Predigt über 1.Kor 14, , 2. Sonntag nach Trinitatis , Britzingen
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- Monika Bäcker
- vor 6 Jahren
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1 Predigt über 1.Kor 14, , 2. Sonntag nach Trinitatis , Britzingen Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen Liebe Schwestern und Brüder, manch einer, der am vergangenen Samstag (also nicht gestern sondern vor einer Woche) ein bisschen nach drei Uhr und vielleicht eher zufällig zum Eisenbahnfest in Ahrensfelde gekommen ist, der mag sich verwundert die Augen gerieben haben. Da standen ein paar Gestalten und haben komische Lieder in einer komischen Sprache gesungen. S`cha nit immer d`sunne schiene, s`mueß auch emol ä Gwidda geh. Wer in Gottes Namen soll das bitte verstehen? Diejenigen, die die Einladung gelesen haben, konnten sich denken: Das sind wohl die Gäste aus Britzingen und Dattingen. Und diejenigen, die pünktlich um drei Uhr dagewesen waren, die hatten die einführenden Worte von Pfarrerin Siehler gehört und wussten: Die singen da jetzt alemannische Lieder. Und einige hatten sogar Glück die haben ein Blatt bekommen, da waren die Texte drauf abgedruckt und eine hochdeutsche Übersetzung. Diejenigen, die wussten, worum es ging, denen hat das eigentlich ganz gut gefallen. Da wäre es doch vielleicht eine gute Idee gewesen, wenn ich tags darauf, am Sonntag in der Ahrensfelder Kirche, meine Predigt auf Alemannisch gehalten hätte. Aber erstens kann ich das nicht und die, die mitgefahren sind, die hätten gemerkt, was für ein klägliches Unterfangen das gewesen wäre. Vor allem aber wäre es eine ziemlich lieblose Angelegenheit gewesen, über die Liebe zu predigen in einer Sprache, die die meisten nicht verstehen. Dass das nicht zusammengeht, liebevoll mit den Menschen umzugehen und in einer Sprache zu ihnen zu sprechen, die sie nicht verstehen, davon schreibt auch Paulus. Ich lese aus dem 14. Kap. des 1. Korintherbriefs. Strebt nach der Liebe! Bemüht Euch um die Gaben des Geistes, am meisten aber um die Gabe der prophetischen Rede. Denn wer in Zungen redet, der redet nicht für Menschen, sondern für Gott; denn niemand versteht ihn, vielmehr redet er im Geist von Geheimnissen. Wer aber prophetisch redet, der redet den Menschen zur Erbauung, zur Ermahnung und zur Tröstung. Liebe Brüder, seid nicht Kinder, wenn es ums Verstehen geht; sondern seid Kinder, wenn es um Böses geht; im Verstehen aber seid vollkommen. Im Gesetz steht geschrieben (Jesaja 28,11.12): Ich will in andern Zungen und mit andern Lippen reden zu diesem Volk, und sie werden mich auch so nicht hören, spricht der Herr. Darum ist die Zungenrede ein Zeichen nicht für die Gläubigen, sondern für die Ungläubigen; die prophetische Rede aber ein Zeichen 1
2 nicht für die Ungläubigen, sondern für die Gläubigen. Wenn nun die ganze Gemeinde an einem Ort zusammenkäme und alle redeten in Zungen, es kämen aber Unkundige oder Ungläubige hinein, würden sie nicht sagen, ihr seid von Sinnen? Wenn sie aber alle prophetisch redeten und es käme ein Ungläubiger oder Unkundiger hinein, der würde von allen geprüft und von allen überführt; was in seinem Herzen verborgen ist, würde offenbar, und so würde er niederfallen auf sein Angesicht, Gott anbeten und bekennen, dass Gott wahrhaftig unter euch ist. Der Text spricht mir so richtig aus dem Herzen. Nicht nur, weil ich auch so meine Schwierigkeiten mit der Zungenrede habe, die in manchen charismatischen Gemeinden bis heute praktiziert wird. Mehr noch, weil Paulus in diesem Text ein klares Bekenntnis dafür ablegt, dass Glauben und Verstehen zusammengehören. Glauben und Verstand. Damit das deutlich wird, sind allerdings einige erklärende Worte notwendig, damit auch Paulus zu verstehen ist. Was meint er, wenn er davon spricht, dass Menschen in Zungen reden? Menschen gerieten damals gelegentlich in Verzückung im Gottesdienst und stießen dann ganz unverständliche Laute aus. Und man glaubte, dass diese Menschen im direkten Kontakt mit dem Heiligen Geist stünden und gewissermaßen in der Sprache des Heiligen Geistes zu den Menschen sprächen. Und in der Gemeinde in Korinth war das so, dass diese Leute ein ganz besonderes Ansehen genossen. Dass man dachte, die stehen in besonderer Verbindung zu Gott, und diese Leute selbst haben sich auch durchaus für etwas Besseres gehalten. Überhaupt war das in Korinth damals so, dass es Spaltungen in der Gemeinde gab. Es gab verschiedene Parteien, und jede Partei meinte: Wir sind was Besseres als die anderen. Diese Spaltungen sind der eigentliche Grund, warum Paulus seinen Brief an die Gemeinde geschrieben hat. Er schreibt mit seinem Brief gegen diese Spaltungen an. Ich will seine Argumentation etwas weiter ausführen. Im 12. Kapitel zählt Paulus verschiedene Gaben des Geistes auf. Die Zungenrede, die prophetische Rede und eine ganze Menge anderer Gaben. Und er sagt: Ihr sollt diese Gaben nicht gegeneinander einsetzen, sondern füreinander. Mit diesen Gaben soll die Gemeine aufgebaut werden, denn die Gemeinde ist der Leib Christi. Im 13. Kapitel setzt Paulus sich dann intensiv mit der Liebe auseinander. Denn er sagt: Die Liebe ist der Maßstab, an dem sich alle Gaben des Geistes messen lassen müssen. Am Ende bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die Größte unter ihnen. Und im vorliegenden Kapitel schließlich führt Paulus das an einem konkreten Beispiel aus, was das heißt, dass die Liebe der Maßstab für alles Handeln sein soll. Nämlich eben am Beispiel von der Zungenrede und der prophetischen Rede. Und er sagt, die Zungenrede ist unverständlich, deswegen ist sie kein Dienst der Liebe, aber die prophetische Rede ist verständlich. Der Text ist in drei Teile aufgeteilt. Am Anfang steht das Motto: Strebt der Liebe nach und ordnet alle Gaben des Geistes, die ihr habt, diesem Kriterium unter. Das wird dann noch etwas ausgeführt und dann in zwei Richtungen entfaltet. Zunächst einmal sagt Paulus: Die Gaben werden dann im Dienst der Liebe eingesetzt, wenn sie der Gemeinde nützen. Dieser 2
3 Abschnitt ist im Predigttext nicht enthalten, sonst wäre der Predigttext sehr lang geworden. Aber es sind einige wichtige Gedanken darin, die werde ich noch aufgreifen. Und im zweiten Teil setzt Paulus sich dann mit der Außenwirkung der verschiedenen Weisen zu reden auseinander. Paulus sagt also: Stellt euer Reden in den Dienst der Liebe. Und das Reden im Dienst der Liebe ist das prophetische Reden. Denn das nützt der Gemeinde. Das prophetische Reden dient einem dreifachen Zweck. Es erbaut die Menschen, es ermahnt die Menschen und es ermutigt die Menschen. Und damit umreißt Paulus ziemlich genau, was die Propheten des Alten Testaments getan haben. Sie haben den Menschen das Wort Gottes ausgerichtet. Sie haben den Menschen etwas mitgeteilt. Die Menschen konnten erfahren, was Gott von ihnen will. Die Propheten haben die Menschen auch ermahnt. In den Prophetenbüchern findet sich teilweise eine sehr heftige Gesellschaftskritik. Da, wo das nötig war, wo die gesellschaftlichen Verhältnisse aus dem Ruder gelaufen waren. Und schließlich haben die Propheten die Menschen ermutigt, wenn sie darauf angewiesen waren. Zum Beispiel im babylonischen Exil. Da haben ihnen die babylonischen Propheten gesagt: Ihr seid zwar jetzt in dieser furchtbaren Situation, aber Gott hat euch nicht vergessen und Gott hat euch nicht verlassen; er steht immer noch zu euch. Die Grundvoraussetzung dafür, dass die Rede der Propheten diese dreifache Wirkung entfalten kann, ist aber, dass die Menschen sie verstehen können. Die prophetische Rede muss verständlich sein. Die Zungenrede ist das gerade nicht. Paulus schreibt: Damit das gelingen kann, dass die prophetische Rede verständlich ist, müssen zwei Dinge zusammenkommen. Es braucht den Heiligen Geist und es braucht den Verstand. Er schreibt in den Versen, die hier ausgelassen sind: Ich möchte lieber fünf Worte mit Verstand zu euch sprechen als zehntausend in Zungen. Dabei lehnt er die Zungenrede nicht grundsätzlich ab. Er sagt, es ist eine Rede für Gott, aber es ist gewissermaßen ein Privatgespräch mit Gott. Und deshalb gehört sie auch in den privaten Rahmen. So ähnlich wie Jesus in der Bergpredigt sagt, dass das Beten in den privaten Rahmen gehört. Für das Beten gibt es keine sprachlichen Vorschriften. Gott versteht euch, egal ob ihr stammelt oder deutlich sprecht. Im Gottesdienst aber, da soll eure Rede verständlich sein. Im zweiten Teil dann setzt Paulus sich mit der Außenwirkung auseinander. Das ist im Predigttext wieder aufgenommen deshalb, weil dieses Thema dieses zweiten Sonntags nach Trinitatis Gottes Einladung ist. Und eingeladen werden eben nicht nur die, die ohnehin schon da sind, sondern die, die von außen kommen. Sie sollen angesprochen werden. Der erste Teil ist dieses Zitat aus dem Jesajabuch. Wie das zu verstehen ist, ist in der Forschung ziemlich umstritten. Das hat etwas damit zu tun, dass der Textbestand unsicher ist. Der hebräische und der griechische Text weichen schon deutlich voneinander ab, und Paulus übersetzt noch einmal anders. Eine mögliche und mir relativ plausible Deutung ist: Die Ungläubigen, von denen da die Rede ist, das sind die, die Gottes Wort nicht hören wollen. Die ihre Ohren davor verschließen. Und dann können sie es natürlich auch nicht verstehen. Es bleibt für sie unverständliches Gestammel. Deshalb ist die unverständliche Zungenrede 3
4 ein Zeichen für die Ungläubigen und die verständliche prophetische Rede ein Zeichen für die Gläubigen. Deutlicher ist das Bild, das er danach malt: Stellt euch vor, es ist eine Gemeindeversammlung. Alle sind da und alle reden in Zungen, stammeln irgendwas vor sich hin vielleicht noch völlig durcheinander und da kommt jemand von außen rein. Der muss doch denken: Ihr seid nicht mehr ganz bache! Oder so wie manche, die da zum Eisenbahnfest gekommen sind, vielleicht ein bisschen gelächelt haben oder ein bisschen ratlos waren, was diese Menschen da gesungen haben. Oder wie die, die erlebt haben, was die Apostel zu sagen hatten an Pfingsten, als der Heilige Geist über sie gekommen ist und sie gesagt haben, was der Heilige Geist ihnen ausgerichtet hat. Allerdings ist da ein wesentlicher Unterschied. Denn die Apostel an Pfingsten haben gerade nicht unverständlich geredet, sondern sie hatten die Gabe, sich allen Menschen in ganz verschiedenen Sprachen verständlich zu machen. Damit komme ich zum Gegenbild, das Paulus benutzt. Paulus sagt: Wenn ihr zusammenkommt, prophetisch und verständlich redet, und es kommt jemand von außen dazu, dann könnte es passieren, dass er von euch angesprochen wird und dass er durch euch zu Gott findet. Und wenn das gelingt, dann ist eure prophetische Rede ein Dienst an diesen Menschen von außen. So oder so: Es kommt darauf an, dass eure Sprache verständlich ist. Nun gibt es auch in unserer Gegenwart Sprachen, die sind ein Stück bewusst unverständlich. Jedenfalls für Leute, die nicht zu den Insidern gehören. Zum Beispiel der Jugendslang. Der dient durchaus dazu, die Erwachsenen ein Stück draußen zu halten. Und ich weiß nicht, vielleicht ist es bei euch ähnlich, ich fand es immer furchtbar peinlich, wenn Erwachsene versucht haben, unsere Jugendsprache nachzumachen. Oder so manche Fachsprache ist durchsetzt mit Fachbegriffen und Fremdworten und für Außenstehende kaum zu verstehen. Und manche Fachleute setzen das ganz bewusst ein, um zu zeigen, was für ein besonderes Geheimwissen sie haben. Und so könnte man sich fragen, ob die Sprache der Kirche nicht auch so eine Fachsprache ist, die manche Menschen ausschließt. Auch in der Sprache der Kirche werden Begriffe gebraucht, die heute kaum noch jemandem geläufig sind: Sünde, Rechtfertigung, Gnade, Erlösung, Gebot, Offenbarung. Wäre Paulus richtig verstanden, wenn man all diese Begriffe aus der Kirchensprache streichen würde und durch verständlichere Worte ersetzen würde? Ich denke nicht. Denn all diese Worte haben eine ganz spezielle Bedeutung, die durch andere Worte nicht angemessen ausgedrückt werden kann. Würde die Kirchensprache auf all diese Worte verzichten, dann würde sie sich ihrer Kraft berauben. Nämlich ihrer prophetischen Kraft, der Kraft zu erbauen, zu ermahnen und zu ermuntern. Der Landesbischof hat in seiner Rede über die Auslegung der Heiligen Schrift gesagt: Es kommt darauf an, der Heiligen Schrift die Würde ihrer Fremdheit zu bewahren. Nur wenn uns das Wort Gottes als fremdes Wort begegnet, kann es uns mehr sagen als das, was wir uns ohnehin immer sagen würden. Der Vortrag des Bischoffs liegt im Übrigen vorne aus. Wen es 4
5 interessiert, kann sich gerne einen mitnehmen. Es geht also nicht darum, die klassischen kirchlichen Begriffe aufzugeben. Es geht aber wohl darum, sie verständlich zu halten. Das heißt, wir müssen sie immer wieder erklären und erläutern. Verständlichkeit ist und bleibt eine Grundvoraussetzung für das prophetische Reden, für alles Reden in der Kirche. Also auch ein Kriterium für meine Predigten. Und manchmal, weiß ich, stoße ich da an Grenzen. Aber das gilt nicht nur für das Predigen. Paulus spricht auch davon, dass das Beten mit Geist und Verstand geschehen soll. Das Loben und das Danken. Und Paulus spricht nicht nur von Pfarrerinnen und Pfarrern, er spricht die ganze Gemeinde in Korinth an ohne irgendeine Einschränkung. Was Paulus hier macht, ist eigentlich, dass er das Prophetentum aller Glaubenden verkündigt. Seine Aufforderung gilt also nicht nur mir, sondern Euch und Ihnen allen ganz genauso. Gott lädt Euch ein. Er hat Euch sein Wort gegeben, als Speise gewissermaßen, um den Evangeliumstext noch einmal aufzunehmen. Ihr seid mit Gaben des Geistes begabt, und zu diesen Gaben gehört eben auch die prophetische Rede. Und all diese Gaben, die teilt! Teilt sie miteinander und teilt sie anderen mit über die Grenze von Gemeinde und Gottesdienst hinaus. Ober moderner ausgedrückt: Kommuniziert, kommuniziert miteinander, und kommuniziert mit den Menschen außerhalb der Gemeinde. Gebt die Liebe Gottes weiter. Amen. Arnold Glitsch-Hünnefeld 5
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