Aktuelle Forschungsprojekte
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- Eike Adler
- vor 8 Jahren
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1 Aktuelle Forschungsprojekte 1. Genozid und Organisation: Soziologische Erklärungsversuche für den Holocaust das Beispiel der Polizei-Bataillone Forschungsfrage: In der Geschichtswissenschaft wird am Beispiel der Polizei-Bataillone heftig diskutiert, wie das Verhalten der Täter während der nationalsozialistischen Massenmorde an der jüdischen Bevölkerung erklärt werden kann. Während unter dem Begriff ganz normale Männer Autoren wie Christopher Browning darauf verwiesen, dass die Täter vielfach ganz normale Personen waren, die erst durch die Rahmenbedingungen zu Tätern wurden, rekurrierte besonders Daniel Goldhagen mit dem Begriff der ganz normalen Deutschen darauf, dass der Massenmord nur durch den bei Deutschen kulturell angelegten eliminatorischen Antisemitismus erklärt werden könne. Die Forschungsfrage ist, wie dieses Täterverhalten organisationssoziologisch erklärt werden kann. Stand: In einem Lehrforschungsseminar werden organisationssoziologische Erklärungsansätze erarbeitet. Dabei wird eine Neuinterpretation der Archivmaterialien zum Polizei-Bataillon 101 aus Hamburg vorgenommen. Veröffentlichung: Noch keine. Prof. Dr. Dr. Stefan Kühl U N I V E R S I T Ä T B I E L E F E L D F a k u l t ä t f ü r S o z i o l o g i e Postfach Bielefeld 2. Kooperationen zwischen Regierungsorganisationen, Verwaltungen, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen: Die Umstellung auf Programmfinanzierung in Entwicklungszusammenarbeit Forschungsfrage: In der Entwicklungshilfe lassen sich fast wie durch ein Brennglas das Zusammenwirken verschiedener Organisationstypen beobachten: Wie wirken internationale Regierungsorganisationen, Verwaltungen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen im Feld der Entwicklungszusammenarbeit zusammen? Diese Frage soll besonders mit dem Fokus auf die Umstellung von der Projektfinanzierung auf die Programmfinanzierung in der Entwicklungszusammenarbeit untersucht werden. Stand: In Kooperation mit zwei Entwicklungshilfeorganisationen wurden Kooperationsgeflechte in unterschiedlichen Ländern der Dritten Welt identifiziert. Im nächsten Schritt soll die Logik der verschiedenen kooperativen Akteure in diesen Feldern untersucht werden. Veröffentlichungen: Moden in der Entwicklungszusammenarbeit. Capacity Building und Capacity Development als neue Leitbilder von Entwicklungshilfeorganisationen. In: Soziale Welt, Jg. 55 (2004), S Zwischen Behörden, öffentlichen Unternehmen und private Firmen - Privatisierungen von Organisationen in Entwicklungsländern Forschungsfrage: Es besteht ein weitgehender Konsens unter den großen nationalen und internationalen Entwicklungshilfeorganisationen, dass die Privatisierung von bisher staatlich erbrachten Leistungen eine zentrale Möglichkeit ist, um Organisationsschwächen in 1
2 Entwicklungsländern zu überwinden. Dabei hat man es jedoch eher selten mit dem schlichten Verkauf einer ehemaligen Behörde an ein privates Unternehmen zu tun. Vielmehr existiert eine große Vielzahl von Organisationsmodellen, die unter dem Begriff der Privatisierung gefasst werden. Die Forschungsfrage lautet: Was verändert sich in der Funktionsweise von Organisationen durch die Privatisierung? Welche Veränderungen gibt es in den Kommunikations- und Entscheidungswegen, in den Programmen und im Personal der Organisation? Stand: In einem durch das Entwicklungshilfeministerium finanzierten Vorhaben wurden verschiedene Modelle der Beteilung privater Unternehmen herausgearbeitet und drei idealtypisch zu unterscheidende Varianten identifiziert. Es deutet sich an, dass die Effekte nicht vorrangig durch den Know-how-Transfer westlicher Firmen oder durch eine gewinnorientierte Anreizsteuerung erreicht werden, sondern vielmehr durch eine größere Autonomie gegenüber der Zentralbehörde. Veröffentlichungen: noch keine 4. Professionalisierung von Supervision und Coaching - Möglichkeiten und Grenzen personenbezogener Beratung in Organisationen Forschungsfrage: Entgegen einem allgemeinen Trend zur Deprofessionalisierung hat sich die Supervision in den letzten zwei Jahrzehnten als Semi-Profession im Bereich der Personenberatung in Organisationen etablieren können. Maßgeblich für diesen Professionalisierungsschub war eine auf Wohlfahrtsorganisationen, Krankenhäuser und öffentliche Verwaltungen ausgerichtete Kundenstruktur. Unter dem Begriff des Coaching ist in den letzten Jahren eine stark auf Unternehmen fokussierte personenbezogene Dienstleistung entstanden. Trotz etlicher Gründungen von Berufsverbänden gibt es in diesem Feld noch keine vergleichbare Professionalisierung. Die Forschungsfragen sind: Wie strukturiert sich das Feld von personenbezogenen Beratungen in Organisationen? Welche Diffusionen gibt es zwischen den verschiedenen Organisationstypen (Wohlfahrtsorganisationen, Krankenhäusern, Verwaltungen und Unternehmen) und wie wirkt sich dies auf die Professionalisierungsprozesse der Berater aus? Stand: Finanziert durch Forschungsmittel der Deutschen Gesellschaft für Supervision werden qualitative Interviews in Organisationen geführt, die personenbezogene Beratungsleistungen nachfragen. Gesprächspartner sind dabei die Gatekeeper in der Personalentwicklung, über die personenbezogene Berater (vor-)ausgewählt werden. Veröffentlichungen: Psychiatrisierung, Personifizierung und Personalisierung. Zur personenzentrierten Beratung in Organisationen. In: Organisationsberatung Supervision Coaching, H4/2006, S Das Evaluationsdilemma das Spannungsverhältnis von Lern- und Legitimationsfunktion bei der Evaluation von Beratungsleistungen Forschungsfrage: Es wird in der Literatur allgemein anerkannt, dass die Evaluation von Beratungsleistungen aufgrund des Technologiedefizits bei diesen Tätigkeiten sehr schwierig ist. Nichts desto trotz haben sich in den letzten Jahren verstärkt Ansätze zur Evaluation von Beratungsprojekten ausgebildet. Die Forschungsfrage des vorliegenden Projektes ist: Wie wird mit der Spannung zwischen Lernen und Legitimation in der Evaluation umgegangen? 2
3 Stand: Im Auftrag des BMBF-Projektes Organisationsberatung Importgut oder Exportschlager wurde eine Übersichtsstudie zur Evaluation von Beratungsleistungen erstellt. In einem nächsten Schritt werden jetzt drei empirische Fall-Vignetten über die Evaluation von Beratungsleistungen erstellt. Veröffentlichtung: noch keine. 6. Wandel von Strukturen Strukturen des Wandels. Ein Handbuch zur Organisationsanalyse Forschungsfrage: Organisationsstruktur ist ein schillernder Begriff. Häufig wird der Begriff der Organisationsstruktur so abstrakt verwendet, dass er sich für eine konkrete Analyse von Organisationen nicht eignet. Ziel dieses Projektes ist es ein Handbuch für Praktiker zu erstellen, mit dem diese ihre Organisation analysieren und Ansatzpunkte für Strukturreformen identifizieren können. Forschungsfragen sind: Wie kann ein an Niklas Luhmann angelehnter Begriff der Organisationsstruktur praktisch gefasst werden? Wie ist kann das Verhältnis von Formalität und Informalität für Strukturreformen nutzbar gemacht werden? Stand: Dieses Projekt wird durch die Beratungsfirma Metaplan finanziert. Konzeptionelle Schnittpunkte existieren zu einem Projekt für die Auto-Uni von Volkswagen, in dessen Rahmen ein MBA-Modul zur Organisationsstrukturanalyse erstellt wird. Bisher wurde vorrangig unter dem Begriff des Lateralen Führens ein Konzept zur Analyse von Informalität ausgearbeitet. Im nächsten Schritt geht es um die Spezifikation der Formalstrukturanalyse. Veröffentlichungen: Führen ohne Führung (mit Thomas Schnelle; Wolfgang Schnelle). In: HarvardBusinessManager, H. 1/2004, S In Entwicklung befindliche Projekte 7. Paradoxe temporärer Organisationen Forschungsfrage: Sowohl Arbeits- als auch Interessensorganisationen sind in der Regel auf Dauer gestellt. Die Forschungsfrage in diesem Projekt ist: Wie gehen zeitlich befristete Organisationen mit dem Wissen über ihr vorhersehbares Ende um? Stand: In Vorstudien wurden bisher verschiedene temporäre Organisationen untersucht. In einem nächsten Schritt sollen temporäre Organisationen wie Olympia-Bewerbungskomitees, Stadtentwicklungsgesellschaften oder Sozialfonds in Entwicklungsländern näher analysiert werden. Von diesen organisatorischen Sonderfällen sollen Rückschlüsse auf die Funktionsweise von projektbasierten Organisationen und von Projekten in Organisationen gezogen werden. Veröffentlichungen: Noch keine 8. Kameradschaft im Militär mehr als ganz normale Kollegialität? Forschungsfrage: Sowohl in Selbst- und Fremdbeschreibungen wird Kameradschaft als Besonderheit von Militärorganisationen herausgestellt. Es fehlt jedoch bisher an einer theoretisch orientierten Soziologie der Kameradschaft. Die Forschungsfrage lautet: Wie diffundiert die Kameradschaft von 3
4 einem puren Zusammenschluss in der eigenen Ausbildungs- oder Kampfgruppe zu einem organisationsweiten Solidaritätsgefüge? Welche Rolle spielt die durch die Organisation verordnete Kameradschaft? Stand: Bisher wurde eine Sichtung der Literatur vorgenommen. In einem nächsten Schritt soll im Rahmen einer Lehrforschung das Kameradschaftsgefüge in verschiedenen Truppengattungen untersucht werden. Veröffentlichungen: noch keine Im Abschluss befindliche Forschungsprojekte 9. Soziologie simulierter Brutalitäten Forschungsfrage: In der Sozialpsychologie wurden bisher verschiedene Experimente zur Gehorsamsbereitschaft durchgeführt. Die Forschungsfrage ist: Inwiefern wurden in diesen Experimenten Prozesse ganz normaler Organisationen simuliert? Welche Rückschlüsse lassen sich für die Erklärung organisierter Brutalitäten im zwanzigsten Jahrhundert ziehen? Stand: Im Rahmen von Lehrveranstaltungen wurden Experimente zur Gehorsamsbereitschaft durchgeführt. Bisher wurde eine Reinterpretation von verschiedenen Experimenten unter dem Gesichtspunkt der Organisationsmitgliedschaft vorgenommen. Es sollen Reinterpretationen unter dem Gesichtspunkt Hierarchie und Organisationszweck folgen. Veröffentlichungen: Ganz normale Organisationen. Organisationssoziologische Interpretationen simulierter Brutalitäten. In. Zeitschrift für Soziologie, Jg. 34 (2005), S ; Willkommen im Club. Zur Diskussion über die Organisationshaftigkeit des Deportations-, Soda-Cracker-, Stanford- Prison- und Milgram-Experiments. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36 (2007), S Organisationsberatung im Spannungsfeld von Formalität und Informalität Forschungsfrage: Die Beratungsforschung hat sich bisher weitgehend auf Strategien zur Veränderung der Formalstruktur konzentriert. Im Mittelpunkt dieses Projektes steht die Frage: Wie wird mit Informalität in Beratungsprozessen umgegangen? Stand: Es wurde in Kooperation mit einem großen Facility-Management-Unternehmen eine Pilotstudie über einen Kaizen-Beratungsprozess durchgeführt. Im nächsten Schritt sollen die Ergebnisse der Untersuchung generalisiert und gegebenenfalls weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Veröffentlichungen: Formalität, Informalität und Illegalität in der Organisationsberatung. Systemtheoretische Analyse eines Beratungsprozesses. In: Soziale Welt, Jg. 58 (2007), S Zur Soziologie der Deckungsbeitragsrechnung - Die Kennzahlensteuerung von Organisationen in Entwicklungsländern Forschungsfrage: Kennzahlen kommen mit dem Versprechen der Objektivität daher. Deswegen binden große Entwicklungshilfeorganisationen, ihre Kredit- oder Zuschusszusagen häufig an 4
5 Kennzahlen. Soziologisch Forschungen haben jedoch immer wieder auf die soziale Konstruiertheit von diesen Kennzahlen hingewiesen. Die Forschungsfragen in diesem Projekt sind: Welche paradoxen Effekte entstehen durch die Orientierung vieler Projekte an der Kennzahl des Deckungsbeitrages (operating ratio)? Wie unterschiedlich kann der Deckungsbeitrag konstruiert werden? Welche mikropolitischen Spiele lagern sich an diese die Konstruktionsweisen an? Stand: Dieses Projekt ist Teil der empirischen Forschung über Privatisierungen. In einem Land wurde eine Detailanalyse des Wassersektors vorgenommen und dabei in einer Mikroanalyse die unterschiedlichen Konstruktionen des Deckungsbeitrages und der verschiedenen mikropolitischen Spiele um diesen Deckungsbeitrag vorgenommen? Veröffentlichungen: Zahlenspiele in der Entwicklungshilfe: Zu einer Soziologie des Deckungsbeitrages. In: Mennicken, Andrea; Hendrik Vollmer (Hg.): Zahlenwerk. Kalkulation, Organisation und Gesellschaft. Opladen: VS-Verlag, 2007, S Methoden der Organisationsforschung Forschungsfrage: In der Methodik zur Beforschung von Arbeitsorganisationen wird vorrangig auf wenige Standardmethoden zurückgegriffen Experteninterview, teilnehmende Beobachtung und standardisierte Fragebögen. Ziel dieses Projektes ist es, einen Überblick für die verschiedenen Methoden der Organisationsforschung herzustellen und die Methoden über Handbücher für die empirische Sozialforschung zugänglich zu machen. Stand: Im Rahmen eines DFG-Projektes wurde bisher jeweils ein Buch und eine Website zu qualitativen und quantitativen Methoden der Organisationsforschung erstellt. Die beiden Bücher werden jetzt erweitert und in einem Sammelband zusammengefügt. Veröffentlichungen: Methoden der Organisationsforschung. Ein Handbuch (herausgegeben mit Petra Strodtholz). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2002 sowie Handbuch der quantitativen Methoden der empirischen Sozialforschung (herausgegeben mit Petra Strodtholz und Andreas Taffertshofer). Opladen: VS-Verlag,
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