Gusseisen mit Lamellengrafit

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1 Grauguss Materialgruppen: Metall > Eisenmetalle > Eisengusswerkstoffe Materialbeschrieb Gusseisen ist eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung mit mindestens 2% Kohlenstoff und weiteren Legierungsbestandteilen, insbesondere Silizium Si. Bei Gusseisen mit Lamellengrafit liegt der Hauptanteil des Kohlenstoffs in Form von lamellarem Grafit vor. Eisengusswerkstoffe sind schon seit dem 19. Jahrhundert für technische Komponenten von grosser Bedeutung, denn aus Grauguss können aufwendig geformte Werkstücke gegossen werden. Heute ist Gusseisen mit Lamellengrafit der am häufigsten verwendete Gusswerkstoff. Gusseisen weist aufgrund seines hohen Kohlenstoffgehalts (2,2-3,6%) sehr gute Fliesseigenschaften auf. Es verfügt über leichte Zerspanbarkeit und dämpft Schwingungen. Gusseisen ist spröde, wegen des hohen Kohlenstoffgehalts sehr hart und deshalb sehr empfindlich gegen Schlagbeanspruchung. Die lamellenartige Gefügestruktur bewirkt gute Gleiteigenschaften. Gusseisen mit Lamellengrafit weist zudem hohe Zähigkeit und Dämpfungseigenschaften bei geringer Zugfestigkeit und Dehnung auf. Die Widerstandsfähigkeit gegen Druck ist um den Faktor 4 höher als gegen Zugbeanspruchung. Gusseisen ist leicht spanend zu bearbeiten. Die Schweissbarkeit ist eingeschränkt. Grauguss wird als Gehäuse- und Maschinenbettmaterial sowie zur Herstellung von Kanaldeckeln verwendet. Chemische Formel: Englische Bezeichnung: 2,7-3,8% Kohlenstoff C, 0,8-3% Silizium Si, 0,4-0,8% Mangan Mn, 0,1-1,1% Phosphor P, 0,05-0,12 Schwefel S, Eisen Fe Flake graphite cast iron Hintergrund MATERIAL ARCHIV / 5

2 Ökonomie: Eisengusswerkstoffe sind sehr preiswert herzustellen und zu verarbeiten. Grauguss ist einer der preisgünstigsten Werkstoffe überhaupt. Aufgrund der guten Giessbarkeit ist Gusseisen mit Lamellengrafit der meistverwendete Gusswerkstoff. Die Jahresproduktion von Gusseisen mit Lamellengrafit ist grösser als die aller anderen Gusswerkstoffe zusammen. Ökologie: Seit je wurden Eisengusswerkstoffe durch Einschmelzen wieder dem Bearbeitungsprozess zugeführt. Zur Erzeugung aus den natürlichen Rohstoffen ist allerdings ein hoher Energieaufwand erforderlich. Wesentlich geringer ist dieser bei der Gewinnung von Gusseisen aus Recyclingmaterial. Bei der Gewinnung der Metalle entstehen durch Stäube und Abgase starke Umweltbelastungen, sie lassen sich aber durch aufwendige Abgasreinigungsanlagen auf ein für die Umwelt erträgliches Mass senken. Recycling: Eisenwerkstoffe werden zu annähernd 100% wiederverwertet. Gusswerkstoffe können dem Produktionsprozess erneut zugeführt und ohne Qualitätsverlust weiterverwendet werden, indem man sie im Schmelzofen wiedereinschmilzt. Herstellung Gewinnung: Eisengusswerkstoffe werden aus Roheisen hergestellt. Roheisen selbst wird im Hochofen aus Eisenerz gewonnen. Fertigung: Ausgangsstoffe der Eisengusswerkstoffe sind Giessereiroheisen, Stahlschrott, Gussbruch und Kreislaufmaterial der Giesserei. Dazu kommen Legierungselemente in Form von Ferrolegierungen. Die metallischen Ausgangsstoffe werden in Öfen eingeschmolzen. Es gibt unterschiedliche Ofentypen. Der Kupolofen, auch als Giessereischachtofen bezeichnet, ist die am häufigsten eingesetzte Schmelzeinrichtung. Eigenschaften Erscheinung Farbe: Grautöne Die Oxidschicht von Grausguss ist orange (rostfarbig). Haptik: glatt, hart, kalt, trocken Beständigkeit Witterungsbeständigkeit: beständig MATERIAL ARCHIV / 5

3 Gusseisen weist bei unverletzer Gusshaut eine gute Korrosionsbeständigkeit gegen Wasser und alkalische Medien auf. Durch zusätzliche Legierungen lässt sich diese noch erhöhen. Mechanische Eigenschaften Brinellhärte [HB]: bis N/mm 2 Bruchdehnung [εb]: 1.00 % Dichte [ρ]: kg/m 3 Dimensionsstabilität: gut bis sehr gut Elastizitätsmodul: bis N/mm 2 Streckspannung/Elastizitätsgrenze [ft]: bis N/mm 2 Zugfestigkeit [ft]: bis N/mm 2 Thermische Eigenschaften Spezifische Wärme [c]: KJ/KG*K Schmelzpunkt/-bereich [T_SM]: bis C Quellen der Kennwerte Fachkunde Metall (2007). 55. Auflage. Haan-Gruiten: Verlag Europa-Lehrmittel. Merkel, M., & Thomas, K.-H. (2008). Taschenbuch der Werkstoffe. 7. Auflage. München: Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag. Tabellenbuch Metall (1999). 41. Auflage. Haan-Gruiten: Verlag Europa-Lehrmittel. Bearbeitung Lieferformen: Gusseisen wird in Form von Gussbarren geliefert. Lieferbare Materialqualitäten: DIN-Bezeichnungen für die Zusammensetzung EN-GJL: EN: Europäische Norm G: Gusswerkstoff J: Eisen L: Lamellengrafit Formen und Generieren: giessen Zur Erzeugung von Gusswerkstücken gibt es verschiedene Gussverfahren. Der Sandguss gehört zu den Formverfahren mit verlorenen Formen, das heisst jeder Abguss braucht eine neue Form aus Sand. Das Kokillengiessverfahren wird fast ausschliesslich zur Fertigung grosser Serien verwendet, denn Kokillen sind Dauerformen und mehrfach verwendbar. MATERIAL ARCHIV / 5

4 Fügen und Verbinden: schrauben Grauguss ist nur mittels Spezialelektroden und mit grossem Aufwand schweissbar. Oberflächenbearbeitung: Oberflächenbehandlung: bürsten, gravieren, laserbeschriften, polieren, sandstrahlen, schleifen beflocken, bemalen, lackieren, metallisieren, polieren Werkstücke aus Grauguss können spritzlackiert oder mit Kunststoff (z. B. Polytetrafluoräthylen) beschichtet werden. Trennen und Subtrahieren: bohren, drehen, feilen, fräsen, sägen Grauguss kann sehr gut spanabhebend bearbeitet werden. Wärmebehandlung: tempern Der Wärmebehandlung von Gusseisen kommt sehr grosse technische und wirtschaftliche Bedeutung zu, da sich bestimmte gewünschte Gebrauchseigenschaften durch zielgerichtete Beeinflussung bzw. Änderung des Gefügebaus einstellen lassen. Durch Glühen lässt sich die Bruchdehnung, durch Vergüten die Festigkeit erhöhen. Ob eine Wärmebehandlung möglich ist, hängt vom Gefügebau des entsprechenden Gusseisens ab. Anwendung Anwendungsgebiete: Allgemeiner Maschinenbau, Schiffsbau, Walzenguss, Armaturen, chemische Industrie, Ofenguss Anwendungsbeispiele: Kanaldeckel, Bodenabläufe, Bauteile mit komplexen Geometrien, Getriebegehäuse, Kurbelgehäuse, Werkzeugmaschinenbau, Maschinenbetten, Schiffsdieselmotoren, Dampfturbinengehäuse, Verdichter, Pumpen, Ventile Sammlungen Muster in folgenden Sammlungen: ETH Zürich Baubibliothek, Gewerbemuseum Winterthur, HKB Bern Fellerstrasse, HSLU T+A Campus Horw, Sitterwerk St. Gallen Standort in der Sammlung ETH Zürich Baubibliothek: ME-FE-GU Eisenmetalle > Gusseisen Gewerbemuseum Winterthur: Metall > Schublade 11 HKB Bern Fellerstrasse: KuR Quellennachweis MATERIAL ARCHIV / 5

5 Verwendete Quellen: Fachkunde Metall (2007). 55. Auflage. Haan-Gruiten: Verlag Europa-Lehrmittel. Hasse, St. (2008). Giesserei-Lexikon. 19. Auflage. Berlin: Schiele & Schön. Kalweit, A., Paul, C., Peters, S., & Wallbaum, R. (Hrsg.) (2006). Handbuch für Technisches Produktdesign. Berlin/Heidelberg, Deutschland: Springer. Merkel, M., & Thomas, K.-H. (2008). Taschenbuch der Werkstoffe. 7. Auflage. München: Fachbuchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag. Stahlfibel (2009). Düsseldorf: Verlag Stahleisen. Tabellenbuch Metall (1999). 41. Auflage. Haan-Gruiten: Verlag Europa-Lehrmittel. Normierung / Werkstoffnummer: DIN EN 1561 Expertin / Experte: Rudolf Vetsch Material-Archiv-Signatur: MET_EIS_EGW_GUS_1 Text verfasst von: ZHdK, JB, 2011 Stand: (Online-Schaltung: ) Permalink: materialarchiv.ch/detail/892 MATERIAL ARCHIV / 5