Multiresistente Erreger (MRE) in Pflegeheimen
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- Martin Giese
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1 Landratsamt Gesundheitsamt Ihr Gesundheitsamt informiert Stand: Januar 2010 Multiresistente Erreger (MRE) in Pflegeheimen Multirestistente Erreger sind Erreger, die gegen viele Antibiotika unempfindlich geworden sind. Am häufigsten ist der multiresistente Staphylokokkus aureus (MRSA). Staphylokokken sind als Keime auf Haut und Schleimhäuten bei Mensch und Tier weit verbreitet. Sie bilden mit anderen Bakterienarten die natürliche Besiedlung u. a. des Nasen-Rachen-Raumes und verursachen hier in der Regel keine gesundheitlichen Probleme. Nach invasiven medizinischen Maßnahmen oder bei offenen Beinen können sie Entzündungen und Eiterungen hervorrufen. Bei abwehrgeschwächten Menschen kann Staphylokokkus aureus auch Lungenentzündungen oder eine Blutvergiftung (Sepsis) hervorrufen. Zur Gruppe der MRE gehören außerdem die Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) und die Betalaktamase-Bildner mit erweitertem Spektrum (ESBL). Verbreitung: MRSA werden v. a. bei Patienten in Krankenhäusern festgestellt. Bei Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen in Deutschland ist derzeit bei 1 3 % von einer MRSA- Besiedelung auszugehen. In der gesunden Bevölkerung ist es noch ein seltener Befund. Übertragung: In den meisten Fällen erfolgt die Übertragung durch die Hände. Man kann selbst den Erreger aus der Nase auf andere Hautpartien übertragen, genauso ist jedoch eine Übertragung durch die Hände des Pflege- und ärztlichen Personals möglich. Seltener erfolgen Infektionen über unbelebte Gegenstände (z. B. gemeinsam benutzte Handtücher) oder durch Tröpfcheninfektionen beim Husten und Niesen.
2 2 Grundsätzlich: Die Lebensverhältnisse in Alten- und Pflegeheimen unterscheiden sich wesentlich von denen im Krankenhaus. Das Interesse der Bewohner an einem Leben in angemessener Umgebung und in Gemeinschaft mit Anderen steht im Vordergrund. Eine generelle Isolierung, wie im Krankenhaus, ist nicht notwendig. Für gesunde Kontaktpersonen (Pflegepersonal und Angehörige) ist das Risiko einer MRE-Infektion sehr gering. Normaler Kontakt von Besuchern und Angehörigen zu MRE-Bewohner wie z. B. Händeschütteln oder Umarmen ist ohne Probleme möglich. Nach dem Besuch sollten die Hände gewaschen werden. Eine gute persönliche Hygiene und sorgfältiges Händewaschen sind als Vorsichtsmaßnahme ausreichend. Wer sollte informiert sein? PDL / Hygienebeauftragte Pflegeteam / Betreuungsteam, Reinigungspersonal (evtl. Schulung) Mitbewohner / Angehörige / Besucher Gesundheitsamt bei Ausbrüchen Folgende Maßnahmen beim Umgang mit MRE sind zu beachten: Unterbringung: Eine Einzelzimmerunterbringung ist erforderlich für Bewohner, mit MRE-Befall des Nasen-Rachen-Raumes, die abgesaugt werden müssen, die starke Sekretabsonderung haben, die Husten oder Schnupfen haben, die an nicht abdeckbaren, nässenden Ekzemen leiden. Mehrbettunterbringung ist möglich für alle anderen MRE-besiedelten Bewohner. Dabei ist zu beachten, dass folgende Bewohner ein besonderes Risiko haben und wenn möglich nicht mit einem MRE-Bewohner im Doppelzimmer liegen sollten: 1. Bewohner mit chronischen Wunden: Dekubital-Ulcus Ulcus cruris
3 3 2. Bewohner mit Katheter Harnwegskatheter Trachealkatheter Wunddrainage PEG-Sonde 3. Stark immungeschwächte Bewohner Organisatorische Maßnahmen: Nur eingewiesenes, informiertes Personal darf die Pflege übernehmen. Mitarbeiter mit chronischen Hautveränderungen oder Wunden sollten nicht bei der Pflege der MRE-Bewohner eingesetzt werden. Wenn möglich sollten MRE-Bewohner als letzte auf der Tour versorgt werden. Hygienemaßnahmen: An allererster Stelle steht die konsequente Händedesinfektion! Die Hände werden vor Beginn und nach Beendigung der Pflegetätigkeit desinfiziert. Dies gilt auch nach Benutzung von Einmalhandschuhen. Einmalhandschuhe werden getragen bei möglichem Kontakt zu Körpersekreten oder Ausscheidungen, beim Versorgen von Wunden, Kathetern, Sonden, Tracheostoma. Die Handschuhe werden nach den Pflegetätigkeiten entsorgt. Das Personal trägt beim Arbeiten im Zimmer Schutzkittel bei möglichem Kontakt zu Körpersekreten und bei allen pflegerischen Tätigkeiten. Die Kittel verbleiben im Zimmer und werden am Ende des Tages gewechselt. Bei nässenden Wunden ist zusätzlich eine flüssigkeitsdichte Schutzschürze zu tragen. Mund-Nasenschutz wird bei Tätigkeiten getragen, bei denen es zu Aerosolbildung kommen kann. z. B. beim endotrachealen Absaugen. Das Tragen von Überschuhen und Hauben ist nicht sinnvoll. Besucher müssen keine Schutzkleidung tragen. Alle, auch der Patient selber und die Besucher, waschen vor Verlassen des Zimmers die Hände. Täglich werden die bewohnernahen Flächen, Pflegematerialien, Blutdruckmessgerät, Gebrauchsgegenstände, wie Brillen, Kämme, Hörgeräte und Prothesen, einer Scheuer-Wisch-Desinfektion (nicht sprühen!) mit einem DGHM gelisteten Mittel, Wirkbereich A, unterzogen. Zusätzlich erfolgt die Flächendesinfektion nach Bedarf bei Kontamination. Die Pflegeutensilien werden nur bewohnerbezogen benutzt. Nach Benutzung einer Gemeinschaftstoilette oder des Stationsbades ist umgehende Wischdesinfektion von Dusche/Wanne,- Hocker, Boden, Toilettensitz, Türgriff, Wasserhebel usw. nötig. In der eigenen Nasszelle reicht eine tägliche Wischdesinfektion. Der Verbandwagen bleibt vor dem Zimmer. Essensreste bleiben auf dem Tablett und werden in der Küche wie üblich versorgt. Wäsche wird im Zimmer in Säcken gesammelt. Bevor der Sack in die Wäscherei gebracht wird, wird ein zweiter Sack darüber gestülpt, dicht verschlossen und gekennzeichnet. Die Wäsche kann dann als normale Wäsche in der Waschmaschine gewaschen werden. Die Waschtemperatur sollte möglichst bei 65 C liegen.
4 4 Das Bewohnerzimmer wird immer zuletzt gereinigt. Es sind Einmalwischtücher zu verwenden, die dann im Zimmer in den Abfallsack gegeben werden. Vor dem Verlassen des Zimmers erfolgt Händedesinfektion. Nach Sanierung der Keime oder Verlegung des Bewohners wird die Schlussdesinfektion als Scheuer-Wischdesinfektion durchgeführt. Alle horizontalen Flächen werden desinfiziert. Teppichboden und Polstermöbel ggf. desinfizierend abgeschäumt und Vorhänge gewaschen. Abfallentsorgung: Infektiöse Abfälle (z. B. Verbandsmaterial, Einwegartikel usw.) werden in Säcken gesammelt. Vor der Entsorgung wird ein zweiter Sack übergestülpt und fest verschlossen. Dieser kann dann im normalen Hausmüll entsorgt werden. Teilnahme am Gemeinschaftsleben: Auch MRE-Bewohner mit Entzündungen und Wunden können an normalen Aktivitäten der Einrichtung teilnehmen. Voraussetzung: Die Wunde muss mit einem undurchlässigen Verband abgedeckt sein. Maßnahmen bei Verlegung und Transport: Immer die aufnehmende Einrichtung unterrichten. Information über laufende oder abgeschlossene Sanierungsbehandlungen weitergeben. Rettungs- und Krankentransportsdienst informieren und darauf hinweisen, dass nur bei direktem Kontakt Einmalhandschuhe und Schutzkittel zu tragen sind (nicht bei Taxi). Mundschutz nur ausnahmsweise bei produktivem Husten oder endotrachealer Absaugung durch das Einsatzpersonal erforderlich. Sanierung von MRSA- Trägern bei Pflegeheimbewohnern: Zur Sanierung einer nasalen MRSA-Besiedlung ist die Applikation von antiseptischer / antibiotischer Nasensalbe 3-mal tgl. über 5 Tage z. B. Mupirocin- Salbe oder Octenisept zu empfehlen. Empfohlen wird zusätzlich gurgeln mit Chlorexidin-Lösung 0,1 % bzw. auspinseln der Mundhöhle, wenn gurgeln nicht möglich ist. Als Begleitmaßnahme bei nasaler Besiedelung und zur Sanierung der Haut sind antiseptische Maßnahmen täglich ebenfalls über 5 Tage durchzuführen: Duschen, Baden, Waschen einschließlich der Kopfhaare mit Präparaten mit nachgewiesener MRSA-Wirksamkeit, z. B. auf der Basis von Polyhexamid, Octinidin, Chlorhexidin. Bettwäsche, Handtücher, Waschlappen sind während der Sanierungsmaßnahmen täglich zu wechseln. Gegenstände wie Brillen, Hörgeräte, Zahnprothesen stellen ein Risiko für Wiederbesiedelung dar und sollten soweit möglich desinfizierend gereinigt werden (Herstellerinformation beachten!). Während der Sanierung ausschließlich Verwendung von Einmalrasierern. Nach der Sanierung neue Zahnbürste. Deoroller, Lippenstifte, Puderdosen, Cremedosen etc. sind wegzuwerfen und erst nach der Sanierung mit neuen Präparaten wieder zu verwenden.
5 5 Der Nachweis des Sanierungserfolges durch Kontroll-Abstrich ermöglicht die Aufhebung des aufwendigen Hygieneregiems. Das diesbezügliche Vorgehen ist mit dem behandelnden Hausarzt zu besprechen. Sollte der Sanierungsversuch keinen Erfolg gehabt haben, kann er noch einmal wiederholt werden. Personalmaßnahmen: MRSA-Träger unter dem Personal sollten bis zur nachgewiesenen Sanierung keine Bewohner behandeln und pflegen. Bei MRSA-Besiedelung ist eine Sanierung analog zur Bewohnersanierung zu empfehlen Zur Erfolgskontrolle der Sanierung sind frühestens 3 Tage nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen je nach Lokalisation entsprechende Kontrollabstriche vorzunehmen: Wird in diesen Kontrollabstrichen kein MRSA mehr nachgewiesen, erfolgt die Wiederaufnahme der Tätigkeit. Eine routinemäßige Untersuchung von betroffenem Personal ist nicht notwendig. Personal ist auf MRE zu untersuchen, wenn bei mehreren Betreuten (> 2) eine MRE-Infektion/-Kolonisation in zeitlichem oder räumlichem Zusammenhang auftritt oder wenn bei einzelnen Betreuten trotz Sanierungsversuchen die MRE- Kolonisation über 3 Monate persistiert. Meldepflicht: Laut Infektionsschutzgesetz 6 (3) besteht Meldepflicht für gehäuftes Auftreten von Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Seit dem besteht eine Labormeldepflicht für MRSA-Nachweis in Blut und Liquor. Rsikofaktoren für die Besiedelung/Infektion von MRE sind: Bewohnereigene Faktoren Hohes Alter geringe Mobilität Multimorbidität, chronische Erkrankungen Exzeme, nässende Dermatitiden, offene Wunden, Decubitalulcera Funktionelle Störungen im Bereich von Nahrungsaufnahme oder Ausscheidung Diabetes mellitus Externe Faktoren invasive Maßnahmen (Blasenkatheter, Gefäßkatheter, Ernährungssonden, Trachealkanülen) Wiederholte und langandauernde Antibiotikatherapie (insbesondere mit Chinolonen und 3.-Generation- Cephalosporinen) Häufige Krankenhausaufenthalte insbesondere in den letzten 6 Monaten längerer Heimaufenthalt Dialysepflichtigkeit
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