IG-Metall: Mehr Geld für weniger Arbeit
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- Edwina Geisler
- vor 6 Jahren
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1 IG-Metall: Mehr Geld für weniger Arbeit 1. Kompetenzen Die Schülerinnen und Schüler sollen Aufgaben und Funktionen von Gewerkschaften beschreiben. 2. die Neuerungen, die durch den Tarifvertrag zustande kommen sollen, erklären. 3. das geforderte Arbeitszeitmodell aus Sicht der Arbeitnehmer und aus Sicht der Arbeitgeber diskutieren. 2. Aufgaben 1. Beschreiben Sie die grundlegenden Aufgaben und Funktionen von Gewerkschaften. 2. Benennen Sie die bekanntesten Gewerkschaften in Deutschland und legen Sie dar, warum die IG-Metall eine der größten ist. 3. Erklären Sie die Neuerungen, die durch den Tarifvertrag zustande kommen sollen und ermitteln Sie, welche Instrumente der IG-Metall zur Durchsetzung ihrer Interessen zur Verfügung stehen. 4. Diskutieren Sie die geforderte 28-Stunden-Woche der IG Metall aus Sicht der Arbeitnehmer und aus Sicht der Arbeitgeber. Begründen Sie Ihre Einschätzungen. Jetzt wöchentlich die aktuellsten, aufbereiteten Artikel und Infografiken im Wirtschaft Aktuell -Newsletter erhalten. Anmeldung unter:
2 IG-Metall: Mehr Geld für weniger Arbeit Die IG Metall will in der kommenden Tarifrunde für die 28-Stunden-Woche kämpfen. Dass die Arbeitszeitverkürzung nur mit horrenden Kosten zu haben ist, blendet die Gewerkschaft aus Die IG Metall macht Ernst mit der 28-Stunden-Woche. Am Dienstag hat der Vorstand seine Forderungsempfehlung für die kommende Tarifrunde beschlossen. Stimmen die Tarifkommissionen zu, wird die Gewerkschaft für die 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie neben sechs Prozent mehr Geld auch individuelle Arbeitszeitverkürzungen auf bis zu 28 Stunden fordern. "Die Flexibilisierung der Arbeitszeit in den Betrieben darf nicht weiter einseitig zulasten der Beschäftigten gehen, sie muss ihnen auch nutzen", sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger warnte, kürzere Arbeitszeiten würden den Fachkräftemangel verschärfen. Die Forderung nach mehr Flexibilität leitet die Gewerkschaft aus ihrer Beschäftigtenbefragung ab. Auch in der Politik wird über mehr Zeitsouveränität für Arbeitnehmer diskutiert. Viele wollen gerne zeitweise kürzer treten, etwa um sich um ihre Kinder oder pflegebedürftigen Angehörigen zu kümmern. Andere, vor allem viele Frauen in Teilzeit, würden gerne mehr arbeiten. In der vergangenen Legislaturperiode war Arbeitsministerin Andrea Nahles mit dem Vorhaben gescheitert, ein Rückkehrrecht vom Teilzeit- auf den Vollzeitjob gesetzlich zu verankern. IG-Metall-Mitglied Nahles, die heute SPD-Fraktionschefin ist, hatte die Gewerkschaft aber ausdrücklich dafür gelobt, die Arbeitszeit zu einem Hauptthema der Tarifrunde zu machen. Von einem Jamaika-Bündnis erhofft sich die IG Metall hier offenbar keine Rückendeckung - ganz im Gegenteil. Union und FDP sind zwar auch für mehr Flexibilität, weil der Nine-to-five-Job nicht mehr ins digitale Zeitalter passt. Doch was sie vorschlagen, schmeckt der Arbeitnehmerlobby gar nicht. Statt der täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden soll künftig die wöchentliche Obergrenze von 48 Stunden gelten, die auch die EU-Arbeitszeitrichtlinie vorsieht. Die schwarz-gelbe Koalition in Nordrhein-Westfalen hat das schon so vereinbart. Auch die gesetzliche Ruhezeit von elf Stunden steht zur Disposition. Modell auch für Geringverdiener Für die Gewerkschaften geht die Flexibilisierung hier in die falsche Richtung. Deshalb sind sie umso entschlossener, ihre Forderungen zumindest tariflich durchzusetzen. Nach den Vorstellungen der IG Metall sollen Beschäftigte das Recht bekommen, ihre Arbeitszeit ohne Begründung bis zu 24 Monate lang auf bis zu 28 Wochenstunden abzusenken. Für Eltern von Kindern unter 14 Jahren oder Metaller mit pflegebedürftigen Angehörigen soll es einen teilweisen Entgeltausgleich als fixen Zuschuss geben. Durch den Festbetrag profitieren Geringverdiener stärker als gut bezahlte Fachkräfte. 1
3 "Gesundheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf dürfen nicht vom Geldbeutel abhängen", sagte Hofmann. Auch für Schichtarbeiter, die ihre Arbeitszeit um mindestens fünf Tage im Jahr verkürzen, soll es einen Entgeltzuschuss geben. Eine Deckelung für einen bestimmten Prozentanteil der Belegschaft eines Unternehmens soll es nicht geben. Anders als bei Abweichungen von der tariflichen 35-Stunden-Woche nach oben, die für höchstens 18 Prozent der Mitarbeiter eines Unternehmens Anwendung finden kann. Die Arbeitgeber verweisen darauf, dass es in den Unternehmen der Branche bereits viele Freiräume gibt: "Für die allermeisten Arbeitszeitwünsche der Beschäftigten wird in den Betrieben schon heute eine passende Lösung gefunden", sagte Gesamtmetall-Chef Dulger. Ein Anspruch auf Arbeitszeitverkürzung würde den Fachkräftemangel weiter verschärfen, warnte er. "Weil qualifiziertes Personal fehlt, bleiben schon jetzt oft Aufträge liegen." Der Arbeitgeberverband Südwestmetall hat bereits versucht, die Gesamtforderung der IG Metall zu beziffern. Er geht dabei davon aus, dass 60 Prozent der Beschäftigten ihre Arbeitszeit von 35 auf 28 Stunden reduzieren und die IG Metall die Hälfte des ausgefallenen Entgelts von den Arbeitgebern ersetzen lassen will. Inklusive der Kosten für zusätzliche Mitarbeiter, die für die kürzer tretenden Kollegen einspringen, kommt Gesamtmetall auf eine Personalkostenbelastung von sechs Prozent. Zusammen mit der Lohnforderung summiert sich das Gesamtpaket so auf zwölf Prozent. Ein Prozent mehr Lohn für alle 3,9 Millionen Beschäftigten der Branche würde die Unternehmen nach einer Faustformel 2,4 Milliarden Euro kosten. "Das ist aus einer anderen Galaxis, eine tarifpolitische Geisterbahnfahrt", kritisierte der Südwestmetall-Vorsitzende Stefan Wolf. Im Rahmen einer Gesprächsverpflichtung im Vorfeld der Tarifrunde hatten sich die Arbeitgeber aber durchaus offen für flexiblere Arbeitszeiten gezeigt. Sympathie zeigten sie etwa für das Modell, das beim Maschinenbauer Trumpf gilt. Dort können die Beschäftigten auf ihrem Gleitzeitkonto je nach Auftragslage bis zu 200 Überstunden und 100 Fehlstunden ansammeln, am Jahresende muss das Konto wieder ausgeglichen sein. Auch innerhalb der IG Metall, wo das Thema keineswegs unumstritten ist, wurden andere Modelle diskutiert - etwa fünf Tage mehr Urlaub für alle - am Ende aber verworfen. Neue tarifpolitische Wege hat bereits die Deutsche Bahn beschritten, die im letzten Tarifabschluss mit den Gewerkschaften eine Wahloption zwischen mehr Geld und mehr Freizeit vereinbart hat. Auch die Sozialpartner in der Chemischen Industrie versuchen mit ihrem "Potsdamer Modell" die Flexibilitätsanforderungen von Betrieben und Beschäftigten besser in Einklang zu bringen. Bahn und Chemie als Vorreiter Es sieht eine variable Festlegung der Arbeitszeit zwischen 32 und 40 Wochenstunden vor - für Betriebe, unterschiedliche Abteilungen eines Betriebs 2
4 und sogar auf individueller Ebene. Dazu müssen mindestens auf ein Jahr befristete Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden. Wer für Pflege oder Qualifizierung kürzer tritt oder gesundheitlich angeschlagen ist, hat Anspruch auf Entgeltausgleich. Das Geld dafür soll aus bestehenden Fonds zu lebenszeitorientiertem Arbeiten und Demografie kommen. Die Umsetzung im Detail werde nun in einer Reihe von Sozialpartnertagungen vorbereitet, kündigte der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, auf dem Bundeskongress seiner Organisation an. "Schließlich ist das echtes Neuland, das wir hier betreten." Langfristig soll das Modell, das bisher nur in Ostdeutschland gilt, auch auf den Westen übertragen werden. Eins macht aber auch Vassiliadis klar. Versuchen, die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung einseitig zum Nutzen der Arbeitgeber auszulegen, werden die Gewerkschaften Widerstand entgegensetzen. "Arbeit auf Abruf, sozusagen KAPOVAZ mit App, wird es mit uns nicht geben", sagte er vor den Delegierten. KAPOVAZ steht für "Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit", die je nach Auftragslage schwankt. Zunächst sind aber die Metaller dran, für ihre Vorstellungen von der schönen neuen Arbeitswelt zu kämpfen. Am 26. Oktober beschließt der IG-Metall-Vorstand die endgültige Forderung, am 31. Dezember endet die Friedenspflicht. Quelle: Specht, F., Handelsblatt, Nr. 196, , 006 3
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