Wann kommt es zu Schimmelwachstum?

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1 Wann kommt es zu Schimmelwachstum? PHB Seite -1- Wann kommt es zu Schimmelwachstum? 1. Einleitung Pilze treten in unserem Leben an zahlreichen Orten auf. In aller Regel sind sie dabei ein lebensnotwendiger Bestandteil unseres Ökosystems, indem sie organische, teils schädliche Materialien abbauen und für den ökologischen Kreislauf wieder verwertbar machen. Auch in unseren Nahrungsmitteln kommen Pilze und Pilzkulturen zum Einsatz. Den natürlichen Lebensraum für Schimmelpilze bilden abgestorbene Pflanzen. Schimmelpilzsporen sind ubiquitär und sind in der ungefilterten Luft an jedem Ort zu jeder Jahreszeit zu finden. Die Sporenzahl ist dabei von jahreszeitlichen und täglichen Zyklen abhängig. Pilze benötigen ein Abb. a) Camembert mit essbaren Edelschimmelpilz Nährmedium zum wachsen und betreiben keine Photosynthese, daher ist ihr Wachstum weitestgehend unabhängig von den Lichtverhältnissen. Im Unterschied zu Algen und Flechten gedeihen Schimmelpilze auch unter widrigen Umständen. Sie stellen daher oft die Erstkolonisierer dar. Die allgemeine Definition für Schimmelpilze lautet: Schimmelpilze besitzen ein watteartiges Myzel und gedeihen auf festen Nährmedien. Dabei erfolgt Nährstoffgewinnung über die Zersetzung abgestorbener organischer Substanzen. Die Vermehrung der Pilze erfolgt überwiegend ungeschlechtlich 2. Wachstumsbedingungen Vor dem Myzelwachstum steht die Keimungsphase, in welcher die ubiquitären Sporen auskeimen. Keimung der Spore und anschließendes Wachstum sind dabei von diversen Randbedingungen und ihr Zusammenwirken abhängig. Die Maßgebenden Bedingungen bilden dabei das Substrat, die relative Feuchte des bewachsenen Untergrunds und die Temperatur.

2 Wann kommt es zu Schimmelwachstum? PHB Seite Feuchte Das Hauptkriterium ob es zur Sporenauskeimung bzw. zum Schimmelpilzwachstum kommt, ist die Feuchte. Unterschieden werden muss dabei zwischen der relativen Raumluftfeuchte und der zugänglichen Feuchte für den Schimmelpilz auf der Baustoffoberfläche. Ein Schimmelpilzwachstum findet dabei nicht erst bei einer Sättigung des Baustoffes statt. Es ist somit kein Flüssigwasser in Form von Kondensat oder eine relative Luftfeuchte von 100% notwendig. Die übliche untere Grenze für die Möglichkeit von Schimmelpilzwachstum liegt bei ca. 65% relativer Feuchte. Das Pilze bei dieser Feuchte nur äußerst selten in Baukonstruktionen auftreten liegt an den Substratvoraussetzungen, welche diese Pilze benötigen. Für gewöhnlich ist ein solcher Nährboden im Baubereich nicht gegeben. Die gängige Grenze im Baubereich für Schimmelwachstum liegt bei 80 % relativer Feuchte, ab dieser Feuchte kann fast jeder gängiger Pilz wachsen. Mit steigender Feuchte kommen nur noch wenige Spezies hinzu, dessen Optimalbereich für Wachstum zwischen 90 und 95% liegen Temperatur Da an den Wachstums- und Entwicklungsprozessen eines Organismus eine große Anzahl biochemischer Umsetzung beteiligt sind, ist hinsichtlich Wachstum und Entwicklung von Mikroorganismen eine Temperaturabhängigkeit vorhanden. Aus der Mykologie ist bekannt, dass Pilzwachstum ab 0 C auftritt. Das Wachstumsoptimum ist von den einzelnen Pilzen abhängig und liegt bei ca. 30 C. Dabei gilt je weiter die Umgebungstemperatur von der optimalen Wachstumstemperatur entfernt ist, desto langsamer ist das Wachstum. Generell sollte davon ausgegangen werden, dass Pilze zwischen 0 und 50 C wachsen Zusammenwirken Temperatur und Feuchte Bei den oben beschriebenen Wachstumsbedingungen sind Temperatur und Feuchte getrennt von einander betrachtet. Da es bei dem Pilzwachstum jeweils bei Feuchte und Temperatur ein Optimum gibt, wird nachfolgend der Wachstumsprozess Temperatur und Feuchte gekoppelt betrachtet. In den Diagrammen werden die Isoplethen für die Sporenauskeimung und den Schimmelwachstum für den Pilz Aspergillus restrictus dargestellt. Die jeweils unterste Kurve zeichnet die minimalen Wachstumsbedingungen bzw. Sporenauskeimungsbedingungen aus. Die untersten Isoplethenlinien stellen die Grenze dar, unter welcher keine Sporenauskeimung bzw. Myzelwachstum mehr festgestellt worden ist. Ab einer Temperatur über 30 C ist eine erhöhte Feuchte notwendig, um die Wachstumsprozesse bzw. Keimung zu erhalten. Dies ist auf die Aktivität der Enzyme zurückzuführen, welche sich temperaturabhängig an der Stoffwechselaktivität beteiligen. Anhand der untersten Isoplethe ist auch

3 Wann kommt es zu Schimmelwachstum? PHB Seite -3- zu erkennen, dass die minimalen Bedingungen für Sporenkeimung über den minimalen Bedingungen für Myzelwachstum liegen. Der Schimmelpilz sichert so das Wachstum. Sollte nach einer Auskeimung die relative Luftfeuchte in einem für den Pilz akzeptablen Maß zurück gehen, kommt es zu keiner weiteren Keimung, die Wachstumsbedingungen sind jedoch weiter eingehalten.. Abb. b) Graphik links stellt die Isoplethen der Sporenauskeimung für den Schimmelpilz Aspergillus restrictus dar. Graphik rechts stellt die Wachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Temperatur und der relativen Feuchte dar Substrat Damit der Schimmelpilz wachsen kann, benötigt er Substrat. Dieses Substrat kann dem Pilz in unterschiedlichen Formen zur Verfügung stehen. Im Labor zur Zucht von Schimmelpilzen wird in der Regel ein Vollmedium verwendet, das für den Pilz ein optimales Substrat darstellt. In Gebäuden steht dieses Vollmedium in der Regel nicht zur Verfügung. Der Pilz baut und setzt um an dieser Stelle: Glucose, Fette, Proteine, Stärke, Zellulose, Wachse und Kohlenwasserstoffe. Diese Arten der Nährböden werden durch mineralische Baustoffe, Holzwerkstoffe oder Verunreinigung der Oberflächen geliefert. Verunreinigung in Form von Staub, Fingerabdrücken oder Rückstände können so auch auf einem sterilen Untergrund ausreichen, ein für den Pilz notwendiges Nährmedium darzustellen.

4 Wann kommt es zu Schimmelwachstum? PHB Seite -4- Abb. c) Schimmel auf und unter der Tapete. Das Nährmedium stellten hier das Papier (Cellulose) und der Kleister (Lignin-Öl-vergleichbar) dar. Abb. d) Schimmel auf der Tapete. Ausgeprägtes großflächiges Myzelwachstum in der Wärmebrücke Ecke Abb. d) Schimmel im Bad. Hervorgerufen durch ständiges Spritzwasser blätterte die Kalkfarbe ab. Auf der Gipskartonplatte kam es zum Pilzwachstum.

5 Wann kommt es zu Schimmelwachstum? PHB Seite Zeit Für die gängige Auswertung zur Schimmelwahrscheinlichkeit kommt als wichtiger Faktor die Zeit hinzu. Dabei spielen die Dauer der erreichten Wachstumsbedingungen und die Häufigkeit eine Rolle. Tendenziell gilt je länger und desto öfter Feuchten über 80% relativer Feuchte überschritten werden desto größer ist die Wahrscheinlichkeit der Schimmelbildung ph-wert Ein weiterer Faktor ist der ph-wert. Der optimale ph-wert für das Pilzwachstum liegt im neutralen Bereich zwischen 5 und 7. Der Toleranzbereich liegt jedoch zwischen 2 und 11. Auch hier gilt je weiter weg der ph- Wert vom Optimum ist, desto langsamer ist das Wachstum. Es können aber auch bei sehr hohen oder sehr niedrigen Werte, so lange sie im Toleranzbereich liegen, Pilze keimen und ansiedeln. In alkalischen Bereichen ist der Pilz in der Lage den ph-wert in seiner näheren Umgebung ausreichend zu neutralisieren, um darauf zu wachsen. Dabei wird eine sogenannte Protonenpumpe im Pilz aktiviert. Es werden unterschiedliche organische Säuren ausgeschüttet, welche den extrazellulären Raum versauern. Dipl.-Ing. Philipp Heinze Bauingenieurbüro PHB Wärme Feuchte Schimmelschutz Baugutachten Energieberatung I info@bauphysik-heinze.de I tel.:

6 Wann kommt es zu Schimmelwachstum? PHB Seite Quellenangabe Topthema Schimmelpilz, VBN-Info, Sonderheft 2001, Verband der Bausachverständigen Norddeutschlands e. V. Risiko Schimmelpilze-Was kann ich tun? 2005, Information, Baden Württemberg, Regierungspräsidium Stuttgart, Landesgesundheitsamt Leitfaden, Schimmelpilzleitfaden, 2002, Innenraumlufthygienekommission des Umweltbundesamtes, Dr. Bernd Seifert Vorhersage von Schimmelpilzbildung auf und in Bauteilen, 2001, Dissertation, Klaus Sedelbauer Pilze auf Baustoffen: Einfluss funktionaler Oberflächen auf deren Bewuchs, 2007 Dissertation, Manuel Spaeth Ein Praxisleitfaden zur Gebäudehülle, Saena Energetische Sanierung Wärmeschutz in der Praxis, 2007, G. Gärtner, A. Lotz,Fraunhofer IRB Verlag