System Familie im Gesundheitswesen Entwicklungslinien und Zukunftsszenarien

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1 System Familie im Gesundheitswesen Entwicklungslinien und Zukunftsszenarien Jochen Schweitzer Zentrum Psychosoziale Medizin der Universität und Helm Stierlin Institut, Heidelberg 5. Hessischer Psychotherapeutentag,

2 7. Hoffnungen für die Zukunft 1. Kurze Geschichte der Familientherapie: Von Palo Alto und Berlin- Wedding bis Frankfurt am Main 2. Aktuelle Entwicklungen: Aufsuchend, multisystemisch, schulenintegrierend, evidenzbasiert 3. Wann die Familie (nicht) einbeziehen? Adaptive statt selektiver Indikation Übersicht 4. Wie verlaufen Familientherapien? Lange Kurzzeittherapien in flexiblen Settings 5. Familientherapie im Gesundheitswesen: Integration und Innovationen 6. Familientherapie als Brücke: Erwachsene und Kinder, Psychotherapie und Jugendhilfe, Psychotherapie und Medizin

3 Kurze Geschichte der Familientherapie 1. Der Beginn in Palo Alto und im Wedding 2. Von der Psychoanalyse zur Mehrgenerationentherapie 3. Die interventionistische Phase: wachstumsorientiert, strategisch, strukturell, Mailänder Ansatz 4. Die behaviorale Phase: trainings- und edukationsorientiert 5. Die erkenntnistheoretische Phase: konstruktivistisch, lösungsorientiert 6. Die narrative Phase: narrativ, dialogisch 7. Späte Stürme: Die Auseinandersetzungen um Hellingers Aufstellungsarbeit

4 Aktuelle Entwicklungen Family based Interventions: warum für viele Amerikaner behavioral und systemisch keinen Unterschied macht Aufsuchende und multisystemische Arbeit: AFT, MST, BSFT, MDFT und Co Familientherapie und Selbsthilfegruppe kombiniert: Die Multifamilientherapie Gefühl und Bindung in der Familientherapie Attachment based bzw. Mentalization based Family Therapy Evidenzbasierung: Nachgewiesene Wirksamkeiten

5 Indikationsgrenzen der Familientherapie Familienmitglieder lehnen Teilnahme ab oder leben zu weit entfernt ( Familientherapie ohne Familie ) Das offene Familiengespräch könnte hinterher physisch gefährlich werden (Gewalt in Familien) Patient genießt in seiner Familie hohe Autonomie und kann Einzeltherapieergebnisse selbständig umsetzen (Einzelcoaching reicht) Problemthemen des Patienten liegen außerhalb der familiären Lösungswelt (Berufliches Coaching, Peergruppenprobleme)

6 Wann überhaupt die Familie einbeziehen? adaptive statt selektiver Indikationskriterien Im Problem eng verbundene Familien - abhängig gebundene Indexpatienten Familiäre Co- und Multimorbidität: Viele kränkeln gleichzeitig Familien, die sich als Opfer der Krankheit oder der Einzeltherapie eines ihrer Mitglieder beschreiben Exclusionsgefahr: Wenn Hospitalisierung und Ausgrenzung vermieden werden sollen Wenn Familienmitglieder als hilfreiche Co-Therapeuten dienen können

7 Wie verlaufen Familientherapien? Oft ideal: das Erstgespräch als Familiengespräch Möglich: Wechselnde Teilnehmerschaften je nach Thema und Sitzung. Kinder als Indexpatienten: Familiensitzungen, Spieltherapie, Elterncoaching, Paarberatung Jugendliche Indexpatienten: Anfangs Familiengespräche, später Individuationsgespräche, längerfristig Peers hinzu.

8 Wie verlaufen Familientherapien? Sitzungszahl: selten mehr als 20 Gespräche, Durchschnitt 4-5 Gespräche, eher 90 als 45 Minuten Gleichwohl: lange Kurzzeittherapie Verläufe über ein bis zwei Jahre möglich. Familientherapien sind oft kurzfristig anstrengender, können aber manche Schleifen und Durststrecken verkürzen.

9 Paar- und Familientherapie im Gesundheitswesen einige Innovationen Paarworkshops nach Brustkrebsdiagnose Paarberatung bei unerfülltem Kinderwunsch Spender-Empfänger-Beratung vor Lebendorganspende Kurztherapie bei kindlichen Kopfschmerzen

10 Familientherapie im Gesundheitswesen Erfahrungen aus dem SYMPA-Projekt Das SYMPA-Projekt: systemischfamilienorientierte Akutpsychiatrie Fallsupervision auf psychiatrischen Stationen in Anwesenheit des Patienten und seiner Angehörigen Entlassbrief und Diagnose als Verhandlungsthema Patienten und Angehörige als Konzeptberater ihrer Behandler

11 Familientherapie im Gesundheitswesen wie ist sie verankert? Sehr häufig in Kinder- und Jugendpsychiatrie Punktuell in psychiatrischen, psychosomatischen, onkologischen, pädiatrischen Akut- und Rehakliniken Sehr wenig an Universitätskliniken Außerordentlich häufig in Jugendhilfe incl. Erziehungsberatung Systemische Therapie zur Approbationsausbildung zugelassen Aber bislang noch nicht als Kassenleistung

12 Familientherapie als Brücke zwischen Gesundheitswesen und Sozialwesen Marlboro Family Service in London: Familienschule; Tagesklinik für Sorgerechtsfragen; Erwachsenen- und Kindertherapie unter einem Dach Stuttgarter Gemeindepsychiatrie: Ambulanz und Rehaklinik in Trägerschaft sozialer Dienste Netzwerk Esstörungen Ostalbkreis: Gemeinsame Fallkonferenzen für alle Anorexiepatientinnen

13 Zukunftshoffnungen: Was ich mir als Familientherapeut wünsche Niedrigschwelliger Zugang für Alle zu familienorientierten Dienstleistungen Einzelpsychotherapien in ihren familiären Kontexten reflektieren und gut abstimmen Familientherapeutische Grundkompetenz aller Psychotherapeuten in Aus- und Weiterbildung fördern

14 Zukunftshoffnungen: Was ich mir als Familientherapeut wünsche Familiensitzungen und vernetztes Arbeiten besser honorieren Systemische Therapie als Kassenverfahren zulassen Durchlässigere Grenzen zwischen - Erwachsenen- und Kindertherapie, - Psychotherapie und Jugendhilfe; - Psychotherapie und Medizin, - Psychotherapeutischen Verfahren