Teilzeit und Invalidität
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- Paulina Arnold
- vor 6 Jahren
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1 VVP-Seminar 2017 Teilzeit und Invalidität Dr. Isabelle Vetter-Schreiber, RA
2 Agenda I. Invalidenversicherung 1. IV-Grad Verschiedene Methoden der Bemessung des IV-Grades, insbesondere für Teilzeiterwerbstätige 2. Rentenrevision Voraussetzungen, insbesondere Statuswechsel (hypothetische Änderung Beschäftigungsgrad) 3. Das Wichtigste in Kürze 2
3 Agenda II. Berufliche Vorsorge 1. IV-Grad Umfang der Bindungswirkung des IV-Entscheides, insbesondere bei Statuswechsel 2. Überentschädigungsberechnung Bezifferung des mutmasslich entgangenen Einkommens, anrechenbare Leistungen 3
4 Agenda 3. Invalidität bei mehreren Teilzeitstellen 4. Das Wichtigste in Kürze III. Praxistipps 4
5 5 I. Teil Invalidenversicherung
6 1. Rechtsgrundlagen Art. 28a IVG: IV - Invaliditätsgrad 1 Für die Bemessung der Invalidität von erwerbstätigen Versicherten ist Artikel 16 ATSG anwendbar. Der Bundesrat umschreibt das zur Bemessung der Invalidität massgebende Erwerbseinkommen. 2 Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird für die Bemessung der Invalidität in Abweichung von Artikel 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen. 6
7 IV - Invaliditätsgrad 3 Bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind oder die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeiten, wird für diesen Teil die Invalidität nach Artikel 16 ATSG festgelegt. Waren sie daneben auch im Aufgabenbereich tätig, so wird die Invalidität für diese Tätigkeit nach Absatz 2 festgelegt. In diesem Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit oder der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen zu bemessen. vgl. auch Art bis IVV 7
8 2. Übersicht IV - Invaliditätsgrad Unterschiedliche Bemessung, je nachdem ob: 1. Erwerbstätige Person Einkommensvergleich 2. Nichterwerbstätige Person Betätigungsvergleich 3. Teilerwerbstätige Person i.d.r. gemischte Methode 8
9 3. Erwerbstätige IV - Invaliditätsgrad Einkommensvergleich Gegenüberstellung von Validen-/Invalideneinkommen Valideneinkommen: CHF Invalideneinkommen: CHF ergibt eine Erwerbseinbusse von CHF bzw. 50 % halbe Rente 1. Säule 9
10 IV - Invaliditätsgrad o Valideneinkommen: Erwerbseinkommen, das der Versicherte erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre o Invalideneinkommen: Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte 10
11 IV - Invaliditätsgrad Allgemeine Grundsätze zum Einkommensvergleich o Berücksichtigung von AHV-Einkommen, aufgrund der gesamten Erwerbstätigkeiten (Haupt-/Nebenerwerb) o ohne Soziallohn (strenge Anforderungen! Indizien: freund-/verwandtschaftliche Beziehungen, lange Dauer des Arbeitsverhältnisses) o Parallelisierung der Einkommen (Eliminierung bzw. gleichmässige Berücksichtigung von invaliditätsfremden Faktoren) 11
12 IV - Invaliditätsgrad o ziffernmässig möglichst genaue, konkrete Ermittlung o Zeitpunkt des Rentenanspruchs massgebend, wobei allfällige rentenwirksame Änderungen der Vergleichseinkommen bis zum Verfügungserlass zu berücksichtigen sind vgl. Kreisschreiben über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH) des BSV 12
13 IV - Invaliditätsgrad Konkrete Bestimmung des Valideneinkommens o i.d.r. Anknüpfung am zuletzt erzielten, der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst (Nominallohnindex) o falls nicht möglich und sonst konkrete Anhaltspunkte zur Bestimmung fehlen: LSE-Tabellen o Für einen beruflichen Aufstieg und ein höheres Einkommen müssen konkrete Anhaltspunkte bestehen 13
14 IV - Invaliditätsgrad Konkrete Bestimmung des Invalideneinkommens o Primär massgebend ist die konkrete beruflich-erwerbliche Situation (bei pensenmässig nicht ausgeschöpfter Restarbeitsfähigkeit auf voll ausgeschöpftes Pensum hochrechnen) o Falls die versicherte Person nach dem Gesundheitsschaden keine oder jedenfalls keine ihr zumutbare Arbeitstätigkeit aufgenommen hat: LSE-Tabellen 14
15 IV - Invaliditätsgrad - i.d.r. TA1-Tabellen massgebend (KSIH Rz. 3067) - leidensbedingter Abzug von max. 25 %, um (behinderungsbedingten und iv-fremden) lohnmindernden Faktoren Rechnung zu tragen, v.a. -- bei Einschränkung der Leistungsfähigkeit selbst im Rahmen körperlich leichter Hilfsarbeitertätigkeit -- bei Männern, die nach Vollbeschäftigung nur noch teilzeitlich tätig sein können 15
16 IV - Invaliditätsgrad 4. Nichterwerbstätige Art. 27 IVV Begriff Im Aufgabenbereich tätige Versicherte. Als Aufgabenbereich gilt insbesondere: o übliche Tätigkeit im Haushalt o Erziehung Kinder o gemeinnützige und künstlerische Tätigkeit o Tätigkeit in der klösterlichen Gemeinschaft nicht aber: Ausübung eines Hobbys (BGE 131 V 51) 16
17 IV - Invaliditätsgrad Betätigungsvergleich Gewichtung der einzelnen hauswirtschaftlichen Aufgaben. I.d.R. erfolgt Invaliditätsbemessung durch Abklärung vor Ort (Haushaltabklärungsbericht). Invaliditätsgrad 17
18 IV - Invaliditätsgrad 5. Teilzeiterwerbstätige Gemischte Methode Erwerbs- und Nichterwerbstätigkeit 100 % versichert Kombination von Einkommens- und Betätigungsvergleich o Die IV legt den Anteil der Erwerbstätigkeit und den Anteil am Aufgabenbereich fest. o Festlegung Einschränkung Einkommensvergleich gewichtet mit dem Anteil der Erwerbstätigkeit ergibt Teilinvaliditätsgrad 18
19 IV - Invaliditätsgrad o Festlegung Einschränkung im Aufgabenbereich gewichtet mit dem Anteil des Aufgabenbereichs ergibt Teilinvaliditätsgrad (Gesamt-)Invaliditätsgrad 19
20 Fallbeispiel IV - Invaliditätsgrad o N. hat bei Eintritt der 50 %igen Arbeitsunfähigkeit am in einem 100 % Pensum gearbeitet. Seit dem ist sie Mutter von Zwillingen. Sie ist noch zu 50 % arbeitsfähig in angepasster Tätigkeit. Die IV ermittelt einen hypothetischen Beschäftigungsgrad von 50 % bei Gesundheit. o Valideneinkommen CHF (50 % des vom Arbeitgeber angegebenen, indexierten Einkommens) o Invalideneinkommen CHF
21 IV - Invaliditätsgrad Erwerbstätigkeit 50 % Einschränkung 46 % Teil IV-Grad 23 % Haushalt 50 % Einschränkung 19 % Teil IV-Grad 9.5 % Gesamt IV-Grad 32.5 % keine Rente der 1. Säule 21
22 IV - Invaliditätsgrad Einkommensvergleich Teilzeiterwerbstätigkeit / keine Nichterwerbstätigkeit (nur) Teilzeiterwerbstätigkeit versichert Beispiel: Einpersonenhaushalt, Beschäftigungsgrad von 60 %, um einem Hobby nachgehen zu können 22
23 Konkret bedeutet dies: IV - Invaliditätsgrad o Valideneinkommen auf der Basis des (hypothetischen) Teilzeitbeschäftigungsgrades bemessen o IV-Grad kann maximal dem (hypothetischen) Teilzeitbeschäftigungsgrad entsprechen Beispiel: Valideneinkommen CHF (Beschäftigungsgrad 60 %), Invalideneinkommen CHF 0 (100 %ige Arbeitsunfähigkeit in angestammter und angepasster Tätigkeit) Invaliditätsgrad 60 % 23
24 IV - Revision Erhebliche Änderung Invaliditätsgrad Art. 17 Abs. 1 ATSG Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben. 24
25 IV - Revision Mögliche Revisionsgründe: o Änderung Gesundheitszustand o Änderung Validen-/Invalideneinkommen (auch bei gleichbleibendem Gesundheitszustand) o Statuswechsel (hypothetische Änderung des Beschäftigungsgrades, sofern nicht einzig familiär bedingt) o Wegfall des (versicherten) Aufgabenbereichs gemäss Art. 27 IVV 25
26 Statuswechsel IV - Invaliditätsgrad Änderung des hypothetischen Beschäftigungsgrades Beispiel Bei erstmaliger Rentenfestsetzung: Erwerbstätigkeit 50 % Haushalt 40 % Einschränkung 50 % Einschränkung 10 % Teil IV-Grad 25 % Teil IV-Grad 4 % Gesamt IV-Grad 29 % 26
27 IV - Invaliditätsgrad Im Revisionsverfahren: Erwerbstätigkeit 75 % Einschränkung 67 % Teil IV-Grad % Haushalt 20 % Einschränkung 20 % Teil IV-Grad 4 % Gesamt IV-Grad 54.25% 27
28 IV - Invaliditätsgrad Änderung des hypothetischen Beschäftigungsgrades mit Methodenwechsel Beispiel Bei erstmaliger Rentenfestsetzung: - Beschäftigungsgrad 100 %, Arbeitsunfähigkeit in angestammter Tätigkeit von 50 % IV-Grad von 50 % 28
29 IV - Invaliditätsgrad Im Revisionsverfahren: Erwerbstätigkeit 60 % Einschränkung 17 % Teil IV-Grad 10.2 % Haushalt 40 % Einschränkung 0 % Teil IV-Grad 0 % Gesamt IV-Grad 10.2 % 29
30 IV - Invaliditätsgrad Was passiert, wenn der (versicherte) Aufgabenbereich gemäss Art. 27 IVV bei weiterer Teilzeiterwerbstätigkeit vollständig wegfällt? Fallbeispiel (BGE vom , 9C_178/2015) A führt einen Einpersonenhaushalt ohne Betreuungsaufgben (zwei erwachsene Töchter und von ihrem Mann getrennt) A meldete sich im September 2001 wegen diverser Beschwerden bei der IV an 30
31 IV - Invaliditätsgrad Zusprache einer halben IV-Rente, IV-Grad von % (Teilinvaliditätsgrad 3.2 % in der mit 40 % gewichteten Haushaltsführung und Teilinvaliditätsgrad % in mit 60 % gewichteten erwerblichen Bereich) Revisionsweise Erhöhung per auf eine Dreiviertelsrente, IV-Grad 63 % (neu Teilinvaliditätsgrad 60 % im erwerblichen Teil, unverändert mit 60 % gewichtet, also Einschränkung zu 100 %) Mit Verfügung vom lehnte die IV den Antrag um Rentenerhöhung ab (Anwendung Einkommensvergleich) 31
32 IV - Invaliditätsgrad Entscheidung und Begründung Ablehnung der Rentenerhöhung durch das Bundesgericht Gegenüber der IV hat die Versicherte mehrmals angegeben, sie würde im Gesundheitsfall in einem Arbeitspensum von 50 bis 60 % arbeiten bzw. so viel [ ] sie müsste, einfach noch so viel [ ] wie sie zum Leben brauche. Wegfall des Aufgabenbereichs nach Art. 27 IVV führt zur Anwendung des Einkommensvergleichs 32
33 IV - Invaliditätsgrad Wegfall des Aufgabenbereichs nach Art. 27 IVV kann nicht zu einer Erhöhung des IV-Grades führen Bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit und freiwillig auf 60 % reduziertem Arbeitspensum ergibt sich ein IV-Grad von 60 % (0.6 x 100%) 33
34 IV - Revision Was passiert, wenn der Statuswechsel einzig familiär bedingt ist? Fallbeispiel (BGE vom , 9F_8/2016) A meldete sich im Oktober 2003 bei der IV an. Sie ist seit Mutter von Zwillingen (hypothetisches Arbeitspensum bei Gesundheit 50 %, Arbeitsunfähigkeit 50 %) Die IV sprach ihr von bis eine halbe Rente zu (Invaliditätsgrad 50 % bei Einkommensvergleich) 34
35 IV - Revision Ab verneinte die IV einen Rentenanspruch aufrund eines Invaliditätsgrads von 22 % (gemischte Methode, Teilinvaliditätsgrad 0 % im erwerblichen Teil und Teilinvaliditätsgrad 22 % in der Haushaltstätigkeit) 35
36 Entscheid und Begründung IV - Revision Die Aufhebung der Invalidenrente allein zufolge familiär bedingtem Statuswechsel ist EMRK-widrig (so Urteil EGMR vom , Nr. 7186/89, Verletzung des Rechts auf Achtung des Familienlebens) Es ist EMRK-widrig, wenn die Geburt von Kindern und die damit (hypothetisch) verbundene teilweise Aufgabe der Erwerbstätigkeit die einzige Grundlage des Statuswechsels bildet und aus der Änderung der Invaliditätsbemessungsmethode die revisionsweise Aufhebung der Rente 36
37 IV - Revision Die gemischte Methode kann in Fällen, die ausserhalb dieser Konstellation liegen, weiterhin Anwendung finden (z.b. nicht familiär bedingter Aufgabenbereich oder erstmalige Rentenzusprache an versicherte Person, die im ganzen Beurteilungszeitraum teilerwerbstätig mit Aufgabenbereich ist) 37
38 IV - Revision BGE vom , 9C_604/2016: nicht nur eine revisionsweise Aufhebung, sondern auch die revisionsweise Herabsetzung einer IV-Rente ist EMRK-widrig, wenn allein familiäre Gründe für einen Statuswechsel sprechen Siehe auch IV-Rundschreiben Nr. 355 des BSV vom
39 IV In Kürze Für die Bemessung des IV-Grades ist entscheidend, ob es sich um eine erwerbstätige, nichterwerbstätige (im Sinne von Art. 27 IVV) oder teilerwerbstätige Person handelt Bei Teilzeiterwerbstätigen kommt in der Regel die gemischte Methode zur Anwendung Hat der Teilzeiterwerbstätige keinen Aufgabenbereich nach Art. 27 IVV, wird der Einkommensvergleich angewandt; IV-Grad kann hypothetisches Teilzeitpensum nicht übersteigen 39
40 IV In Kürze Ein Statuswechsel (hypothetische Änderung des Beschäftigungsgrades) ist in der IV ein Revisionsgrund Ausnahme: EMRK-widrig ist eine Revision einzig wegen familiär bedingtem Statuswechsel 40
41 II. Teil Berufliche Vorsorge 41
42 BV - Invaliditätsgrad Berechnung des für die berufliche Vorsorge massgebenden IV-Grades immer nach dem Einkommensvergleich Bindungswirkung des IV-Entscheides für die berufliche Vorsorge o sofern die Vorsorgeeinrichtung ins IV-Verfahren einbezogen worden ist (IV-Vorbescheid und IV-Verfügung) oder sich die Vorsorgeeinrichtung nach der IV-rechtlichen Betrachtungsweise richtet o sofern der IV-Begriff gemäss IVG gilt (auch im Üob) o vorbehältlich offensichtlich unrichtiger IV-Entscheid 42
43 BV - Invaliditätsgrad o bezüglich Aufteilung Erwerb / Aufgabenbereich z.b. Einstufung als vollerwerbstätige Person oder Aufteilung Erwerbstätigkeit/Haushalt: 60 % / 40 % o bezüglich IV-Grad Ausnahme bei IV-Grad nach gemischter Methode: Einschränkung im Erwerb massgebend für die berufliche Vorsorge Ausnahme bei Statuswechsel: IV-Gradfestlegung durch die Pensionskasse auf Basis Beschäftigungsgrad bei Eintritt Arbeitsunfähigkeit 43
44 Fallbeispiel BV - Invaliditätsgrad N. hat ein Kind (Alter 3) und ist in Kaderfunktion in einer Bank tätig. Im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit arbeitete sie 80 %. Sie kann noch zu 50 % erwerbstätig sein. 44
45 IV-Feststellungen BV - Invaliditätsgrad Erwerbstätigkeit 80 % Haushalt 20 % Einschränkung 40 % Einschränkung 5 % Teil IV-Grad 32 % Teil IV-Grad 1 % Gesamt IV-Grad 33 % keine Rente der 1. Säule, Viertelsrente der 2. Säule 45
46 BV - Invaliditätsgrad Statuswechsel und Auswirkungen auf den IV-Grad in der beruflichen Vorsorge Fallbeispiel (BGE vom , 9C_354/2014, 141 V 127) N. arbeitete Vollzeit bei der C. AG. Die IV sprach ihr ab eine halbe Rente zu. Die Pensionskasse erbrachte entsprechende Leistungen. Per hob die IV die Rente auf (Geburt eines Kindes und neu Anwendung gemischte Methode). Strittig war, ob die Pensionskasse zu Recht ebenfalls die Rentenleistungen einstellen durfte. 46
47 Entscheid BV - Invaliditätsgrad Der IV-rechtliche Statuswechsel (hypothetische Änderung Beschäftigungsgrad/Methodenwechsel) stellt berufsvorsorgerechtlich keinen Revisionsgrund dar (vgl. aber neue Rechtsprechung zur IV-Revision!) 47
48 BV - Invaliditätsgrad Fallbeispiel (BGE vom , 9C_403/2015) A. arbeitete bei B. bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit (März 2009) in einem 75%-Pensum Ab März 2010 wurde ihr von der IV eine halbe Rente zugesprochen (IV-Grad von 50 %, Einkommensvergleich auf Basis Beschäftigungsgrad von 100 % unter Berücksichtigung des Alters der Tochter, 50 %-ige Arbeitsfähigkeit angestammt und angepasst) 48
49 BV - Invaliditätsgrad Pensionskasse lehnte einen Rentenanspruch ab, da bezogen auf das versicherte Pensum lediglich ein IV-Grad von 33 % bestehe 49
50 Entscheid BV - Invaliditätsgrad Soweit die versicherte Person im versicherten Pensum noch arbeiten kann, besteht kein Anspruch auf eine Invalidenrente. Für die berufliche Vorsorge ist der Status bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit massgebend (demgegenüber bei der IV der Zeitpunkt Rentenzusprache) 50
51 In concreto: BV - Invaliditätsgrad o IV-Feststellungen: hypothetischer Beschäftigungsgrad bei Gesundheit 100 %, Valideneinkommen CHF % Arbeitsfähigkeit in angestammter und angepasster Tätigkeit, Invalideneinkommen CHF IV-Grad 50 % (Erwerbseinbusse CHF ) 51
52 BV - Invaliditätsgrad o Feststellungen der Pensionskasse: Beschäftigungsgrad bei Eintritt Arbeitsunfähigkeit 75 %, Valideneinkommen CHF (Umrechnung Valideneinkommen oder bei der Kasse gemeldetes Einkommen!?) 50 % Arbeitsfähigkeit in angestammter und angepasster Tätigkeit, Invalideneinkommen CHF IV-Grad 33 % (Erwerbseinbusse CHF ) 52
53 Fallbeispiel BV - Invaliditätsgrad o 100 % Arbeitsunfähigkeit in angestammter und angepasster Arbeitstätigkeit seit / keine Einschränkung im Haushalt o Beschäftigungsgrad bei Eintritt Arbeitsunfähigkeit: 50 % Erwerbstätigkeit 50 % Haushalt 50 % Einschränkung 100 % Einschränkung 0 % halbe Rente der 1. Säule und ganze Rente der 2. Säule Teil IV-Grad 50 % Teil IV-Grad 0 % Gesamt IV-Grad 50 % 53
54 BV - Invaliditätsgrad o Hypothetischer Beschäftigungsgrad von 25 % seit / keine Änderung des Gesundheitszustandes Erwerbstätigkeit 25 % Haushalt 75 % Einschränkung 100 % Einschränkung 0 % Teil IV-Grad 25 % Teil IV-Grad 0 % Gesamt IV-Grad 25 % keine Rente der 1. Säule und ganze Rente der 2. Säule 54
55 BV - Überentschädigungsberechnung Hat der invalidenversicherungsrechtliche Statuswechsel Einfluss auf die Bezifferung des mutmasslich entgangenen Einkommens? Ja. Das mutmasslich entgangene Einkommen ist auf der Basis des (hypothetischen) Beschäftigungsgrades zu beziffern, welchen die versicherte Person im Zeitpunkt der Kürzungsfrage ohne Gesundheitsschaden hätte. (BGE 129 V 155 Erw. 2.3). 55
56 BV - Überentschädigungsberechnung Anrechenbares Einkommen Bei IV-Grad-Bemessung nach sog. gemischter Methode (bei teilzeiterwerbstätigen Personen) ist nur jener Teil der IV- Rente anrechenbar, der aus dem erwerblichen Bereich resultiert (Grundsatz der Kongruenz) 56
57 BV - Überentschädigungsberechnung Beispiel (BGE 124 V 281 ff. Erw. 2) Erwerbstätigkeit 40 % Einschränkung 50 % Teil IV-Grad 20 % Haushalt 60 % Einschränkung 37 % Teil IV-Grad 22.2 % Gesamt IV-Grad 42 % Anrechenbare Leistung: IV-Rente Fr. x 20 = Fr
58 BV - Überentschädigungsberechnung Ist nach einem Statuswechsel die IV-Rente auch dann vollumfänglich anrechenbar, wenn sie erhöht wurde, die Rente der 2. Säule aber gleichblieb? Noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung! M.E. weiterhin Anrechnung des Teils der IV-Rente, der dem erwerblichen Teil zuzuordnen ist. 58
59 BV Mehrere Teilzeitstellen Was passiert, wenn eine versicherte Person mehrere Teilzeitstellen innehat und nach Eintritt der Invalidität eine Teilzeitstelle im bisherigen Umfange weiterhin ausüben kann? Fallbeispiel (BGE 129 V 132 ff.) o N. war gleichzeitig bei der X AG und der Y AG zu je 50 % angestellt. Sie bezieht nun eine halbe Invalidenrente und ist weiterhin bei der X AG tätig und entsprechend vorsorgeversichert 59
60 BV Mehrere Teilzeitstellen Entscheid o Die Pensionskasse der Y AG (wo das Pensum invaliditätsbedingt aufgeben wurde) muss eine volle Rente (auf Lohn aus 50 % Pensum) zahlen. o Keine Leistungspflicht der Pensionskasse der X AG keine Schlechterstellung einer Person mit mehreren Teilzeitstellen nach Invalidität gegenüber einer Person mit einer Arbeitsstelle im gleichen Gesamtumfang 60
61 BV Mehrere Teilzeitstellen Was gilt bei Wechsel der Teilzeitstelle mit gleichzeitiger Änderung des Beschäftigungsgrades bezüglich der Nachdeckungsfrist? Fallbeispiel (BGE vom , 9C_592/2012) o 1. Teilzeitstelle (Pensionskasse X) - ab mit Beschäftigungsgrad % bzw. - ab bis mit Beschäftigungsgrad % 61
62 BV Mehrere Teilzeitstellen o 2. Teilzeitstelle (Pensionskasse Y) - ab mit Beschäftigungsgrad % bzw. - ab mit Beschäftigungsgrad von % o ganze IV-Rente ab (Beginn Arbeitsunfähigkeit am ) 62
63 BV Mehrere Teilzeitstellen Begründung und Entscheid o Die Erhöhung des Beschäftigungsgrades und damit einhergehend des Versicherungsschutzes ist der Begründung eines neuen Teilzeitarbeitsverhältnisses bei einem dritten Arbeitgeber gleichgestellt o Irrelevant, ob die neue Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht der früheren entspricht oder weniger oder mehr beträgt 63
64 BV Mehrere Teilzeitstellen o Mit der Begründung des neuen Vorsorgeverhältnisses entfällt die Haftung der bisherigen Vorsorgeeinrichtung im ganzen Umfang Pensionskasse Y ist invalidenleistungspflichtig 64
65 BV In Kürze Die IV-Feststellungen sind sorgfältig zu analysieren und bei Bedarf ist im Vorbescheid- oder Beschwerdeverfahren einzuschreiten (Status korrekt? Welche Methode ist anwendbar? Änderung gegenüber Status bei Eintritt Arbeitsunfähigkeit?) Inwiefern besteht eine Bindungswirkung? o Aufteilung Erwerb/Haushalt, aber für die IV-Gradfeststellung der Pensionskasse ist der Beschäftigungsgrad bei Arbeitsunfähigkeit massgebend o Invaliditätsgrad, aber bei gemischter Methode ist nur Einschränkung im Erwerb massgebend 65
66 BV In Kürze Bei Überentschädigungsberechnung bemisst sich das mutmasslich entgangene Einkommen nach dem Beschäftigungsgrad im Zeitpunkt der Kürzung (diesbezügliche Relevanz von Statusänderungen beachten) 66
67 Praxistipps Prüfen Sie bei Eingang des Vorbescheides: Mit welcher Methode hat die IV den IV-Grad berechnet? IV-Grad der IV oder (bei gemischter Methode) Einschränkung im Erwerb für die berufliche Vorsorge massgebend? Bei Teilzeiterwerbstätigen ist zu prüfen, ob ein Aufgabenbereich nach Art. 27 IVV vorliegt oder nicht (wenn ja gemischte Methode, wenn nein Einkommensvergleich) 67
68 Praxistipps Stimmt der von der IV angenommene Beschäftigungsgrad mit demjenigen bei Eintritt der relevanten Arbeitsunfähigkeit überein? Falls nein: Berufliche Vorsorge berechnet den IV-Grad abweichend von der IV Ist die prozentuale Aufteilung Erwerbstätigkeit/Aufgabenbereich korrekt? allfällige Auswirkungen bei der Überentschädigungsberechnung berücksichtigen (auch wenn der IV-Grad abweichend berechnet wird) 68
69 Praxistipps Sind Validen-/Invalideneinkommen zumindest plausibel? (Muss eine Rentenrevision von der Pensionskasse nachvollzogen werden?) Weitere Überlegungen: Liegt ein rechtlich relevanter Gesundheitsschaden vor und ist die Arbeitsunfähigkeit in angestammter und angepasster Tätigkeit geprüft und ausgewiesen? Wurde die Wartefrist korrekt festgelegt? 69
70 Praxistipps Handlungsbedarf nach Vorliegen einer rechtskräftigen IV-Verfügung: Ist die Pensionskasse überhaupt leistungspflichtig? z.b. fehlende Bindungswirkung, Unterbruch zeitlicher Konnex, fehlender sachlicher Konnex Falls ja: Berechnung Invaliditätsgrad entsprechend dem IV-Grad der IV oder Einschränkung im Erwerb eigene Berechnung bei Statusänderung 70
71 Praxistipps Überentschädigungsberechnung - gemäss den im Zeitpunkt der Kürzung massgebenden Umständen und - gemäss den im Zeitpunkt der Kürzung massgebenden Überentschädigungsregelungen (vorbehältlich anderslautendes Übergangsrecht) 71
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