STOLL SCHULTHESS PARTNER
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1 STOLL SCHULTHESS PARTNER advo&atur & notariat Dqi»iet Srou Advoföl & l'lorar STEFAN SCHUlTHESS Advokal SIMON Rosa»n-iqttp Advokol PHIlIPPE SPITZ Advokot, Dr iui, ll M SSP - Püstfach Reinach ANDREAS BRUNNER Advoföl, Dr iur, Ll M Alterszentrum Am Bachgraben Herrn Martin Getzmann Vorsitzender der Geschäftsleitung Muesmattweg Allschwil SARA OESCHGER Advokalin MICHAEl PlETSCHEP Advokal Sra:qi» WlRZ Advoki:il, Dt iur Mqtiru<q HARTMANN FaBER Advokatm Reinach R/sr x Hauprsl+asse l 2 Po.Jüch 8 l l CH-4153 Reinoch Tel *4l (O)ö Fox +4 l lo)ö l l ottice@ssp-law ch www ssp-law ch Abtretung von Ergänzungsleistungen / Bevorschussung von Heimkosten Sehr geehrter Herr Getzmann Wir haben darüber gesprochen, dass sich die Fälle von unsachgemässer Verwendung von Ergänzungsleistungen (EL) mehren. Dieses Problem stellt sich insbesondere nach dem Tod von Heimbewohnern: Mitunter ist der Nachlass überschuldet und die Erben erklären die Ausschlagung. Dann fallen die EL-Nachzahlungen in die Konkursmasse, und das Alters- und Pflegeheim, das seine Leistungen vorläufig ohne Kostendeckung erbracht hat, muss den Ausfall tragen. Es stellt sich die Frage, mit welchen rechtlichen Möglichkeiten eine solche zweckwidrige Verwendung von SoziaLversicherungsLeistungen vermieden werden kann. Grundsätzlich ist die Abtretung von EL-Vergütungen nur in eng umschriebenen AusnahmefälLen zulässig. Zu unterscheiden sind zwei Fälle: Laufende Sozialversicherungsleistungen können nur unter den Voraussetzungen von Art. 20 ATSG an geeignete Dritte ausbezahlt werden. Demgegenüber ist die Abtretung von Nachmh(ungen weniger restriktiv geregelt (Art. 22 ATSG sowie Art. 22 Abs. 4 ELV im Bereich der Ergänzungsleistungen). als Advokoten eingelragen im Anwallsregisler des Kanrons Bosel-Londschotl CIISNoloi emgelrogen im künlonalen Nolarialsregisler Milglieder des Bosellündschotllichen und des Schweizerischen Anwaltsveibandes Mitglied des Boselföndsctiotlliclien und Sctiweizerischen l'joti:iriatsveibandes
2 2 I. Drittauszahlung, von laufenden Leistungen Zuweilen verwenden Heimbewohner oder deren Vertretungspersonen die laufenden EL- Vergütungen nicht zur Bezahlung der Heimkosten, sondern für andere Zwecke. Ideal wäre deshalb, laufende EL-Vergütungen direkt an das Heim (oder eine andere geeignete StelLe) überweisen zu lassen. Eine solche Drittauszahlung ist jedoch nur unter den folgenden zwei kumulativen Voraussetzungen zulässig (Art. 20 Abs. 1 lit. a und b ATSG): a. Die berechtigte Person verwendet die GeldLeistungen nicht für den eigenen Unterhalt oder für den Unterhalt von Personen, für die sie zu sorgen hat, oder ist dazu nachweisbar nicht im Stande; und b. Die berechtigte Person oder Personen, für die sie zu sorgen hat, sind aus einem Grund nach Buchstabe a auf die HiLfe der öffentlichen oder privaten Fürsorge angewiesen. Das Problem besteht darin, dass Heimbewohner dank der ErgänzungsLeistungen nicht auf öffentliche Fürsorge angewiesen sind. Auch bei Zweckentfremdung von EL-Leistungen entsteht keine Sozialhilfebedürftigkeit, da die Kündigung des Heimvertrags und Ausweisung des Bewohners aus dem Alters- und Pflegeheim aus praktischen und ethischen Gründen kaum in Frage kommt. Entsprechend sehen Sozialhilfebehörden keine Notwendigkeit, unbezahlte Heimrechnungen zu übernehmen. Sie könnten ihre Zahlungen auch nicht mit zukünftigen EL-Vergütungen verrechnen (Art. 20 Abs. 2 ATSG). In der Praxis muss sich deshalb das Alters- und Pflegeheim um das Inkasso kümmern und hat das Nachsehen, wenn offene Forderungen schliesslich unbezahlt bleiben. Besteht die Gefahr, dass Ergänzungsleistungen von Heimbewohnern oder deren Vertretungspersonen zweckentfremdet werden, ist deshalb umgehend eine Gefährdungsmeldung an die Kindes- und Erwachsenenbehörde (KESB) zu machen, welche die Einsetzung eines Beistandes prüfen wird. Mit der Einsetzung eines Beistands wird die Gefahr der Zweckentfremdung gebannt. Die KESB kann im Rahmen vorsorglicher Massnahmen schon vor der Errichtung der Beistandschaft besondere Anordnungen über die Auszahlung der Rente treffen. Diese sind für die Ausgleichskasse verbindlich. Alternativ käme die Ausstellung einer Inkassovollmacht zugunsten des Alters- und Pflegeheims in Frage, wobei deren Gültigkeit im Einzelfall zweifelhaft sein kann (Umgehung des Abtretungsverbots oder Eintritt der Urteilsunfähigkeit). Eine Inkassovollmacht kann auch jederzeit widerrufen werden und stellt deshalb keine zuverlässige Sicherungsmöglichkeit dar. Zur Ver-
3 3 meidung von Ausfällen steht somit nur die Gefährdungsmeldung an die KESB, bei Bedarf mit Antrag auf vorsorgliche Massnahmen, zur Verfügung. Ergänzend kann auf die Mitteilungen an die AHV-Ausgleichskassen und EL-Durchführungsstellen Nr. 383 vom 10. Oktober 2016 verwiesen werden (Beilage 1 ). II. Abtretung von Nachzahlungen Anders ist die RechtsLage in Bezug auf die Nachmhlung von Sozialversicherungsleistungen, insbesondere EL-Vergütungen: Das Bundesgericht hat die Abtretbarkeit von Nachzahlungen aufgrund von Art. 22 Abs. 2 ATSG bzw. Art. 22 Abs. 4 ELV klar bejaht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Eine Fürsorgestelle hat Vorschusszahlungen für den Lebensunterhalt geleistet". 2. Die unterstützte Person bzw. deren gesetzliche Vertretung hat den Nachzahlungsanspruch an die Fürsorgestelle abgetreten. 3. Die Leistungen der Fürsorgestelle und die EL-Nachzahlung betreffen den gleichen Zeitraum. Das Bundesgericht hat in einem jüngeren Entscheid bestätigt, dass die vorübergehende Bevorschussung von Heimkosten durch Sozialhilfebehörden als,,vorschussleistungen für den Lebensunterhalt" im Sinne von Art. 22 Abs. 4 ELV gelten (BGer 9C741 /2014 vom 13. März 2015). Entsprechend wurde die Abtretung von EL-Nachzahlungen und die Verrechnung mit den für denselben Zeitraum ausgerichteten Vorschussleistungen als zulässig erachtet. Seit diesem Entscheid besteht somit kein Zweifel mehr, dass die Bevorschussung von Heimkosten durch SoziaLhilfebehörden mit Abtretung des Nachzahlungsanspruchs ein taugliches MitteL darstellt, um die Zweckentfremdung von EL-Nachzahlungen zu vermeiden. Zum gesamten Thema kann ergänzend auf das Informationsblatt der Curaviva vom Januar 2016 verwiesen werden (BeiLage 2). " BGE132 V 113 ff. E (Zitat): Die Möglichkeit der DrittauszahLungrückwirkend zugesprochener Ergänzungsleistungen an die Sozialhilfebehörde erstreckt sich gemässart. 22 Abs. 4 ELVauf die von dieser erbrachten Vorschussleistungen "für den Lebensunterhalt". Darunter sind nicht nur periüdische (Geld-) Leistungen der Sozialhilfe zur Deckung der laufenden Lebenskosten zu verstehen, sondern grundsätzlich sämtliche von der Soziathilfebehörde in dem vom Ergänzungsleistungs-Nachzahlungsansprucherfassten Zeitraum ausgerichteten, wirtschaftlichen Unterstützungsleistungen zu subsumieren (...) Vor diesem Hintergrund sind die zeitlich mit nachträglich zugesprochenen Sozialversicherungsleistungen zusammenfallenden wirtschaftlichen Unterstützungen der SozialhiLfegrundsätzlich stets als "Vorschussleistungen"im Sinne des Art. 22 Abs. 4 ELVzu qualifizieren und damit vom Drittauszahlungsanspruch der Sozialhilfebehörde erfasst (...).
4 4 Ill. Zusammenfassung und Empfehlung, Die Abtretung von laufenden EL-Vergütungen ist nur unter den Voraussetzungen von Art. 20 ATSG zulässig. In der Praxis scheitert diese MögLichkeit zumeist an der fehlenden Sozialhilfebedürftigkeit der säumigen Heimbewohner. Besteht die Gefahr, dass EL-Vergütungen (von Heimbewohnern bzw. deren Vertretungspersonen) zweckentfremdet werden oder ist dies bereits geschehen, sollte umgehend eine Gefährdungsmeldung an die KESB erfolgen. Demgegenüber ist die Abtretung von EL-NachzahLungen weniger restriktiv geregelt (Art. 22 Abs. 4 ELV): Die Bevorschussung von Heimkosten durch SoziaLhilfebehörden gilt als VorschusszahLung im Sinne dieser Bestimmung, weshalb die auf den entsprechenden Zeitraum entfallenden EL- Nachzahlungen zum Voraus abgetreten werden können. Zu erwähnen ist, dass EL-Nachzahlungen nur dem Arbeitgeber oder der öffentlichen oder privaten Fürsorge abgetreten werden können, nicht jedoch dem Alters- und Pflegeheim. Zwar existieren Entscheide, welche dem Heim den Status einer,,privaten Fürsorge" zubilligen. Rechtlich gesichert ist dies allerdings nicht, zumal das Heim keine GeLdvorschlüsse leistet, sondern NaturaLleistungen erbringt. Es erscheint somit empfehlenswert, dass die Alters- und Pflegeheime zusammen mit den Gemeinden einen entsprechenden Prozess wie folgt einrichten: 1. Bei fehlender Kostendeckung findet eine Bevorschussung der Heimkosten durch die SozialhiLfebehörde statt. 2. Gleichzeitig wird ein EL-Gesuch eingereicht und der Nachzahlungsanspruch vom Heimbewohner bzw. von dessen gesetzlichen Vertretung (mittels schriftlicher Erklärung) an die SozialhiLfebehörde abgetreten. 3. Sodann wird die Sozialversicherungsanstalt über die Abtretung informiert, damit die Nachzahtung schliesslich direkt an die SozialhiLfebehörde ausgerichtet und mit der Rückforderung für die bevorschussten Heimkosten verrechnet werden kann. Mit diesem Verfahren kann die Zweckentfremdung von EL-Nachzahlungen vermieden werden, selbst wenn der Heimbewohner zwischenzeitlich versterben sollte: Die EL-Nachzahlung wird direkt der Sozialhilfebehörde überwiesen und fällt nicht in den Nachlasskonkurs. Der für die Gemeinde entstehende administrative Aufwand erscheint verhältnismässig, zumal die Vermeidung von Ausfällen auch in ihrem Interesse Liegt (Restfinanzierung). Bei EL-Kürzungen infolge Vermögensverzichts hat die Gemeinde das Recht, die von ihr ausgerichteten Beiträge zurückzufordern (! 38a GeBPA bzw. S 41 Entwurf des APG). Im Gegensatz zum Alters- und Pflegeheim
5 steht ihr diese Möglichkeit auch gegenüber den Begünstigten zu (! 38a Abs. 2 GeBPA und! 41 Abs. 2 Entwurf APG). Für allfällige weitere Fragen bzw. ErLäuterungen stehe ich jederzeit sehr gerne zur Verfügung. Simon Rosenthaler, Advokat Beilagen: 1. Mitteilungen an die AHV-Ausgleichskassen und EL-DurchführungssteLlen Nr Informationsblatt der Curaviva vom Januar 2016
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