SVS. Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute. Zentral-Prüfungskommission. Diplomprüfung Nullserie. Invalidenversicherung (IV)

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1 SVS Schweizerischer Verband der Sozialversicherungs-Fachleute Zentral-Prüfungskommission Diplomprüfung 2012 Nullserie Invalidenversicherung (IV) Lösungsvorschläge : Prüfungsdauer: Anzahl Seiten der Prüfung (inkl. Deckblatt): Beilage(n): 60 Minuten 14 Auszug Kreisschreiben über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH) (3 Seiten) Maximale Punktzahl: 55 Erzielte : Note: Hinweise: Schreiben Sie Ihre auf das Deckblatt und jede Seite. Prüfen Sie den Aufgabensatz auf seine Vollständigkeit. Schreiben Sie Ihre Antworten ausschliesslich auf die Vorderseiten der Antwort-/Lösungsblätter. Stichworte sind zugelassen (auf Ausnahmen wird hingewiesen). Der blosse Hinweis auf einen Gesetzes- oder Verordnungsartikel genügt nicht (ausser, es wird ausdrücklich erlaubt). Die Prüfungsaufgaben können in beliebiger Reihenfolge gelöst werden. Teillösungen ergeben ebenfalls. Das maximum wird bei jeder Aufgabe angegeben. Die Experten Unterschriften Datum Experte 1 Experte 2

2 Aufgabe 1: Verzicht auf Leistungen Sachverhalt: 6 Alex Schweizer war vom aufgrund eines Unfallschadens durchgehend zwischen % in seiner gelernten Tätigkeit als Maurer arbeitsunfähig. Seit arbeitet er wieder zu 100% als Maurer bei seinem langjährigen Arbeitgeber. Der UVG-Versicherer hat über die gesamte Zeitspanne der Arbeitsunfähigkeit bis Taggeldleistungen erbracht. Auf Aufforderung des UVG-Versicherers wurde am eine Anmeldung bei der IV eingereicht. Da er keine Leistungen der IV benötigt, teilt Alex Schweizer der IV am schriftlich mit, dass er auf die weitere Prüfung von IV-Leistungen verzichte und sein Gesuch hiermit zurückziehe. 1.1 Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass die IV einem Antrag auf Verzicht von Leistungen stattgeben kann? Nennen Sie die massgebende(n) Bestimmung(en) im Gesetz. 4 - Verzicht und Widerruf sind schriftlich zu erklären. (1) - Schutzwürdige Interessen von andern Personen, von Versicherungen oder Fürsorgestellen dürfen nicht beeinträchtigt werden. (1) - Mit dem Verzicht darf keine Umgehung gesetzlicher Vorschriften bezweckt werden. (1) Art. 23 ATSG (1) 1.2 Kann die IV im oben angeführten Fallbeispiel dem Antrag von Alex Schweizer auf Verzicht zustimmen und diesen schriftlich bestätigen? Begründen Sie Ihre Antwort. 2 Nein (1), da die schutzwürdigen Interessen des UVG-Versicherers dem Verzicht entgegenstehen. (1) Seite 2

3 Aufgabe 2: Medizinische Massnahmen Sachverhalt: 9 Peter Müller, 12 Jahre alt, besucht die Heilpädagogische Sonderschule. Aufgrund seiner geistigen Behinderung wird er nach Abschluss der Sonderschule weder in der Lage sein, eine Berufsausbildung zu absolvieren noch im 1. Arbeitsmarkt eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Am verunfallte der Versicherte auf dem Schulweg. Er zog sich bei diesem Unfall eine Kopfverletzung zu. Seit dem Unfallereignis leidet Peter Müller an epileptischen Anfällen. Bei der IV wird ein Gesuch um Gewährung von medizinischen Massnahmen zur Behandlung der Epilepsie als Geburtsgebrechen (Ziffer 387) und der Unfallbehandlung als medizinische Eingliederungsmassnahme nach Art. 12 IVG eingereicht. 2.1 Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede bei der Gewährung von IV-Leistungen nach Art. 12 und Art. 13 IVG? Zählen Sie die Unterschiede auf, und nennen Sie die Voraussetzungen für die Zusprechung von medizinischen Massnahmen nach Art. 12 IVG. 5 Im Rahmen von Art. 13 IVG wird die Behandlung (1) von anerkannten Geburtsgebrechen (siehe Geburtsgebrechensliste) (1) übernommen. Medizinische Massnahmen nach Art. 12 IVG können übernommen werden, wenn: - Die Krankheitsbehandlung nicht mehr im Vordergrund steht und die weitere Behandlung unmittelbar auf die Eingliederung gerichtet ist. (1) - Der Gesundheitsschaden die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt. (1) - Durch die med. Massnahmen eine wesentliche Verbesserung der Erwerbsfähigkeit zu erwarten ist. (1) Seite 3

4 Aufgabe 2: Medizinische Massnahmen (Fortsetzung) 2.2 Kann die IV Peter Müller medizinische Massnahmen nach Art. 12 und/oder nach Art. 13 IVG zusprechen? Begründen Sie Ihre Antwort. 4 - Es können keine medizinischen Massnahmen nach Art. 13 IVG zugesprochen werden (1), da kein Geburtsgebrechen vorliegt. (1) - Es besteht kein Anspruch auf medizinische Massnahmen nach Art. 12 IVG (1), da die Erwerbsfähigkeit aufgrund der geistigen Behinderung durch die Massnahmen nicht wesentlich verbessert werden kann. (1) - Die Antwort Leidensbehandlung als Begründung zu Art. 12 IVG wurde ebenfalls akzeptiert. Seite 4

5 Aufgabe 3: Berufliche Massnahmen - Taggeld Sachverhalt: 9 Kerstin Maier wohnt in Bad Ragaz und ist hochgradig sehschwach. Aufgrund dieser Sehbehinderung ist sie nicht in der Lage, die öffentliche Kantonsschule in Sargans zur Erlangung des Maturitätsabschlusses nach der Sekundarschule zu besuchen. Die Semestergebühren für den Besuch der öffentlichen Kantonsschule hätten CHF betragen. Sie ist auf einen Unterricht in einer kleineren Klasse und eine individuelle Begleitung bei der Aufarbeitung des Schulstoffs aus behinderungsbedingten Gründen angewiesen. Aus diesem Grund besucht sie ein privates Gymnasium in Davos. Bei der IV wird ein Gesuch um Übernahme folgender Schulkosten eingereicht: Kosten pro Schuljahr Schulkosten inkl. Internatskosten (Übernachten/Verpflegung) CHF Schulbücher CHF Laptop (dank Schriftvergrösserung kann sie damit schreiben) CHF Kosten der Wochenendfahrten CHF Unter welchem Titel wird die IV den Antrag auf Kostenübernahme der Schulkosten im privaten Gymnasium in Davos prüfen? Nennen Sie die massgebende(n) Bestimmung(en) im IVV. 2 Die IV prüft den Leistungsantrag unter dem Titel der erstmaligen beruflichen Ausbildung. (1) Art. 5 Abs. 1 IVV (1) Seite 5

6 Aufgabe 3: Berufliche Massnahmen Taggeld (Fortsetzung) Erweiterter Sachverhalt: Annahme: Die IV bejaht den Anspruch auf eine erstmalige berufliche Ausbildung und übernimmt die invaliditätsbedingten Mehrkosten, die mit dem Besuch des privaten Gymnasiums in Davos entstehen. 3.2 Welche der im Sachverhalt angeführten Kosten wird die IV zu 100% anrechnen? 1 Laptop, da dieser behinderungsbedingt angeschafft wird. (1) Seite 6

7 Aufgabe 3: Berufliche Massnahmen Taggeld (Fortsetzung) 3.3 Welche der im Sachverhalt angeführten Kosten wird die IV nur teilweise anrechnen? 2 - Schulkosten inkl. Internatskosten, da ohne Behinderung auswärtige Verpflegung und Semestergebühren anfallen würden. (1) - Kosten der Wochenendfahrten, da die Kosten für die Fahrten von Bad Ragaz nach Sargans in Abzug zu bringen sind. (1) - Laptop mit richtiger Begründung wurde an dieser Stelle auch als richtige Antwort akzeptiert. Ohne richtige Begründung wurde für den Laptop an dieser Stelle ein halber Punkt vergeben. 3.4 Welche der im Sachverhalt angeführten Kosten wird die IV nicht anrechnen? 1 Schulbücher, da diese auch ohne Behinderung anzuschaffen wären. (1) 3.5 Hat die Versicherte nach Vollendung des 18. Altersjahrs Anspruch auf ein Taggeld der IV? Begründen Sie Ihre Antwort. Nennen Sie die massgebende Bestimmung im IVG. 3 Nein (1), da keine invaliditätsbedingte Erwerbseinbusse ausgewiesen ist. (1) Art. 22 Abs. 1bis IVG (1) Seite 7

8 Aufgabe 4: Rente Sachverhalt: 22 Barbara Schmid, geb. am , arbeitete die letzten Jahre zu 100% als Buchhalterin in einem Treuhandunternehmen. Vor Eintritt der Behinderung sie einen Monatslohn über CHF (x 13). Am erkrankte Barbara Schmid an einem psychischen Leiden. In der Folge bestand bis eine 50%-ige Arbeitunfähigkeit. Seit ist bis auf weiteres eine vollständige Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen. Mit Anmeldung vom werden Rentenleistungen der IV beantragt. Da die Versicherte auf absehbare Zeit nicht arbeitsfähig sein wird, prüft die IV den Rentenanspruch. 4.1 Ermitteln Sie die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit während der einjährigen Wartezeit, und zeigen Sie den Berechnungsweg auf = 10 Monate x 50% = 500 (1) = 2 Monate x 100% = : 12 = (1) Seite 8

9 Aufgabe 4: Rente (Fortsetzung) 4.2 Ab wann besteht welcher Anspruch auf eine IV-Rente? Nennen Sie die massgebende(n) Gesetzesartikel im IVG oder ATSG. 7 Nach Ablauf der einjährigen Wartefrist besteht ab ( ) (1) Anspruch auf eine halbe IV-Rente. (1) Art. 28 IVG (1), Art. 28a oder Art. 16 ATSG (1), Art. 29 IVG (1) Art. 8 ATSG und Art. 17 ATSG ebenfalls als richtige Antwort akzeptiert (max. 3 für die Angabe der Gesetzesartikel vergeben). Ab (1) besteht Anspruch auf eine ganze Rente. (1) Seite 9

10 Aufgabe 4: Rente (Fortsetzung) Erweiterter Sachverhalt: Im Dezember 2011 meldet sich Barbara Schmid bei der IV und teilt mit, dass es ihr gesundheitlich besser geht. Sie möchte deshalb mit Unterstützung der IV einen Arbeitsversuch bei ihrem alten Arbeitgeber unternehmen. Nach einem von der IV über Art. 8a IVG vom zugesprochenen Arbeitsversuch kann die Versicherte bei ihrem letzten Arbeitgeber eine Tätigkeit in der Buchhaltung wieder ganztägig aufnehmen. Behinderungsbedingt ist es ihr jedoch nur möglich, einfache Aufgaben ohne grösseren Verantwortungsbereich zu erledigen. Nach dem erfolgreich verlaufenen Arbeitsversuch stellt sie der Arbeitgeber wieder an und richtet ihr ab einen Leistungslohn von CHF monatlich (x 13) aus. 4.3 Richtet die IV Barbara Schmid während des Arbeitsversuchs ein Taggeld aus? Begründen Sie Ihre Antwort. Nennen Sie die massgebende(n) Bestimmung(en) im IVG. 3 Nein (1), gemäss Art. 22 Abs. 5bis IVG (1) (Art. 18a IVG ebenfalls als richtige Antwort akzeptiert) wird bei Wiedereingliederungsmassnahmen nach Art. 8a IVG die Rente anstelle eines Taggeldes weiter ausgerichtet. (1) Seite 10

11 Aufgabe 4: Rente (Fortsetzung) Erweiterter Sachverhalt: Am versendet die zuständige IV-Stelle den Vorbescheid und teilt der Versicherten darin mit, dass die IV-Rente aufgrund der Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit herabzusetzen ist. 4.4 Welcher IV-Grad liegt nach Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit ab neu vor, und welche Rente wird die IV der versicherten Person in Zukunft ausrichten? 2 Valideneinkommen: CHF Invalideneinkommen CHF Abzüglich Freibetrag nach Art. 31 IVG CHF Anrechenbares Invalideneinkommen: CHF Erwerbseinbusse: CHF IV-Grad: 42% (= x 100 : ) (1) Die Rentenleistungen sind auf eine Viertelsrente herabzusetzen. (1) 4.5 Auf welchen Zeitpunkt (genaues Datum angeben) kann die IV-Rente frühestens herabgesetzt werden, wenn keine Einwände gegen die Ausführungen im Vorbescheid vorgebracht werden, und die IV-Stelle ohne Verzögerung die Rentenverfügung erlässt? Nennen Sie die massgebende(n) Bestimmung(en) in der Verordnung. 3 Die Rente kann frühestens aufgrund des Fristenstillstandes (Art. 38 ATSG) auf den (1) herabgesetzt werden. Art. 73ter IVV (1) Art. 88bis Abs. 2a IVV (1) Seite 11

12 Aufgabe 4: Rente (Fortsetzung) Erweiterter Sachverhalt: Annahme: Barbara Schmid wird Mitte Dezember 2012 erneut auf unbestimmte Zeit vollständig arbeitsunfähig. 4.6 Hat Barbara Schmid Anspruch auf eine Übergangsleistung? Begründen Sie Ihre Antwort. 3 Ja (1), da vor der Rentenherabsetzung Massnahmen nach Art. 8a IVG durchgeführt wurden (1) und erneut eine mindestens 50%-ige Arbeitsunfähigkeit vorliegt, die länger als 30 Tage andauert. (1) 4.7 Annahme: Barbara Schmid hätte Anspruch auf eine Übergangsleistung. Auf welchen Zeitpunkt könnte diese bei rechtzeitiger Anmeldung frühestens ausgerichtet werden? Nennen Sie die massgebende Bestimmung im IVG. 2 Frühester Anspruch ab (1) nach Art. 32 Abs. 2 IVG (1). Seite 12

13 Aufgabe 5: Hilflosenentschädigung für Minderjährige Sachverhalt: 9 Seit einem Unfallereignis am leidet der 10-jährige Marcel Erismann an einer schweren Epilepsie. Epileptische Anfälle treten mehrmals in der Woche auf. Die Abklärungen der IV haben ergeben, dass der Versicherte seit dem Unfall beim Anziehen, der Körperpflege und der Fortbewegung auf regelmässige und erhebliche Dritthilfe angewiesen ist. Zudem sind aufgrund der Anfallshäufigkeit eine dauernde persönliche Überwachungsbedürftigkeit und ein invaliditätsbedingter Betreuungsaufwand an die Behandlungs- und Grundpflege von durchschnittlich 2 Stunden täglich ausgewiesen. 5.1 Besteht Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung? Wenn ja, in welcher Höhe und ab welchem Zeitpunkt? 3 Ja (1), es besteht ab (1) Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung mittleren Grades. (1) 5.2 Besteht Anspruch auf einen Intensivpflegezuschlag? Begründen Sie Ihre Antwort. Nennen Sie die massgebende(n) Bestimmung(en) im IVV. 3 Ja (1), da zusammen mit dem Zeitaufwand für die Behandlungs- und Grundpflege von 2 Stunden und dem Zeitaufwand für die dauernde persönliche Überwachung ein anspruchsbegründender Gesamtaufwand von 4 Stunden pro Tag ausgewiesen ist. (1) Art. 39 Abs. 2 und 3 IVV (1) Seite 13

14 Aufgabe 5: Hilflosenentschädigung für Minderjährige (Fortsetzung) Erweiterter Sachverhalt: Annahme: Die Eltern müssen Marcel nach der Sonderschule mit 17 Jahren intern in einem Heim platzieren und berufliche Eingliederungsmassnahmen sind aufgrund der Schwere der Behinderung nicht durchführbar. 5.3 Besteht nach dem Heimeintritt weiterhin Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung? 1 Nein (1) Erweiterter Sachverhalt: Annahme: Marcel Erismann wird eine Hilflosenentschädigung der IV ausgerichtet. 5.4 Wird sich der betragsmässige Anspruch auf die Hilflosenentschädigung nach Vollendung des 18. Altersjahrs mit Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung für Erwachsene bei weiterem internem Heimaufenthalt verändern? Wenn ja, welcher betragsmässige Anspruch besteht ab diesem Zeitpunkt? 2 Ja (1), es wird neu ein Viertel (1) des Ansatzes (Art. 42ter Abs. 1 IVG) ausgerichtet. Seite 14