für eine ehrlichere Debatte über die deutsche Europapolitik ausgesprochen. Aussagen, wie Scheitert der Euro, scheitert Europa schürten Ängste bei den Bürgern und verhinderten zudem eine Diskussion über alternative Politikkonzepte, warnte der Verein um Altbundespräsident Roman Herzog (CDU). Die Verkündung einseitiger Wahrheiten sei deswegen ebenso schädlich wie eine falsch verstandene Political Correctness, die bestimmte Aspekte einfach ausblende. Der Konvent fordere deswegen eine rationalere Diskussion über die Europäische Union. Dazu gehöre auch die Erkenntnis, daß die EU nicht allein abhängig vom Fortbestand des Euro sei, sondern auch vom Willen der demokratischen Nationen Europas. Neben Herzog gehören dem Konvent, der sich nach eigenen Angaben eine Reform der Reformfähigkeit zum Ziel gesetzt hat, unter anderem Hans-Olaf Henkel, Klaus von Dohnanyi (SPD), Erwin Teufel (CDU) und der CDU-Politiker Oswald Metzger an. Mitteilungen für diese Rubrik senden Sie bitte an die Politikredaktion, Hohenzollerndamm 27a, Berlin, Fax , redaktion@jungefreiheit.de

5 NILS WEGNER Die neuen Hilfen werden die Lage verschärfen Euro-Rettungsschirm: Die Abweichler der Regierungsparteien trotzen der Kritik MICHAEL MARTIN P eter Altmaier, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, gab sich moderat. Natürlich, so sagte er am Tag vor der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm im Bundestag generös, müsse eine Demokratie andere Meinungen aushalten. Und: Wir üben keinen Druck aus. Die Abgeordneten sind nur ihren Gewissen verpflichtet. Angesichts der Berichte, die Unions-Politiker Wolfgang Bosbach anschließend ablieferte, dürften die Äußerungen Altmaiers nicht mehr als Lippenbekenntnisse gewesen sein. Bei der Abstimmung über die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms haben neben den Abgeordneten der Linkspartei auch einige Parlamentarier der Regierungsparteien sowie ein Abgeordneter der SPD mit Nein gestimmt. Zu den Abweichlern gehörte neben Wolfgang Bosbach, Klaus-Peter Willsch (beide CDU) und dem CSU-Politiker Peter Gauweiler auch der wohl prominenteste Gegner der Griechenland-Hilfe, der FDP-Rebell Frank Schäffler. Viele Abweichler berichteten anschließend, auf sie sei Druck ausgeübt worden. Unions-Mann Bosbach zieht unter dem Eindruck dieser Erfahrungen nun sogar einen Rückzug aus der Politik in Erwägung. Der hessische CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch kritisierte in seiner Rede vor dem Parlament die Regierungspolitik scharf und rief alle Parlamentarier ch bedaure diesen Entschluß zutiefst, Ibin aber überzeugt, daß der Grundgedanke dieses couleurstudentischen Netzwerkes auch bei Facebook & Co. weiterleben kann und wird. Mit diesen Worten machte Thilo Haas, Mitglied der Turnerschaften Tuisko und Hansea zu Hannover, in der vergangenen Woche den Entschluß bekannt, sein verbindungsstudentisches Internetforum Tradition mit Zukunft einzustellen. Grund dafür sei vor allem der enorme Arbeitsaufwand, den das rein unentgeltliche Projekt ihm abverlange und zu dessen Bewältigung er sich nicht mehr in der Lage sehe (JF 40/11). Tradition mit Zukunft, 2001 aus einem internen Forum des turnerschaftlichen Verbandes Marburger Konvent hervorgegangen, entwickelte sich im Laufe seines zehnjährigen Bestehens zur größten deutschsprachigen Plattform für Verbindungsstudenten und ihr Brauchtum. Sie bot neben einer offen zugänglichen Suchfunktion, die sämtliche Korporationen in der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz sowie beispielsweise auch die chilenischen Burschenschaften erfaßte, unter anderem dazu auf, die Rettungsschirmpolitik mit Blick auf die damit verbundenen Lasten für künftige Generationen abzulehnen. Willsch hatte außerdem vor dauerhaften Schäden für Europa gewarnt. Denn immer mehr Bürger würden sich von der Europäischen Union abwenden, wenn wie geplant immer mehr Geld verbraucht werde, wie Willsch sagte. Wir leihen das Geld von unseren Kindern und Enkeln wir haben es nicht, sagte er. Ich halte es für einen ökonomisch grundfalschen Weg, der gegen meine Überzeugungen geht. Ronald Pofalla mußte sich entschuldigen auch einen umfassenden Medienbereich mit unzähligen Berichten von und über Studentenverbindungen. Das Herzstück von Tramizu, wie die Seite von ihren Nutzern liebevoll genannt wurde, bildete jedoch das umfangreiche Diskussionsforum. Zu jeder Tages- und Nachtzeit hochfrequentiert, stellte es nicht nur die in Internetforen üblichen Themen Politik und Kultur zur Diskussion, sondern verfügte auch naturgemäß über viele verbindungsspezifische Themen. Rund 1,5 Millionen Beiträge in zehn Jahren Noch schärfer ging der FDP-Politiker Frank Schäffler mit der Politik der Bundesregierung ins Gericht. Uns wurde im Deutschen Bundestag versprochen, daß die Griechenland-Hilfe eine einmalige Hilfe ist, die absolute Ausnahme und sonst nichts. Die Tinte war noch nicht trocken, schon wurde einen Tag später in Brüssel der jetzige Schuldenschirm EFSF vereinbart. Als der Deutsche Bundestag das sogenannte Euro-Rettungspaket verabschiedete, wurde hier erklärt, daß ohnehin niemand unter diesen Schirm fl üchten wird. Bereits wenige Monate später drängte sich erst Irland, dann Portugal und bald auch Griechenland unter den Schirm, erklärte Schäffler unter lautstarken Zwischenrufen aus den Regierungsfraktionen. Der FDP-Rebell, der mittlerweile die nötigen Unterstützungsunterschriften für die geplante parteiinterne Mitgliederbefragung zusammen hat, kritisierte vor allem die Politik Griechenlands: Allen Bekundungen zum Trotz hat bereits die erste Griechenland- Hilfe die Situation für Griechenland nicht entschärft, sondern verschärft. Griechenland nimmt weniger Steuern ein als 2010 und gibt im Vergleich zum Vorjahr mehr Geld aus prozentual und absolut auch ohne Zinsen. Allen Bekundungen zum Trotz hat der Schuldenschirm die Überschuldungskrise von Staaten und Banken nicht entschärft, sondern verschärft. Es wird nur teure Zeit gekauft. Doch Griechenland kann aus seiner Überschuldung nicht herauswachsen, erst recht nicht mit noch mehr Schulden. Die angeforderten neuen Hilfen und die Aufstockung des Schuldenschirms werden die Lage noch weiter verschärfen. Innerhalb der FDP sind die Oberen nun nicht gut auf Schäffler zu sprechen. Die Welt berichtet davon, daß der Parteivorstand der Meinung sei, Schäffler gehe es um Egoismen und Öffentlichkeit. Der wiederum kontert kühl. Mich interessiert nicht die Meinung der Funktionäre, sondern die der Mitglieder. Bei der CDU liegen derweil die Nerven blank. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla mußte sich Anfang der Woche öffentlich entschuldigen, nachdem er gegenüber Abweichler Bosbach unter anderem gesagt hatte: Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen. Als Bosbach konterte, er sei dem Grundgesetz verpflichtet, erwiderte sein Kontrahent: Laß mich mit dem Scheiß in Ruhe. Ein einzigartiger Geist Studentenverbindungen: Das vorläufige Aus für das konservative Diskussionsforum Tradition mit Zukunft reißt im Internet eine große Lücke FOTO: NAGELL / FLICKR; JF-MONTAGE Die Abweichler von Union, FDP und SPD: Plenarsaal im Reichstag: Druck aus der Fraktion Einerseits verkehrten bei Tramizu viele Angehörige der verschiedenen studentenhistorischen Organisationen, so daß bei Fragen nach eventuellen Korporationszugehörigkeiten historisch bedeutsamer Personen, aber auch eigener Vorfahren stets Auskunft gewährleistet war. Andererseits wurden sämtliche Medienberichte über Studentenverbindungen bekanntgemacht und kontrovers diskutiert, so beispielsweise die Pressekampagnen gegen die Deutsche Burschenschaft im Verlaufe dieses Jahres. Ein bemerkenswertes Detail war, daß bei Tradition mit Zukunft stets unter Klarnamen und mit Verweis auf die Verbindungszugehörigkeit des jeweiligen Autoren geschrieben wurde. Dies diente einerseits als Sicherheitsvorkehrung, um jeden neuangemeldeten Nutzer durch Nachfrage bei seiner Korporation auf seine Authentizität hin überprüfen zu können. Außerdem jedoch stellte diese gegenüber normalen Internetportalen mit ihren weitgehend anonymen Nutzerkonten außergewöhnliche Vorgehensweise sicher, daß die Grundsätze verbindungsstudentischen Umgangs miteinander auch im Internet gewahrt blieben. Angesichts der zuletzt rund angemeldeten Mitglieder von über Studentenverbindungen sämtlicher Verbände und Ausrichtungen konnte die Plattform wohl insbesondere aufgrund des sachlichen und höflichen Tonfalls der dort verfaßten Beiträge als einzigartig bezeichnet werden. In den zehn Jahren seines Bestehens wurden insgesamt etwa 1,5 Millionen Beiträge verfaßt. Tradition mit Zukunft war auch der Ausgangspunkt für die im Februar 2011 vom Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) vorgestellte Studie Gewalt gegen Korporationen Eine Dokumentation über das Jahr 2010 des Historikers und Burschenschafters Frank Grobe. Die darin erfaßten, zumeist linksextremistischen Übergriffe auf Verbindungsstudenten und die Häuser ihrer Korporationen waren zum überwiegenden Teil zuerst in einem dafür vorgesehenen Unterabschnitt des Tramizu -Forums veröffentlicht und dokumentiert worden, ehe sie in die voluminöse Publikation des CDA übernommen wurden. Durch die Möglichkeit des internen Austauschs und die zusammengefaßte Verfügbarkeit unzähliger Meldungen über Angriffe gegen Korporationen stellte die Internetplattform das optimale Medium dar, um einen detaillierten Überblick hierzu zusammenzustellen wichtig nicht zuletzt auch deswegen, weil Gewalt gegen Korporationen in den Medien wenig bis gar nicht präsent ist. Neben aller fachlichen Bezogenheit auf das Verbindungsstudententum war die Leitmaxime von Tradition mit Zukunft immer der interkorporative Austausch. Unzählbar dürften die Freundschaften sein, die im Internetforum ihren Ausgang nahmen und bei dort organisierten, feierlichen Zusammenkünften vertieft wurden. Auch für Praktika und Arbeitsgesuche fand sich dort eine lebhafte Börse, die nicht von den vielbeschrieenen Seilschaften lebte, sondern von der Verbundenheit durch die gemeinsame, heutzutage wahrhaftig alternative studentische Lebensart. Mit Tramizu hat die deutschsprachige Verbindungslandschaft ihr heimliches Zentrum verloren. Eifrig werden seit Bekanntwerden der Schließung die Möglichkeiten diskutiert, Nachfolger oder Ableger zu schaffen, um den bunten Diskussionsreigen so bald wie möglich wiederaufleben zu lassen. Soziale Netzwerke als Notlösung Doch scheinen die von Thilo Haas selbst vorgeschlagenen Alternativen wie Facebook & Co. allesamt unvermögend, den einzigartigen Geist des alten Projektes in sich aufzunehmen. Einzelne Engagierte arbeiten jedoch bereits fieberhaft gemeinsam daran, Tradition mit Zukunft in neuem Gewand bald wieder ans Netz gehen zu lassen: Wir werden ein neues System aufsetzen müssen. Ich gehe aber davon aus, daß wir bald wieder online sind. Solange werden die Kontakte über andere soziale Netzwerke gehalten. Tramizu kommt wieder! bekräftigt Sascha Rasmussen (Turnerschaft Berlin zu Berlin), der vom ehemaligen Betreiber mit der Fortführung seiner Arbeit betraut worden ist. P O L I T I K 5 Schweriner Fraktionen gemeinsam gegen NPD SCHWERIN. Die Fraktionen von SPD, CDU, Linkspartei und Grünen im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern haben sich auf einen gemeinsamen Umgang mit den Abgeordneten der NPD- Fraktion geeinigt. Die demokratiefeindliche Grundhaltung der NPD ist für uns Anlaß genug, alle parlamentarischen Möglichkeiten gemeinsam zu nutzen, um die Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung in ihre Schranken zu verweisen, heißt es in einer am Dienstag von den Fraktionschefs unterzeichneten Erklärung. Trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen sei man sich einig, daß die Verteidigung der Demokratie Vorrang vor Parteiinteressen haben müsse. Dringlichste Aufgabe sei es nun, jene von der Demokratie enttäuschten Bürgerinnen und Bürger für die demokratische Wertegemeinschaft zurückzugewinnen. Dafür bedürfe es sowohl einer sachorientierten und erfolgreichen Regierungsarbeit als auch dem kritischen und zugleich konstruktiven Wirken der demokratischen Opposition. (krk) Koalition droht Streit um Maut SAARBRÜCKEN. In der Debatte um die Einführung einer Pkw- Maut hat die FDP das Vorgehen von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) als Aktionismus und unausgegoren kritisiert. Der in der Koalition unabgestimmte Pkw-Maut-Aktionismus des Ministers hat vielleicht etwas mit seiner Kampfkandidatur um einen CSU- Vizeposten zu tun, sagte der FDP- Verkehrsexperte Oliver Luksic der Saarbrücker Zeitung: Er diene jedenfalls kaum einer sachgerechten Debatte und Lösung. Ramsauer hatte angekündigt, eine Maut nach österreichischem Vorbild einführen zu wollen. In Österreich kostet eine Jahresvignette 76,50 Euro. Luksic kritisierte, daß Ramsauer erneut unbeantwortet lasse, wie sicher verhindert werden soll, daß es zu Mehrbelastungen für deutsche Autofahrer kommt und nur die ausländischen Autofahrer ihren Beitrag zur Finanzierung der deutschen Infrastruktur leisten. Wenn Ramsauer die Maut unbedingt wolle, soll er endlich ein ausgearbeitetes Konzept vorlegen, forderte Luksic. (ms) Volksabstimmung über Stuttgart 21 STUTTGART. Die Bürger in Baden-Württemberg können am 27. November in einer Volksabstimmung über das Bahnprojekt Stuttgart 21 abstimmen. Wir wollen damit den Streit über Stuttgart 21 befrieden und die Spaltung in der Bevölkerung überwinden, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in der vergangenen Woche. Grüne und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Volksabstimmung über den Weiterbau geeinigt. Umfragen zufolge werden den Gegnern von Stuttgart 21 kaum Chancen auf einen Sieg eingeräumt. (ms) MARCUS SCHMIDT Zwischen Reichstag und Kanzleramt Alle gegen Lammert as macht mich fassungslos! twittert DFrank Schäffler am vergangenen Freitag. Das Entsetzen des FDP-Abgeordneten galt der wachsenden Kritik, die Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) mit seiner Entscheidung auf sich gezogen hatte, Schäffler und dem CDU- Abgeordneten Klaus-Peter Willsch gegen den Willen ihrer Fraktionen in der Debatte um die Griechenland-Hilfe das Wort zu erteilen. Da die Spitzen der beiden Regierungsfraktionen, die am Donnerstag vergangener Woche mit großer Mehrheit für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms stimmten, den beiden prominenten Abweichlern Schäffler und Willsch den Wunsch verweigert hatten, sie auf die Rednerliste zu setzen, baten sie Lammert um Hilfe und um Redezeit. Der Parlamentspräsident kam dieser Bitte zum Ärger der Regierungsfraktionen nach und berief sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1989, das sich allerdings auf einen fraktionslosen Abgeordneten bezogen hatte. Doch davon wollte die vereinte Front der parlamentarischen Geschäftsführer von CDU/CSU, FDP, SPD, Grünen und Linkspartei nichts wissen. Denn bislang verteilen sie die den Fraktionen jeweils zustehende Redezeit. Damit konnten Meinungen einzelner Abgeordneter, die von der Fraktionslinie abweichen, unter der Decke gehalten werden. Entsprechend groß war der Zorn über die Parteigrenzen hinweg. Lammert erhielt dagegen unter anderem Unterstützung von seinem Stellvertreter Wolfgang Thierse (SPD). Er sagte der Frankfurter Rundschau, die Fraktionen sollten auch die Minderheitsmeinungen im Parlament zu Worte kommen lassen. Thierse forderte aber Regeln für ein geordnetes Verfahren, damit es nicht zu Endlosdebatten komme. Seine ganz eigenen Schlüsse aus dem Streit um das Rederecht zog derweil der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele. Seit zehn Jahren bemühe ich mich vergeblich, zum Thema Afghanistankrieg einmal im Plenum des Bundestags reden zu dürfen, sagte er mit Blick auf seine Fraktionsführung. Sollte mir weiterhin das Rederecht bei Debatten über Kriegsentscheidungen des Parlaments verweigert werden, werde ich mein Recht als Mitglied des Bundestages auf Rede und Gleichbehandlung beim Bundesverfassungsgericht einklagen, kündigte er an. Doch zunächst wird nach Absprache zwischen Lammert und dem Ältestenrat des Parlamentes der Geschäftsordnungsausschuß die Rechtslage klären, sagte Lammerts scheidender Sprecher Guido Heinen. Er zeigte sich überzeugt, daß der Bundestagspräsident eine klare Rechtsgrundlage für seine Entscheidung hatte. Heinen verwies auf den einschlägigen juristischen Kommentar zur Geschäftsordnung des Parlamentes, in dem es unter anderem heißt: Da dem Abweichler aber in jedem Fall das Wort zu erteilen ist, bleibt nur die Möglichkeit, die Aussprache entsprechend zu verlängern. Der Präsident ist dazu ungeachtet eines zur Festlegung der Dauer der Aussprache gefaßten Bundestagsbeschlusses berechtigt und verpflichtet. Regierungschef: Wäre Steinbrück ein besserer Kanzler als Angela Merkel? Egal, beide scheren sich nicht um die Interessen des deutschen Volkes. Nein, denn er wäre Kanzler einer rot-grünen Regierung und das ist das letzte, was Deutschland braucht. Ja, Steinbrück ist ein eigenständiger Kopf, der auch unbequeme Wahrheiten ausspricht. 10,4 % 56,6 % Ja, in schwierigen Zeiten 2,2 % muß endlich ein Mann wieder das Ruder 6,3 % übernehmen. 24,5 % Nein, Steinbrück hat als Finanzminister im gleichen Ausmaß deutsche Steuergelder verschwendet. abgegebene Stimmen gesamt: 3294 Aktuelle Umfrage: Zehn Jahre Krieg in Afghanistan: Ist der Einsatz ein Erfolg? Stimmen Sie ab unter

6 6 P O L I T I K Immer weniger Verurteilungen WIESBADEN. In Deutschland werden immer weniger Menschen von den Gerichten rechtskräftig verurteilt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden sank die Zahl der Verurteilungen seit Einführung der flächendeckenden Strafverfolgunsstatistik in Deutschland im Jahr 2007 von um neun Prozent auf Fälle. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Verurteilungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum ( ) um vier Prozent. Von den im vergangenen Jahr verurteilten Straftätern waren Deutsche, Ausländer. Von allen im Jahr 2010 Verurteilten erhielten (fünf Prozent) eine Freiheits- oder Jugendstrafe ohne Bewährung. Bei Verurteilten (13 Prozent) wurde die Freiheits- oder Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt. (ms) Denkmal für erste Bundeswehr-Rekruten ANDERNACH. In Andernach am Rhein erinnert künftig ein Denkmal an die ersten Rekruten der Bundeswehr. Der rheinlandpfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) enthüllte in der vergangenen Woche an einer Holzbaracke der Krahenberg-Kaserne ein Schild mit der Aufschrift Wiege der Bundeswehr. Nach der Entscheidung über die Wiederbewaffnung waren im Januar 1956 die ersten 550 freiwilligen Rekruten der Bundeswehr in die Kaserne eingerückt. Künftig soll in der letzten erhaltenen Baracke eine militärhistorische Ausstellung an die Anfänge der Bundeswehr erinnern. (ms) Vorschlag der Woche Tag der Solidarität mit der Bundeswehr Von Marcus Schmidt eit einiger Zeit Skönnen alle, denen das Schicksal der deutschen Soldaten im Auslandseinsatz besonders am Herzen liegt, ihre Verbundenheit mit diesen durch einen Anstecker in Gestalt einer gelben Schleife zum Ausdruck bringen. In einem Land, das seine Soldaten bei jeder Gelegenheit unter Generalverdacht stellt, ist dies ein Bekenntnis, das schnell Gegenreaktionen provozieren kann. Dennoch erfreut sich die Schleife großer Beliebheit. Der Jungen Union ist das allerdings noch zu wenig. Die Nachwuchsorganisation von CDU/ CSU hat nun vorgeschlagen, den 12. November zum Tag der Solidarität mit der Bundeswehr zu machen. Zur Begründung hieß es, mit einem solchen Tag der Bundeswehr lasse sich der Stigmatierung der Bundeswehr vor allem durch die politische Linke ein deutliches Signal entgegensetzen. FOTO: BUNDESWEHR / WALTER WAYMAN JOHANNES MEYER S Es darf nicht wie Krieg aussehen Bundeswehr: Zehn Jahre nach Beginn des Afghanistaneinsatzes hat sich die Armee mit der Situation arrangiert Deutscher Scharfschütze in Afghanistan: Die Artillerie verschießt Leuchtgranaten gegen die Taliban, um zivile Opfer zu vermeiden eit dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes befindet sich die Bundeswehr in einem ständigen Wandlungsprozeß, der hauptsächlich aus Reduzierungen von Stärke, Standorten und Fähigkeiten besteht. Das ist bis heute die Grunderfahrung aller Bundeswehrangehörigen. Dagegen war nur eine Minderheit im Einsatz und davon eine verschwindend geringe Zahl bereits im Gefecht. Es waren jedoch die Auslandseinsätze in Somalia, dem Balkan und vor allem Afghanistan, die in der Truppe die Hoffnung auf Veränderungen unterstützten, wenn man sich darüber wunderte, welche Themenschwerpunkte durch Politik, militärische Führung und Öffentlichkeit mit Bezug auf die Streitkräfte gesetzt wurden. Der Satz Wartet nur, bis die ersten Zinksärge nach Hause kommen, war eine vielgebrauchte Wendung, um die Hoffnung auf realitätsnähere Ausbildung und bessere Ausrüstung zum Ausdruck zu bringen. Der Satz wird noch heute gerne genutzt, wenn man sich über die Einsatzregeln rules of engagement und deren Erläuterung durch die Rechtsberater in der Bundeswehr wundert. Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen Notwehr so gedeutet wurde, daß man erst auf sich schießen lassen muß, bevor man selber schießen darf, doch noch immer legt sich die Truppe Erklärungen zurecht, wenn sie auf den flüchtenden Gegner schießt, um ihm nicht die Gelegenheit zum nächsten Versuch zu belassen. Das jahrzehntelang geübte Kommando Auf ausweichenden Feind, Feuer frei! ist in der deutschen Einsatzrealität keine Selbstverständlichkeit. Auch sollte man besser nicht mehr melden, den Gegner vernichtet zu haben, das heißt den Kampfeswillen des Gegners durch erhebliche Verluste gebrochen zu haben, nachdem es der kritischen Öffentlichkeit durchaus wichtig war, den Fachbegriff des Vernichtens als Besonderheit des von Oberst Klein angeforderten Luftangriffs zu thematisieren und den zielgerichteten Beschuß des Gegners als besonders grausam zu brandmarken oder gar dem Vernichtungsbegriff der Nationalsozialisten gleichzustellen. Wer die Bundeswehr kennt, weiß, daß sie solchen Interpretationen nicht entgegen tritt, sondern sie für die Zukunft ausschließen will. Deshalb sind die Lehren aus der Geschichte schon lange von der Bundeswehr verinnerlicht. So erfolgte die Beschaffung neuer gepanzerter Fahrzeuge insbesondere für Afghanistan nicht nur aus Fürsorge für die Soldaten. Vielmehr galten die vorhandenen Kampf- und Schützenpanzer als zu kriegerisch und somit unpassend für die friedensschaffenden Einsätze. Aber auch die Industrie war um Argumente sicher nicht verlegen, denn die angeblich neue Sicherheitsstrategie der vernetzten Sicherheit brauchte neues Gerät. Disziplinierende Macht der Medien Daß andere Nationen keine Probleme hatten, ihr Kriegsgerät auch in Friedenseinsätzen zu verwenden, war eine Erkenntnis, die sich deutsche politische und militärische Führer nicht so einfach zu eigen machen konnten. Zu stark war der Wunsch, die Welt in detaillierte Friedenskonzepte zu fassen und dementsprechend zu handeln. Neue Fahrzeuge wurden der Truppe jedoch nicht in genügender Anzahl geliefert. Hunderte Schützen- und Kampfpanzer wurden dagegen verschrottet. In kleiner Anzahl wurde das Kriegsgerät dann doch in die Einsatzländer verlegt, als die Realität des bewaffneten Konflikts es gebot. Immerhin war die Ausbildung etwa auf dem Schützenpanzer Marder in Deutschland uneingeschränkt gewährleistet. Bei den neuen geschützten Fahrzeugen ist das bis heute nicht der Fall. Trotz dieses die Soldaten gefährdenden Umstandes sind die ausdauerndsten politischen und juristischen Auseinandersetzungen bisher um Soldaten geführt worden, die in ihrem Einsatz tatsächlich oder vermeintlich Unschuldige getötet haben. Monate- bis jahrelange Ermittlungen, Untersuchungsausschüsse und Presseberichte prasselten auf einzelne Soldaten nieder, als deutsche Juristen nach deutschen Friedensgrundsätzen ermittelten und Politiker dazu bestenfalls schwiegen. Der Bundeswehrverband und der Wehrbeauftragte des Bundestages von 2005 bis 2010, Reinhold Robbe, legten dagegen den Finger in manche Wunde und bewiesen damit, daß nicht jeder in den historischen Vorbehalten der Bonner Republik dachte. Doch Veränderungen sind in einem gesellschaftlichen Umfeld, das den Erlebnissen der wenigen Soldaten in grundsätzlicher Ablehnung gegenübersteht und auch keine Verbindung zur eigenen Lebenswirklichkeit herzustellen vermag, nicht von jetzt auf gleich zu erwarten. Dagegen wechselt das Personal in den Streitkräften schnell; und die disziplinierende Macht der Medien, des Wehrbeauftragten, der Juristen und ihrer politischen Meister sorgt bei jeder Soldatengeneration für den entsprechenden Auswahlprozeß. Zukünftige Kommandeure haben ihre Lektion aus dem Schicksal des Obersten Klein gelernt. Krieg und das, was danach aussehen könnte, ist nicht gewollt egal wie der Auftrag der Streitkräfte im jeweiligen Einsatz auch lautet. Nicht umsonst ist die Luftwaffe in Afghanistan nicht mehr eingesetzt und hatte in ihrer Zeit dort einen streng beschränkten Auftrag. Nicht umsonst verschießen die Panzerhaubitzen in Afghanistan zumeist Leuchtgeschosse, um den Feind nicht mit tödlichen Sprenggranaten unangemessen zu gefährden ganz besonders dann, wenn die überall vertretenen Rechtsberater den Kommandeuren die Folgen eines Fehlschusses auf Unschuldige deutlich machen. Da führt die Bildübertragung der Drohnen schnell zur Interpretation dessen, was das Bild zeigt und was es nicht zeigt. Wer schießt schon mit Artillerie auf eindeutig identifizierte Gegner, wenn die Annahme, daß dort auch Kinder und sonstige Angehörige in der Nähe sein könnten, das Schicksal von Oberst Klein in Erinnerung ruft. Der maßgebliche Einfluß auf die Streitkräfte wird nicht durch wenige Soldaten mit spärlicher Kampferfahrung ausgeübt. Dagegen steht schon die offizielle Sprachregelung vom friedensschaffenden Einsatz. Das hört sich weniger brutal an und unterstützt die Vision derer, die für diese Einsätze stimmen, aber ihr Gewissen damit beruhigen, daß deutsche Soldaten heute mit dem ethischen Rüstzeug der Demokratie gar nicht oder weniger gewalttätig kämpfen können sollen. Kreative Auslegung der Vorschriften Das gilt auch gegenüber Gegnern, die sich selbst im Krieg wähnen und denen das Völkerrecht und erst recht demokratische Friedenspädagogik fremd sind. Und so denkt Altkanzler Gerhard Schröder noch heute an die Mädchen, die jetzt in die Schule gehen können, was früher unter den Taliban nicht möglich war, und weiß, daß es damit eine Rechtfertigung für den Einsatz gab. Setzen deutsche Soldaten für dieses Mädchenschulprogramm ihr Leben aufs Spiel, so hat man inzwischen eine Tapferkeitsauszeichnung zur Hand, um besondere Leistungen zu belohnen. Aber auch der, der im Gefecht einfach nur Aktuelle Auslandseinsätze Die Bundeswehr ist derzeit mit insgesamt Soldaten an acht Auslandseinsätzen beteiligt. Mit Soldaten ist der Einsatz in Afghanistan der mit Abstand größte. Im Kosovo sind zur Zeit noch Bundeswehrangehörige stationiert. An der Piratenjagd am Horn von Afrika beteiligen sich 521 Marineangehörige, an der Unifil-Mission vor der dabei war, kann darauf zählen, nicht nur die Einsatzmedaille zu erhalten. Für die Anwesenheit in unmittelbarem Beschuß, wird nun die Einsatzmedaille Gefecht verliehen. Man war da, aber ohne besondere Leistung. Dagegen war zuvor ein Verwundetenabzeichen verworfen worden, da es ja kein Verdienst sei, die körperliche Unversehrtheit verloren zu haben. Mancher argumentierte da mit dem Stock der Inneren Führung im Hinterteil und merkte dazu an, daß ein Verwundeter ja etwas falsch gemacht haben müsse und das nicht noch belohnt werden dürfe. Empörte Reaktionen auf diese verzweifelten Verdrehungen blieben nicht aus. Wie ohnehin eine große Anzahl von Offizieren und Unteroffizieren schon immer dem Ideal der kriegsnahen Ausbildung verbunden war und sich im dienstlichen Alltag durch Improvisation und kreative Auslegung der Vorschriften Raum zu verschaffen sucht. Der Druck, durch den bürokratischen Apparat, das Beschwerde-und Eingabewesen an den Wehrbeauftragten oder die Medien enttarnt zu werden, ist jedoch groß. Da bleibt man dann doch lieber unter den eigenen und den Ansprüchen der Vorschriften zurück, die auch heute noch schneidig formuliert werden, doch bereits durch die juristisch-bürokratischmediale Realität ad absurdum geführt sind. Johannes Meyer ist Offizier und war unter anderem in Afghanistan stationiert. Küste des Libanon 155 Soldaten, an dem Antiterroreinsatz im Mittelmeer 31. In Bosnien-Herzegowina sind nach Angaben der Bundeswehr derzeit noch 14 Bundeswehrsoldaten stationiert. An den Beobachtermissionen der Vereinten Nation im Sudan und Südsudan sind fünf beziehungsweise zwölf deutsche Soldaten beteiligt. Jetzt erschienen: Das Jubiläumsbuch 25 Jahre JF Das Buch zum Jubiläum Der Freiheit eine Gasse 25 Jahre Eine deutsche Zeitungsgeschichte Aus dem Inhalt: Abenteuer Meinungsfreiheit; Geschichte der konservativen Publizistik seit 1945; Werdegang der Jungen Freiheit; Interview mit Dieter Stein; Chronologie der Angriffe auf die JF; die Redaktion; Autorenporträts; Titelseiten; Sonderbeilagen und vieles andere mehr 356 Seiten, gebunden im Großformat, durchgehend farbige und s/w-abbildungen, 29 EUR, ISBN Zu bestellen unter: Telefon Alle Redakteure geben Auskunft über sich in einem politisch-persönlichen Fragebogen Leitbild der JF, Aufsätze, Dokumentationen und Liste der Gratulanten Michael Paulwitz beschreibt den Aufstieg der JF

7 AUSLAND, Seite 9 Thilo Sarrazin referiert in Graz und begeistert nicht nur FPÖ-Chef Strache THEMA WIRTSCHAFT, Seite 11 Hollywood versucht mit Star-Besetzung die Finanzkrise zu erklären 7 Rächer, Retter, Renegat Parteitag: Peter Gauweiler könnte die CSU vor dem Abstieg bewahren PAUL ROSEN E s ist spät geworden im Berliner Wirtshaus Löwenbräu einem kleinen Stück bayerischer Gasthaus-Tradition in der Hauptstadt. Im Nebenraum ist es noch voll. Seit Stunden kam kein Gast mehr raus. Drinnen referiert, doziert und beschwört Peter Gauweiler seine Zuhörer eine Gruppe Berliner Journalisten. Der CSU-Politiker kann begeistern selbst große Festzelte zu füllen ist für ihn kein Problem. Menschen in den Bann ziehen das können heute nur noch wenige Politiker. Neben Oskar Lafontaine von den Linken ist vermutlich nur noch Gauweiler dazu in der Lage. Jetzt will es der aus München stammende Jurist noch einmal wissen: Auf dem CSU-Parteitag an diesem Wochenende in Nürnberg tritt der Schutzpatron konservativer Werte (Spiegel) für einen der vier Stellvertreter-Posten von Parteichef Horst Seehofer an. Die Chancen auf Sieg stehen für Gauweiler, dessen Laufbahn von Brüchen geprägt ist, gut. Die spätere Nachfolge auf den glücklos und wechselhaft agierenden Seehofer ist nicht ausgeschlossen. Rechtsverletzungen machen Gauweiler rasend Ein bayerischer Protestant Peter Gauweiler wird am 22. Juni 1949 in München geboren. Nach dem Abitur studiert er Jura und wird 1978 promoviert. Vier Jahre nach seinem Eintritt in die CSU zieht er 1972 als jüngstes Mitglied in den Münchner Stadtrat ein. Von 1982 bis 1986 arbeitet er als hauptberuflicher Stadtrat und Kreisverwaltungsreferent der Landeshauptstadt München, bevor er Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium des Inneren wird wird er Bayerischer Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen, 1994 muß er zurücktreten zieht Peter Gauweiler als direkt gewählter Abgeordneter in den Bundestag ein. Der Lutheraner ist verheiratet und Vater von vier Kindern. In Berlin wird Gauweiler von vielen Fraktionskollegen sogar von einigen in der CSU als Querulant betrachtet. Gauweiler stemmte sich schon früh gegen den Euro ( Esperanto-Geld ). Den Irakkrieg lehnte er ab und reiste kurze Zeit vor Kriegsbeginn noch nach Bagdad, als Christ und nicht als Politiker, wie er damals sagte. Es ist klar, daß ein gradliniger Charakter wie Gauweiler häufig mit dem Zeitgeist zusammenstößt wurde das erstmals deutlich, als der Student Gauweiler in den aufgeregten APO-Zeiten dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) beitrat, aus dem andere damals lieber austraten. In dieser Zeit lernte er Franz Josef Strauß kennen und schätzen. Die Figur des Volkstribunen und Machtmenschen Strauß zog Gauweiler in den Bann. Die Methode Strauß volkstümlich sein zu können und gleichzeitig ein Freund schöner Künste sowie ein Meister der intellektuellen Auseinandersetzung perfektionierte der Meisterschüler Gauweiler an der eigenen Person. Niemand in der CSU hat heute so viel Strauß in sich wie Gauweiler. Genutzt hat die Partei das Potential in den letzten Jahren nicht. Dabei zeigte Gauweiler früh, daß er für Politiker besonders wichtige Fähigkeiten beherrscht: Er kann Wahlen gewinnen. Er organisierte 1978 den Münchner Oberbürgermeister-Wahlkampf für Erich Kiesl, den bis dato letzten CSU-Mann auf diesem Posten. Strauß förderte Gauweiler, der inzwischen Kreisverwaltungsreferent in München (so etwas wie städtischer Innenminister) war, nach Kräften, zumal der junge Kommunalpolitiker sich auch schnell einen bundesweiten Ruf als Kämpfer für Recht und Ordnung erwarb. So sorgte er in den U-Bahnen und in Fußgängerzonen wieder für Ordnung und legte sich mit den mächtigen Oktoberfest- Wirten an, die er als Mafia bezeichnete holte Strauß Gauweiler als Innenstaatssekretär in das bayerische Kabinett, wo er sich mit der Bonner Familienministerin Rita Süssmuth (CDU) wegen der stark steigenden Aids-Fallzahlen anlegte. Gauweiler verlangte die Anwendung des Seuchengesetzes auf Aids-Infizierte und -Kranke, was von allen anderen Politikern abgelehnt wurde. Vergessen ist heute, obwohl es das Bild vervollständigt, daß auch Gauweilers Familienbild mit dem von Süssmuth, für die die arbeitende Mutter eine Selbstverständlichkeit war, unvereinbar war. Der Tod seines Meisters Strauß, dessen Leben er durch die Verlegung einer Münchner Intensivstation in den Bayerischen Wald, wo Strauß einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte, retten wollte, tat seiner Karriere Abbruch. Der neue Ministerpräsident Max Streibl beförderte ihn zwar nach der Landtagswahl 1990 auf den Posten eines Staatsministers für Landesentwicklung und Umweltfragen. Er blieb dies auch zunächst unter Streibls Nachfolger Edmund Stoiber, bis Gauweiler zum Schluß nur noch für den Verkehrsbereich zuständig auf innerparteilichen Druck hin 1994 gehen mußte. Man erinnert sich allerdings daran, daß Bayern das Land wurde, in dem die Baustellen auf Autobahnen am schnellsten wieder geräumt wurden. Es gehört vielleicht zu den Nachteilen der Person Gauweiler, die Dinge zu grundsätzlich zu betrachten und dabei das Tagesgeschehen zu vergessen. Rechtsverletzungen machen ihn rasend. So ereiferte er sich in einem Vortrag über den bayerischen Märchenkönig Ludwig II., dem der Freistaat die schönsten Schlösser verdankt, über die Umstände seiner Absetzung: Man muß betroffen feststellen, daß dem König in keiner Phase dieses Verfahrens irgendwelche der Rechte oder Verteidigungsmittel zugestanden wurden, die nach damaliger Rechtslage in Bayern im Entmündigungsverfahren für jedermann selbstverständlich waren. Auch wenn er in der breiten Öffentlichkeit beliebt war und ist, gilt das für das komplizierte CSU-Innenleben nicht. Es gab eine Reihe von Strauß-Zöglingen, denen höchste Ämter zugetraut wurden. Neben Gauweiler waren dies etwa Gerold Tandler und Otto Wiesheu und Edmund Stoiber. Stoiber betrachtete Gauweiler als Rivalen, der ihm das angestrebte Erbe von Strauß streitig machen konnte. Und der in Bonn stets unabhängig von Strauß gebliebene Landesgruppenchef und spätere Finanzminister Theo Waigel sah in Gauweiler sogar einen Feind, weil dieser bereits früh und weitsichtig seine Gegnerschaft zum Euro erklärt und eine Volksabstimmung über den Vertrag von Maastricht verlangt hatte. Waigel und Stoiber sorgten also in ungewohnter Eintracht dafür, daß Gauweiler aus der Staatsregierung gedrängt wurde. Mit einer legendär gewordenen Rede im Münchner Pschorr-Keller nahm Gauweiler Abschied aus der ersten CSU-Reihe. Er hatte zu spät erkannt, daß man ihn systematisch isoliert hatte. Gegen Gauweiler in dieser Zeit vorgetragene Vorwürfe, er habe keinen scharfen Trennungsstrich zu seiner früheren Anwaltstätigkeit gezogen, endeten im Nichts. Fehler waren ihm nicht vorzuwerfen. Als Stoiber Jahre später fiel, klagte Gauweiler ganz im Sinne der Gerechtigkeit: Der Wähler sei nicht gefragt worden, und Stoiber sei immerhin gewählt. Das sei eine Entmachtung des Wählers. Jahre später empörte er sich aus ebenso edlen Motiven gegen den Rauswurf des Buchautors Thilo Sarrazin ( Deutschland schafft sich ab ) aus dem Bundesbank-Vorstand. Gauweiler machte in München in den neunziger Jahren mit verschiedenen Aktivitäten bundesweit von sich reden, indem er zum alten Mittel der Polarisierung griff. Stimmungen sind wichtig, sagte er erst kürzlich dem Berliner Tagesspiegel. Er stellte sich gegen die Thesen des US- Historikers Goldhagen ( Hitlers willige Vollstrecker ) und opponierte gegen die Wehrmachtsausstellung ( Verbrechen der Wehrmacht ). Andererseits steht Gauweiler für die libertas bavariae, in der selbst strenge Regierende dem Volk alle Freiheiten gerne gönnen zog Gauweiler in den Bundestag ein, wo er fortan seine eigene Rolle spielte, die in der Ablehnung eines übermächtigen Europas bestand. Vor dem Verfassungsgericht verlor er zwar Prozesse gegen EU-Verfassung und Euro-Rettungsschirm, aber man habe, wie er in einem Focus-Artikel zusammen mit dem Freiburger Staatsrechtler Dietrich Murswiek schrieb, dem Parlament Rechte zurückgewonnen, auf die es leichtfertig verzichtet hatte. Weitere Hilfen für Pleitestaaten bezeichnete er als Schokolade für Zuckerkranke und erklärte zur Bundestagsabstimmung über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms: Wir können diesen Wahnsinnspoker nicht noch eine Runde weiter drehen. Gleichzeitig bekennt er sich zu Europa, aber nicht zur EU der Bürokraten und Finanzmogule, wenn er sagt, Europas Symbol sei das Kreuz, nicht die Münze. Bayerische Sehnsucht nach der alten CSU Gauweiler, von Cicero als Intellektueller in Lederhosen betitelt, kommt für seine Kandidatur zum Vize-Chef der CSU die aktuelle Lage zugute. Seehofer ist es nicht gelungen, die CSU zu stabilisieren. Aktuelle Umfragen sehen sie im Freistaat bei 43 Prozent und damit weit weg von der von Stoiber stets locker erreichten absoluten Mehrheit. Schon machte die Süddeutsche Zeitung in typischer Vereinfachung eine Sehnsucht nach der alten CSU aus, aber näher an der Wahrheit liegt Münchens CSU-Bezirksvorsitzender Ludwig Spaenle, der in der Welt erklärte: Peter Gauweiler sorgt für eine Verbreiterung des politischen Profils der CSU. Viele fügen hier an: Das hat sie auch dringend nötig, seitdem die Europhoriker die Parteilinie bestimmen und selbst der alte Euro-Kritiker Stoiber leise geworden ist. Gauweiler selbst sagte der Welt: Nicht wenige Freunde sagen: Du mußt etwas tun. Deine CSU ist in Gefahr. Mit Gauweilers Wahl zum CSU-Vize könnte die CSU den rechten Flügel wieder stark machen. Die Wahl des 62jährigen könnte der erste Schritt zur Nachfolge von Seehofer sein. Der hochgebildete, musisch veranlagte und brillante Redner Gauweiler ist das letzte Pfund, mit dem die Partei noch wuchern kann. Die CSU bei Landtagswahlen in Bayern von 1946 bis heute * 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % 1946: 52,3 % 1974: 62,1 % 2003: 60,7 % : 43,4 % * : 43 % GRAFIK * Umfrage laut Emnid vom FOTO: PICTURE-ALLIANCE/ DPA Peter Gauweiler kandidiert als Parteivize: Du mußt etwas tun. Deine CSU ist in Gefahr.

8 DEUTSCHLAND 8 P O L I T I K Schweizer Parlament stimmt für Burkaverbot BERN. Der Schweizer Nationalrat hat sich am Mittwoch vergangener Woche für ein Burkaverbot ausgesprochen. 101 Abgeordnete votierten für den Antrag der konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), 77 lehnten ihn ab. Neun Parlamentarier enthielten sich. Die Gesetzesinitiative sieht ein Vermummungsverbot in bestimmten Bereichen der Öffentlichkeit vor, etwa im öffentlichen Nahverkehr oder bei Demonstrationen. Zudem können staatliche Institutionen künftig für ihre Einrichtungen ebenfalls ein Verschleierungsverbot verhängen. Ausnahmen soll es beispielsweise für den Karneval geben. Damit das Gesetz in Kraft tritt, muß noch die zweite Parlamentskammer, der sogenannte Ständerat, zustimmen.der Initiator der Gesetzesvorlage, Oskar Freysinger (SVP), zeigte sich gegenüber der jungen freiheit überrascht von dem Ergebnis: Ich hatte eher gedacht, daß der Nationalrat den Vorstoß ablehnt. Jetzt habe man jedoch einen Minimalkonsens für alle Bürger in der Schweiz erreicht. (ho) Ägypten: Kopten zunehmend unter Druck KAIRO. Angaben der ägyptischen Federation of Human Rights zufolge haben seit dem Sturz des Mubarak-Regimes im Februar dieses Jahres mehr als koptische Christen Ägypten verlassen. Die Zahl könne sich bis Ende des Jahres auf erhöhen, erklärte der Sprecher der Föderation, Naguib Gabriel. Gegenüber der ägyptischen Tageszeitung al-masri al-youm unterstrich der koptische Anwalt, daß dieser Trend nicht nur die Struktur der ägyptischen Bevölkerung gefährde, sondern auch die Wirtschaft, da es sich bei einem Großteil der Auswandernden um die junge Wirtschaftselite handele. Diesbezüglich kritisierte Gabriel die steten Repressalien durch militante Islamisten und forderte den Obersten Rat der Streitkräfte (SCAF) zum Handeln auf. (ctw) Bulgarien: Proteste gegen Roma-Willkür SOFIA. Nach einem Zwischenfall im südbulgarischen Dorf Katuniza, bei dem ein Mitglied eines Zigeuner-Clans mit seinem Kleinbus einen 19jährigen Slawen getötet hatte, ist es in Bulgarien zu heftigen Protesten gekommen. In Katuniza, der Hochburg einer bekannten Zigeunerfamilie, steckten die Dorfbewohner als Reaktion auf die Mordtat drei Häuser des mehrfach verurteilten Klanchefs Kiril Raschkow (Diebstahl, Prostitution, illegale Schnapsbrennerei) und seiner Söhne in Brand. Auch in anderen Städten kam es zu Solidaritätsdemonstrationen Tausender gegen Roma-Willkür (Radio Bulgarien) und staatliches Wegsehen. Experten wie der Politologe Georgi Karasimeonow warnen nun vor der Ausweitung eines seit langem schwelenden Konflikts. (ctw) MARTIN SCHMIDT W ird dieser Tagesausflug in die belgischen Ostkantone Antworten auf die Frage nach möglichen Folgen der belgischen Staatskrise bringen? Wird sich die Skepsis hinsichtlich einer dauerhaften gedeihlichen Zukunft der deutschen Volksgruppe in Eupen-Malmedy in einem belgischen Mehrvölkerstaat durch die eigene Anschauung bestätigen oder relativieren? Rheinfränkischer Dialekt und Fußball-Bundesliga Bereits die ersten Eindrücke, nachdem das Auto an Aachen vorbei auf der Autobahn in südwestlicher Richtung die deutsch-belgische Grenze passiert, sind gemischt. Zunächst merkt man kaum, überhaupt in einem anderen Staat zu sein, denn deutsche Namen und Beschriftungen bleiben vorherrschend, vereinzelt ergänzt um französische Übersetzungen. Das grüne Hügelland mit den unzähligen schwarz-weißen Kühen sowie die gepflegten Orte strahlen Ruhe und Wohlstand aus. In Kettenis, kurz vor Eupen, geht es erstmals an einer belgischen Fahne vorbei. Sie hängt wohl unabsichtlich, aber doch symptomatisch auf Halbmast und ist nur noch an einer Seite an einem dünnen Band befestigt. Die Einwohner-Stadt Eupen entpuppt sich als nettes Provinzstädtchen mit unverkennbar rheinischem Einschlag, dessen historische Bausubstanz im Unterschied zum nahen Aachen oder Köln den Zweiten Weltkrieg in wesentlichen Teilen überstanden hat. Der Marktplatz in der Oberstadt vereint gleich mehrere sehenswerte Gebäude: die St.-Nikolaus-Pfarrkirche, erbaut in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Renaissancestil nach Plänen des Aacheners Laurenz Mefferdatis, das Haus des Tuchkaufmanns Ackens, in dem die Redaktion der deutschsprachigen Regionalzeitung Grenz-Echo ihren Sitz hat, und das ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammende Franziskanerinnen-Kloster. Die Menschen, denen wir an diesem verregneten Tag begegnen, unterhalten sich fast ausnahmslos in ihrem überlieferten rheinfränkischen Dialekt oder in einem mundartlich gefärbten Hochdeutsch. In Cafés und Restaurants laufen deutsche Radioprogamme, und die Tagesausgabe des Grenz-Echos berichtet unübersehbar über das Aachener Lokalgeschehen und die Fußball-Bundesliga. Wie würde die Stadt Eupen und ihr Umland wohl reagieren, wenn die national-flämischen Parteien mit ihren Unabhängigkeitsforderungen Ernst machten? Welch enorme Herausforderungen dann auf dieses Grenzland zukämen, das erst infolge des Ersten Weltkriegs unter skandalösen Bedingungen an Belgien gefallen war, wird nach Durchquerung des Hohen Venns deutlich. Dieses bis auf fast 700 Meter ansteigende waldreiche Mittelgebirge markiert nicht nur eine deutliche Scheidelinie zwischen dem sanften grünen Wiesenland im Norden einerseits und den anmutigen Mittelgebirgsregionen zwischen Malmedy im Westen und dem moselfränkischen Südteil bis hin zum Örtchen Tückische Idylle Deutsche Minderheit in Belgien: Reiseeindrücke aus Eupen und St. Vith FOTO: PICTURE-ALLIANCE / DPA/DPAWEB Bekenntnis zur Deutschsprachigen Gemeinschaft: Nicht der Separatismus ist das Ziel, sondern das Ringen um mehr Selbständigkeit Reuland an der luxemburgischen Grenze andererseits, sondern auch eine sprachliche, territorial- und kirchengeschichtliche sowie mentale Grenze. Überdies gibt es insbesondere rund um die Stadt Malmedy, bei Robertville und Waimes eine Reihe traditionell französischsprachiger Dörfer. Pittoreske Natursteinhäuser prägen dort das Bild und bieten zusammen mit den umliegenden Hochmoorflächen einige touristische Reize. Doch auch hier ist die Idylle trügerisch. Am Ortsschild von Amel war die französische Zweitbezeichnung Amblève ebenso übermalt wie einige andere französische Ausschilderungen im Großraum St. Vith. Das als Ausdruck eines in der Bevölkerung breiter verankerten Widerstandes gegen eine fiktive Zugehörigkeit der deutschbelgischen Ostkantone zu einem unabhängigen Wallonien oder gar zum französischen Staat zu interpretieren, wäre zwar übertrieben, aber erste Anzeichen kommender Erschütterungen des kollektiven Selbstverständnisses im Raum Eupen-Malmedy könnten diese Namenstilgungen doch sein. Vor allem im Umfeld der einst wichtigen Industriestadt Malmedy wären neue Grenzziehungen aus sprachlichkulturellen Gründen extrem schwierig. Der Kanton Malmedy besteht aus den Deutschsprachige Gebiete in Belgien Brügge Gent Brüssel flämisch wallonisch deutschsprachig NIEDERLANDE Antwerpen FRANKREICH Lüttich Bastogne LUXEM- BURG Eupen Malmedy Aachen St. Vith GRAFIK Monschau Prüm zwei Gemeinden Malmedy und Waimes und gehört mit den Kantonen Eupen und St. Vith zu den drei historischen Ostkantonen, die touristisch bis heute als Einheit auftreten, zählt jedoch verwaltungstechnisch zur Französischen Gemeinschaft Belgiens und ist als solcher Teil des Wahlkreises Verviers in der Provinz Lüttich. Schon zu preußischer Zeit sprach die Mehrheit hier Französisch; heute liegt der deutsche Bevölkerungsanteil bei rund 20 Prozent. Der Zweite Weltkrieg traf Malmedy zwar hart, verheerte es aber nicht in dem Maße wie das völlig zerstörte und seither architektonisch gesichtslose St. Vith. 52 Prozent plädieren für eine eigenständige Region Persönliche Gespräche in dem schön gelegenen St. Vith unterstreichen die von seiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (DG) nach außen vertretene Anhänglichkeit an Belgien, dessen Identitätskrise allenfalls für eine Aufwertung zu einem vollwertigen vierten Bundesland neben den autonomen Gemeinschaften Flandern, Wallonien und Brüssel genutzt werden soll. Dies wird von einer Umfrage des polis-sinus- Marktforschungsinstituts vom Juli 2011 bestätigt. Ihr zufolge sprechen sich 39 Prozent der Deutschbelgier dafür aus, weiterhin Teil der Wallonie zu bleiben, und 52 Prozent plädieren für eine gleichberechtigte vierte Region Ostbelgien. Viele Bewohner teilen offenbar die wallonische Kritik am flämischen Nationalismus und dessen Wirtschaftsegoismus. Sie pochen auf eine Fortsetzung der gegenwärtigen Transferunion zu Lasten der flämischen Steuerzahler und kritisieren Bart de Wever, Parteichef der Nieuwe-Vlaamse Alliantie (N-VA) und starker Mann der Flamen, wegen dessen Blockaderolle bei den Regierungsbildungsversuchen unter Federführung des wallonischen Sozialisten Elio Di Rupo. Andererseits nimmt man natürlich auch in Eupen-Malmedy zur Kenntnis, wie sich Paris auf eine Aufnahme der Wallonie in den eigenen Staatsverband vorbereitet, was Umfragen zufolge von 60 Prozent der Franzosen begrüßt, aber laut demoskopischen Erkenntnissen der französischen Zeitschrift Journal du Dimanche (Juli 2011) noch bloß von einer Minderheit von 39 Prozent der frankophonen Belgier gutgeheißen wird. Und man registriert wohl auch bissige bundesdeutsche Einschätzungen wie jene von Dirk Schümer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. Januar 2011, der de Wevers Parole Lassen wir dieses Belgien geruhsam verdunsten als nachvollziehbare Konsequenz aus dem Scheitern des belgischen Staatsmodells darstellt. Dementsprechend gibt es auch in Eupen längst Planspiele für den Fall der Fälle, also das Auseinanderbrechen Belgiens. Immerhin ist man für die Zukunft einer bislang kulturell gut gestellten auslandsdeutschen Volksgruppe von über Personen verantwortlich. So wird hinter den Kulissen, vereinzelt auch öffentlich, über die Alternativen eines Anschlusses an das Großherzogtum Luxemburg oder ans Bundesland Nordrhein-Westfalen oder die Möglichkeit einer Eigenstaatlichkeit diskutiert. Grüße aus Bern Tradierte Symbolik Von Frank Liebermann econdos nennen sich in der SSchweiz Menschen, die zwar dort geboren sind, aber deren Eltern aus einem anderen Land stammen. Meist sind Secondos eingebürgert und sprechen die Amtssprachen sehr gut. Einige davon sind in dem Migrantenverein Secondas Plus organisiert, der sich für deren Belange engagiert einsetzt. Dort gehen die Meinungen meist sehr weit auseinander, da sich der kulturelle Hintergrund der Migranten sehr stark unterscheidet. Und wie es sich für eine richtige Lobby gehört, versucht der Verein immer wieder mit politischen Forderungen auf sich aufmerksam zu machen. Dabei nimmt er meist linke Positionen ein. Forderungen wie die Einführung des Ausländerwahlrechts haben angesichts von Volksabstimmungen zwar wenig Aussicht auf Erfolg, sorgen aber immer wieder für eine umfassende mediale Präsenz. Das Schweizerkreuz entspricht der heutigen multikulturellen Schweiz nicht mehr. Vor kurzem hat sich Secondas Plus mit einer besonders lustigen Forderung einmal mehr in den medialen Mittelpunkt gestellt. Dessen Vizepräsident, Ivica Petrusic, forderte die Abschaffung der Nationalflagge, da das weiße Kreuz auf rotem Grund nicht für die Angehörigen von allen Religionen ein integrierendes Symbol sei. Der Tagesanzeiger zitierte Petrusic wie folgt: Das Schweizerkreuz entspricht der heutigen multikulturellen Schweiz nicht mehr. Die Begründung folgte dem immer gleichlautenden Muster, daß ein Kreuz für viele nichtchristliche Menschen kein Integrationssymbol sein könne. Neues Nationalwappen soll die Fahne der alten helvetischen Republik sein, eine Trikolore aus Rot, Grün und Gelb, auf der République Helvétique stehen soll. Allerdings erwies sich die Aktion sehr schnell als Rohrkrepierer. Die Leserbriefschreiber, Medien und nichtlinken Politiker machten dem Spuk zackig ein Ende. Der Volkszorn kochte, und die mutigen Secondos ruderten zurück. Schnell schoben sie die Schuld auf die böse Presse, die das Thema verzerrt dargestellt hätte. Andere vermuteten, daß Petrusic, der am 23. Oktober für die Schweizer Sozialdemokraten (SP) als Nationalrat kandidiert, sich nur Aufmerksamkeit verschaffen wollte. Erreicht hat er sein Ziel. Ob es aber ausreichend Stimmen gebracht hat, wird sich erst am Wahltag zeigen. Vorgefühlt hatte Petrusic bereits am Nationalfeiertag (1. August), als er mit seinen Freunden vom šuma čovjek -Orchester die Schweizer Nationalhymne multikulturell neu interpretierte. Ja, ich werde Förderer der JF! Coupon ausfüllen und einsenden: Verlag GmbH & Co. Geschäftsführung Hohenzollerndamm 27a Berlin Fax 030/ Tel. 030/ Die FREIHEIT braucht unseren Einsatz... Ich fördere die JF als Kommanditist Bitte senden Sie mir kostenlos die Informationsbroschüre der Kommanditgesellschaft Verlag GmbH & Co. Ich denke an eine Beteiligung in Höhe von EUR Anschrift Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen! Vorname/Name Straße/Nr. Ich fördere die JF als Spender Ich überweise der JF einmalig einen Betrag in Höhe von EUR auf das Spendenkonto Freunde der JUNGEN FREIHEIT, Postbank Berlin, BLZ , Konto Ich möchte regelmäßig einen Beitrag leisten. Bitte buchen Sie bis auf Widerruf von meinem Konto einen monatlichen Spendenbetrag in Höhe von EUR ab. Bankverbindung Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen!... deshalb bin ich Kommanditist und Förderer der JF geworden. Kontoinhaber PLZ/Ort Kontonummer Telefon E-Post Datum Unterschrift Bankleitzahl Bankinstitut Fritz Zwicknagl, München, Abonnent seit 1997, Kommanditist und Förderer seit 2001

9 P O L I T I K 9 HANS BECKER VON SOTHEN, GRAZ E r kommt überraschend gut an als Norddeutscher bei den Österreichern: Das Grazer Publikum mochte Thilo Sarrazin sichtlich und zwar nicht nur wegen der Dinge, die er sagte, sondern auch aufgrund dessen, wie er es sagte. Sarrazin hat Schmäh. Keinen österreichischen natürlich: also schnell, liebenswürdig und gemein, sondern einen sehr ruhigen und trockenen Schmäh. Das kommt an. Er lächelt nicht, vor allem nicht über die eigenen Pointen. Und er schaut vor allem danach nicht applausheischend ins Publikum. Da wird ihm sogar der geradezu klassische Fauxpas ohne Gelächter oder gar Pfiffe verziehen, wenn er sich während seiner Rede hier in Klagenfurt wähnt. Trotz 60 Euro Eintritt war der Saal restlos ausverkauft Das Publikum in Graz ist gutbürgerlich. Meist mittleren Alters, sichtbar etabliert. Das durfte man auch erwarten, denn schließlich mußte der stolze Eintritt von 60 Euro berappt werden. Dennoch war bereits Tage vorher und das, obwohl nicht öffentlich eingeladen wurde der Tagungssaal, die Grazer Seifenfabrik mit ihren mehr als 700 Sitzplätzen, restlos ausverkauft. Auf dem Weg mußte man sich durch eine Handvoll Antifa-Leute, deren Anzahl sich in umgekehrtem Verhältnis zu dem von ihnen produzierten Lärm befand, hindurchwinden. Das ging aufgrund des beachtlichen Polizeieinsatzes recht unkompliziert. Gleichzeitig versammelten sich etwa 200 Demonstranten bei einer Kundgebung auf dem Hauptplatz der Hauptstadt der Steiermark. Für dieses Interkulturelle Volxfest gegen Sarrazin wurde übrigens auf der offiziellen Netzseite Kulturserver Graz geworben. Zur Sarrazin-Lesung geladen hatte der Bauernbund der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) sowie dessen Vorsitzender Fritz Grillitsch, dem die linke VOLKMAR REUSS ie Erwartungen waren groß. Nach Ddem Erdrutschsieg von Donald Tusk und seiner wirtschaftsliberalen Bürgerplattform (PO) im Jahr 2007 (41,5 Prozent) hofften viele Polen auf einen radikalen Neuanfang. Vier Jahre später ist davon wenig geblieben und Ministerpräsident Tusk muß am 9. Oktober bei der Parlamentswahl in Polen um seine Wiederwahl bangen. Vor allem da sein Koalitionspartner, die kleine bäuerliche Volkspartei (PSL), um den Einzug ins Parlament zittern muß. Kaczynski verunglimpft deutsche Minderheit Trotz massiver Medienunterstützung wächst die Enttäuschung über unerfüllte Versprechungen der letzten Wahlkampagne. So war Tusk mit dem Versprechen angetreten, die Steuern zu senken. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar stieß viele jedoch vor den Kopf. Sie führt dazu, daß eine Durchschnittsfamilie jährlich um die 150 Euro für manche ein ganzes Monatsgehalt verliert. Parallel dazu sorgen eine stagnierende Wirtschaft, eine hohe Staatsverschuldung (200 Milliarden Euro), steigende Preise sowie eine niederschmetternde Bilanz bei der Verbesserung der Infrastruktur und Bekämpfung der Bürokratie dafür, daß die PO trotz eines umfangreichen Wahlkampfes an Sympathie bei den Wählern verliert. Vor allem ist ein Teil ihrer ehemaligen Stammwähler enttäuscht; die Arbeitslosigkeitsrate unter Hochschulabsolventen die 2005 die modernistische Anti-Kaczyński-Welle ( Nimm der Oma ihren Personalausweis ) getragen hatten beträgt cirka 40 Prozent. Wasser auf die Mühlen der Konkurrenz? Das Rennen ist noch völlig offen. Mit 29 Prozent liegt Tusks größter Ach, der Strache von der FPÖ war das? Wiener Tageszeitung Der Standard bescheinigt hatte, er habe immer schon wenig Hehl aus seiner Neigung zum nationalen Lager gemacht. In den ersten Reihen fanden sich die bekannteren Namen: neben dem Gastgeber unter anderem der frühere österreichische Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP), der ÖVP-Fraktionsvorsitze Werner Amon sowie von der FPÖ deren Chef Heinz-Christian Strache. Schließlich sah man auch den Redakteur des Massenblatts Krone, Claus Pándi. Ebenso bemerkenswert war, wer fehlte: der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer und der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP). Der linke Caritas -Flügel der ÖVP fehlte ganz. Ebenso die Grünen, mit denen es von Unerfüllte Hoffnungen auf einen Neuanfang Polen vor der Wahl : Nach dem Erdrutschsieg im Jahr 2007 muß Ministerpräsident Tusk um seine Macht bangen / Postkommunisten als mögliche Partner FOTO: WIKIMEDIA Österreich: Mit seinem ruhigen, trockenen Schmäh begeisterte Thilo Sarrazin das Grazer Publikum FOTO: PICTURE ALLIANCE / DPA Donald Tusk Geistesabwesend signiert Thilo Sarrazin sein Buch für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: Ich möchte nichts mit Parteien zu tun haben Konkurrent Jarosław Kaczyński mit seiner sozialkonservativen PiS in aktuellen Umfragen hinter der PO (32 Prozent). Doch die PiS wird in Umfragen zumeist unterschätzt, und so zeigt sich Kaczyński zuversichtlich. Dabei setzt der Ex-Ministerpräsident auf eine disziplinierte PiS-Stammwählerschaft (20 bis 25 Prozent) auf der einen Seite sowie auf die wachsende Enttäuschung breiter Massen. So ist es ihm unter der Parole Die Polen verdienen mehr gelungen, einen Teil der älteren, sozialistischen Wählerklientel zu gewinnen, die von ihrer Partei einen konkreten Schutz vor der Verarmung und nicht die Teilnahme an Schwulenparaden erwartet. Angesicht der Erfahrungen der letzten Wahl unternimmt der Zwillingsbruder des im April 2010 bei einem Flugzeugabsturz bei Smolensk ums Leben gekommenen Präsidenten Lech Kaczyński den Versuch, Abstand vom griesgrämigen Dinosaurier - Image zu finden und mit einem lässigen, optimistischen und auf jugendlich getrimmten Wahlkampf bei den Jungen Leuten zu punkten. Trotzdem geht der PiS- Chef auch im Wahljahr 2011 mit antideutschen Ressentiments auf Stimmenfang. So skandierte er am vergangenen Wochenende in Kottowitz nicht nur die Wahlparole Die Polen verdienen mehr, sondern ebenfalls Der polnische Schlesier verdient mehr und sorgte dadurch für große Empörung auf seiten der deutschen Minderheit in Oppeln. Bereits im April dieses Jahres hatte der Verband der Sozial-Kulturellen Gesellschaften der Deutschen in Polen in einem offenen Brief an Kaczyński dessen Verunglimpfung von polnischen Bürgern deutscher Nationalität und Herkunf aufs schärfste kritisiert. Aus Kaczyńskis Aussagen gehe hervor, daß Deutsche minderwertige Bürger der Republik Polen seien und das Deutschsein eine Person als einen guten Mitbürger disqualifiziere. links-katholischer Seite besonders in der Einwanderungsfrage eine erhebliche Übereinstimmung gibt. Daß auch sie keine Lust verspürten, Sarrazin anzuhören, war kaum überraschend, hatten diese doch schon im Vorfeld erklärt, daß Rassismus keine Meinung ist. Parallel dazu erklärte der Sprecher der Jungen Grünen: Daß der Bauernbund einen Rassisten einlädt, um über Migration zu diskutieren, ist beschämend. Der Angegriffene nahms gelassen: kein Kommentar. Der FPÖ-Chef wurde von Sarrazin in Graz zwar nicht geschnitten, aber doch weitgehend ignoriert. Gegenüber dem Boulevardblatt Österreich, das Sarrazin als Volksverhetzer Aufputscher und Bestseller-Autor vorstellte, gab sich Doch viel bewegen wird die deutsche Minderheit, die die 5-Prozent-Hürde nicht betrifft, bei den Wahlen nicht. Sie wird Vertreter stellen. Jedoch wahrscheinlich nicht sieben Abgeordnete, wie vor 20 Jahren, sondern höchstens zwei. Zünglein an der Waage könnte dagegen die postkommunistische SLD (Nachfolgerin der LiD) sein, die in den Umfragen bei 10 Prozent liegt (2007: 13,1 Prozen). Unter dem Motto Morgen ohne Sorgen, gibt sich deren Vorsitzender Grzegorz Napieralski als Beschützer der Unter- und Mittelschicht vor neuer Armut, fordert weitere Sozialisierungen in der Wirtschaft und schielt ungeniert in Richtung PO. Denn eine Koalition von Postkommunisten und Bürgerlicher Plattform ist in der kommenden Legislaturperiode nicht auszuschließen. Einerseits haben zahlreiche PO-Aktivisten eine postkommunistische Vergangenheit und andererseits balanciert die mitregierende Volkspartei (PSL) am Rande der 5-Prozent-Sperrklausel. Dissident aus Tusks Partei als Zünglein an der Waage Im Nacken der Postkommunisten tummeln sich zwei unbeschriebene Blätter, von denen wenigstens eines den Sprung ins Parlament schaffen könnte. Hierbei handelt es sich um die linksliberale Palikot-Bewegung (RPP) des erfolgreichen Unternehmers Janusz Palikot und den konservativ-libertäre Kongreß der Neuen Rechten (KNP) des polnischen Ron Paul, Janusz Korwin- Mikke. Beide Parteien können sowohl auf die Stimmen der Enttäuschten als auch auf das Heer der Unentschlossenen hoffen. 35 Prozent der Wähler wissen immer noch nicht, wem sie die Zukunft des Landes in den kommenden vier Jahren anvertrauen wollen. RPP-Chef Janusz Palikot ist ehemaliges PO-Mitglied und diente ihr als Mann fürs Grobe. Als die Parteiführung etwas Unkorrektes verbreiten wollte, was ihr schaden konnte, bediente sie sich Palikots. So sind seine schockierenden Auftritte mit Vibratoren und Beleidigungen Sarrazin überrascht: Ach, der Strache von der FPÖ war das? Ich möchte aber nichts mit Parteien zu tun haben. Straches Kommentar über Sarrazin hörte sich dagegen bedeutend herzlicher an: Er spricht offen und fundiert über das, worauf wir seit Jahren hinweisen wir brauchen bessere Zuwanderungspolitik. Strache: Sarrazin ist immer eine Reise wert. Der FPÖ-Chef kam mit einem eigens mitgebrachten Exemplar des Buchs Deutschland schafft sich ab und wartete geduldig, bis er mit einer Unterschrift an die Reihe kam. Wie stark sich die Konsequenzen, was denn mit denjenigen zu geschehen habe, die bereits da sind, tatsächlich gleichen, blieb indes ungewiß. Die FPÖ hat sich bislang stets für den konsequenten Entzug von Aufenthaltsgenehmigungen und Abschiebung von straffälligen und arbeitslosen Nicht-EU-Bürgern ausgesprochen. Bei Sarrazin hörte sich das etwas anders an. Seine Forderungen: Integration der Eingewanderten, Stopp der weiteren Einwanderung von Muslimen sowie die Forderung nach verstärkter Einwanderung fähiger Einwanderungsgruppen nach dem Vorbild der USA, Kanadas oder Australiens. ÖVP-Bauernbund-Funktionär Gerhard Wlodkowski argumentierte schließlich offenbar ohne Rücksicht auf die von Sarrazin angemahnte Qualität der Einwanderer aus dem Blickwinkel der Wirtschaft durchaus folgerichtig: Wir brauchen ja Erntehelfer in der Landwirtschaft. von PiS-Politikern zu einem festen Bestandteil der politischen Szene geworden. Während seine liberalen Wirtschaftslösungen als akzeptabel gelten (Entlassung der meisten Beamten, Steuersenkungen), sorgen Palikots Vorschläge, Homoehen zu legalisieren oder Polen als Einwanderungsland zu definieren für einige Verwirrung. Interessant ist jedoch Palikots Idee, ein engeres Bündnis mit Deutschland zu schließen und nicht mehr Trojanisches Pferd Amerikas in Europa zu sein. Umfragen zufolge könnte Palikots RPP bis zu acht Prozent erreichen. Als große Unbekannte gilt dagegen der rechtskonservativ-libertäre KNP. Weitgehend von den polnischen Massenmedien ignoriert, steht sie für einen völligen Neuanfang. Entsprechend fordert deren exentrischer Parteichef Korwin-Mikke, selbst unter kommunistischer Herrschaft oftmals inhaftiert und Mitglied des Konservativ-Monarchistischen Klubs, einerseits die Absetzung der Viererbande der Systemparteien, den Austritt Polens aus der Europäischen Union ( wirtschaftlicher Kadaver ) sowie die Abschaffung von Sozialleistungen. Andererseits steht der KNP für extremen Wirtschaftsliberalismus und fordert die Rückbesinnung auf christlich-konservative Werte. Da die staatliche Wahlkommission den Kongreß der Neuen Rechten jedoch ausschließlich in 20 von 41 Wahlbezirken registriert hat, sieht dieser sich diskriminiert und spielt mit dem Gedanken, die Wahl für ungültig erklären zu lassen. Ungarn will deutsche Minderheit stärken BUDAPEST. Die deutsche Minderheit in Ungarn soll bei kommenden Wahlen eigene Abgeordnete ins Parlament entsenden dürfen. Dies kündigte der Fraktionsvorsitzende der regierenden nationalkonservativen Fidesz-Partei, János Lázár, in einem Interview mit der Welt an. Die Ungarndeutschen werden dadurch künftig im politischen System noch besser Gehör finden, ihre Stellung wird gestärkt, unerstrich Lázár. Für die Regierung sei die Integration von Minderheiten eine zentrale Aufgabe. Neben den seit mehr als 700 Jahren im Land lebenden Ungarndeutschen sollen demnach auch Kroaten oder Zigeuner von dem geplanten Gesetz profitieren. Bisher waren die Deutschen nur mit Abgeordneten, die über ungarische Parteien gewählt wurden, im Parlament vertreten. (ho) Dänemark: Roter Block lockert Ausländerrecht KOPENHAGEN. Die neue sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt hat am Montag eine deutliche Lockerung des Ausländerrechts angekündigt. Demnach sollen Ausländer schnelleren Zugang zu Sozialhilfeleistungen und der dänischen Staatsbürgerschaft erhalten, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Parallel dazu sollen die bisherigen Hürden für den Zuzug von ausländischen Ehepartnern abgeschafft und die Grenzkontrollen wieder beendet werden. Scharfe Kritik an den Plänen kam vom früheren Integrationsminister Søren Pind von der rechtsliberalen Venstre-Partei. Mit den neuen Regeln liege die komplette Ausländerpolitik in Trümmern. Pind gehörte der Mitte- Rechts-Regierung an, die das Land von 2001 bis September 2011 mit Tolerierung der rechten Dänischen Volkspartei regiert und besonders die Ausländergesetzgebung deutlich verschärft hatte. (ho) EU will erleichterte Visa-Politik für Türken STRASSBURG. Die EU beabsichtigt, die Visabestimmungen für türkische Staatsbürger deutlich zu lockern. Dafür hat sich in der vergangenen Woche die EU- Kommissarin für Innenpolitik, Cecilia Malmström, anläßlich einer Sitzung zum Thema Visa- Beziehungen zwischen der Türkei und der EU in Straßburg ausgesprochen. Demnach müsse es für Türken möglich sein, Langzeitvisa zu erhalten und mehrfach in die EU einzureisen. Die Zeit zwischen Antrag und Erhalt des Visums solle verkürzt und Schüler, Studenten, Akademiker, Sportler und Geschäftsleute Visaerleichterungen erhalten. Ziel der Kommission sei es, die Visumpflicht ganz abzuschaffen. Der türkische Europaminister Egemen Bağış erklärte darauf, er sehe Licht am Ende des Tunnels. Die EU halte sich derzeit nicht an die Gesetze, es sei das Recht der Türkei, ohne Visum einreisen zu können. (ro) Wer glaubt, dass wir genug Parteien haben irrt. Es gibt derzeit in der BRD nur Klientelparteien. Die einen sind rot, die anderen grün, die anderen gelb oder braun. Allesamt lassen ein hochwertiges Gesamtkonzept vermissen, welches den Arbeiter genauso anspricht wie den Unternehmer, den Arbeitslosen genauso wie den Angestellten, den Rentner wie d Jugend. Die natürliche Parteienevolution setzt somit eine Vielfalt an Ideen voraus damit daraus dann ein sinnvolles Gesamtkonzept erwachsen kann. Das Ergebnis wird eine Partei der Wertegemeinschaft sein und nicht des Klassenkampfes. Weder rot, noch braun, gelb, grün, sondern blau. Die Partei BürgerBewegung der Sozial-Konservativen Deutschlands ist das Ergebnis dieser Parteienevolution. A werden die Landesverbände gegründet wird es endlich eine Alternative geben. Informieren Sie sich über unsere Partei und Bewegung: Name: Adresse: zu senden an: BürgerBewegung der Sozial-Konservativen Deutschlands Postfach Duisburg ANZEIGE

10 10 W I R T S C H A F T Einwanderung in Ausbildungsplätze Lehrlinge verzweifelt gesucht n arbeitslosen Jugendlichen Aherrscht in Berlin und Brandenburg kein Mangel. An Nachwuchskräften für Handwerk, Industrie und Handel offenbar schon Lehrstellen blieben zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres unbesetzt. Die Gewerkschaften haben die Platte gewechselt statt Lehrstellenmangel und Ausbildungsplatzabgabe skandieren sie jetzt gemeinsam mit Kammern und Arbeitgeberverbänden: Bitte melden! Die verzweifelt gesuchten ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen sind allerdings wohl doch nicht da. Nicht nur im Nordosten, wo der Bevölkerungsrückgang die Schülerjahrgänge kontinuierlich schrumpfen läßt: Auch im erfolgsverwöhnten Oberbayern oder an Rhein und Sieg klagen die Kammern inzwischen über den Azubi-Mangel. Wenn es denn nur die schwindenden Alterskohorten der Deutschen wären. Ein Viertel der Schulabgänger sei gar nicht zur Ausbildung zu gebrauchen, klagen Handwerksverbände. Erziehungsdefi zite, mangelnde Disziplin und Belastbarkeit der verwöhnten Sprößlinge lastet eine aktuelle DIHK-Umfrage den Eltern an, fehlende Sprach-, Lese-, Rechtschreib- und Rechenkenntnisse bei sozial Schwachen und Kindern mit Migrationshintergrund dem Bildungswesen. Die Schulen können allerdings am wenigsten dafür, daß sie mit der Reparatur der Folgen falscher Einwanderungspolitik, die man bei ihnen ie saarländische Ministerpräsi- Annegret Kramp-Kar- Ddentin renbauer hat die Schuldenbremse im Grundgesetz in Frage gestellt. Ihre CDU-Parteikollegen widersprachen heftig doch diese Bremse wird niemals getreten werden. Artikel 143 d des Grundgesetzes hat für den Bund den Beginn der harten Grenze von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von vornherein auf 2016 verschoben. Die Länder dürfen sogar bis 2019 von der Verpflichtung, ihren Haushalt ohne Nettoneukredite auszugleichen, abweichen. Die Konjunktur erlaubt nach Artikel 109 ohnehin besondere Regelungen, worauf Kramp-Karrenbauer anspielte. Was soll das? Bis es soweit ist, ist entweder das Grundgesetz geändert oder die EU hat die Finanzpolitik gänzlich usurpiert, im Zweifel nach einer Währungsreform. Allein um die Schuldzinsen zu finanzieren, benötigen Bund und Länder Kredite. Noch sind die Kreditkosten wegen der Zinspolitik der EZB und des AAA-Ratings Deutschlands geringer VON MICHAEL PAULWITZ»Wer morgen Fachkräfte haben will, muß sie heute im eigenen Land heranziehen.«abgeladen hat, überfordert sind. Aber das ist ein heißes Eisen, nichts für geschmeidige Lobbyisten. Während also in den Großstadtghettos die immer zahlreicher heranwachsenden sozialalimentierten Talente lieber auf der Straße die Zeit totschlagen und auf Hartz IV warten, statt sich auf den Hosenboden zu setzen oder die Hände schmutzig zu machen, während Bäcker und Metzger naserümpfende Jugendliche mit Prämien locken und Handwerksmeister widerwillig die Anforderungen senken und Nachhilfestunden halten, um überhaupt noch Lehrlinge zu bekommen, glauben ihre Verbandsfunktionäre unverdrossen an das Allheilmittel Einwanderung. Vor drei Jahren trommelte der Zentralverband des Deutschen Handwerks, man solle endlich volle Freizügigkeit für osteuropäische Arbeitskräfte herstellen, weil die Betriebe dringend polnische und tschechische Lehrlinge bräuchten. Jetzt sind die Hürden weg, aber die Umworbenen wollen nicht: Zu hoch die Sprachbarrieren, seit man auch in Osteuropa lieber Englisch als Deutsch lernt; zu gering das Lehrgeld, um im fremden Land neu anzufangen. Da hilft auch kein großspuriges EU-Projekt, das in Südthüringen in zwei Jahren ganze fünf Ausbildungsverträge vermitteln konnte. Macht nichts dann wird jetzt eben in den Euro-Krisenländern Spanien und Griechenland weitergebaggert. Nützt alles nichts: Wer morgen Fachkräfte haben will, muß sie heute im eigenen Land heranziehen. Zweifel an der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse wachsen Wahre Worte Von Karl Albrecht Schachtschneider als die Inflationsrate. Der Zinssatz kann und wird durch Erhöhung des Leitzinssatzes (jetzt 1,25 Prozent) und durch Absenkung des Ratings schnell auf ein Vielfaches anwachsen. Sechs Prozent wie jetzt in Italien könnte die Länder etwa 25 Milliarden Euro mehr kosten. Das wären zwei Drittel des bayerischen Landeshaushalts. Die Schulden Berlins betragen 68,4 Prozent des BIP, die Bayerns 6,5 Prozent. Der Länderfinanzausgleich verhindert Zinsunterschiede und Abwertungszwänge der wettbewerbsschwachen deutschen Länder. Das ist auch das Modell für die Euro- Zone, das die Europäisten anstreben. Deutschland verkraftet den inneren Transfer, weil der Bund als Staat die soziale Homogenität und damit weitgehend die wirtschaftliche Konvergenz herstellt. Die Deutschen sind ein Volk in Solidarität. In der EU gibt es diese nicht und wird es diese nie geben. Die Völker sind zwar noch befreundet, aber trotz und wegen des aufgezwungenen Integrationismus bleiben sie sich fremd. WOLFGANG PHILIPP V orige Woche wurde es mit überwältigender 85prozentiger Mehrheit beschlossen nur die geschlossene Linksfraktion und ein paar versprengte Bundestagsabgeordnete aus dem rot-grünen und dem Regierungslager votierten dagegen: Die im Juni 2010 in Luxemburg als Aktiengesellschaft gegründete Europäische Finanzstabilisierungsfazilität AG (EFSF) wird qualitativ und quantitativ gewaltig erweitert, obwohl sie spätestens ab 1. Juli 2013 von einem neuen Gebilde namens Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM) abgelöst werden soll. Nützen wird das alles nichts. Auch die erweiterte EFSF ist ein trauriger Verein, hinter dem weder ein schlüssiges Arbeitskonzept noch ein leistungsfähiger Gesellschafterkreis steht. Die der EFSF übertragenen zusätzlichen qualitativen Aktivitäten bestehen darin, daß jetzt auch der Aufkauf von Staatsanleihen, die Verwendung der Darlehen zur Rekapitalisierung privater und öffentlicher Banken und die Bereitstellung von vorsorglichen Kreditlinien, das heißt von Kontokorrentkrediten erlaubt ist. Das Konzept bleibt aber untauglich, wenn der Empfängerstaat nicht nur zahlungsunfähig, sondern auch überschuldet ist. Infolgedessen mußten zwangsläufig die bisherigen Hilfen fehlschlagen: Die Schulden schwellen an, die Kurse griechischer Staatsanleihen fallen weiter. Die EFSF soll am Kapitalmarkt bis zu 440 Milliarden Euro verzinslich aufnehmen. Dazu fehlt ihr aber die Kreditwürdigkeit, sie hat nur ein Kapital von rund Euro. Deshalb sollen die 17 Euro-Staaten, die ihre Aktionäre sind, den Kreditgebern weiterhin als Bürgen haften und dadurch mittelbar eine Kreditwürdigkeit der EFSF herbeiführen. Diese Sicherheit für die Gläubiger FOTO: ISTOCKPHOTO, TALAJ So naß wie vorher sieht so aus: Von den 17 Staaten fallen mindestens fünf von vornherein als Bürgen aus: Griechenland, Portugal, Irland, Italien und Spanien, die zusammen 35 Prozent des Bürgschaftsvolumens ausmachen. Von den restlichen zwölf Staaten haben nur sechs das höchste Rating AAA, nämlich Deutschland, Frankreich, Finnland, Österreich, die Niederlande und Luxemburg. Bei Frankreich und Österreich wird hinter den Kulissen schon über eine Abstufung diskutiert. Deshalb haben die Ratingagenturen verlangt, das Kreditvolumen von 440 Milliarden Euro quantitativ durch einen Haftungsrahmen von 780 Milliarden Euro zu versichern. Die (noch) leistungsfähigen Staaten haften dann nicht nur für ihre eigene Quote, sondern auch für die Quote anderer unsicherer Staaten. Deutsche Haftungssumme von 400 Milliarden Euro Deutschland ist mit rund 27 Prozent beteiligt, bezogen auf 780 Milliarden Euro sind das 211 Milliarden Euro. Dazu kommt dann noch ein im Gesetz schon verankerter Puffer von weiteren 20 Prozent das ergibt zusammen 250 Milliarden Euro. Bezogen auf die Kreditsumme von 440 Milliarden Euro sind das 57 Prozent. Darin ist die Haftung für Zinsen, welche die EFSF am Kapitalmarkt bezahlen muß, nicht eingeschlossen. Bei 3,5 Prozent hat die Deutsche Bank eine Haftungsquote Deutschlands von rund 400 Milliarden Euro errechnet. Da die vier kleineren Länder wenig ins Gewicht fallen und zumindest Frankreich mit einiger Wahrscheinlichkeit sein Triple A verlieren wird, bildet man sich ein, Deutschland werde schon alles zahlen. Kein Bundeshaushalt kann aber auch nur annähernd solche Summen zur Verfügung stellen, eine Deckung für die Bürgschaftszusagen gibt es nicht. Soeben hat die Ratingagentur Standard & Poors angesichts der Bürgschaftslasten das deutsche Rating von AAA schon vorsichtig in Frage gestellt. Die Versicherung von Kreditforderungen gegenüber dem deutschen Staat (CDS) hat sich bereits verteuert. Illusorisch ist auch die Annahme, die EFSF werde am Kapitalmarkt mit 3,5 Prozent Zinsen davonkommen. Wenn die Ratingagenturen der EFSF nicht mehr lange das Triple A zugestehen, muß auch sie höhere Zinsen zahlen. Da die Darlehen an die notleidenden Länder auch mit 3,5 Prozent Zins vergeben werden sollen, kann eine Zinsdifferenz zu Lasten der EFSF entstehen, die diese zur Vermeidung von Verlusten an die Darlehensnehmer weitergeben muß. Der Kreis schließt sich, die Empfängerländer sind hinsichtlich der Zinsen so naß wie vorher : Das unschlüssige Projekt einer Aktiengesellschaft ohne Kapital, deren Gesellschafter aus Lahmen, Blinden und Dummen bestehen: Aus Lahmen, weil fünf von ihnen von vornherein nicht zahlungsfähig sind, aus Halblahmen, weil weitere sechs Staaten von Ratingagenturen bereits negativ beurteilt werden, aus Blinden insgesamt, Dauerbaustelle Euro-Rettung: Bis zum eigenen Untergang für fremde Schulden haften Euro-Krise: Der Rettungsfonds EFSF ist ein trauriger Verein aus Lahmen, Blinden und Dummen weil sie die Unschlüssigkeit des Projekts nicht durchschauen, und schließlich aus Dummen, deren Regierungen sich solidarisch bis zum eigenen Untergang für fremde Schulden zur Kasse bitten lassen. Die Bundesregierung behauptet, wegen der von der EFSF zu verhängenden Auflagen sei nicht damit zu rechnen, daß Deutschland aus den Bürgschaften in Anspruch genommen wird. Das ist angesichts der Realitäten nicht nachvollziehbar. Auch muß sich das Merkel- Kabinett fragen lassen, warum es dann bei dem nächsten Projekt, dem im Januar 2012 zu verhandelnden dauerhaften ESM von der Bürgschaftslösung zu der für die einzelnen Staaten unendlich viel teureren Lösung übergeht, das Geld als Eigenkapital vorher anzuschaffen. Das ist nur logisch, wenn man mit hohen Ausfällen rechnet. Als der legendäre Deutsche Bank-Chef Hermann Josef Abs einst gefragt wurde, wie er die Fusion zweier großer Gesellschaften, die beide in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckten, beurteile:, antwortete er: Wenn ein Blinder auf einem Lahmen reitet, dann kommen sie nicht weit. Genau so ist es. Weltfinanzkrise erfaßt den Euroraum Durchschnittliche Staatsverschuldung in Prozent des BIP seit * Prognose * 2012 * QUELLE: EUROPÄISCHE KOMMISSION GRAFIK Ihr Bestellschein Bestellschein abschicken oder faxen. JF-Buchdienst Hohenzollerndamm 27a Berlin Fax Bestelltelefon Hiermit bestelle ich zur sofortigen Lieferung folgende Titel: Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen! Expl. Bestell-Nr. Autor/Kurztitel Euro Bestelladresse Kundennummer Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen! (Falls zur Hand) Vorname/Name Straße/Nr. (Kein Postfach) PLZ/Ort JF-BD-41/2011 Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider, Dieter Spethmann, Joachim Starbatty Das Euro-Abenteuer geht zu Ende Wie die Währungsunion unsere Lebensgrundlagen zerstört In diesem Buch erfährt der Leser, daß die versuchte Rettungsaktion nicht nur astronomisch hohe Geldsummen verschlingt. Sie kostet noch viel mehr: Glaubwürdigkeit, weil Verträge und Zusagen gebrochen werden. Und sie kostet Europa die Zukunft, weil es seinen wirtschaftlichen Halt verliert. 252 S., geb. EUR 19,95 / Best.-Nr Karl Albrecht Schachtschneider Die Rechtswidrigkeit der Euro-Rettungspolitik Ein Staatsstreich der politischen Klasse Die Europäische Währungsunion ist zumindest in ihrer derzeitigen Form gescheitert. Doch Politiker und Eurokraten schnüren weiterhin gigantische Rettungspakete, um das Siechtum des Euro zu verlängern. Politiker nennen die Rettung alternativlos. Karl Albrecht Schachtschneider nennt sie hingegen Unrecht. Ein Buch, das Hintergründe transparent macht. 254 S., geb. EUR 19,95 / Best.-Nr Philipp Bagus Die Tragödie des Euro Ein System zerstört sich selbst Das Projekt Euro steht kurz vor dem Scheitern. Philipp Bagus, Professor für Volkswirtschaft und Experte für Geldund Konjunkturtheorie, belegt, daß diese Entwicklung eine fast schon logische Folge des intrigenreichen Ursprungs des Euro, seines selbstzerstörerisch angelegten Systems und politischer Einzelinteressen ist. Der Autor stellt schlüssig dar, welche Auswege und Alternativen den Euro-Ländern noch bleiben. 205 S., geb. 17,99 EUR / Best.-Nr Max Otte Stoppt das Euro-Desaster! Der Euro steht am Abgrund. Schuld daran sind nicht die Griechen, sondern Banken, Finanzdienstleister und Milliardäre. Max Otte fordert ein sofortiges Umdenken: Wir brauchen in Deutschland und Europa eine neue Finanzmarktordnung, die nicht dem Großkapital nützt, sondern uns allen. Max Otte war für zahlreiche Unternehmen und Organisationen beratend tätig, u. a. die Weltbank, das Bundesministerium für Wirtschaft und die Vereinten Nationen. 47 S., Pb. EUR 3,99 / Best.-Nr Ehrhardt Bödecker Preußen und die Marktwirtschaft Zweimal in der jüngeren deutschen Geschichte haben sich die Regierungen für eine freie Marktwirtschaft entschieden: Preußen 1845 und die Bundesrepublik Deutschland Zweimal gab es ein Wirtschaftswunder. Doch Preußen-Deutschland war erfolgreicher. Der Autor vergleicht beide Marktwirtschaften miteinander und zieht Schlußfolgerungen für alle diejenigen am Wirtschaftsleben Beteiligten, die eine erfolgreiche Volkswirtschaft anstreben. 160 S., geb. EUR 14,90 / Best.-Nr Wolfgang Ockenfels Was kommt nach dem Kapitalismus? Der Siegestaumel des Kapitalismus nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist vorbei. Die weltweite Finanzkrise hat gezeigt, wie anfällig das System ist und welchen sozialen Sprengstoff es birgt. Doch noch scheint sich niemand wirklich Gedanken zu machen, wie es weitergehen soll. Wolfgang Ockenfels, Dominikaner, Sozialwissenschaftler und CDU- Mitglied stellt mutig die Systemfrage: Was kommt nach dem Kapitalismus? 175 S., geb. EUR 16,95 / Best.-Nr Franz-Ulrich Willeke Deutschland Zahlmeister der EU Abrechnung mit einer ungerechten Lastenverteilung Dieses Buch ist eine Abrechnung mit der ungerechten finanziellen Lastenverteilung innerhalb der EU seit der deutschen Wiedervereinigung. Von da an hat Deutschland täglich im Durchschnitt 54 Millionen Euro als Beitrag zum EU-Haushalt nach Brüssel transferiert. 160 S., Pb. EUR 19,90 / Best.-Nr Telefon E-Post Datum/Unterschrift Deutschland Versandkostenfrei bei Bestellungen ab EUR 50,. Bei Bestellungen unter EUR 50, beträgt der Versandkostenanteil EUR 3,20. Postalisches Ausland Belieferung nur gegen Vorkasse! Bitte beachten Sie: Bei Lieferung in die EU-Länder sowie die Schweiz und Liechtenstein fällt zusätzlich zum Buchpreis eine Versandkostenpauschale von EUR 12, an. Für alle anderen europäischen Staaten beträgt die Pauschale EUR 14,. Für außereuropäische Staaten EUR 18,. Die Bücher sind vom Umtausch ausgeschlossen! JF-Buchdienst.de

11 W I R T S C H A F T 11 Der große Crash Wirtschaftskrimi: Hollywood versucht vergeblich, die jüngste Finanzkrise zu erklären / Die Anständigen müssen die Suppe auslöffeln MARKUS BRANDSTETTER E ines muß man Hollywood lassen: Die Traumfabrik geht aktuellen und kontroversen Ereignissen nie aus dem Weg. Nach einigen Afghanistan- und Irakfilmen ist nun die Finanzkrise von 2008 dran. Der Film zum Thema heißt: Der Große Crash, bietet großes Starkino und läuft seit dem 29. September im Kino. Die Frage ist nur: Kann so ein Film auch etwas erklären? Komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge geben meist einen schlechten Stoff für Filme ab, denn wie soll etwas, das auf der ganzen Welt nur ein paar tausend Leute verstehen, Millionen vom Hocker reißen, wenn da nicht eine erstklassige Geschichte dahintersteckte? Hier wird zwar nicht die ganz große Story erzählt, immerhin aber eine gute, und wie alle guten Geschichten ist sie einfach: Da wird ein alter Wertpapierhändler gefeuert, der herausgefunden hat, daß seine Bank sich dermaßen viele Milliarden an kreditfinanzierten Schrottpapieren aufgeladen und deren Wert konsequent falsch berechnet hat, daß sie notwendigerweise untergehen muß. Finanzkrise brachte Armut, Leid und Verzweiflung Ginge jedoch die Film-Bank, die verdächtig nach der 2008 havarierten Lehman-Bank aussieht, den Bach hinunter, dann könnte der Weltfinanzmarkt in Rutschen kommen. Da so etwas in Hollywood nicht geschehen darf und der Zuschauer einen sympathischen Helden braucht, tritt der auch auf und bringt die ganze Kalamität ans Licht, was einen Tag und eine Nacht lang für hektische Aktivitäten sorgt. Die unfrohe Botschaft wandert nun durch die Hierarchien im Bankenturm nervenaufreibend nach oben und passiert dabei auf jeder Etage immer zynischere Menschen. Erst als der große Boß mit dem vornehmen britischen Akzent im Hubschrauber einfliegt, wird zum Schluß doch noch das Gute und Richtige getan und die Welt, wenn Oscar-Preisträger Jeremy Irons als britischer Bankretter John Tuld: Es gibt drei Wege, um in diesem Geschäft der Erfolgreichste zu sein: der Erste zu sein, der Klügste zu sein oder zu betrügen. JF-Anzeigenmarkt FOTOS (2): JOJO WHILDEN Hollywood-Schauspielerin Demi Moore: US-Derivate so lange auf Kredit hin und her verkauft, bis das ganze Kartenhaus zusammenbrach auch nicht die Bank, gerettet. Das ist gewiß ein Film mit exzellenten Schauspielern und rasiermesserscharfen Dialogen, der Menschen in Situationen zeigt, die sich vermutlich so ereignet haben. Aber das ist kein Film, der die Hintergründe der Finanzkrise erklärt, noch ist es ein Film, der die Totalität des damaligen Geschehens verdeutlichen könnte. Ganze Banken gehen nicht einfach deshalb unter, weil das hauseigene Portfolio mit dem falschen mathematischen Modell berechnet wurde, was bloß jahrelang keiner gemerkt hat. Der Grund der Finanzkrise von 2008 lag darin, daß man in den USA Millionen von Menschen, die weder Bonität noch Eigenkapital hatten, Hypotheken mit variablen Zinssätzen angedreht hat, die in den ersten beiden Jahren lächerlich niedrig waren, dann aber steil anstiegen, worauf die Schuldner reihenweise umfielen. In der Zwischenzeit waren die Subprime-Hypothekenverträge massenweise in Investmentvehikeln gebündelt und von denselben Rating-Agenturen, denen erst spät aufgefallen ist, daß Griechenland Probleme hat, mit Bestnoten versehen worden. Solchermaßen geadelt wurden die Mogelpackungen erst mit exotischen Namen versehen und dann in Derivativen weltweit so lange auf Kredit hin und her verkauft, bis das ganze Kartenhaus zusammenbrach. Das führte für eine ganze US-Schicht zum Verlust von Häusern, Arbeitsplätzen, zu Armut, Leid und Verzweiflung. Von all dem weiß dieser Film nichts, weil weißhaarige Sozialhilfeempfänger, die in ihren Autos auf Parkplätzen wohnen, in Hollywood noch nie als sexy galten. Aber vielleicht kann dieser Film ja helfen zu verstehen, was da in Europa derzeit abgeht: Sind die griechischen Staatsanleihen genauso toxisch wie die US-Investmentvehikel von damals? Zeigen der Kursverfall der Bankaktien und die Schwierigkeiten französischer Großbanken aktuell, daß wieder einmal Banken zusammenbrechen könnten? Und würde eine Insolvenz Griechenlands den Euro und das globale Finanzsystem ins Wanken bringen? Unter den Basel-III-Regeln (JF 35/11) werden die europäischen Banken bis Milliarden Euro an zusätzlichem Eigenkapital aufbringen müssen. Kommt es zu einer Teilwertabschreibung der griechischen Staatsanleihen, dann würde das die Banken 15 bis 20 Milliarden Euro kosten, was beherrschbar wäre. Müßten jedoch auch die Schulden Irlands, Portugals, Spaniens und Italiens restrukturiert werden, dann müßten Europas Banken laut Internationalem Währungsfonds 300 Milliarden Euro abschreiben, und dann wären einige gefährdet. Geht Griechenland pleite, dann folgen weitere Länder Ob das so kommen wird, weiß keiner, aber diese Unsicherheit ist der Grund für den Preisverfall bei den Bankaktien. Sicher ist allerdings, daß die Banken zukünftig weniger Kredite vergeben und für diese höhere Gebühren verlangen werden (müssen). Die Auswirkungen auf deutsche Mittelständler werden gering sein, aber für schwächere Großunternehmen werden die Kreditkosten zukünftig steigen, Anleihen und Neuemissionen schwerer zu plazieren sein. Griechische Staatsanleihen sind (noch) bessere Papiere als die damaligen Mortgage Backed Securities und Conduits von Lehman & Co, weil sie erstens in den Bilanzen der (meisten) Banken stehen, wo sie schon teilweise wertberichtigt sind, und zweitens nach einem griechischen Schuldenschnitt und Garantien durch die Europäische Zentralbank einen substantiellen Restwert behielten. Griechenland selbst ist faktisch insolvent, was jeder weiß. Noch bestünde die Möglichkeit, durch Schuldentausch plus Forderungsverzicht die Abwärtsspirale des Landes anzuhalten, aber viel Zeit bleibt nicht mehr. Argentinien hat zwischen 1999 und 2002 gezeigt, daß ein harter Schuldenschnitt eine Krise beenden kann. Schlittert Griechenland ungebremst in einen Staatsbankrott und verläßt die Euro-Zone, dann wird dies viele europäische Banken gefährden und die griechischen plattmachen. Das Land selbst würde dann durch eine langanhaltende Rezession mit hoher Arbeitslosigkeit, teilweiser Verelendung der Bevölkerung und politischer Instabilität gehen. Auch wenn dies vielen als Strafe für falsche Statistiken, faule Beamte und massenweise Steuerhinterziehung verdient erscheint, ist das zu kurz gedacht: Geht Griechenland pleite, dann sind Irland, Portugal, Italien und Spanien dem Angriff durch Spekulanten ungeschützt preisgegeben, und das will niemand, weil es das Ende der Euro-Zone bedeuten und eine Superkrise einleiten könnte. Nichts von alledem kann einem dieser Film erklären. Etwas anderes aber schon: Irgendwann fliegt jeder Schwindel auf. Und dann müssen die Anständigen die Suppe auslöffeln. Der Große Crash (Margin Call) läuft seit voriger Woche in den deutschen Kinos: Euro-Bonds erfordern volle deutsche Haftung FRANKFURT. Die Ratingagentur Standard & Poor s (S&P) hat ihre Herabstufung von Euro- Schuldenstaaten gegen politische Kritik verteidigt. Wir sagen, inwiefern wir glauben, daß die Forderungen der Investoren in der Zukunft vollständig und pünktlich bedient werden können. Bei einem Staat hängt das davon ab, ob er genügend Steuern einnehmen kann und ob er auf der anderen Seite in der Lage ist, die Höhe seiner Ausgaben entsprechend zu kontrollieren, erklärte S&P- Deutschlandchef Torsten Hinrichs im Tagesspiegel. Die Sparpakete, die jetzt beschlossen worden sind, egal ob in Italien, Spanien oder in Griechenland, setzen auf beiden Seiten nur ein bißchen an. Die von SPD und Grünen propagierten gemeinsamen Euro-Anleihen würden daher nur dann mit der höchsten Bonität bewertet, wenn dabei Deutschland und andere solvente Euro-Länder das volle Risiko übernähmen: Wenn es eine gesamtschuldnerische Haftung gibt und die Dreifach-A-Staaten für das gesamte Volumen geradestehen, dann könnte man einem Euro-Bond auch ein Dreifach-A geben, erläuterte Hinrichs. (fis) Die Politik agiert nach dem Prinzip Hoffnung LINZ. Der frühere Präsident des Verbands Österreichischer Wirtschaftsakademiker, Friedrich Schneider, hält eine Pleite Griechenlands für unausweichlich. Bei einer schrumpfenden Volkswirtschaft kann man nicht erwarten, daß das Land jemals seine Schulden zurückzahlen kann, erklärte der VWL-Professor von der Universität Linz im Magazin Profil. Die Politik agiert nach dem Prinzip Hoffnung. Das ist grob fahrlässig. Die Gläubiger Griechenlands (Banken, Hedgefonds, Versicherungen) müßten auf 30 bis 40 Prozent ihrer Ansprüche verzichten. Der Schuldenschnitt hätte schon vor einem Jahr gemacht werden müssen, dann hätten wir einige Milliarden Euro eingespart, und die Situation wäre nicht derart brisant geworden, meinte Schneider. (fis) Zahl der Woche 50 Prozent der Deutschen wollen laut einer aktuellen Umfrage die D-Mark zurück. Bei FDP-Anhängern sind es 70 Prozent, bei SPD und Linken 53 bzw. 52 Prozent. Unions- und Grünen-Anhänger befürworten hingegen zu 55 bzw. 61 Prozent mehrheitlich weiter den Euro. (Quelle: Focus/TNS Emnid) ANZEIGE Konservative Privatschule Wer macht mit? Kontakt: schulprojekt2011@yahoo.de An alle langjährigen Privatpatienten! Wir senken Ihre Kosten bei gleicher Leistung ohne Wechsel der Versicherung. bei im sowie bei bis 60 % bei Garantie: Wenn Sie nicht mindestens 300, Euro/Jahr sparen, sind Sie uns keinen einzigen Cent schuldig! Suche Luftwaffen- u. Ritterkreuz- Konvolute Kontakt: Tel.: oder 7jg@gmx.de Urlaub in Berchtesgaden Erholung, Berge, Kultur u. Geschichte Wunderschöne Ferienwohnung Haus Ferienglück, Tel /84 38 od / schmeckt Spitze und schafft Wohlbehagen! Sie kennen ihn noch nicht? Gegen Einsendung dieser Anzeige zusammen mit 3 x 55 ct in Briefmarken (Portoanteil) erhalten Sie eine 0,04 l Gratisprobe ( JF) Mutter & Sohn Postfach Mainz Tel ( ) Fax ( ) Werbung gibt s an jeder Ecke. Blut nicht. 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12 12 H I N T E R G R U N D FOTO: PICTURE-ALLIANCE / DPA Hehre Ausbildungswelten im August 2003: Die deutsche Polizeiausbilderin Isabelle Voßwinkel vom German Project for Support of the Police in Afghanistan mit einer Gruppe afghanischer Polizei-Rekruten in Kabul Große Hoffnung, kleine Wirkung Zehn Jahre deutsches Engagement in Afghanistan: Trotz Milliardenausgaben und großem Personalaufwand hat sich die Situation am Hindukusch kaum gebessert CURD-TORSTEN WEICK D as Ende der Trittbrettfahrerei ist erreicht. Deutschland gehört zum Konzert der großen Demokratien, ob es will oder nicht, und wenn eine dieser Demokratien beiseite steht, schadet sie unweigerlich nicht nur den anderen sondern letztlich auch sich selbst. Zwar konnte Bundespräsident Roman Herzog im Jahr 1995 noch nicht ahnen, was Ende 2001 um Afghanistan geschehen würde, doch wies er seherisch den Weg. Knapp sechs Jahre später wurde es Realität. Infolge der Anschläge am 11. September 2001 bewies Deutschland seine uneingeschränkte Solidarität und drängte (Spiegel) sich den USA förmlich auf. Diese hatten am 7. Oktober ihren Krieg gegen den Terror in Afghanistan begonnen. Deutschland zog zwei Monate später nach. Am 22. Dezember erteilte der Bundestag das Mandat für die deutsche Beteiligung am Isaf-Einsatz auf Basis der UN-Resolution Am 2. Januar 2002 traf daraufhin ein deutsches Vorauskommando in Kabul ein, und am 14. Januar 2002 beteiligten sich dann erstmals Bundeswehrsoldaten an Patrouillen in Kabul. Der Krieg in Afghanistan, der lange nicht beim Namen genannt werden durfte, hatte begonnen. Deutschland gehört seitdem zu den größten Truppenstellern, hat mit Übernahme des Kommandos über die Isaf-Kräfte im Norden des Landes an Verantwortung gewonnen, entsprechend peu à peu die Mannschaftsstärke der deutschen ISAF- Truppe erhöht und mußte seitdem 52 gefallene Soldaten beklagen. Berlin beim Wiederaufbau an vorderster Front Da das militärische Engagement über die Jahre in erster Linie für schlechte Nachrichten sorgte, versuchten sowohl die Regierung Schröder als auch die Regierung Merkel den Fokus auf den politischen Beitrag Deutschlands für Afghanistan zu richten. Fern jeder Trittbrettfahrerei setzte Berlin sich in puncto politischer Neuanfang und Wiederaufbau ( Nation-Building ) an die Spitze. Ausdruck fand dies in der Ausrichtung der sogenannten Petersberg-Konferenz (27. November bis 5. Dezember 2001) in der Nähe von Bonn. Geschickt spielte die Regierung Schröder/Fischer die historische Karte des ehrlichen Maklers Deutschland in Afghanistanfragen, die bis zum Ersten Weltkrieg (JF 23/07) zurückzuverfolgen ist. Zwar betonte Außenminister Joseph Fischer (Die Grünen) bei seiner Eröffnungsrede den multilateralen Charakter der Veranstaltung, doch dessen Hinweis, gerade in der bilateralen Partnerschaft ein neues Kapitel aufschlagen zu wollen und die Beschwörung der langen und positiven Geschichte der deutsch-afghanischen Beziehungen setzten Zeichen. Deutschland übernahm als sogernannte lead nation die Führungsverantwortung bei der Polizeiausbildung, ließ aber auch keinen Zweifel daran, beim zivilen Aufbau eine führende Rolle zu übernehmen. Sie können sich auf unsere Solidarität und Hilfe verlassen, versprach Bundeskanzler Gerhard Schröder den afghanischen Vertetern auf der zweiten Petersberg-Konferenz (2. Dezember 2002) und Tagungsleiter Fischer sekundierte: Es geht hier um nichts Geringeres als um den Kampf der zivilisierten Welt gegenüber dem internationalen Terrorismus. Das bilaterale Projekt German Police Project Team (GPPT) begann. Seit April 2002 endsendet Deutschland Polizeibeamte zur Polizeiausbildung nach Afghanistan, parallel dazu seit 2007 zudem Experten für die European Police Mission Afghanistan (Eupol AFG), deren Ziel der Aufbau der Kriminalpolizei in Afghanistan und die Korruptionsbekämpfung ist. Die Situation war von Anfang nicht einfach. Mangelnde Bildung, wenig Respekt vor dem Polizeiberuf sind nur zwei Seiten der Medaille. Doch die Bundesregierung zeigt sich optimistisch. Obwohl das Land Brandenburg sich seit Februar 2010 nicht mehr an der Polizeiausbildung beteiligt (Begründung: in Afghanistan herrsche faktisch Krieg), sieht sie Fortschritte und will sich auch nach einem möglichen Abzug der Isaf- Truppen und über das geplante Ende der Polizeihilfe im Jahr 2014 hinaus durch Bereitstellung weiterer Polizisten und weiterer Finanzhilfen beteiligen. Weiterer Ausbau der Polizeiausbildung Zwischen 2002 und 2010 wurden nach Angaben des Auswärtigen Amtes über 230 Millionen Euro für die Polizeihilfe aufgewandt. Für das Jahr 2011 wurden bereits 77 Millionen Euro bereitgestellt, und für die Zukunft drohen weitere Ausgaben, denn Berlin plant zur Unterstützung der avisierten Aufstockung der afghanischen Polizei, die Ausbildungsanstrengungen zu forcieren. Doch die Zeit wird knapp. Während derzeit rund Soldaten (stationiert im Vier-Monats-Rhythmus) und bis zu 260 deutsche Polizei- und Sicherheitsexperten ihren Dienst für die Sicherheit unseres Landes (Bundeskanzlerin Angela Merkel) tun und auf ein baldiges Ende ihrer Mission hoffen, goß der ehemalige afghanische Wiederaufbauminister Amin Farhang Wasser in den Wein, indem er gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung davor warnte, die Sicherheitsverantwortung wie geplant 2014 an die Afghanen zu übergeben. Ihm zufolge könnten Polizei und Armee auch zu diesem späten Zeitpunkt das Land nicht unter Kontrolle halten. Zehn Jahre nach Beginn des Engagements in Afghanistan scheint kein Ende in Sicht, und die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung errechneten 17 Milliarden Kosten für den bisherigen Einsatz werden noch steigen. Denn allein schon der Einsatz von knapp Entwicklungshelfern im Dienst der Bundesregierung schlägt mit jährlich 430 Millionen Euro zu Buche. Deutsche ISAF-Soldaten in Afghanistan /01 12/02 10/0309/04 09/05 09/0603/ /07 10/0807/ /09 02/1003/11 GRAFIK FOTO: BUNDESWEHR/SCHÖFFNER Donnerstag, 13. Oktober Uhr Gerhard Löwenthal: Ein Beitrag zur politischen Publizistik der Bundesrepublik Deutschland Dr. Stefan Winckler Publizist, Historiker Freitag, 14. Oktober Uhr So unterhöhlt die EU unsere nationale Souveränität Landesrätin Barbara Rosenkranz Publizistin, FPÖ-Politikerin Samstag, 15. Oktober Uhr Die Frau als Soldat Gleichstellung um jeden Preis? Dr. Erik Lehnert Geschäftsführer des Instituts für Staatspolitik Sonntag, 16. Oktober Uhr Deutsche Opfer, fremde Täter Ausländergewalt in Deutschland Götz Kubitschek Publizist und Verleger JF im Gespräch Unsere Veranstaltungen auf der Frankfurter Buchmesse Uhr Präsentation des Jubiläumsbuchs 25 Jahre JF Der Freiheit eine Gasse Dieter Stein Chefredakteur und Gründer der JF Uhr Fremd im eigenen Land Vorsicht Bürgerkrieg? Dr. Udo Ulfkotte Journalist, Publizist, Sicherheitsberater Uhr Euro und EU: Schulden, Inflation, Armut die Zukunft der Deutschen? Prof. Dr. Bernd-Thomas Ramb Volkswirt und Publizist Michael Paulwitz Publizist Alle Veranstaltungen finden am JF-Messestand statt. Halle 3.1, Stand A100 Thorsten Thaler Stellvertretender Chefredakteur Prof. Dr. Wilhelm Hankel Wirtschaftswissenschaftler, Währungsspezialist Nach jeder Veranstaltung besteht die Möglichkeit, Bücher signieren zu lassen.

13 MEDIEN, Seite 17 Bekommen Raubkopierer Hausverbot im Internet-Café? Eine absurde Debatte KULTUR FORUM, Seite 18 Wettbewerb ist nicht sozial: Der Markt macht ungleich, der Staat schafft Ausgleich 13 Pankraz, Jakob Augstein und der Exportüberschuß S eit Wochen nun schon zetern linke Politiker und Journalisten (Michael Schlecht von der Linkspartei, Jakob Augstein im Spiegel) über die sogenannten deutschen Exportüberschüsse. Sie seien gigantisch (Schlecht), phänomenal (Augstein), und sie seien das eigentliche Übel, zumindest die Hauptursache der Eurokrise. Das Finanzdefizit der Euro- Partner, so Schlecht und Augstein, sei nicht zuletzt dadurch entstanden, daß diese durch unsere Exportüberschüsse in ihrer Schaffenskraft regelrecht eingeschnürt und zum Schuldenmachen gezwungen worden seien. Parallel dazu hätten die deutschen Regierungen ihre eigenen Arbeitnehmer zum Lohnverzicht gezwungen, was ihre europäischen Kollegen in die Arbeitslosigkeit trieb (Augstein). Deshalb also: Gestattet den deutschen Arbeitnehmern endlich einen ordentlichen Schluck aus der Pulle, dann wird auch den europäischen Kollegen endlich geholfen! Wie soll man solches Argumentieren nun nennen, unverfroren, illegal, dumm, an sämtlichen Hinweisschildern ökonomischer Vernunft vorbei? Jedenfalls stimmt es, sofort einsehbar, an allen Ecken und Enden nicht. Schon das Wort Exportüberschuß führt in die Irre. Wenn man eine Ware erfolgreich verkauft, dann besteht dafür ein echtes Bedürfnis, das man reell bedient; wieso denn Überschuß? Natürlich gibt es modische Bedürfnisse, Begehrlichkeiten, die neu entstehen, aber auch die wollen bedient sein. Das gehört zum ABC jeglichen Handels und Wandels. E xport, also Handel und Angebot über staatliche Grenzen hinweg, gehört an sich zu den Grundforderungen demokratischer Befindlichkeit; Zollschranken, Schutzzölle und andere staatlich verordnete Einfuhrbeschränkungen galten immer als (manchmal vielleicht notwendige) Übel. Innerhalb der EU gibt es seit Mai 2004 keine Zölle mehr und folglich auch keinen Export im juristischen Sinne. Jetzt im Zeichen der Euro-Krise speziell den Deutschen einen EU-internen Exportzoll aufzuerlegen, wäre ein glatter Verstoß gegen jegliches Gesetz. Im übrigen hat Deutschland seinen Exportüberschuß nicht im internen EU-Handel erarbeitet, sondern im offenen Welthandel, durch äußert lukrative Geschäfte mit China, Rußland, außereuropäischen Schwellenländern. Erst dadurch ist es in die Lage gekommen, seine eigene Verschuldung in Maßen zu halten und tief verschuldeten Euro-Partnern mit Rettungsschirmen beizuspringen. Ob ein anderer Euro-Partner in der Lage wäre, den von Deutschland dominierten (und die EU so kräftig stabilisierenden) globalen Handel aufrechtzuerhalten daran darf man zweifeln. Unser Land ist bekanntlich rohstoffarm und räumlich knapp dimensioniert. Es besitzt weder Ölfelder noch Kupfergruben, weder seltene Erden noch üppige Regenwälder, welche sich in Palmölplantagen umwandeln lassen, nicht einmal große, heiße Wüsten, in denen man einsatzfähige Sonnenenergie erzeugen könnte. Sein einziger Reichtum ist das technisch-organisatorische Talent und die Arbeitsdisziplin seiner Bevölkerung, nicht zuletzt das kaufmännische Ingenium seiner traditionellen Wirtschaftseliten. Wie gefährdet all diese positiven Kräfte in jeder Hinsicht sind, zeigt sich fast jeden Tag aufs neue. China hat Deutschland mittlerweile als führende Exportnation vom ersten Platz verdrängt. Es ist ein riesiges, mit vielen natürlichen Reichtümern gesegnetes Land, das wohl ruhig in die Zukunft blicken kann. Es betreibt einen äußerst einträglichen Rohstoffhandel, und sein zweites Export-Standbein ist die Billigproduktion. Ungeheure Massen entwurzelter Landbewohner ziehen als Wanderarbeiter im Lande umher und sind jederzeit einsetzbar und zur Herstellung von Billiprodukten anlernbar. Im Export von Textilien, Spielzeugen oder einfachen Bauteilen für komplexere Systeme ist China schon heute uneinholbar. D eutschland hingegen ist prinzipiell außerordentlich einholbar. Seine Exportwaren sind keine Billigprodukte, keine einfachen Bauteile, sondern hochkomplexe Systeme, ausgedehnte Produktionsanlagen, Autos, Hochgeschwindigkeitszüge, Flugzeuge, pharmazeutische Sachen, medizinische Apparate, praktische Gerätschaften für Haushalt und Garten. Außerdem leidet es an eklatantem Intelligenz-Export. Die an seinen Schulen ausgebildeten jungen Ärzte oder Ingenieure wandern in immer größerer Zahl nach Übersee aus, nach Kanada oder Australien, aber auch nach England oder in die Schweiz. Dem Staat von Merkel und Steinbrück im Stile von Schlecht oder Augstein Exportüberschuß vorzuwerfen, verfälscht den Stand der Dinge um volle 180 Grad. Eher sollte man von Importüberschuß sprechen, nicht nur was Erdöl, seltene Erden und chinesische Socken betrifft. Dem Export von Ärzten und Ingenieuren steht ein um vieles größerer Import von ungelernten, oft sogar lernunwilligen Bevölkerungen entgegen, die letztlich nur am Sozialsystem des Landes partizipieren wollen und gespenstische Parallelwelten mitten in Berlin aufrichten. Angesichts dieser Lage wirkt das Augsteinsche Gerede vom Lohnverzicht, der den Leuten in Deutschland angeblich aufgezwungen wird, wodurch dann Arbeitnehmer in anderen Euro-Ländern arbeitslos gemacht würden, besonders grotesk. Fakt ist doch ganz offenbar, daß man sich hierzulande als erster auf die dramatische Schuldenlage eingerichtet hat, die durch die verhängnisvolle Einführung des Euro heranreifen mußte. Nur dank dieser Vorsicht kann man doch jetzt Rettungsschirme aufspannen! Aber das Kuriose daran ist: Diese Rettungsschirme sind gar keine. Die Pleiten werden durch sie nicht abgewendet, sondern nur hinausgeschoben und dadurch verschärft. Auch das Bild von den Rettungsschirmen ist total schief, genau wie das von den Exportüberschüssen. Schirme halten bekanntlich etwas ab, was von draußen kommt, Wassergüsse zum Beispiel oder Sonnenstiche. Im Falle der Euro- Krise kommt nichts von draußen, sondern nistet gerade unter dem Schirm und kann von dort nicht wegexportiert werden. Schöne neue Welt von morgen: Konservative Kulturkritik ginge ins Leere, denn die Windmühlen drehen sich weiter BAAL MÜLLER D RICHARD STOLTZ Das globale Lebensbuch Internet: Wie Facebook die Lebensweise von Millionen Menschen weltweit verändert er durchschnittliche Medienkonsument begann in den späten neunziger Jahren, das Internet als Kommunikations- und Informationsmedium sowie als Einkaufsmöglichkeit zu nutzen. Vieles hielt man für überflüssig, aber man fand es praktisch, schnell eine schreiben zu können, wenn es für einen Anruf zu spät, für einen Brief aber zu eilig oder gerade keine Briefmarke zur Hand war. Wer seit längerem ein seltenes antiquarisches Buch suchte, konnte plötzlich zwischen mehreren Angeboten wählen, und bald erledigte man nicht nur einen Großteil seiner Einkäufe online, sondern gewöhnte sich auch schnell daran, dabei sensible Daten mitzuteilen. Alles war zu bequem, um sich lange dagegen zu sträuben, und beruflich ging seit der Jahrtausendwende sowieso nichts mehr ohne Internet, es sei denn, man wollte sich auf einfachste Handlangertätigkeiten beschränken. Wählte man sich in der Online-Steinzeit nur einmal täglich mit einem langatmig piepsenden Modem ein, so ist man heute viele Stunden am Tag, oft von morgens bis in die Nacht, online. Internetsucht gilt mittlerweile als Krankheit, von der in Deutschland, nach einer kürzlich von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Mechthild Dyckmans vorgestellten Studie, rund Menschen betroffen sind. Einen besonderen Anteil an dieser Entwicklung haben die sogenannten sozialen Netzwerke wie Facebook, das Heute ist man viele Stunden am Tag, oft von morgens bis in die Nacht, online. Internetsucht gilt mittlerweile als Krankheit. egen einer in der Satire-Zeitschrift Penguen Wveröffentlichten Zeichnung, die die religiösen Gefühle eines Teiles des Volkes verletzt, hat die Staatsanwaltschaft in Istanbul Anklage gegen den türkischen Karikaturisten Bahadir Baruter erhoben. Die Karikatur zeigt einen Vorbeter in einer Moschee mit einigen Gläubigen. Einer der Männer telefoniert gerade mit dem lieben Gott, den er mit der überkonfessionellen Bezeichnung Tanri anredet, nicht Allah : Kann ich 2004 von Mark Zuckerberg zunächst nur für Studenten der Harvard Universität entwickelt im Januar dieses Jahres auf einen Marktwert von 50 Milliarden Dollar kam und derzeit knapp 800 Millionen registrierte Nutzer hat. Es ist erstaunlich, worin die ungeheure Faszination einer Einrichtung besteht, die uns eigentlich nur ermöglicht, Fotos und persönliche Informationen ins Netz zu stellen, andere Nutzer zu kontaktieren bzw. sich mit ihnen als Freund zu verlinken oder mit ihnen zu chatten. Eigentlich nur denn hinter dem Erfolg von Facebook stehen gewaltige ökonomische Interessen, die nun dank einiger auf den ersten Blick banaler Neuerungen noch besser bedient werden können: Durch die Open- Graph -Funktion werden künftig noch mehr Inhalte allen anderen Facebook- Freunden automatisch mitgeteilt, und eine neue Timeline soll die gesamte Biographie des Nutzers, lückenlos und benutzerfreundlich präsentiert, dokumentieren. Da Facebook seine Daten an Wirtschaftsunternehmen verkauft, können diese bald ein gutes Zehntel der Weltbevölkerung mit werbestrategischem Röntgenblick durchleuchten. Natürlich gibt es Kritik von Datenschützern, die mit Recht den gläsernen Bürger an die Wand malen, aber was nutzen alle Warnungen vor dem Orwell-Staat, wenn jeder begeistert mitmacht und jegliches Konzept von Privatsphäre für altmodisch und uncool hält? Offensichtlich kommt Facebook einem sich derzeit entwikkelnden bei der jungen Generation schon vorherrschenden Lebensgefühl der westlichen Welt so sehr entgegen, Tür an Tür daß alle Bedenkenträgerei sinnlos erscheint. Es sind wohl drei Sehnsüchte, die Facebook vor allem anspricht: Erstens gibt es in einer weithin versingelten Gesellschaft starke emotionale Defizite. Die Vernetzung mit Online-Freunden wirkt dem Gefühl von Einsamkeit und (oft auch finanziell bedingter) Isolation entgegen erzeugt diese aber zugleich, so daß der einmal abhängig Gewordene in einen Drogen-Teufelskreis hinabgezogen wird: Wie der Spieler immer mehr Geld dort verliert, wo er welches zu gewinnen hofft, isoliert sich der Internetsüchtige und verliert seine Offline- Freunde, ohne in den Weiten des Netzes neue Freundschaften zu gewinnen. Das Internet erzeugt eine Illusion von Nähe, ohne daß einem, wie in einer realen zwischenmenschlichen Beziehung, etwas abverlangt würde. Man chattet täglich mit virtuellen Bekannten, die jedoch nicht, wie echte Freunde, plötzlich vor der Tür stehen, wenn sie Probleme haben. Falls sie anfangen, einem lästig zu werden, kann man den Kontakt im Prinzip beenden, was man aber nicht so oft macht, wie es manchmal nötig wäre; stattdessen setzt man sich dem Druck aus, immerzu noch jemandem mailen zu müssen, weil es unhöflich wäre, die letzte lange Nachricht unbeantwortet zu lassen und oft genug geht dies zu Lasten des realen, etwa familiären Umfeldes. Zweitens verschafft das Online-Netzwerk durch die generelle allerdings nur scheinbare Einebnung von Hierarchien dem einzelnen eine gefühlte Prominenz, die im Fernsehen durch Casting-Shows angestachelt wird, im Internet aber ganz ohne jeden Einsatz Türkei: Karikaturist Bahadir Baruter nach blasphemischer Zeichnung angeklagt den letzten Teil des Gebets weglassen, ich habe auch noch andere Dinge zu erledigen Vielen Dank, mein Gott! Schönen guten Tag noch In den Arabesken, die die Wand der Moschee zieren, hat der Zeichner die Botschaft versteckt: Allah yok, Din yalan Es gibt keinen Gott, Religion ist Lüge. Wie das Nachrichtenportal Habertürk vermeldet, müsse man die Frage stellen, inwieweit die immer religiöser werdende Türkei zugleich intoleranter werde gegenüber Andersgläubigen und vor allem gegen Nichtgläubige. Seit einigen Jahren finde eine spürbare Islamisierung der Gesellschaft statt, kräftig Der einzelne Facebook- Nutzer wird überwacht und mit Konsumanzeigen penetriert, ohne es zu bemerken. zu haben ist. Auch du kannst ein Star sein, lautet das Prinzip, du mußt dich nur so präsentieren. Je nach Alter, Interessen und Mentalität posiert man wie ein Model, teilt seine Meinungen zum Weltgeschehen mit oder informiert in vordergründig spaßiger, vielleicht aber schon als Zwang empfundener Form, über Kochrezepte und Musikvorlieben, Joggingrunden und Diäterfolge, das neue Hemd und die neue Freundin. Und drittens bedienen Communities wie Facebook mit der Illusion der flachen Hierarchien die Utopie vom globalen Dorf, von der offenen, demokratischen Gesellschaft, in der sich jeder engagieren kann, indem er irgendwo eine Online-Petition unterzeichnet. Tatsächlich liegen die eigentlichen Hierarchien, steil wie eh und je, im dunkeln, denn nur die große Krake verfügt über alle Daten, und der einzelne wird, nicht zuletzt auch politisch, überwacht und mit Konsumanreizen penetriert, ohne es zu bemerken. Trotzdem sollte man sich eine zu einfache konservative Kulturkritik versagen. Sie ginge ins Leere, denn die Windmühlen drehen sich weiter, auch wenn der Ritter von der traurigen Gestalt sie bekämpft. Zudem würde sie die in all dem liegende, stets gefährdete Freiheit ignorieren: Wie man jedes Spiel auch mit Bedacht spielen kann, ohne süchtig zu werden, so lassen sich soziale Netzwerke im Internet tatsächlich nutzen, um Bekanntschaften zu knüpfen, das Geschäft zu bewerben, eine politische Gegenöffentlichkeit herzustellen oder sogar um die große Liebe zu finden. Man darf nur nicht in der bequemen Virtualitätsfalle hängenbleiben. gefördert durch die Regierung Erdogans. Habertürk : Entsprechend beunruhigend ist die Entwicklung der Sichtweisen in der Gesellschaft neueren Umfragen zufolge wollen die meisten Türken nicht neben einem Juden oder Christen wohnen, geschweige denn Atheisten. Ebenfalls in der vergangenen Woche wurde bekannt, daß die Europäische Kommission ihre Tore für türkische Beamte öffnet. Bis zu acht türkische Staatsbeamte aus der Türkei sollen künftig als nationale Experten in den Generaldirektionen der Kommission arbeiten. Die Einschläge kommen näher. FOTO: FOTOLIA; JF-MONTAGE

14 14 K U L T U R Opferverband begrüßt Gesetzesänderung BERLIN. Als Sieg der Vernunft hat die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) die Novellierung des Stasi-Unterlagengesetzes durch den Bundestag begrüßt. Es sei wichtig für die politische Hygiene, daß die Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst bis 2019 verlängert wurden und künftig nicht nur ein kleiner Personenkreis von Spitzenpositionen überprüft wird, erklärte der nach eigenen Angaben mitgliederstärkste SED-Opferverband. Das gesetzliche Verbot der Beschäftigung früherer Stasi-Mitarbeiter in der Stasi-Unterlagen-Behörde sei ebenso wegweisend wie die Festlegung, daß noch in der Behörde beschäftigte Stasi-Mitarbeiter jetzt versetzt werden können. Endlich wird dagegen angegangen, daß sich viele frühere Stasi- Täter gut bezahlt in öffentliche Behörden des Rechtsstaates hinübergerettet haben, während die Opfer um jeden Cent Entschädigung kämpfen müssen, erklärte der VOS-Bundesvorsitzende Johannes Rink. (JF) Schönstes Volkslied: Die Gedanken sind frei LEIPZIG. Die Gedanken sind frei ist bei einer Publikumsabstimmung des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) zum schönsten deutschen Volkslied gekürt worden. Auf Platz zwei und drei wurden Der Mond ist aufgegangen und Im schönsten Wiesengrunde gewählt, danach folgen Kein schöner Land, Ännchen von Tharau und Am Brunnen vor dem Tore. Das Kulturradio MDR Figaro und MDR Fernsehen hatten vom 12. bis 29. September mehr als zwei Wochen lang nach dem schönsten deutschen Volkslied gesucht. Hörer, Zuschauer und Internetnutzer konnten unter zwanzig Volksliedern wählen, aber auch eigene Vorschläge machen. Der Siegertitel wurde vergangenen Freitag in einer Live-Sendung auf der Wartburg bei Eisenach gekürt. Das Video des Volkslied-Finales ist im Internet unter zu sehen. (tha) Live-Übertragungen aus der Metropolitan Opera NEW YORK. Mit der Neuinszenierung von Donizettis Anna Bolena und Anna Netrebko in der Titelrolle starten die New Yorker Metropolitan Opera und die Produktionsfirma Clasart Classic die nächste Saison der Live-Übertragungen aus der Met in deutsche Kinosäle. Zu den insgesamt acht Übertragungen gehört mit Don Giovanni erstmals eine Mozart- Oper. Die Hauptrolle in der Inszenierung des Met-Debütanten Michael Grandage singt Mariusz Kwiecien. Richard Wagners Ring- Tetralogie wird mit Siegfried und der Götterdämmerung fortgeführt und bringt ein Wiedersehen mit Bryn Terfel. In der Neuinszenierung von Gounods Faust werden Jonas Kaufmann und René Pape zu erleben sein. Hochkarätig besetzt ist auch The Enchanted Island. Neben Placido Domingo singen die Mezzosopranistin Joyce DiDonato und der Countertenor David Daniels. Beendet wird die Saison mit dem Puccini-Klassiker La Traviata in der Inszenierung von Willy Dekker mit Natalie Dessay in der Titelpartie. Gezeigt werden die Live-Übertragungen mit deutschen Untertiteln in HD-Qualität und mit 5.1 Dolby Surround Sound in über 130 Filmtheatern im gesamten Bundesgebiet und in Österreich. In der Saison 2010/2011 sorgten über begeisterte Kinogänger und Opernliebhaber für ausverkaufte Kinosäle. Die Liste der teilnehmenden Kinos findet sich im Internet unter www. metimkino.de (JF) Sprachpranger Enjoy your life! Werbespruch der im niederbayerischen Wallersdorf ansässigen Firma KornHair, die mehrere Friseur- und Kosmetikläden betreibt FOTO: CHRISTIAN GEISNAES./ 2011 CONCORDE FILMVERLEIH SEBASTIAN HENNIG D ie Melancholie galt einst als selbstverschuldete Sünde. Die Renaissance verschaffte ihr ein Ansehen als der eigentlichen Disposition des schöpferischen Menschen. Albrecht Dürer hat in seinem düsteren Kupferstich die Melancholia zu einem heraldischen Bild verdichtet: Eine Nachdenklichkeit, welche die höchste Geistesblüte, aber zugleich auch das größtmögliche Zerwürfnis des Menschen mit sich und seinem Schöpfer begründet. In ihrer turbulenten Zuspitzung zur Verzweiflung taucht die Schwermut in barocken Darstellungen der Laster auf: Ein irrsinniges Weib mit verzerrtem Antlitz zerfleischt sich mit dem Schwert die eigene Brust. Als Krankheit zum Tode beschrieb Kierkegaard später dieses selbstverantwortete Heraustreten aus der göttlichen Gnade. Ob Krankheitsgeißel oder Häresie, universale Traurigkeit lastet wie eine schwere Seuche überall dort auf der Welt, wo die Menschen nicht mehr durch handgreifliche Nöte von sich abgelenkt werden. Nicht in Arbeit und Gebet, sondern in Zerstreuung und Berauschung wird dann wider besseres Wissen Zuflucht gesucht. So praktiziert es auch die äußerlich erfolgreiche, junge und schöne Justine (Kirsten Dunst) in Lars von Triers Melancholia. Das Beste an diesem Film, der eigentlich eine ziemlich leicht überschaubare Geschichte erzählt, ist die Aufhebung der Kontinuität der Handlung. Damit FOTO: CONCORDE FILMVERLEIH CONCORDE FILMVERLEIH Justine (Kirsten Dunst): Die Depressive flieht von ihrer eigenen Hochzeit doch die Wurzeln der Bäume greifen nach ihr und halten sie fest Zeitschriftenkritik: Rabenflug Mit Wagner in den Weltuntergang Apokalyptischer Spleen: In dem Film Melancholia thematisiert Lars von Trier seine Depressionen Regisseur Lars von Trier wird dem Betrachter die verheerende Weitsichtigkeit und Doppeldeutigkeit des Melancholikers in einer homöopathischen Dosis zuteil. Das beginnt mit der Einführung, die Lars von Trier nicht nur mit dem Tristan-Vorspiel von Richard Wagner begleitet, sondern auch szenisch wie eine Opernouvertüre entwickelt. Alle wesentlichen Motive der Auflösung werden in einer zauberhaft visionären Leinwandmalerei vorweggenommen. Die Bäume im Schloßpark werfen doppelte Schatten, verursacht vom Lebenslicht der Sonne und der Todesstrahlung des nahenden Planeten Melancholia. Die Bedeutung dieser Rätselbilder erschließt sich erst im Rückblick. Während der Zuschauer am Schluß hinter den Figuren kauernd dem vernichtenden Aufprall entgegensieht, schaute er während der Ouvertüre unbeteiligt aus der Loge dem Weltuntergang zu. Ausschließlich Wagners fieberhafteste Musik bietet den Soundtrack zum Liebestod von Terra und Melancholia. Trier dazu: Es war für mich immer von entscheidender Bedeutung, daß hier nicht zwei Planeten aufeinanderprallen, sondern daß Melancholia die Erde verschlingt. Die eröffnende Szene der Filmhandlung ist ein Capriccio. Das Satyrspiel wird diesmal vor der Tragödie aufgeführt. In einer Stretchlimousine navigiert sich das Brautpaar unter Mühen und mit Lackschäden den windungsreichen Weg zum Anwesen der Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) und ihres Mannes John (Kiefer Sutherland) hinan. Die Stimmung ist ausgelassen. Es herrscht ein heiteres, stilles Einverständnis. Literarische Trompetenstöße WERNER OLLES nser gegenwärtiges Europa opfert zunehmend die Umühsam errungene freiheitliche Grundordnung; ignoriert die keltischen, germanischen, christlichen Wurzeln der kulturellen Identität mit immer katastrophaleren Auswirkungen. Je länger, je näher zerfällt Deutschland/Europa in multiethnische, multikulturelle Staaten in Unfreiheit und Bevormundung: In unregierbare Zonen. Darum kann es nicht heißen: Was soll werden? Sondern: Was müssen wir tun! Evelyne von Bonin, die Herausgeberin der zweimal jährlich erscheinenden Kulturzeitschrift Rabenflug, läßt in ihrem Editorial der aktuellen Ausgabe (Nr. 38/2011) keinen Zweifel daran, daß es um unsere kulturelle und nationale Identität nicht zum besten steht. Doch mache sich heute bereits verdächtig, wer für das Eigene, für das Vaterland einsteht. Scharf kritisiert sie eine satte Klientel des herrschenden Mainstreams. Dazu paßt gut Heinrich von Kleists Gedicht Germania an ihre Kinder / Eine Ode wird auch des Todesjahres (1811) dieses großen deutschen Dichters FOTO: CONCORDE FILMVERLEIH CONCORDE FILMVERLEIH Claire (Charlotte Gainsbourg) und ihr Mann John (Kiefer Sutherland) verfolgen den Lauf des Planeten Melancholia: Ich lächle Erst nach und nach wird deutlich, daß hier eine tapfere junge Frau für diese Fassung Sorge trägt. Die Depressive versucht sich selbst und alle anderen mit gespielter Heiterkeit zu bestechen. Aber sie hält nicht durch. Ich lächle, lächle, lächle, wird sie später entgegenhalten, wenn die Erpressungen zum Glücklichsein unerträglich werden, welche die High Society ihr von allen Seiten zumutet. Justine redet von einem grauen wolligen Garn, das an ihren Beinen klebt, ohne daß sie die Kraft hätte, es weiter mitzuschleppen. Wie der Fluch einer bösen Fee zerfleddern die bitteren Auslassungen der Brautmutter (Charlotte Rampling) beim Hochzeitsbankett die Fassade. Ästhetisch plausibel, aber eine visuelle Strapaze Justine bricht im Nachbarraum in sich zusammen. Als sie den Kopf hebt, erblickt sie in den Regalen aufgeschlagene Kunstbände mit konstruktivistischen Etüden. Die wirken wie ein höhnischer Tanz. Fieberhaft reißt sie Bücher aus dem Regal, schlägt Seiten mit Reproduktionen alter Meister auf und bedeckt die Trostlosigkeiten mit den Weltbildern von Brueghel, Caravaggio und Holbein. Seinen Zuschauern erspart der Regisseur dieses Mal vergleichbare Schocks. Dafür wird Schwindelfreiheit vorausgesetzt angesichts der Ekapaden der Handkamera, welche die künstliche Realität der Massenszenen im Innenraum einfängt. Diese ambulante Skizzenbuchoptik ist ästhetisch höchst plausibel, stellt aber eine visuelle Strapaze dar. Für Justine beginnt ein Interregnum gedacht, der sich sprachmächtig dagegen verwahrte, daß Deutschland von Napoleons imperialen Zugriffen vereinnahmt werden sollte. In seinem Essay Oswald Spenglers Untergang des Abendlandes und die Lebensphilosophie setzt sich Jochen Schaare mit dessen Zivilisationsprophetie auseinander. Spenglers Forderung das Schicksal kampfbereit anzutreten, nachdem sich die erhöhten Erwartungen an einen fortdauernden Kulturfortschritt nicht erfüllt hatten, versteht der Autor als literarische Trompetenstöße, die die morsche Fassade einer dekadenten Kultur zum Einsturz bringen sollen und der Jugend die Einheit von altpreußischem Geist und sozialistischer Gesinnung zur Übernahme empfiehlt. Die Wandlung von Kultur zur Zivilisation bedeute bei Spengler jedoch eine Entseelung, der es an moralisch-religiösem Bewußtsein wie auch an künstlerischer Inspiration mangele: Das Wesen aller Kultur ist Religion; folglich ist das Wesen aller Zivilisation Irreligion. (Oswald Spengler) Über die Blockade der Allierten gegen Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg schreibt der Historiker Dag Krienen in seinem Beitrag Die Bestrafung mit einer tiefster Depression, als am Morgen danach ihr letzter Selbstüberredungsversuch zum Leben als gescheitert hinter ihr liegt. Eine neue Macht weckt sie aus der Apathie. Und sie scheint in dem Maße aufzuleben, in dem die Erde in den Schatten ihres unumkehrbaren Untergangs eintritt. Voll Todesfreude bietet sie sich nächtens entblößt dem kühlen Licht Melancholias. Trier dazu: letztlich gelingt es ihr, den Planeten hinter der Sonne hervorzuziehen und sich ihm völlig zu ergeben. Claires Vorschlag, den unausweichlichen letzten Augenblick als eine Party auf der Terrasse zu begehen, wird von Justine brüsk zurückgewiesen. Es muß ihr die vorangegangene Heiterkeit ebenso frivol erschienen sein, wie ihrer zweckoptimistischen Schwester jetzt Justines zunehmende Entspannung. Eine solche ergreift auch die umgebende Natur. In der Lichtdämmerung des sich nähernden Giganten ertönen die Singvögel wie an einem Maimorgen. Die Pferde, die tagelang scheuten, sind zuletzt ganz ruhig geworden. Über das im Ganzen ästhetisch ungewöhnlich glatte Endergebnis war der Regisseur zuletzt fast erschrokken: wie Schlagsahne an Schlagsahne. Ein Frauenfilm! Ich möchte diesen Film abstoßen wie ein Körper ein falsch implantiertes Organ. ( ) Ich bin verwirrt und plage mich mit Schuldgefühlen. Was habe ich nur getan? Ob der Mensch mit sieben Milliarden Artgenossen verschwindet oder allein einer ihm gleichgültig gewordenen Welt abhanden kommt, macht für Justine nur insofern einen Unterschied, als sie darauf besteht, daß das Leben auf der Erde eine schlechte Sache ist, die ein Ende finden muß. Aber die Tante Stahlbrecher kümmert sich auch um ein würdevolles Ende für ihren Neffen, indem sie mit ihm eine Zauberhütte baut, in der zuletzt alle drei gemeinsam in unterschiedlicher Stimmungslage der Transformation entgegengehen: der Knabe als gespannter Abenteurer, seine Mutter in aufgelöster Verzweiflung und deren Schwester hingegeben an das Nichts. Lieber dem Nichts ergeben, als einem falschen Götzen von Menschenhand und Menschenverstand. Hungersnot (JF 10/09), daß bis in das Frühjahr 1919 hinein etwa eine Million Zivilisten in Deutschland und Österreich an Unterernährung starben. Das massenhafte Hungern und Verhungern als Folge der ungemein effektiv funktionierenden Lebensmittelblockade der Alliierten findet in den einschlägigen historischen Darstellungen zum Ersten Weltkrieg durchaus Erwähnung, selbst im Lexikon der Völkermorde (1999) wird darauf hingewiesen. Tatsächlich war die Hungerblockade Teil eines größeren strategischen Kriegsführungskonzepts vor allem der Briten, das auf völlige Niederwerfung abzielte. Vor allem war sie jedoch ein Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht und ein Zivilisationsbruch ungeheuren Ausmaßes, da sie sich vor allem gegen schwächere Zivilisten, insbesondere Frauen, Kinder, Alte und Kranke richtete. Kontakt: Evelyne v. Bonin, Herminenstraße 7, Wiesbaden. Das Einzelheft kostet 3,20 Euro, das Jahresabo 6 Euro. CD: Neofolk Vergeltung für Verlorenes Spreu & Weizen: Gott Erhalt s Lichterklang Von Nils Wegner as junge Münchner Projekt D Spreu & Weizen hat es wahrlich nicht leicht. Ende Juni dieses Jahres wurde der angestrebte erste Liveauftritt in Salzburg von Seiten des Clubbetreibers abgesagt. Als nur kurze Zeit später der Gitarrist die Band verließ, schien das Erscheinen ihres zweiten Albums fraglich. Nun ist es bei dem ebenfalls noch jungen Neofolk- Label Lichterklang doch noch erschienen und heißt Gott vergelt s! Nicht nur ist hier eine bayrische Variation des Dankeschön gemeint, sondern auch eine implizite Aufforderung zur Vergeltung steckt dahinter: Vergeltung für den Untergang des Römischen Reiches und seiner antiken Glorie. Dennoch wohnt dem Album ein militant christlicher Aspekt inne. Den Anfang macht das verhaltene Căpitanul, im Titel bereits ein Verweis auf den Führer der rumänischen Eisernen Garde, Corneliu Codreanu. Der wie ein Mantra wiederholte Spruch Wann, wenn nicht jetzt? Und wer, wenn nicht Du? ist nicht nur ein Aufruf zum Kampf für die verlorene Herrlichkeit, sondern auch eine Gemahnung an den Hörer, sich auf das Hörerlebnis Spreu & Weizen einzulassen. Im sich nahtlos anschließenden, pompösen Deus lo vult kommt der verstorbene Renegatenpfarrer Hans Milch zu Wort, dessen berüchtigte, in der Neofolkszene vor allem durch die Gruppe Von Thronstahl bekanntgewordene Predigten stets von einer Geißelung des Zeitgeistes lebten. So ist auch hier vom drohenden Untergang Europas die Rede. Dennoch scheint nach dieser unheilvollen Verheißung gemäß dem nächsten Lied, Madre di Salvezza, noch Rettung möglich. Dieses lebt ausschließlich von der Zusammenarbeit mit der italienischen Band Rose Rovine E Amanti, die mit Gitarrenklängen, einer Trompetenmelodie und vor allem der bekannten Stimme Damiano Mercuris für mediterranes Flair und etwas Wärme im ansonsten recht sterilen Samplegewitter des Albums sorgt Nach dem in jeder Hinsicht vernachlässigbaren Lady in White verbindet Europa der Freiheit die etwas bemüht gereimte Forderung nach einem neuen europäischen Zusammenleben in Gott mit einer Anrufung des Erzengels Michael. Hier wird wieder eine Brücke geschlagen zur Eisernen Garde, vormals Legion des Erzengels Michael ; damals wie heute steht St. Michael in einem eschatologischen Kontext für die endgültige Bezwingung des Satans und damit des Bösen, Niederträchtigen in der Welt. Alles Licht fordert vor dem Hintergrund einer Silvesteransprache Hindenburgs dazu auf, den Blick von den Toten abzuwenden und sich mit Liebe und Lebensmut der Zukunft zuzuwenden. Im folgenden Rome s Calling wird dann auch klar, wie diese Zukunft aussehen soll. Es geht um die Rückkehr zu verlorener Größe; dementsprechend kommt das Lied wuchtig und aufpeitschend daher. Das letzte Drittel des Albums verdeutlicht den Traumcharakter des Hoffens auf eine zweite Renaissance. Die Trakl-Vertonung Gesänge zur Nacht zeugt ebenso davon wie das sphärische Dreams of Rome. Man hört viel Kreativität und Innovation aus den Stücken heraus. Sicher wird das Potential dieses Projekts zum Tragen kommen, wenn man künftig davon absieht, sich allzuoft selbst zu kopieren. Weiter so!

15 GegenAufklärung KOLUMNE VON KARLHEINZ WEISSMANN Ich-Bewußtsein und Identität Ausstellung: Gesichter der Renaissance im Berliner Bode-Museum K U L T U R 15 Lockerungsübungen Überall lauern Suchtgefahren ichard Herzinger hat in seiner RWelt-Kolumne einen Bericht über einen Moscheebesuch in der Hauptstadt gebracht, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt: ein tobender Imam mit verstümmelten Händen, der seiner Gemeinde vor allem aber den Ungläubigen ewige Höllenstrafen androht, kein Unterschied im Fanatismus bei gebildeten und äußerlich Assimilierten wie bei denen, die zäh an Tracht und Sitte ihrer Heimat festhalten. Daß der Text erst nach der Berlinwahl erschien, ist so wenig Zufall wie das Generalthema, um das es geht, nämlich die antizionistischen recte: antisemitischen Verschwörungstheorien, die in diesem Milieu verbreitet sind. Es stört Herzinger weniger die Problematik als solche, sondern die Behauptung, daß sein eigenes Blatt von einem Juden Axel Springer gegründet worden sei und heute von einer Jüdin, dessen Witwe Friede Springer, geleitet werde, die zur großen Konspiration mit Israel und dem Scheitan USA gehörten. Daß sich die Lage ändert, kann man daran erkennen, daß Legitimitätsfragen diskutiert werden. Das Anthropologiedefizit der heutigen Politik ist auch feststellbar an der Entschlossenheit, mit der man nicht nur übergeht, was Erfahrung und Lebensklugheit lehren, sondern auch das, was die Forschung sagt. Wenn es zutrifft, daß sich die Adoleszenz in den Industrieländern mittlerweile vom zwölften bis zum dreißigsten Jahr ausdehnt und mit erheblichen im Grunde nur psychotherapeutisch kurierbaren seelischen Belastungen einhergeht, sollte man fragen, wer eigentlich dauernd für die Senkung des Wahlalters eintritt, obwohl die Jungen unzurechnungsfähig sind. Wenn die Grünen in Hamburg jetzt einen pacte civil planen, eine Art Ehe light, leicht zu schließen, leicht zu trennen, so muß man das auch als Indiz für die paradoxe Entwicklung auf diesem juristischen Feld betrachten. Einerseits haben wir es zu tun mit einer immer weitergehenden Verrechtlichung gerade der intimsten Beziehungen, andererseits versucht man mit allen Mitteln, formelle Hürden zu senken und das Rechtsinstitut Ehe und Familie als solches zu schwächen. Die Tendenz von Herzingers Text ist kein Zufall. Er gehört zur bürgerlichen Fraktion der Anti-Deutschen und verdient sein Brot damit, immer neue Brandherde der Westfeindlichkeit zu entdecken und auszutreten. Das begann in der Zeit nach der Wiedervereinigung, als er sich im ersten Kampf gegen Rechts Verdienste erwarb, und endet vorläufig bei dem Dauerhymnus auf die USA und Israel»Daß sich die Lage ändert, erkennt man daran, daß Legitimitätsfragen diskutiert werden.«und die Vorzüge der Amerikanisierung und der Dauerwarnung vor der deutschen und islamistischen Gefahr, die sein Blatt abdruckt. Die Forderung der BBC-Leitung, die Datumsbestimmung mittels BC (Before Christ) und A. D. (Anno Domini) zu ersetzen durch BCE (Before Common Era) und CE (Common Era), um niemanden vor den Kopf zu stoßen, geht keinesfalls weit genug. Man sollte mindestens die islamische (622 n. Chr. = 1) und jüdische (3761 v. Chr. = 1) Zeitrechnung hinzunehmen, andere Minderheiten würden sich angesprochen fühlen durch Datierung nach dem französischen (1789 n. Chr. = I) oder dem faschistischen (1922 n. Chr. = I) Revolutionskalender, der Errichtung von Stonehenge (1805 v. Chr. = 1 n. St.) oder dem germanischen Sieg am Teutoburger Wald (9 n. Chr. = 1 n. T.). Eine gewisse Unübersichtlichkeit wäre dabei in Kauf zu nehmen und ließe sich noch vermehren durch die Verwendung der jeweils gebräuchlichen Monatsnamen und der rationalen Dekade oder bolschewistischen Fünf-Tage- anstelle der irrationalen Sieben-Tage-Woche. Zur Bewältigung des Durcheinanders braucht man nur einen wohldotierten Kalenderbeauftragten, der uns immer sicher sagen könnte, in welchem Jahr nach der Hedschra, nach Erschaffung der Welt, nach dem Sturm auf die Bastille oder dem Marsch auf Rom oder den wichtigen Ereignissen in der frühen Geschichte wir uns gerade befinden. Dereinst werden die fünfzig Jahre zwischen 1961 und 2011 als Ausnahmezeit gelten, eine Art Verschnaufpause der Weltgeschichte. Der Fremde, der in deiner Mitte wohnt, steigt immer höher nach oben, hoch über dich hinaus, und du steigst immer tiefer hinab. Er leiht dir aus und du kannst ihm nichts ausleihen. Er wird zum Kopf und du wirst zum Schwanz. (5. Mose 28.43f.) Was jemandem wie Herzinger und allen anderen Beschwörern des alten wie des neuen Antisemitismus nie in den Sinn kommen würde, ist dessen strukturelle Ähnlichkeit mit jenem Antigermanismus, dem sie selbst anhängen. Hier wie dort geht es um Weltvölker mit ausgeprägtem Sonderbewußtsein und ebenso ausgeprägtem Selbsthaß, um politisch Unbegabte und um solche, die in der Krise schwanken zwischen dem Versuch, sich unsichtbar zu machen, und dem, unbedingt ihr Anderssein zu behaupten. Die nächste Gegenaufklärung des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 21. Oktober in der JF-Ausgabe 43/11. FABIAN SCHMIDT-AHMAD V on einfachen, primitiven Formen zu einer immer vollkommeneren Gestalt so denkt man sich heute Entwicklung. Ein Gedanke narzißtischer Eitelkeit, dünkt sich unsere Gegenwart doch so als die Krone des mit der Neuzeit begonnenen Projekts der Individualisierung. Doch nichts ist falscher als dies geistige Impulse leuchten am stärksten im Moment ihres Einschlags, nicht ihrer unterirdischen Entfaltung. Den praktischen Beweis liefert die Ausstellung Gesichter der Renaissance, die bis November im Berliner Bode-Museum gezeigt wird. Gattungsübergreifend sind über hundertfünfzig Porträts der italienischen Frührenaissance auf Gemälden, Zeichnungen, Büsten und Medaillen versammelt worden, die damit den Anspruch des Museumsgründers Wilhelm von Bode entgegenkommen, eine künstlerische Gesamtschau zu präsentieren. Gewaltige Namen der Kunstgeschichte begegnen uns: Leonardo da Vinci, Sandro Botticelli, Donatello, Raffael, Antonio del Pollaiuolo, aber auch die von den Italienern geschätzten Albrecht Dürer, Hans Memling und Rogier van der Weyden, die auf wechselseitige Beeinflussung im europäischen Raum hinweisen. Über fünfzig Leihgeber aus Europa und Amerika, darunter die Uffizien in Florenz, der Pariser Louvre und die Londoner National Gallery, stellten hochwertige Werke zur Verfügung, welche die Ausstellung unwirklich erscheinen lassen man begegnet alten Freunden, die man vielleicht noch nie sah, die vielleicht sich selbst nicht mehr gesehen hatten, seitdem sie die Werkstatt verließen. An der Schwelle zur Neuzeit, zwischen 1430 und 1500, entstanden die meisten Arbeiten. Mit jedem Pinselstrich drücken sie die revolutionäre Veränderung des Menschen zum Ich-Bewußtsein, zur Individualität, aus. Zugleich zeigen sie mit klar artikulierten Bildtypen die feste Einbindung in einen Kontext, eine kulturelle Identität. Prägnant sind die zehn Ausstellungssäle gegliedert in: Anfänge, Florenz, die Medici, die Höfe in Mantua und Ferrara, in Rom, Neapel und Bologna, in Perugia und Urbino, Venedig, dazu ein Exkurs zu deutschen Auftraggebern. Ein Saal ist Mailand gewidmet. Schon der Auftakt mit Donatellos Büstenreliquiar des heiligen Rossore beeindruckt. Der vergoldete Bronzeguß, zunächst wie eine introvertierte Porträtplastik wirkend, wurde als Reliquienschrein konzipiert. Im Vergleich zu den meist in Marmor oder auch Terrakotta ausgeführten Porträtbüsten wohlhabender Auftraggeber wird der nur kleine Schritt von der sakralen zur profanen Kunst deutlich. Masaccios auf Holz gemaltes Porträt eines Mannes 1426/27 gilt als erstes, eigenständiges Florentiner Porträt. Als Ghirlandaios größtes Meisterwerk (Roger Fry) gilt das fein empfundene Doppelporträt eines alten Mannes mit Enkel. Nachzudenken scheint der FOTO: AUSSTELLUNG Domenico Ghirlandaio, Bildnis eines Greisen mit einem Kind, um etwa 1490: Dynastische Fortsetzung des Geschlechts Grauhaarige über die dynastische Fortsetzung seines Geschlechtes. Auffallend ist der ungeschönte Realismus der Darstellung, der weder die Warze auf der Stirn noch die von einem Rosenekzem deformierte Nase verschweigt. Die gekonnte Wiedergabe der Oberflächenstruktur von Samt und Seide demonstriert den Reichtum des Auftraggebers. Den Blick beeindruckt das Schimmern des Lichtes auf Haut und Haaren, die sanften Schatten, welche die Falten der Gewänder werfen. Während bei den Männerporträts eher Selbstbewußtsein, Energie oder Erfolg ausgedrückt werden, ist es bei Frauen Schönheit und Anmut. Weiße Haut war gefragt, blondes Haar. Von Botticelli sehen wir zwei Profilansichten der Simonetta Vespucci, deren kompliziert frisiertes Haar reich geschmückt ist. Doch Florenz hatte strenge Luxusgesetze, nur ein zur Schutzgöttin verklärtes Ideal der Simonetta wurde gezeigt, die schon mit 23 Jahren an Schwindsucht starb. Stadtbekannt war die platonische Liebe des Giuliano de Medici zu ihr, der zwei Jahre nach ihr einem Attentat zum Opfer fiel. Er ist gleichfalls mit mehreren Porträts vertreten, die Botticellis künstlerische Entwicklung faßlich machen. Ein regelrechter Kultus wurde um die beiden getrieben, durch das Mäzenatentum der Medicis befeuert. Im Sinnzusammenhang stehen die einzelnen Kunstgattungen nebeneinander, verweisen auf die gegenseitige Befruchtung der Genres. Zeichnungen dienten der Vorbereitung der Gemälde. Die oft reliefartig behandelten Medaillen, begehrte Sammelobjekte an den Höfen Europas, geben die Auftraggeber differenziert wieder, spielen auf den Rückseiten an auf bestimmte Eigenschaften oder Vorlieben. Medaillen, die ihrerseits Anregungen aus der Antike aufnahmen, inspirierten die populären Profildarstellungen auf den Gemälden, während die Dreiviertelporträts Anregungen der Porträtbüsten aufnahmen. Mit der ästhetischen Kraft einer neuen Zeit leuchten glühend die Farben oder schimmern kostbar auf schwarzsamtenen Tafeln, die manchmal sogar noch die kostbaren Originalrahmen tragen. Nobel erscheinen die hellen, auf Renaissancearchitektur bezogenen alten Türeinfassungen aus Stuckmarmor inmitten derin Anthrazit gehaltenen Wände. Kunstwerke und der sie umgebende Raum begegnen sich in Harmonie. Raumfluchten mit Sichtachsen auf Meisterwerke leiten und locken. Am Ende des Rundganges stockt der Atem beim Anblick Cecilia Galleranis, der jungen und gebildeten Geliebten von Ludovico Sforza. Es ist Leonardos berühmtes Meisterwerk, die Dame mit dem Hermelin. Die Ausstellung Gesichter der Renaissance ist bis zum 20. November im Berliner Bode- Museum, Am Kupfergraben 1, täglich von 10 bis 18 Uhr, Do. bis 22, zu sehen. Telefon: 030 / Der Katalog kostet 47,50 Euro Von Karl Heinzen as bislang als ein von biede- Pädagogen in die Welt Wren gesetztes Gerücht galt, darf nun als wissenschaftlich untermauert gelten Menschen in unserem Lande sind, so eine auf Veranlassung der Bundesdrogenbeauftragten erstellte Studie, dem Internet verfallen, weitere 2,5 Millionen können als suchtgefährdet gelten. Als abhängig werden dabei jene eingestuft, die tagtäglich mindestens vier Stunden zwanghaft online gehen. Nicht erfaßt sind hier Menschen, die sich zwar ebenso lange im Internet bewegen, dafür aber berufliche Gründe anführen können. Diese sind jedoch, was die Klagen zahlreicher Arbeitgeber über die PC-Nutzung ihrer Beschäftigten belegen, oftmals nur vorgeschoben, sodaß die tatsächliche Zahl der Suchtfälle deutlich höher sein dürfte. Alles, was Menschen treiben, ist der Gefahr ausgesetzt, daß sie das Maß verlieren. Der Einstieg in die Abhängigkeit erfolgt zumeist über Online- Spiele und soziale Netzwerke, Versuchungen, denen insbesondere die Altersgruppe der 14- bis 16jährigen kaum zu widerstehen weiß. Die Quote der Gefährdeten ist daher in ihr mit 15 Prozent signifikant hoch. Begünstigt wird das Abgleiten in die Sucht durch Flatrates, die keinen Kostendruck als Motiv für eine Entzugstherapie aufkommen lassen. Dennoch scheint der Gesetzgeber bislang davon absehen zu wollen, derartige Preismodelle der Internetanbieter zu untersagen, vielleicht, weil er sich nicht auch noch das Problem der Beschaffungskriminalität einhandeln möchte. Mit diesem Schlaglicht auf eine neue Suchtgefahr hat die Bundesdrogenbeauftragte nicht nur unterstrichen, daß ihre Tätigkeit unverzichtbar ist und eigentlich mit zusätzlichen Finanzmittel ausgestattet werden müßte. Sie hat zugleich vor Augen geführt, daß die Aufgaben des Staates auf diesem Gebiet viel weiter zu fassen sind. Es gilt nicht allein, Menschen von der Einnahme von Substanzen abzubringen, die Leib und Seele zerrütten. Sie sollen vielmehr dazu angeleitet werden, alles zu vermeiden, was einer vernünftigen Lebensführung widerspricht, in der sie engagiert einer Erwerbstätigkeit nachgehen und ihre Freizeit dazu nutzen, ihre Arbeitskraft wiederherzustellen. Alles, was Menschen treiben, ist der Gefahr ausgesetzt, daß sie das Maß verlieren. Fernsehen, Sexualität, Hobbys, Geselligkeit, Essen und Trinken, Reisen, Sport: Es gibt kaum ein Thema, das die Bundesdrogenbeauftragte nicht beschäftigen müßte. TERMINE AHLEN Bis : Max Pechstein. Ein Expressionist aus Leidenschaft. Retrospektive. Ausstellung im Kunstmuseum, Museumsplatz 1 / Weststraße 98. Di., Mi. Fr. 14 bis 18 Uhr, Do. bis 20 Uhr, Sa./So. 11 bis 18 Uhr. Info: / , BADEN-BADEN Bis : Kopf oder Zahl. Die Quantifizierung von allem im 19. Jahrhundert. Ausstellung im Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts, Lichtentaler Allee 8. Täglich außer montags 11 bis 18 Uhr. Info: / , BERLIN Bis : Michael Otto. Topographie der Stille Berlin- West. Radierungen Ausstellung in der Kommunalen Galerie, Hohenzollerndamm 176. Täglich außer montags 10 bis 17 Uhr, Mi. bis 19 Uhr. Info: 030 / , Bis : Helmut Newton: Polaroids. Ausstellung im Museum für Fotografie, Jebensstraße 2. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Do. bis 22 Uhr. Info: 030 / , Bis : Gesichter der Renaissance. Meisterwerke italienischer Portrait-Kunst. Ausstellung im Bode-Museum, Am Kupfergraben 1. Täglich 10 bis 18 Uhr, Do. So. bis 22 Uhr. Info: 030 / , smb/gesichter/ Bis : Zwischen Film und Kunst. Storyboards von Hitchcock bis Spielberg. Ausstellung in der Deutschen Kinemathek, Potsdamer Straße 2. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Do. bis 20 Uhr. Info: 030 / , www. deutsche-kinemathek.de : Friedrich Seidenstücker. Fotografien Ausstellung in der Berlinischen Galerie Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Alte Jakobstraße Täglich außer dienstags 10 bis 18 Uhr. Info: 030-/ , Bis : Pergamon. Panorama der antiken Metropole. Ausstellung Pergamonmuseum, Am Kupfergraben 5. Täglich 9 bis 18 Uhr, Do. bis 21 Uhr. Info: 030 / , BONN Bis : Max Liebermann. Der Künstlergarten auf dem Dach der Bundeskunsthalle, Museumsmeile, Friedrich-Ebert-Allee 4. Täglich außer montags 10 bis 19 Uhr. Info: / , www. bundeskunsthalle.de DRESDEN Bis : Himmlischer Glanz. Raffael, Dürer und Grünewald malen die Madonna. Ausstellung in der Gemäldegalerie Alte Meister, Semperbau am Zwinger, Theaterplatz 1. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr. Info: / , DÜSSELDORF Bis : Der Schatz im Silbersee. Mythos des amerikanischen Westens in Deutschland. Ausstellung im Filmmuseum, Schulstraße 4. Täglich außer montags 11 bis 17 Uhr, Mi. bis 21 Uhr. Info: / , www. duesseldorf.de/kultur/filmmuseum/ ERFURT Bis : Auf den Hund gekommen. Kulturgeschichtliches zu einem besonderen Haustier. Ausstellung im Museum für Thüringer Volkskunde, Juri-Gagarin-Ring 140 a. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr. Info: 03 61/ , www. volkskundemuseum-erfurt.de ESSEN Bis : Joel Sternfeld. Farbfotografien seit Ausstellung im Museum Folkwang, Museumsplatz 1. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Fr. bis Uhr. Info: / , FRANKFURT AM MAIN Bis : Carl Morgenstern und die Landschaftsmalerei seiner Zeit. Ausstellung im Museum Giersch, Schaumainkai 83. Täglich außer montags 12 bis 19 Uhr, Fr. bis So. 10 bis 18 Uhr. Info: 069 / , HELGOLAND Bis : 60 Jahre Europa auf Helgoland. Die friedliche Besetzung der Insel. Ausstellung im Museum Helgoland, Kurpromenade. Täglich außer montags 10 bis Uhr. Info: / 12 92, HERRENCHIEMSEE Bis : Götterdämmerung. König Ludwig II. Bayerische Landesausstellung im Neuen Schloß Herrenchiemsee. Täglich 9 bis 18 Uhr. Info: / , LEIPZIG Bis : Barbara Klemm. Künstlerporträts. Foto-Ausstellung von 60 Porträts aus vier Jahrzehnten im Museum der bildenden Künste, Katharinenstraße 10. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Mi. 12 bis 20 Uhr. Info: / , Bis : Max Beckmann. Von Angesicht zu Angesicht. Ausstellung von Gemälden, Skizzen FOTOS (3): AUSSTELLUNG / KHM MIT MVK UND ÖTM und Graphiken im Museum der bildenden Künste, Katharinenstraße 10. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Mi. 12 bis 20 Uhr. Info: / , LÜNEBURG Bis : Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Die Taufe als Ritual zwischen Brauchtum und Sakrament. Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum, Ritterstr. 10. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr. Info: / , MANNHEIM Bis : Schädelkult. Von A wie Ahnenschädel bis Z wie Zuckerschädel. Ausstellung in den Reiss-Engelhorn-Museen, Museum Weltkulturen D5. Täglich außer montags 11 bis 18 Uhr. Info: / , Schneekugel mit Maos Geburtshaus; Spielzeugsoldat mit Handgranate; Sammelbox für Mao-Abzeichen: Ausstellung Personenkult und politisches Design im China von Mao Zedong im Museum für Völkerkunde in Wien (bis 19. November) MINDEN Bis : Die Reichskanzler der Weimarer Republik Zwölf Lebensläufe in Bildern. Ausstellung im Preußen-Museum, Simeonsplatz 12. Täglich außer montags und dienstags 11 bis 17 Uhr. Info: / , www. preussenmuseum.de MÜNCHEN Bis : Dürer Cranach Holbein. Die Entdeckung des Menschen: Das deutsche Porträt um Ausstellung in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, Theatinerstraße 8. Täglich 10 bis 20 Uhr. Info: 089 / , Bis : Kampf um Troja. 200 Jahre Ägineten in München. Ausstellung in der Glyptothek, Königsplatz. Täglich außer montags 10 bis 17 Uhr. Info: 089 / , mwn.de NAUMBURG Bis : Der Naumburger Meister Bildhauer und Architekt im Europa der Kathedralen. Landesausstellung Sachsen-Anhalt an fünf Standorten. Täglich 10 bis 19 Uhr, Fr. bis 22 Uhr. Info: / , ROSENHEIM Bis : Indianer. Ureinwohner Nordamerikas. Ausstellung im Lokschuppen, Rathausstraße 24. Täglich 9 bis 18 Uhr, Sa./ So. ab 10 Uhr. Info: / , SPEYER Bis : Die Salier Macht im Wandel. Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz, Domplatz 4. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr. Info: / , VÖLKLINGEN Bis : Mel Ramos 50 Jahre PopArt. Ausstellung (JF 15/11) im Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Täglich 10 bis 19 Uhr. Info: / , www. voelklinger-huette.org WIEN Bis : Makart. Maler der Sinne. Ausstellung im Unteren Belvedere, Rennweg 6. Täglich 10 bis 18 Uhr, Mi. bis 21 Uhr. Info: / 1 / , Bis : Der Prophet Die Welt des Karl Wilhelm Diefenbach. Ausstellung in der Hermesvilla des Wien-Museums, Lainzer Tiergarten. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr. Info: / 1 / , Bis : Hundertwasser. Die Kunst des Grünen Weges. Ausstellung im Kunst Haus Wien, Untere Weißgerberstraße 13. Täglich 10 bis 19 Uhr. Info: / 1 / , Bis : Die Kultur der Kulturrevolution. Personenkult und politisches Design im China von Mao Zedong. Ausstellung im Museum für Völkerkunde, Heldenplatz. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr, Do. bis 21 Uhr. Info: / 1 / , WOLFSBURG Bis : Henri Cartier-Bresson. Die Geometrie des Augenblicks Landschaften. Ausstellung im Kunstmuseum, Hollerplatz 1. Täglich außer montags 11 bis 18 Uhr, Di. bis 20 Uhr. Info: / , ww.kunstmuseumwolfsburg.de WUPPERTAL Bis : Alfred Sisley der wahre Impressionist. Ausstellung im Von der Heydt-Museum, Turmhof 8. Täglich außer montags 11 bis 18 Uhr, Do./Fr. bis 20 Uhr, Sa./So. ab 10 Uhr. Info: / , WUSTRAU Bis : Preußen in Ägypten. Ausstellung im Brandenburg- Preußen Museum, Eichenallee 7a. Täglich außer montags 10 bis 18 Uhr. Info: / , XANTEN Bis : Gefährliches Pflaster. Kriminalität im Römischen Reich. Ausstellung LVR-Römer- Museum, Am Rheintor. Täglich 9 bis 18 Uhr. Info: / , **** Alle Angaben ohne Gewähr Fehlt hier Ihr Veranstaltungshinweis? 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16 ENSEMBLE SANS SOUCI BERLIN IRMGARD und CHRISTOPH HUNTGEBURTH studio classique 16 K U L T U R Ein Leben für Preußen Nachruf: Zum Tod von Wolfgang Stribrny HARALD SEUBERT Das entheiligte Kaisertum Macht im Wandel: Zur Salier-Ausstellung in Speyer r war Preuße sans phrase, ohne EUmschweife, als Historiker, als überzeugter Monarchist und zugleich als Persönlichkeit. Die Bescheidenheit, Geradlinigkeit, humorvolle Liebenswürdigkeit gaben Wolfgang Stribrnys Haltung ihre große Überzeugungskraft wurde Stribrny als Sohn eines Militärarztes in Gelnhausen in Hessen geboren, aufgewachsen ist er in Frankfurt an der Oder, wo die Familie bis 1945 lebte. Später wurde sie im hessischen Sobernheim heimisch. Nach dem Studium der Geschichte, Geographie und Politischen Wissenschaften, das er mit einer zum Standardwerk gewordenen Dissertation über die Rußlandpolitik Friedrichs des Großen abschloß, wirkte er zunächst von 1964 bis 1974 sehr erfolgreich als Studienleiter an der Evangelischen Akademie Hofgeismar. Große Persönlichkeiten konnte er hier versammeln, wichtige Debatten anstoßen. Seit 1974 lehrte er bis zu seiner Emeritierung als Professor in Flensburg. Plädoyers für ein Bundesland Preußen In zahlreichen Ehrenämtern, die er mit Hingabe ausübte und denen er durch seine Persönlichkeit Stil und menschliches Format gab, setzte er sich für Preußen ein: von 1988 bis 1996 als Vorsitzender des Vereins Tradition und Leben. Das Preußeninstitut/ Zollernkreis hob er zusammen mit Hans-Joachim Schoeps aus der Taufe und blieb in ihm federführend als Sprecher (seit 1969), lange Jahre als Erster Vorsitzender und bis 2010 als Präsident tätig. Unvergessen ist Stribrnys fulminantes Gedächtnis, seine umfassende Kenntnis preußischer und deutscher Geschichte und seine wunderbare Fähigkeit, als Cicerone die preußische Vergangenheit wiederaufleben zu lassen. Er war in seiner Generation der Historiker des Hauses Hohenzollern. Stribrny beschritt in seiner Forschung niemals ausgetretene Pfade. Seine aus reichen Archivstudien komponierten Aufsätze und Monographien hoben wenig bekannte Aspekte preußischer Geschichte ans Licht. Sie zeichnen sich durch Klarheit aus, durch Sachlichkeit, aber auch durch eine große narrative Begabung, die aus Geschichten Geschichte sichtbar zu machen wußte. Dabei war ihm Preußen die Idee mit Zukunft, es setzte Normen, die auch für ein republikanisches Gemeinwesen unverzichtbar sind. Preußens Rehabilitierung war sein Lebensanliegen. Mehr noch: Immer wieder hielt Stribrny schlagende Plädoyers für die Wiedererrichtung eines Bundeslandes Preußen. Wolfgang Stribrny war dem Hause Hohenzollern eng verbunden. Und er war ein zutiefst gläubiger Mann. Rationalität, Toleranz und pietistische Beseelung machten Preußen in seinem Verständnis aus. All das lebte er wie kein zweiter. In seiner Person wurde das alte Ethos Preußens aufs schönste lebendig. Am 29. September ist er im siebenundsiebzigsten Lebensjahr gestorben. ANZEIGE FRIEDRICH II. «DER GROSSE» ( ) FLÖTENSONATEN, FLÖTENKONZERT & MÄRSCHE Vol. 1 FRIEDRICH II. «DER GROSSE» ( ) DIE SINFONIEN Vol. 3 HANS-GEORG MEIER-STEIN N ach der vielbesuchten Staufer- Ausstellung in Mannheim (JF 51/10 1/11) ist jetzt und noch bis Ende Oktober eine Ausstellung zu den Saliern in Speyer zu sehen. Speyer bietet sich als Ort einer solchen Schau unbedingt an, denn im hiesigen Dom liegen bekanntlich die salischen Kaiser bestattet. Und so hatte man schon 1992 eine opulente Ausstellung zur Geschichte der Salier und ihrer Zeit gezeigt. Der Anlaß ist dieses Mal ein dreifacher: Zunächst ist da das Jubiläum der Domweihe von 1061, die sich also im Herbst 2011 zum 950. Mal jährt. Vor 900 Jahren, im April 1111, wurde Heinrich V. als letzter Salier in Rom zum Kaiser gekrönt. Und dann ist da noch die Erinnerung an die privat- und finanzrechtlichen Privilegien, die Speyer 1111 zugestanden wurden und die als Voraussetzung zu sehen sind für die Entwicklung der bürgerlichen Selbstverwaltung in der Freien Reichsstadt. Die salische Epoche umfaßt die Zeit von 1024 bis 1125, in der vier Könige und Kaiser das römisch-deutsche Reich regierten: Konrad II., Heinrich III., IV. und V. Die Salier, eine alte fränkische Dynastie, kamen ursprünglich aus der Moselregion und haben ab dem 9. und 10. Jahrhundert Worms und Speyer zu ihren Machtzentren ausgebaut. Im Rahmen eines Gesamtporträts der Salier tritt uns mit Konrad dem Roten (gefallen in der Schlacht auf dem Lechfeld 955) zum ersten Mal eine namhafte geschichtliche Gestalt entgegen; sein Grab liegt im Wormser Dom. Genealogische Verbindungen mit den Karolingern, Ottonen und Staufern gaben der Dynastie die politische Legitimität für ihren Herrschaftsanspruch. Den Saliern fehlte es an einzigartigen Figuren Der Glanz der Staufer geht den Saliern ab. Es fehlen ihnen herausragende Profilfiguren wie Barbarossa oder Friedrich II., die, umgeben von der Aura des persönlich Bedeutenden und der Einzigartigkeit, in Sagen und Legenden, im Denkmalskult des 19. Jahrhunderts und in Bilderbuchreminiszensen oder in einer Geschichtsschreibung von hohem literarischen Wert (man denke nur an Ernst Kantorowicz) als treue Erinnerungen idealisiert wurden. Und was sonst aus staufischer Zeit im deutschen Gedächtnis weiterlebt und woran sich ergreifende nationale Sentiments gewinnen ließen, da wären anzumerken: der ehrgeizige Burgenbau mit seiner imposanten zyklopischen Massigkeit, oder das, was man die staufische Klassik nennt, nämlich die höfische Ritterdichtung mit dem Minnesang, die großen, hochemotionalen Epen von Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg und Hartmann von Aue; das alles auch verbunden mit einer verfeinerten Hofkultur. Vergleichbares aus der salischen Epoche ist im deutschen Allgemeinverständnis nicht zurückgeblieben; hier haften die Erinnerungen an Canossa als der großen politischen Verlegenheit und personalen Schwäche Heinrichs IV., von dem Karl Hampe schreibt, daß sein Leben zu den unglücklichsten zählt, von denen die Weltgeschichte zu berichten weiß. Dabei fällt in die salische Zeit der Anfang des mit forcierten Anstrengungen betriebenen großen romanischen Friedrich II. «Der Große» das musikalische Gesamtwerk zum 300. Geburtstag am 24. Januar FRIEDRICH II. «DER GROSSE» ( ) DIE FLÖTENKONZERTE Vol. 2 ENSEMBLE SANS SOUCI BERLIN CHRISTOPH HUNTGEBURTH TRAVERSFLÖTE studio classique Kirchenbaus, der von der Erhabenheit des antiken Rom seinen Ausgang nahm. Natürlich stand dahinter die Idee, die Schutzherrschaft des salischen Kaisertums über die Christenheit repräsentativ zu preisen und in den Sinnzusammenhang der göttlichen Weltordnung zu stellen. Vor allem teilt sich in der monumentalen Klostergründung Limburg am Ort der salischen Stammburg und in den Dombauten zu Worms und Speyer ein neues salisches Haus- und Dynastenbewußtsein mit, zeigt sich doch dabei das Bestreben, Macht, Glanz und Gravität der Salier für alle Zeiten Ausdruck zu geben. Der Speyerer Dom, steinernes Symbol für den Absolutheitsanspruch und die Autorität der Salier, wird in der Ausstellung mit Hilfe einer digitalen Rekonstruktion in seinen verschiedenen Bauphasen von den Anfängen (1030 bis 1061) bis zu seiner Zerstörung durch die Franzosen in Pfälzischen Erbfolgekrieg und dem Wiederaufbau im 19. Jahrhundert durch Heinrich Hübsch gezeigt. Städte, Burgen, Klöster, Kaisergräber und Päpste Preis pro CD: 15,- plus Porto, Preis für 4 CDs: 55,-, portofrei. Ihre Bestellung richten Sie bitte an: Studios Berlin-Brio Musikverlag KG, Schulzendorfer Str. 23, Berlin Fax: Mail: studios-berlin@gmx.de Vortrag Kronprinz Friedrich in Rheinsberg Arien Sulle piu belle plante und Nota ve questa Dea FOTO: AUSSTELLUNG Speyerer Evangelistar, um 1220: Das überaus prachtvoll ausgestattete Evangelistar gehörte ursprünglich zum Speyerer Domschatz. Im Jahr 1792 wurde die kostbare Handschrift in die Bruchsaler Residenz der Speyerer Bischöfe gebracht, 1803 gelangte sie nach Karlsruhe. Nach nunmehr 219 Jahren ist das Evangelistar nun erstmals zurück nach Speyer gekommen Natürlich kann eine Ausstellung auf so begrenztem Raum nicht alles zeigen, was die Salier und ihre Zeit ausmacht: die ganze disparate Welt mit ihren großen und kleinen Quanten, Stimmungen, Mentalitäten, Bewegungen, Veränderungen, Verwandlungen, Entwicklungen und Kräftediagrammen, von denen die Epoche erfaßt war: etwa dem großen Sinnschauspiel der monastischen Reformbewegung, der Abkehr von den gewachsenen imperialen Ordnungen und der Rechtmäßigkeit des Kaisertums, das in eine traditionsreiche Vergangenheit eingesenkt war, oder die anhebende bürgerlich-geschäftlich-kaufmännische Welt in dem nun auch nördlich der Alpen beginnenden Städtewesen. Die Schau in Speyer setzt deshalb signifikante thematische Schwerpunkte und beleuchtet wichtige Aspekte, um so den geschichtlichen Hintergrund der salischen Epoche verständlich zu machen: Städte, Burgen, Klöster, der Wandel der Macht, die Kaisergräber und die Päpste werden in den Fokus genommen. Dabei fällt der Blick mit Notwendigkeit auch auf den Investiturstreit, der ausgelöst wurde durch die große gregorianische oder cluniazensische Reformbewegung und der den brüchigen Charakter der salischen Herrschaft sichtbar werden ließ. Diese Bewegung hatte die ungeheure Suggestions- und Schubkraft einer millenarischen Hoffnung und bezog ihr Pathos aus den endzeitlichen Sehnsüchten und den chiliastischen Träumen, die den Aufbruch begleiteten. Das Bild der Zeit, ihre Antriebsenergien und kriegsähnlichen Stimmungen sind indes auch bestimmt durch den ostentativen und anmaßenden Charakter der sich gegenüberstehenden arglistigen Gegner und den bösartigen Zynismus auf beiden Seiten sowie das überhitzte agitatorische Spektakel der Kontrahenten. Da sind auf der einen Seite die Fixierung der beiden letzten Salier auf ihre Machtdemonstration, auf der anderen erheben sich als führende Erscheinungen der selbstbewußten Papstkirche Gregor VII. und Urban II. mit ihrem hochmütigen Klerikerstolz, ihrer Unduldsamkeit und oraterischen Unerbittlichkeit mit den theologischen Aufpfropfungen zur Bekräftigung ihrer Unterwerfungs- und Machtansprüche. Dieser die Welt erschütternde Gegensatz zwischen weltlicher und geistlicher Universalgewalt mit seiner verwirrenden, oft tragödienhaften Dramaturgie hat das Kaisertum entheiligt. Mit der theokratisch begründeten Oberhoheit des deutschen Imperiums war es nun vorbei. Canossa gehört zu den Ohnmachtserfahrungen Heinrichs IV. Aber 1111, nach erfolgreichem Italienfeldzug Heinrichs V. und der Eroberung Roms, schien die kaiserliche Macht auf dem Höhepunkt zu sein. Papst Paschalis II., gefangengenommen und in demoralisierender Haft gehalten, machte in dieser Notlage der unerbittlichen Entschlossenheit des salischen Herrschers weitreichende Zugeständnisse. Die Investitur der geistlichen Ämter war nun ganz auf das persönliche Regiment des Königs zugeschnitten. Am 13. April 1111 wurde schließlich die Kaiserkrönung vollzogen. Im August zog Heinrich, erfaßt vom Rausch des Erfolges, mit allem Pomp des historischen Siegers in Speyer ein. Wormser Konkordat legte Investiturstreit bei Die Überwältigung der Papstkirche hatte indes keine dauerhafte Wirkung. Nicht lange nachdem das deutsche Heer aus Rom abgezogen war, machte Paschalis die zu erwartende Kehrtwendung; er verwies auf den erpresserischen Charakter der Verhandlungen und erklärte alle Abmachungen für ungültig. Das vorläufige Ende der Fronen kam erst mit dem Pontifikat Calixtus II., der von seiner Entourage zum Nachgeben gedrängt Tarnkappe wurde. Müde der ewigen Kämpfe und Verwicklungen und in der Erkenntnis, daß die Kräfte überspannt waren, fanden sich beide Seiten endlich zu einer Übereinkunft zusammen. Am 23. September 1122 wurde das Wormser Konkordat unterzeichnet. Nutznießer des Investiturstreits waren die Städte, Ministerialen, der niedere Adel und die untergeordneten Vasallen, denen die Salier, um sich deren Wohlwollen zu versichern, im Kampf gegen den Hohen Adel, dem Episkopat und gegen die Auflösung der Ordnung im deutschen Imperium Zugeständnisse machen mußten. Die Annäherung an die Vorstellungswelten jener Zeit, an die komplexen Geschehenszusammenhänge und die Vielartigkeit kontroverser Charaktere ist uns heute nur schwer möglich. Die Ausstellung läßt uns aber mit dem, was gezeigt und erklärt wird, den Zugang leichter finden. Präsentiert werden eine Kopie des Wormser Konkordats aus dem frühen 12. Jahrhundert (das Original ist verschollen) oder die Dictatus papae : Das sind 27 Leit- und Grundsätze, mit denen Papst Gregor VII. die Stellung des Papstes in der Welt und im Verhältnis zum Königtum bestimmte. Zu den besonders wertvollen Leihgaben zählen die Thronlehnen und der Krode- Altar aus der Kaiserpfalz Goslar, das Heinrichskreuz aus der Pfalz Fritzlar, die tafel mit Investiturdarstellung, die um 1170 in Köln entstand, oder Höhepunkte der Buchkunst. Unbedingt sehenswert sind aber auch die Beigaben Fiktionale Wirklichkeiten des Künstlers Roland Boden as europäische Teilchenforschungszentrum CERN in der Schweiz Dzweifelt aktuell an Albert Einsteins Relativitätstheorie. Folgt man der Ausstellung Irrläufer & Freigänger des 1962 in Dresden geborenen Künstlers Roland Boden ( läuft bereits seit 1926 auf Betreiben der Reichsforschungsstelle VII, einem verdeckten Heeresforschungsamt der Reichswehr hierzu eine experimentelle Untersuchung ( Bodens Anmerkungen zur Reversibilität des Ungewissen erinnern an Alexander Kluges Format Facts & Fakes. Deutlich wird dies auch im anspielungsreichen Alberich-Gerät (siehe Abbildung rechts), als dessen Fortschreibung sich der Tarnkappenbomber der USA beschreiben ließe, der wiederum so der Kurator Peter Lang auf den vermutlich größten Technologie-Transfer respektive Patent-Klau der jüngeren Geschichte verweist, dem sich Deutschland nach 1945 ausgesetzt sah. Den politisch unkorrekten Diskurs ergänzt das terminologisch demaskierte Negerkuß-Dilemma (bis 16. Oktober, Osloer Straße 17, Berlin-Wedding, Telefon: 0152 / , Internet: (DiA) zu den Kaisergräbern, die 1900 geöffnet wurden, etwa die schlichten Grabkronen der Herrscher, der Reichsapfel Heinrichs III. oder ein Fingerring von Heinrich IV. Darüber hinaus lohnt ein Besuch der Stadt Speyer allemal, denn Speyer hat viele bauliche Kostbarkeiten, wie die protestantische Dreifaltigkeitskirche aus dem frühen 18. Jahrhundert, reizvolle Bürgerhäuser aus der Zeit des Barock bis zum Historismus oder die Gedächtniskirche im neugotischen Stil, die an den Reichstag zu Speyer 1529 erinnern soll. Im Geburtshaus des Malers Anselm Feuerbach ist eine Gedenkstätte eingerichtet. Wer die Zeit für einen Ausflug hat, sollte noch die imposante Ruine des Klosters Limburg oberhalb von Bad Dürkheim besuchen; hier liegt Königin Gunhild, die erste Gattin von Heinrich III., bestattet. Von hier aus, wo die salische Geschichte ihren Anfang genommen hat, hat man den weiten Blick über die pittoreske Pfälzer Weinlandschaft bis nach Speyer, wo eben diese salische Geschichte zu ihrem Ende gekommen ist. Die Ausstellung Die Salier Macht im Wandel ist noch bis zum 30. Oktober im Historischen Museum der Pfalz Speyer, Domplatz, täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Info: / Das zweibändige Begleitbuch (Edition Minerva München) mit zusammen 640 Seiten und etwa 600 größtenteils farbigen Abbildungen kostet im Museum 39,90 Euro. FOTO: VISIOMEDIA

17 Blick in die Medien KOLUMNE VON TONI ROIDL ZDF: Ritter der Schwafelrunde eit 1968 lädt das ZDF alle SJahre wieder zu den Mainzer Tagen der Fernsehkritik und nun das: Der Sender hat die Lerchenbergpredigt mit den gemütlichen Kaffeepausen für 2012 abgesagt! Intendant Markus Schächter ist aufgefallen, daß die Mainzer Tage nicht mehr zeitgemäß seien: Insgesamt müssen wir festhalten, daß die Veranstaltung Gefahr läuft, den Charakter eines wichtigen Branchentreffs so nicht mehr zu halten. Ab 2013 soll das Treffen in deutlich veränderter Form fortgesetzt oder durch eine andere Veranstaltungsform ersetzt werden. Eine Rückkehr der Mainzer Tage ist keinesfalls gewiß. Der Facebook-Eintrag der Mainzer Tage der Fernsehkritik hat ganze vier Freunde. Dabei wäre angesichts dessen, was das Fernsehen gerade vom Lerchenberg so alles sendet, deutliche Selbstkritik dringend angebracht. Für acht Milliarden Euro dürften die Zuschauer in der ersten Reihe schon etwas Reflexion erwarten. Stattdessen schwelgten die Teilnehmer lieber in Selbstbeweihräucherung als Leitmedium. Fernsehkritik? Fehlanzeige! Da bramarbasierte Moderator Harald Lesch ( Abenteuer Forschung ) während der 44. Mainzer Tage über die verläßlichen Bastionen von Tagesschau und Heute- Journal und degradierte das Internet kurzerhand zum Unternet! (Daß die Tagesschau während der Unruhen in Ägypten einen Internet-Blogger um Stellungnahme bat, vergaß Lesch zu erwähnen.) Während die Teilnehmer angstvoll über eine Infektion ihres Qualitätsjournalismus mit dem fiesen Unternet diskutierten, erklärte der von der Tagesschau interviewte Blogger den staunenden Damen und Herren, daß das Netz überhaupt kein Medium im klassischen Sinne, sondern eine Infrastruktur ist. Bei soviel Kompetenz ist es kaum verwunderlich, daß der Facebook-Eintrag der Mainzer Tage ganze vier Freunde hat. Schächter kündigte an, nun in aller Ruhe über die Weiterentwicklung nachzudenken. Viel Erfolg! TV-Tip Dienstag, 11. Oktober, Uhr, Arte Syrien undercover Was ist dran an den Gerüchten über blutige Einsätze des syrischen Militärs gegen friedliche Demonstranten? Eine Reportage aus dem Herzen der Revolte. TONI ROIDL W enn Kinder zu lange vor der Playstation sitzen, nimmt Vati sie ihnen einfach weg. So stellt sich der Abgeordnete Siegfried Kauder von der CDU das auch mit den Internetbenutzern vor. Kauder will Verletzer des Urheberrechts mit Internetsperre bestrafen. Mitte November werde der CDU- Rechtsexperte einen Gesetzesentwurf vorlegen, kündigte er auf einem parlamentarischen Abend in Berlin an. Nach der amerikanischen Maxime Three Strikes and you re out! (drei Treffer, und du bist draußen) soll Raubkopierern beim dritten illegalen Download der Internetzugang gesperrt werden. Kauder ließ sich dazu von den Franzosen inspirieren: Vor zwei Jahren wurde dort nach monatelangem Streit ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, obwohl das Verfassungsgericht erhebliche Bedenken äußerte. In Frankreich droht Copyright-Sündern nun eine Internetsperre von bis zu einem Jahr. Kauder findet das ein bißchen deftig. Er ist gnädiger: Mit einigen Wochen will er es bei der ersten Verfehlung belassen. Überhaupt sei seine Sperre anstelle der teuren Abmahnungen durch Anwälte der Musik- und Filmindustrie noch das mildere Mittel. Zu Kauders Ärger sehen seine Politikerkollegen das noch nicht ein. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums nannte seinen Vorschlag, verfassungsrechtlich mindestens bedenklich. Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft wies darauf hin, daß der CDU/CSU-FDP-Koalitionsvertrag Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen ausschließe. Die Internetgemeinde biegt sich vor Lachen Kauder grantelte zurück, der Koalitionsvertrag sei für ihn nicht in Stein gemeißelt. Darauf erhöhte der Sprecher von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger die Droh-Dosis und nannte die Sperre nun nach geltenden Datenschutzvorschriften unzulässig und verfassungsrechtlich äußerst bedenklich. Internetverbot für Raubkopierer CDU-Bundestagsabgeordneter Siegfried Kauder plant Gesetz nach französischem und italienischem Vorbild RONALD GLÄSER lenn Beck lächelt in die Kamera und Gsagt: Heute will ich mit Ihnen über die politische Korrektheit sprechen. Es gibt an unseren Universitäten, in unseren Medien, am Arbeitsplatz keinen freien Gedankenaustausch mehr. Eine typische Glenn-Beck-Begrüßung. Es ist eine der ersten Shows nach seiner Trennung von Fox. Becks Sendung geht weiter. Im Internet. Am 12. September wurde die erste Folge ausgestrahlt. Alles FOTO: KABEL DEUTSCHLAND Familienmitglieder: Wird allen der Internetzugang gesperrt, nur weil der Sohn Musik heruntergeladen hat? Das ist aber nicht das einzige Problem. Kauder hat noch nicht erklärt, wie er die Internetsperre eigentlich umsetzen will. Die DSL-Verbindung deaktivieren und dann? Den UMTS-Stick beschlagnahmen? Den Zutritt zum Internetcafé verbieten? Das Einloggen in offene fremde WLAN-Netze unterbinden? Die Internetgemeinschaft biegt sich vor Lachen über so viel technisches Unverständnis: Hier spricht die Internet-Polizei! Surfen Sie mal bitte rechts ran! spotten sie auf Twitter über den Schauder-Kauder. Davon abgesehen ist unklar, was passieren soll, wenn der Delinquent sein Delikt nicht am eigenen Rechner zu Hause, sondern am Arbeitsplatz oder am Netzzugang der Wohngemeinschaft begangen hat. Soll die ganze Familie offline gehen, wenn Sohnemann illegal Musik herunterlädt? Kauder kleinlaut gegenüber Focus online: Ich räume ein, daß die Umsetzung nicht so einfach ist. Nicht so einfach? Eher unrealistisch! Wie kommt der 62jährige eigentlich auf dieses schmale Brett? Kauder sieht nach einem durchschlagenden Erfolg aus. Die Glenn Beck Show ist eine Mischung aus Harald Schmidt, Günther Jauch und Guido Knopp (allerdings ohne dessen politische Korrektheit). Der Moderator bereitet politische und historische Themen aus konservativer Sicht auf. Beck ist ein Tausendsassa der neuen Medienwelt: Radio- und TV-Moderator, Bestsellerautor und Blogger. Wer, wenn nicht er, konnte so ein Projekt stemmen? Der 47jährige hat den Sprung ins kalte Wasser gewagt und einen verblüffenden Erfolg erzielt. Schon beim Start hatte er ist nicht nur CDU-Rechtsexperte, sondern auch Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.v. (BDMV). Die Lobbyverbände der Industrie klatschen ihm laut Beifall. Die Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) jubeln: Das entspricht unserem Wunsch nach mehr Dialog zwischen Politik und den Verwertungsgesellschaften. Dialog ist schön gesagt. Kauder Opfer seines eigenen Gesetzes Glenn Beck in HD-Qualität mit Abonnenten mehr Zuschauer als Amerikas beliebteste Talkshowköniogin Oprah Winfrey, die seit längerer Zeit einen eigenen Internetkanal betreibt. Glenn Beck TV sendet täglich zwei Stunden live in HD-Qualität. Dazu kommen andere Formate wie sein Kinderprogramm Liberty Tree. Die Monatsgebühr beträgt 4,95 US-Dollar. Abonnenten können das Programm überall, jederzeit und so oft sie wollen anschauen. Der Erfolg von Glenn Beck ist mehr als der persönliche Triumph eines geschaßten Fernsehmoderators. Die überraschend Die Piratenpartei freut sich indes über die kostenlose Wahlwerbung. Der Vorsitzende der bayerischen Piraten sagt: Es ist bedenklich, daß hoheitliche Aufgaben in die Hände privater Konzerne gelegt werden sollen. Die Piraten verweisen darauf, daß durch das Gesetz den Internetprovidern polizeiliche Ermittlungsarbeit und Beweissicherung übertragen würde. Womöglich wäre Kauder selbst das erste Opfer seines wackelig gezimmerten Gesetzes: Ein deutscher Blogger schaute sich, durch Medienberichte neugierig geworden, Kauders eigene Netzseite an und entdeckte darauf mehrere urheberrechtlich geschützte Bilder der Foto-Plattform Panoramio ohne Quellenangabe! Genüßlich sprechen Journalisten bereits vom Kaudergate. Der CDU erscheint das Kauderwelsch zumindest nicht hilfereich : Parteikollegen wie Peter Altmaier betonen, Kauders Vorschlag sei rein persönlich und nicht CDU/CSU-Position! Bei aller Lächerlichkeit sollte die Öffentlichkeit dennoch alarmiert sein! In Italien wird aktuell an einem ähnlichen Gesetz geschraubt. Danach sollen die Internetanbieter des Landes zur Sperrung von verdächtigen Personen sowie zum Führen von schwarzen Listen verpflichtet werden. Bei Markenrechtsverletzungen sollen Internetanschlüsse ohne richterlichen Beschluß gesperrt werden! Hintergrund: Der italienische Staat ist seit langem unter internationalem Druck, weil er Markenschutzabkommen nur nachlässig italienisch eben umsetzt. Die Revolution des Fernsehens hat begonnen / Konservativer Moderator erreicht Durchbruch mit eigener Sendung im Netz hohe Akzeptanz zeigt das Potential, das im Internet steckt. Es ist das Potential, das die Fernsehwelt revolutionieren wird und konservativen Zuschauern auch in Deutschland eines nicht mehr allzu fernen Tages das Programm bringen wird, auf das sie seit der Einführung des Privatfernsehens vergeblich warten. Ein Programm, das sich nicht an die Richtlinien der Politischen Korrektheit hält. Glenn Beck TV. Werktäglich von 23 bis 1.00 Uhr nachts MEZ, 4,95 US-Dollar pro Monat. M E D I E N 17 Deutschland scheitert mit Verbot von Roj TV LUXEMBURG. Deutschland ist mit dem Vorhaben gescheitert, den in Dänemark ansässigen kurdischen Fernsehsender Roj TV schließen zu lassen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erteilte dem seit 2008 verfolgten Anliegen eine Absage. Ob das Programm des Senders zum Haß zwischen Kurden und Türken aufstachele, habe die dänische Seite zu entscheiden, nicht die deutsche, so das Gericht. Roj TV kann auch weiterhin über die deutsche Grenze hinweg sein Programm ausstrahlen. Deutsche Behörden können der Betreiberfirma Mesopotamia Broadcast lediglich die Produktion in Deutschland und Empfängern die öffentliche Ausstrahlung bei Großveranstaltungen untersagen. (rg) Schärfere Kontrolle nach Sturm auf RTL-Zentrale KÖLN. RTL setzt auf ein neues Sicherheitskonzept. Wir haben die Einlaßkontrollen überprüft und verschärft, teilt eine Sendersprecher mit. Der Sender reagierte damit auf die Erstürmung des Fernsehstudios, in dem das Boulevardmagazin Explosiv produziert wird. 34 Kurden hatten am Mittwoch vor einer Woche den Raum besetzt. Sie wollten, daß ihre Forderungen gesendet werden. Nach mehreren Stunden hatte die Polizei das Studio geräumt und die Personalien aufgenommen. Tags darauf waren die Kurden schon wieder auf freiem Fuß. (rg) Verbotsdebatte um brasilianischen TV-Spot BRASILIA. Das brasilianische Frauenministerium möchte einen Fernsehwerbespot mit Gisele Bündchen aus dem Verkehr ziehen. Die Reklame verstärke das falsche Vorurteil von Frauen als Sexobjekten und ignoriere die Fortschritte im Kampf gegen den Sexismus, hieß es als Begründung. In dem Film teilt das Topmodel seinem Freund in aufreizender Unterwäsche mit, daß es sein Auto kaputtgefahren oder andere Dinge angestellt habe. Nutze deinen natürlichen Charme, heißt es am Ende des Spots der Bekleidungsfirma Hope. Die Firma hat die Sexismus-Vorwürfe zurückgewiesen. Die zuständige Aufsichtsbehörde für die Werbewirtschaft untersteht Brasiliens weiblicher Präsidentin Dilma Rousseff und hat 2010 schon einmal eine Bierwerbung mit Paris Hilton gestoppt. (rg) In den Augen vieler Griechen gilt die staatliche Senderfamilie als Inbegriff der Vetternwirtschaft und des Hofjournalismus. Der griechische Journalist Jannis Papadimitriou über die niedrige Akzeptanz der TV-Sender in seiner Heimat Geschliffen. Zeitlos. Pankraz. Günter Zehm PANKRAZ LIEBLINGSKOLUMNEN Mit einem Vorwort von Ulrich Schacht 272 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag Best.-Nr.: Euro Günter Zehm PANKRAZ Mit einem Vorwort von Herbert Kremp 240 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag Best.-Nr.: ,90 Euro ÜBER DEN TAG HINAUS Festschrift für Günter Zehm zum 70. Geburtstag 400 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag Best.-Nr.: ,80 Euro Bestellungen über oder Tel. 030/

18 18 F O R U M Nach dem Scheitern der realsozialistischen Systeme konnten Kritiker, die vor den ökonomischen und gesellschaftlichen Gefahren eines weitgehend deregulierten Kapitalismus warnten, kaum noch zu Wort kommen. Dann kam die weltweite Krise des Finanzsystems, die noch lange nicht ausgestanden ist, und man sollte meinen, daß nun bei unserem Führungspersonal in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auf breiter Front ein Lerneffekt zu beobachten sei. Aber weit gefehlt, das Feld beherrschen immer noch Betonköpfe. Die unermüdlichen Kritiker verkrusteten Denkens leiden in hohem Maße selbst unter dieser Krankheit. Insbesondere die mittleren Talente, die in unserer Gesellschaft heute Führungspositionen innehaben, predigen uns ständig die Notwendigkeit lebenslangen Lernens in der Wissensgesellschaft und sind selbst nicht fähig oder nicht willens zu lernen. Statt sich nun endlich von der ideologischen Umgarnung des Verstandes durch den Chicago-Liberalismus zu befreien und wieder selbständig zu denken, wird abgewiegelt: Die Finanzkrise sei historisch einzigartig und damit prinzipiell nicht vorhersehbar gewesen. Dem Staat nun wieder mehr Kompetenzen einzuräumen, sei grundfalsch. Es handle sich nicht um Systemfehler, sondern nur um moralisches Fehlverhalten einzelner Personen. Deshalb müsse die Gier der Akteure in der Finanzbranche und in den Großkonzernen vor allem durch ethische Appelle eingedämmt werden. Im übrigen habe man doch in Deutschland die Krise hervorragend bewältigt, und schließlich gäbe es ja auch keine System-Alternativen. Die Frage nach den Ursachen muß aber gestellt werden, bevor sie in Vergessenheit gerät. Nur dann kann die Krise auch eine Chance sein, eine Chance zum Lernen. Eine der Ursachen für unsere seit langem anhaltenden und sich weiter zuspitzenden ökonomischen und sozialen Probleme liegt in den Köpfen vieler hochdotierter Führungskräfte. Trotz einer Armee teurer Berater für alle möglichen persönlichen Defizite offenbaren sie meist ein unzureichendes Verständnis unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, einen gravierenden Mangel an historischer Bildung, an geistiger Beweglichkeit, an politischer Weitsicht und vor allem an Ideologie-Resistenz. Eine Bedrohung unserer Freiheit geht heute weniger vom Staat, sondern vielmehr von finanzmächtigen privaten Clans und Organisationen aus, die daran interessiert sind, daß die Verteilungsfrage aus der öffentlichen Diskussion ausgeblendet wird. An den Wirtschaftsfakultäten, wo heute ein großer Teil unseres Führungspersonals ausgebildet wird, sollten statt mathematischer Nutzen- und Gewinnmaximierungsmodelle wieder mehr Wirtschafts- und Sozialgeschichte und Geschichte der ökonomischen und der politischen Theorie gelehrt und selbständiges, kritisches Denken eingeübt werden. Dringend notwendig ist jetzt vor allem Nachhilfe-Unterricht über die Funktionsmängel und die Störanfälligkeiten unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems. Für diesen Zweck müssen keine neuen Theorien entwickelt werden, es genügt ein gründliches Studium etwa der Werke von Adam Smith, Karl Marx, John Maynard Keynes und Walter Eucken. Nach dem Zusammenbruch der realsozialistischen Systeme in Mittel- und Osteuropa hat eine bedauerliche Verarmung des ökonomischen und politischen System-Denkens stattgefunden. Man unterscheidet platterdings nur noch zwischen Kapitalismus und Sozialismus, ohne an die Vielfalt tatsächlicher und möglicher Spielarten beider Systeme zu denken. Aufgrund der historischen Erfahrung wissen wir ziemlich sicher, daß der Wirtschaftsprozeß in kapitalistischen Systemen sowohl mit ständigen als auch mit periodisch auftretenden sozialen Problemen verbunden ist, die die Betroffenen nicht selbst zu verantworten haben. Die wohl gravierendsten Probleme, die die Stabilität des Systems gefährden können, sind länger anhaltende Massenarbeitslosigkeit, eine im Laufe der Zeit zunehmende Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung sowie sporadisch auftretende Finanzkrisen, die meist durch kreditfinanzierte Spekulationsblasen ausgelöst werden. Weil private Wohltätigkeit nach alter Gutsherrenart erstens willkürlich, ja unzuverlässig und zweitens für die Betroffenen oft demütigend ist, sind in kapitalistischen Systemen Sozial- und Konjunkturpolitik als notwendige staatliche Daueraufgaben zu betrachten. Im weitgehend unregulierten Kapitalismus gibt es eine Tendenz zunehmender Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung. Kritik daran wird heute meist nur unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geübt und von der Gegenseite mit dem Neidargument, dem Leistungsargument und der Behauptung abgetan, daß doch nur verteilt werden könne, was vorher produziert worden sei. Keines dieser Argumente ist stichhaltig. Neid gibt es erfahrungsgemäß weniger zwischen als vielmehr innerhalb der verschiedenen sozialen Schichten. Für die Leistung von Beziehern hoher Einkommen gibt es meist kein objektives Meßverfahren. Über die Einkommensverteilung wird im allgemeinen vor und nicht nach der Produktion entschieden. Im übrigen wird heute bei jeder Gelegenheit versucht, die Bedeutung der Verfügung FOTO: WIKIMEDIA, JF-MONTAGE Ludwig-Erhard-Büste: Der Vater der Sozialen Marktwirtschaft wußte, daß der Markt Asymmetrien schafft, die eines sozialen Ausgleichs bedürfen Zurück zur Sozialen Marktwirtschaft Balance halten Lothar Czayka über materielle Mittel für das menschliche Glück herunterzuspielen. Ob die Reichen glücklicher oder unglücklicher sind als die Armen oder ob es da überhaupt einen Zusammenhang gibt, sei dahingestellt. Die in unserem Grundgesetz allen Bürgern gleichermaßen garantierten politischen Freiheiten sind sehr wichtig, aber mindestens ebenso wichtig ist die faktische soziale und wirtschaftliche Freiheit der Menschen im Sinne von individuellen Handlungsspielräumen JF-Serie (4) Der Zentralismus der EU bedroht die Marktfreiheit, meinte Michael von Prollius vor zwei Wochen an dieser Stelle. Lothar Czayka sieht das kapitalistische System eher durch eine asymmetrische Einkommens- und Vermögensverteilung in Frage gestellt. und Möglichkeiten der individuellen Lebensgestaltung. Diese Freiheit, die viel mit der Verfügung über materielle Mittel zu tun hat, ist in unserer Gesellschaft sehr ungleich verteilt. Die zunehmende Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung ist aber nicht nur unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten problematisch, sondern vor allem unter dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit des kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Systems. Denn der einzige volkswirtschaftliche Sinn und Zweck von Investitionen ist die Erweiterung des künftigen Konsum-Potentials. Die Kapitaleigentümer und ihre hochdotierten Manager trachten aber nicht primär nach einer Steigerung ihres Konsumniveaus, sie streben nach Vermehrung ihres Kapitals durch Reinvestition des größten Teils ihrer Gewinne und Zinserträge, ihrer Saläre und Boni. Dieses Ziel können sie aber dauerhaft nur dann erreichen, wenn diejenigen, die noch viele unbefriedigte Konsumbedürfnisse haben, über genügend Kaufkraft verfügen, wenn also wegen lang anhaltender Massenarbeitslosigkeit nicht ständig eine zurückhaltende Lohnpolitik durchgesetzt werden kann. Denn eine endlose Investitionskonjunktur kann es nicht geben. Das Ausweichen in reine Finanzmarkt-Geschäfte führt wie wir gerade sehen nur in desaströse Zustände. Und schließlich bedeutet eine zunehmende Konzentration von Einkommen und Vermögen in immer weniger Händen anonyme Machtausübung durch eine kleine Minderheit, die unkontrolliert über das Schicksal von Millionen Menschen entscheidet. Das widerspricht den Grundprinzipien unseres Gemeinwesens. Eine Bedrohung unserer Freiheit geht heute weniger vom Staat, sondern vielmehr von finanzmächtigen privaten Clans und Organisationen aus, die daran interessiert sind, daß die Verteilungsfrage aus der öffentlichen Diskussion immer wieder ausgeblendet wird. Daß freier Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt zu sozial unakzeptablen Ergebnissen führt, das sah schon Adam Smith, der große Vorkämpfer des Wettbewerbsprinzips. Er ging davon aus, daß die Unternehmer auf dem Arbeitsmarkt wegen ihrer relativ geringen Anzahl immer im Vorteil seien, weil sie sich bezüglich der Arbeitsbedingungen insbesondere hinsichtlich der Lohnhöhe leicht verständigen, also den Wettbewerb auf ihrer Marktseite ausschalten könnten und dies normalerweise auch tun würden. Deshalb plädierte er für die Aufhebung des zu seiner Zeit noch geltenden Gewerkschaftsverbots. Vor allem aber: Freier Wettbewerb bietet keine Garantie für dauerhafte Vollbeschäftigung. Im Gegenteil: Wettbewerb bedeutet eine permanente Unsicherheit aller Arbeitsplätze. Je schärfer der Wettbewerb auf den Gütermärkten, um so stärker der Zwang zur Kostensenkung durch technologische und organisatorische Rationalisierung der Produktion mit der Folge mehr oder weniger umfangreicher Freisetzung von Arbeitskräften. Weil der technische Fortschritt selbst im Dienstleistungsbereich meist arbeitssparend ist, handelt es sich um eine überzyklische Tendenz zur langfristigen Verschärfung des Beschäftigungsproblems. Der einzige volkswirtschaftliche Sinn und Zweck von Investitionen ist die Erweiterung des künftigen Konsum-Potentials. Die Kapitaleigentümer und ihre Manager streben aber nach Vermehrung ihres Kapitals durch Reinvestition ihrer Gewinne und Zinserträge. Seit jeher ist auf dem Arbeitsmarkt ein Überangebot an Arbeitskraft die Regel und Arbeitskräfte-Knappheit die Ausnahme. Für Menschen, die heute auf dem globalisierten Arbeitsmarkt nichts anderes als durchschnittlich qualifizierte Arbeitskraft anzubieten haben, sieht die Zukunft nicht besonders rosig aus: Mal diesen und mal jenen Job annehmen, mal hier und mal dort, mal länger und mal kürzer arbeiten, selten ein bißchen mehr und meistens weniger verdienen, bei Verlust des Arbeitsplatzes im mittleren Lebensalter kaum noch Aussicht auf einen gleichwertigen neuen Arbeitsplatz. Die von den Arbeitskräften erwartete hohe berufliche und räumliche Mobilität ist mit beträchtlichen individuellen und gesamtwirtschaftlichen Kosten verbunden und bedeutet für viele Menschen auch den endgültigen materiellen und sozialen Abstieg. Die seit langem betriebene Politik zur Flexibilisierung der Arbeit sorgt für eine ständige Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse. Bei einer solchen Lebensperspektive für junge Menschen ist es kein Wunder, wenn die Geburtenrate zurückgeht. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich in allen westlichen Industrieländern ein wohlfahrtsstaatlicher Kapitalismus, in dessen Rahmen die Entfaltung der Produktivkräfte zum ersten Mal in der Geschichte mit einer bemerkenswerten Steigerung des Lebensstandards der breiten Masse der arbeitenden Bevölkerung einherging. Die deutsche Variante war das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft, das bis etwa zum Ende der 1970er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als Richtschnur für die praktische Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik betrachtet wurde. Trotz der Zwänge, denen wir heute im globalen Wettbewerb unterliegen, sollten wir uns auf dieses Modell zurückbesinnen. Der Schlüssel zur Lösung der meisten unserer ökonomischen und gesellschaftlichen Probleme Arbeitslosigkeit, übermäßige Staatsverschuldung, Aufrechterhaltung der Systeme der sozialen Sicherung, Bildungs- und Ausbildungsdefizite, Bevölkerungsentwicklung, Umweltschutz liegt nicht im ständigen Ausbau unserer Exportabhängigkeit, sondern in der Korrektur der Einkommens- und Vermögensverteilung. Prof. Dr. Lothar Czayka, Jahrgang 1937, lehrte von 1974 bis 2002 Volkswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt am Main. Zuletzt schrieb er auf dem Forum über Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt ( Der totalitäre Wettbewerb, JF 51/05).

19 LITERATUR, Seite 19 Stefan Wincklers Biographie über den Journalisten Gerhard Löwenthal WISSEN NATUR & TECHNIK, Seite 22 Welche Folgen hat der demographische Wandel für unseren Wissenschaftsbetrieb? 19 FOTO: WIKIMEDIA; JF-MONTAGE Deutscher und sowjetischer Stahlhelm aus dem Zweiten Weltkrieg: Als kriegsauslösendes Moment muß zur Not Führers persönliche Torschlußpanik herhalten GERT HOFMANN D Unüberwindbare Feindschaft im Planspiel Der Historiker Rolf-Dieter Müller wandelt in der Deutung des Angriffs des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion 1941 quellenmäßig auf dünnem Eis ie Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges ist umgeschrieben worden. Der Revisionist, der das vollbrachte, heißt Rolf-Dieter Müller und ist Leitender Wissenschaftlicher Direktor des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) in Potsdam. Müller sitzt auch heute noch auf diesem Posten. Vier Monate nach Erscheinen seines Buches über Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr Einen Skandal mit automatischer Entlassung mußte Müller freilich nicht fürchten. Denn das geschichtsrevisionistische Potential, das der Journalist Sven Felix Kellerhoff dem Werk in einer hymnischen, ganzseitigen Rezension (Die Welt vom 18. Mai) konzediert, bedient nämlich die herrschende, politisch korrekte Version der Ansichten über Ursachen und Entstehung des Zweiten Weltkrieges, die gern in der auf die deutsche Politik fi xierten und internationale Politik gern ignorierenden Deutung verharrt. Es revidiert sie nur insoweit, wie sie Geschichtsfälschern vom rechten Rand und notorischen Apologeten wie Gerd Schultze-Rhonhof und Stefan Scheil das Handwerk lege, deren Arbeiten zum Leidwesen Kellerhoffs viele Auflagen erleben. Schultze-Rhonhof und Scheil sei zustatten gekommen, daß sich in den alten Dogmen, für die seit den 1960er Jahren renommierte Namen wie Hans-Adolf Jacobsen, Andreas Hillgruber und Klaus Hildebrand stehen, Widersprüche fanden. Viele der diplomatischen und militärischen Winkelzüge der Jahre 1938/39 hätten sich damit nicht mehr erklären lassen, was ihrer volkspädagogischen Tauglichkeit nach Ansicht des auf diesem Terrain versierten Journalisten Kellerhoff abträglich gewesen sei. Planstudien sind ureigenes Geschäft von Generalstäben Das vermeintlich konzise Konstrukt von Hitlers Strategie, dem zufolge der Angriff auf die Sowjetunion konsequent einem ideologisch motivierten Stufenplan zur Weltherrschaft gehorchte, mußte daher dringend revidiert werden. Dank Müllers neuer Deutungsofferte sei das nun geschehen. Immerhin verabschiedet Kellerhoff mit solchen Einschätzungen jahrzehntelang gültige Interpretationen, die zum geschichtspolitischen Tafelsilber der Bonner wie der Berliner Republik gehörten. Müllers Der Feind steht im Osten ist indes kein wirklich adäquater Ersatz für Hillgruber & Co. Produziert er doch noch mehr Widersprüche als der obsolete Stufenplan und bewegt sich, wie Kellerhoffs FAZ-Kollege Rainer A. Blasius (Ausgabe vom 19. Juni) moniert, quellenmäßig auf dünnem Eis. Ein Euphemismus, wie genauere Lektüre erweist. Denn für seine zentrale These, Hitler habe Stalins Sowjetunion schon 1939 überfallen wollen, der im Juni 1941 begonnene Vernichtungskrieg sei also nicht aus den Konstellationen und Handlungszwängen erwachsen, in die sich die Reichsführung mit den Feldzügen gegen Polen und Frankreich hineinmanövriert hatte, und natürlich erst recht nicht als Präventivkrieg gegen die angriffsbereite Rote Armee, kann Müller nur auf Planspiele und Studien aus dem Frühling 1939 zurückgreifen. Aber nicht einmal auf die der Heeresleitung (OKH), denn die seien nur in Bruchstücken erhalten, sondern im wesentlichen allein auf eine Planstudie zur Ostseekriegführung des Generaladmirals Conrad Albrecht, die mit Rußland als wahrscheinlichstem Kriegsgegner kalkuliert. Auch das von Müller beigezogene, in der entlegenen Aufzeichnung eines Verbindungsoffi ziers der Luftwaffe überlieferte Planspiel des OKH-Generalstabschefs Franz Halder, aus dem Mai 1939, zieht eine Auseinandersetzung mit der Roten Armee in Betracht für den Eventualfall eines deutsch-polnischen Krieges, der Stalin als Alliierten des Warschauer Obristenregimes hätte auf den Plan rufen können. Diese dürftigen Quellen dokumentieren jedoch nichts als militärische Routinearbeit, Serviceleistungen für die politische Führung, wie sie in allen Generalstäben der Welt erbracht werden. Gewiß könnte man in US-Archiven oder den Londoner National Archives Planspiele aus den 1930ern ausgraben, die etwa auf der Annahme eines Krieges mit Japan beruhen, ohne daraus folgern zu dürfen, Washington oder London hätten das Kaiserreich zum Objekt eines Angriffskrieges erkoren. Um aus Albrechts und Halders Studien Adolf Hitlers Absichten im Frühjahr 1939 herauslesen zu können, verweist Müller auf die im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß als Schlüsseldokument behandelte Niederschrift der Rede des Reichskanzlers vor den Spitzen der Wehrmacht am 23. Mai 1939, mit der berühmten Sentenz Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht. Sondern, da kein Wort über Rußland protokolliert wurde, die Ressourcen Osteuropas, die Müller mit Hilfe zweier wehrwirtschaftlicher Expertisen der Niederschrift implantiert. Um dann kleinlaut einzuräumen, der genaue Wortlaut von Hitlers Ausführungen sei eben unsicher. Leider auch die Floskel vom Lebensraum im Osten. Was Müller vollends zurückrudern läßt: Hitlers Kriegsplan im Mai/Juni 1939 habe noch keineswegs endgültig festgestanden. Da muß dann wieder des Führers persönliche Torschlußpanik herhalten, die Müller schon einmal als kriegsauslösendes Moment bemüht hat ( Der letzte deutsche Krieg, Stuttgart 2005). Quellen nach eigener Logik zitiert und interpretiert Im Umgang mit Quellen beweist Müller auch sonst wenig Fortune. Um die These von der frühen, unbeirrbaren Fixierung des Reichskanzlers auf seinen Ostkrieg zu stützen, zitiert er beispielsweise eine Äußerung des Außenministers Constantin von Neurath gegenüber dem US-Botschafter William C. Bullitt vom Mai 1936: Hitlers Feindschaft zur UdSSR sei unüberwindbar, und er werde für den Schlag im Osten nur noch die Fertigstellung Rolf-Dieter Müller: Hitlers Krieg im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr Ch. Links Verlag, Berlin 2011, gebunden, 294 Seiten, Abbildungen, 29,95 Euro des Westwalls abwarten. In der Quelle steht jedoch genau das Gegenteil, nämlich Neuraths Urteil über die Haltung der Sowjetunion, die im Deutschen Reich ein Hindernis bei der Eroberung Europas für den Kommunismus sah. Eroberungsabsichten haben hier die Sowjets, nicht Hitler. Was nicht paßt, wird bei Müller eben passend gemacht. Für diese eigenwillige Methode des die internationalen Beziehungen, das Spiel der Mächte am Vorabend des Zweiten Weltkrieges souverän ignorienden, germanozentrisch konditionierten MGFA-Mannes zeugen auch Dutzende weiterer Beispiele. Verwiesen sei nur auf die provozierten antideutschen Aktionen, die einen Vorwand schaffen sollten, um im März 1939 das Memelland zu besetzen. In der ausgezeichnet erforschten Geschichte der Rückgliederung des von Litauen 1923 annektierten Memelgebiets ist davon nichts bekannt. Und was weiß der Zeithistoriker Müller eigentlich über die mangels Quellen auch Mediävisten nur umrißhaft vorstellbaren Schrekken Dschingis-Khans, daß er sie im Vergleich mit dem gegen die UdSSR geführten rassenideologischen Vernichtungskrieg verblassen sieht? Der Wert von Müllers historischem Fehlversuch ist am treffendsten mit Marcel Reich- Ranickis knapper Wendung zu bestimmen: Ein schläächtes Buch! Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte Gesteigertes Forschungsinteresse ie Universitätsjubiläen, die im letzten DJahrzehnt in Greifswald, Jena, Leipzig und Berlin gefeiert wurden, haben das seit Mitte der 1990er zu beobachtende gesteigerte Forschungsinteresse an Wissenschafts- und Hochschulgeschichte nochmals befeuert, wie die Freiburger Historikerin Sylvia Paletschek in ihrer Studie zu Stand und Perspektiven der neueren Universitätsgeschichte (Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin, ) ausführt. Eine Entwicklung, mit der die deutsche Forschung im internationalen Trend liege, weil im übrigen Europa und in den USA ebenfalls ein deutlicher Auftrieb auf diesem Feld zu registrieren sei. Trotzdem orientiere sich die Geschichtsschreibung, diktiert vom Festkalender, zu stark an den Bedürfnissen der universitären Festkultur, die sich mit Disziplingeschichten als Abfolge der Lehrstuhlinhaber und ihrer Forschungsgebiete begnüge. Darstellungen, die von den jeweiligen Fachvertretern geliefert würden, weil immer noch zu wenig Historiker ihren Schwerpunkt in der Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte hätten, die zudem an kaum einer deutschen Universität mit Lehrstuhl und Institut verankert sei. Erst weitere Professionalisierung lasse Untersuchungen erwarten, die die vielfältige Verflechtung der Produktion wissenschaftlichen Wissens in Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur aufzeigen. (kn) Theatermonarch oder Medienkaiser Wilhelm II. inszeniert sich selbst er 150. Geburtstag Kaiser Wilhelms II. D( ) hat das Bild des letzten Hohenzollern-Herrschers dadurch ein wenig aufgehellt, daß seine modernen Seiten, vor allem die Technikbegeisterung und wissenschaftspolitische Aufgeschlossenheit in einigen Beiträgen zum Erinnerungsjahr 2009 schärfer konturiert wurden. Als eine Korrektur dieser Korrekturen am Kaiserbild kann hingegen nun Eberhard Demms ausdrücklich als dichte Beschreibung konzipierte Studie über das 25. Regierungsjubiläum im Juni 1913 verstanden werden. Die detaillierte, bereits die 1911 einsetzenden Vorbereitungen beachtende Untersuchung (Archiv für Kulturgeschichte, ) mündet am Ende in der Frage, um dieses Datum der wilhelminischen Festkultur den Herrscher als Theaterkaiser oder Medienmonarchen erscheinen lasse. Keine schmeichelhafte Alternative, aber Demms Ziel war es schließlich, am Zeremoniellen abzulesen, daß die Inszenierung symbolhafter Macht und Prestigeansprüche mit den politischen Gegebenheiten kollidierte. Die Feiern hätten nur noch den Schein einer Macht repräsentiert. Auch durch geschickte Mediensteuerung habe Wilhelm II. nicht seine ungenügende politische Aktivität wettmachen und verdecken können, daß er zwar gern und gut den Kaiser spielte, aber unfähig gewesen sei, sich in der täglichen Regierungsarbeit durchzusetzen. (wm) Historisches Kalenderblatt 10. Oktober 1986: Der Leiter der Politischen Abteilung im Auswärtigen Amt, Gerold von Braunmühl, wird vor seinem Haus in Bonn vom Kommando Ingrid Schubert der terroristischen Roten-Armee-Fraktion erschossen. Die Mörder werden nie ermittelt.

20 20 G E S C H I C H T E Uni-Reform bedroht Forschungsfreiheit BERLIN. Der Abbau der nutzlosen geisteswissenschaftlichen Fächer an britischen Universitäten produzierte schon zu Zeiten der Labour-Regierung Schlagzeilen. In das Niveau eines kulturfeindlichen Skandals stieß mit dieser Wissenschaftspolitik jedoch erst die konservativ-liberale Koalition David Camerons vor. Die will bis 2014 in der Hochschulfinanzierung 3,3 Milliarden sparen. Verschont von den Kürzungen werden erwartungsgemäß die Natur- und Technikwissenschaften, während Camerons Schrumpfetat die Geisteswissenschaften regelrecht ausholzt. Zusätzlich abschrecken soll die Einführung von Studiengebühren in Höhe von jährlich Euro. Wie Jochen Hungs Report über diese Umwälzung zu entnehmen ist, stehen sogar noch weit radikalere Neuerungen an (Deutsche Universitäts-Zeitung, ). In London öffnet bald eine Elitehochschule nur für Reiche, die Euro im Jahr für ihr Studium zahlen. Als Paukenschlag wurde die Einführung eines neuen Evaluationssystems aufgefaßt. Es bewertet außer Forschung und Lehre auch deren gesamtgesellschaftliche Wirkung und führt damit wissenschaftsfremde Faktoren ein, die die Freiheit der Forschung in Großbritannien nachhaltig bedrohen würden. (ob) US-Entschuldigung für Rheinwiesenlager BONN. Major a.d. Merrit Drukker, Mitglied eines Historiker-Komitees aus Deutschland, Großbritannien, Kanada und den USA zur Untersuchung des Massensterbens deutscher Kriegsgefangener in US- Lagern, hat sich gegenüber den Angehörigen der deutschen Armee entschuldigt. Nach umfangreichen privaten Ermittlungen in den USA und Deutschland drückte der Offizier der US-Army in einem Schreiben an Max Klaar, Oberstleutnant der Bundeswehr a.d. und Vorsitzender des Verbandes deutscher Soldaten (VdS), sein Bedauern über die todbringenden Bedingungen in den US-Lagern 1945 aus, wo den deutschen Kriegsgefangenen Nahrung und schützende Unterbringung auf Befehl des US- Oberbefehlshabers General Dwight D. Eisenhower verweigert wurden. Während der offiziellen Präsentation der Neuauflage des Buches Other Losses (Toronto, 1989) von James Bacque am 31. Oktober in Washington will Drucker einen formellen Entschuldigungsbrief an Klaar überreichen. (bä) Erste Sätze Der Begriff Nationalismus ist suspekt geworden. Karl Schwedhelm (Hrsg.): Propheten des Nationalismus, München 1969 GABRIEL BURHO D er emeritierte Religionswissenschaftler Karl-Heinz Ohlig hat sich den Wurzeln einer heutigen Weltreligion genähert. Bei seinem aktuellen Sammelband handelt es sich bereits um den fünften Band der Schriften zur frühen Islamgeschichte und des Koran der Inârah Forschergruppe. Beginnend mit dem ersten Ohlig-Band Die dunklen Anfänge entwarf dieser Kreis, der sich jetzt den Namen Inârah (arabisch Aufklärung) gegeben hat, ein alternatives Bild der islamischen Frühzeit. Entgegen der muslimischen Tradition sieht vor allem Karl-Heinz Ohlig in Muhammad keinen Eigennamen eines arabischen Propheten, sondern ein Epitheton Jesu Christi (arabisch: hammada salben, preisen; muhammadun der Gesalbte, der Gepriesene) und im gesamten Frühislam eine orientalischchristliche Strömung, die sich erst im 8. Jahrhundert n. Chr. zu einer eigenständigen Religion entwickelte. Erst danach sei mit der Personifizierung des Ehrennamens Jesu zu einem Propheten der Araber ein eigenständiger Gründungsmythos geschaffen worden. Klage über die verweigerte fachliche Diskussion Die andere Islamwissenschaft Markus Groß und Karl-Heinz Ohlig haben einen Sammelband über die Entstehung einer Weltreligion herausgegeben FOTO: ISTOCK-PHOTO, JUANMONINO In diesem Sinne versteht die Inârah- Gruppe den Koran auch als ein Textzeugnis, das bereits vor der Entstehung des Islam (um das Jahr 610 n. Chr.) irgendwo im Gebiet des heutigen Südturkmenistan und Nordafghanistan entstand. Ohlig sieht dabei die ursprüngliche Textform als eine Art Zettelkasten mit exegetischen Anmerkungen zu biblischem Material, das in erster Linie für den internen Gebrauch unter Mönchen und Priestern gedacht war und erst mit seiner Transformation in das begründende Dokument einer Religionsgemeinschaft und in seine heutige Form gebracht wurde. Die lange Entstehungsgeschichte erkläre dabei auch die vielen ideologischen Umbrüche innerhalb des Textes. Dabei legt die Inârah-Gruppe den Finger in die Wunde der westlichen Islamwissenschaft. Im Gegensatz zu der weitverbreiteten Ansicht ist die islamische Religion eben nicht im vollen Licht der Geschichte entstanden. Für die ersten 150 Jahre existieren fast keine schriftlichen oder andersartigen Belege. Was die islamische Tradition und in ihrer Folge die Mehrheit der westlichen Islamwissenschaftler von der Entstehung des Islam zu wissen glauben und was entsprechend auch in Deutschland über den Islam gelehrt wird, beruht fast ausschließlich auf dem Koran selbst sowie den Werken der islamischen Traditionsliteratur, die jedoch erst 150 Jahre nach der Entstehung des Islam nachzuweisen sind. Seitens der etablierten Islamwissenschaften wird den Mitgliedern von Inârah entsprechend die wissenschaftliche Kompetenz abgesprochen. Vor diesem Hintergrund sind auch die ersten beiden, von den Herausgebern verfaßten, Kapitel des vorliegenden Sammelbandes der Selbstverteidigung und dem Gegenangriff gewidmet. Groß und Ohlig beklagen die verweigerte fachliche Diskussion und werfen ihrerseits der Gegenseite ein Fehlen von historischem Verstehen und historisch-kritischer Methodik vor. Besonders das Corpus Coranicum, Projekt der Arabistin Angelika Neuwirth an der Berliner Freien Universität, steht dabei in ihrer Kritik. Allerdings schafft es auch Inârah nicht, sich aus einem selbstreferentiellen Rahmen zu lösen. Wenn Groß und Ohlig vom Konsens über die Betrachtung der islamischen Frühzeit sprechen, ist lediglich der Konsens der eigenen Mitglieder gemeint, und die Selbstimmunisierung gegen Kritik von Fachkollegen zeugt von schlechtem wissenschaftlichen Stil. Nach einer Einführung in die bisherige Forschung der Inârah-Gruppe durch Karl-Heinz Ohlig versucht Volker Popp Theologische Umbrüche im Islam anhand epigraphischer Zeugnisse zu belegen. So ist für ihn die Schahada ( Es gibt keinen Gott außer Gott und Muhammad ist der Gesandte Gottes ) ein aus zwei originär unabhängigen Teilen zusammengesetztes Textstück, das westlich-christliche Konzepte mit der Tradition des alten orientalischen Christentums verflicht. So lautet seine Übersetzung des zweiten Teils und gepriesen sei der Gesandte Gottes. Auch die Umma (klassisch die Gemeinschaft aller Muslime weltweit) ist für ihn eine apokalyptische Auferstehungsgemeinde der Erretteten. Gilles Courtieu legt eine philologische Neubetrachtung des Werkes über die Hundert Häresien des Johannes von Damaskus (gestorben 754 n. Chr.) vor, auf den der erste nichtislamische Bericht über den frühen Islam zurückgeht. Dabei konzentriert er sich auf die Einleitung des Kapitels über den Islam, der als hundertste Häresie behandelt wird und mit den Worten Und außerdem gibt es beginnt. Folglich plädiert auch er für ein Verständnis des frühen Islam als einem spezifischen christlichen Kultus. Johannes Thomas kritisiert fehlende Bereitschaft zur Quellenkritik in der Islamwissenschaft, die, wie er an seinem Beispiel der Inkonsistenz der verschiedenen Berichte zur arabischen Eroberung Spaniens deutlich macht, mehr als angebracht wäre. Elisabeth Puin weist anhand einer Untersuchung eines bereits 1972 in Sanaa gefunden Koranmanuskriptseite (Palimpset) nach, daß es mehrere, zum Teil recht unterschiedliche Koranfassungen gegeben hat. Anhand der Korrekturen, die sich in dem vorgestellten Palimpsest nachweisen lassen, wird deutlich, daß sowohl Inhalt als auch Surenfolge anfangs sehr offen waren und in der Redaktion, welche die islamische Tradition mit dem zweiten und dritten Markus Groß, Karl-Heinz Ohlig (Hrsg.): Die Entstehung einer Weltreligion, Band I. Von der koranischen Bewegung zum Frühislam. Verlag Hans Schiler, Berlin 2010, gebunden, 490 Seiten, 58 Euro Betende Muslima: Wenig Konkretes über die dunklen Anfänge dieser Weltreligion Kalifen verbindet, auch ein Kanonisierungsprozeß zu sehen ist. Munther Younes argumentiert anhand einer Untersuchung von Sure 90 für die Existenz zweier Schichten koranischen Materials, bei dem eine ältere, eher friedliche und ermahnende Version von einer jüngeren, drohenden, verdrängt wurde. In dem älteren Teil sieht er einen vorislamischen Text, der den Charakter eines christlichen Hymnus aufweist. Gerd Puin vertritt anhand einer Untersuchung des jemenitisch-arabischen Alphabets die These, daß sich das klassische Arabisch (die Koransprache) aus einer anderen Sprache und Schrift entwickelte, die er nicht im Hedschas, sondern in Syrien verortet. Im Lichte seines Aufsatzes über ein altsüdarabisches Alphabet schlägt er vor, auch eine Herleitung des Koranischen vom Haträischen anzunehmen, was für die in Die dunkeln Anfänge dargelegte These einer Entstehung des Koran im persischen Exil der Haträer bei Merw sprechen könnte. Robert M. Kerr arbeitet in seinem Aufsatz die häufig ignorierte vorislamische arabische Geschichte und Schriftkultur heraus, die aufgrund der Fixierung auf den Islam häufig wenig Beachtung findet. Auch er vertritt die These, daß Schrift, Sprache und Orthographie des Koranischen Richtung Syrien und nicht nach dem Hedschas weisen. So kommt er zu dem Schluß, daß es sich beim Koranarabisch um die Arabisierung einer aramäischen Schrift handle. Christoph Luxenberg beschäftigt sich mit einem weiteren bisher ignorierten Hapax Legomenon (Begriffe die nur einmal auftauchen und daher schwer zu übersetzen sind) in Sure 46 Vers 4 und legt wieder eine alternative und eingängigere Übersetzung vor, zu der er unter Berücksichtigung anderer altorientalischer Sprachen gelangen konnte. Damit stützt er erneut die These, daß der Koran eben nicht in reinem Arabisch verfaßt ist. Ibn Warraq plädiert in seinem Aufsatz für eine historisch-kritische Methode, die ohne Rücksicht auf die religiösen Befindlichkeiten der Muslime auskommen müsse. Die geistige Unabhängigkeit des Wissenschaftlers stellt für ihn die größte Errungenschaft der Aufklärung dar, die auch dem Islam nicht vorenthalten werden dürfe. Seiner Ansicht nach muß das Ziel darin bestehen, darzustellen, daß der Koran auch eine Textgeschichte hat und damit das Produkt vielfältiger Neu- und Umdeutungen ist. Abschließend kritisieren Groß und Ohlig die im letzten Jahr erschienenen Koranübersetzungen von Bobzin und Karimi, da diese auch nicht auf das Problem der dunklen Stellen im Text eingehen. Ebenso gehen die beiden Übersetzer auch nicht auf die Problematik ein, daß die ältesten Koranfassungen in defektiver Schrift (also ohne diakritische Zeichen) geschrieben wurden, wodurch sich mehrere Übersetzungmöglichkeiten eröffnen. Statt dessen wurde lediglich die von al-azhar autorisierte Kairiner Ausgabe von 1924 für die Übersetzung zugrunde gelegt. Im Vorwort erklären Groß und Ohlig das Ziel des Bandes und überhaupt der Veröffentlichungen der Inârah-Gruppe sei, durch ein neues Verständnis der islamischen Geschichte den Weg für ein besseres Miteinander der Kulturen zu ebnen. In akademischer Hinsicht fordern sie nichts weniger als einen Paradigmenwechsel in der etablierten Islamwissenschaft, die sich mehr dem interdisziplinären Austausch öffnen müsse. Erkenntnisgewinn ist nicht immer das objektive Ziel Ohne allen Thesen der Inârah-Gruppe zustimmen zu wollen, ist ihnen doch in weiten Teilen bei der Kritik des Universitätsfaches Islamwissenschaft beizupflichten. Vor allem was die thematisierte Periode, die ersten 150 Jahre der islamischen Religion angeht, folgt die Islamwissenschaft relativ blind den islamischen Quellen. Dies liegt auch darin begründet, daß zum Sprachprofil der Islamwissenschaften in erster Linie neben Arabisch noch Persisch und Türkisch gehören (ein Sprachprofil, das in Zeiten von Reformstudiengängen bereits nicht mehr zu halten ist) und damit eine wirkliche vergleichende Untersuchung der Koransprache sowie anderer nichtarabischer Quellen über die frühislamische Geschichte von vornherein ausgeschlossen ist. Hier würde die geforderte Interdisziplinarität Wunder wirken. Auch die oftmals beschworene Zusammenarbeit mit Kollegen aus islamischen Ländern, die man sich durch zu große Skepsis gegenüber den religiösen Vorstellungen der Muslime nicht verbauen dürfe, bedarf eines zweiten Blikkes, wenn man sich das Wissenschaftsverständnis in vielen islamischen Ländern ansieht. Hier ist nicht das Ziel, objektive Erkenntnisse zu gewinnen, sondern die Weisheit der göttlichen Schöpfung darzustellen von einigen Ausnahmen, wie dem leider zu früh verstorbenen Nasr Hamid Abu Zayd, abgesehen. So können die Publikationen der arabischen Kollegen in weiten Teilen zwar als Quellen für den Umgang muslimischer Forscher mit ihrer Religion dienen, an einem am westlichen Wissenschaftsverständnis orientierten Diskurs allerdings nicht teilnehmen. Gerade heute, wo die Politik die Einrichtung bekenntnisorientierter Islamstudien (ein besserer Begriff wäre Islamische Theologie) fördert, ist es um so wichtiger, in der bekenntnisfreien Islamwissenschaft die Freiheit zu erhalten und sich auch kritisch mit islamischen Dogmen und islamischer Geschichte auseinanderzusetzen. Abschließend muß noch festgestellt werden, daß der Sammelband ein Werk für das Fachpublikum darstellt und nicht als Sachbuch geschrieben ist. Dafür sind die Sprachanforderungen (Arabisch, Persisch, Aramäisch, Griechisch), die erfüllt sein müssen, um den Argumenten der einzelnen Autoren zu folgen und nicht einfach zu glauben, was sie schreiben einfach zu hoch. Ja, ich unterstütze die konservative Bibliothek! Coupon ausfüllen und einsenden an: Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung Bibliothek des Konservatismus Postfach Berlin Fax: 030/ Telefon: 030/ E-Post: buero-berlin@fkbf.de Bitte schicken Sie mir kostenlos die Broschüre mit allen Fördermöglichkeiten zu. Anschrift Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen! Fördern Sie die Bibliothek des Konservatismus! FÖRDERSTIFTUNG KONSERVATIVE BILDUNG UND FORSCHUNG Seit der Kulturrevolution von 1968 wurden in Deutschland zahllose Institute und Bibliotheken gegründet, um die Arbeit der Linken ideologisch zu fördern. Bibliotheken und Orte des akademischen Austausches für Konservative sind dagegen noch immer rar. Träger ist die im Jahr 2000 von Caspar Freiherr von Schrenck-Notzing gegründete Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung. Helfen Sie mit, diese wichtige Bibliothek aufzubauen! FKBF Vorname/Name Straße/Nr. PLZ/Ort Telefon Datum Unterschrift E-Post Caspar Freiherr von Schrenck-Notzing

21 L I T E R A T U R 21 Zeugen von der Graswurzel Ein Protokoll der Tea-Party-Revolution RONALD GLÄSER ar die Tea Party vielleicht Wdoch eine Erfindung einiger rechter Politiker und ihrer konservativen Lobbyorganisationen? Ein packender Insiderbericht aus der Führungsspitze der Tea Party legt diesen Verdacht nahe. Der frühere Fraktionsvorsitzende der Republikaner im Repräsentatenhaus Dick Armey brüstet sich damit, er habe mit seiner Organisation Freedom Works (Freiheit funktioniert) den Protest gegen die verantwortungslose Schuldenpolitik der US-Regierung initiiert. Das Buch hilft, diese faszinierende Graswurzelbewegung des Mittleren Westen gegen Washington zu verstehen. Viele Europäer halten die Tea Party schlicht für Obama-Gegner. Aber das ist falsch. Der Widerstand gegen die Rettungspakete begann bereits unter George W. Bush, der am Ende Dick Armey, Matt Kibbe: Give Us Liberty. Verlag William Morrow, New York 2010, gebunden, 268 Seiten, 15,99 Euro seiner Amtszeit den ordnungspolitischen Sündenfall beging und kranke Banken und Firmen auf Steuerzahlerkosten sanierte. Dabei sah es zuerst nicht so aus, als würde daraus eine konservative Massenbewegung werden. Dafür hat Obama insofern gesorgt, indem er die Fehler Bushs im großen Stil fortgesetzt hat. Sogar diejenigen, die wie Armey Teil der Tea Party waren, sind vom Erfolg überrascht. Wie es dazu kam und was die widerspenstige Tea Party seitdem erreicht hat, davon handelt dieses Manifest. Give Us Liberty ist ein Protokoll dieses Aufstands gegen die Schuldenpolitik. Armey, der von Ludwig von Mises, Barry Goldwater und Friedrich August von Hayek inspiriert ist, berichtet nicht nur, wie Graswurzelorganisationen den Unmut angestachelt haben. Er gibt sogar konkrete Tips, wie eine solche Revolution abzulaufen hat. Dieser letzte Teil des Buchs stellt einen echten Nutzwert für den Leser dar, auch in Deutschland. Allerdings sollte die Rolle von Organisationen wie Freedom Works auch nicht überbewertet werden: Armey hat ein großes Interesse daran, die Tea Party als seinen persönlichen Erfolg darzustellen. In Wirklichkeit jedoch können Vereine und Initiativen nur eine Stimmung anheizen, die bereits latent vorhanden ist. Die anhaltende Erfolglosigkeit der diversen konservativen Splittergruppen in Deutschland beweist, daß eine Bewegung auch mit noch so viel Verve nicht einfach aus dünner Luft herbeigezaubert werden kann. FOTO: ZDF GÜNTHER DESCHNER W ie kein zweiter Nachkriegsjournalist versetzte Gerhard Löwenthal, der 19 Jahre lang von 1969 bis 1987 in 585 Sendungen das ZDF Magazin leitete und moderierte, das geteilte Deutschland auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs in Wallung. Er beschäftigte sich vor allem mit Menschenrechtsverletzungen in der DDR, den brutalen Repressionsmaßnahmen gegen Ausreiseantragsteller, der Verfolgung politischer Gegner und Dissidenten, den unmenschlichen Haftbedingungen für politische Häftlinge. Der offi ziellen DDR, wo er selbstverständlich Einreiseverbot hatte, galt er als Staatsfeind Nummer 1. Bei den Genossen war er der meistgehaßte West- Journalist, gerade weil er auch bei der eigenen Bevölkerung außerordentlich populär war und hohe Einschaltquoten erzielte. Das berühmte Stakkato aus der Intrada des Konzertes für Orchester von Witold Lutosławski dürfte jedesmal Angstschweiß in Ost-Berlin FOTO: VISIOMEDIA, JF-MONTAGE Gerhard Löwenthal 1972 im ZDF-Studio: Feindobjekt für die Stasi mit 83 auf ihn angesetzten Spitzeln Eingangsbild mit Stakkatomusik: Genossen in Angst Sturmgeschütz gegen alle Despoten Stefan Wincklers Biographie des konservativen ZDF-Journalisten Gerhard Löwenthal Stefan Winckler: Gerhard Löwenthal. Ein Beitrag zur politischen Publizistik der Bundesrepublik Deutschland. Verlag Bebra Wissenschaft, gebunden, 406 Seiten, Abbildungen, 46 Euro ausgelöst haben. Insbesondere mit seiner 1975 begonnenen Rubrik Hilferufe von drüben, die Briefe und Appelle von politisch Verfolgten und von Ausreisewilligen verbreitete, fesselte er bis zu fünfzig Prozent der DDR-Bürger an die Bildschirme. Kein Wunder, daß Löwenthal für Mielkes Stasi bald zum Feindobjekt wurde, für dessen Bearbeitung 83 Inoffi zielle Mitarbeiter unter Führung einer eigenen hauptamtlichen Arbeitsgruppe zuständig waren. Löwenthal sah sich als kämpfender Journalist gegen den Kommunismus, gegen das SED-Unrechtsregime im besonderen. Diese Haltung bestimmte auch die Berichterstattung seines Magazins über innenpolitische Themen der Bundesrepublik. Immer wieder bezog er Stellung gegen eine Politik, die die DDR als kommunistischen Staat anerkannte und völkerrechtlich hoffähig machte. Die Ostpolitik Willy Brandts lehnte er deswegen strikt ab, eine Annäherung an die DDR kam für ihn einem Verrat gleich. Vor allem deswegen, aber auch wegen der Bildungs- und Gesellschaftspolitik nahm er Linke und Linksliberale der regierenden SPD/FDP-Koalition ins Visier, was ihm deren teils unsachliche polemische Kritik und andererseits lauten Beifall der damals noch konservativen CSU und der Blätter des Hauses Springer einbrachte. Der Sohn eines jüdischen Kaufmanns aus Berlin, dessen Familie großenteils von den Nationalsozialisten ermordet worden war und der das Dritte Reich nur mit viel Glück überlebt hatte, scherte sich kaum um die Meinungen anderer, obwohl ihm ein wenig Anerkennung alter Widersacher nach der Wiedervereinigung wohl gut gefallen hätte: Es ist doch nun mal so, daß ich recht behalten habe. Als einer der wenigen überlebenden Berliner Juden, die nach 1945 in Deutschland blieben, begann Löwenthal zunächst ein Medizinstudium an der wiedereröffneten Humboldt-Universität im sowjetischen Sektor und arbeitete nebenher als freier Reporter für den RIAS, den Rundfunksender im amerikanischen Sektor. Die Machtübernahme kommunistischer Funktionäre im Ostteil der Stadt empfand er als eine zweite Gleichschaltung. Seine studentische Freiheit ebenso wie seine Reportertätigkeit wurde zunehmend eingeschränkt, so daß er das Studium im Ostsektor abbrach. In West-Berlin wurde er einer der studentischen Mitbegründer der Freien Universität. Als ihm 1947, trotz seiner geringen Berufserfahrung, der RIAS eine eigene Sendereihe anbot, den RIAS-Hochschulfunk, gab er sein Studium ganz auf und wurde endgültig Journalist. In seiner Sendung machte er sich zum journalistischen Anwalt von Studenten, denen ihr Widerstand in der Ostzone und Ost-Berlin Verfolgungen einbrachte. Immer wieder ließ er politisch verfolgte Studenten selbst zu Wort kommen. Nach Zwischenstationen in Paris und Brüssel (als erster ZDF-Korrespondent) sah er sich ab 1969 im ZDF Magazin nach der Erfahrung von Nationalsozialismus und Kommunismus als Missionar für Freiheit und Menschenrechte, als Anwalt des Rechtsstaates Bundesrepublik Deutschland und als Vertreter der deutschen Einheit gegenüber den Spaltern. Fast alle die Stationen und Erfahrungen dieses ungewöhnlichen Lebens sind schon längst öffentlich gemacht, nicht zuletzt durch Gerhard Löwenthals eigene Erinnerungen, die unter dem Titel Ich bin geblieben bereits 1987 im Münchner Herbig-Verlag in mehreren Auflagen und 2005 in einer Neuausgabe im Verlag der jungen freiheit erschienen sind. Symbolfigur des Kampfes gegen den Totalitarismus Zum ersten Mal werden nun in einer umfänglichen Studie des Politikwissenschaftlers Stefan Winckler Werdegang und politische Hintergründe des streitbaren Moderators des ZDF Magazins wissenschaftlich umfassend beleuchtet, bis in kapillare Verästelungen hinein mit Dokumentenauszügen und Quellenhinweisen belegt und heutzutage in diesem Land besonderer Erwähnung wert ohne zeitgeistige Scheuklappen in die publizistische und politische Entwicklung Nachkriegsdeutschlands eingeordnet. Stefan Winckler, 1967 in Franken geboren, studierte Publizistik, Politikwissenschaft sowie Mittlere und Neuere Geschichte in Münster und Mainz, machte danach bald mit ersten Veröffentlichungen im Bereich der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit, etwa über Bewahrung und Gefährdung des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats und über politische Kommunikation auf sich aufmerksam. Wiederholt hat Winckler auch mit dem Bonner Politikprofessor Hans-Helmuth Knütter zusammengearbeitet, unter anderem bei der kritischen Untersuchung des Inlandsgeheimdienstes Der Verfassungsschutz, 2000 beim Universitas Verlag in München, erschienen, und beim Handbuch des Linksextremismus. Die unterschätzte Gefahr, das 2002 beim Grazer Stokker Verlag herauskam. Besondere Aufmerksamkeit fand Winckler 2005 mit einer Untersuchung über Entstehung, Position und Wandlungen einer neuen konservativen Intelligenz mit dem Titel Die demokratische Rechte. Mit Gerhard Löwenthal hat sich Winckler bereits in seiner Magisterarbeit Ein kritischer Journalist aus Berlin: Gerhard Löwenthal befaßt, die er 1994 vorlegte. Nach Erschließung umfassenderer Archivbestände unter anderem des Archivs für christlich-demokratische Politik der Konrad-Adenauer- Stiftung, des Unternehmensarchivs des ZDF und des Deutschen Rundfunkarchivs erarbeitete er im Umfeld des Lehrstuhls Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts der Technischen Universität Chemnitz seine Dissertation über Löwenthal, mit der er 2010 bei Frank-Lothar Kroll promovierte. Als Eröffnungsband einer von Kroll initiierten neuen Reihe Biographische Studien zum 20. Jahrhundert ist die überarbeitete Studie jetzt erschienen und eine wissenschaftliche Leerstelle über eine Symbolfigur des Kampfes gegen gleich zwei Erscheinungsformen des Totalitarismus in Deutschland ist damit geschlossen. Frisch gepreßt John und Martha Storey: Die tätige Landlust. Ein Praxisbuch des einfachen Lebens. Manuscriptum Verlag, Waltrop 2011, gebunden, 553 Seiten, Abbildungen, 39,80 Euro Landlust. Was haben ein Spülbrunnen, Erdnußkrokant und Legehennen gemeinsam? Mit diesen Dingen kennt man sich aus nach Lektüre von John und Martha Storeys Praxisbuch des einfachen Lebens ( Die tätige Landlust ). Durch eine größere Themenvielfalt ist es fast doppelt so dick wie der Selbstversorgungsklassiker, John Seymours Buch vom Leben auf dem Lande. In detaillierten Handlungsanleitungen werden auch dem Heimwerker-Neuling alle Hemmungen genommen. Kein Wunder, daß der Gründer des Oberklasse-Versandhandels Manufactum, Thomas Hoof, den Ratgeber unter seine Fittiche genommen hat: Sein Wahlspruch Es gibt sie noch, die guten Dinge erfährt hier die praktische Fortsetzung. Anita Heidenfelder hat das amerikanische Original für das deutsche Publikum nicht nur übersetzt, sondern auch angepaßt, weil manches sich doch hierzulande gravierend von jenseits des Atlantiks unterscheidet. Selbst wer nicht gleich die Autarkie der eigenen Familie im Sinn hat, erfährt hier, wie man das gute Gefühl erreicht, etwas selbst produziert zu haben. Empfehlenswert für Romantiker und (konservative) Realisten. (vo) Martin Affolderbach, Inken Wöhlbrand (Hrsg.): Was jeder vom Islam wissen muß. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2011, broschiert, 368 Seiten, 14,99 Euro Islam für Anfänger. Selbstmordanschläge, Zwangsverheiratung und Ehrenmorde für manche Sinnbilder für den Islam. Die Angst wächst vor dieser düsteren Kultur. Genährt werden diese Gedanken meist von Vorurteilen oder Halbwissen. Mit der Neuauflage des Buches Was jeder über den Islam wissen muß versuchen Inken Wöhlbrand und Martin Affolderbach im Auftrag der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschland und der Evangelischen Kirche sich der Problematik anzunehmen und machen sich für die fremde Religion stark. Unterteilt in Glaube und Leben, Geschichte und Gegenwart sowie Islam und Christentum gibt die Islam-Fibel dem Leser Einblicke in die Glaubenslehre und Kultur des Islam, ohne dabei Koran-Kenntnisse vorauszusetzen. Dieses oft zähe Theoretisieren wird immer dann interessant, wenn es um Themen wie Dschihad oder Kopftuch geht. Jedes Kapitel wird zudem mit Hinweisen und Fragen aus christlicher Sicht abgeschlossen. (sf) Achim Wohlgethan Schwarzbuch Bundeswehr Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen Brutale Initiationsriten, Fehlentscheidungen unter Angst und Streß, kaum zu bewältigende Aufgaben in Auslandseinsätzen: Die Bundeswehr sieht sich Herausforderungen gegenüber, für die sie weder die Ausbildungs- noch die Managementstrukturen hat. 288 S., geb. EUR 19,99 / Best.-Nr Gerhard Löwenthal Ich bin geblieben Erinnerungen An niemandem schieden sich die Geister und politischen Lager wie an ihm. Er war der Schöpfer und Kopf des legendären ZDF-Magazins, des einzigen dezidiert konservativen Polit-Magazins im deutschen Fernsehen, das jedoch der politischen Korrektheit zum Opfer fiel. In seinen 1988 erstmals veröffentlichten Erinnerungen schildert Gerhard Löwenthal seinen außergewöhnlichen Lebensweg. 398 S., geb. EUR 24,80 / Best.-Nr Michael Klonovsky Der Held Mann, Du hast es nicht leicht. Von Natur aus Jäger, Sammler und Verführer bist Du seit 68ff., Feminismus und Patchmurks ein Weichei und Selbsterfahrungskrüppel. Was ist aus dem guten, alten Helden geworden? Rückgrat, Mut, Leidenschaft Werte wie diese sind zäher als vermutet. Darf/soll Mann also wieder männlich sein? Der Journalist und Publizist Michael Klonovsky geht in seinem Essay diesem Thema auf den Grund. Sein Credo lautet: Der Held ist tot. Es lebe der Held. 144 S., Pb. EUR 14,99 / Best.-Nr Ernst Nolte Späte Reflexionen Über den Weltbürgerkrieg des 20. Jahrhunderts Wissenschaft entsteht nur aus der Kenntnisnahme der einen so gut wie der anderen Sache(n) und aus dem unvoreingenommenen Abwägen und Erörtern. Wissenschaft kann es nur dann geben, wenn Tatbestände und Umstände auch dort, wo sie zunächst aus sehr verständlichen, ja edlen Gründen ins Dunkel gerückt wurden, endlich in die Offenheit der wissenschaftlichen Diskussion gestellt werden. (Nolte) 320 S., Pb. EUR 24, / Best.-Nr Ernst Nolte Italienische Schriften Aufsätze und Interviews aus den Jahren 1997 bis 2008 Der Historiker Ernst Nolte legt einen Teil seines Werkes vor, der den Lesern in Deutschland bislang nicht zugänglich war. Insbesondere in Italien ist Nolte seit Mitte der neunziger Jahre sehr präsent. Die Arbeiten, die dort auf Italienisch erschienen sind und ursprünglich auf Deutsch verfaßt wurden, versammelt nun der vorliegende Band. 344 S., geb. EUR 39,90 / Best.-Nr Stefan Scheil Präventivkrieg Barbarossa Fragen, Fakten, Antworten Der Historiker Stefan Scheil ist einer der besten Kenner der Diplomatiegeschichte zwischen 1918 und In mehreren Büchern hat er Entfesselung und Eskalation des Zweiten Weltkriegs analysiert und der platten These widersprochen, Deutschland sei alleinverantwortlich für dessen Ausbruch und Ausweitung. Im vorliegenden Kaplaken faßt Scheil seine Studien zum deutschen Angriff auf die Sowjetunion im Jahr 1941 zusammen. 96 S., geb. EUR 8,50 / Best.Nr Edvin Snore DVD: Sowjet-Story Dies ist die Geschichte einer alliierten Macht, die die Nazis bei der Bekämpfung der Juden unterstützte und die selbst die Abschlachtung des eigenen Volkes in industriellem Ausmaß betrieb. Ihre Verbrechen wurden zum Tabu erklärt und die Geschichte des mörderischsten Regimes Europas ist nie erzählt worden. Bis heute... Die Sowjet-Story untersucht auf fesselnde Weise jene Ereignisse, die dazu führten, daß Nazis und Sowjets gemeinsame Sache machten. Laufzeit ca. 86 Minuten EUR 19,95 / Best.-Nr Ihr Bestellschein Bestellschein abschicken oder faxen. JF-Buchdienst Hohenzollerndamm 27a Berlin Fax Bestelltelefon Hiermit bestelle ich zur sofortigen Lieferung folgende Titel: Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen! Expl. Bestell-Nr. Autor/Kurztitel Euro Bestelladresse Kundennummer Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen! (Falls zur Hand) Vorname/Name Straße/Nr. 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22 WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT, KULTUR, WISSEN UND DEBATTE 22 N A T U R & T E C H N I K TU Chemnitz: Neues Forschungsfeld eröffnet CHEMNITZ. Über drei Millionen Euro, bewilligt bis 2014 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dürfen sich die Antragsteller des Projekts Zwillingspolymerisation von organisch-anorganischen Hybridmonomeren zu Nanokompositen freuen. Stefan Spange, Professor für Polymerchemie und Leiter der DFG-begünstigten Forschergruppe an der TU Chemnitz, betont vor allem den angepeilten ökonomischen Nutzen des Unterfangens (TU Spektrum, 2/11). Wie alles, was mit Nanotechnologie zu tun hat, sind die Erwartungen dabei sehr hoch. Werden sie erfüllt, stehen 2014 funktionale Hybridmaterialien zur Verfügung, die in der Katalyse, bei der Beschleunigung und Steuerung chemischer Prozesse oder für die Speicherung von Gasen Verwendung finden. Spange ist gewiß, damit ein neues Forschungsfeld eröffnet zu haben, das der TU Chemnitz ein Alleinstellungsmerkmal garantiere. (kn) Kosmologie: Weltbilder für Ausnahmemenschen LEINFELDEN. Als Wissenschaftsjournalist zählt Rüdiger Vaas zu den begabtesten Dolmetschern, die Laien hochkomplexe Innovationen der Forschung vermitteln. In seinem Beitrag über die durch Messungen der Raumsonde Planck gespeisten Weltbildkonstruktionen (Bild der Wissenschaft, 9/11) muß aber selbst Vaas mehrfach einräumen, daß die neuesten kosmologischen Modelle des Universums unser Vorstellungsvermögen praktisch alle übersteigen. Insoweit sind die auf diesem Forschungsgebiet global führenden Kosmologen der Universität Ulm, die am Computer Millionen von Himmelskarten der kosmischen Hintergrundstrahlung simulieren, wahre Ausnahmemenschen. Denen Vaas zutraut, das Standardmodell des Universums zu revolutionieren. Ob wir uns anschließend das All als Ring, Fußball oder Spiegelkabinett sowenig vorstellen können wie die heutigen euklidischen, sphärischen oder hyperbolischen Modelangebote, erscheint aus Laiensicht bedeutungslos. (ck) China: Moratorium für Gentechnik-Reis geplant PEKING. In China soll es vorerst keinen kommerziellen Anbau von gentechnisch verändertem Reis geben. Das berichtet das chinesische Finanzmagazin Economic Observer unter Berufung auf das Pekinger Agrarministerium. Seit zwölf Jahren gibt es Versuchsfelder mit Gen-Reis in China. Ein möglicher Grund für das Anbaumoratorium sind ausländische Patente auf chinesische Gen-Reissorten. Im Falle des gewerbsmäßigen Genreisanbaus könnten beispielsweise US- Konzerne finanzielle Ansprüche gegen chinesische Reisbauern oder Exporteure geltend machen. Das würde für die chinesische Ernährungssicherheit ein unkalkulierbares Risiko darstellen. (fis) Disput um Forscher: Überalterung als Gefahr für das wissenschaftliche Innovationspotential und damit die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit? PATRICK KÖNIG D emographisches Allgemeinwissen beweist man heute mit drei magischen Zahlen: 80, 50, 20. Sie beschreiben die deutsche Gesellschaftsgeschichte seit Bismarcks Entlassung Bei 80 Jahren liegt derzeit die durchschnittliche Lebenserwartung (Frauen: 82, Männer: 77). Das ist innerhalb eines Jahrhunderts ein geradezu märchenhafter Gewinn. Denn unsere Urgroßeltern erreichten im Durchschnitt nur ihren 50. Geburtstag. Bis Mitte dieses Jahrhunderts dürfte der medizinische Fortschritt in Verbindung mit gesünderer Lebens- und Ernährungsweise die Lebenserwartung in der westlichen Welt sogar noch weiter nach oben schrauben. Dann ist aber zugleich der Anteil der jungen Menschen (bis 20 Jahre) an der Gesamtbevölkerung von aktuell schon beängstigenden 20 Prozent weiter geschrumpft. Verlust an ökonomischer und kultureller Dynamik Der aus dem Sudetenland stammende Berliner Sozialhistoriker Jürgen Kocka hängt an diesen drei Zahlen das von Demographen, Gerontologen, Sozialmedizinern und Gesundheitspolitikern mit zunehmender Intensität beschworene Szenario des verkehrten Altersaufbaus unserer Gesellschaft auf. Es werde bald von davonlaufenden Gesundheitskosten, Finanzierungsproblemen des Sozialstaats, neuen Generationskonflikten zwischen Erwerbstätigen und Ruheständlern und der drohenden Verlangsamung der ökonomischen und kulturellen Dynamik geprägt sein Die Schöpferkraft der Alten Folgen des demographischen Wandels für den Wissenschaftsbetrieb / Streit um Plastizität des Geistes (Gegenworte Hefte für den Disput über Wissen, 25/11). Kocka kennt sich mit der Thematik aus. Unter seiner Leitung hat eine interdisziplinäre Akademiegruppe Altern in Deutschland eine Lageanalyse erstellt und im März 2009 ihre Ergebnisse und Empfehlungen dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler überreicht. Für Gegenworte, die Zeitschrift der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, wählt er aus der Masse der demographischen Probleme die Frage nach den Folgen, die eine Gesellschaft des langen Lebens für eine nur scheinbare Randgruppe, nämlich für seinesgleichen, Wissenschaftler und Hochschullehrer, zeitigen könnte. Gemessen an der Gesamtbevölkerung prozentual zwar zu vernachlässigen, entscheidet doch deren Fähigkeit, die Ressource Wissen sozial nutzbar zu machen, die Zukunft von Industriegesellschaften. Von entsprechender Bedeutung ist daher, wie lange sie vom Humankapital dieser typischen Leistungsträger profitieren wollen. Für ein Maximum an Wissensabschöpfung stehen dabei die USA und Kanada. Dank der Antidiskriminierungsjudikatur (Affirmative Action ist mehr als eine Rassenquote) gibt es dort seit 1994 auch keine allgemeine Pensionierungspflichtgrenze mehr. Der US-Wissenschaftler darf also forschend und lehrend in den Sielen sterben, während sein deutscher Kollege in der Regel mit 65 in den Ruhestand gehen muß. Kocka meint, die deutsche Regelung trage besser biologischen Gesetzen Rechnung. Wenn ihm auch, mit Rücksicht auf seit dem Jahr 2000 wieder steil anziehende Erwerbstätigkeitsquoten in der Gruppe der 60- bis 64jährigen Männer, eine flexiblere Lösung in Richtung 70 vorschwebt. Die deutsche Ruhestandsgrenze sieht er durch neurowissenschaftliche Erkenntnisse gerechtfertigt. Denn die Plastizität des Geistes, Innovationskraft und Kreativität, nehme im Normalfall im Alter ab. Zumindest Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner hätten ihre produktivste Phase zwischen 25 und 45. Nur bei Geisteswissenschaftlern falle die Leistungskurve danach nicht ab. Hier seien Höchstleistungen im fortgeschrittenen Alter sogar häufig. Große Masse an rasch obsolet werdendem Wissen Bekannte Biographien, der 26jährige Albert Einstein, der die spezielle Relativitätstheorie kreierte, der 29jährige Charles Darwin, der die Grundlagen der Evolutionslehre schuf, Kohorten mathematischer und physikalischer Genies der Weltmarke Werner Heisenberg, die Äonen vor Erfindung des Juniorprofessors mit Ende 20 Lehrstühle eroberten, könnten tatsächlich für Kockas Plädoyer einer nur moderaten gesellschaftlichen Ausbeutung von Altersweisheit sprechen. Und erst recht jene Schrekkensmeldung der National Institutes of Health (NIH) in Maryland, der zufolge die seit 1994 kräftig verschobene Altersstruktur im US-Wissenschaftsbetrieb ab 2020 das Tempo der medizinischen Innovationen verlangsamen werde. Was anfangs Altersdiskriminierung beseitigte und zudem volkswirtschaftlich effizient zu sein schien, gefährdet nun langfristig das wissenschaftliche Innovationspotential und damit die Wettbewerbsfähigkeit der USA. Kockas auf den ersten Blick bestechende Argumentation steht und fällt jedoch mit seinem neurowissenschaftlichen Unterbau. Und den erschüttern ein paar Seiten weiter Peter Weingart (Institut für Wissenschaftsund Technikforschung/Uni Bielefeld) und Matthias Winterhager (Bielefeld), Fachmann für bibliometrische Analyse primär naturwissenschaftlicher Publikationen. Angelehnt an den Utrechter Sozialund Gesundheitspsychologen Wolfgang Stroebe rekurrieren sie auf eine gute Nachricht aus der Kognitionsforschung. Danach gebe es keinen universellen altersbezogenen Rückgang der kognitiven Fähigkeiten. Stroebe habe herausgefunden, daß praktisch kein Produktivitätsunterschied zwischen den Altersgruppen bestehe. Damit sei die Angst, Überalterung beeinträchtige die wissenschaftlich-wirtschaftliche Innovationskraft, unbegründet. Die Schöpferkraft der Alten müßte mithin auch in Deutschland nicht länger durch widersinnige Pensionsregeln vergeudet werden, sondern sollte sich zum Wohl der Allgemeinheit entfalten. Doch dies ist nicht das letzte Wort der beiden Bielefelder. Der schönen neuen Welt altersgrenzenlosen Forschens steht die Eigenart wissenschaftlichen Wissens entgegen. Pro Tag erscheinen weltweit bis zu Veröffentlichungen allein in den Natur- und Technikwissenschaften. Verbleiben nun betagte Forscher künftig in diesem Produktionsprozeß, vermehre sich wahrscheinlich allein die Zahl der Arbeiten mit extrem knappem Haltbarkeitsdatum. Es steige unweigerlich die Obsoleszenzrate, die Masse rasch obsolet werdenden Wissens. Weingart und Winterhager trauen auch der Schöpferkraft der Alten nicht zu, aus diesem Dilemma zu entkommen. Gewiß ist ihnen nur, daß Plagiieren kein individueller Ausweg ist. Es beschleunige nur die Obsoleszenz vor allem wenn es entdeckt wird. FOTO: SERGEY LAVRENTEV / FOTOLIA Umwelt Unsichtbare Gefahren Von Michael Howanietz ünstliche Nanopartikel kann Kman weder sehen noch schmecken, sie sind hundertmal kleiner als Viren und weitgehend unerforscht aber bereits allgegenwärtig (JF 40/11). Man findet sie in Sonnencreme und Autolacken, in Heimelektronik genauso wie in Krankenhäusern. Ein aktuelles Sondergutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) empfiehlt daher, die evidenten Gefahren zu untersuchen und im Bedarfsfall gesetzgeberisch aktiv zu werden. Einige Nanomaterialien seien äußerst langlebig, andere, wie Kohlenstoffnanoröhrchen, verhielten sich wie Asbest, heißt es in den SRU- Vorsorgestrategien für Nanomaterialien. Wieder andere lösten Entzündungsreaktionen aus, die letztlich zu Krebs führen könnten. Auch die beispielsweise in Sprühdosen verwandten Silber- Nanopartikel gäben Anlaß zur Besorgnis. Das Vorsorgeprinzip muß konsequent auf Nanomaterialien angewendet werden das ist verfassungsrechtlich geboten und politisch im Hinblick auf das Vertrauen in eine neue Technologie sinnvoll, fordert Christian Calliess, SRU-Rechtsexperte und Jura-Professor an der FU Berlin. Immer mehr nanotechnologische Alltagsprodukte überschwemmen den Markt. Doch das geltende Stoff- und Produktrecht erlaubt staatliche Eingriffe erst, wenn der wissenschaftliche Nachweis einer Gefahr erbracht ist. Bundesumweltminister Norbert Röttgen ist allerdings mit seinem Atomausstieg und den Medienauftritten zur Euro-Rettung derzeit offenbar voll ausgelastet. Der CDU-Vize und einstige junge Wilde hat lediglich im besten Funktionärsdeutsch versprochen, sich wegen der Nano-Gefahren in den laufenden Dialog einzubringen. Dabei wäre angesichts des SRU-Gutachtens zumindest ein Verbot von verbrauchernahen Anwendungen von Nanosilber gerechtfertigt. Auch eine Internet- Datenbank mit Konsumenteninformationen ist längst überfällig, da immer mehr nanotechnologisch aufbereitete Alltagsprodukte den Markt überschwemmen. Erkenntnis Ich glaube, daß Autos, die nur von einer Batterie angetrieben werden, zwar wichtiger werden. Aber eine nennenswerte Verbreitung werden sie mittelfristig nur in Nischen finden, beispielsweise in Großstädten. Takeshi Uchiyamada, Vize-Präsident und Chefentwickler von Toyota FREIHEIT im Netz Tagesaktuell und interaktiv Aktuelle JF: Im Online-Kiosk Kolumnisten kommentieren das Tagesgeschehen Dossiers: Wichtige Informationen zu aktuellen Themen Täglich neue Nachrichten Lesen, was Sache ist.

23 Reich wird man nur durch Sparen. Das gilt privat wie auch im Staat. Der ehemalige Bankier und Historiker Ehrhardt Bödecker plädiert für mehr preußische Prinzipien. INTERVIEW, Seite 3 Der Bundestag soll Griechenland retten, den Euro und den Frieden sowieso. Auf die Abgeordneten wird deswegen (nicht nur) moralischer Druck ausgeübt. POLITIK, Seite 5 Noch ist Deutschland nicht verloren! L E S E R F O R U M 23 Zu: Spart endlich! von Michael Paulwitz, JF 40/11 Marcus Tullius Cicero meldet sich Nachfolgend ein verspätet eingegangener Leserbrief von Marcus Tullius Cicero, abgesandt 55 vor der Zeitwende: Der Staatshaushalt muß ausgeglichen sein. Die öffentlichen Schulden müssen abgebaut, die Arroganz der Behörden muß gemäßigt und kontrolliert werden. Die Zahlungen an ausländische Regierungen müssen verringert werden, wenn der Staat nicht bankrott gehen soll. Die Leute sollen wieder lernen zu arbeiten, statt auf öffentliche Rechnung zu leben. EGGERT SCHOENIGER, BAD SCHWARTAU Zu: Die Nation wird verspielt von Dieter Stein, JF 40/11 Wann folgen unsere Pässe? Mit der heutigen Zustimmung zum erweiterten Rettungsschirm bewahrheitet sich in ganz makabrer Weise die Aussage Thilo Sarrazins, daß sich Deutschland abschafft. Und noch etwas wird damit offenbar: Die Wiedervereinigung unserer Nation war völlig vergeblich, die Freiheit und Unabhängigkeit dem Goldenen Kalb geopfert. Wann werden wir unsere deutschen Personalausweise und Reisepässe abgeben müssen? KLAUS OBRECHT, OFFENBURG Zu: Opposition ist not! von Karl Feldmeyer, JF 40/11 Vereinzelte Geisterfahrer Wer setzt diesen politischen Geisterfahrern in Berlin endlich ein Ende? Seit Monaten erreicht uns eine Hiobsbotschaft nach der anderen, und unsere politischen Falschfahrer steuern uns in den Abgrund. Alle Versuche rechter Splitterparteien, auf die verheerende Politik unseres Landes positiv Einfluß zu nehmen, scheiterten kläglich. Würden aber alle Stimmen zusammengefaßt, wäre es möglich. Wenn es den Splitterparteigründern wirklich um unser Vaterland geht, sollten sie endlich die gegenseitigen Empfindlichkeiten sein lassen, sich zusammensetzen und sich gegen diese Zerstörer unseres Heimatlandes mit erfahrenen konservativen Politikern zusammensetzen und formieren, bevor es gänzlich zu spät ist. Wenn die Nichtwähler dieses Ansinnen erkennen können, hätten sie wieder jemanden, den sie wählen könnten. Noch ist Deutschland nicht verloren! WERNER THIELE, DIESPECK Zu: Retten, was zu retten ist von Karlheinz Weißmann, JF 40/11 Illusionisten der Ökumene Gott und die Kirche sind nicht manipulierbar, auch wenn ökumenische Illusionisten dies nicht einsehen wollen. HERBERT GAISER, MÜNCHEN Lutheraner verstehen den Papst Als Lutheraner kann ich die Haltung des Papstes in Sachen Kircheneinheit verstehen, denn mit der EKD steht ihm ja nicht eine genuin lutherische Kirche gegenüber, sondern Landeskirchen mit lutherischer und reformierter Tradition, wobei selbst einige der lutherischen sich schon längst von den Bekenntnisschriften verabschiedet haben. Auch das lutherische sola scriptura ist in Beliebigkeit ausgeartet, wie man unschwer bei vielen strittigen Fragen feststellen kann, etwa im Hinblick auf das Abendmahl. Nur eine wirklich lutherische Kirche kann ein ernsthafter Gesprächspartner Roms sein. PROF. EM. DR. KARL-HEINZ KUHLMANN, BOHMTE W Nr. 40/11 Spart endlich! Zu: Poröser Kitt von Johannes Rogalla von Bieberstein, JF 40/11 Politisch korrekt überspielt Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner hat recht: Das christliche Menschenbild, auf das sich christliche Politiker immer wieder berufen, ist längst zur bloßen Formel verkommen, weil es sich nicht mehr am christlichen Gottesbild orientiert. Der essentielle Konflikt zwischen Christen und Juden, von dem der Judaist Gershom Scholem spricht, beruht auf dem fundamentalen Gegensatz zwischen dem Gottesbild des Christentums und dem des Judentums. Jesus hat als Jude die Gesetze des Judentums aufgehoben: Denn Christus ist das Ende des Gesetzes (...), sagt Paulus in Römer 10, 4. Jesus Christus vermittelt allen Menschen einen Gott der Liebe und der Nächstenliebe, ja sogar der Feindesliebe, einen Gott des Friedens und der Barmherzigkeit. Anders Jahwe, wenn es gegen die Feinde des auserwählten Volkes geht, oder auch Allah, der Gott der Muslime, der Gewalt und Intoleranz gegen Ungläubige fordert. Wer diese Wahrheiten aus Gründen der Political Correctness leugnet, hat wohl noch nie die Schriften des Alten Testaments und des Koran gelesen. Wenn seit ein paar Jahren von den jüdisch-christlichen Wurzeln Europas und vom christlich-jüdischen Fundament Deutschlands gesprochen wird, so zeigt sich darin ebenfalls das Bemühen, die bestehenden religiösen Gegensätze politisch korrekt zu überspielen. GÜNTER ZEMELLA, SCHWÄBISCH HALL Zu: Brisante Bilanz von Klaus Peter Krause, JF 40/11 Bio-Effekt äußert sich als Defekt Zu dieser Bilanz paßt auch meine Beobachtung, der zufolge es seit Einführung des Dieselkraftstoffes mit Bio-Beimischung immer mehr defekte Fahrzeuge gibt, was nach meiner Vermutung gerade durch diese Beimischung verursacht ist. Wie ich feststellen mußte, scheint der ADAC an diesem Thema nicht interessiert, von den politisch-korrekt orientierten Medien ganz zu schweigen. VOLKER GOTZSCH, HANNOVER Zu: Liberaler Selbstmord von Paul Leonhard, JF 39/11 Freiheit und Demokratie fehlen Auch die FDP steckt in der Krise, und es ist zu befürchten, daß sie dahinscheidet. Da die FDP von ihrem Namen her für Freiheit und Demokratie steht und es mit beiden nicht gut steht in unserem EUR 3,60 Österreich EUR 3,80/ Schweiz CHF 6,00 Die Euro-Krise hat es offenbart: Wir leben über unsere Verhältnisse und müssen lernen, Maß zu halten ND DEBATTE Der Preußische Stil Verirrte Deutsche Recht junger Völker JF-Ausgabe 40/11 vom 30. September 2011 Staate, wäre das Verschwinden der FDP schlimm, wenn sie sich denn für Freiheit und Demokratie einsetzen würde. Doch dem Bedarf an mehr Freiheit und mehr Demokratie in unserem Lande kommt keine der im Bundestag vertretenen Parteien entgegen. Die FDP würde aus ihrem Tief herauskommen, wenn sie sich zuvörderst und energisch für Freiheit und Demokratie einsetzen würde und damit für Volksabstimmungen, und gegen die Political Correctness sowie gegen die überzogenen meinungseinschränkenden Teile des Strafgesetzbuches. Nicht die Prediger des freien Marktes und der Deregulierungen sollten Vorbilder der FDP-Mitlieder sein, sondern Hirsch, Baum und Leutheusser-Schnarrenberger! GERHARD WAGNER, RATINGEN Zu: Wir sind keine Stromer von Michael Manns, JF 39/11 Perfekter ökologischer Unsinn Der Autor vergißt in seinem kritischen Artikel leider einen ganz wichtigen Aspekt der Elektroautos: den Winterbetrieb. Elektrofahrzeuge mit Batterien können nicht von der Motorwärme geheizt werden. Anders als im Verbrennungsmotor, wo immer über 60 Prozent der Energie als kostenlose Abfallwärme zum großzügigen Heizen zur Verfügung stehen, arbeitet ein Batterieauto nahezu verlustfrei, das heißt, ohne nennenswerte Wärmeentwicklung. Für den Winterbetrieb ist eine Zusatzheizung mit klassischer Verbrennung also zwingend erforderlich, will man nicht mit einer Elektroheizung die ohnehin geringe Reichweite der Batterie auf wenige hundert Meter herabsetzen.wer sein Elektroauto also zusätzlich zur Elektrizität auch noch mit Kraftstoff betankt und diesen wertvollen Rohstoff dann nicht etwa zum Antrieb benutzt, sondern ihn in einer Hilfsheizung einfach nur abfackelt, der macht den Irrsinn ökologisch perfekt! DR.-ING. SIEGFRIED W. SCHMIDT, ASSLAR Zu: Fesche Wäsche von Ragnhild Deschner, JF 39/11 Seid bereit: Karneval ist alle Zeit! Ein schönes Madl mit ordentlich Holz vor der Hüttn schaut in einem hübschen Dirndl freilich sehr fesch aus. Wenn die Dame dann allerdings Mandy heißt oder statt mit einem breiten bayrischen Dialekt ein friesisches Moin Moin! hervorbringt, fragt man sich, wieso die Saupreißen plötzlich alle Bazis werden wollen. Aber zum Glück gilt ja für Moden: sie kommen und gehen. Und so dürfen dann auch Norddeutsche in Dirndl oder Lederhose zu kölschen Karnevalsliedern singen. Oktoberfest ist ja bald vorbei und die nächste Verwandlungsstufe zum Jecken setzt ein. DIRK TAPHORN, IBBENBÜREN Zu: Gezähmter Löwe für Flensburg von Hans-Joachim von Leesen, JF 38/11 Am nördlichsten ist Glücksburg Der lobenswert genauen Beobachtung Ihres Autors ist ein Lapsus unterlaufen: Flensburg ist nicht Deutschlands nördlichste Stadt. Glücksburg, zugehörig zum Kreis Schleswig-Flensburg, liegt nördlicher. Dort ist übrigens das Stammschloß des Adelsgeschlechtes Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg zu besichtigen, dem neben den Monarchen von Dänemark und Norwegen (bis 1974 auch Griechenland) auch der britische Prinzgemahl Prinz Philip, sein Sohn Charles und die Enkel William und Henry angehören. Bis 2008 trug Westerland auf Sylt den Titel der nördlichsten Stadt Deutschlands. Durch die Bildung einer die gesamte Insel umfassenden Kommune hat Westerland jedoch seither nur noch den Status eines Ortsteiles der Gemeinde Sylt. Die dänische Minderheit im Landesteil Schleswig, zwischen der Grenze zum Königreich und der Eider gelegen, ist nicht durchgehend glücklich über die Umsetzung des Löwen von Kopenhagen nach Flensburg. Selbst Angehöriger der dänischen Minderheit, erlebe ich laufend, daß Landsleute den nicht eben gelungenen Klotz als Ursache des Aufreißens längst verheilt geglaubter Wunden sehen. Dies ist auch meine Meinung. Die Euro, die der dänische Staat für die Aktion bezahlt hat, so die einhellige Meinung, hätte man auch besser verwenden können. Prinz Joachim wird von Ihrem Autor ein akzentfreies Deutsch attestiert. Ein nettes Kompliment für den zweitältesten Sohn von Königin Margrethe II. von Dänemark. Allein: Sein Deutsch ist ähnlich akzentfrei wie das des lustigen Kochs aus der Muppet-Show. TORSTEN SCHULZE, SCHLESWIG AN DER SCHLEI Zu: Sind wir noch Papst? von Michael Martin, JF 38/11 Wir sind alles, nur nicht katholisch Viele glauben, das Papstamt sei zu vergleichen mit einem politischen Amt und habe nach ihren Wünschen zu funktionieren. Diese sind aber nur Besserwisser oder gar Kirchenhasser. Überhaupt ist in diesem Lande ja alles möglich: Öffentliche Verhöhnung des Christentums in der Medien- und Theaterwelt, Kirchenschmierereien, Beleidigung von kirchlichen Amtsträgern durch Politiker usw. Fast scheint es, als dürfe man alles sein, nur nicht katholisch. GERD MÜLLER, FRANKENTHAL Zu: Das verlorene Jahrzehnt von Günther Deschner, JF 37/11 Der Blitz aus heiterem Himmel Für die Bevölkerung der einzigen Weltmacht kam dieser Angriff unvermutet wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Wenn man aber die für die sonstige Perfektion unüblichen Pannen bei der Abwehr dieses Angriffs in Augenschein nimmt, dann drängt sich der Vergleich mit Pearl Harbor vor 70 Jahren auf. Damals hatten bei einem überraschenden Angriff der Japaner infolge einiger ominöser Unterlassungen der Abwehr mehrere tausend amerikanische Soldaten ihr Leben lassen müssen. Auch damals traf der Angriff die Bevölkerung wie ein Blitz aus heiterem Himmel und verwandelte von einem Tag auf den anderen die Bürger des Landes, die zuvor zu 80 Prozent gegen jede militärische Intervention waren, in kampfbereite Krieger. Es ist, als hätte man auf diesen ersten Schuß bloß gewartet. Schließlich hatte Präsident Roosevelt seinen Wählern hoch und heilig versprochen, jeden Krieg zu vermeiden allerdings mit dem Zusatz unless attack. RICHARD HELM, MÜNCHEN Zu: 11/9 Zweifel, Legenden, Spekulation von Michael Kreuzberg, JF 37/11 Unverständnis wegen Abdruck Eigentlich war ich bisher davon ausgegangen, daß ich mit der Zeitung junge freiheit ein seriöses Blatt lese. Nachdem ich Ihren Artikel Das Komplott angelesen habe, bin ich mir leider nicht mehr sicher, da ich nicht verstehen kann, wie man so einen Unfug tatsächlich drucken kann. FRANK GERVAIS, DANNAU Unerträgliche Verschwörung Diese Verschwörungstheorien zum sind unerträglich. Der Haß auf Amerika muß augenscheinlich sehr groß sein. Daß auf Zeit- und taz-korrespondenten sowie Wikipedia verwiesen wird, unterstreicht die Tendenz dieses Beitrags. FRANK HASSE, KOBERG Zu: Exekutivismus von Karl Albrecht Schachtschneider, JF 37/11 Ist das noch Demokratie? Wenn eine Regierung Projekte verfolgt, die so groß und kompliziert sind, daß die Bürger und selbst die Abgeordneten die Zusammenhänge nicht mehr verstehen, sondern blind vertrauen müssen, daß die Regierung alles im Griff hat ist das noch Demokratie? Wenn die Regierung dabei das Risiko kaum vorstellbarer Katastrophen in Kauf nimmt, über die und deren Verhinderung weder von ihr selbst gesprochen wird, noch im Parlament gesprochen werden soll ist das noch Demokratie? Muß Europa auf wesentliche Elemente der Demokratie verzichten, um eine Großmacht zu werden, wie die FAZ kürzlich das Ziel formulierte? Eine Großmacht, die sich aus mehr oder weniger überschuldeten Staaten zusammensetzt? Ist Größe wichtiger als gelebte freiheitliche Demokratie? DR. HANS TROJE, EINBECK Zu: Pankraz, Theo Waigel und das böse Schmiergeld, JF 37/11 Waigel wählte Gods own Country Warum nur erregt sich Pankraz über das Salär, das Waigel von Gods own Country erhält? Es ist, genau besehen, ein spätes kleines Dankeschön für dessen Part bei der Abschaffung der D-Mark. Seitdem können die USA alle Öl- und sonstigen Geschäfte wieder in der einzig wahren Währung abwickeln. DR. RICHARD GRILL, MÜNCHEN Liebe Leser! Leider können wir nicht alle Zuschriften, die uns täglich erreichen, veröffentlichen. Auch müssen wir manchmal kürzen. Alle Briefe werden aber sorgfältig ausgewertet, wenngleich wir sie nicht in jedem Fall beantworten können. Ihre Leserbriefredaktion JF-Leserbriefredaktion, Hohenzollerndamm 27a, Berlin, Fax , E-Post: leserbriefe@jungefreiheit.de FOTO: GUIDO KARP Fragebogen Ray Wilson Rocksänger Wo möchten Sie jetzt am liebsten sein? Wo ich gerade bin, ich liebe das Leben auf Tournee. Wofür lassen Sie alles stehen und liegen? Dauerhafter Frieden in meinem eigenen Leben, ein bißchen mehr Schlaf wäre auch nicht schlecht. Was bedeutet Heimat für Sie? Momentan lebe ich mit meiner Freundin in Polen, das mir zur neuen Heimat geworden ist. Was ist Ihnen wichtig im Leben? Gesundheit ohne sie ist nichts. Meine Familie, meine Musik und meine Freundin. Was haben Ihnen Ihre Eltern mitgegeben? Ehrlich zu leben, hart zu arbeiten, aufrichtig und freundlich zu sein, sich von niemandem irgendwelche Unverschämtheiten bieten zu lassen. Welches Buch hat Sie nachhaltig beeinflußt? Der Zahir von Paulo Coelho hat mich weniger beeindruckt, aber ich liebe dieses Buch einfach. Welche Musik mögen Sie? Die der siebziger Jahre: Springsteen, Bowie, Neil Young, Bob Dylan, auch Punk-Musik (Sex Pistols, The Clash) sowie Lady Gaga (ein Scherz). Welches Ereignis ist für die Welt das einschneidendste gewesen? In jüngerer Zeit wohl der 11. September. Dieser hat die Welt verändert, aber nicht zum besseren. Was möchten Sie verändern? Die Kluft zwischen Reich und Arm. Woran glauben Sie? Die eine Seite meiner Familie ist katholisch, die andere evangelisch. Ich glaube, daß Gott in uns allen ist. Welche Werte sollen wir unseren Kindern weitergeben? Ehrlichkeit und für das zu kämpfen, woran wir glauben. Welche Bedeutung hat der Tod für Sie? Ich versuche, ihn als eine Fortsetzung der Reise zu betrachten. Ray Wilson, Jahrgang 1968, wurde bekannt als Frontmann der Bands Stiltskin und Genesis. Aktuelle Veröffentlichung: Ray Wilson and the Berlin Symphony Ensemble, Genesis Classic, Doppel CD/DVD. Derzeit befindet er sich auf Deutschland-Tournee. WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT, KULTUR, WISSEN UND DEBATTE GEGRÜNDET 1986 IN FREIBURG I. BR. WOCHENZEITUNG IN BERLIN SEIT 1994 ISSN X Herausgeber und Verlag: Verlag GmbH & Co., Hohenzollerndamm 27 a, Berlin REDAKTION Chefredakteur: Dieter Stein Stellv. Chefredakteur: Thorsten Thaler Chef vom Dienst: Matthias Bäkermann Verantwortliche Redakteure: Titel, Meinung, Thema: Christian Vollradt; Im Gespräch: Moritz Schwarz; Politik: Marcus Schmidt (Leitung), Felix Krautkrämer, Anni Mursula; Reporter: Hinrich Rohbohm; Außenpolitik, Hintergrund: Dr. Curd-Torsten Weick; Wirtschaft, Natur & Technik: Jörg Fischer; Kultur: Thorsten Thaler; Medien: Ronald Gläser; Forum, Sein & Zeit: Dr. Christian Schwießelmann; Geschichte und Literatur: Matthias Bäkermann; Leserforum: Christian Dorn; Schlußredaktion: Matthias Seegrün Ständige Korrespondenten: Prof. Dr. Günter Zehm, Thorsten Hinz, Michael Paulwitz, Alain de Benoist (Paris), Prof. Elliot Neaman (San Francisco) Satz und Gestaltung: Daniela Lemke, Andrea Müller, Vera Wischnewsky Die Wochenzeitung hält sich an die traditionelle deutsche Rechtschreibung, wie sie bis zum 1. August 1999 gültig war. Vertrieb für den Zeitschriftenhandel: IPS-Vertrieb GmbH, Postfach 1211, Meckenheim, Tel / Druck: Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH, Kurhessenstr. 4 6, Mörfelden-Walldorf Anzeigen: BMV Berliner Medien Vertrieb e. K., Tel. 030 / , Es gilt die Anzeigenpreisliste vom Jahresabonnement: EUR 154,50 (Sozialabo EUR 99, ; Schülerabo EUR 70, ); Bezugspreise für das Ausland: Europa EUR 179,90 (Sozialabo EUR 124,40; Schülerabo EUR 95,40); Übersee/Luftpost: EUR 205,30 (Sozialabo EUR 149,80; Schülerabo EUR 120,80). Das Abonnement verlängert sich um ein Jahr, wird es nicht vier Wochen vor Ablauf schriftlich gekündigt. Konten: Postbank Berlin (BLZ ), Kto.-Nr Nachdruck: Nur mit Genehmigung des Verlages. Sammelanschrift:, Hohenzollerndamm 27 a, Berlin, Tel / , Fax: 0 30 / E-Post: verlag@jungefreiheit.de Internet: E JF-Intern Auf zur Buchmesse in kulturelles Großereignis wirft seine Schatten voraus. Auch in diesem Jahr ist die junge freiheit wieder auf der Frankfurter Buchmesse vom 12. bis 16. Oktober mit einem eigenen Stand vertreten. Das umfangreiche Veranstaltungsprogramm der JF sieht, von Donnerstag bis Samstag, täglich zwei Gesprächsrunden vor, jeweils eine um 11 Uhr und um 15 Uhr. Den Auftakt macht der Historiker Stefan Winckler, der über sein Gerhard- Löwenthal-Buch sprechen wird (siehe Seite 21 dieser Ausgabe). Am Nachmittag präsentiert JF-Chefredakteur Dieter Stein das Jubiläumsbuch 25 Jahre JF. Zu den Gesprächspartnern am Freitag gehören die FPÖ-Politikerin Barbara Rosenkranz ( So unterhöhlt die EU unsere nationale Souveränität ) und der Publizist Udo Ulfkotte ( Fremd im eigenen Land Vorsicht Bürgerkrieg? ) Am Samstag sprechen Erik Lehnert, Geschäftsführer des Instituts für Staatspolitik, über Frauen in der Bundeswehr sowie die Wirtschaftsprofessoren Bernd-Thomas Ramb und Wilhelm Hankel über den Euro und die EU. Zum Ausklang am Sonntag stellen Götz Kubitschek und Michael Paulwitz ihr Buch Deutsche Opfer, fremde Täter Ausländergewalt in Deutschland vor. Besuchen Sie uns einfach in Frankfurt am Main auf dem Messegelände in Halle 3.1 am Stand A 100. Thorsten Thaler Am Kiosk Abenteuer Meinungsfreiheit! Die ist mittlerweile in etwa 300 Bahnhofsbuchhandlungen sowie über 1000 weiteren Verkaufsstellen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu erhalten. Nahezu jeder Zeitungsladen in Deutschland kann die bei seinem Pressegroßhändler für Sie bestellen. Fragen Sie ihn einfach nach der Zeitung bzw. bitten Sie ihn um eine Testbestellung! Wenn Sie Probleme haben, die regelmäßig in Ihrer Nähe zu kaufen, helfen wir Ihnen gerne jederzeit weiter! Telefon (0 30)

24 WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT, KULTUR, WISSEN UND DEBATTE 24 S E I N & Z E I T Der Flaneur Vor dem Fotoatelier Von Ellen Kositza er Kunde ist König in dieser DEinkaufsstraße: Gleich zwei Filialen des schwedischen Bekleidungshauses für junge Mode; mindestens fünf Buchhandlungen buhlen um die Käufergunst, ebenso viele Schuhläden. Und zwei Fotoateliers, das Schaufenster des einen spiegelt sich in dem des gegenüberliegenden. Ich warte auf eine Freundin und gucke, was angeboten wird. Ausgestellt sind hier wie dort nackte Väteroberkörper mit Armen, die einen Säugling halten, Schwangerenbäuche in Kerzenlichtatmo-sphäre, Babies mit aufgesteckten Engelsflügeln, Bräute, die auf Wiesen oder in einem Meer von Kissen liegen und den Kopf nach hinten überstreckt halten. Die Kamera hat ihre bemalten, zum Lachen geöffneten Münder von oben eingefangen. Schulanfänger posieren nach herkömmlicher Geschlechterordnung, ein Junge mit Monsterranzen neben einem schweren Motorrad, eine Schultütenträgerin in rosarotem Blütenmeer. Hier scheinen sie mehr auf die romantischen Motive zu setzen, dort auf die kessen. Ein Paar, möglicherweise kurz vor Eintritt in die zweite Ehe, schwankt unentschlossen zwischen den konkurrierenden Läden. Zum wiederholten Male wird die Straßenseite gewechselt. Ah, hier scheinen sie mehr auf die romantischen Motive zu setzen, dort auf die kessen, ahnt sie. Die werden sich doch sowieso auf unsere Wünsche einstellen, gibt er zu bedenken. Daß der Unterschied zwischen hüben und drüben ein grundsätzlicher ist, hat die Frau bald erkannt. Das eine Atelier setzt ausweislich der Ausstellware konsequent auf Bildbearbeitung: Was beim benachbarten Laden Haut ist, im ärgsten Fall mit Falte oder Grübchen, erscheint bei der Konkurrenz als nahezu homogene rosigbeige Fläche. Wir nehmen den hier, entscheidet die Frau. So, sagt sie und weist nach drüben auf die lebensechteren Porträts, so möchte ich nicht aussehen. Der alte Adam in uns soll ersäuft werden. Nimm dich aber in acht, das Aas kann schwimmen! Martin Luther ( ) TONI ROIDL M al ehrlich: Welcher Konservative träumt in sentimentalen Momenten nicht von den glücklichen Friedensjahren des Deutschen Reiches vor 1914? Ohne Islamkonferenzen, Unterschichtenfernsehen und Guido Westerwelle? Deutsches Reich klingt richtig sexy Be-Er-De kein bißchen. Die gute Nachricht für diese Träumer: Das Deutsche Reich lebt; wir sind alle Reichsbürger! Angela Merkel wer ist das? Der Reichskanzler heißt Wolfgang Ebel. Dr. h. c. jur., um genau zu sein. Der 72jährige Ebel lebt in Berlin-Zehlendorf in einer provisorischen Amtswohnung. Denn diese ist der provisorische Amtssitz der Kommissarischen Reichsregierung. Von hier aus sendet Ebel Kommuniqués oder Protestnoten an die Regierungen von Frankreich, Rußland, Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika. Früher war der Kanzler Beamter der Deutschen Reichsbahn in West-Berlin. In den Wirren des Reichsbahnerstreiks von 1980 sollte Fahrdienstleiter Ebel plötzlich die Rechtsnachfolge des früheren Reichsbahnministers Dorpmüller antreten. So habe es ihm der US- Kommissar John Kornblum befohlen, erklärt Ebel, und das habe er schriftlich. Seitdem, so Ebel, ist er eingesetztes Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches. Kernstück von Ebels Legitimation ist die bekannte These, daß das Deutsche Reich völkerrechtlich fortbestehe und die BRD nicht mit diesem identisch sei. Die Anhänger dieser These berufen sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr Darin heißt es unter anderem: Das Deutsche Reich existiert fort, (...) ist allerdings als Gesamtstaat mangels institutionalisierter Organe selbst nicht handlungsfähig. Die Richter hatten sich auf die innerdeutsche Teilung bezogen, um darauf hinzuweisen, daß sich die BRD für alle Deutschen verantwortlich sah, aber nur für die Westzone ein demokratisches CHRISTIAN SCHWIESSELMANN in Männlein steht im Walde, ganz Estill und stumm. Daß Kinder solche Lieder kaum noch singen, ist im Zeitalter von ipods kein Wunder. Gäbe es nicht Musikpädagogen wie Hans Bäßler, wäre die Lage hoffnungslos. Der Professor an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover berichtete kürzlich von dortigen Aufnahmeprüfungen Erschreckendes: Über ein entsprechendes Liedrepertoire verfügt kaum noch jemand. Bei internationalen Jugendtreffs stelle man schnell fest, Grundgesetz einführen konnte. Ebel interpretiert das ganz anders. Er betrachtet sich als exterritorialen Reichsvertreter, für den die Gesetze der BRD keine Verbindlichkeit besitzen. Seine Auffassung ist schlicht wirklichkeitsfremd Das sehen die bundesdeutschen Gerichte allerdings nicht so und beschieden ihm zum Beispiel: Seine Auffassung ist schlicht wirklichkeitsfremd. Selbstverständlich hat auch der Antragsteller Haltungsnote Sangesfreund daß deutsche Gruppen nur wenig bis gar nicht singen würden, Skandinavier, Balten oder Polen seien dagegen viel sangesfreudiger. Der ehemalige Gymnasiallehrer ist überzeugt, daß unsere durchstrukturierte und auf Sinn hin getrimmte Gesellschaft mehr denn je sinnfreie Dinge wie den Gesang brauche, die man nur um ihrer selbst willen tue. Als Vizepräsident des Deutschen Musikrates unterstützt Bäßler daher das Benefizprojekt Kinderlieder des Carus-Verlages und des öffentlich-rechtlichen Radiosenders SWR2. Fast 300 Kinder aus zehn Kinderchören haben sich daran beteiligt und so alte Kinderlieder wie Ach bittrer Winter (1646) und Vogelhochzeit (1460) mit Hilfe professioneller Konzertsänger, Instrumentalisten, Liedermacher und Bands neu interpretiert. Es entstanden Bücher, Noten und CDs, die familiären Gesang befördern und versunkenes Liedgut heben sollen. Für den 1946 geborenen Bäßler geht es vor allem darum, den Traditionsfluß nicht abreißen zu lassen. Darum brauchen wir auch die sogenannten alten, in Wirklichkeit aber neuen Lieder, ist sich der promovierte Kirchen- und Schulmusiker sicher. Zu hören sind sie ab 8. Oktober im SWR2 Spielraum, wo ein Jahr lang das Kinderlied der Woche erklingt. die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu achten und sich an die Gesetze zu halten. Schlecht für den Reichskanzler, der meint, daß die fremde Bundesrepublik nicht berechtigt sei, von ihm als souveränem Reichsbürger Steuern zu verlangen oder sich gar zu erdreisten, Bußgelder zu erheben. Doch dem Deutschen Reich drohte noch mehr Ungemach: Die Mitglieder seiner Regierung zerstritten sich und gründeten eigene Reichsvertretungen. So existiert ein bunter Strauß von Reichsministerien, Reichstagen, Reichsbehörden und Reichsgerichten. Man ist sich nicht einmal einig, wie weit das Deutsche Reich eigentlich reicht. Einige proklamieren die Grenzen von 1914, andere die von Zur Finanzierung des Reichshaushaltes erheben die Exilregierungen Reichssteuern oder Gebühren für Reichspersonalausweise, Reichsführerscheine oder Reichsbaugenehmigungen. Die feindselige BRD findet das nicht immer komisch: Das Bundesverwaltungsamt leitete bereits etliche Verfahren wegen Amtsanmaßung und Mißbrauch von MATTHIAS BÄKERMANN Wir sind alle Reichsbürger Dr. h. c. jur. Wolfgang Gerhard Günter Ebel ist der Reichskanzler des Staates 2 tes Deutsches Reich behauptet er zumindest FOTO: HMTMH FOTO: SCREENSHOT YOUTUBE.COM Hans Bäßler Der Reichskanzler vor dem Reichstag: Am 8. Mai 1985 übernahm Ebel zunächst die Geschäfte des kommissarischen Reichsgerichtspräsidenten Titeln ein, was die diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reich nachhaltig trübte. Sogar der Verfassungsschutz provoziert das Deutsche Reich durch feindliche Agententätigkeit. Den Verfassungsschützern kommt das alles irgendwie revisionistisch vor. Ob man ernsthaft fürchtet, Ebel könnte die Bundesregierung ablösen? Für manch einen Kritiker Angela Merkels wäre das gar keine schlimme Vorstellung. Verwaltung des Klimas pätestens nachdem Kanzlerin Mer- den Klimaschutz als Staatsziel Skel proklamierte, sind kleinliche Ermahnungen an das Ziel des Bürokratieabbaus wohl unangebracht. So denkt man zumindest im sauerländischen Arnsberg: Noch bis zum 21. Oktober schreibt die westfälische Stadt mit hohen Freizeitqualitäten und vielen Möglichkeiten, seine Chancen zu entdecken und zu entfalten, die Stelle Klimamanagerin / Klimamanager aus. Aufgabe dieses mit bis zu Euro Jahresbrutto ausgestatteten TVöD 11/12 Stelleninhabers ( mit zusätzlicher Altersversorgung des öffentlichen Dienstes ) ist neben der Vernetzung Aufgeschnappt wichtiger Klimaschutzakteure die Umsetzung des im Januar 2011 eigens von zwei Ingenieurgesellschaften aus dem Ruhrgebiet entworfenen Integrierten Klimaschutzkonzeptes. Natürlich sollen für die Konkretisierung der Maßnahmen, die auf 225 Seiten beschreiben, wie unter anderem bei kommunalen Gebäuden die sektorspezifische Ermittlung von CO 2 -Minderungspotentialen vonstatten geht, öffentliche, privatwirtschaftliche und bürgerschaftliche Potentiale aktiviert werden. Da die Stelle durch das Bundesumweltministerium gefördert wird, freuen wir uns besonders über Bewerbungen von Menschen mit ausländischen Wurzeln und zur Erfüllung des Arnsberger Frauenförderplans werden Bewerberinnen bevorzugt berücksichtigt. JA, ich abonniere die JF. Die kostet mich im Normal-Abo 40,50 im Vierteljahr. Wenn ich die Entwicklung der JF besonders unterstützen will, kann ich das am besten mit dem Förderabo für 55,30. Habe ich weniger Geld, kann ich den reduzierten Preis von 27,00 für das Sozial-Abo zahlen. Wer den reduzierten Abopreis nutzen möchte (Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose, Erwerbsunfähige, sozial schwache Rentner), fügt bitte eine aktuelle Bescheinigung per Post an die JF oder per Fax an bei. Die Preise gelten inkl. MwSt. und Zustellung im Inland. Auslandspreise auf Anfrage. Normal-Abo 40,50* Förder-Abo 55,30* Sozial-Abo 27,00* Rechnungs- /Lieferanschrift Bitte in Druckbuchstaben ausfüllen! Die FREIHEIT jeden Donnerstag in Ihrem Briefkasten Vorname/Name Straße/Nr. PLZ/Ort Telefon Zahlungsturnus BLZ bequem durch Bankeinzug Geldinstitut E-Post *vierteljährlich halbjährlich mit 3% Preisvortei jährlich mit 5% Preisvorteil gegen Rechnung Kontonummer Ich bestelle zusätzlich den Zugangscode für die Online-Ausgabe per E-Post für nur 12,00, ermäßigt 6,00 im Jahr (im Förder-Abo gratis enthalten) Die setzt sich engagiert für Presse- und Meinungsfreiheit ein. Sie leistet so einen entscheidenden Beitrag für unsere Demokratie. Profiliert in der Ausrichtung, berichtet sie wöchentlich über Politik und Kultur aus Berlin für ganz Deutschland. Sie nimmt sich die Freiheit, weiterzuberichten, wenn andere sich abmelden. Nehmen Sie sich auch diese FREIHEIT. Datum Unterschrift Ausschneiden und absenden an: JF-Leserdienst Hohenzollerndamm 27a Berlin Telefon oder Fax Oder im Netz: Lesen, was Sache ist.

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