Altlastensymposium Jahre Ökologisches Großprojekt Berlin

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1 Altlastensymposium Jahre Ökologisches Großprojekt Berlin Vergleichende Betrachtungen zu Altlastensanierungen im urbanen Raum 29./30. Juni 2013 Bunsensaal, WISTA Management GmbH Veranstalter: Senatsverwaltung für Bundesanstalt für vereinigungs- Stadtentwicklung und Umwelt bedingte Sonderaufgaben Referat VIII C Karl - Liebknecht - Straße 33 Brückenstraße Berlin Berlin 1

2 Impressum Herausgeber: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Brückenstraße Berlin Für den Inhalt der Einzelbeiträge sind die Autoren verantwortlich. 2

3 Inhalt 20 Jahre ÖGP Berlin - Altlastenbearbeitung zwischen Anspruch und Realität 5 Dipl.-Ing. Jens Naumann, SenStadtUm Altlastenerkundung und -sanierung im Spannungsfeld von Kosten-/ Nutzenbetrachtungen 15 Dipl.-Geol. Andreas Zimmermann, BvS/ACOS mbh Chancen und Grenzen von Quellsanierungen an Beispielen im ÖGP Berlin 27 Dipl.-Geogr. Frank Rauch, SenStadtUm Sicherung eines innerstädtischen Wasserwerks - komplexe Aufgaben ohne Ende? 39 Dipl.-Ing. Claudia Blach-Radau, SenStadtUm Möglichkeiten und Grenzen bei der Transferpfadsanierung in einem Wohngebiet 51 Dipl.-Ing. Kai Diesner, Tauw GmbH Sanierungsstrategien im Wandel - eine Retrospektive am Beispiel eines ehemaligen Chemiestandortes 62 Dipl.-Ing. Gudrun Schneider SenStadtUm; Dipl.-Ing. Friederike Zumloh, KWS Geotechnik GmbH Langzeitsanierung eines hochkomplexen Altlastenstandortes - Schadstoffentfernung ohne konkretes 74 Sanierungsziel Dipl.-Chem. Dr. Andreas Kucht, GESA mbh; Dipl.-Geogr. Bernd Grützmann, IUP. Ingenieure GmbH Sanierungskonzeptionen für aktive Industriestandorte unter Berücksichtigung von MNA 87 Dipl.-Ing. Irina Müller, SenStadtUm; Dipl.-Biochem. Hubert Theißen, IMAGO ohg Auswirkungen der analytischen Qualitätssicherung auf die Altlastenbearbeitung im Land Berlin 99 Dipl.-Chem. Ute Dorgerloh, Bundesanstalt für Materialforschung und prüfung BAM ÖGP Oranienburg - Hochauflösende Erkundung mit innovativen Verfahren und Schlussfolgerungen 108 für die Sanierungsstrategie Dipl. Geol. Carsten Horeis / Dr. Joachim Schweineberg, BvS/ACOS mbh ÖGP PCK Schwedt - MNA-gestützte Sanierungsstrategien an einem Raffineriestandort 117 Dr. Ulrich Wöstmann, BvS/ACOS mbh Erfahrungen mit dem Finanzierungsinstrument des VASA-Altlasten-Fonds in der Schweiz 126 Dipl.-Ing. Dipl.-Geogr. Thomas Lepke, Bundesamt für Umwelt Bern Anwendung deutscher Sanierungsstandards in urbanen Ballungsräumen Brasiliens 132 Dipl.-Chem. Luciano Avila, SENAI/RS Porto Alegre Berliner Böden unter Druck - Herausforderungen für den vorsorgenden Bodenschutz im 142 Spannungsfeld von Urbanisierung und Nachhaltigkeit Dipl.-Geol. Sabine Hilbert, SenStadtUm Rechtlicher Rahmen für die Wiedernutzbarmachung von Brachflächen / Altlasten - Fehlerquellen, 153 Regelungswerke und praktische Hinweise Prof. Dr. Matthias Dombert, DOMBERT RECHTSANWÄLTE Potsdam Teilnehmerverzeichnis 159 3

4 Vorwort Sehr geehrte Fachkolleginnen und -kollegen, vor nunmehr 20 Jahren haben das Land Berlin und die ehemalige Treuhandanstalt im Rahmen des Verwaltungsabkommens die Bearbeitung des Ökologischen Großprojekts Berlin ÖGP in Angriff genommen. Mit über 100 Altlastenstandorten und ca. 60 unterschiedlichen Unternehmen im Südosten Berlins handelt es sich dabei um eine fachtechnisch und organisatorisch komplexe Aufgabe, die sich in den kommenden Jahren auf wenige verbliebene, aber komplizierte Schadensfälle konzentrieren wird. Nachdem zu den beiden Symposien anlässlich des 10- und 15-jährigen Jubiläums die organisatorischstrukturellen Bedingungen und mehrere Einzelprojekte des ÖGP Berlin vorgestellt und diskutiert wurden, legt diese Veranstaltung ihren Schwerpunkt auf methodische Schlussfolgerungen und die Nutzung von Erkenntnissen aus lang laufenden Altlastenprojekten für aktuelle Sanierungsvorhaben und künftige Bearbeitungsstrategien. Diese haben heute zunehmend die städtebaulichen Interessen und Anforderungen eines urbanen Ballungszentrums zu berücksichtigen. Altlastenstandorte erfordern eine intensive und zumeist langfristig angelegte Bearbeitung. Diese unbestrittene Tatsache bestätigt sich auch für die Altlastenprojekte, welche dem Verwaltungsabkommen im Land Berlin unterfallen. Nach nunmehr zwei Jahrzehnten währender Befassung mit diesen Grundstücken erweist sich mit zunehmendem Erkenntnisgewinn sogar dieser Zeitraum für einige komplexe Schadstoffverunreinigungen im Boden und Grundwasser als nicht ausreichend. Mit den Vorträgen des Symposiums und unserem Rahmenprogramm wollen wir Fachkollegen die Gelegenheit bieten, Erkundungsergebnisse zu hinterfragen, laufende Sanierungsprozesse kritisch zu beurteilen und die Berechtigung und Erreichbarkeit konkreter Sanierungsziele nach zwei Jahrzehnten Altlastenbearbeitung kritisch zu diskutieren. Eine zentrale Rolle nehmen diesmal in den Beiträgen die spezifischen Anforderungen und komplizierten Bedingungen ein, welche die Bearbeitung von Altlastenprojekten im urbanen Raum kennzeichnen. Bei der Berliner Gemengelage eines städtisch bebauten Wohngebietes mit jahrzehntelang genutzten Industriestandorten sowie zwei Wasserwerken, die aus dem unbedeckten oberen Grundwasserstockwerk des Berliner Urstromtales fördern, stellt die zunehmende Flächennachfrage und intensive Standortentwicklung in den letzten Jahren eine große Herausforderung an die Vor-gehensweise bei der Erkundung und Sanierung von Altlastenflächen dar. Hierbei sind wir auch an überregionalen Lösungsansätzen und Erfahrungen interessiert und haben deshalb Erkenntnisse der Altlastenbearbeitung aus urbanen Räumen im Bundesland Brandenburg sowie Schweiz und Brasilien in das Symposium einbezogen. Abgerundet wird das Symposium mit Ausführungen zum vorsorgenden Bodenschutz sowie den rechtlichen Aspekten der Wiedernutzbarmachung von altlastenbehafteten Brachflächen. Projektgruppe Berlin Berlin, den

5 20 Jahre ÖGP Berlin - Altlastenbearbeitung zwischen Anspruch und Realität Dipl.-Ing. Jens Naumann, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt 1. Grundlagen der Großprojektbearbeitung 1.1 Ausgangssituation Unmittelbar nach der Wende wurde im Ostteil der Stadt eine flächendeckende Altlastenerfassung durchgeführt. Dabei kristallisierten sich große, zusammenhängende Industriegebiete im direkten Einzugsgebiet der beiden Wasserwerke Johannisthal und Wuhlheide heraus. Für die Erfassung und Bewertung von Boden- und Grundwasserverunreinigungen wurde das 19 km² große Gebiet in 5 Projektgebiete aufgeteilt und jeweils von einem Projektträger bearbeitet. Insgesamt wurden zwischen 1991 und 1994 über 200 Grundstücke erfasst und bewertet. Für die Untersuchungen und Tätigkeiten der Projektträger wurden 17 Mio. aufgewendet. Die Untersuchungsergebnisse zeigten für die Wasserwerke ein erhebliches Gefahrenpotential, welches bereits zu dem damaligen Zeitpunkt akute Gefahrenabwehrmaßnahmen notwendig machte. Auf der Grundlage des Verwaltungsabkommens vom wurde die Region Industriegebiet Spree am aufgrund seiner hohen ökologische Gefährdung als Ökologisches Großprojekt Berlin (ÖGP) bestätigt. Weitere Voraussetzung für die Anerkennung von Großprojekten waren geschätzte Sanierungskosten in Höhe von über 100 Mio. DM sowie ein einvernehmlich abgestimmtes Sanierungsrahmenkonzept. 1.2 Sanierungsrahmenkonzept Bei der Frage über Inhalt und Ergebnisse des Sanierungsrahmenkonzeptes (SRK) ergaben sich anfänglich erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Ein durch das Land Berlin erarbeitetes SRK wurde durch die ehemalige Treuhandanstalt (THA) u.a. mit folgender Begründung abgelehnt: Während der Konzeptentwurf die Aktivitäts- und damit auch die Finanzmittelkonzentration im Bereich grundstücksbezogener Maßnahmen sieht, vertritt die THA die Auffassung, dass diese Aktivitäts- und Finanzmittelkonzentration sich viel mehr Abwehr- und Sicherungsmaßnahmen im Bereich der Wasserwerke widmen sollte. Alle bisher vorliegenden Erfahrungen aus dem Berliner Raum deuten darauf hin, dass derartige unmittelbar wasserwerksbezogene Maßnahmen berechtigt, erforderlich, verhältnismäßig und geeignet sind, das o.g. Ziel zu erreichen. Dagegen werden die grundstücksbezogenen Maßnahmen nicht geeignet sein, im Bereich der Problemstandorte die Grundwasserqualität so zu verbessern, dass die Wasserwerke ohne umfangreiche und dauernde Sicherungsmaßnahmen betrieben werden können. Aus heutiger Sicht hat sich diese Auffassung im Verlauf der weiteren Projektbearbeitung nicht durchgesetzt, was in den nachfolgenden Kapiteln und in den weiteren Vorträgen ausführlicher untersetzt wird. Im beiderseitigem Einvernehmen wurde das Institut für wassergefährdende Stoffe IWS mit der Erarbeitung des SRK beauftragt. Da das Land Verzögerungen der THA im Abstimmungsprozess befürchtete, wurden Ende 1994 vorgezogene Maßnahmen zur Gefahrenabwehr vereinbart. Mehr politisch gefordert als fachlich realisierbar eingeschätzt, wurde allein für das Jahr 1995 ein 1. Teilpaket von 50 Mio. DM beschlossen. In der 5

6 Folgezeit zeigte sich allerdings, dass ein derartiges Finanzvolumen unter den vorhandenen Gegebenheiten nicht verantwortlich umgesetzt werden kann (tatsächliche Ausgaben 1995/1996 mit ca. jeweils 28 Mio. DM). Aufgrund dieses politischen Drucks wurde vor Verabschiedung des SRK mit der Sanierung von Grundstücken mit höchster Priorität bzgl. der Gefährdung der Wasserwerke sowie von Grundstücken, bei denen umgehende Investitionstätigkeiten beabsichtigt waren, begonnen. Dass von den Anfang 1995 beschlossenen 19 vorgezogenen Maßnahmen fast die Hälfte heute noch weiter umgesetzt werden müssen, bestätigt die damalige Einschätzung des Gefahrenpotentials eindrucksvoll. Am wurde das SRK auf der Basis der Bewertung von 20 Grundstücken der höchsten Priorität bestätigt, allerdings ohne den darin ausgewiesenen Finanzrahmen, da die BvS die damit verbundenen Einzelmaßnahmen als unverhältnismäßig einschätzte. Im Rahmen der Fortschreibung des SRK erfolgte die Bewertung von weiteren 200 Grundstücken und die Empfehlung, das ÖGP in neue Teilsanierungsbereiche zu unterteilen. 1.3 Teilsanierungskonzepte Im Zeitraum von 1996 bis 1999 wurden für das nunmehr in 9 Teilsanierungsgebiete unterteilte Großprojekt entsprechende Teilsanierungskonzepte erstellt. Diese Konzepte beinhalteten als Grundlage für die weitere Bearbeitung im Ergebnis Maßnahmepläne und konkrete Finanzrahmenaufstellungen. Hierin wurden der Bedarf an ausstehenden Untersuchungen und an erforderlichen Sanierungsmaßnahmen ausgewiesen, die in sichere und unsichere Maßnahmen unterschieden wurden. Ergänzend wurde das regionale Grundwassermonitoring und die Sicherung der Wasserwerke Johannisthal und Wuhlheide (2. Grundwasserleiter) als übergeordnete Maßnahmen einvernehmlich abgestimmt. Auf der Grundlage der Finanzrahmen ergab sich ein in Jahresscheiben aufgeteilter oberer Finanzrahmen von 95,7 Mio., von dem ein 1. Teilfinanzrahmen in Höhe von 55,4 Mio. von der Gemeinsamen Arbeitsgruppe Bund/BvS/Land Berlin in den Jahren 1998/1999 freigegeben wurde. Die damaligen Planungen gingen davon aus, dass die grundstücksbezogenen Maßnahmen weitestgehend bis 2006/2007 abgeschlossen sein würden. Dies ist aus heutiger Sicht ein viel zu hoher Anspruch gewesen. Damals war man nicht von derart langen Sanierungszeiträumen ausgegangen und es war auch nicht absehbar, dass sich die Realisierung von Investitionen - und somit von baubegleitenden Sanierungsmaßnahmen - gegenüber den Planungen z.t. um Jahrzehnte verzögert(e). In der Realität sind auch 2013 noch in fast allen Teilsanierungsgebieten grundstücksbezogene Maßnahmen erforderlich. Mit dem Finanzrahmen für die Jahre 2011 bis 2014 wurden die Teilsanierungskonzepte als Bezugspunkt für die Teilfinanzrahmen abgelöst. Der 2. Teilfinanzrahmen beinhaltet nunmehr konkrete grundstücksbezogene bzw. grundstücksübergreifende Kostenansätze. 1.4 Nutzen der Konzepte aus heutiger Sicht Aus heutiger Sicht waren das Sanierungsrahmen- und die Teilsanierungskonzepte notwendiger, formaler Baustein und eine erste Strukturierung für die zukünftige Bearbeitung. Für die Erstellung der Konzepte incl. zusätzlicher Erkundungsmaßnahmen war mit insgesamt ca. 1,0 Mio allerdings ein erheblicher personeller als auch finanzieller Aufwand erforderlich. Allein für das SRK einschließlich der Fortschreibung wurden über 6

7 aufgewendet. In den nachfolgenden Jahren blieben die Inhalte der Konzepte im Großen und Granzen weitestgehend unberücksichtigt. Sie bildeten aber einen Rahmen für die weitere Bearbeitung unter Einschluss von übergreifenden Maßnahmen (Wasserwerke, Projektmanagement/-controlling, Grundwassermonitoring) und waren Grundlage für die späteren Finanzrahmen. Im ÖGP wurden letztendlich nicht die Prioritäten abgearbeitet. Die Bearbeitung erfolgte vielmehr in Abhängigkeit von den zunehmenden Erkenntnissen oder den realisierten Investitionstätigkeiten. Die tatsächliche Bearbeitung im Rahmen des Großprojektes zeigt im Nachhinein, dass man auf die Konzepte aufgrund des erheblichen Aufwandes für die Erstellung und des doch letztendlich aus fachlicher Sicht geringen Nutzens hätte verzichten können, aber wahrscheinlich nicht aus finanztechnischer bzw. behördlicher Sicht (Abstimmung eines Finanzrahmens). 2. Projektgruppe 2.1 Allgemeines Die 1997 eingerichtete Projektgruppe aus Vertretern der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) und des Landes Berlin, die im Bedarfsfall durch Vertreter des gemeinsam beauftragten Projektcontrollings ergänzt wird, hat sich aus heutiger Sicht sehr bewährt. Auch aufgrund der kurzen Wege durch die örtliche Nähe ist eine Abstimmung möglich, die in einer Vielzahl von Fällen eine flexible und pragmatische Entscheidungsfindung gewährleistet. Dies ist insbesondere im Zusammenhang mit Investitionstätigkeiten von großer Bedeutung. Die im überwiegenden Maß sehr ziel- und ergebnisorientierte Zusammenarbeit, ist weiterhin Garant der erfolgreichen Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass der Abstimmungsprozess auch heute noch in vielen Fällen sehr zeitraubend ist und sich aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen deutliche Reibungsverluste ergeben. Bis ein Einvernehmen erzielt werden kann, sind somit auch oft sehr anstrengende Verhandlungen notwendig. Die Diskussionen werden aber stets mit dem Willen und dem Vorsatz geführt, am Ende eine gemeinsame Lösung zu finden. 2.2 Abstimmung von Sanierungszielen Der wesentliche Abstimmungsbedarf der Projektgruppe liegt bei den Festlegungen der Gefahrenabwehrmaßnahmen und somit bei der eigentlichen Gefahrenbeurteilung. Die Frage der Erforderlichkeit, Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit ist von Beginn an ständiger Begleiter in den jeweiligen Projektsitzungen und aufgrund der mitunter stark divergierenden Auffassungen sehr diskussionsbehaftet. Wie bereits zuvor ausgeführt, befürwortete die ehem. THA, später BvS vorrangig Maßnahmen zur Grundwassersanierung/-sicherung und akzeptierte nur in Einzelfällen Bodensanierungen. Dagegen vertrat das Land von Anfang an die Auffassung, dass eine Quellensanierung in Ergänzung zu der Grundwassersanierung im Sinne einer nachhaltigen Sanierung zwingend erforderlich sei. Bei der Festlegung von Bodensanierungsmaßnahmen und deren Umfang waren in der Anfangszeit die Feststoffwerte der Berliner Liste für die BvS inakzeptabel, für die Ordnungsbehörde aber ein Instrument für die Begründung von Maßnahmen. Später wurde die Anwendung der Berliner Liste nicht zuletzt durch das neue Bundes-Bodenschutzgesetz von 1998 relativiert. 7

8 Im Rückblick zeigt sich, dass sich aufgrund nicht erwarteter, langer Sanierungszeiträume die Akzeptanz bei der BvS hinsichtlich Bodensanierungen insbesondere in der gesättigten Bodenzone zur Beseitigung von Schadstoffeintragsquellen in das Grundwasser deutlich erhöht hat. Die umgesetzten Maßnahmen haben in allen Fällen gezeigt, dass eine erhebliche und nachhaltige Schadstoffreduzierung im Grundwasser erreicht werden konnte. Hierauf wird in den folgenden Vorträgen noch Bezug genommen. Mit dazu beigetragen haben einzelfallbezogene Sanierungsziele, die in Abhängigkeit vom grundwasserverfügbaren Schadstoffpotenzials im Einvernehmen abgestimmt wurden. Bei den Sanierungszielen für das Grundwasser wurde nach zähen Verhandlungen erreicht, dass im Regelfall die Werte der Berliner Liste in den Sanierungsanordnungen oder öffentlich-rechtlichen Verträgen vorgegeben werden. Im Gegenzug wurde der BvS zugesichert, dass die Sanierungsmaßnahmen intensiv begleitet und in Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit überprüft werden, um auch ohne Erreichen der Sanierungszielwerte, Maßnahmen beenden zu können. Ausnahme bilden zwei relevante Grundstücke des Eckpunktepapiers, bei denen ein Erreichen dieses Zieles bislang ausgeschlossen erscheint. Hier ist bestimmendes Ziel, ein Abströmen von Schadstoffen über die Grundstücksgrenze hinaus wirksam zu unterbinden. Somit steht hier ein Sicherungsziel im Vordergrund. 3. Finanzielle Abwicklung im ÖGP 3.1 Finanzrahmen Die abgestimmten Finanzrahmen waren und sind ständigen Anpassungen unterworfen. Der 1. Teilfinanzrahmen aus den Jahren 1998/99 in Höhe von 55,4 Mio. wurde im Jahr 2005 in der Höhe zwar nicht verändert, allerdings ergaben sich innerhalb des Finanzrahmens aufgrund neuerer Erkenntnisse deutliche Verschiebungen. Weitere Modifizierungen erfolgten Ende 2009/ Anfang 2010, als ein erheblicher Mehrbedarf erkennbar wurde. Als 2. Teilfinanzrahmen wurden für einen Zeitraum bis Ende 2014 zusätzlich 18,5 Mio. bewilligt. Nach heutigen Erkenntnissen wird dieser Finanzrahmen ausreichen, alle Maßnahmen bis zu dem Zeitpunkt weiterzuführen. OFR 1998/99 1.TFR 1998/99 OFR/TFR 2005 OFR/2.TR 2010* Ist-Kosten 2012 Rest-FR TSK TSK TSK TSK TSK TSK TSK TSK TSK üm Summe * zur Vergleichbarkeit wurden die Kostenansätze auf die TSK bezogen (s. Kapitel 1.3) Tabelle 1: Entwicklung des Oberen Finanzrahmens und der freigegeben Teilfinanzrahmen 8

9 3.2 Sonderfälle Da zwischen der BvS und dem Land in Einzelfällen keine Einigung bezüglich der Freistellung erzielt werden konnte, wurden 1996 und 1999 zwei Eckpunktepapiere verhandelt. Der Abschluss des 1. Eckpunktepapieres hatte zur Folge, dass die weiteren Abstimmungen direkt zwischen der BvS und dem Land erfolgten bzw. erfolgen, ohne weitere Einbindung der Gemeinsamen Arbeitsgruppe und ohne Festlegung eines formalen Finanzrahmens. Diese Grundstücke waren zunächst Bestandteil des Sanierungsrahmenkonzeptes und der Teilsanierungskonzepte. Das 2. Eckpunktepapier bezieht sich auf Grundstücke der Treuhandliegenschaft auch außerhalb des ÖGP. Im Ergebnis erfolgt für die betroffenen Grundstücke die Finanzierung auf der Grundlage des Privatisierungsvertrages mit anteiliger Refinanzierung durch das Land an die BvS. Von den Grundstücken waren bzw. sind drei hoch kontaminiert, für deren bisherigen Sanierungsmaßnahmen (ohne Berücksichtigung der vorgezogenen Maßnahmen) Finanzmittel in Höhe von 65 Mio. und somit über 1/3 der Gesamtausgaben aufgewendet wurden. Das normale Prozedere im Freistellungsverfahren hätte vermutlich zu einer wesentlichen Verzögerung bei der Umsetzung notwendiger Maßnahmen geführt. Es hat sich gezeigt, dass die Sanierungsmaßnahmen besser und flexibler auf Investitionen abgestimmt werden können, da sie nicht von Prognosezeiträumen abhängig sind. Diese Prognosen wären aber erforderlich, um in der GA Einigung über die notwendige Finanzierung über mehrere Jahre zu erzielen. Daraus kann zumindest für das ÖGP Berlin geschlussfolgert werden, dass mittel- und langfristige Planungen im Altlastenbereich auch sehr kontraproduktiv sein können, da Mehrkosten durch nicht nutzbare Synergieeffekte entstehen können. 3.3 Finanzierungsvarianten Das Berliner Großprojekt hat die Besonderheit verschiedener Finanzierungsvarianten. Zu Beginn, vor den eigentlichen grundstücksbezogenen Freistellungen, wurden die vorgezogenen Maßnahmen durch das Land ausgeschrieben und beauftragt, die durch den Bund anteilig refinanziert wurden. Gleiches gilt auch heute noch für laufende grundstücksübergreifende, übergeordnete Maßnahmen. Im Fall eines erteilten Freistellungsbescheides, werden die Sanierungsmaßnahmen durch den Sanierungspflichtigen / Freigestellten umgesetzt, der nach Abzug eines Eigenanteils durch das Land refinanziert wird und dieses wiederum durch den Bund. Genau umgekehrt läuft der Finanzstrom bei den Finanzierungen des Bundes auf der Grundlage des Privatisierungsvertrages (Eckpunktepapier). Hier refinanziert der Bund den Sanierungspflichtigen und wird anschließend durch das Land Berlin refinanziert. Lässt man die Aufwendungen für die vorgezogenen Maßnahmen von 41,2 Mio. außer Betracht, liegt der Vorfinanzierungsanteil des Bundes mit 64,8 Mio. ungefähr in der gleichen Größenordnung wie der des Landes mit 68,7 Mio.. 9

10 übergeordnete Maßnahmen (Land Berlin) 35,2 Mio. vorgezogene Maßnahmen 41,2 Mio. Freistellungen (Land Berlin) 33,5 Mio. Privatisierungsverträge (BvS/Bund) 64,8 Mio. Abbildung 1: Finanzierungsanteile bezogen auf die Vorfinanzierung Anders aufgeschlüsselt ergeben sich grundstücksbezogene Kosten von insgesamt 128,0 Mio. und für Maßnahmen zur Sicherung der beiden Wasserwerke Wuhlheide und Johannisthal Kosten von 31,2 Mio.. Der Rest verteilt sich mit 4,5 Mio. auf das regionale Grundwassermonitoring und mit 11,0 Mio. auf die Konzepterstellung und das Projektmanagement/-controlling. Grundwassermonitoring 4,5 Mio. Projektmanagement / - controlling 11,0 Mio. Sicherung der Wasserwerke 31,2 Mio. grundstücksbezogene Kosten 128,0 Mio. Abbildung 2: Kostenanteile der grundstücksbezogen und -übergreifenden Maßnahmen 3.4 Ist-Kosten 1994 bis 2012 Die Abbildung 3 zeigt die Verlaufskurve der jährlichen Sanierungsaufwendungen seit Ohne Berücksichtigung der Altkosten wurden Maßnahmen mit einem Kostenaufwand von 175 Mio. umgesetzt. Sehr deutlich ist der wellenartige Verlauf erkennbar, der einerseits begründet ist durch kostenintensive Bodensanierungen in bestimmten Jahren, anderseits aber auch der Tatsache geschuldet ist, dass langwierige Planungs- und Abstimmungsprozesse zu geringeren Umsatzzahlen führen. 10

11 Abbildung 3: jährliche Sanierungskosten von 1994 bis 2012 und Plankosten für Vergleich Kostenschätzungen / Ist-Kosten Eine erste grobe Kostenschätzung ergab sich aus dem ersten, durch das Land Berlin vorgelegte Sanierungsrahmenkonzept. Danach wurden Gesamtkosten in Höhe von bis zu 750 Mio. prognostiziert, wovon 400 Mio. dem Freistellungsverfahren zugeordnet wurden. Mitte bis Ende der 90er Jahre wurde die Schätzung für das Freistellungsverfahren aufgrund des - damals vermuteten - zunehmenden Erkenntnisgewinns auf 200 Mio. reduziert. Ende 2012 beliefen sich die Ist-Kosten allein für den Bund und das Land auf 192 Mio.. Hierin sind die Eigenanteile der Freigestellten von in der Regel 10% nicht berücksichtigt und auch nicht die zum Teil erheblichen finanziellen Aufwendungen der BEWAG/Vattenfall, der Deutschen Bahn und anderer Unternehmen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht freigestellt wurden. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass u.a. für die damaligen Kostenschätzungen Bodenreinigungspreise von DM/t in Ansatz gebracht, waren die ersten Kostenschätzungen sowohl für die Gesamtkosten als auch für das Freistellungsverfahren vom Grundsatz durchaus plausibel. Allerdings zeigt eine Auswertung von sechs ausgewählten Grundstücken, dass sich die prozentualen Bestandteile der unterschiedlichen Sanierungsmaßnahmen (Bodenluft, Boden, Grundwasser) sowie die erforderlichen Finanzmittel innerhalb der Projekte aus unterschiedlichen Gründen mit der Zeit deutlich verändert haben. Beispielhaft seien hier zwei Grundstücke genannt. Bei dem ersten Grundstück ergab sich aus dem Teilsanierungskonzept das Erfordernis einer hydraulischen Sicherung des Schadenszentrums. Nachdem kein nach- 11

12 haltiger Erfolg erzielt werden konnte, wurde die Sanierung durch eine In-Situ-Maßnahme unterstützt, die allerdings nicht den gewünschten Erfolg brachte. Letztendlich wurde auf dem Standort ein umfassender Bodenaushub durchgeführt, der den nachhaltigen Sanierungserfolg zum Ergebnis hatte. Der ursprüngliche Finanzbedarf erhöhte sich von 1,3 Mio. (1999), über 3,6 Mio. (2005) auf letztendliche Kosten von knapp 8,0 Mio. (2013). Bei dem zweiten Grundstück, einem großen Industrieareal, wurden aufgrund von erheblichen Schwermetallbelastung zunächst Sanierungskosten von knapp 17 Mio. geschätzt. Aufgrund der zusätzlichen Erkenntnisse aus sanierungsvorbereitenden Untersuchungen, wurde der Sanierungsbedarf auf 3,0 Mio. abgesenkt. Aktuell belaufen sich die refinanzierungsfähigen Kosten der Tiefenenttrümmerung auf 0,4 Mio. und es ist absehbar, dass der abgestimmte Finanzrahmen im Zusammenhang mit den noch ausstehenden baubegleitenden Maßnahmen auf jeden Fall ausreichen wird. 4. Sanierungserfolge 4.1 Allgemein Von den ursprünglich 223 Grundstücken im ÖGP, die im Rahmen der Altlastenerfassung des Landes registriert wurden, wurden in den Teilsanierungskonzepten 41 Grundstücke in Hinblick auf das Verwaltungsabkommen (VA) näher betrachtet. Letztendlich erfolgten für nur 26 Grundstücke (incl. der Eckpunktepapiergrundstücke) entsprechende Freistellungen, die im Rahmen des VA bearbeitet wurden bzw. noch werden. Die geringe Zahl an Grundstücken erklärt sich aus der Tatsache, dass die überwiegende Menge nicht durch die THA privatisiert wurde, Grundstücke restituiert wurden und somit keine Verpflichtung seitens der THA bestand, keine sanierungsbedürftigen Schäden ermittelt oder keine Freistellungsanträge gestellt wurden. Von den 26 Grundstücken (s. Tabelle 2) sind die Gefahrenabwehrmaßnahmen auf 12 Grundstücken zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossen worden, 6 weitere Grundstücke befinden sich in der Nachsorgephase. Somit befinden sich 8 Grundstücke (eines davon wurde zwischenzeitlich restituiert) noch in der aktuellen Bearbeitung. Zur Sicherung der beiden Wasserwerke Wuhlheide und Johannisthal wurden im Rahmen des Verwaltungsabkommens insgesamt 9 Grundwasserreinigungsanlagen errichtet und betrieben. Aktuell laufen noch 7 Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 5,9 Mio. m³/jahr. Aufgrund der Sanierungserfolge können weitere 2 Anlagen voraussichtlich bis Ende diesen Jahres außer Betrieb genommen werden, da dann eine weitere Gefährdung für Förderbrunnnen ausgeschlossen werden kann. beendete Maßnahmen Nachsorgephase laufende Maßnahmen Wasserwerk Wuhlheide > 2014 Wasserwerk Johannisthal > 2014 freigestellte Grundstücke sonstige Grundstücke 1 Grundstücke Eckpunktepapier Grundstücke Eckpunktepapier Tabelle 2: Anzahl der abgeschlossenen und noch laufenden Maßnahmen 12

13 4.2 Schadstoffmengen/-austräge Bis heute wurden im ÖGP Berlin insgesamt über 1,4 Mio. t kontaminierter Bauschutt / Boden sowie über t Industrieschlamm und m³ Gewässersedimente ausgehoben. Ungefähr 1, 0 Mio. t musste als gefährlicher Abfall > Z2 eingestuft und ordnungsgemäß entsorgt werden. Dies sind allein die Mengen, die durch die BvS und das Land anteilig finanziert wurden. Über die darüber hinaus gehenden Entsorgungsmengen liegt keine verlässlichen Zahlen vor. Bauschutt (t) Boden (t) Schlamm <Z2 >Z2 <Z2 >Z2 t Gesamtsumme Nord Gesamtsumme Süd Gesamtsumme Bauschutt / Boden Tabelle 3: Entsorgungsmengen von Boden und Bauschutt Die ausgewerteten Daten insbesondere aus den Deklarationsanalysen lassen den Rückschluss zu, dass durch die Bodenaushubmaßnahmen weit über t Schadstoffe entfernt wurden. Bodenluft Schadstoffe kg kg Gesamtsumme Nord Gesamtsumme Süd Gesamtsumme Schadstoffaustrag kg Tabelle 4: Schadstoffaustragsmengen aus der Bodenluft und dem Boden Zur Quellsanierung, Abstromsicherung und der unmittelbaren Sicherung der Fördergalerien der Wasserwerke wurden in den vergangenen zwanzig Jahren 35 Grundwasserreinigungsanlagen errichtet und betrieben. Die derzeit noch laufenden 19 Anlagen fördern und reinigen im Jahr knapp 10 Mio. m³ verunreinigten Grundwassers. In der Summe wird Mitte diesen Jahres die Zahl von m³ erreicht. Mit diesen Maßnahmen wurden über 600 t gelöste Schadstoffe, hauptsächlich MKW, LCKW/LHKW und BTEX entfernt. MKW LCKW LHKW BTXE Sonstige kg kg kg kg kg Gesamtsumme Nord Gesamtsumme Süd Gesamtsumme Schadstoffaustrag kg Tabelle 5: Schadstoffaustragsmengen aus dem Grundwasser Zusätzlich zur konkreten Schadstoffbeseitigung wurde im ÖGP eine Gesamtfläche von über m² versiegelt, eine Abfallhalde von m² abgedeckt sowie eine Schlitzwand auf einer Länge von ca m errichtet, um eine Durchsickerung kontaminierter Bereiche zu verhindern. 13

14 5. Ausblick Nach nunmehr 20 Jahren des Ökologischen Großprojektes lässt sich feststellen, dass ein Ende - zumindest für den Bereich des Freistellungsverfahrens - absehbar ist. Die grundstücksbezogenen Sanierungsmaßnahmen werden in den nächsten 3 Jahren unter Berücksichtigung der noch vorgesehenen Investitionstätigkeiten abgeschlossen und durch ein Nachsorgemonitoring abgelöst werden können. Ausnahme bildet ein großes für den Wohnungsbau vorgesehenes Industrieareal. Hier sollen aufgrund des relativ geringen Gefahrenpotenzial Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bautätigkeit durchgeführt werden. Wann das Projekt tatsächlich realisiert wird, ist derzeit nicht erkennbar. Eine derartige Aussage ist für zwei Grundstücke des Eckpunktepapiers nicht möglich. Bei einem der Grundstücke ist eine dauerhafte Sicherung, d.h. Verhinderung des Schadstoffabstroms über die Grundstücksgrenze hinaus, erforderlich. Auf dem anderen Grundstück werden / wurden umfangreiche Boden- und Grundwassersanierungen umgesetzt. Aufgrund des immensen Schadstoffinventars ist es allerdings derzeit unklar, unter welchen Voraussetzungen eine Beendigung der Maßnahmen möglich ist. Bei der direkten Sicherung des Wasserwerks Johannisthal sind bei der Abreinigung der zuströmenden (abgerissenen) Schadstofffahnen deutliche Erfolge zu verzeichnen. So kann die Grundwasserreinigungsanlage, die ursprünglich von 1995 bis 2000 im Bereich der Galerie Alte Königsheide Nord betrieben und anschließend in den südlichen Bereich zum Schutz der Teltowkanalgalerie versetzt wurde, noch in diesem Jahr zurückgebaut werden. Eine weitere GWRA, die anfangs im Rahmen von vorgezogenen Maßnahmen durch das Land Berlin betrieben wurde, ist seit 2009 auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages im Verantwortungsbereich des Sanierungspflichtigen. Für diese Anlage und auch für die weitere noch zum Schutz der Galerie Neue Königsheide in Betrieb befindliche Anlage, ist ein Ende der Maßnahmen noch nicht erkennbar. Allerdings konnte bei der einen Anlage die Hauptaufbereitungsstufe (für CN, LCKW, Arsen) im Jahr 2011 außer Betrieb genommen werden. Auch die Situation für das Wasserwerk Wuhlheide hat sich merkbar verbessert. Im direkten Vorfeld der Förderbrunnen im Bereich des Spreeknies wurden Werte im Grundwasser erreicht, die eine Außerbetriebnahme einer GWRA erlaubte. Bei der Sanierung des weiteren Transferbereiches ist die Schadstoffreduzierung schon so weit erfolgt, dass mittelfristig eine Beendigung der Maßnahmen möglich erscheint. Leider gilt dies nicht für den durch Anilin belasteten Transferbereich. Mit dem Thema Wasserwerk Wuhlheide / Transferbereich werden sich noch zwei der nachfolgenden Vorträge ausführlicher beschäftigen. Der letzte 2010 beschlossene Finanzrahmen war ausgelegt für einen Zeitraum von 5 Jahren. Somit ergibt sich das Erfordernis, spätesten bis Ende 2014 die Maßnahmen und den zeitlichen Bedarf abzustimmen, die noch im Rahmen der Großprojektbearbeitung erforderlich sind. Ob es zur Festlegung eines abschließenden Finanzrahmens kommen kann, ist aus heutiger Sicht nur für die unter die Freistellung fallenden grundstücksbezogenen Maßnahmen vorstellbar. Eingeschränkt gilt dies evtl. auch für einen Teil der grundstücksübergreifenden Maßnahmen. Der abschließende Finanzrahmen muss zudem die Kosten für den perspektivisch notwendigen, fachgerechten Rückbau der Grundwassermessstellen und Sanierungsbrunnen beinhalten. Die zukünftige Finanzierung der zeitlich nicht befristeten Sanierungsmaßnahmen wurde bisher noch nicht diskutiert. 14

15 Altlastenerkundung und -sanierung im Spannungsfeld von Kosten- und Nutzenbetrachtungen Dipl.-Geologe Andreas Zimmermann, BvS/ACOS mbh 1. Einführung Die erfolgreiche Bearbeitung von Altlastenstandorten im ÖGP Berlin ist verbunden mit der Arbeit der gemeinsamen Projektgruppe Berlin, in der Vertreter der BvS mit den Vertretern der zuständigen Bodenschutzund Freistellungsbehörde gemeinsam über die Inhalte und Umfänge von Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen befinden. Hierüber ist bereits ausführlich im Rahmen des Altlastensymposiums 2003 berichtet worden. Während sich in den letzen 10 Jahren der Arbeitsgegenstand in der Projektgruppe von der konzeptionellen Arbeit und Vorbereitung der Sanierungsmaßnahmen hin zur Maßnahmensteuerung und - begleitung verschoben hat, bleibt als Konstante der Prozess einer einvernehmlichen Abstimmung zwischen Land Berlin und BvS. Mit dieser Verfahrensweise wird bereits im Vorfeld eines Verwaltungsaktes zur Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen fach- und finanztechnischer Konsens über den Inhalt und Umfang der jeweiligen Maßnahmen hergestellt und somit rechtlichen Auseinandersetzungen nach Erlaß der Sanierungsanordnungen vorgebeugt. Das damit nach außen projizierte Bild eines einvernehmlichen Miteinander von BvS und Ordnungsbehörde täuscht jedoch über einen vielfach kontrovers geführten Abstimmungsprozess im Einzelfall hinweg. Nur indem sich beide Seiten mit zunehmender Projektlaufzeit eine konstruktive Kritik- und Kompromissfähigkeit angeeignet haben, war es möglich, bis heute Maßnahmen mit einem Finanzvolumen von rd. 175 Mio Euro gemeinsam vorzubereiten und umzusetzen. Im Rahmen dieser Abstimmungsprozesse muss sich die BvS vor dem Hintergrund der erheblichen finanziellen Beteiligung des Bundes intensiv mit verwaltungsrechtlichem Denken und Handeln im Rahmen von ordnungsbehördlichen Verfügungen auseinandersetzen. Dies gilt für die Feststellung von Gefahrentatbeständen, wie auch für die daran anschließende Frage der Verhältnismäßigkeit der Gefahrenabwehrmaßnahmen. Beginnend mit den Erkundungen über Sanierungsuntersuchungen bis zur konkreten Sanierungsmaßnahme gehen die Auffassungen bei der Festlegung der Maßnahmeninhalte und -umfänge vielfach auseinander. Während dies bei Grundwassersanierungsmaßnahmen zumeist die Dauer der Sanierung betrifft, wird bei grundwasserunterstützenden Bodensanierungen die Diskussion regelmäßig zur optimalen Aushubkonturierung geführt. Dabei sind die Akteure der Ordnungsbehörde an ihre verwaltungsrechtlichen Bestimmungen gebunden und beurteilen die Gefahrenabwehrmaßnahmen primär mit Blick auf den Umweltschutz, während die BvS aufgrund ihrer privatisierungsvertraglichen Kostenverpflichtungen bestrebt ist, diese vorrangig fiskalpolitisch orientiert umzusetzen. Die bedeutet nicht, dass die Behörde kein Kostenbewußtsein aufbringt oder der BvS ökologische Zielsetzungen fremd sind, sondern bezieht sich auf die von den jeweiligen Seiten zu vertretenden Aufgaben und Interessen. Die darüber geführten Kontroversen werden meist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung geführt. 15

16 Insbesondere zur Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme bestehen ebenso viele Auffassungen wie Beteiligte am Prüfprozess. Auch die definierten Prüfschritte, welche im Ordnungsrecht seit Langem verankert sind, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz um ein Entscheidungskriterium mit weitgehend subjektiv geprägtem Charakter handelt. Neben dem Zweck, der Eignung und der Erforderlichkeit ist insbesondere der Prüfschritt Angemessenheit ein Kriterium, welches regelmäßig die Konsensfindung in der Projektgruppe erschwert. Angemessenheit oder auch Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne bedeutet, dass der mit der Maßnahme erstrebte Erfolg nicht in einem Missverhältnis zu den mit ihr verbundenen Belastungen stehen darf bzw. das Übermaßverbot verletzt würde, wenn die mit der Maßnahme verbundenen Nachteile schwerer wiegen als der Nutzen. Die Begriffe Belastungen und Nachteile stehen für die BvS als Synonym für Maßnahmenkosten, die im Rahmen der o. g. Prüfkriterien nur nachgeordnet und als ein "Nachteil" unter mehreren anderen Belastungen erscheinen. Aus Sicht der BvS gilt es, mit dem geringmöglichsten Aufwand der Gefahrenabwehr gerecht zu werden. Im Extremfall kann ein und derselbe Maßnahmenumfang für die eine Seite verhältnismäßig und für die andere Partei unverhältnismäßig sein. Zu diesem in der Fachliteratur vielfach abstrakt und formaljuristisch behandelten Thema soll der folgende Beitrag zur Diskussion gestellt werden. 2. Zeitbeschränkungen bei der hydraulischen Grundwassersanierung Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung einer hydraulischen Grundwassersanierungsmaßnahme erfolgen vorlaufend hydrogeologische Untersuchungen und hydraulische Modellierungen. Im Ergebnis werden - ausgehend vom Sanierungsziel - die Rahmenbedingungen der Sanierungsmaßnahme auf der Grundlage einer Sanierungsplanung definiert. Dazu gehören u. a. der prognostizierte Wasseraustausch, das Fördervolumen und die geschätzte Zeitdauer einer hydraulischen Extraktion zur Erreichung der Ziele. Diese Faktoren beruhen ausschließlich auf modellgestützten Annahmen, die der zuständigen Ordnungsbehörde für die hinreichende Bestimmtheit einer Anordnung zur Verfügung stehen. Ableitend daraus stellt sich für die BvS die Frage der zuverlässigen Maßnahmenkosten in Verbindung mit der Wahrscheinlichkeit, das angestrebte und prognostizierte Ergebnis auch zu erreichen. In diesem Rahmen wurden prognostizierte Daten für insgesamt 12 Grundwassersanierungen der letzten 20 Jahre im ÖGP Berlin und von weiteren Grundstücken, die dem Verwaltungsabkommen unterfallen, ausgewertet, um die Planungsdaten zu hydraulischen Grundwassermaßnahmen mit den tatsächlichen Ergebnissen zu vergleichen. Die Resultate sind in der Tabelle 1 nach den beiden Fallgruppen Beendete und Laufende Sanierungsmaßnahmen in der prozentualen Abweichung zwischen der Sanierungsplanung und dem tatsächlichen Sanierungsverlauf dargestellt. Die hier ausgewiesenen Daten beruhen auf Mittelwerten und relativieren damit die Bandbreiten von Einzelfällen erheblich. Beendete hydraulische Sanierungsmaßnahmen Laufende hydraulische Sanierungsmaßnahmen Abweichung Wasseraustausch in % Abweichung Fördervolumen in % Abweichung der Sanierungszeitdauer in % Tabelle 1: Abweichung zwischen Planungsdaten und tatsächlichen Sanierungsparametern bei der hydraulischen Grundwassersanie rung im ÖGP Berlin und ausgewählten Standorten des VA-Altlasten 16

17 Dieses Ergebnis spricht nicht gegen die notwendige Ermittlung der für eine hydraulische Grundwassersanierung erforderlichen lokalen Parameter und soll weder als Kritik an den Gutachterbüros noch an dem üblichen Verfahren einer Wirksamkeitsprognose verstanden werden. Vielmehr wird deutlich, dass bei der ingenieurtechnischen Erkundung und Planung vielfach zu optimistische Ansätze gewählt werden, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Verwendung und als Randparameter (z. B. Fördervolumen) teilweise Eingang in die Anordnung finden, um zur Bestimmtheit des Verwaltungsaktes beizutragen. Tatsächlich gestatten die jeweiligen Gutachten aber nur eine "scheinbare" Bestimmtheit, weil mit lediglich als "unsicher" qualifizierbaren Planungsdaten suggeriert wird, dass die technische Umsetzung der Maßnahme zweckbestimmt, erforderlich, geeignet und angemessen ist, um die Sanierungsziele zu erreichen. Hierzu hatte der Autor bereits im Rahmen des Symposiums 2008 dargelegt, dass im Zeitraum bei keiner der beendeten hydraulischen Sanierungsmaßnahmen im ÖGP Berlin und anderen VA- Grundstücken die vorgegebenen Sanierungszielwerte technisch erreicht werden konnten. Die Beendigung erfolgte, weil die Kosten gegenüber dem Nutzen nicht mehr gerechtfertigt waren. Diese Einschätzung hat sich auch in den vergangenen 5 Jahren nicht geändert. Aus den belegbar begrenzten Aussagen von Planungsansätzen und Erfolgsprognosen hat die Projektgruppe in den letzten Jahren ihre Schlußfolgerungen gezogen. Insbesondere die Bestimmtheit von Anordnungen zur hydraulischen Grundwassersanierung wurde relativiert und begleitenden Untersuchungen sowie dem Überwachungsprozess mehr Raum und Bedeutung beigemessen. Der Kern der Anordnungen lautet: "Die Grundwassersanierung ist solange durchzuführen, bis an den einzelnen Sanierungsbrunnen (und je nach Schutzgutbeurteilung in den umliegenden Messstellen) die Sanierungszielwerte x für die Parameter y dauerhaft unterschritten sind." Als Sanierungsziel wird die dauerhafte Unterschreitung der Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS) angesetzt. Unabhängig von der Festlegung dieses Sanierungsziels ist jedoch im Einzelfall im Rahmen der Sanierungsbegleitung die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Sanierungsmaßnahme und somit die Erreichbarkeit des jeweiligen Sanierungsziels zu überprüfen. Dazu enhalten die Anordnungen eine Öffnungsklausel, die sinngemäß lautet: Die Sanierung ist solange fortzusetzen, bis deutlich wird, dass aufgrund des asymptotischen Sanierungsverlaufes mit verhältnismäßigen Mitteln die Sanierungszielwerte nicht erreichbar sind. Diese Klausel hebt die Bestimmtheit der Anordnung insoweit auf, als dass die Sanierungszielwerte abhängig vom Verlauf der hydraulischen Grundwassersanierung veränderbar sind, d. h. diese mit der Öffnungsklausel lediglich orientierende Bedeutung erhalten. Damit steht die BvS als Hauptfinanzier der Sanierungsmaßnahmen auch in der Verantwortung, anhand des Sanierungsverlaufs die Verhältnismäßigkeit der Mittel kontinuierlich auf den Prüfstand zu stellen. Hierbei werden zwischen Ordnungsbehörde und BvS folgende Problemstellungen diskutiert: a) Ab wann deutet der asymptotische Verlauf einer Sanierungsmaßnahme darauf hin, dass die Sanierungsziele nicht erreicht werden können? b) Sind bei dem erreichten Konzentrationsniveau ergänzende Sanierungsmaßnahmen technisch möglich, erforderlich und wenn ja, c) in welchem Umfang sind diese geeignet und angemessen? 17

18 Die Frage a) kann nur im subjektiven Ermessen beantwortet werden. In Abbildung 1 sind dazu die für das ÖGP Berlin typischen drei Varianten der hydraulischen Sanierung (Zimmermann, Altlastensymposium 2008) ausgewiesen: Schadstoffkonzentration [µg/l] A B C Sanierungsdauer [a] Sanierungszielwert Sanierungsverläufe I II III A, B, C Zeitachsen Abbildung 1: Schematische Darstellung der typischen Sanierungsverläufe im ÖGP Berlin mit Vorschlägen zur zeitlichen Sanierungsbegrenzung Ausgehend von den in 2008 ermittelten drei typischen Sanierungsverläufen im ÖGP Berlin ist offensichtlich, dass bei dem Verlauf I spätestens mit dem Erreichen der Zeitachse B deutlich wird, dass die Zielwerte technisch nicht in überschaubaren Zeiträumen erreichbar sind. Gleiches gilt für den Verlauf II, während der Verlauf III auch nach Überschreiten der Zeitachse B eine eine absehbare Annäherung an das Sanierungsziel erkennen lässt. Wurde zum Beginn der Bearbeitung des ÖGP Berlin die Diskussion zur Fortführung oder Einstellung einer Sanierungsmaßnahme im Wesentlichen über die erreichten oder erreichbaren Schadstoffkonzentrationen geführt, hat die Projektgruppe in den letzen Jahren den Fokus auf weitere Kriterien des Sanierungserfolges gelegt. Diese nutzenbezogenen Kriterien umfassen im Wesentlichen: - Rückläufige Einschränkungen für die Bewirtschaftung des geschädigten Grundwasserleiters (primäres Schutzziel: Wasserwerke und damit Wirkungspfad Grundwasser-Mensch), - Nachweis reduzierten Ausdehnung des Grundwasserschadens in der Fläche, - Verringerung der Schadstofffracht, - Minderung der wasserverfügbaren gelösten Schadstoffmenge, - Geringeres Risiko einer öffentlich-rechtlichen und/oder zivilrechtlichen Haftung für Ansprüche Dritter aufgrund mobilisierbarer abströmender Schadstoffe von belasteten Grundstücken, - Maßgebliche Schadensreduzierung im Vergleich des abgeschätzten Schadstoffpotentials mit der ausgetragenen Schadstoffmenge. 18

19 Obgleich auch diese Kriterien der subjektiven Beurteilung unterliegen, sind sie geeignet, den Nutzen einer Sanierungsmaßnahme besser und umfassender zu beschreiben, als dies allein mit Sanierungszielwerten möglich ist. Dazu könnte mit den o. g. Kriterien hilfsweise, z. B. über ein Punktesystem, ein Nutzenfaktor ermittelt werden. Dieses Anliegen wird auch in der Fachliteratur diskutiert (vgl. hierzu: Döberl, Ortmann, Frühwirth: "Ein neues Verfahren zur umweltökonomischen Bewertung von Sanierungsmaßnahmen in Österreich", altlastenspektrum 4/2012). Dabei handelt es sich um eine Kosten-Wirksamkeitsprognose, die in einer Matrixform die Wirksamkeit einer Maßnahme als gewichtetes Zahlenmodell betrachtet, wobei allerdings u.a. auch nur abgeschätzte Ausgangs- und Prognosedaten eingehen. Ungeachtet dessen sollte aus Sicht des Autors die Anpassung dieser Verfahrensweise auf die Berliner Bedingungen diskutiert werden. Um die Diskussion einer hydraulischen Sanierungsmaßnahme nicht in "unendlichen" Zeiträumen zu führen, wird vorgeschlagen, diese Maßnahmen in einen zeitlichen Begrenzungsrahmen zu stellen. In Anlehnung an die bisherige Sanierungspraxis könnten deshalb aus Sicht der BvS Anordnungen zu hydraulischen Grundwassersanierungsmaßnahmen neben den Sanierungszielwerten primär auf eine zeitliche Maßnahmenbegrenzung (im Folgenden: Zeitachsen) orientiert werden. Sanierungsverlauf Zeitachse A Zeitachse B Zeitachse C Sanierungsverlauf I Überprüfung der Verlaufursache; Einstellung in Abhängigkeit Einstellung der Maßnahme unabhängig vom erreichten Nutzenfaktor; - des Nutzen- faktors Prüfung von Alternativen, (Quellsanierung, Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen) Sanierungsverlauf II Überprüfung der Verlaufursache, Überprüfung der Verlaufursache, Einstellung der Maßnahme Einstellung in Abhängigkeit des Nutzenfaktors Einstellung in Abhängigkeit des Nutzenfaktors Sanierungsverlauf III Einstellung in Abhängigkeit des Einstellung der Maßnahme - Nutzenfaktors Tabelle 2: Bewertung der Sanierungsverläufe in Abhängigkeit der Zeitachsen gemäß Abbildung 1 Je nach Schadensfall (vgl. dazu auch Tabelle 5) sowie den dazu vorliegenden Erkundungs-bzw. Planungsdaten wird dafür ein Zeitraum vorgeschlagen, der im Regelfall 5 Jahre nicht überschreitet. In dieser Zeit sind anhand halbjähriger oder kürzerer Monitoringfristen die Sanierungserfolge kontinuierlich nach den o. g. nutzenbezogenen Kriterien bzw. einem jeweils schadensfallspezifischen Kriterienkatalog zu überprüfen. Die Zuordnung zu den Zeitachsen A, B und C der Abbildung 1 könnte wie in der Tabelle 2 dargestellt erfolgen. Je nachdem, welche zeitliche Begrenzung zu Beginn der Sanierung festgelegt wird, sind die o. g. Nutzenkriterien zu prüfen und mit der Situation vor der Sanierung zu vergleichen. Der daraus abzuleitende Nutzenfaktor sollte neben dem bis dahin erreichten Schadstoffkonzentrationsniveau in die Bewertung der Verhältnismäßigkeit zur Weiterführung der Maßnahme eingehen. Auch wenn über die Öffnungsklausel in der Sanierungsanordnung die Möglichkeit besteht, eine Maßnahmenanpassung vorzunehmen, erweist sich diese Klausel in der Praxis als dehnbar und ermöglicht den Betei- 19

20 ligten einen gewissen "Spielraum" bei der Beurteilung des jeweiligen erreichten Sanierungserfolges. So wird in der Mehrzahl der Fälle eine einvernehmliche Entscheidung zum Abbruch von hydraulischen Sanierungsmaßnahmen erst getroffen, wenn über einen längeren Zeitraum ersichtlich ist, dass der Rückgang der gelösten Schadstoffkonzentrationen stagniert. Folgende Gründe spielen hierbei eine zentrale Rolle: a) Die ingenieurtechnische Sanierungsbegleitung (deren Handeln aus nachvollziehbaren Gründen nicht immer vollkommen frei von wirtschaftlichen Eigeninteressen ist), passt die Planung und Erfolgsprognose permanent dem aktuellen Sanierungsverlauf an und weist in diesem Rahmen meist neue und überschaubare Zeiträume aus, in denen die avisierten Sanierungsziele doch noch zu erreichen wären. b) Die ingenieurtechnische Sanierungsbegleitung ermittelt aufgrund der jeweils aktuellen Daten prognostische Schadstoffaustragsraten, die je nach Einschätzung der Entscheidungsträger eine Weiterführung der hydraulischen Sanierung rechtfertigen, weil damit eine Schadensminderung einhergeht. Soweit diese mit dem abgeschätzten Schadenspotential verglichen wird, ist die Vorgehensweise zielführend. Die damit angestrebte Quantifizierung der erreichten Schadensminderung wird nur von den Unsicherheiten der abgeschätzten Schadensmenge relativiert. Dies unterstreichen alle diejenigen Fälle, bei denen das entfernte Schadstoffinventar über der prognostizierten Schadstoffmenge lag. c) Die hydraulische Sanierung ist gemessen an anderen Sanierungstechniken relativ preiswert, d. h. bei einer halb- oder einjährigen Verlängerung einer Maßnahme mit kleinen bis mittleren Dimensionierungen entstehen in der Regel Zusatzkosten im Bereich < 150 T /a. Dies begünstigt Entscheidungen für die Fortführung einer Maßnahme, auch bei verminderter Effizienz. Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass lediglich eine kritische permanente Überprüfung von hydraulischen Grundwassersanierungsmaßnahmen dazu beitragen kann, das Aufwand-Nutzen-Verhältnis aktuell zu bewerten und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme fortlaufend auf den Prüfstand zu stellen. Hier wäre der limitierende Zeitfaktor in der Anordnung ein "Druckmittel", um die Bewertung des jeweilig erreichten Sanierungsstandes intensiver vorzunehmen und unter Einbeziehung eines spezifischen Nutzenfaktors Entscheidungen zur Begrenzung hydraulischer Grundwassersanierungsmaßnahmen in hinreichend absehbaren Zeiträumen zu treffen. Fallbeispiel Im Rahmen des nachstehenden Fallbeispiels wird kurz skizziert, dass bei der konsequenten zeitlich definierten Nutzenbetrachtung einer hydraulischen Sanierung Eintragsherde bzw. Quellbereiche im Verlauf der betreffenden Sanierungsmaßnahme bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätten erkannt werden müssen. Nach weitgehender Abreinigung der LHKW-Schadstofffahne von den Eintragsquellen im Spreeknie bis zum Wasserwerk ergab das langjährige Monitoring im Abstrom der Eintragsflächen eine verbleibende FCKW- Belastung, die nicht äquivalent mit der LCKW-Belastung abnahm. Auf dem einzig bis dahin bekannten Grundstück mit einem FCKW-Eintrag wurde bereits seit über 10 Jahren zuerst die Bodenluft und dann das Grundwasser saniert, die Konzentrationen im Grundwasser stagnierten jedoch auf einem Niveau um die mehrere Tausend µg/l FCKW. Im Transferpfad zum Wasserwerk wurde diese Schadstoffkonzentration als zu hoch eingeschätzt, um die Sanierung beenden zu können. Umfangreiche Nacherkundungen ergaben keine Hinweise auf einen Hot Spot im gesättigten Bodenbereich. 20

21 Die Erkundung wurde deshalb im Anstrom fortgesetzt und auch ein bereits saniertes Grundstück in ein nochmaliges engmaschiges Untersuchungsprogramm aufgenommen. Ziel war es, lokale Schadensherde von FCKW-Belastungen zu identifizieren. Dies gelang nach einem rund zweijährigen Programm, welches aus mehreren Erkundungsschritten bestand, die jeweils aufeinander aufbauten. Im Ergebnis wurde ein lokaler Schadensherd von geringen Ausmaßen, aber einer enormen Schadstoffmenge unmittelbar über dem Grundwasserstauer erkannt. Nachdem dieser Hot Spot in seiner kleinräumigen Verteilung eine sehr aufwändige Aus-grenzung erfuhr, wurden die Grundwassermessstellen mit fliegenden Leitungen an die auf dem Abstromgrundstück befindliche Grundwasserreinigungsanlage angeschlossen. Auf das Abteufen eines Sanierungsbrunnens wurde aus der Erfahrung früherer Fälle bewußt verzichtet. Vor dem Hintergrund, dass Neubohrungen lokale Materialverdichtungen hervorrufen können, die ihrerseits die Verfügbarkeit von Schadstoffen aus begrenzten Hot Spots beeinträchtigen können, erfolgt die Grundwasserabreinigung lediglich mittels zweier 2"-Messstellen. Bei einer Wasserfördermenge von 2 m³/h konnte so innerhalb von rd. zwei Jahren eine Schadstoffmenge von derzeit insgesamt kg FCKW, hauptsächlich in Form von Schwerphase (DNAPL), gehoben und beseitigt werden. Dabei zeigt sich das inzwischen pragmatisch orientierte Vorgehen der Projektgruppe, im Verlauf einer Schadenserkundung allein mithilfe von Erkundungsmessstellen Sanierungen zu erweitern bzw. an anderen Stellen neu zu konfigurieren, ohne dass hierzu umfangreiche Sanierungsplanungen vorgenommen wurden oder eine neue bzw. modifizierte Sanierungsanordnung erlassen wurde. Unabhängig davon bleibt festzustellen, dass aus heutiger Sicht die hydraulische Sanierung als alleinige Gefahrenabwehrmaßnahme mit dem erreichten relativ hohen Schadstoff-Konzentrationsniveau zu lange Akzeptanz fand und die aktive Ursachenforschung früher hätte beginnen müssen. 3. Schlussfolgerungen zu nutzenorientierten Maßnahmezielen bei der Grundwassersanierung Rückblickend lassen sich nach rd. 20jähriger Bearbeitung des ÖGP Berlin und vielen beendeten Grundwassersanierungsmaßnahmen die folgenden grundsätzlichen nutzenorientierten Ergebnisse festhalten: a) Aufgrund der vorhandenen Flächennutzung können auf Altlastengrundstücken erhebliche Limitierungen für die Schadenserkundung und die Sanierung bestehen. Hier ist es nur in Verbindung mit Investitionsentscheidungen zur Restrukturierung der Fläche unter Einschluß dertiefenenttrümmerung möglich, Eintragsquellen für den Expositionspfad Boden - Grundwasser hinreichend zu identifizieren und Gefahrenabwehrmaßnahmen mit verhältnismäßigem Aufwand umzusetzen. b) Die anspruchsvollen Sanierungszielwerte konnten zwar weder auf den Grundstücken noch in Transferbereichen bisher umfassend erreicht werden, dennoch ist die Mehrzahl der Grundwassersanierungsmaßnahmen bereits beendet worden. c) Gleichwohl hat man eine wesentliche Verbesserung der flächigen Grundwasserqualität im Bereich des ÖGP Berlin erreicht. Lagen zum Beginn der Bearbeitung des ÖGP Berlin beispielsweise die Summenkonzentrationen von LHKW und BTEX-Werten vielerorts über dem Tausendfachen der behördlichen Sanierungszielwerte, so konnten sie aktuell weitgehend auf eine Überschreitung bis zum Hundertfachen (Einzelfälle im VA-Bereich) reduziert und in ihrer Verbreitung maßgeblich limitiert werden. Vor dem Hintergrund der Ursprungsbelastung kann dies als Erfolg und erheblicher Nutzen verbucht werden. 21

22 d) Problematisch stellt sich die erreichte Situation im unmittelbaren Einzugsbereich der Trinkwasserfassung Wuhlheide dar, wo es insbesondere für den Einzelparameter VC technisch unmöglich erscheint, die Sanierungszielwerte der Berliner Liste und damit die GFS-Werte zu erreichen. 3.1 Altlastenbezogene Nutzung von Synergien der Flächenentwicklung Im Unterschied zum Beginn der Altlastenbearbeitung im ÖGP Berlin wurde in den letzten Jahren in viele der ehemals belasteten Industrieflächen investiert, so dass die Mehrzahl dieser Grundstücke neu bebaut bzw. unter Nutzung vorhandener Bausubstanz einem neuen Zweck zugeführt wurden. Einige Standorte werden für die Produktion oder als Firmenrepräsentanzen fortgeführt. Diese Entwicklung wäre nicht möglich gewesen, wenn man beispielsweise nur eine Sicherung der Wasserwerke ohne die flächenbezogene Quellsanierung verfolgt hätte. Eine solche Strategie wurde zu Beginn der 90er Jahre von der damaligen THA erwogen, später allerdings korrigiert. Somit ist es gelungen, die ursprünglich weitflächig vorhandenen Schadstoffbelastungen in diesem Teil von Berlin maßgeblich zu reduzieren. Damit erreichte man neben dem Zweck der Gefahrenabwehr auch die Beseitigung von Investitionshemmnissen. Nicht zuletzt der Tatsache einer 90%igen Kostentragung der Gefahrenabwehrmaßnahmen durch BvS und Land Berlin ist es zu danken, dass sich zahlreiche Investoren entschlossen haben, nach Einstellung der früheren Industrieproduktion Entwicklungsmaßnahmen auf den Altastengrundstücken umzusetzen. Diese wurden verstärkt in den letzten 5 Jahren in Angriff genommen. Solange keine Entwicklung erfolgte, hat die Projektgruppe bei bebauten grundwasserbelasteten Flächen ohne deutliche Belege von Schadstoffeintragsquellen auf dem Expositionspfad Boden-Wasser im Wesentlichen nur ein lokales Grundwassermonitoring umgesetzt. Die Zielsetzung bestand darin, die Verteilung der Schadstoffe im Grundwasser auf dem Grundstück zu beobachten und erst beim Abströmen von erheblichen Schadstoffmengen einzugreifen. Soweit Schadstoffeintragsquellen erkundet wurden, diese aber aufgrund der oberirdischen Anlagen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand beseitigt werden konnten, wurde die Quellsanierung bis zur Grund stücksentwicklung zurückgestellt. Da die Mehrzahl der Industriegrundstücke weitflächige Versiegelungen und Bebauungen aufweist, ist der Expositionspfad Boden-Mensch unterbrochen. Sobald Entwicklungsabsichten zu den einzelnen Altlastengrundstücken bestanden, hat sich die Projektgruppe mit den Investoren abgestimmt, um Synergien für die Umsetzung laufender bzw. zurückgestellter Gefahrenabwehrmaßnahmen mit folgenden Varianten auszuloten: - Das Unternehmen führt auf eigene Kosten eine vollständige Beräumung des Grundstücks von oberirdischen und unterirdischen Anlagen einschließlich der Tiefenentrümmerung von Fundamenten durch. Danach ist die unbebaute Geländeoberfläche freigelegt und es bestehen wesentlich bessere Voraussetzungen für die abschließende Schadenserkundung und Quellensanierung. - Entstehen bei Bodenaushub im Zuge der Tiefenenttrümmerung Mehrkosten für die Entsorgung von Abfall > Z2, werden diese im Rahmen der Freistellung refinanziert, soweit die Überschreitung der Z2- Zuordnung u. a. durch sanierungsrelevante Parameter bedingt ist. Sanierungsrelevant bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Boden und/oder Grundwasser für diese Parameter Belastungen aufweisen, die als gefahrenrelevant gelten. 22

23 Mit dieser Verfahrensweise erhält der Investor die Sicherheit, dass auf seinem Grundstück alle Schadstoffherde erkannt und - soweit gefahrenrelevant - beseitigt werden. Zusätzlich kann er finanzielle Vorteile im Rahmen der Mehrkostenklausel zur Entsorgung erwarten, sofern große sanierungsrelevante Schadstoffmengen im Rahmen seiner Baufeldvorbereitung anfallen. BvS und Land Berlin dagegen können umfangreiche hindernisfreie Untersuchungen in unversiegelten Bereichen und/oder Bodensanierungen umsetzen, ohne die Kosten zum Rückbau von Gebäuden oder Fundamenten zu tragen. Dies birgt den Vorteil, dass die Schadstoffverteilung für eine effektive Sanierung umfassend und kostensicher ermittelt werden kann. Insoweit führt auf Altlastengrundstücken die Kopplung von Sanierungs- und insbesondere Quellensanierungen an Erschließungsmaßnahmen für alle Beteilgte zu einem hohen Nutzen. 3.2 Schutzgutdifferenzierte Umsetzung von Grundwassersanierungen Vergleicht man bei den bereits abgeschlossenen und laufenden Grundwassersanierungsmaßnahmen die erreichten Konzentrationen und schließt dabei auch die dem Verwaltungsabkommen unterliegenden Grundstücke ein, wird deutlich, dass die ordnungsbehördlich angestrebten GFS-Sanierungszielwerte nur im unmittelbaren Einzugsbereich eines prioritären Schutzgutes - hier die Trinkwassergewinnung in den Wasserwerken Wuhlheide und Johannisthal - uneingeschränkt erreicht werden sollen. Lage der Altlast zum Wasserwerk (WW) WW Wuhlheide (Einzugsbereich) Transfer 3 zum WW Wuhlheide Hochfläche, außerhalb WW-Bewirtschaftung Kritischer Parameter Sanierungszielwert (µg/l) Erreichte Konzentration in µg/l VC 0,5 0,5-10,4 LHKW Voraussichtlicher Sanierungsendwert µg/l Derzeitige spezifische Kosten in /kg noch nicht bestimmt noch nicht bestimmt ca LCKW 20 ca ca ca. 450 Tabelle 3: Beispiele zu unterschiedlichen Sanierungsendwerten in Abhängigkeit der Schutzgutbetrachtung (Grundwassernutzung) im Bereich ÖGP Berlin und Standorten des VA-Altlasten Die o. g. Beispiele stehen stellvertretend für die differenzierte Beurteilung der Verhältnismaßigkeit einer Grundwassersanierungsmaßnahme, in dem die Schutzgutbetrachtung eine zentrale Bedeutung erfährt. So wird im Bereich der Objekte des Verwaltungsabkommens unterschieden, ob die Grundwasserbelastung im Umfeld oder Transferpfad zu einer Trinkwassergewinnung besteht, oder einen unbewirtschafteten Teil des Grundwasserleiters im Urstromtal bzw. auf der Hochfläche betrifft. Auch für belastetes Grundwasser in Stauerhorizonten, die teilweise kaum Sanierungstechniken zugänglich sind, müssen Restbelastungen weit über den Schadenswerten toleriert werden. Insoweit bleibt festzustellen, dass für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Sanierungsmaßnahmen das Schutzgut Grundwasser differenziert im Hinblick auf das Schutzgut Mensch (Trinkwasserförderung) betrachtet werden muss. Hierzu hat die BvS schon in den frühen neunziger Jahren die Position vertreten, dass für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Grundwassersanierungsmaßnahmen die Bewirtschaftungssituation eines Grund- 23

24 wasserleiters relevant ist. Dies umso mehr, da es sich im Berliner Raum um eine innerstädtische Gemengelage von Altstandorten im unmittelbaren Umfeld eines Wasserwerkes handelt, welchem als Schutz-gut im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung oberste Priorität beigemessen wird. Ungeachtet der praktischen Umsetzung verfolgt die Behörde bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Grundwassersanierung in ihren ordnungsbehördlichen Verfügungen zwei Grundsätze: a) Grundwasser ist im Gegensatz zum Boden ein nutzungsunabhängiges Schutzgut: Bei Belastungen über den Schadenswerten der Berliner Liste sind Maßnahmen zu prüfen und ggf. zu ergreifen, um sicherzustellen, dass unbelastete Grundwasservorkommen geschützt werden. b) Für alle Grundwasserbelastungen gelten gemäß der behördlichen Vorgaben die anspruchsvollen Sanierungszielwerte der Berliner Liste, unabhängig von der Bewirtschaftungssituation. Die Behörde nutzt zwar den ihr zustehenden Ermessensspielraum und toleriert im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung außerhalb von Trinkwassereinzugsgebieten auch reduzierte Sanierungsstandards im Grundwasser, die dazu bestehende Verwaltungsvorschrift bietet aber keine Orientierung. Anders dagegen ergänzt die Berliner Liste für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser mit differenzierten Beurteilungswerten für Bodenbelastungen die Vorgaben der BBodSchV 4, Abs. 2 und 3 sowie die Prüfwerte gemäß Anhang 2, Nr. 3 entsprechend den in der Tabelle 5 enthaltenen Kategorien: Wasserschutzzone II und III/III A sowie gesättigte Bodenzone Wasserschutzzone III B oder Flurabstand < 5 m (ungesättigte Bodenzone) Flurabstand > 5 m (ungesättigte Bodenzone) Tabelle 4: Beurteilung des Wirkungspfades Boden - Grundwasser nach Lage des Schadens im Boden Damit zielt die Behörde bei Bodenverunreinigungen von vornherein darauf ab, sowohl die unterschiedliche Lage der Belastung in Bezug auf das Schutzgut Grundwasser als auch zum Schutzgut Mensch (Trinkwasserförderung) zu wichten. Indem die Beurteilung einer Bodenbelastung als Eintragsquelle in das Grundwasser u. a. auch danach erfolgt, ob sich diese in der gesättigten Zone bzw. einer Wasserschutzzone befindet, sieht die Verwaltungsvorschrift eine differenzierte Beurteilung von Bodenbelastungen vor. Somit besteht für das Kompartiment Boden eine Konkretisierung der pflichtgemäßen behördlichen Ermessensausübung, unabhängig von der in der Verwaltungsregelung enthaltenen "Kann-Bestimmung". Eine ähnliche Konkretisierung der behördlichen Ermessensausübung könnte auch für die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Grundwassersanierungsmaßnahmen hilfreich sein. Es wird angeregt, hierzu die langjährigen Erkenntnisse und umfangreichen Daten aus dem ÖGP Berlin und anderen VA-Grundstücken zu nutzen. Aus Sicht der BvS könnte ein Ansatzpunkt darin bestehen, das Schutzgut Grundwasser gemäß seiner hydrogeologischen Randbedingungen und der Lage zur Trinkwassergewinnung analog dem Boden zu klassifizieren. Damit erhielte die bereits praktizierte differenzierte Bewertung eines Grundwasserschadens in Bezug auf das Schutzgut Mensch konkretere und verbindlichere Grundlagen. Natürlich ersetzt eine solche Klassifikation keinen gutachterlichen und behördlichen Sachverstand und birgt dann Probleme, wenn sie schematisch angewandt wird und der Einzelfallprüfung zu wenig Raum gibt. Unabhängig davon würde aber mit einer solchen Einteilung der Schutzbedürftigkeit des Grundwassers im 24

25 Berliner Raum dahingehend Rechnung getragen, dass für die Beteiligten bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein Instrument verfügbar ist, welches mit der Zuordnung zu Schadensklassen das Schutzgut Grundwasser im Hinblick auf das Schutzgut Mensch objektiviert. Damit würde die Diskussion zur Verhältnismäßigkeit von Grundwassersanierungsmaßnahmen "Leitplanken" erhalten, die zur Versachlichung der vor dem Hintergrund des bestehenden großen Ermessensspielraums zuweilen polemisch geführten Auseinandersetzungen beitragen können. Die dazu in der Tabelle 5 vorgeschlagenen Schadensklassen und die sich dafür bei definierten Schadstoffbelastungen ergebenden Maßnahmenalternativen sind als Anregung zu verstehen, hierzu in Zukunft die Diskussion zu führen. Im Ergebnis könnte beispielsweise eine Matrix entstehen, welche die in der Tabelle 2 enthaltenen Vorschläge zu den Zeitachsen mit den Schadensklassen gemäß Tabelle 5 verbindet. Vorstellbar wäre eine Kombination von Schadensklassen und Sanierungszeitachsen, wie sie in der Tabelle 5 bereits angedeutet sind, so dass nach Vorlage und Beurteilung der Erkundungsergebnisse sowie der Daten für eine Sanierungsplanung die Beteiligten anhand der Klassifizierungskriterien und prognostischen Zeitachsen eine höhere Planungssicherheit über den Umfang und die Kosten der betreffenden hydraulischen Grundwassersanierungsmaßnahme erhalten. Aus fachtechnischer Sicht werden hierzu folgende Schadensklassen vorgeschlagen: Schadensklasse 1 Schadensklasse 2 Schadensklasse 3 Schadensklasse 4 Schadensklasse 5 Belastung des GWL > GFS* > GFS* > SSW** > SSW** > SSW** Lage der Schadstoffbelastung nicht nutzbare Grundwasservorkommen Maßnahmenalternativen Bewirtschafteter GWL im unmittelbaren hydraulischen Einzugsbereich der TW-Fassung Abreinigung auf GFS- Werte; oder Dauerhafte Sicherung der TW- Fassung; oder Einschränkung der TW-Förderung; Sanierungsdauer gemäß Zeitachse C Bewirtschafteter GWL im Transferbereich zur Trinkwasserfassung Reduzierung der Schadstoffkonzentration auf ein Niveau, dass im unmittelbaren TW-Fassungsbereich die GFS-Werte eingehalten werden; dazu Prüfung durch Monitoring in Kombination mit Schadstofftransportmodell; oder lanfristige Sicherung der TW-Fassung; oder Einsschränkung der TW-Förderung; Sanierungsdauer gemäß Zeitachsen B oder C Bewirtschafteter GWL außerhalb der Einzugsbereiche von TW-Fassungen Verhältnismäßige Reduzierung des Schadstoffinventars und/oder Sicherung unbelasteter Teile des GWL vor abströmenden Schadstoffen > SSW und/oder Mittelfristiges Monitoring/Schadensbeobachtung; Sanierungsdauer gemäß Zeitachsen B oder C nicht bewirtschafteter GWL Feststellung der Schadensverbreitung undbewegung mittels Monitoring/Schadensbeobachtung; oder versuchsweise verhältnismäßige Reduzierung des Schadstofinventars; keine Sicherung unbelasteter Teile des GWL vor abströmenden Schadstoffen >SSW, soweit die Ausbreitung keine bewirtschafteten GWL-Bereiche erreichen kann; Sanierungsdauer gemäß Zeitachsen A oder B; Tabelle 5: Diskussionsgrundlage für die Verwendung von Schadensklassen bei der Grundwassersanierung Feststellung der Schadensverbreitung undbewegung mittels Monitoring/ Schadensbeobachtung keine Sicherung unbelasteter Teile des GWL vor abströmenden Schadstoffen > SSW, soweit die Ausbreitung keine bewirtschafteten GWL-Bereiche erreichen kann; bei Ausbreitung in bewirtschaftete Bereiche verhältnismäßige Reduzierung des Schadstoffinventars Sanierungsdauer gemäß Zeitachse A *GFS - Geringfügigkeitsschwellenwert = Sanierungszielwert Berliner Liste 2005; **SSW - Schadenswert Berliner Liste

26 5. Zusammenfassung Nach 20 jähriger Bearbeitung des ÖGP Berlin und anderer Fälle im Bereich des VA-Altlasten wird deutlich, dass insbesondere modelltechnische Prognosen zum notwendigen Wasseraustausch und damit der Zeitdauer von hydraulischen Grundwassersanierungsmaßnahmen kaum belastbar sind. Da die Randparameter der Sanierungsplanung als Kenngrößen in die verwaltungsrechtlichen Vorgaben eingehen, um dieser die geforderte erforderliche Bestimmtheit zu verleihen, besteht bereits zu Beginn der Sanierungsmaßnahme ein hohes Risikopotential im Hinblick auf die Kostenplanung und Maßnahmendauer. Diese Planungsunsicherheit kann Investitionen auf dem Grundstück erschweren. Insoweit wird vorgeschlagen, hydraulische Sanierungsmaßnahmen auf der Grundlage der Planungsdaten nur für einen begrenzten Zeitraum anzuordnen und die Sanierungsbegleitung dahingehend zu intensivieren, dass für die ermittelten drei charakteristischen Sanierungsverläufe in einem absehbaren Zeitrahmen über begründete Maßnahmenalternativen oder die Beendigung der Sanierung entschieden werden kann. Anhand von nutzenbezogenen Faktoren ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung zur weiteren Verfahrensweise kontinierlich vorzunehmen. Die auf diese Weise ermittelte Wirkung einer Grundwassersanierungsmaßnahme soll unabhängig von den jeweils erreichten Schadstoffkonzentrationen dazu beitragen, Entscheidungen über ihre Weiterführung oder Beendigung zu objektivieren. Aufgrund der im Land Berlin im Rahmen des VA-Altlasten verfolgten Sanierungspraxis, schadstoffbelastete Grundwasserleiter hinsichtlich der zu erreichenden Sanierungszielwerte differenziert nach ihrer Lage zum Schutzgut Mensch (Trinkwasserförderung) zu bewerten, wird vorgeschlagen, Grundwasserschäden nach Schadensklassen einzuteilen. Diese Einteilung könnte es den Entscheidungsträgern im Bereich des VA- Altlasten im Land Berlin erleichtern, die Diskussion zur Verhältnismäßigkeit einer Grundwassersanierungsmaßnahme innerhalb von "Leitplanken" zu führen. Diese sind geeignet, den bestehenden weiten Ermessensspielraum begründet zu konkretisieren. In Verbindung mit der angeregten zeitlichen Sanierungsbegrenzung dient die Klassifizierung der Grundwasserschäden als Instrument, um für laufende und künftige Sanierungsmaßnahmen eine höhere Plankostensicherheit zu gewähren. 26

27 Chancen und Grenzen von Quellensanierungen an Beispielen im Ökologischen Großprojekt Berlin (ÖGP Berlin) Dipl.-Geogr. Frank Rauch, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt 1. Einleitung Die Sanierung von Boden- und Grundwasserschäden erfolgte zu Beginn der Umsetzung von Gefahrenabwehrmaßnahmen im ÖGP Berlin ab dem Jahr 1995 überwiegend durch Pump-and-Treat-Maßnahmen (P&T). Untergeordnet wurden Bodenluftsanierungen zur Unterstützung der Dekontamination von flüchtigen Schadstoffen (LHKW, BTEX) in der ungesättigten Bodenzone eingesetzt. Eine umfassende Auswertung und Bewertung der Nachhaltigkeit dieser Sanierungsstrategie im 20-jährigen Sanierungszeitraum des ÖGP hat gezeigt, dass sich diese Maßnahmen im Besonderen als Sicherungskomponente auf die Grundstücke, die abströmenden Fahnen und zur Sicherung der Fördergalerien der Wasserwerke Wuhlheide und Johannisthal positiv ausgewirkt haben. Auch nach langer Sanierungsdauer, u.a. vielmaligen (> 100 maliger) Wasseraustausch konnte jedoch bei einer Vielzahl von Projekten für den Schadenseintragsbereich keine nachhaltige Sanierung erreicht werden. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen und unter kontinuierlicher Beobachtung und Bewertung aller den Sanierungsfortschritt dokumentierenden Monitoringdaten (z.b. Fortschritts- und Erfolgskontrollen durch eine kontinuierliche Grundwasseranalytik in den Sanierungsbrunnen und den relevanten Messstellen, gezielte Bodenlineruntersuchungen, Bodenluftmessungen) werden seit mehr als einem Jahrzehnt Verfahrensstrategien im Schadensherd und in dessen Abstrom aus einer Kombination aus physikalischer Sanierung (z.b. durch einen Bodenaustausch) und in-situ-verfahren angewandt. Hydrogeologische und spezifische Schadstoffverteilungsverhältnisse setzen den in-situ-verfahren in der Quelle technische Einsatzgrenzen und lassen diese Sanierungsvariante bevorzugt für die Behandlung gelöster Schadstoffe in der Fahne zur Anwendung kommen. Wesentliche Ziele des Einsatzes der aktiven Quellensanierungsmaßnahmen sind eine umfassende Beseitigung der mobilisierbaren Schadstofffracht (ökologischer Faktor), eine deutliche Reduzierung der Gesamtsanierungslaufzeit und eine zügige Integration der Grundstücke in den Nutzungskreislauf mit entsprechenden Neuinvestitionen (wirtschaftlicher Faktor). 2. Schadstoffquelle und Schadstofffahnenentwicklung (theoretische Grundlagen) Im Positionspapier der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz, Ständiger Ausschuss Altlasten ALA zur Berücksichtigung der natürlichen Schadstoffminderung bei der Altlastenbearbeitung (2009) werden die Schadensquelle und die Schadstofffahne wie folgt definiert: Als Schadensquelle werden Bereiche mobiler und residualer Phase sowie in der Bodenmatrix der ungesättigten und gesättigten Zone festgelegten Schadstoffe bezeichnet. Als Schadstofffahne wird das Grundwasservolumen im Abstrom einer Schadstoffquelle verstanden, in dem die Stoffkonzentrationen über der jeweiligen Geringfügigkeitsschwelle liegen. 27

28 Abbildung 1: Graphik generalisierter Quellen- und Fahnenausbreitungsmechanismus (S 18 HLUG, Leitfaden) Abbildung 2: Leicht- und Schwerphasenproben aus Sanierungsprojekten im ÖGP Die anorganischen und organischen Schadstoffe können auf verschiedenen Wegen im komplexen System Boden/Bodenluft/Grundwasser eingetragen und transportiert werden. Dabei erfolgt der Schadstoffeintrag primär ins Grundwasser entweder über den Sickerwasserpfad (Durchströmung des Niederschlagswassers durch den Kontaminationskörper und Aufnahme der Schadstoffe) oder bei tieferliegenden Bodenschäden über den Direktkontakt des oberflächennahen Grundwassers mit der Kontaminationsquelle. Die Höhe der Mobilisierung der Schadstoffe ins Grundwasser ist dabei von den chemisch-physikalischen Stoffeigenschaften und der vertikalen Verteilung der Kontamination in der ungesättigten/gesättigten Bodenzone abhängig. Das direkte Einsickern von flüssigen Schadstoffphasen über den Boden in das Grundwasser ist ein weiterer wesentlicher Eintragsmechanismus. Die Ausbreitungsprozesse der Phasengemische im Grundwasser bzw. auf seiner Oberfläche sind wiederum von deren spezifischen Dichte im Vergleich zum Wasser abhängig. Phasenflüssigkeiten mit geringerer Dichte als Wasser, die nicht oder nur in geringem Maße mit dem Grundwasser mischbar sind (z.b. Mineralöle) breiten sich zumeist lateral auf dessen Oberfläche aus. Dabei wird besonders der Kapillarbereich und der untere Teil der Aerationszone, der unter Umständen mehrere Dezimeter bis Meter mächtig sein kann (u.a. hervorgerufen durch Grundwasserspiegelschwankungen im direkten Grundwasserzustrom von Wasserwerken oder Oberflächengewässern) stark kontaminiert. Diese Phasen werden als LNAPL (Light Non-Aqueous Phase Liquids) bezeichnet. Phasenflüssigkeiten mit höherer Dichte als Wasser (z.b. Leichtflüchtige Halogenkohlenwasserstoffe - LCKW, FCKW, Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe - PAK) können sich bis zur Sohle des Grundwasserleiters vertikal verlagern und auf dem Liegendstauer sogenannte Phasenpools bilden. Bezeichnet werden diese Phasen als DNAPL (Dense Non- Aqueous Phase Liquids). Im direkten Umfeld der Phasengemische werden zumeist maximale Löslichkeiten der Schadstoffe im Grundwasser gemessen. Höhere Temperaturen im Grundwasser sowie die Anwesenheit 28

29 von Lösungsvermittlern steigern zusätzlich noch die Löslichkeit der Stoffe und somit letztendlich die Schadstofffreisetzung aus der Schadensquelle. Das Ausbreitungsverhalten sowie die Mobilisierung von Schadstoffen aus der Bodenmatrix werden durch eine Vielzahl von Stoffeigenschaften, u.a. Sorption, Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, bestimmt. Wesentliche Faktoren wie ph-wert, Temperatur und Redoxpotential sind ebenfalls wichtige Faktoren zur Beeinflussung der Schadstofffreisetzung aus dem Bodenkompartiment. Prozesse die zur Beschreibung der Schadstoffausbreitung in der Fahne dienen, sind z.b. die Advektion, Dispersion, Sorption, Verdünnung und Verflüchtigung, Immobilisierung sowie mikrobieller und abiotischer Abbau. Dabei ist bei der Beschreibung und Bewertung der mikrobiologischen Abbauprozesse zu unterscheiden, ob eine vollständige Umwandlung der organischen Schadstoffe zu mineralisierten Endprodukten erfolgt ist, oder nur eine Transformation (Metabolitenbildung). Abbildung 3: Graphik der Schadstoffverteilung zwischen fester, flüssiger und gasförmiger Phase (S. 94 HLUG Leitfaden) sowie Beispiel einer Linerbohrung aus der gesättigte Bodenzone in einem Berliner Sanierungsprojekt 3. Schadstoffquellennachweis, deren Erkundungsstrategien und die erforderliche Sanierungs- notwendigkeit im ÖGP ein chronologischer Erkenntniszuwachs Die Lage des ÖGP Berlin im Berlin Warschauer Urstromtal, dessen spezifischer Aufbau, die ungespannten Druckverhältnisse des wasserwirtschaftlich genutzten Hauptgrundwasserleiters (HGWL), der geringe Flurabstand zur Grundwasseroberfläche (durchschnittlich 2 bis 3 m ) sowie die großräumige Grundwasserförderung, z.b. über die Brunnen der beiden Wasserwerke Wuhlheide und Johannisthal bilden ideale Voraussetzungen zur Schadstoffquellenbildung und zum Schadstofftransport. Auch das Fehlen einer oberflächennah verbreiteten schützende Deckschicht aus bindigen eiszeitlichen Sedimenten (Lehm, Mergel), beschleunigt die Schadstoffverlagerung in der ungesättigten und gesättigten Bodenzone. Die Talbildungen im Berliner Gebiet weisen oft rhythmische Abfolgen auf, in denen sandige und kiesige Sedimente aufeinanderfolgen. Diese quartären Sedimente können einen bis zu 50 m mächtigen ungespannten Grundwasserleiter bilden, der gebietsweise durch bis zu 20 m starke saalekaltzeitliche Grundmoränen (Geschiebemergel) in zwei Stockwerke gegliedert wird. In einer Tiefe von 35 bis 40 m wird der HGWL durch das Holstein-Interglazial begrenzt, dessen Tiefenlage starken Schwankungen unterliegt. Die hydraulischen Leitfähigkeiten haben im Kapillarbereich sowie im obersten Teil des HGWL mittlere Werten um 1 x 10-4 m/s und sind in der Regel geringer als in größeren Tiefenlagen. Die Grundwasserentnahmen im unterirdischen Einzugsgebiet der beiden Wasserwerke des ÖGP haben mit den sich bildenden großflächigen Absenktrichtern, die lokal durch 29

30 weitere Entnahmen (z.b. Betriebsbrunnen, Entnahmen durch Grundwasserreinigungsanlagen, Bauwasserhaltungen) unterstützt werden können, einen erheblichen Einfluss auf das Grundwasserfließgeschehen und auf den Stoffausbreitungsmechanismus. Abbildung 4: Kontaminationssituation und hydraulische Gefahrenabwehrmaßnahmen im Einzugsgebiet der Wasserwerke Wuhlheide und Johannisthal Eine Vielzahl der Mitte der 1990er Jahre begonnenen aktiven hydraulischen Sanierungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen im ÖGP müssen im Sinne einer nachhaltigen Sanierung mittels Pump and Treat (P&T) als alleinige Sanierungsvariante bei der Quellensanierung als nicht erfolgreich eingestuft werden. Diese Aussage gilt vor allem für die von leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (primär: LCKW) und die monoaromatischen Kohlenwasserstoffe verursachten Schäden. Aus Abbildung 4 wird deutlich, welche Bedeutung die LCKW Verbindungen im ÖGP besitzen. Besonders das Wasserwerk Johannisthal mit seinen ausgeprägten LCKW-Anstromfahnen ist ein Beispiel für die hohe Mobilität dieser Stoffe. Die LHKW-Verbindungen (LCKW, FCKW) besitzen aufgrund ihrer hohen Dichte, ihrer niedrigen Oberflächenspannung und ihrer niedrigen kinematischen Viskosität ein hohes, vertikal gerichtetes Ausbreitungspotential als Schwerphase. Dieses führt dazu, dass die LHKW bei entsprechenden Eintragsmengen tief in den Grundwasserleiter eindringen können. Die in der Regel einige Dezimeter bis Meter in den Aquifer reichenden Phasenkörper weisen sehr große Oberflächen auf, welche dem anströmenden Grundwasser optimale Voraussetzungen für Lösungsprozesse ermöglicht. Da LHKW-Verbindungen durch eine starke Persistenz geprägt sind, können sich lange Fahnen ausbilden. Seit Jahren beschäftigen sich eine Vielzahl von Forschungseinrichtungen in Zusammenarbeit mit den Bodenschutzbehörden der Länder (LABO, ALA), dem Umweltbundesamt und den Landesumweltämtern mit der Beschreibung von Freisetzungs- und Transportprozessen aus dem Kapillarraum und dem Übergangsbereich zwischen ungesättigter und gesättigter Bodenzone und daraus ableitend mit den Möglichkeiten der Quellensanierung. Die Veröffentlichungen der KORA-Leitfäden zum Themenverbund 1 und 3 dokumentieren eindrucksvoll die Ergebnisse und Strategien einer nachhaltigen Sanierung. Aufgrund der geschilderten naturräumlichen Verhältnisse ist bei im Berliner Urstromtal gelegenen Projekten eine konkrete Darstellung und Nachweisführung der Schadensverhältnisse im Kapillarbereich erforderlich. Da die unterirdischen Einzugsgebiete der beiden Wasserwerksstandorte und der Grundwasserflurabstand stark durch den Betrieb der Förderbrunnen beeinflusst werden und die Förderung je nach Trinkwasserbedarf erheblichen jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen kann, ist besonders in den Eintragsbereichen je nach deren Lage zu den Fassungsanlagen ein z.t. mehrere Dezimeter bis Meter mächtiger Kapillar- 30

31 bereich nachweisbar. Besonders in den letzten 20 Jahren ist mit der Reduzierung des Wasserverbrauchs in Berlin um > 30% ein größerer Grundwasserspiegelanstieg im urbanen Raum verbunden, der ein zusätzliches Lösen von Schadstoffen aus dem historischen Kapillarbereich der Leicht- und Schwerphasenkörper nach sich zieht. Auch konnte durch den starken Grundwasserspiegelanstieg eine flächige Verteilung von residualer Leichtphase der MKW und BTEX Schäden in bisher dato unbelastete Bodenbereiche der Aerationszone beobachtet werden. Da die industrielle Entwicklung Berlins auch durch die Aufschüttung von teilweise mehrere Meter mächtigen Abfallresten aus Rückbaumaterialien zur Baugrundverbesserung und zur Schaffung einer vernässungsfreien Bodenzone gekennzeichnet ist, sind hier zusätzliche Auswaschungsprozesse nachweisbar oder perspektivisch zu erwarten. Das betrifft im ÖGP auch Standorte der chemischen und metallverarbeitenden Industrie. Werden noch im Boden befindliche Altanlagen zunehmend porös und undicht, bilden die darin befindlichen Restprodukte ein großes Nachschubpotential. Dabei ist für eine nachhaltige Sanierung der komplette Rückbau und die fachgerechte Entsorgung dieser Systeme und der darin befindlichen Stoffe von großer Bedeutung. Die Untersuchungsmethoden zur Lokalisierung und Abgrenzung von Schadstoffquellen sind eine wesentliche Grundlage für die Planung von aktiven Sanierungsmaßnahmen. Hierbei wurden in den letzten 20 Jahren im ÖGP verschiedene Methoden zur Untersuchung von Boden- und Grundwasserproben, der Bodenluft und der Phasenkörper vorgenommen. Die Bodenprobenahme erfolgt stets auf der Basis der technischen Regelwerke (z.b. DIN ISO 10381). Bevorzugte Verfahren in der gesättigten Bodenzone sind Bohrverfahren. In der ungesättigten Bodenzone kam es zum verstärkten Einsatz von Schürfen. Je nach Schadstoffverteilung, der chemisch-physikalischen Eigenschaften der Stoffgemische, der geplanten Erkundungstiefe werden spezielle Trockenbohrverfahren verwendet. Dabei spielen Kleinramm-, Rammkern- und Schlauchkernbohrungen eine wesentliche Rolle. Da sich die Schadstoffquellen zumeist weit in die gesättigte Bodenzone verlagert haben und um Ausgasungsverluste der flüchtigen Primärkontaminanten bei der Probenahme zu verhindern, hat sich in den letzten Jahren das Liner-Schlauchkernbohrverfahren (Umhüllung des Bohrkerns mit einer Kunststoffhülse oder einem Kunststoffschlauch) als geeignetes Erkundungsverfahren bewährt. Die im Liner gewonnenen ungestörten Bodenproben sind problemlos für Säulenversuche und die daraus resultierenden diversen Testverfahren verwendbar. Der Einsatz verschiedener Direkt-Push-Verfahren als multifunktionelle Untersuchungsmethoden im Boden, der Bodenluft und im Grundwasser unterstützen die Quelleneingrenzung. Sie werden insbesondere in der 1. Phase der Quellennachweisführung und in der Planung von in-situ- Sanierungsverfahren eingesetzt. Abbildung 5: Bodenschadstoffquellen auf einem Standort der Chemischen Industrie 31

32 Um kontinuierlich die neuesten Verfahren der Erkundungsmethodik (Laboranalytik, Bohrverfahren, Messstellenbau; in-situ-beprobung) einsetzen zu können, wurden seit mehr als 10 Jahren unter Federführung der Senatsverwaltung in einem 2-Jahresrhythmus bundesweite öffentliche Teilnahmewettbewerbe ausgeschrieben und die präqualifizierten Fachunternehmen an den erforderlichen Ausschreibungsverfahren zur Gefahrenermittlung, der Sanierungsplanung und der Sanierungsüberwachung beteiligt. Bei Sonderfällen kam es zum Einsatz spezieller Erkundungsmethoden (z.b. Phasennachweis- und Tracerverfahren, Isotopenuntersuchung). Durchschnittlich stehen der Projektgruppe oder den Freigestellten für die Ausschreibungsverfahren mehr als 20 qualifizierte Labor- und Bohrunternehmen sowie mehr als 10 Unternehmen für den Einsatz von innovativen in-situ-probenahmetechnologien zur Verfügung. Abbildung 6: Porenwasserprobenahme und Bodenprobenahme aus einem Kunststoffliner In den letzten 5 Jahren erhöhte sich der Handlungsdruck auf die Projektgruppe Berlin im Bereich des Verwaltungsabkommens erfolgreiche Sanierungsabschlüssen auf den Eintragsgrundstücken zu realisieren und Gefahren der öffentlichen Wasserversorgung zu unterbinden. Folgende wesentliche Gründe und Ursachen begründeten die Forderungen: Gesteigerte Investitions- und Bautätigkeit der Freigestellten. Neben dem Gefährdungspfad Boden-Grundwasser-Trinkwasser (Wasserwerk) erfährt zunehmend die Umnutzung von Gewerbeflächen zu Wohnungsbaustandorten (Gefährdungspfad Boden/Bodenluft/Mensch) eine höhere Priorität. Probleme der Genehmigungsfähigkeit von Neubau- und Umbaumaßnahmen unter Beachtung diverser Fragestellungen und Faktoren u.a. der Regenwasserversickerung am Standort, des Überbauungsverbotes emittierender Schadstoffquellen, kontaminationsbedingte Mehraufwendungen für den technischen und persönlichen Arbeitsschutz bei Baumaßnahmen, bei Bauwasserhaltungen und der Abfallentsorgung (Boden, Bausubstanz). Erfordernis von bilateralen Verträgen der Senatsverwaltung mit den Berliner Wasserbetrieben zur Sicherung der Wasserwerke im ÖGP unter der Zielsetzung einer naturnahen Aufbereitung des Rohwassers zum Trinkwasser im Rahmen des Wasserversorgungskonzeptes Berlin (WVK) Beendigung langjähriger hydraulischer Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen unter Herausarbeitung der technischen Einsatzgrenzen der hydraulischen Verfahren bei der Quellensanierung Modifizierung der Sanierungsstrategie. 32

33 4. Technische Lösungsansätze für eine gezielte Quellensanierung Im ÖGP sowie im Bereich des 60:40 Verwaltungsabkommens ist in den letzten Jahren der Einsatz von in-situ Sanierungsverfahren bei der Quellensanierung verstärkt getestet worden. Sie konzentrierten sich auf den direkten Grundwasserabstrom der Eintragsbereiche. Der Einsatz der in-situ-verfahren erfolgte zumeist in Kombination und im Schutz hydraulischer Sicherungsmaßnahmen an Grundstücksgrenzen. Dazu zählen u.a.: Biologische Verfahren (aerob und anaerob), inkl. des Air-Sparging (nach neuester Einschätzung des ALA-LFP-Projektes B5.07 wird das Air-Sparging aufgrund seiner geringeren Effektivität des pneumatischen Austrages gegenüber des mikrobiellen Abbaus den biologisches Sanierungsverfahren zugerechnet). Chemische Verfahren, primär in-situ chemische Oxidation mit Permanganat und Fenton s Reagenz. Physikalische Verfahren, z.b. Unterdruckverdampferbrunnen (UVB). Eine Steigerung der Sanierungseffektivität von in-situ-sanierungsmaßnahmen, vor allem im direkten Grundwasserabstrom der Eintragsbereiche, konnte nur in Verbindung mit der klassischen on-site/off-site- Bodensanierung erreicht werden. Innerhalb der lokalisierten Schadstoffquellen haben die innovativen insitu-sanierungsverfahren generell technische Einsatzgrenzen, deren Hauptursachen zumeist mit den ungünstigen hydrogeologischen Standortbedingungen, der spezifischen Schadstoffverteilung (z.b. Phase) im Kapillarbereich und der technischen Anwendbarkeit unter ungeeigneten Einsatzbedingungen am Schadensort (Bebauungsstruktur, Flächennutzung etc.) zu begründen sind. Durch die lang andauernden hydraulischen Maßnahmen mit einem vielfach ungenügenden Sanierungsfortschritt auf einer großen Anzahl von Grundstücken (Sanierungszeiträume >15 Jahre), die fortschreitende Dynamik bei der Grundstücksnachnutzung und das gesteigerte Investoreninteresse zur Schaffung planbarer zeitlich gestraffter Vorgaben zur Standortentwicklung war die Projektgruppe Berlin letztendlich gefordert, sich mit dem Thema Quellensanierung noch stärker auseinander zu setzen. Dazu war neben erhöhten Planungsanforderungen an die Quellensanierung auch eine Technologiespezifizierung für diverse, immer als Einzelfall zu betrachtenden Sanierungsvorhaben notwendig. In urban genutzten Räumen sind eine Vielzahl komplexer Randbedingungen bei der Umsetzung der Quellensanierung zu beachten: Hohes Emissionspotential bei leichtflüchtigen Kontaminanten. Eine durch Wohnen und Gewerbe geprägte direkte Umfeldnutzung. Konflikt zwischen geplanter Sanierungsfläche und den direkt angrenzenden Gebäuden (laufende Produktion) oder ggf. Grundstücksgrenzen. Vorhandensein von Fundamenten und gefahrenträchtigen Altanlagen in der ungesättigten Bodenzone und deren vorherige Beseitigung, inkl. Schaffung von Munitionsfreiheit für den Einsatz von Spezialtiefbautechnologien zur on-/off-site-bodensanierung. Zumeist beträchtlicher Wasserandrang im Berliner Urstromtal und bei der Nähe zu den Oberflächengewässern (Spree, Dahme, Teltow-Kanal etc.). Dabei setzt die Projektgruppe in enger Kooperation und Abstimmung mit den Freigestellten und Investoren verstärkt auf die Quellensanierung mittels on-site/off-site-verfahren. Aus einer Vielzahl von Sanierungspro- 33

34 jekten konnte die Erfahrung gewonnen werden, dass bei einem Einsatz von Spezialtiefbautechnologien zur Quellensanierung mit der Herausnahme der Hauptfracht der Bodenkontamination der Elementareffekt einer nachhaltigen Bodensanierung zügig eintritt. Sie geht zumeist mit einer schnellen Abnahme der Schadstoffkonzentrationen im oberflächennahen Grundwasser im direkten Sanierungsbereich und mit einer starken Schadstoffminderung im GW-Abstrom einher. Auch die Mitnahme von Synergieeffekten aus begleitender Investorentätigkeit im Vorfeld der geplanten Bauaktivitäten (z.b. durch den Bauherrn veranlasster Rückbau von aufstehenden Gebäuden und der mit Schutt und Fundamenten durchsetzten Auffüllschicht zur Verbesserung der Tragfähigkeit des Baugrundes, Munitionserkundung und deren Beseitigung), war und ist eine wesentliche Unterstützung für die technische Realisierung der Quellensanierung mittels Bodenaushubverfahren. Auch ist eine erhebliche Kostenminderung durch die vorlaufenden Arbeiten (sowieso-kosten) zu verzeichnen. Die unter Punkt 5 beschriebenen Einzelbeispiele erlauben wesentliche Erkenntnisse im Hinblick auf die Sanierungseffektivität bei hydraulischen Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen sowie den unterstützenden hot-spot-sanierungen mittels in-situ-verfahren und on-site/off-site Verfahren (Bodenaushub). Abbildung 7: Praxisrelevante Vor- und Nachteile der im ÖGP angewandter kleinräumiger Bodenaushubverfahren im Vergleich 34

35 5. Beispielprojekte im ÖGP eine Chronologie der Entscheidungsprozesse Aufbauend auf den fortlaufenden Ergebnisinterpretationen zur Bewertung des Sanierungsfortschritts bei hydraulischen Sanierungsverfahren, die erstmalig einer kritischen Prüfung durch die Projektgruppe mit dem Textbeitrag Erfolge und Grenzen der hydraulischen Sanierung von Grundwasserschäden im Rahmen des Altlastensymposium 15 Jahre Ökologisches Großprojekt Berlin (2008) von Andreas Zimmermann (BvS/ACOS) unterzogen worden sind, ist das Ziel dieses Beitrages, Chancen und technischen Grenzen des Einsatzes von in-situ und on-site/off-site- Verfahren bei den Quellensanierungen darzustellen. Die folgenden Beispiele dokumentieren reale Einzelfälle. Aus beiden Projekten sind jedoch Verallgemeinerungen hinsichtlich der natürlichen Standortbedingungen (geologischen und hydrologischen Verhältnisse, Schadstoffverteilung), der technischen Randbedingungen sowie der daraus resultierenden Sanierungseffektivität ableitbar. Sie sollen zukünftigen Sanierungsstrategien als Entscheidungshilfe dienen. 5.1 Sanierung eines LCKW-Schadens Der Standort befindet sich in der Trinkwasserschutzzone IIIB und ist ein wesentlicher Schadstoffemittent für die LCKW-Kontamination der aktiven Fördergalerien des Wasserwerkes Johannisthal. Die Transportzeiten der LCKW-Verbindungen vom Standort bis zu den Wasserwerksbrunnen sind von den Fördermengen des Wasserwerkes abhängig und schwanken zwischen 5 bis 15 Jahren. Nach 1945 wurde im Rahmen der Produktion von medizinischen Geräten das Lösemittel Tetrachlorethen (PER) in größeren Mengen verwendet. Umfangreiche Erkundungen der Bodenluft, des Grundwasserleiters bis in 40 m Tiefe und der Bodenmatrix dokumentieren einen großräumigen LCKW-Schaden auf dem Grundstück. Allein auf einer Fläche von >4.500 m 2 waren sehr hohe Bodenluftbelastungen feststellbar (teilweise >4.000 mg LCKW pro m 3 ). Das Grundwasser wurde am Standort bis in ca. 30 m ugok kontaminiert (max. Gehalt: 81 mg/l LCKW im Schadenszentrum, 1. GWL). Die Wirkung von Betriebsbrunnen auf dem Grundstück und der industriell genutzten Nachbargrundstücke als auch der hydraulische Einfluss des Wasserwerkes beförderten zusätzlich die Tiefenverlagerung der LCKW-Verbindungen. Abbildung 8: Sanierungsverlauf mit Maßnahmendarstellung der beispielhaften LCKW-Schadenssanierung im ÖGP (Graphik ISAC, 2013) 35

36 Aus der Interpretation und Darstellung des Sanierungsverlaufes der Grundwassersanierung können wichtige Aussagen zu Zeit-/Maßnahmenintervalle und zur Sanierungseffektivität abgeleitet werden: Über einen Maßnahmenzeitraum von über 20 Jahren (Beginn der Orientierenden Erkundung ab 1992) bestand immer das Erfordernis einer kontinuierlicher Datenermittlung bei der Schadenserkundung, bei allen Planungs- und Steuerungsprozessen und der Überwachung der unterschiedlichen Sanierungsverfahren. Es war eine permanente Anpassung der Laboranalytik und Erkundungsmethodik notwendig. Die im Jahr 1995 begonnenen hydraulischen Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen inkl. unterstützender Bodenluftsanierungsaktivitäten in den zwei Schadensquellen belegen unterschiedliche Ergebnisse und Erfolge: So ergab die hydraulische Sicherung des LCKW-Schadens an der Grundstücksgrenze die Abkopplung der LCKW-Fahne in Richtung Wasserwerk Johannisthal. Das Transfergebiet weist eine massive LCKW-Entfrachtung aus. Die Standortsicherung ist nachhaltig. Die Bodenluftsanierung wurde über einen Zeitraum von 2 Jahren durchgeführt. Nachkontrollen in den letzten Jahren dokumentierten einen Sanierungserfolg bei der Abreinigung der ungesättigten Bodenzone (Pfad Boden-Mensch, Vorbereitung bei der Tiefenenttrümmerung, technischer und persönlicher Arbeitsschutz). Eine direkte Unterstützung der Grundwassersanierung in der Quelle über die Abreinigung des Kapillarbereiches und des oberflächennahen Grundwasserleiters konnte mit der Bodenluftsanierung jedoch nicht erreicht werden. Trotz einer kontinuierlichen Modifizierung der hydraulischen Quellensanierung (Einsatz unterschiedlicher Sanierungsbrunnen, Anpassung/Verkürzung der Filterstrecken, Brunnenneubau, Änderung der Entnahmemengen), der mehr als >100-fache Grundwasseraustausch im Hauptschadenszentrum der ehemaligen PER-Anlage und der >3.000 kg LCKW-Frachtbeseitigung) konnte im Zeitraum von 1995 bis 2011/12 kein ausreichender Sanierungsfortschritt im Quellbereich bzw. in dessen direkten Abstrom ermittelt werden. Vor allem die feinkörnigen Feinsand-Schlufflagen und die Kohlereste in den obersten 3-4 m der gesättigten Bodenzone begrenzten den hydraulischen Sanierungserfolg stark. Der einjährige Einsatz eines in-situ-bodensanierungsverfahrens als Pilotprojekt mittels Air-Sparging (2007/2008) hatte zwar eine leichte Steigerung der Austragsfracht bewirkt, eine nachhaltige Unterstützung der Boden- und Grundwassersanierung konnte aber auch hier nicht bilanziert werden. Die natürlichen Standorteigenschaften sowie die LCKW-Verteilung im Kapillarbereich und in den obersten Bodenmetern der gesättigten Bodenzone ließen das Verfahren scheitern. Erst im Rahmen der Grundstücksentwicklung mit vorlaufendem Gebäudeabbruch ergaben sich positive Bedingungen für eine umfassende Beseitigung der Schadstoffquelle (>85%) mittels einer onsite/off-site Bodensanierung (Verfahren: Hexagonalrohraustauschverfahren/Wabe) mit begleitender (fortgeführter) Grundwassersanierung im Jahr 2012 erbrachte den gewünschten Sanierungserfolg bei der Grundwassersanierung. Das ab dem 3. Quartal 2012 initiierte Nachsorgemonitoring bestätigte den Trend der nachhaltigen Sanierung. Das Grundstück ist nunmehr ohne zusätzliche Auflagen seitens der Bodenschutzbehörde im perspektivischen Planungs- und Bauprozess nutzbar. Für die hydraulische Nachsanierung wird mit einem maximalen Zeitraum von 2 Jahren gerechnet (z.z. Intervallbetrieb). 36

37 Die Nachsorgekontrolle wird nach Beendigung der aktiven Sanierungsmaßnahmen je nach Fortschritt einen maximalen Zeitraum von 5 Jahren umfassen. 5.2 Teilsanierung eines BTEX (Benzol)-Schadens Der Standort ist ebenfalls Teil des ÖGP und befindet sich an der südöstlichen Grenze des unterirdischen Einzugsgebietes des Wasserwerkes Johannisthal. Vor 1990 hatte er teilweise in dessen Trinkwasserschutzzone III gelegen. Auf einer Breite von ca. 250 m und einer Länge von ca. 500 m verlagerte sich eine BTEX- Fahne über die Grundstücksgrenze bis weit in den tieferen Teil des Hauptgrundwasserleiters in Richtung Wasserwerk. Seit Mitte der 1990er Jahre begann abschnittsweise die hydraulische Sanierung des Standortes. Ab dem Jahr 2004 wurden das hydraulische Gesamtkonzept für die umfassende Sicherung des Gesamtareals und relevante Quellensanierungen realisiert. Zur Unterstützung der Grundwassersanierung und zur gewerblichen Standortsicherung wurde in der Projektgruppe Berlin die Umsetzung lokaler hot-spot-bodensanierungen beschlossen. Auf der Prioritätenliste stand dabei die Herausnahme der BTEX(Benzol)-Aromaten in deren Haupteintragsbereich im zentralen Grundstücksteil ganz oben. Aufgrund des Ausmaßes der Schadstoffverteilung und der hohen Konzentrationen in der Quelle im Boden, der Bodenluft und im Grundwasser war im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsbetrachtung eine Teilsanierung geplant. In der Stufe der Gefährdungsabschätzung wurde für diesen Bereich ein Gesamteintragspotential an BTEX(Benzol) von ca. 250 t prognostiziert. Die Hauptbelastung konzentrierte sich auf den Kapillarbereich und die obersten 2-3 m der gesättigten Bodenzone. Zur besseren Fassung technologisch bedingter Schadstoffmobilisierung bei Ausführung des Waben-Verfahrens (Hochfrequenzvibrationsverfahren) waren zusätzlich sanierungsbegleitende Wasserhaltungsmaßnahmen erforderlich. Zur Unterstützung des mikrobiologischen Abbaus von Restbelastungen im Boden unterhalb der Aushubsohle und im aufsteigenden belasteten Grundwasser wurde dem einzubauenden Rückfüllsanden Calciumperoxid als Sauerstofflieferant und in einem geringen Umfang Nährstoffe (u.a. Phosphate) zugesetzt. Mit einem Bodenaushubvolumen von t, mit dem geförderten Grundwasser und der abgesaugten Abluft aus einer Einhausung (Rückbau der ungesättigten Bodenzone mit gefahrenträchtigen Altanlagen) sowie bei den aktiven emissionsmindernden Maßnahmen beim Aushubprozess konnte eine BTEX(Benzol)-Fracht von insgesamt ca. 120 t entfernt werden. Aus der Interpretation und Darstellung des Sanierungsverlaufes der Grundwassersanierung im oberflächenahen Grundwasserleiter (Quellbereich) und im tieferen GWL (direkter Abstrom Quelle) können nachfolgend beschriebene wesentliche Erkenntnisse und Aussagen abgeleitet werden: Mit dem Teilaushub der BTEX-Quelle bis ca. 3 m in die gesättigte Bodenzone konnte die Hauptfracht der BTEX-Aromaten im Feststoff (>50%) nachhaltig entfernt werden. Insbesondere die Entfernung des Kapillarbereiches, den die hydraulische Sanierung entnahmebedingt nicht erfassen kann, trug entscheidend zur Reduzierung der Schadstoffe im Grundwasserleiter bei. Durch die Beseitigung der Schadstoffe, der nicht tragfähigen Auffüllschicht, der Fundamente und gefahrenträchtigen Altanlagensysteme in der ungesättigten und gesättigten Bodenzone können Investitionsentscheidungen durch die Bodenschutzbehörde ohne große Zusatzauflagen genehmigt werden. Bei der Teilsanierung im Boden ist jedoch ein größerer zeitlichen Rahmen der hydraulischen Nachsanierung im alten Schadensbereich einzuplanen. Die Sanierungsverläufe zeigen sowohl im unmit- 37

38 telbaren Abstrom, als auch in die Tiefe einen eindeutigen Abnahmetrend (siehe Abbildung 9). Eine Frachtminderung durch die mit den Rückfüllsanden eingebrachten Sauerstofflieferanten (Wirkungsdauer nach Planung ca. 1 Jahr) und Nährstoffe kann nicht konkret quantifiziert werden. Für den Wirkzeitraum ist jedoch einen eindeutige Aerobisierung des oberflächennahen Grundwassers (>10 mg/l gelöster Sauerstoff) sowie eine Zunahme der biologischen Aktivität festzustellen. Es wird davon ausgegangen, dass damit ein wesentlicher Beitrag zur Schadstoffbeseitigung über die standorteigene Mikrobiologie geleistet worden ist. Abbildung 9: Sanierungsverlauf mit Maßnahmendarstellung der beispielhaften BTEX-Schadenssanierung im ÖGP (Graphik IUP, 2013) 6. Zusammenfassung Nach über 20 Jahren Sanierung im ÖGP wird auch zukünftig eine enge Abstimmung zwischen der Projektgruppe und den Investoren erforderlich sein, um für beide Seiten die Planbarkeit der Nachnutzung und eine endliche Sanierungsdauer mit dem Hauptziel der langfristigen Sicherung der Berliner Trinkwasserversorgung zu erreichen. Dabei werden die on-site/off-site Verfahren bei der Quellensanierung auch weiterhin eine bedeutende Rolle spielen. Der Einsatz von unterstützenden chemischen und biologischen in-situ- Verfahren zur Dekontamination der im Grundwasser eine gelösten Schadstoffe im nahen und erweiterten Abstrom der Eintragsbereiche werden in die Planungen einbezogen. Beide Verfahrensarten sind in der Lage, die hydraulischen Sanierungen effektiver und nachhaltiger zu gestalten, und somit den zeitlichen Umfang der Gesamtsanierung entscheidend zu minimieren. 38

39 Sicherung eines innerstädtischen Wasserwerks komplexe Aufgaben ohne Ende? Dipl.-Ing. Claudia Blach-Radau, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt 1. Einführung 1.1 Ausgangssituation Die innerstädtische Lage des Wasserwerks beinhaltet die verschiedenen Nutzungsformen in dessen Umgebung. Das beginnt bei den ehemaligen und noch zum Teil bestehenden Industrieanlagen und geht weiter über den Wohnungsbau und die Verkehrsflächen bis zu den zur Erholung genutzten Wald- und Parkflächen. Einige der genannten Nutzungen im nahen Umfeld stellten und stellen noch heute eine potentielle Gefährdung für die Trinkwassergewinnung aus dem Grundwasser dar. Das Wasserwerk Wuhlheide, um das es hier beispielhaft geht, wurde im Jahr 1914 eröffnet. Zu dieser Zeit lag es noch relativ weit außerhalb der Stadt, wobei die großen Industriebetriebe der Elektroindustrie und Kabelfabrikation, Schwermaschinenbau und Gaskokerei zur selben Zeit an den Ufern der Spree im Entstehen waren. Wohngebiete und Flächen militärischer Nutzung sowie Grünanlagen und eine steigende Menge Verkehrswege (Schiene, Straße) kamen hinzu, so dass das Wasserwerk heute sozusagen mittendrin liegt. Im Laufe der Zeit mussten aufgrund von Verschmutzungen des Grundwasserleiters, aus dem das Rohwasser für die Trinkwassergewinnung gefördert wurde und wird, und anderweitigen Nutzungsansprüchen (aktuell eine neue vierspurige Straßenverbindung) Trinkwasserbrunnen aufgegeben und Schutzzonen verkleinert werden (s. Abbildung 1). Abbildung 1: Lageplan des WW Wuhlheide mit den verschiedenen Nutzungsarten in der näheren Umgebung (Quelle: Internet, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Umweltatlas 2011) 39

40 1.2 Darstellung der Gefährdungssituation im Anstrom des Wasserwerks Ein großes Potential der Gefährdung für die Trinkwassergewinnung stellten die industriellen Altlasten dar. Die im Bereich Oberschöneweide angesiedelten Betriebe hinterließen eine Vielzahl von Boden- und Grundwasserbelastungen, sei es durch das Aufbringen von Abfällen aus der Produktion zur Befestigung der ehemaligen Spreewiesen, sei es durch Unfälle, Handhabungsverluste, Kriegsschäden oder auch durch die vermutete absichtliche Beseitigung von Stoffen durch Einbringen in den Untergrund oder in das Grundwasser, die in den Umbrüchen der Wendezeit plötzlich nicht mehr gebraucht wurden. Je nach Art des Schadstoffes bzw. Schadstoffgemischs blieben die Kontaminanten eher am Ort ihres Eintrags oder bildeten wie die leicht flüchtigen chlorierten und fluorierten Kohlenwasserstoffe (LCKW und FCKW) lange Fahnen in Richtung des Abstroms. Abbildung 2: Schadstofffahnen, die auf die Brunnengalerien zufließen (Tauw GmbH, 2013) Die Abbildung 2 zeigt die unterschiedlichen Schadstofffahnen, die aus verschiedenen Richtungen auf die Brunnenglerien des Wasserwerks Wuhlheide zufließen. Die Grundwassersicherungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen sind durch schwarze Linien gekennzeichnet. Die daran stehenden Zahlen bezeichnen das Jahr, in dem mit der hydraulischen Sicherung oder Sanierung begonnen wurde. Für bereits abgeschlossene hydraulische Maßnahmen ist der Zeitraum angegeben. 40

41 Im Norden strömten von der ehemaligen Gaskokerie hauptsächlich Phenole auf die ehemaligen Brunnengruppen 1 bis 4 der Westgalerie zu, die am weitesten nördlich liegen. Sie liegen in der Abbildung 2 unter der Anilin-Fahne. Mehr aus der westlichen Richtung war das anströmende Grundwasser mit MKW, BTXE und Cyaniden sowie Anilinen belastet, wobei das Vorhandensein der Aniline in diesem Bereich damals noch nicht bekannt war. Die Brunnengruppen 1 und 2 wurden aufgrund der Kontaminationen, die vom Gaskokereigelände abströmte, schon 1920 außer Betrieb genommen. In den Jahren 1988 bis 1993 mussten auch die im tieferen Grundwasserleiter verfilterten Brunnengruppen 3 und 4 abgeschaltet werden. Seit 1992 läuft eine Sicherungsmaßnahme auf dem ehemaligen Gaskokereigelände. Die Sicherungsbrunnengalerie im Abstrom (d.h. an der südlichen Grundstücksgrenze) wurde 1998 in Betrieb genommen. Zusätzlich wurden Bodenaushubmaßnahmen durchgeführt. Die Anilin-Verbindungen wurden erstmalig 2008 in den ersten drei Brunnen der Brunnengruppe 5 nachgewiesen. Daraufhin wurden die Brunnengruppe 5 und vorsichtshalber auch die Brunnengruppe 6 außer Betrieb genommen. Die Maßnahmen zur Sicherung des Schadens werden im Kapitel beschrieben. Die Brunnengruppe 7 wurde durch einen massiven BTXE-Schaden bedroht, der trotz einer langjährigen Grundwassersanierung erst 2011 / 2012 durch einen Bodenaushub der hochbelasteten Bereiche nachhaltigsaniert werden konnte. Eine weitere ausgedehnte Schadstofffahne aus den typischen Lösemittel der metallverarbeitenden und Elektroindustrie (LCKW und FCKW) bewegte sich aus dem sog. Spreeknie auf die Brunnengruppen 10 und 11 (die beiden südlichsten Brunnengruppen) der Westgalerie zu. Die Fahnenspitze hatte bereits die Rohwasserfassung erreicht. Hier konnte durch eine Sicherung im Bereich der Fahnenspitze eine Erfassung des belasteten Wassers durch die Hebergalerie der BWB verhindert werden. Im Bereich der Fahne sind noch drei Grundwasserreinigungsanlagen sowie eine Sicherung an der Fahnenspitze in Betrieb. Schließlich wurden an der Brunnengruppe 9 der Ostgalerie Kontaminationen durch die Herbizide Mecoprop und Dichlorprop nachgewiesen. Die Sicherungsmaßnahmen begannen im Jahr 2002 und sind im Kapitel beschreiben. Bodensanierungen als Quellsanierungen zur Unterbindung des Schadstoffaustrages in die Transferbereiche zum Wasserwerk Wuhlheide wurden ab 1996 durchgeführt, die vorerst letzte wurde im Jahr 2012 beendet. In der Abbildung 2 sind nur die Bodensanierungen gekennzeichnet, die im Rahmen des Großprojekts durchgeführt wurden. Ziel der Altlastensanierung ist es, die Möglichkeit der Trinkwassergewinnung aus den belasteten Grundwasserleitern durch geeignete Maßnahmen zu sichern oder die Belastungen so weit zu vermindern, dass eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung ausgeschlossen werden kann. Bei der Planung und Durchführung der Sanierungsmaßnahmen sind mitunter nicht nur technische Probleme zu lösen. Vielmehr müssen auch die unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten und Betroffenen auf den Grundstücken der Schadstoffeinträge und im Transferbereich berücksichtigt werden, was in manchen Fällen gegenüber den technischen Anforderungen das größere Problem ist. An den Beispielen von Quellsanierungen auf ehemaligen Industriegrundstücken und der Sicherung zweier verschiedener Schadstofffahnenspitzen vor den Fassungs- 41

42 anlagen des Wasserwerks in einem Waldgebiet sollen die komplexen Aufgaben dargestellt werden, die im Rahmen der Sanierung gelöst werden müssen. Die Sanierung einer Schadstofffahne in einem Wohngebiet mit den dazugehörigen spezifischen Herausforderungen wird in einem anderen Referat beschrieben. 2. Beteiligte an der Sanierung Die bekannten Beteiligten im Rahmen des VA-Altlasten (SenStadtUm, BvS) müssen bei Quellsanierungen auf Eintragsgrundstücken insbesondere die Interessen des Grundstückseigentümers berücksichtigen, der in Abstimmung mit der Projektgruppe (SenStadtUm und BvS) einen Projektmanager beauftragt, der für ihn die Sanierungsmaßnahmen koordiniert. Zur Planung, Ausschreibung und Überwachung der Bodenaustauschmaßnahme wird meist ein weiteres Ingenieurbüro als Fachplaner beauftragt. Häufig wird gleichzeitig mit der Planung für den Bodenaushub auch eine Grundwasserreinigungsanlage geplant und ausgeschrieben, die nicht nur den Abstrom sichern, sondern auch das anfallende Bauwasser reinigen soll. Im Rahmen der Genehmigungsplanung werden auch die Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzbehörden miteinbezogen. Weiterhin sind Behörden wie das Tiefbauamt (Baustellenüberfahrt) und das LAGetSi für den Arbeitsschutz zu beteiligen. Auch die Grundstücksnachbarn, seien es Gewerbetreibende oder Anwohnende, müssen informiert werden. Im Vorfeld, während der Baumaßnahmen und im Nachgang wird eine Beweissicherung durchgeführt, da bei Bodensanierungsmaßnahmen mit Tiefenaushub Bauwerksschäden insbesondere durch Erschütterungen ausgeschlossen werden müssen. Neben der Baufirma und dem Betreiber der Grundwasserreinigungsanlagen sind auch mehrere Laborunternehmen beauftragt, die Abfall- und Haufwerksbeprobungen, Wasseranalysen und Luftuntersuchungen durchführen. Im Rahmen der Auswertung der Angebote für die Grundwasserreinigung und die Bodenaushubmaßnahmen mussten in manchen Fällen noch die zuständigen VOL- und VOB-Stellen der Senatsverwaltung zu Rate gezogen werden, da entweder innerhalb der Projektgruppe Meinungsunterschiede oder Unsicherheiten über die korrekte Wertung der Angebote bestanden oder sich ein nicht zum Zuge gekommener Bieter beschwerte. Im günstigsten Fall kann eine Quellensanierung mit der Baureifmachung eines Grundstücks durch den Investor verbunden werden. Somit müssen dann keine Gebäude auf dem Grundstück selbst gesichert werden, und es ist ausreichend Platz für die Baustelleneinrichtung und Entsorgungscontainer oder Haufwerke vorhanden. Den planerisch herausfordernsten Fall stellt eine Bodensanierung bei laufendem Produktionsbetrieb auf einem engräumig bebauten Grundstück dar. Bei den Schadstofffahnen gibt es häufig nicht nur einen sondern mehrere Verursacher, oder aber der Verursacher ist, wie im Fall der im Kapitel vorgestellten Herbizid-Fahne, nicht feststellbar. In diesen Fällen wird die die Sanierung im Rahmen einer akuten Gefahrenabwehr bzw. einer Ersatzvornahme durch die Senatsverwaltung vorgenommen. Befindet sich die Fahne außerhalb des Gebiets des Großprojekts (wie die Herbizid-Fahne), so trägt das Land die Kosten allein, und es entfallen die Abstimmungen mit der BvS und die Beauftragung eines Controllers. Hinsichtlich der Errichtung und Messstellen sind dafür Abstimmungen mit mehreren Grundstückseigentümern zu treffen, die nicht Verursacher sind. Bisher war es nicht notwendig, Duldungsanordnungen zu erlassen; die Grundstückseigentümer stimmten bei entsprechender Rücksichtnahme auf ihre Belange der Nutzung ihrer Flächen zu. Manchmal ist das Land Berlin auch Grundstückseigentümerin (wie zum Beispiel die Berliner Forsten oder die Grünflächenämter der Bezirke). 42

43 In den sogenannten Außenbereichen sind auch die Belange des Naturschutzes in die Genehmigungsplanung miteinzubeziehen. Nach der Erkundung der Schadstofffahne und vor der Planung der Sanierung wird eine Grundwassermodellierung durchgeführt. Um die Rahmenbedingungen für die Modellrechnungen richtig festlegen zu können, erfolgt auch der Informationsaustausch mit den Berliner Wasserbetrieben. Da die Fahnen u.a. vor den Wasserwerksbrunnen abgefangen und gereinigt werden, beeinflussen sich natürlich die Förderweise der Rohwasserbrunnen der BWB und der Sicherungsbrunnen der Senatsverwaltung gegenseitig. Insofern müssen hier enge Abstimmungen erfolgen. Ein weiterer Punkt, der sowohl bei der Quell- als auch bei der Fahnensanierung nicht außer Acht gelassen werden darf, sind die Kampfmittel, die auch fast 70 Jahre nach Kriegsende noch im Boden vorhanden sein können. Ohne Kampfmittelerkundung darf kein Brunnen gebohrt und keine Baumaßnahme begonnen werden. Weiterhin sind alle Maßnahmen, egal ob auf abgeschlossenen, umzäunten Grundstücken oder im frei zugänglichen Außenbereich, so zu planen, dass Baumaterial und Anlagen vor Vandalismus und Diebstahl weitestgehend geschützt sind. 3. Beispiele für Sanierungen 3.1 Quellsanierung Die Quellsanierungen im Zusammenhang mit Investitionen oder aufgrund einer Anordnung werden durchgeführt, um den Nachschub an Schadstoffen in die abströmende Fahne zu verhindern. Die erste Quellsanierung, die im Bereich Oberschöneweide durchgeführt wurde, betraf die nicht mehr für die Produktion benötigte Teilfläche eines Kabelwerks. Dort wurden im Auftrag der landeseigenen Entwicklungsgesellschaft in den Jahren 1996 bis 1998 alle nicht denkmalgeschützten Gebäude abgerissen und eine Tiefenenttrümmerung vorgenommen, um ein baureifes Grundstück für neue Investoren bzw. die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft bereitstellen zu können. Die Maßnahmen zur Altlastensanierung wie der Austausch von hochgradig mit Arsen und Kupfer belasteter Auffüllschichten, die Entfernung unterirdischer Tankanlagen und der Aushub der mit organischen Schadstoffen (PAK, BTXE) belasteten Bodenbereiche erfolgten ebenfalls in diesem Rahmen. In späteren Jahren mußte in zwei kleinen Bereichen noch mal nachsaniert werden, weil zuviel belasteter Boden unterhalb der ehemaligen Baugrubensohle verblieben war und die Grundwasserqualität sich nach der ersten Sanierung nicht nachhaltig verbessert hatte. Auf allen Grundstücken, auf denen LCKW und/oder FCKW eingetragen worden waren, wurden Grundwasserreinigungsanlagen aufgebaut, an die jeweils meist mehrere Sanierungsbrunnen angeschlossen waren, die aus den vermutlichen Eintrags- und Hochlastbereichen das kontaminierte Grundwasser förderten oder an der Grundstücksgrenze den Abstrom sicherten. Die bislang letzte Bodensanierung im Gebiet Oberschöneweide wurde auf dem Grundstück der ehemaligen Dachpappenfabrik durchgeführt, die direkt am Spreeufer liegt. Die Dachpappenfabrik wurde im Jahr 1894 in 43

44 Betrieb genommen und 1904 um eine Asphaltfabrik erweitert. In den Jahren 1905, 1939 und 1944 wurde die Fabrik durch Großbrände bzw. Bombenabwurf zerstört und jedesmal anschließend wieder aufgebaut. Ab 1961 wurde das Grundstück zur Vorfertigung von Montageöfen, ab 1966 als Malerlager genutzt. Nach der Wende kamen Kfz-Werkstätten dazu. Die historischen Erkundungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungskampagnen erstreckten sich über mehrere Jahre. Es stellte sich heraus, dass der Boden und das Grundwasser hochgradig mit PAK, BTXE, NSO-Heterocyclen und MKW belastet war. Schwerpunkte bildeten der Bereich um ein noch teilweise gefülltes Teerbecken und mehrere andere unterirdische Anlagenteile. Horizontal erstreckte sich die Belastung über die Grundstücksgrenze in Richtung Abstrom hinaus, wobei die Fahne sich in den Jahren zwischen Eintrag und Sanierung noch nicht so weit ausgedehnt hatte, um das Wasserwerk akut zu gefährden. Vertikal sammelte sich die Schwerphase auf dem Grundwasserstauer, der zwischen 12 bis 15 m unter GOK angetroffen wurde. Im Vorfeld der geplanten Sanierung wurden die Gebäude im Jahr 2009 entmietet und abgebrochen. Die Sanierung wurde in den Jahren 2011 und 2012 durchgeführt. Im Hochlastbereich wurden die unterirdischen Bauwerke und Anlagenteile, u.a. die noch mit Produktionsrückständen gefüllte Teergrube, abgebrochen und ordnungsgemäß entsorgt. Der Bodenaushub erfolgte je nach geplanter Endteufe teilweise im Großlochbohr- und teilweise im Wabenaushubverfahren. Als langwierig erwiesen sich die Absprachen, die mit dem direkten Grundstücksnachbarn zu treffen waren. Problematisch war hier, dass die Baugrube bis an die Grundstücksgrenze heranreichte und der Bauzaun auf dem fremden Grundstück auf einer Betriebsstraße stehen musste. Zuvor mußte die gemeinsame, baufällige Grundstücksgrenzmauer abgebrochen und eine Einigung über einen Ersatz nach dem Abschluß der Maßnahmen erfolgen. Dazu kam, dass trotz vorschriftsmäßigen Bauens bei mehreren Starkregenereignissen im Frühjahr letzten Jahres die Böschungen teilweise ins Rutschen gerieten und die vorher schon schadhafte Betriebsstraße weiter geschädigt wurde. Diese wurde dann so schnell wie es der Bauablauf zuließ zunächst provisorisch wiederhergestellt. Leider ließen sich diese Einschränkungen für den Grundstücksnachbarn wie auch die Beeinträchtigungen durch Erschütterungen beim Einbringen der Waben, durch Lärm und Staub nicht vollständig vermeiden. Trotz der angesprochenen Probleme war diese Bodensanierung eine der wenigen Baumaßnahmen, die kürzer dauerte als im Bauzeitenplan veranschlagt und die auch noch weniger kostete, als zuvor abgeschätzt worden war, was der engagierten und zielstrebigen Arbeit aller am Baugeschehen Beteiligten zu verdanken ist. Nach Beendigung der Bodensanierung wird über mehrere Jahre hinweg als Nachsorgemaßnahme und zur Überprüfung des Sanierungserfolges das Grundwasser beprobt. 3.2 Fahnensanierung Anilin Ein Beispiel für die komplexe Sanierungsaufgabe einer Schadstofffahne ist der Anilin-Schaden, der sich im nördlichen Bereich des Einzugsgebiets der Westgalerie erstreckt. Obwohl schon seit Beginn der 90-iger Jahre des letzten Jahrhunderts die einzelnen Eintragsflächen und möglichen Transferpfade intensiv untersucht worden waren, wurden durch die Berliner Wasserbetriebe erst im Jahr 2008 Anilinverbindungen in einzelnen Wasserwerksbrunnen mehr zufällig nachgewiesen, wenn auch in eher geringen Konzentrationen. Bei den außerhalb des ÖGP liegenden Grundstücken, die als Eintragsquelle in Frage kamen, handelt es sich um ehemalige Produktionsstandorte für Farben, Kunstseide, Fotochemikalien und vermutlich auch für spreng- 44

45 stofftypische Verbindungen und eine Umfüllstation für Kampfmittel aus dem 1. Weltkrieg (Arsen- Organische Verbindungen), die jedoch so weit von den Brunnen der Westgalerie entfernt liegen, dass sie nach den ersten Untersuchungen Anfang der 1990-iger Jahre gar nicht im Einzugsbereich lagen und somit zum damaligen Zeitpunkt nicht in die Gefahrenbeurteilung einflossen. Auch die heutzutage vorherrschende Grundwasserfließrichtung ließ nicht auf einen südöstlichen Abstrom schließen. Ausserdem wurden jeweils unterschiedliche Verbindungen auf den Eintragsgrundstücken und an den Wasserwerksbrunnen gefunden, so dass sich der Verdacht des Vorhandenseins einer längeren Fahne nicht sofort aufdrängte. Eine Literaturrecherche ergab aber, dass Nitro- und Chlornitrobenzole mikrobiell zu Anilinen und Chloranilinen umgesetzt werden können. An den vorhandenen Messstellen im vermuteten Transferpfad wurde dann das Grundwasser untersucht. Nur an einem Pegel, der ungefähr auf halber Strecke zwischen den vermuteten Eintragsgrundstücken und der Fahnenspitze bei der Brunnengruppe 5 der Westgalerie liegt, wurde eine Konzentration von Anilinverbindungen von über 3 mg/l nachgewiesen. Dieser ist zwischen 71,5 und 73,5 m verfiltert, eine Tiefe, in der normalerweise keine Schadstoffe mehr angetroffen werden und die unterhalb der Verfilterung der heutigen Wasserwerksbrunnen liegt. Die anderen Messstellen waren eher unauffällig. Erst eine weitere Modellrechnung mit den Förderdaten des Wasserwerks aus den Jahren zwischen 1950 und 2009 zeigte, dass zu Zeiten der maximalen Förderung (ca. 1979) die vermuteten Eintragsgrundstücke tatsächlich im Einzugsbereich gelegen hatten, so dass sich damals eine Fahne entwickeln konnte. Es konnte ebenfalls gezeigt werden, dass die prognostizierte Fahne relativ schmal ist und westlich der Rummelsburger Landstraße verläuft (s. Abbildung 3), wo es keine Messstellen gab Abbildung 3: Grundwasserströmungsmodellierung im Einzugsbereich der Westgalerie (Tauw GmbH, 2010) In der Folge wurden in den Jahren 2010 und 2011 acht neue Messstellengruppen teilweise bis 100 m abgeteuft und seitdem regelmäßig beprobt. Im Großen und Ganzen wurde die Modellrechnung durch die Ergebnisse des Grundwassermonitorings bestätigt. Es blieben jedoch noch viele Fragen offen. So ist z.b. nicht 45

46 genau bekannt, wo die Schadstoffe vom zweiten in den dritten Grundwasserleiter gelangt sind. Möglicherweise wurden die Schadstoffe durch die Eigenwasserversorgung aus Tiefbrunnen auf den ehemaligen Industriegrundstücken und durch die einstmals von den BWB betriebene Förderung im 3. Grundwasserleiter in diese Tiefe verschleppt. In diesen Teufenbereichen gibt es nicht so viele Messstellen, so dass auch der geologische Aufbau nur unvollständig bekannt ist. Fünfzehn Aufschlusspunkte auf 3 km Länge sind kein dichtes Messnetz, so dass die Fahne bisher nicht abschließend ausgegrenzt werden konnte. So ist trotz eines mehrere Monate dauernden Pumpversuchs an der hoch belasteten Messstelle (die für diesen Zweck gar nicht errichtet und nur teilweise geeignet war) nicht abschätzbar, wie groß das Schadstoffpotential ist, das in diesem Bereich noch vorhanden ist. Neben der Erkundung der Fahne wurden und werden auch Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörten mehrere Bodenaushubmaßnahmen im Bereich der Eintragsquellen. Punktuell wurde der Boden hier bis in 12 m Tiefe im Großlochbohr- und Wabenaushubverfahren ausgetauscht. Weiterhin wurden je eine Grundwasserreinigungsanlage auf dem Eintragsgrundstück und an der Fahnenspitze (d.h. den ehemaligen Wasserwerksbrunnen, die nach dem Anilin-Nachweis nicht mehr zur Trinkwassergewinnung genutzt wurden) in Betrieb genommen. Für die Sicherungsmaßnahme an der Fahnenspitze wurden drei Brunnen der Brunnengruppe 5 der Wasserbetriebe umgebaut. Bevor die Grundwasserreinigungsanlage errichtet wurde, wurde das aus diesen Brunnen geförderte Grundwasser zur Sicherung der südlichen Abschnitte der Westgalerie in den Regenwasserkanal abgeschlagen. Da es zuvor mit der Sanierung von Anilinverbindungen in Berlin keine Erfahrungen gegeben hatte, wurde zunächst mit dem Originalwasser ein Feldversuch durchgeführt. Die Versuchsanlage war in der Grünanlage neben den Brunnen in einem Seecontainer untergebracht, der kurz vor Ende des Versuchs samt Inhalt gestohlen wurde. Eine weitere Herausforderung war die Etablierung der analytischen Meßmethode für Anilin-Verbindungen in niedrigen Konzentrationsbereichen. Der Betrieb der Grundwasserreinigungsanlage ab 2009 erbrachte dann eine positive Überraschung: die Standzeit der Aktivkohle übertraf bei Weitem alle Erwartungen. Offensichtlich haben sich Mikroorganismen angesiedelt, die die Anilinverbindungen abbauen, so dass seit 2010 kein Aktivkohlewechsel mehr notwendig war. Das ergibt gegenüber den geschätzten Kosten eine Ersparnis in Höhe von jährlich ca Die laufenden Maßnahmen sanieren den Eintragsbereich und sichern die Fahnenspitze. Damit ist die Bearbeitung des Schadens jedoch noch nicht abgeschlossen. Da noch unklar ist, mit welchem mengenmäßigen Schadstoffpotential um die eine hochbelastete Messstelle zu rechnen ist, muß an dieser Stelle weiter erkundet werden. Aufgrund der Tiefe von ca. 75 m ist der Bau von Messstellen und Brunnen aufwändig und teuer. Es ist häufig auch nicht einfach, vor Ort den richtigen Standort für den Bohransatzpunkt zu finden, der entweder auf Privatgrundstücken, dem öffentlichen Straßenland oder in Kleingartengebieten liegen kann. Sollte sich nach den Untersuchungen erweisen, dass hier noch ein größeres Schadstoffpotential vorhanden ist, muss abgeschätzt werden, ob an dieser Stelle eine Sicherung zur Unterbindung der Nachlieferung des Schadstoffs in Richtung Abstrom sinnvoll ist, um möglicherweise die Sicherung an der Fahnenspitze zeitlich verkürzen zu können. 46

47 Im Fall der Anilin-Fahne kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt werden, wie lange die Sicherung an den ehemaligen Wasserwerksbrunnen aufrecht erhalten werden muss. Eine abschließende Sanierungsstrategie existiert hier noch nicht Mecoprop und Dichlorprop Im Bereich der Ostgalerie des Wasserwerkes wurden weitere, in Berlin nicht häufig angetroffene Schadstoffe in der ehemaligen Brunnengruppe 9 nachgewiesen: die Herbizide Mecoprop und Dichlorprop. Auch in diesem Fall waren die BWB diejenigen, die bei Routineuntersuchungen in ihren Brunnen darauf stießen und die Senatsverwaltung darüber im Jahr 2002 informierten. Seitdem wurde die Ausdehnung und die Herkunft der Fahne in mehreren Kampagnen erkundet: durch teufenorientierte Untersuchungen, Errichten von Messstellen und regelmäßige Grundwasseruntersuchungen. Obwohl es mehrere Verdachtsflächen für einen möglichen Eintrag gab, wie z.b. die Kleingartenkolonien, ggf. die ehemalige Trainierbahn der Trabrennbahn und die Bahnanlagen, konnte dort kein Eintrag nachgewiesen werden. Die Konzentrationen waren unterhalb dieser Flächen in den Teufenbereichen zwischen 20 und 30 m am höchsten, d.h. sie lagen bei max. 22 µg/l, jedoch nicht im Bereich der Brunnen. Im Vergleich zu den Schadstoffkonzentrationen in den anderen Transferpfaden ist dies gering, jedoch hoch genug, um eine Reinwasserkonzentration zu erzeugen, die oberhalb des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung von 0,1 µg/l liegt. Am Eintragsbereich müssten sich die höchsten oder zumindestens höhere Konzentrationen auch in den oberflächennahen Bereichen nachweisen lassen. Das war aber auf den Verdachtsflächen nicht der Fall. Die am weitesten nördlich in der Fahne liegende Messstelle, in der Pflanzenschutzmittel nachgewiesen worden sind, lag auf einem ehemaligen Militärgelände. Möglicherweise handelte es sich um einen örtlichen Eintrag geringen Ausmaßes. Seit 2003 wurden die Brunnen der Gruppe 9 als Sicherungsbrunnen betrieben und das Grundwasser über eine Aktivkohlenanlage gereinigt und zeitweise der Rohwasseraufbereitung im Wasserwerk zugeführt. Die Fördermenge sollte damals 60 m 3 /h betragen. Nach einigen Jahren funktionierte die Maßnahme jedoch nicht mehr so wie geplant, so dass die Grundwasserreinigungsanlage Anfang des Jahres 2012 ausser Betrieb genommen wurde. Die von den BWB übernommenen Brunnen ließen sich aufgrund ihres Alters nicht mehr wirtschaftlich regenerieren. Zudem gab es Probleme mit Gasblasenbildung im geförderten Grundwasser, was zu einer mangelnden Benetzung der Aktivkohle in der Grundwasserreinigungsanlage und damit zu einer Überschreitung der Reinwassergrenzwerte führte. Im selben Zeitraum ersetzten die BWB ihre alten Brunnen in diesem Bereich und stellten auf eigenbewirtschaftete Brunnen um, wobei auch das Förderregime geändert werden sollte. Diese Punkte machten für die Senatsverwaltung eine Neubewertung der Sanierungsmaßnahme erforderlich. Die Grundwassermodellierung unter Einbeziehung der neuen Randbedingungen ergab, dass auch weiterhin trotz der geringen Schadstoffgehalte eine Sanierung notwendig ist. Es wurde beschlossen, die bisherige Sicherung im Bereich der ehemaligen Wasserwerksbrunnen durch zwei neue Brunnen an hydraulisch besser geeigneten Standorten und einer höheren Fördermenge von 80 m 3 /h zu optimieren. 47

48 Abbildung 5: Luftbild des Wasserwerks mit eingezeichneter GWRA, Sicherungsbrunnen und Leitungstrasse (Quelle Abbildung 4 und 5: IGB GmbH, 2012) Abbildung 4: Modellierung der Sicherungsmaßnahme Die Planung und die Herstellung zweier neuer Brunnen und ihr Anschluss an eine bestehende Leitungstrasse mitten im Wald bzw. in der Wuhlheide erwies sich als anspruchsvoller als zunächst gedacht. Die Brunnenstandorte lagen ein wenig unzugänglich (zumindestens für Bohrfahrzeuge) mitten in zu schützenden Eidechsenhabitaten und Trockenrasengesellschaften. So waren mehrere Ortstermine mit dem Revierförster und dem Naturschutzamt notwendig, um die Maßnahme genehmigungsfähig zu planen und auszuführen. Die Auflagen umfassten das temporäre Umsiedeln von Eidechsen, Ersatzpflanzungen und neben der Wiederherstellung der durch die Baumaßnahmen betroffenen Flächen auch das Ansäen von Trockenrasen auf Ausgleichsflächen. Nicht nur aus Naturschutzgründen, sondern um Kosten und Zeit zu sparen, erfolgte der Leitungsbau im unterirdischen Vortrieb. Weiterhin waren intensive Abstimmungen mit den Berliner Wasserbetrieben notwendig, da die Rohwasserleitung zum Wasserwerk einerseits von den Baufahrzeugen überfahren, andererseits von den Leitungen zu den neuen Brunnen unterfahren werden musste. Die besonderen Anforderungen für das Bauen in Trinkwasserschutzzonen waren ebenfalls zu beachten. Zunächst wurden ab September 2012 die Brunnen gebohrt. Im Anschluß daran wurden Leitungen verlegt. Der Anschluß an die Grundwasserreinigungsanlage und deren Neubefüllung mit Aktivkohle konnte aufgrund der langanhaltenden Frostperiode erst im späten Frühjahr 2013 erfolgen. Die beiden Sicherungsbrunnen fördern seit der Inbetriebnahme im Mai diesen Jahres jeweils eine Grundwassermenge von 40 m 3 /h. Die Zulaufwerte für Mecoprop und Dichlorprop liegen zur Zeit bei unter 1 µg/l, jedoch wird davon ausgegangen, dass höher mit Herbiziden belastetes Wasser aus dem Anstrom herangezogen wird. Die Ergebnisse des regelmäßigen Grundwassermonitorings zeigen ein langsames Ausbluten der Fahne in Richtung Sanierungsbrunnen und Wasserwerk. Während am vermuteten Eintragsort schon kein Mecoprop und Dichlorprop mehr 48

49 nachgewiesen werden kann, werden die höchsten Konzentrationen von fast 11 µg/l im Anstrom der Sanierungsbrunnen festgestellt. So gibt es die Hoffnung, dass es sich bei dieser Maßnahme um eine endliche Sanierung handelt, die in einigen Jahren erfolgreich abgeschlossen werden kann. Abbildung 6: Verteilung der Schadstofffahne im Mai Schlußbemerkungen Bei der Sicherung eines innerstädtischen Wasserwerks stellt die Altlastensanierung eine durchaus komplexe, jedoch nicht unlösbare und in den allermeisten Fällen auch nicht unendliche Aufgabe dar, wie an den oben gannnten Beispielen gezeigt werden konnte. Neben den technischen Herausforderungen spielen bei der Altlastensanierung auch die politischen Rahmenbedingungen eine Rolle. Ist die Altlastenbehörde finanziell und personell nicht ausreichend ausgestattet, können viele Fälle nicht zeitgleich, sondern vermehrt nur nacheinander abgearbeitet werden. Dies kann dazu führen, dass Investitionensentscheidungen von Unternehmern und den Berliner Wasserbetrieben negativ ausfallen, dass Unternehmen abwandern oder unbelastete Flächen bebaut werden und Brachen in der Stadt langfristig liegenbleiben. Im Gegenzug werden im Rahmen der Altlastensanierung sehr viele kleine und mittelständische Unternehmen aus der Region mit der Durchführung der verschiedensten Arbeiten 49

50 beauftragt, so dass hier qualifizierte Arbeitsplätze erhalten und somit auch wieder Steuereinnahmen generiert werden. Zu den politischen Rahmenbedingungen gehört ebenfalls die Entscheidung, dass innerstädtische Wasserwerke erhalten bleiben und die Stadt mit Trinkwasser aus dem unter dem Stadtgebiet liegenden Grundwasserreservoir und dem Uferfiltrat versorgt werden soll. Die zunehmende Versiegelung kann einerseits die Grundwasserneubildung aus der Versickerung von Niederschlägen verhindern und andererseits zu Überlastungen des bestehenden Kanalsystems bei der Ableitung der Wässer aus Starkregenereignissen führen. Zum Schutz der Oberflächengewässer, aus denen das Uferfiltrat entsteht, gehören neben der Niederschlagswasseraufbereitung auch Fragen der Abwasseraufbereitung. Über die Klärwerksabläufe können die im Klärwerk nicht abbaubare Substanzen in die Oberflächengewässer und ins Grundwasser gelangen.. Der gesetzlich vorgeschriebene Schutz der Trinkwasserschutzzonen muß vollzogen werden. Die angesprochenen Aufgabenfelder sind komplex und im Gegensatz zur Altlastensanierung, die in einem überschaubaren Zeitraum abgeschlossen sein sollte, zeitlich unbegrenzt. 50

51 Möglichkeiten und Grenzen bei der Transferpfadsanierung in einem Wohngebiet Dipl.-Ing. Kai Diesner, Tauw GmbH 1. Einführung Bei der Sanierung einer großflächigen Schadstofffahne in einem Wohngebiet ergeben sich zahlreiche Herausforderungen, die neben den gesetzlichen Anforderungen maßgeblich durch die sensible Standortnutung bestimmt sind. Der Artikel geht schwerpunktmäßig auf die realisierten Maßnahmen zur Vorbereitung und Umsetzung der Transferpfadsanierung ein und stellt einzelne, ausgewählte Aspekte standortspezifischer Einschränkungen heraus. 1.2 Ausgangssituation In Berlin-Oberschöneweide haben sich bereits Ende des 18. Jahrhunderts, verstärkt aber Anfang des 19. Jahrhunderts unterschiedliche Industriezweige angesiedelt, die hauptsächlich entlang des rechten Spreeufers gelegen sind. Etwa zeitgleich hat das Wasserwerk Wuhlheide seinen Betrieb aufgenommen und diesen entsprechend des stetig steigenden Wasserbedarfs angepasst. Das Grundwassereinzugsgebiet des Wasserwerks erstreckt sich bis zur Spree und erfasst dabei auch die auf den Industriestandorten nutzungsbedingt in das Grundwasser eingetragenen Schadstoffe. Von diesen Schadstoffeinträgen stellen die Verunreinigungen mit leichtflüchtigen, halogenierten Kohlenwasserstoffen (kurz LHKW) im heutigen Teilsanierungsgebiet 3 aufgrund ihrer Toxizität und hohen Mobilität eine besondere Gefahr für das Wasserwerk dar. Zu dieser Schadstoffgruppe zählen die im Projektgebiet relevanten LCKW (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe) und FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe). Die LHKW wurden vermutlich im Zeitraum zwischen insbesondere auf den Standorten des ehemaligen Werks für Fernsehelektronik (Teilbereich Nord und Süd) eingetragen und haben sich seitdem in Grundwasserströmungsrichtung über die Grenzen der Betriebsgrundstücke hinaus bis zu den ca m entfernten Fassungsanlagen des Wasserwerks ausgebreitet. Im Rahmen der Altlastenbearbeitung wird diese Schadstofffahne als LHKW-Transferpfad Wasserwerk Wuhlheide bezeichnet, der eine Gesamtfläche von ca. 27 ha umfasst (s. Abbildung 1). 1.3 Nutzungsspezifische Randbedingungen Der Stadtteil Oberschöneweide ist durch eine Mischnutzung aus Gewerbe, Wohnen und Erholung (Volkspark Wuhlheide) gekennzeichnet (Abbildung 2). Das zwischen den Gewerbeflächen an der Spree und dem Volkspark gelegene Wohngebiet weist teilweise dichte Blockbebauung, Gebäudezeilen mit großzügigen Grünanlagen bis hin zu flacher Bebauung mit Hausgärten auf. In diese Stadtstruktur mit den verschiedensten Nutzungsinteressen hat sich die Altlastenbearbeitung ein- bzw. unterzuordnen. Eine Herausforderung, die nicht immer einfach, aber durch eine gute Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit aber auch Kooperation der betreffenden Grundstückseigentümer bewältigt werden konnte. 51

52 1.3 Geo-/hydrogeologische Randbedingungen Das Projektgebiet liegt regionalgeologisch im Berliner Urstromtal. Der geologische Aufbau ist durch mächtige, wasserführende Lockersedimente gekennzeichnet, die während der verschiedenen Eiszeitphasen des Quartärs hier abgelagert wurden. Von Bedeutung sind die zwei obersten Grundwasserleiterstockwerke der Weichsel- und Saale-Kaltzeit, die im Projektgebiet großräumig aber nicht flächendeckend durch grundwasserstauenden Geschiebemergelschichten voneinander getrennt sind. Diese geologische Besonderheit hat zusammen mit dem Förderbetrieb der Wasserwerksbrunnen entscheidenden Einfluss auf die Ausbreitungswege der Schadstoffe, die im folgenden Abschnitt erläutert werden. WW Wuhlheide Volkspark Wuhlheide Im Ergebnis verschiedener Erkundungs- und Grundwassermonitoringkampagnen, welche intensiv mit halbjährlichen Messungen seit 2000 durchgeführt werden, ist es möglich, die raumzeitliche Entwicklung der LHKW-Fahne auf dem Transferpfad zuverlässig nachzuvollziehen. Die LHKW-Kontamination wurde zwischen den ehemaligen Eintragsgrundstücken und den Wasserwerksbrunnen als Planungsgrundlage für die heute betriebenen Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen eingegrenzt. Mit Hilfe der Zeitreihen lassen sich Verlagerungsprozesse und die Wirksamkeit der Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen beschreiben und steuern. Grundwasserströmung Transferpfad FCKW-Fahne LCKW-Fahne Ehemalige Eintragsgrundstücke Abbildung 1: Lage des LHKW-Transferpfades (mit LCKW-Fahne) im Luftbild (links), Quelle: Digitale Orthophotos (DOP), 1:10.000, Bildflug Berlin August 2004, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Ref. III Abbildung 2: Reale Nutzung der bebauten Flächen (rechts), Quelle Umweltatlas Berlin, aktualisierte Ausgabe Schadstoffbelastungssituation 52

53 Unterschieden werden eine LCKW-Fahne, die großflächig von allen Grundstücksbereichen ausgeht sowie eine FCKW-Fahne, die auf den östlichen Teil der ehem. Eintragsgrundstücke zurückzuführen ist und entsprechend schmaler ausgeprägt ist. Die LHKW-Belastung beschränkt sich maßgeblich auf den ersten Grundwasserleiter, da durch den ausgedehnten Geschiebemergelhorizont eine vertikale Verlagerung weitestgehend verhindert wurde. Nur lokal, bei Fehlstellen des Geschiebemergels, konnten sich die LCKW bis in den zweiten Grundwasserleiter verlagern. Etwa 200 m vor den Wasserwerksbrunnen keilt der Geschiebemergel aus, so dass hier sowohl LCKWund FCKW-Verbindungen ungehindert in den GWL 2 abtauchen konnten. Die Ergebnisse des Grundwassermonitorings zeigen, dass sich die stoffliche Zusammensetzung der LHKW- Verbindungen verändert. So werden auf bzw. im unmittelbaren Abstrom der Eintragsbereiche noch teilweise die Primärsubstanzen (Tetrachlorethen, Trichlorethen, und Trichlortrifluorethan) festgestellt, während im weiteren Abstrom bedingt durch mikrobiologische Abbauprozesse eine Dechlorierung hin zu Vinylchlorid (VC), untergeordnet Ethen und Chlortrifluortehan festzustellen ist. Mit Ausnahme der gebildeten Ethene handelt es sich auch dabei um Verbindungen, die das Grundwasser erheblich gefährden. Prioritäres Sanierungsziel ist und bleibt damit die Anstromsicherung zum Schutz der Wasserwerksbrunnen und zur Sicherung der Trinkwassergewinnung. 3. Möglichkeiten und Grenzen der Transferpfadsanierung Bei der Planung von Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen sind insbesondere genehmigungsrechtliche, standortspezifische, technische und schließlich finanzielle Kriterien zu berücksichtigen, die teilweise gegenseitig aufeinander Einfluss nehmen. Einzelne Zusammenhänge beschreibt Abbildung 3. Übergeordnete genehmigungsrechtliche Anforderungen ergeben sich durch die einzelnen Gesetze. Weiterhin nehmen die standortspezifischen Rahmenbedingungen Einfluss auf die Genehmigungsfähigkeit, die auf dem Transferpfad eine bedeutende Rolle spielen. So sind in einem Wohngebiet z.b. hinsichtlich zulässiger Lärm- und Schadstoffemissionen oder der Sicherung von Baustellen strengere Vorgaben zu berücksichtigen als auf nicht öffentlich zugänglichen Industriegrundstücken. Die Standortbedingungen sowie die genehmigungsrechtlichen Anforderungen haben Einfluss auf die Wahl der Sanierungstechnologie, wobei sich umgekehrt, mit Blick auf Sanierungsziele und Einleitgrenzwerte, der Stand der Technik auch in den genehmigungsrechtlichen Vorgaben wieder finden muss (technische Machbarkeit). Hinsichtlich der Finanzierbarkeit sind nur diejenigen Maßnahmen genehmigungsfähig, die den Aspekten der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit genügen. Aufgrund besonderer genehmigungsrechtliche Anforderungen hat die Auswahl der Verfahrenstechnik wiederum Auswirkungen auf die Kosten und Finanzierbarkeit der Sanierung. 53

54 Genehmigungs fähigkeit - Sanierungsziele, - Trinkwasserschutz, - Einleitgrenzwerte, - Lärmschutz, Luftreinhaltung - Naturschutz - StVO Standortnutzung - Wohngebiet - Gebäudebestand, Straßen, Grünflächen, Infrastruktur - Öffentl. Zugänglichkeit - Techn. Zugänglichkeit - Stadtbild / Akzeptanz - TWSZ II/III WW Wuhlheide Finanzierbarkeit - Wirtschaftlichkeit, - Verhältnismäßigkeit Technische Machbarkeit - Hydrogeologie - Schadstoffeigenschaften - Schadensausdehnung - Stand der Technik - Abbildung 3: Vereinfachte Darstellung einzelner Zusammenhänge zwischen genehmigungsrechtlichen, standortspezifischen, technischen und schließlich finanziellen Kriterien 3.1 Sanierungsvorbereitende Erkundungen Für den Transferpfad war ein Monitoringsystem für das Grundwasser einzurichten, welches eine zuverlässige vertikale und horizontale Eingrenzung der Grundwasserbelastung und ein Langzeitmonitoring zur Bewertung des Sanierungsverlaufs erlaubt. Weiterhin sollte das Monitoringsystem zur hydraulischen Bewertung der Grundwasserströmungsverhältnisse sowie zur Planung und Steuerung der Grundwassersanierungsmaßnahmen genutzt werden. Im Zeitraum wurden in diesem Zusammenhang, ergänzend zu dem alten Messstellenbestand, 47 Grundwasserpegel im ersten und 37 Grundwasserpegel im zweiten Grundwasserleiter errichtet (Abbildung 4). In Abhängigkeit der geologischen Verhältnisse sowie des schadstoffspezifischen Ausbreitungsverhaltens der LHKW auf Staueroberflächen sind diese Messstellen in Form von Mehrfachmessstellen mit Oberpegeln im ersten Grundwasserleiter (unmittelbar über dem Geschiebemergel), Mittelpegeln (unterhalb bzw. in Höhe des Geschiebemergels) und Unterpegeln (nahe der Aquiferbasis des zweiten Grundwasserleiters) ausgebaut. Im Vergleich zur Erkundungsdichte auf den ehem. Eintragsgrundstücken (ca. 320 Monitoringpegel) ist die Messstellenanzahl auf dem Transferpfad mit aktuell ca. 126 Einzelpegeln deutlich geringer, was aufgrund der gut berechenbaren und zum Wasserwerk gerichteten Schadstoffausbreitung die Repräsentativität nicht einschränkt. Als wesentliche Einschränkung stellte sich die Zugänglichkeit von Hinterhöfen innerhalb der Wohngebiete heraus, so dass vereinzelt nur auf kleinere Bohrtechnik zurückgegriffen werden konnte. Diese besitzt wiederum Grenzen hinsichtlich der erreichbaren Erkundungstiefe, da der mächtige Geschiebemergel nur schwer zu durchörtern ist. 54

55 Abbildung 4: Messstellennetz im Transferpfad (links) und Abbildung 5: Messstellen-/Brunnenerrichtung im Wohngebiet mit großer und kleiner Bohrtechnik unter Einhaltung der erforderlichen Schutzvorkehrungen (rechts) 3.2 Sanierungsuntersuchung und Sanierungsplanung Unmittelbar nach Feststellung der Gefahrenlage Mitte der 90iger Jahre mussten geeignete Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen für den Transferpfad ermittelt und geplant werden. Da im Sinne einer Sofortmaßnahme zunächst nur die Umsetzung einer hydraulischen Maßnahme in Betracht kam, wurde ein Grundwasserströmungsmodell zur Bestimmung optimaler Brunnenstandorte und Förderraten erstellt. Als Planungsgrundlage für die Dimensionierung der pump&treat-maßnahmen dienten Grundwassergleichenpläne und Schadstoffbelastungskarten, die sich mit dem nun schrittweise ausgebauten Messstellennetz nun in abgesicherter Weise erstellen ließen. Zur Ermittlung hydraulischer Parameter und der Grundwasserbeschaffenheit wurden ergänzend hydraulische und hydrochemische Pumpversuche durchgeführt. Mit Säulenversuchen sollte sichergestellt werden, dass zur Reinigung der LHKW mit hohem VC-Anteil mittels Adsorptionsverfahren eine effektive Wasseraktivkohle eingesetzt wird. 55

56 Abbildung 6: Hydrogeologisches Modell für den Bereich des Transferpfads als Planungsgrundlage für hydr. Maßnahmen (links) Abbildung 7: Säulenversuchseinrichtung zur Ermittlung des Sorptionsvermögens unterschiedlicher Wasseraktivkohle (rechts) Im weiteren Projektablauf wurden alternative Sanierungsstrategien geprüft. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zum Einsatz von Grundwasserzirkulationsbrunnen setzte sich das pump&treat-verfahren aufgrund der gegebenen hydrogeologischen und hydrochemischen Verhältnisse, der hydraulischen Beherrschbarkeit und Steuerbarkeit sowie der besseren Überwachbarkeit und Quantifizierbarkeit der Maßnahmeneffektivität durch. Auch Laborversuche hinsichtlich des mikrobiologischen Abbaus der LHKW-Verbindungen führten aufgrund des fehlenden Nachweises zum FCKW-Abbau nicht zu einer Änderung der allein auf hydraulische Verfahren gestützten Sicherungs-/Sanierungsstrategie. Lediglich die LCKW wurden mikrobiologisch abgebaut, so dass der mikrobiologische in-situ-verfahrensansatz allenfalls für den Teil der LCKW-Fahne einsetzbar gewesen wäre. Zur Umsetzung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen in einem Wohngebiet waren im Rahmen der Planung die Hürden der sensiblen Flächennutzung anzugehen. Dazu war es erforderlich, die betroffenen Grundstückseigentümer und Anwohner mit ins Boot zu holen. Die Eigentumsverhältnisse auf dem Transferpfad sind maßgeblich nur auf 3 Wohnungsbaugesellschaften aufgeteilt, so dass der Aufwand für Abstimmungen überschaubar blieb. Durch intensive Gespräche mit den Eigentümern, Bürgerveranstaltungen, Postwurfsendungen und Hausanschläge wurden die betroffenen Anwohner auf die anstehenden Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwassergewinnung vorbereitet. Weitere Aufwendungen ergaben sich im Zusammenhang mit: - Beweissicherungsverfahren, in denen der Ist-Zustand protokolliert wurde, - Setzungsberechnungen, um eine grundwasserabsenkungsbedingte Setzung ausschließen zu können, - Sicherstellung einer barrierefreien Nutzung aller Wege und Eingänge, da aus Kostengründen für zeitlich befristete Tests Leitungen in der Regel oberirdisch / fliegend verlegt wurden, - Sicherung der Baustellen zur Vermeidung einer Unfallgefahr. 56

57 Abbildung 8: Pumpversuch am Brunnen OSW_23/03 zur Verifizierung des Schadstoffnachlieferungspotentials (links), Abbildung 9. Fliegende Leitung zwischen Brunnen und Reinigungsanlage im Rahmen des Pumpversuches an OSW_23/03 (rechts) 3.3 Hydraulische Sanierung und Sicherung Aufgrund der akuten Gefahrenlage stand fest, dass zur Sicherung des Wasserwerks Wuhlheide eine hydraulische Maßnahme (pump & treat) zu ergreifen ist. Gründe zur Auswahl von pump&treat waren: - günstige hydraulische Untergrundverhältnisse, - einfach zu dimensionierende und effektive Technik, - geringer Datenbedarf zur Planung, zum Teil kurzfristig zu erheben (z.b. Hydrogeologie, Grundwasserbeschaffenheit), - schnell zu implementieren und damit auch schnelle Gefahrenabwehr, - großräumige Wirkung bereits bei Installation einer geringen Anzahl von Brunnen. Sanierungsverlauf Transferpfad Austrag [kg] Förderrate [m³/h] GWRA Berl. Bär 0 GWRA OSW 2/98 GWRA Christuskirche GWRA An der Wuhlheide Abbildung 10: Betriebszeiträume der Grundwasserreinigungsanlagen, Förderraten und Schadstoffausträge 57

58 Den Auftakt der Grundwassersanierung bildete ein Brunnen an der Fahnenspitze im ersten / zweiten Grundwasserleiter sowie ein Brunnen in einem lokalen Schadensschwerpunkt im zweiten Grundwasserleiter. Schrittweise wurde das hydraulische Sicherungs- und Sanierungssystem um weitere Brunnen im ersten Grundwasserleiter erweitert. Insgesamt wurde Grundwasser aus 9 Brunnenstandorten gefördert und 4 Grundwasserreinigungsanlagen (GWRA) betrieben. Die einzelnen Phasen der Transferpfadsanierung gehen zusammen mit der Entwicklung des Schadstoffaustrags aus Abbildung 10 hervor. Die Maßnahmenstandorte sind in Abbildung 11 dargestellt. Das aktuelle Betriebsregime umfasst bis zu 5 Brunnen, deren Grundwasser auf dem Transferpfad über maßgeblich zwei GWRA gereinigt wird. Einschränkend war zu Beginn der Maßnahmenimplementierung noch die verfügbare Anlagentechnik. Schnell hatte sich aber der Stand der Technik weiterentwickelt, so dass neben den anfänglich eingesetzten Wasseraktivkohle- und kombinierten Strip- und Luftaktivkohleanlagen auch alternative Techniken (Schadstoffstrippung in Kombination mit katalytischer, thermischer Oxidation bzw. katalytischer UV-Oxidation) berücksichtigt wurden. Anhand der exemplarisch für zwei ausgewählte Förderbrunnen dargestellten Konzentrationsentwicklung wird die Wirksamkeit der hydraulischen Sanierung belegt (Abbildung 11). Für den Brunnen OSW_SB3/07 ist dieser Konzentrationsrückgang aufgrund der stetigen Nachlieferung der LHKW über den Transferpfad jedoch deutlich schwächer ausgeprägt als am Brunnen WHSI_4/04. Die Sanierung am Standort der GWRA Christuskirche wird damit wohl noch mindestens ein Jahrzehnt erforderlich sein. Demgegenüber sind als Folge der Sanierungsaktivitäten im Anstrom der GWRA Wuhlheide die Konzentrationen am Brunnen WHSI_4/04 an der Fahnenspitze bereits unter die Grenzwerte der Einleitung in die Regenwasserkanalisation gesunken, so dass unter Ausnutzung der genehmigungsrechtlichen Anforderungen sowie unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte auf eine zusätzliche Grundwasserreinigung seit Mitte 2012 verzichtet werden konnte. 58

59 LHKW [µg/l] 1000 WHSI_4/04 GWRA Wuhlheide mit WHSI/4/04 GWRA Christuskirche mit OSW_SB3/ GWRA OSW2/98 (GWL 2) 10 LCKW VC GWRA Berliner Bär FCKW LHKW [µg/l] OSW_SB3/ FCKW LCKW 10 VC Abbildung 11: Sanierungsstrategie, Darstellung der Maßnahmenstandorte sowie der Brunneneinzugsgebiete Abbildung 12: Sanierungsverlauf für zwei ausgewählte Brunnen im nördlichen Transferpfad Zu den größten Einschränkungen für die Anwohner durch hydraulische Maßnahmen zählen die Stellflächen der Grundwasserreinigungsanlagen, die je nach Verfahrensart bis zu ca. 100 m² in Anspruch nehmen. Hierdurch mussten Nutzungseinschränkungen auf Parkplätzen und Grünanlagen in Kauf genommen werden. Hinzu kommen Rohrbrücken für das Roh- und Reinwasser (insgesamt 3 Stck.), durch die das Stadtbild zusätzlich beeinträchtigt wird. Weiterhin wirken die geringen aber dennoch in unmittelbarer Nähe zur Anlage wahrnehmbaren Geräusche von Aggregaten oder der Wasserableitung in die Regenwasserkanalisation störend. Grundwasserreinigungsanlagen mussten daher vollständig eingehaust und schallisoliert ausgeführt werden. Abbildung 13: Rohrbrücke über die Straße An der Wuhlheide (links), Abbildung 14: GWRA Christuskirche, die Stripanlage mit katalytischer UV-Oxidation der Abluft ist vollständig in einem Container eingehaust und befindet sich auf einem Parkplatz (rechts) 59

60 Besondere Brisanz erhalten diese Beeinträchtigungen für Anwohner durch die lange Maßnahmendauer, deren Ende unter Berücksichtigung des Maßnahmenziels (Gefahrenabwehr für das Wasserwerk Wuhlheide), der niedrigen Geringfügigkeitsschwelle des relevanten Einzelparameters VC sowie einer stetigen Nachlieferung von VC durch mikrobiologische Abbauprozesse noch lange nicht erreicht ist. 3.4 In-Situ LCKW Abbau als alternatives Sanierungsverfahren Der Einzelparameter VC stellt mit Blick auf die Transferpfadsanierung einen Schlüsselparameter in vielerlei Hinsicht dar. - VC erhöht die Kosten der Grundwasserreinigung, da für eine effektive Abreinigung auf katalytische Oxidationsverfahren zurückgegriffen werden muss. - VC besitzt von allen LCKW-Parametern den niedrigsten Geringfügigkeitsschwellenwert (GFS für VC = 0,5 µg/l), so dass sich die Dauer der Sanierung maßgeblich an dem Einzelparameter VC orientieren muss. - VC wird unter anaeroben Milieubedingungen durch den mikrobiologischen LCKW-Abbau stetig nachgeliefert, was im Falle der beobachteten VC-Anreicherung den Sanierungsbedarf zusätzlich in die Länge zieht. Da der Anteil von VC insbesondere im nördlichen Transferpfad mind. 50%, lokal sogar > 90% ausmacht, erscheint es sinnvoll, diesem Problemstoff mit einer alternativen Sanierungstechnologie zu begegnen. Da VC unter aeroben Milieubedingungen verhältnismäßig gut mikrobiologisch abbaubar ist, kommt ein mikrobiologisches in-situ Verfahren zur Unterstützung der laufenden hydraulischen Transferpfadsanierung in Betracht. Diese Technik bietet im Vergleich zur hydraulischen Sanierung die Möglichkeit, die Sanierungsanlagen unterirdisch besser in das Stadtbild und die Flächennutzung zu integrieren. Notwendige Untersuchungen zum Sauerstoffeintrag im Aquifer wurden im Jahr 2012/2013 ausgeführt, mit dem Ergebnis, dass zur Aerobisierung des Aquifers mit passiven Verfahren (z.b. isoc ) ein enger Brunnenabstand von wenigen Metern erforderlich ist und die vollständige Aerobisierung des Reaktionsraums für den Schadstoffabbau eine mehrjährige Sauerstoffinjektion voraussetzt. Die Variantenbetrachtung dieser alternativen Sanierungsstrategie ist noch nicht vollständig abgeschlossen und erfordert eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Fest steht jedoch, dass auch der Einsatz dieser in-situ Verfahren technisch limitiert ist, da nutzbare Flächen zur Installation von Infiltrations-/ Injektionssystemen nur bedingt zur Verfügung stehen. Zudem ist die Ausdehnung der Schadstofffahne sehr großräumig, womit sich eine hohe Brunnenanzahl und ein nicht unerheblicher Eingriff in den Aquifer ergeben. 3. Zusammenfassung und Ausblick In einem Wohngebiet sind: - die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse - die Wohnbebauung mit Kinderspielplätzen und Grünanlagen - der dichte Leitungsbestand öffentlicher Ver- und Entsorgungsträger - die öffentliche Zugänglichkeit in Verbindung mit der Baustellensicherung - die eingeschränkte Zugänglichkeit für schwere Technik 60

61 - die Emissions-/Immissionsanforderungen hinsichtlich Lärm und Luft die Faktoren, die den Aufwand einer Maßnahmenumsetzung im Vergleich zu anderen Standorten mit weniger sensibler Nutzung erhöhen. Trotz dieser erschwerenden Bedingungen zur Umsetzung von Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen in einem Wohngebiet konnten bislang alle erforderlichen Maßnahmen zur Erkundung, Sicherung und Sanierung des LHKW-Transferpfades Wasserwerk Wuhlheide umgesetzt werden. Die Nachlieferung von LHKW über den Transferpfad, die Fließgeschwindigkeit sowie der verzögerte Stofftransport sind gegenwärtig die Faktoren, die den weiteren Verlauf der Transferpfadsanierung und die Maßnahmendauer bestimmen. Dabei ist es fast unerheblich, welches prinzipiell geeignete Sanierungsverfahren zur Transferpfadsanierung zum Einsatz kommt. Bislang stützt sich die Transferpfadsanierung auf einen rein hydraulischen Sanierungsansatz. Aufgrund der geringen LCKW-Belastung auf dem Transferpfad stehen die spezifischen Kosten bezogen auf den Schadstoffaustrag im Vergleich zu anderen Sanierungsprojekten in einem ungünstigen Verhältnis. Die Notwendigkeit der Sicherung der Trinkwassergewinnung im Wasserwerk Wuhlheide ist jedoch unstrittig und wird mit der bislang umgesetzten Sanierungsstrategie erreicht, so dass die Effektivität der Maßnahme und Verhältnismäßigkeit gegeben ist. Letztlich macht das Erfordernis einer längeren Sanierungszeit und eines zuletzt geringen Schadstoffaustrags eine hydraulische Maßnahme nicht automatisch ineffizient, sofern die hydraulische Maßnahme an veränderten Randbedingungen (Ausdehnung der Fahne, Konzentrationen) angepasst wird. 61

62 Sanierungsstrategien im Wandel eine Retrospektive am Beispiel eines ehemaligen Chemiestandortes Dipl.-Ing. Gudrun Schneider, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Dipl.-Ing. Friederike Zumloh-Failing, KWS Geotechnik GmbH 1. Ausgangssituation 1.1 Einleitung Eine Strategie (von Altgriechisch strategos, der Feldherr, Kommandant) ist nach Wikipedia ein längerfristig ausgerichtetes Anstreben eines Ziels unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel und Ressourcen. Die klassische Definition von Strategie als die Summe von meist langfristig geplanten Verhaltensweisen zum Erreichen eines Ziels wird heute jedoch kritisiert, weil die Planbarkeit nicht immer gegeben ist. Inwiefern Sanierungsstrategen auch in der Altlastensanierung auf ihre Grenzen stoßen und Sanierungsstrategien den veränderten Randbedingungen fortlaufend angepasst werden müssen, soll am Beispiel eines ehemaligen Chemiestandortes im Südosten Berlins, im Ortsteil Grünau beleuchtet werden. 1.2 Standortbeschreibung Abbildung 1: VEB Fotochemisches Werk Grünau, Lithografie Das ca. 9,9 ha große Gelände diente seit ca bis 1990 als Produktions- und Lagerstätte für die Herstellung von Pharmazeutika, Grundstoffe für Kosmetika und Seifen sowie andere chemisch-pharmazeutische Produkte. Insgesamt wurden nach der historischen Recherche eine Vielzahl von über 30 Produkten (u. a. Phenolphtalein, Clofibrinsäure, Bromnaphtalin, BTEX, Chlorbenzole, Nitrobenzol) hergestellt, wobei über die Verteilung der Produktion auf dem Gelände insbesondere vor 1939 wenig bekannt ist. Hinweise auf Großhavarien gibt es in den Jahren 1908 (Brand der Naphthalinanlage) und 1944, wobei durch Kriegseinwirkungen ca. 60% des Fabrikgeländes zerstört werden. Nach der Wende wurde das Grundstück als nicht betriebsnotwendiger Teil eines Firmengeländes von dem Erwerber abgespalten und der AGOS GmbH als 100%ige Tochtergesellschaft der TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbh übertragen. Im Jahr 1993 bis 1995 setzte die AGOS GmbH im Rahmen einer ABM- 62

63 Maßnahme mit 35 Mitarbeitern ein Stilllegungskonzept um, wobei im Zuge von Reinigungs-, Aufräum-, Sicherungs- und Demontagearbeiten noch vorhandene Reststoffe beseitigt und die oberirdischen Gebäude abgerissen wurden. Die unterirdischen Bauwerke wie z. B. Fundamente oder Leitungen verblieben im Untergrund. Das Grundstück lag zu diesem Zeitpunkt (noch) im Wasserschutzgebiet, Schutzzone III des stillgelegten Wasserwerkes Altglienicke und ist gemäß Flächennutzungsplan als Wohngebiet ausgewiesen. Im Jahr 1995 begann die TLG Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mit der Vermarktung des Grundstückes unter der Überschrift: Wohnen in Köpenick: Attraktiver Entwicklungsstandort im Südosten der Hauptstadt Berlin. 1.3 Historie der Projektentwicklung Im Zuge einer systematischen Erfassung aller Altlastenverdachtsflächen in Ostberlin wurde die Fläche im September 1992 in das Bodenbelastungskataster Berlin aufgenommen. In diesem Zusammenhang fand eine erste historische Recherche statt, in welcher sowohl die industrielle Nutzungsgeschichte als auch die verwendeten Produkte bzw. Schadstoffe ermittelt wurden. Die Ergebnisse einer im Auftrag der ehem. Eigentümerin durchgeführten orientierenden Ersterkundung (140 Rammkernsondierungen bis 3 m ugok, 9 Rammpegel, Bodenluftuntersuchungen) lagen zu diesem Zeitpunkt schon vor. Durch die Untersuchungen wurden fünf Hauptbelastungsbereiche sowie einige lokale Bodenverunreinigungen durch die Schadstoffe MKW, BTEX, LCKW, PAK und Chlorbenzole nachgewiesen. Die Ergebnisse waren für die weitere Erkundungs- und Sanierungsstrategie von maßgeblicher Bedeutung. Aufgrund des großen räumlichen Abstandes von einzelnen Bohrpunkten (bis zu 50 m) wurden im Jahr 1994/95 Detailuntersuchungen (150 Rammkernssondierungen bis 5 m GOK, Beprobung von Grundwassermessstellen) durchgeführt, mit dem Ziel, die erkannten Schadensherde lateral und vertikal einzugrenzen. Darüber hinaus wurden in Kenntnis der historischen Recherche nach einer Ortsbesichtigung zusätzliche Verdachtsbereiche und Schadstoffparameter (z. B. Anilin und derivate, Nitrotoluole) sowie eine Sedimentbeprobung der angrenzenden Dahme einbezogen. Sanierungsfläche 1: Feuergutlager und Umfeld Sanierungsfläche 2: Gebäude 117,118, Neutralisationsanlage, Kohleplatz Sanierungsfläche 3: Spezielle Synthesen (Umfeld Gebäude 70, 71) Sanierungsfläche 4: Produktionsbereich um Gebäude 109 Sanierungsfläche 5: ehemaliger Schrottplatz Abbildung 2: Ergebnisse der Erst- und Detailuntersuchung, Ausweisung von Sanierungszonen 63

64 Das Grundstück wurde im Jahr 1996 durch die TLG an einen potentiellen Investor verkauft, der später jedoch innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist von dem Kaufvertrag zurücktrat. In Verbindung mit der beantragten Freistellung von den Sanierungskosten waren sowohl für den Investor wie auch für die Senatsverwaltung und die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) die Höhe der Sanierungskosten von Bedeutung. Aus gegebenem Termindruck wurde ein Gutachter mit einer vorgezogenen Sanierungsrahmenkonzeption für das Grundstück beauftragt, welche eine hinreichend genaue Angabe von Sanierungskosten (Boden) enthalten sollte. Eine etwaige Grundwassersanierung wurde wegen des unzureichenden Kenntnisstandes zunächst ausgeklammert. Die Sanierungsrahmenkonzeption setzte die Festlegung von sanierungsrelevanten Bereichen voraus. Technische Grundlage für die Entscheidung war zum damaligen Zeitpunkt die Berliner Liste mit den Eingreifwerten der Kategorie I A (Wasserschutzgebiet). Parallel dazu wurde im Rahmen des Ökologischen Großprojektes ab Juli 1997 durch die Projektgruppe ein Teilsanierungskonzept für das Teilsanierungsgebiet 9, zu dem das Grundstück gehört erarbeitet und einvernehmlich im Jahr 1999 verabschiedet. Die TLG wurde darauf hin mit Bescheid vom von den Sanierungskosten bis zu einer Höchstgrenze von 31 Mio. DM freigestellt. In Gesprächen zwischen der TLG und der Senatsverwaltung wurde schon zum damaligen Zeitpunkt darauf hingewiesen, dass ein baubegleitende Sanierung vermutlich effektiver wäre, als ein (punktueller) Bodenaushub im Bereich der festgestellten Belastungsbereiche. Im Teilsanierungskonzept wurden die o. a. Schadensbereiche im wesentlichen bestätigt. Vorrangiger Sanierungsbedarf wurde für den Sanierungsbereich 2 des ehem. Naphthalinlagers gesehen, da neben der Kontamination des Grundwassers auch eine Verunreinigung des Wassers und Sedimentes der Dahme vorlag. Darüber hinaus wurden polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Naphthalin als die Hauptverunreinigungen angesprochen ( Leitparameter PAK ), die angeblich flächenhaft auf dem Grundstück verteilt wären. Daneben wurden punktuelle Verunreinigungen durch MKW, Bromnaphthalin und Metalle und pharmazeutische wirksame Verbindungen (Clofibrinsäure, Phenacetin) nachgewiesen. Weitere Untersuchungen zur Eingrenzung der Boden- und Grundwasserverunreinigungen sowie ein Grundwasserströmungsmodell wurden vorgeschlagen. Die vorgeschlagenen Untersuchungen wurden auf Grundlage einer Anordnung zu Sanierungsuntersuchungen vom durchgeführt und mündeten in einer Sanierungsanordnung im Oktober 2003, die seitens der Grundstückseigentümerin beklagt wurde. Ein neuer Investor erwarb das Grundstück Ende des Jahres Eine Rahmenvereinbarung zur Tiefenenttrümmerung wurde zwischen dem Investor und dem Land Berlin im März 2006 abgeschlossen. Die Rahmenvereinbarung regelte: die grundsätzlichen Bestimmungen zur Refinanzierung von Gefahrenabwehrmaßnahmen im Rahmen der Baufeldvorbereitung und Tiefenenttrümmerung, die Definition der Gefahrenabwehr im Rahmen der Baumaßnahme, den Ablauf der Bau vorbereitenden Arbeiten und die Einbeziehung der Projektgruppe (PG) Berlin in die Entscheidungsprozesse. Grundsätzlich handelte es sich bei dieser Sanierungsvariante um eine Maßnahme, die durch den Investor beauftragt, abgewickelt und finanziert wurde. Leistungen, die im Rahmen der Durchführung der Baufeld- 64

65 vorbereitung zur Gefahrenabwehr notwendig waren, wurden im Rahmen des okölogischen Großprojekts Berlin anteilig zu 90% (davon 75% Bund und 25% Land) refinanziert. Insbesondere fielen darunter die Mehrkosten bei der Entsorgung von kontaminierten Haufwerken, sofern die Schadstoffe im Anhang der Rahmenvereinbarung als gefahrenrelevant eingestuft wurden (z. B. PAK, BTEX, LHKW, MKW, Chlorbenzole, Arsen). Durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung konnte die Bodensanierung zusammen mit der Tiefenenttrümmerung realisiert werden, so dass sich zum Vorteil beider Vertragspartner Einsparungen durch Synergieeffekte (z. B. bei den reinen Baumaßnahmen) ergaben und eine Bodensanierung durch Aushub der gesamten kontaminierten Auffüllungsschicht vollständig umgesetzt werden konnte. 2. Sanierungsstrategien (Boden) gestern und heute Zusammen fassend kann man sagen, dass sich zur Umsetzung des Sanierungsziels für den Boden zwei grundsätzlich verschiedene Sanierungsstrategien gegenüber standen: Sanierungsstrategie 1: kleinflächiger, punktueller Bodenaushub von kontaminiertem Schadstoffnestern, (entspricht Sanierungsanordnung 2003) Sanierungsstrategie 2: vollständiger Bodenaushub der kontaminierten Auffüllung und danach Aushub von lokalen, tiefer reichenden Schadstoffnestern in der gesättigten Bodenzone (entspricht Baufeldvorbereitung mit Bodensanierung). In beiden Fällen soll die Sanierung im Hinblick auf den Wirkungspfad Boden Grundwasser eine Entlastung des Grundwassers durch eine erhebliche Verminderung der Schadstoffeinträge (Quellensanierung) erreichen. Darüber hinaus gewährleistet Sanierungsstrategie 2 durch den vollständigen Abtrag des Oberbodens eine nachhaltige Sanierung auch im Hinblick auf den Wirkungspfad Boden Mensch. Auch bezüglich des Grundwassers wurden unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit und Machbarkeit keine konkreten Sanierungszielwerte definiert. Auf die Thematik Grundwasser wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen, sie wird aber im folgenden Kapitel 3.4 näher erläutert. 2.1 Sanierungsziel Das grundsätzliche Sanierungsziel wird bei einer zukünftigen Nutzung als Wohnbebauung wie folgt beschrieben: Schaffung der Voraussetzungen für die Umnutzung des Altlastenstandortes zu einem Wohngebiet und Gewährleistung einer gefahrlosen sensiblen Folgenutzung (Pfad Boden Mensch). Abwehr von Gefahren für die menschliche Gesundheit über den Pfad Grundwasser Trinkwasser Verhinderung der Schadstoffausbreitung und verlagerung in / durch das Grundwasser. Zur Umsetzung des Sanierungsziels wurden zum einen die Prüfwerte der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) für den Oberboden, zum anderen die Beurteilungswerte der Berliner Liste 2005 für die gesättigte Bodenzone berücksichtigt. 65

66 2.2 Rahmenbedingungen Die Rahmenbedingungen für die Sanierung haben sich im Bearbeitungszeitraum zwischen 1990 und heute grundlegend geändert. Zum einen wurden am das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und am die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) eingeführt. Weiterhin wurde die Berliner Liste im Jahr 2005 überarbeitet, wonach die Feststoffwerte im Boden keinen verbindlichen Charakter mehr hatten. Zum anderen haben sich die wirtschaftlichen Bedingungen im Wohnungssektor geändert. Nachdem die Preise für Wohnimmobilien nach der Wende drastisch gefallen waren, war eine Vermarktung des Standortes als ausgewiesenes Wohngebiet über einen längeren Zeitraum nicht attraktiv. Erst durch den Verkauf des Grundstückes im Jahr 2005 und die damit verbundenen Maßnahmen zur Baufeldvorbereitung bzw. der Tiefenenttrümmerung wurde die Sanierung ermöglicht. In Folge dessen wurden im Rahmen der Freistellung ab 2005/06 finanzielle Mittel durch das Land Berlin bzw. den Bund zur Verfügung gestellt. Ferner wurde die Wasserschutzgebietszone des Wasserwerks Altglienicke aufgehoben. 2.3 Besondere Anforderungen Mit Einführung der BBodSchV wurden Prüfwerte für den Pfad Boden-Mensch im Oberboden (0 30 bzw. 50 cm) definiert. Da bei den Altuntersuchungen (Erst- und Detailuntersuchung) in den Rammkernsondierungen der erste Bodenmeter als Mischprobe untersucht wurde, war ein Vergleich mit den entsprechenden Prüfwerten und somit eine Bewertung des Pfades Boden - Mensch durch den Gutachter des Teilsanierungskonzeptes nur annäherungsweise möglich. Erschwerend bei der Durchführung der Untersuchungen war, dass Sondierungen vor der Tiefenenttrümmerung mit den im Untergrund verbliebenen Fundamenten und Bohrhindernissen aufgrund des schlechten Baugrunds kaum zu bewerkstelligen war. Eine weitere Schwierigkeit bei der Bewertung der Untersuchungsergebnisse hat sich aus heutiger Sicht durch ihre mangelnde Repräsentanz und Zuverlässigkeit ergeben. Im Boden waren Schadstoffe beispielsweise bei Wiederholungs- oder Eingrenzungsuntersuchungen nicht mehr auffindbar. Die Verbreitung einiger Schadstoffe wurde darüber hinaus über- bzw. unterbewertet. Wegen der hohen Verunreinigungen durch PAK im Bereich des Naphthalinlagers hat sich nach den Aussagen des Teilsanierungskonzeptes kurzzeitig angeboten, den Schadstoffparameter PAK als Leitparameter für die Bewertung heran zu ziehen. Die Bodenverunreinigungen durch PAK im Bereich des Naphthalinlagers sind bedingt durch den katastrophalen Brand im Jahr 1908 tatsächlich erheblich, dennoch ist PAK nicht flächenmäßig auf dem Grundstück in diesem Maße verbreitet. Der Schadstoffparameter Chlorbenzol hingegen, der im Boden kaum nachweisbar war, ist im Laufe der Untersuchungen unterbewertet worden. Ein großes Problem stellt die Diversität der unterschiedlichen Schadstoffverbindungen und gruppen bei einer Produktpalette von über 30 Verbindungen dar, die charakteristisch für einen pharmazeutischchemischen Standort ist, da es für die meisten Stoffe keine toxikologische Bewertung bzw. Prüfwerte gibt. 66

67 2.4 Bewertung der Sanierungsstrategien (Boden) Die nachfolgende Tabelle enthält eine zusammenfassende Bewertung: Umfang der sanierungsvorbereitenden Untersuchungen (ohne Entsorgungsuntersuchungen) Vollständigkeit des Aushubs kontaminierter Bereiche Risiko unerkannter schädlicher Bodenverunreinigungen Sanierungsstrategie 1 (lokaler Bodenaushub) sehr hoher Umfang für sanierungsvorbereitende Untersuchungen gering; nur punktueller bzw. lokaler Aushub hoch Sanierungsstrategie 2 (kombinierte Baufeldvorbereitung und Bodensanierung) Umfang für Sohlbeprobung gering, Möglichkeit zur augenscheinlichen Beurteilung der Beschaffenheit des (gewachsenen) Bodens hoch niedrig Kosten moderat hoch Wirtschaftlichkeit insgesamt relativ geringe Entsorgungskosten, jedoch ist in Anbetracht des hohen Risikos der Erfolg der Bodensanierung nicht sichergestellt, deshalb geringe bis mittlere Wirtschaftlichkeit insgesamt hohe Entsorgungskosten, dennoch sind Kosten durch Synergieeffekte bei der Baumaßnahme reduziert, deshalb guter Mitteleinsatz und hohe Wirtschaftlichkeit Tabelle 1: Zusammenfassende Bewertung der Sanierungsstrategien für den Boden Für den speziellen Standort wurde in Anbetracht der langjährigen intensiven industriell-gewerblichen Nutzung des Grundstückes und seiner geplanten zukünftigen Nutzung zu Wohnzwecken sowie der Absicht des Investors zur kompletten Tiefenenttrümmerung die kombinierte Baufeldvorbereitung und Bodensanierung (Sanierungsstrategie 2) als Vorzugsvariante ausgewählt. Wie sich im Rahmen der Umsetzung der Sanierungsstrategie 2 gezeigt hat, spiegeln die Ergebnisse der früheren Untersuchungen die Belastungssituation im Boden nur unzureichend wieder, so dass sich die Grundlagen für die im Jahre 2003 erlassene Sanierungsanordnung (Sanierungsstrategie 1) verändert darstellen. Insbesondere hat sich gezeigt, dass durch Sanierungsstrategie 1 nicht alle schädlichen Bodenverunreinigungen erfasst worden wären und ggf. gefahrenrelevante Kontaminationen des Bodens im Untergrund verblieben wären (vgl. Kapitel 3.1). In Anbetracht der geplanten sensiblen Wohnnutzung ist aber gerade ein hinreichendes Maß an Sicherheit notwendig, um das Grundstück für die geplante Nutzung freizugeben. 3. Umsetzung Altlastensanierung Wie in Kapitel 1.3 ausgeführt, wurde zur Umsetzung der Sanierungsstrategie 2 im Jahr 2006 zwischen dem Investor und dem Land Berlin eine Rahmenvereinbarung getroffen, die durch zahlreiche Synergieeffekte für beide Seiten Kostenvorteile und eine nachhaltige Sanierung erwarten ließ. Im Rahmen des Altlastensymposiums 2008 wurde bereits über die bis dato bereits durchgeführten und teilweise abgeschlossenen Maßnahmen zur Tiefenenttrümmerung, Baufeldvorbereitung und Bodensanierung berichtet, so dass an dieser Stelle nur noch eine zusammenfassende Darstellung erfolgt. 67

68 3.1 Baufeldvorbereitung mit flächigem Bodenabtrag und tiefreichender Bodensanierung Im Zeitraum Januar bis Dezember 2007 erfolgte die Entsiegelung und Tiefenenttrümmerung mit einem Flächenabtrag von ca. 2 m von durchschnittlich 35,14 m NHN auf 33,20 m NHN (Bausollhöhe). Mit dieser Maßnahme wurden 65 t Schadstoffe aus dem Untergrund beseitigt. Flächengröße ges.: ca m 2 Entsiegelung: ca m 2 Flächenabtrag bis 33,20 m NHN: ca m 3 Entsorgung LAGA > Z2: ca m 2 Schadstoffaustrag: ca. 65 t (PAK, BTEX, LHKW, MKW, Chlorbenzole, Arsen, Nitronaphthaline, Cyanide) Abbildung 3: Grundstück Regattastraße vor der Tiefenenttrümmerung 2006 Die Gesamtfläche wurde vor dem Flächenabtrag mit einem Raster von 20 x 20 m unterlegt und nach LAGA klassifiziert (Untersuchung von Mischproben). In auffälligen Bodenbereichen (> Z2 LAGA und/oder nach organoleptischen Kriterien belastet) wurden Detailuntersuchungen in der ungesättigten und gesättigten Bodenzone durchgeführt und Bodensanierungsbereiche auskartiert. Boden > Z2 Bauschutt > Z2 Nassaushub Wabenverfahren Abbildung 4 links: Klassifizierung Gesamtgrundstück bis 33,20 m NHN gemäß LAGA nach erfolgter Tiefenenttrümmerung Abbildung 4 rechts: Sanierungsbereiche Boden (gesättigte Zone) Mit der anschließenden Bodensanierung im Zeitraum März 2008 Dezember 2009 (Sanierungsfläche m 2, Sanierungstiefe 1,0 7,5 m u. GW-Spiegel) wurden nochmals m 3 Boden ausgetauscht und 30 t Schadstoffe eliminiert. 68

69 Abbildung 5: Bodensanierung im Zeitraum März 2008 Dezember 2009 Im Vergleich mit der zunächst vorgesehenen Sanierungsstrategie 1 (vergl. hierzu Abbildung 2 mit Abbildung 4, links) ist gut zu erkennen, dass die ursprünglich auskartierten Sanierungszonen nicht den tatsächlich kontaminierten Bereich erfasst hätten. In der wasserungesättigten Bodenzone wies nahezu der gesamte Grundstücksbereich gefahrenrelevante Belastungen auf, die mit dem flächigen Bodenabtrag von ca. 2 m weitestgehend beseitigt wurden. Weiterhin zeigen auch die in der gesättigten Bodenzone gemäß Abbildung 4 rechts dargestellten Sanierungsbereiche in der wassergesättigten Bodenzone eine zum Teil deutlich abweichende räumliche Verteilung als gemäß Abbildung 2 zu erwarten war. Es ist somit festzustellen, dass mit der kombinierten Baufeldvorbereitung und Bodensanierung (Sanierungsstrategie 2) die Anforderungen an eine nachhaltige Bodensanierung deutlich besser erfüllt werden konnten. Während und im Anschluss an die Bodensanierung wurden weiterführende Erkundungsmaßnahmen und Sanierungsuntersuchungen durchgeführt. Das Grundwassermessnetz wurde in diversen Kampagnen vervollständigt und ein regelmäßiges Grundwassermonitoring durchgeführt. Es zeigte sich eine vielschichtige Grundwasserkontamination, die sowohl bezüglich ihrer räumlichen Ausbreitung als auch bezüglich der Schadstoffkomponenten stark differierte. Mittels Pumpversuchen wurde geprüft, ob nach der erfolgten Sanierung noch Restquellpotentiale im Boden verblieben oder ob überwiegend im Grundwasser gelöste Schadstoffe abgebildet wurden, die einer hydraulischen Sanierung zugänglich sein können. Im Zeitraum November 2011 bis Januar 2012 wurden in zwei weiteren Bereichen nachlaufende Bodensanierungsmaßnahmen durchgeführt und nochmals 650 kg Schadstoffe aus dem Untergrund entfernt. 3.2 Sanierungsergebnisse Durch die genannten Maßnahmen wurden die Voraussetzungen für die sensible Folgenutzung am Standort geschaffen. Im Hinblick auf den Pfad Boden Mensch und die sensible Folgenutzung mit Wohnbebauung bestätigte die zuständige Ordnungsbehörde (Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, heute Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt) bereits am unter Bezugnahme auf die in den Jahren durchgeführten Maßnahmen zur Tiefenenttrümmerung und Bodensanierung folgendes:... Eine Befreiung vom Verdacht der schädlichen Bodenverunreinigung für das o.g. Grundstück im Bodenbelastungskataster (BBK Berlin) für den Wirkungspfad Boden Mensch kann unter der Voraussetzung des 69

70 Aufbringens der beabsichtigten Abdeckungsschicht von bis zu 2 m erfolgen... Somit bestehen hinsichtlich der geplanten Wohnnutzung keine Bedenken... Das vordergründige Ziel, den ehemaligen Chemiestandort in ein Wohngebiet zu überführen und dauerhaft gefahrlos nutzen zu können, ist somit erreicht worden. Das Grundwasser am Standort weist z.t. noch erhebliche Schädigungen auf. 3.3 Aktuelle Belastungssituation im Grundwasser Die Belastungssituation im Grundwasser zeigt ein sehr differenziertes Bild mit mehreren, zumeist räumlich getrennten und bezüglich des Schadstoffinventars stark abweichenden Erscheinungsformen. Zum Teil finden sich in unmittelbarer Nähe zu Hochlastbereichen vollständig unbelastete Grundwasserareale. Untersuchungen am östlichen Dahmeufer sowie umfangreiche Recherchen und Modellierungsarbeiten haben gezeigt, dass trotz einer temporär erfolgten Schadstoffunterströmung der Dahme eine konkrete Gefährdung der zur Trinkwassergewinnung genutzten Brunnen im Wasserwerk Friedrichshagen nicht gegeben ist. Die Bedingungen für eine Dahmeunterströmung (Trockenjahre/geringe Grundwasserneubildung + hohe Förderraten in der Galerie E des WW Friedrichshagen) lagen seit den 1990er Jahren nicht mehr vor und sind auch in absehbarer Zeit auszuschließen. Sowohl die durchgeführten Quellenbeseitigungen als auch die hydrodynamische Situation mit einem geringen Grundwassergefälle und den genannten Rahmenbedingungen bezüglich des WW Friedrichshagen wirken einer weiteren relevanten Schadstoffverlagerung mit dem Grundwasserstrom entgegen. Die am östlichen Dahmeufer vorliegenden Schadstoffbelastungen, Clofibrinsäure und nachrangig BTEX, LCKW und PAK, sind im wesentlichen auf Emissionen vom Grundstück Regattastraße (Unterströmung der Dahme) vor den 1990er Jahren zurückzuführen. Weiterhin ist festzustellen, dass - mit nur einer Ausnahme - ausschließlich der obere Aquiferbereich bis max. 10 m Tiefe unter GOK relevante Belastungen aufweist. Die auskartierten Schadensbereiche werden nachfolgend skizziert: SB 09 SB 07 Schadstoffe BTEX, Phenolindex, Chlorbenzole Arsen, Clofibrinsäure, BTEX Konzentrationsniveau Hauptparameter μg/l BTEX (GW-Monitoring), μg/l BTEX (Pumpversuch) 800 μg/l Arsen (GW-Monitoring), μg/l Arsen (Pumpversuch) Räumliche Ausdehnung Gering / punktuell, überwiegend im oberen Aquiferbereich (2 5 m u. GOK) Flächige Ausdehnung (80 * 40 m) mit gelösten Schadstoffen bis ca. 5 m u. GOK SB 05 GWM 41/12 Schadstoffe BTEX, Phenolindex, Chlorbenzole Chlorbenzole Konzentrationsniveau Hauptparameter Räumliche Ausdehnung > μg/l BTEX (GW-Monitoring), μg/l BTEX (Pumpversuch) Weitgehend abgegrenzt (ca. 25 x 40 m) im oberen Aquiferbereich (bis 8 m u. GOK) ca μg/l Chlorbenzole (GW- Monitoring), max μg/l Chlorbenzole (Erkundung) Flächige Ausdehnung (130 * 75 m) mit gelösten Schadstoffen bis ca. 5 m u. GOK 70

71 Ein deutlich abweichendes Bild zeigt der sogenannte Bereich SB 01 im nördlichen Grundstücksareal. Hier ist zu unterscheiden zwischen einem oberflächennahen, vergleichsweise großräumigen Belastungsbereich mit bis zu ca μg/l Chlorbenzolen, der offensichtlich durch mehrere Einträge verursacht worden ist und einen tiefen Belastungsbereich, der nur punktuell ausgebildet ist, jedoch massive Belastungen in ca m und m mit Phasenbildung (jeweils ca μg/l Chlorbenzole und Bromnaphthaline) aufweist. Hier wurde u.a. durch Langzeitpumpversuche und eine gezielte Absaugung an der Basis des im Phasenbereich installierten Brunnens geprüft, ob die Schwerphase mobilisiert und das Quellpotential beseitigt werden kann. Dieses ist ebenso wie eine deutliche Reduzierung der im Grundwasser gelösten Schadstoffe durch kontinuierliche Grundwasserförderungen nicht möglich. 3.4 Anpassung der Sanierungsstrategie 2 an aktuelle Erfordernisse Gemäß Kapitel 3.2 sind die Gefahren für das oberste Schutzgut, die menschliche Gesundheit, durch die vorangegangenen Maßnahmen beseitigt worden. Darüber hinaus sind die Voraussetzungen zur Umwidmung des Standortes mit höchsten Ansprüchen, die Errichtung eines attraktiven Wohngebietes am Ufer der Dahme geschaffen worden. Dabei sind seitens des Investors zusätzliche Maßnahmen zu realisieren, die die besonderen Anforderungen an die Projektentwicklung berücksichtigen und eine dauerhaft gefahrlose Standortnutzung sicher stellen. Hierzu zählen das Aufbringen einer 2 m mächtigen Abdeckungsschicht durch sauberen, für die anschließende Begrünung und Gartennutzung geeigneten Boden, der präventive Einbau einer Schutzfolie unterhalb der unterkellerten Gebäude in kontaminierten Bereichen und die dauerhafte Abdichtung der Sohle des Hafenbeckens zur Vermeidung des Kontaktes von kontaminiertem Grundwasser mit Oberflächenwasser sowie ein Nutzungsverbot für das Grundwasser. Vor dem Hintergrund der bereits erreichten Projektziele und der nur vergleichsweise geringfügigen Auflagen bzw.nutzungsbeschränkungen sind weiterführende Maßnahmen unter besonderer Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu planen und zu realisieren. Der Schwerpunkt ergänzender Maßnahmen liegt nun in der Verbesserung der Grundwasserqualität. Dabei werden keine Sanierungsziele/-zielwerte definiert. Vielmehr soll unter Einsatz von verhältnismäßigen finanziellen Mitteln eine bestmögliche Reduzierung der noch vorhandenen Schadstoffbelastungen in einem abgestimmten Zeitraum erfolgen. In Bezug auf hydraulische Maßnahmen kann das beispielsweise auch bedeuten, dass ggf. höhere Fördermengen mit durchschnittlich niedrigeren Schadstoffkonzentrationen zu einer besseren Zielerreichung als niedrige Fördermengen mit höheren Schadstoffkonzentrationen führen, sofern dadurch höhere Schadstofffrachtausträge erreicht werden. Eine Weiterführung der Maßnahme über den geplanten Zeitraum hinaus ist möglich, wenn die noch vorhandenen Restkontaminationen im Grundwasser dies nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen. 71

72 Vor diesem Hintergrund wurde ein Gesamtkonzept für den Standort Regattastraße entwickelt, welches im Frühjahr 2013 vorgelegt wurde und derzeit realisiert wird. 3.5 Abschließendes Gesamtkonzept Das abschließende Gesamtkonzept sieht hydraulische Maßnahmen in den unter Kapitel 3.3 genannten Kontaminationsbereichen mit überwiegend gelösten und im oberen Aquiferbereich auftretenden Schadstoffen im Grundwasser vor (SB 09, SB 07, SB 05, GWM 41/12, SB 01). Aus Sicht der Ordnungsbehörde ist die Grundwassersanierung aufgrund der derzeit vorliegenden Erkenntnisse über einen Zeitraum von 1 2 Jahren durchzuführen, so dass einschließlich einer 2-jährigen Nachsorge (GW-Monitoring) die Altlastensanierung bis 2017 abgeschlossen werden könnte. Hydraulische Sanierung bis ca. 10 m ugok SB 09 (BTEX): 1,5 m 3 /h SB 07 (Arsen): 2-4 m 3 /h SB 05 (BTEX, Chlorbenzole): 5 m 3 /h GWM 41/12 (Chlorbenzole): 6,5 m 3 /h SB 01 (Chlorbenzole, Bromnaphthaline): 6 7 m 3 /h Optional: SB 01: Ergänzende Quellsanierung durch lokalen Bodenaustausch bis 18 m ugok, kleinräumige Basisabdichtung an oberer Grenze des unteren Aquifer Abbildung 6: Hydraulische Sanierungsmaßnahmen gemäß abschließenden Gesamtkonzept Für die hydraulische Sanierung kann die im Vorfeld für Pumpversuche installierte Grundwasserreinigungsanlage genutzt werden. Für den Sanierungsbereich SB 01 wird weiterhin geprüft, ob das in m Tiefe unter GOK noch vorhandene Quellpotential mit verhältnismäßigen Mitteln beseitigt werden kann. Eine mögliche Maßnahme könnte hier ein kleinräumiger Bodenaustausch im Großlochbohrverfahren mit einer anschließenden Basisabdichtung des in diesem Areal untergliederten gut durchlässigen oberen Grundwasserleiters gegenüber dem überwiegend bindigen unteren Grundwasserleiter sein. 4. Kosten Zum Altlastensymposium 2008 wurde bereits über den Kostenstand 2006/2007 berichtet. In dieser Zeit wurden die Leistungen zur Baufeldvorbereitung und Tiefenenttrümmerung durchgeführt. Die dabei entstandenen Kosten gliedern sich in Bauleistungen, die als nicht refinanzierungsfähig zu 100 % durch den Investor getragen wurden und die dabei entstandenen kontaminationsbedingten Mehraufwendungen sowie weitere Leistungen zur Altlastenerkundung und überwachung unter Federführung der zuständigen Ordnungsbehörde mit einem Refinanzierungsanteil von 50 bzw. 90 %. Insgesamt sind in den Jahren 2006 und 2007 Kosten in Höhe von rund 10 Mio. EUR entstanden. Der refinanzierungsfähige Anteil betrug dabei rund 5,1 Mio. EUR. 72

73 In den Jahren /2013 fielen nahezu ausschließlich refinanzierungsfähige Kosten an. Dabei erfolgten die größten Ausgaben in den Jahren 2008 und 2009 für die Durchführung der Bodensanierung in der gesättigten Bodenzone. Bis Juli 2013 wurden insgesamt rund 13 Mio. EUR brutto im Rahmen der Altlastensanierung/Gefahrenabwehr (inkl. Altkosten TLG) refinanziert. 5. Fazit Im vorliegenden Fall hat sich gezeigt, dass die langfristige Planbarkeit von Maßnahmen und damit die Anforderungen gemäß der klassischen Definition von Strategie (Kapitel 1.1) - nicht gegeben war. Vielmehr haben kontinuierliche Anpassungen an den erweiterten Kenntnisstand, zeitnahe und kooperative Abstimmungen innerhalb der Projektgruppe und mit dem Investor zu einem hohen Maß an Flexibilität und damit zum Erfolg des Projektes geführt. Abbildung 7: Geplante Baumaßnahmen in der Regattastraße 73

74 Langzeitsanierung eines hochkomplexen Altlastenstandortes Schadstoffsanierung ohne konkretes Sanierungsziel - Ziele und Randbedingungen der Entwicklung - Dipl.-Chem. Dr. Andreas Kucht, GESA mbh; Dipl.-Geogr. Bernd Grützmann, IUP. Ingenieure GmbH 1. Einführung 1.1 Das Unternehmen GESA Die GESA Gesellschaft zur Entwicklung und Sanierung von Altstandorten mbh ist ein Unternehmen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) und damit ein mittelbares Unternehmen des Bundes. Die GESA mit derzeit 63 Beschäftigten hat ihren Hauptsitz in Berlin und eine Niederlassung in Leipzig. Die Schwerpunkte der Geschäftstätigkeit sind: Übernahme ökologisch belasteter oder sonstiger belasteter Flächen (z. B. Deponien, Grundstücke mit Altablagerungen, Grundstücke mit früherer industrieller Nutzung) aus dem Umfeld des Bundes. Entwicklung (Revitalisierung) der Grundstücke durch Sanierung, Abriss, Beräumung und infrastruktureller Erschließung Verkauf und Verpachtung von Liegenschaften 1.2 Lage des Grundstücks Das Grundstück im Glienicker Weg in Berlin-Adlershof war bis zum Teilerwerb durch die GESA im Oktober 2012 ein industriell genutztes Grundstück, auf dem die wirtschaftlichen Aktivitäten sich auf den sogenannten Kernbereich (ca m²) konzentrierten. Dieser wird nachfolgend auch als Nachbargrundstück bezeichnet. Der von der GESA erworbene Grundstücksteil mit rund m² wird im Nordwesten durch den Glienicker Weg und im Südwesten durch das Adlergestell begrenzt. Die östliche bis in den Süden verlaufende Grundstücksgrenze folgt dem Trassenverlauf der Deutschen Bahn AG. 1.3 Historische Nutzung Das Grundstück wurde seit 1882 gewerblich-industriell zur Produktion von Chemikalien (Laborchemikalien wie z. B. Lösemittel und Schwermetallsalze, Fotochemikalien, pharmazeutische Produkte, Kampfstoffe) genutzt. Mitte der 1950er Jahre kamen zur Produktionspalette noch Pflanzenschutzmittel wie Lindan und DDT hinzu. Nachdem das Grundstück seit 1882 in vollem Flächenumfang intensiv durch komplexe industrielle Produktionsprozesse geprägt wurde, beschränkte sich die Nutzung flächenmäßig auf das ca m 2 große Kerngebiet. Dieses unterliegt seit den 1990er Jahren bis heute einer intensiven Umstrukturierung. Die weiteren, überwiegend industriellen Brachflächen, werden in den kommenden Jahren durch die GESA entwickelt. 74

75 2. Ökologische Belastungen und Sanierung des Grundstücks 2.1 Boden, Bodenluft und Grundwasser Aufgrund der über 100jährigen Nutzungshistorie des Grundstücks als Produktionsstandort für verschiedenste chemische Produkte ist der Untergrund (Boden, Bodenluft und Grundwasser) mit einem komplexen Gemisch aus verschiedenen Schadstoffen belastet. Die weitreichenden Verunreinigungen sind im Wesentlichen durch Versickern von chemischen Abwässern, Ablagerung von Produktionsrückständen, Umschlagsverluste, Havarien und Kriegseinwirkungen verursacht worden. Der Boden ist im Wesentlichen durch organische Chlorpestizide (OCP), leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW), Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) und leichtflüchtige organische Aromaten (BTEX und Chlorbenzole) belastet. Die Bodenluft weist in einigen Bereichen hohe Belastungen durch LHKW auf. Der bei ca. 2 m unter GOK beginnende Aquifer ist bis in 40 Meter Tiefe durch LCKW, BTEX, As, Chlorbenzole und OCP geschädigt. Die Untersuchungs- und Sanierungsmaßnahmen begannen im Jahre 1992 und dauern bis heute an. Im Rahmen dieser Langzeitsanierung unterlag die Sanierungsstrategie stets einer Vielzahl von vorgegebenen und wechselnden Randbedingungen, die durch die heterogene Gemengelage von einzelnen Teilsanierungsfeldern, der Umstrukturierung eines komplexen Industriestandortes und nicht zuletzt durch einen sich ständig erweiternden Kenntnisstand zur tatsächlichen Schadstoffsituation geprägt ist. Daher waren und sind eine konsequente Abarbeitung der klassischen Altlastenmethodik und die Ableitung eines klar umrissenen Sanierungsziels nur mit Einschränkungen möglich. Die Sanierungsziele bzw. Randbedingungen wurden daher allgemein gehalten und für den Gesamtstandort wie folgt definiert: 1. Verhinderung der weiteren Verlagerung der Schadstoffe mit dem Grundwasser in Richtung der Wasserwerke Johannisthal und Alt-Glienicke 2. Quellsanierung Boden, Bodenluft und Grundwasser 3. Massive Reduzierung der Schadstofffrachten in den Quellbereichen 4. Reduzierung des Schadstoffpotentials auf dem Gesamtstandort 5. Gewährleistung der Nutzung als Industrie- und Gewerbestandort Der überwiegende Teil der bisher im Rahmen der Langzeitsanierung durchgeführten Maßnahmen war insbesondere von der letztgenannten Randbedingung - der Gewährleistung der industriellen und gewerblichen Nutzung im Kerngebiet- geprägt. Nicht zuletzt um diesem Punkt gerecht zu werden, wurden die Sanierungsmaßnahmen zunächst überwiegend auf den Bereich des heutigen Nachbargrundstückes konzentriert. Die voranschreitende Grundstücksentwicklung und der ständig wachsende Kenntnisstand aus aktuellen Erkundungen, aber auch der Auswertung bisheriger Gefahrenabwehrmaßnahmen, erlauben zunehmend eine Konkretisierung der Sanierungsstrategie. Auf Grund der langen und vielschichtigen Nutzungshistorie und dem daraus resultierenden Komplexschaden unterlag diese Sanierungsstrategie bis ca eher abstrakten Zielstellungen als einem konkreten Sanierungsziel. Diese Sanierungsziele lassen sich wie folgt umreißen: Sicherung und Sanierung von bereits bekannten Hot-Spots im Grundwasser Nutzung von Synergien der Grundstücksentwicklung bei der Sanierung von Hot-Spots im Boden 75

76 Erkundung und Charakterisierung einzelner Teilflächen innerhalb des Komplexschadens Die erste Phase der Sanierungsmaßnahmen am Standort war zunächst durch akute Gefahrenabwehrmaßnahmen geprägt, die auf Basis der Ersterkundungen festgelegt wurde. Im Zeitraum wurde mit 2 Grundwasserreinigungsanlagen rund m 3 Grundwasser in bekannten Hot-Spot Bereichen gefördert und ca. 85 t Schadstoffe (LHKW, BTEX, COP) aus den bis dato identifizierten Hauptlastbereichen entfernt. Die Grundwasserentnahme erfolgte hierbei mittels 3 Sanierungsbrunnen überwiegend aus dem Grundwasserleiter 1.3. Als weitere maßgebliche Maßnahme zur akuten Gefahrenabwehr erfolgte im Jahre 1996 in einem ca m 2 großen Areal die Entfrachtung der ungesättigten Bodenzone um ca. 260 t Schadstoffe (COP). In den Jahren wurden die Gefahrenabwehrmaßnahmen vorrangig im wirtschaftlich intensiv genutzten Grundstücksteil umgesetzt. In dieser Phase waren die Sanierungsmaßnahmen deutlich von der industriellen Nutzung des Standortes - insbesondere der fortschreitenden Standortentwicklung - beeinflusst. Ziel dieser Sanierungsmaßnahmen war es u.a. während der Standortentwicklung durch Nutzung von technischen und wirtschaftlichen Synergien baubegleitend bzw. bauvorbereitend bekannte oder im Zuge der Erschließungsmaßnahmen erkundete Schadstoffquellen in der ungesättigten Bodenzone zu beseitigen. Im Zuge von 4 Einzelmaßnahmen konnten insgesamt ca. 39 t Schadstoffe (COP) aus der ungesättigten Bodenzone entfernt werden. Parallel zur Umsetzung dieser Sanierungsphase in der überwiegend Bodensanierungsmaßnahmen dominierten, wurde die Sanierungsstrategie für die Grundwassersanierung Gesamtstandort erarbeitet. Neben Erkundungsleistungen zur Schadstoffverteilung wurden zur Aufklärung sanierungsrelevanter Randbedingungen folgende Maßnahmen durchgeführt: Phasenerkundung Biologische Abbauversuche Bilanzuntersuchungen Sanierungstechnik Pilotversuche innovative Grundwassersanierungstechnik Erkundung Bodenluft Ab dem Jahr 2003 erfolgte dann die Umsetzung der Planung mit der Errichtung einer zentralen GW- Sanierungsanlage mit einer komplexen Verfahrenstechnik sowie einem GW-Entnahmesystem mit temporär bis zu 31 Sanierungsbrunnen und einem Doppelleitungssystem. Die GW-Sanierungsstrategie berücksichtigt hierbei eine modulare Verfahrenstechnologie, die sowohl verfahrenstechnische als auch wirtschaftliche Flexibilität erlaubt. Die Inbetriebnahme erfolgte im IV.Quartal Analog zur Verfahrensweise bei Grundstückserschließungsmaßnahmen wurde zur Nutzung von Synergien die Verlegung der rund m Rohrleitungen genutzt, um den Kenntnisstand zur Belastungssituation der ungesättigten Bodenzone fortzuschreiben und durch den Grabenaushub aufgeschlossene Schadstoffherde auch im weiteren Bereich der Trassenführung zu beseitigen. Hierdurch konnten weitere ca. 12 t Schadstoffe aus der ungesättigten Bodenzone entfernt werden. Seit Inbetriebnahme der zentralen GWRA wurden rund 110 t Schadstoffe aus dem Grundwasser entfernt. Im anschließenden Zeitraum ( ) wurde eine Rastererkundung mittels Bodenluftprobenahme zur Identifizierung von Belastungsschwerpunkten in der ungesättigten Bodenzone durchgeführt. Im Ergebnis 76

77 konnte im Bereich eines ehem. Gebäudekomplexes ein BTEX-Hot-Spot Bereich ausgewiesen werden, dessen vertikale und horizontale Ausbreitungen mittels RKS sowie Linersondierungen abgegrenzt wurden. Nach Eingrenzung des Schadens erfolgte in den Jahren die Sanierung des lokalen Hauptlastbereiches auf einer Fläche von rund m 2 in der ungesättigten und der gesättigten Bodenzone mittels Bodenaustausch bis in eine Tiefe von 8 m unter GOK. Als Resultat konnte durch diese Quellensanierung aus der gesättigten Bodenzone eine Schadstofffracht von 110 t BTEX entfernt werden. Im Ergebnis von Pilotversuchen für unterstützende in situ Maßnahmen wurde 2006 das Teilsanierungsfeld 1 in Betrieb genommen. In einem randlichen Grundstücksbereich werden hierbei ca. 100 m 3 /d Reinwasser aus der Grundwasserreinigungsanlage zeitweise mit Zudosierung von Elektronenakzeptoren infiltriert. Im Zeitraum 2009 bis 2010 wurden in randlichen Flächen der früheren COP- A-Chargen-Sanierung weitere COP-Belastungsbereiche mit einer Gesamtfracht von ca. 29 t aus der ungesättigten Bodenzone entfernt. Die bis dato umgesetzten Erkundungs- sowie Sanierungsmaßnahmen wurden ab 2009 im Rahmen mehrerer Brainstormingtermine einer intensiven Überprüfung unterzogen. Im Ergebnis der Auswertung der Erfolge, aber auch der Defizite, wird seither die Sanierungsstrategie an die aktuellen Randbedingungen angepasst. Als Sanierungserfolge konnten die voranschreitende Quellenbeseitigung im Boden (ungesättigte Bodenzone) die voranschreitende Quellenbeseitigung im Boden (gesättigte Bodenzone) Frachtbeseitigung durch die GW-Sanierung die komplette hydraulische Sicherung des Standortes seit 2004 sowie die massive Frachtentfernung in den Hot-Spots ausgewiesen werden. Abbildung 1: Umsetzung Sanierungsstrategie bis

78 In einem ersten Schritt der Defizitauswertung wurde 2009 die intensive teilflächenkonkrete Recherche der Nutzungshistorie auf Grundlage nunmehr zur Verfügung stehender Kenntnisse veranlasst. Diese wurde erforderlich, da sich in Auswertung der bisherigen Sanierung in einigen Teilflächen ein erhebliches Nachlieferungspotential andeutete. Die erneute Recherche der Historie ergab folgende maßgebliche Defizite der bisherigen Sanierungsmaßnahmen: teilweise erhebliche, bisher nicht bekannte primäre Quelltherme in der gesättigten Bodenzone teilweise erhebliche, bisher nicht bekannte sekundäre Quelltherme im tieferen Grundwasserleiter Quelltherme werden nicht vollständig vom hydraulischen Sanierungsregime erfasst Aufgrund der gelösten und möglicherweise in einigen Bereichen in Phase vorliegenden Schadstoffe ist das Grundstück durch hydraulische Maßnahmen (Betrieb einer Grundwasserreinigungsanlage mit einer Vielzahl von Brunnen und Leitungen auf dem Standort) gegen den Abstrom von kontaminiertem Grundwasser gesichert. Ergänzende Maßnahmen wie z. B. der Aufbau von Reinfiltrationsriegel - unterstützen die Entfernung von Schadstoffen aus dem Untergrund. Durch historische Erkundungen wurde die Belastungssituation des Bodens in sogenannte Hochlasteintragsbereiche (HE-Bereichen) klassifiziert. Im Anschluss wurden diese Bereiche laboranalytisch untersucht, um die vermuteten Belastungen im Boden und Grundwasser zu verifizieren. Im Ergebnis der Erkundungen wurden die Bereiche dann nach Prioritäten in Bezug auf die Sanierungsdringlichkeit kategorisiert. In Auswertung der HE-Flächenerkundung und der bisher durchgeführten Sanierungsmaßnahmen ergeben sich folgenden Eckpunkte für die weitere Sanierungsstrategie: Weitere Quellenbeseitigung in der ungesättigten Bodenzone Weitere Quellenbeseitigung in der gesättigten Bodenzone Initiierung von innovativen in situ Verfahren, bevorzugt im GWL 2 Sanierung / Sicherung NW-Abstrom Ständige Optimierung der hydraulischen Sanierung Prüfung von Optionen zur Reinfitration von Reinwasser der GWRA Beseitigung von Kenntnisdefiziten in den HE-Flächen Der Verlauf der hydraulischen Sanierung mit den deutlichen Reduzierungen der Zulaufkonzentrationen sowie der nachhaltige Erfolg der bisher durchgeführten Quellenbeseitigung zeigen die Notwendigkeit weiterer Quellenbeseitigungsmaßnahmen im Sinne einer Unterstützung der Grundwassersanierung auf. Die nachfolgenden Abbildungen dokumentieren die in einigen Teilflächen nachhaltige Quellenbeseitigung. 78

79 Abbildung 2 und 3: Auswirkungen Quellenbeseitigung Benzol-Schaden Im Bereich der GESA-Fläche ist die Standortentwicklung der GESA und insbesondere der damit verbundene Gebäuderückbau eine maßgebliche Randbedingung für die Quellsanierung. Im Rahmen der Gefahrenabwehr wird im Einzelfall der Rückbau von Gebäuden zwingend erforderlich, um weitere Quellen in die gesättigten und ungesättigte Bodenzone beseitigen zu können. 2.2 Gebäudebelastungen Auf dem Gelände der GESA stehen heute noch 107 Gebäude, von denen die meisten wegen einer nicht mehr nachnutzungsfähigen und z. T. einsturzgefährdeten Bausubstanz abgerissen werden müssen. Im Wesentlichen handelt es sich hier um ehemalige Betriebs- und Produktionsgebäude, bei denen die Gebäudesubstanz entsprechend der Nutzungshistorie zum Teil hochgradig mit Produktionsrückständen belastet ist. Ein Beispiel hierfür ist ein Gebäude, in dem Pflanzenschutzmittel (PSM) produziert worden sind. Hier ist die Gebäudesubstanz durchsetzt mit PSM bzw. deren Metaboliten, so dass ein Großteil der anfallenden Rückbaumassen als gefährlicher Abfall entsorgt werden muss. Zudem kommen bei diesen Arbeiten noch die Mehraufwendungen für den Arbeits- und Immissionsschutz hinzu, die die Kosten des Rückbaus im Vergleich zu einem unbelasteten Gebäude weiter in die Höhe treiben. Andere Gebäude führen allein durch Belastungen mit Asbest und/oder KMF zu erhöhten Aufwendungen für Arbeits- und Immissionsschutz. Abbildung 4: Gebäudeübersicht 79

80 3. Entwicklung des Grundstücks 3.1 Altlastensanierung Boden, Bodenluft und GW Grundlagen Auf der Grundlage von Sanierungsanordnungen nach 10 Abs. 1 in Verbindung mit 4 Abs. 3 BBodSchG hat der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast, der Gesamtrechtsnachfolger bzw. der Grundstückseigentümer die Verpflichtung den Boden und Altlasten sowie die durch schädliche Bodenveränderungen verursachten Gewässerverunreinigungen so zu sanieren, dass keine Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Auf dieser Grundlage erfüllt die GESA als Grundstückseigentümer im Rahmen der Zustandsstörerhaftung die behördlich angeordneten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr Gefahrenabwehrmaßnahmen Auf dem GESA-Gelände sind derzeit anzuordnende Maßnahmen der Gefahrenabwehr für folgende Bereiche in Planung bzw. Vorbereitung: 1. Bereich HE 2/He4/HE22 (Erschießungsstraße) Boden und Grundwasser (wegen LCKW, BTEX, CLB) 2. Bereich HE11 Boden, Bodenluft und Grundwasser (wegen BTEX, LCKW) 3. Bereich HE 1 Boden, Bodenluft und Grundwasser (wegen COP, CLB, LCKW, BTEX) 4. Bereich HE 7 Boden und Grundwasser (wegen COP, LCKW, CLB, BTEX) 5. Bereich HE 16 Boden und Grundwasser (wegen COP) (CLB=Chlorbenzole, LCKW=leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe, BTEX=Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol, COP=chlororganische Pestizide) 3.2 Rückbau Allgemeines und Grundlagen Für die Planung des Rückbaus ist es notwendig, die im Rahmen der Baumaßnahme auftretenden Kontaminationen in der Gebäudesubstanz und damit die möglichen Gefährdungen der mit dem Rückbau Beschäftigten im Vorfeld zu erkunden, um daraus qualifizierte Leistungsbeschreibungen und anschließend eine Rückbauplanung mit dem erforderlichen Arbeitsschutz auszuarbeiten. Im Zusammenhang mit dem Rückbau industriell-gewerblich genutzter Gebäude ist immer die Frage nach schadstoffhaltigen Bauteilen und nutzungsspezifischen Kontaminationen der Gebäudesubstanz von Relevanz. Hierbei sind einige allgemeine und auch besondere Rechtsgrundlagen zu berücksichtigen, die der Bauherr / der Arbeitgeber sowohl im Vorfeld als auch bei der Durchführung eines Gebäuderückbaus zu berücksichtigen hat (Gefährdungsermittlung). Grundsätzliche Verantwortung hinsichtlich des Schutzes der Beschäftigten wird dem Arbeitgeber und damit dem Bauherren gemäß 4 (1) des Arbeitsschutzgesetzes aufgegeben. Er hat die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird. 80

81 Praktische Umsetzung findet diese Vorgabe in Form der Baustellenverordnung (BaustellV), hier insbesondere im 5. Die Regelungen der BaustellV gelten für jede Baustelle, unabhängig von der Art der Baumaßnahme. Bei Verdacht bzw. der Kenntnis schadstoffhaltiger Bauteile sind zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen der o. g. Regelwerke die Vorgaben der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) zu berücksichtigen. Nach der GefStoffV muss der Arbeitgeber / Bauherr vor dem Beginn von Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten oder Bauarbeiten für die Gefährdungsbeurteilung Informationen, insbesondere vom Auftraggeber oder Bauherrn, darüber einholen, ob entsprechend der Nutzungs- oder Baugeschichte des Objekts Gefahrstoffe, insbesondere Asbest, vorhanden oder zu erwarten sind. Die Umsetzung der aufgrund der ermittelten Gefährdungen erforderlichen Maßnahmen bei Ausführung von Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen wird in Form der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (staatliches Recht), hier insbesondere der TRGS Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen und durch die Berufsgenossenschaftlichen Regel 128 (BGR 128 kontaminierte Bereiche) beschrieben. Der Rahmen hierfür ist die Erstellung eines Arbeits- und Sicherheitsplanes (A+S-Plan), mit dem auf der Grundlage der Nutzungshistorie, des Zustandes des Bauwerks (z. B. Brandschaden) und Bauepoche das mögliche Schadstoffinventar abgeschätzt und durch Begehung und analytische Erkundungen verifiziert wird. Die vorgefundenen Gefahrstoffe werden nach ihrer Natur, ihrer Lage und ihrer Menge in einem Gefahrstoff-/Schadstoffkataster erfasst. Der A+S-Plan behandelt den Umgang und die Gefährdungen durch die vorhandenen oder vermuteten Gefahrstoffe und kann gegliedert werden in a) Beschreibung der Arbeiten, b) Gefährdungsermittlung und c) Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen. Hierauf aufbauend kann dann eine Abbruchkonzeption (mit Entsorgungswegen) ausgearbeitet werden, mit welcher das Leistungsverzeichnis und die Leistungsbeschreibung erstellt werden können. Auf dieser umfassenden Datengrundlage wird auch eine Kostenprognose für das Rückbauvorhaben möglich Abriss eines Produktionsgebäudes zur Baufeldvorbereitung Die Erfahrungen zeigen, dass gerade beim Rückbau von industriell-gewerblich genutzten Gebäuden die Kostenprognose oft von den tatsächlichen Kosten erheblich abweicht. Im Zuge von Erschließungsmaßnahmen für den beabsichtigten Bau einer Erschließungsstraße auf dem Grundstück musste die GESA zur Baufeldfreimachung ein ehemals industriell-gewerblich genutztes Gebäude mit einer Grundfläche von rund m² (ehem. Fass- und Ballonwäsche, siehe Abbildung 5) abbrechen. Bei dem Gebäude handelte es sich um ein nicht unterkellertes, eingeschossiges Gebäude. Für das Rückbauvorhaben wurde ein Schadstoffkataster angefertigt, das im Hinblick auf die Beprobungsdichte und die Auswahl der nutzungsspezifischen Schadstoffanalytik als angemessen zu bezeichnen war. Nach Durchführung der Abbruchmaßnahme musste festgestellt werden, dass die aus dem Schadstoffkataster abgeleiteten Prognosen für die Entsorgung sowohl zu den gefährlichen Abfällen Abbildung 5: Gebäude 39/40 81

82 als auch zu den Gesamtmassen erheblich von den realen Befunden abwichen (siehe Tabelle 1). Die Abweichung der Gesamtmassen ist dem Umstand zuzuschreiben, dass sowohl die Fundamente (auch Altbebauung) als auch die Wände wesentlich stärker dimensioniert waren als aus den vorhandenen Bauzeichnungen hervorging und die Erkundungen vermuten ließen. Weiterhin wich die Einstufung erheblicher Abbruchmassen nach Deklaration gemäß LAGA als gefährlicher Abfall wegen Überschreitung der Parameter PAK, Schwermetalle, Cyanide und Chlorid um mehr als den Faktor 3,5 von der Prognose nach oben ab. Massen geplant (t) entsorgt (t) bis Z >Z gesamt Tabelle 1 Die Gesamtkosten des Rückbauvorhabens verdoppelten sich hierdurch von 150 TEUR auf rund 300 TEUR. Vor dem Hintergrund eines relativ gut überschaubaren Rückbauobjekts und dem Vorliegen eines Schadstoffkatasters, nach dem die Bodenplatte mit 8 Kernbohrungen, das Mauerwerk (Innen- und Außenwände) mit 6 Materialproben bestehend aus je 40 Einzelproben und in verdächtigen Bauteilen (Dach und Brandschutztüren) mit 3 Proben separat auf das Vorhandensein von Asbest und KMF geprüft wurde, muss man den Schluss ziehen, dass nutzungsspezifische Kontaminationen nicht mit hinreichender Sicherheit im Vorfeld in ihrem vollem Umfang durch eine vorgelagerte und mit angemessenem Aufwand erstellten Analytik erkannt werden können, sondern erst als Haufwerksbeprobung, sofern nicht mit hohem Aufwand eine entsprechende Rasterdichte in der Beprobung erreicht wird. Welche Rasterdichte für eine zutreffende Kostenprognose bei industriell genutzten Gebäuden ausreichend ist, kann hier nicht allgemeingültig beantwortet werden, da dieses von verschiedenen Faktoren abhängt und in jedem Einzelfall geprüft werden sollte (z. B. Kenntnis über alle jemals im Gebäude gehandhabten Schadstoffe, Havarien, Leitungsverläufe und deren Verortung) Der im Mindestmaß zu betreibende laboranalytische Aufwand muss so geplant und ausgeführt werden, dass hierdurch eine Gefährdungsermittlung und damit die Ableitung von Schutzmaßnahmen für die mit dem Rückbau Beschäftigten möglich ist. Steht für den Investor/Bauherr die Verlässlichkeit der Plankosten im Vordergrund, ist ein Beprobungskonzept mit hohem laboranalytischen und damit finanziellen Aufwand erforderlich, da nur durch eine engmaschige Beprobung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch alle Kontaminationen in ihrer Ausbreitung erfasst werden können. Als vorgezogene Deklarationsanalytik für die Rückbaumassen sind solche Analysen nur in Abstimmung mit der Abfallwirtschaftsbehörde und in Einzelfallentscheidungen zulässig (z. B. beengte Platzverhältnisse, die eine Separierung auf Haufwerken unmöglich machen). 82

83 3.3 Geplante Verkehrs- und Medienerschließung Planungsrecht Planungsrecht Das Grundstück ist im FNP Berlin - veröffentlicht am , zuletzt aktualisiert am als gewerbliche Baufläche ausgewiesen. Von der GESA ist geplant, die bestehende Bebauung auf Grund ihres Zustandes in Teilschritten und in Abhängigkeit des jeweiligen Einzelzustandes der betreffenden Gebäude abzureißen, was zur Schaffung einer nicht mehr durch die vorhandene Bebauung geprägten Fläche führt, sondern zu einer Fläche, welche nach 35 BauGB zu beurteilen ist (Außenbereich im Innenbereich). Aus diesem Grund ist im Rahmen der Entwicklungsprojekts ein B-Plan-Verfahren zu durchlaufen. Die GESA hat mit dem zuständigen Stadtplanungsamt abgestimmt, dass sie einen Masterplan vorlegt, in dem die beabsichtigte Nutzung des Grundstücks dargestellt wird. Für die GESA stellt dieser Masterplan die wesentliche Grundlage zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit, Machbarkeit und Aufstellung der Ablauforganisation des Gesamtprojekts dar. Derzeit laufen zwischen der GESA und den Planungsbehörden die Abstimmungen zu dem vorgelegten Masterplan (Abbildung 6) Medien- und verkehrstechnische Erschließung Es ist vorgesehen, auf dem Gelände eine halbringförmige Haupterschließungsstraße beginnend und endend an den beiden Anschlüssen am Glienicker Weg anzulegen. Von dieser Haupterschließung ausgehend werden dann Abzweige zum Adlergestell und jeweils mit Wendehammer zur Bahntrasse und zum Teltowkanal geführt (siehe Abbildung 6). Die Haupterschließungsstraße soll insgesamt 19 m breit werden, wovon für die Fahrbahnbreite 7 m vorgesehen sind. Es ist vorgesehen, auf beiden Seiten der Straße Stellflächen für Längsparker sowie gemeinsame Geh- und Radwege zu errichten. Für die abzweigenden Nebenerschließungsstraßen soll ein geringerer Standard mit 11 m Gesamtbreite, davon unverändert 7 m Fahrbahn und beidseitige Gehwege, ausreichen. In allen Haupt- und Nebenerschließungsstraßen werden Trassen für die Medien Regenentwässerung, Schmutzwasserkanalisation, Trinkwasserleitungen, Erdgasleitungen, Straßenbeleuchtung, Stromversorgungskabel und Fernmeldekabel geführt. Es ist beabsichtigt, alle Erschließungsstraßen öffentlich zu widmen. Dazu ist es erforderlich, die einschlägigen Richtlinien und Vorschriften für die Anlage von Stadtstraßen unter Einbeziehung des zuständigen Tiefbauamts und der Medienträger zu berücksichtigen und diesbezügliche Vereinbarungen abzuschließen. Hierzu sind bereits erste Gespräche mit den Medienträgern geführt worden. Konkret hat die GESA einen Planungsauftrag zur Verlängerung der bereits bestehenden Erschließungsstraße in Verlängerung zur Nipkowstraße beauftragt. Diese Erschließungsstraße mit Kreisel dient der gemeinsamen Erschließung des GESA-Grundstücks und des Nachbargeländes. 83

84 Die geplanten Straßenzüge führen insbesondere im Bereich des auf dem Gelände geplanten zentralen Wendekreises zu einem Konfliktbereich aus erforderlichen Sanierungsmaßnahmen für Grundwasser und Boden einerseits und Tiefbaumaßnahmen für die Errichtung der geplanten Erschließungsstraße zwischen Wendekreis und Glienicker Weg andererseits. Der Konflikt besteht darin, dass in diesem Bereich Grundwasseraufschlüsse (Sanierungsbrunnen und Beobachtungspegel) optimal positioniert errichtet wurden, um das hochkontaminierte Grundwasser in einem hot-spot -Bereich zu sanieren. Durch den geplanten Bau der Erschließungsstraße muss die Ordnungsbehörde entscheiden, welche Grundwasseraufschlüsse weiterhin unverzichtbar sind diese sind dann zu erhalten bzw. an anderer geeigneterer Stelle neu (ggf. unter Flur) zu errichten - und welche zurückgebaut werden können. Zudem hat die Behörde über den Umfang der Sanierungsmaßnahme zu befinden. Erst nach Abschluss der Bodensanierung ggf. kann eine erforderliche GW- Sanierung parallel weiterbetrieben werden kann der sanierte Bereich Boden überbaut werden. Diese Konflikte setzen sich in mehreren Teilbereichen fort, so dass hierzu enger Abstimmungsbedarf zwischen Bauherrn und Ordnungsbehörde bzw. Projektgruppe mit dem entsprechenden zeitlichen Vorlauf für die Entscheidungsfindung und Umsetzung der erforderlichen Gefahrenabwehrmaßnahmen ermöglicht wird und der Bauherr Planungssicherheit erhält. 4. Vermarktung/Ausblick 4.1 Voraussetzungen Im Idealfall sind zum Zeitpunkt der Vermarktung alle Verwertungs- und Investitionshemmnisse beseitigt, d. h das Grundstück ist für den bestimmungsgemäßen Gebrauch gefahrlos nutzbar, alle nicht mehr nachnutzungsfähigen Aufbauten und technischen Anlagen sind zurückgebaut und die Fläche kann in der marktgerechten Parzellierung (Größe und Zuschnitt) voll erschlossen angeboten werden. Sofern vonnöten, sind auch die erforderlichen Immissionsschutzmaßnahmen bzw. auflagen (z. B. zulässiger Lärmpegel) mit den zuständigen Behörden abgestimmt. Dieser Idealfall kann bei einem Grundstück gerade mit komplexer Altlastenhistorie in den seltensten Fällen verwirklicht werden. In der Regel verläuft dann die Entwicklung sukzessive nach Baufeldern und ist oft von Nutzungseinschränkungen begleitet. Für das Grundstück Glienicker Weg steht bereits jetzt fest, dass aufgrund der flächendeckenden Kontaminationen eine größere zusammenhängende Fläche nicht entsiegelt werden darf, um eine Verfrachtung der in der Bodenmatrix eingeschlossenen Verunreinigungen durch Niederschlagswasser ins Grundwasser, welches ca. 2 m unter GOK ansteht, zu unterbinden. Welche Teilfläche zuerst vermarktet werden kann, wird auch davon abhängen, wann die auf diesem Areal erforderlichen Gefahrenabwehrmaßnahmen durchgeführt und beendet sein werden. Sofern Teilflächen angeboten werden können, die frei von solchen Maßnahmen sind, werden diese für die Vermarktung priorisiert. Bei (Tief)Baumaßnahmen ist auf dem Grundstück stets zu berücksichtigen, dass Erdaushub in der Regel abfallrechtlichen Regelungen unterliegt und somit nicht wieder einbaufähig sein wird. Das führt bei in den Untergrund eingreifenden Baumaßnahmen zu erhöhten Kosten bei der Entsorgung, den sogenannten kontaminationsbedingten Mehraufwendungen. Als kostenminimierende Baumaßnahme für die Errichtung von Gebäuden ist insoweit eine Flachgründung empfehlenswert, da hierbei ein Eingriff ins kontaminierte Grundwasser, welches dann im Zuge von Bauwasserhaltungen vor Ableitung kostenintensiv abgereingt 84

85 werden muss, unterbleiben kann und der Aushub auf die absolut notwendige Gründungstiefe beschränkt würde. Alternative Verfahrensweisen bedürfen gesonderter Regelungen, wie sie z. B. in einem für verbindlich erklärten Sanierungsplan nach BBodSchG oder in einem öffentlich-rechtlichen Sanierungs- und Entwicklungsvertrag getroffen werden können Potentielle Ansiedlungen In einem ersten Vermarktungsschritt soll versucht werden, Flächen aus dem GESA-Gelände angrenzenden Firmen anzubieten. Die östlich in Randlage liegende Teilfläche ist nur eingeschränkt wirtschaftlich sinnvoll mit Medien zu erschließen und eignet sich nur für spezielle Nutzungen. So ist es denkbar, diese Teilfläche für den Aufbau einer Photovoltaikanlage vorzusehen, die nur hin und wieder zu Wartungszwecken betreten werden muss. Der erzeugte Strom könnte zudem direkt an die benachbarten Betriebe verkauft werden. Am Glienicker Weg könnten Kleinbetriebe mit angeschlossenen Werkstätten und Laboren angesiedelt werden. Der mittlere Bereich bietet sich für Logistik- und Lagerzentren, Factory-Outlet-Center oder auch Recyclinghöfe an. Lebensmitteldiscounter, Möbel- und Baumärkte, Fitnesscenter, Autowaschanlagen, Tankstellen und Fast-food-Ketten sind weitere Zielgruppen der Vermarktung und Ansiedlung. Weitere interessante Vermarktungschancen könnten sich auch aus der Eröffnung des Flughafens BER ergeben. Die gute Erreichbarkeit des GESA-Standorts über die Autobahn und das Adlergestell sowie die kurze Entfernung von etwa 6 km sind gute Voraussetzungen für z. B. Logistiker und Zulieferer, die mit dem Flughafen Geschäftsbeziehungen pflegen und in unmittelbarer Nähe des BER keine entsprechenden Flächen wegen mangelnder Verfügbarkeit mieten oder kaufen können. 5. Kosten 5.1 Gefahrenabwehr Die Kosten für die Grundwasserreinigung und der hydraulischen Sicherung in Tabelle 2 beziehen sich auf einen Zeitraum von heute bis 2021 ff. Der Zeitraum nach 2021 umfasst dann im Wesentlichen nur noch das Monitoring und die hydraulische Sicherung des Grundstücks. Die Kosten der Boden- und Bodenluftsanierung beziehen sich auf hot-spot-sanierungen und die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen könnten insgesamt im Jahr 2017/2018 abgeschlossen sein. betroffenes Umweltgut Kosten (in TEUR, netto) Grundwasser Boden/Bodenluft Tabelle 2 85

86 5.2 Grundstücksentwicklung Die Kosten für die Grundstücksentwicklung lassen sich in einer ersten Prognose wir folgt beziffern: Pos. Leistungsgegenstand Kosten (in TEUR, netto) 1 B-Plan-Verfahren Ingenieurleistungen (Planung, BOL, BÜ) Gebäudeabbruch (ca m³ ur) Straßenabbruch (ca m²) Tiefenenttrümmerung (Schächte, Leitungen, Keller) Straßenneubauarbeiten(ca m²) Straßenbegleitgrün (ca. 60 Bäume) 50 8 Medien (Wasser, Entwässerung, Gas, Strom, Telekom.) Unvorhergesehenes ( 5 % auf Pos. 3-8) 500 Summe Tabelle 3 Die Entwicklung des Grundstücks verläuft so weit als möglich parallel zu den Gefahrenabwehrmaßnahmen und wird sukzessive durchgeführt. Nach Zwischennutzung (Vermietung und Verpachtung) und Verkauf der erschlossenen Teilgebiete können die Erlöse zur weiteren Grundstücksentwicklung wieder investiert werden. Abbildung 6: Masterplan 86

87 Sanierungskonzeptionen für aktive Industriestandorte unter Berücksichtigung von MNA Dipl.-Ing. Irina Müller, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt; Dipl. Biochem. Hubert Theißen, IMAGO ohg 1. Einführung Industriell genutzte Flächen sind nicht nur häufig Quellen für Boden- und Grundwasserbelastungen, sondern die mitunter bis heute fortgesetzte Nutzung schränkt die Möglichkeiten für eine Beseitigung der Schadstoffquellen ein. Darüber hinaus haben sich vor allem bei der Schadstoffgruppe der LCKW räumlich aushaltende Schadstofffahnen ausgebildet, die über die industriell genutzten Flächen hinausreichen. Eine vollständige Entfernung der Schadstoffe aus den kontaminierten Medien durch aktive Sanierungsmaßnahmen ist deshalb zumeist mit verhältnismäßigen Kosten nicht zu erreichen. Im letzten Jahrzehnt wurde deshalb immer stärker der Beitrag, den der natürliche Schadstoffabbau liefert, bei der Sanierungsplanung berücksichtigt. Die Möglichkeiten der Einbeziehung reichen dabei von einer technologischen Erhöhung der natürlichen Abbauleistung bis zu einer rein beobachtenden Variante, dem MNA ( Monitored Natural Attenuation ), die davon ausgeht, dass die natürlichen Abbau- und Rückhalteprozesse ausreichen, die weitere Schadensausbreitung vor Erreichen eines schützenswerten Rezeptors zu verhindern. Eine behördliche Sicht dazu wurde im LABO-Positionspapier Berücksichtigung der natürlichen Schadstoffminderung bei der Altlastenbearbeitung dargestellt. Hier wird MNA als konzeptioneller Ansatz beschrieben, der dann zum Tragen kommt, wenn weitere Maßnahmen zur Schadstoffmengenreduzierung nicht mehr mit verhältnismäßigen Mitteln umsetzbar sind. Weiterhin werden grundlegende Anforderungen an die Erstellung eines MNA- Konzeptes formuliert. An drei ausgewählten Schadensfällen soll hier vorgestellt und diskutiert werden, ob und welche Rolle der natürliche Schadstoffabbau bei der Bearbeitung spielen kann. Die Schadstoffe an den drei Standorten sind ausschließlich chlorierte Ethene (LCKW), da - im Gegensatz zu aromatischen und Mineralölkohlenwasserstoffen - bei LCKW im Allgemeinen die Erwartungen an den natürlichen Abbau und die Möglichkeiten, ihn im Rahmen der Sanierung einzusetzen, deutlich geringer sind. Die drei Schadensfälle befinden sich alle im Berliner Bezirk Pankow und werden im Rahmen eines Freistellungsverfahrens bearbeitet. Die drei Beispielfälle lassen wie folgt zusammenfassen: Fallbeispiel 1: Fallbeispiel 2: Fallbeispiel 3: Erfolgreiche Quellensanierung, räumlich weit aushaltende und aktuell eingegrenzte, aber vermutlich nicht stabile Schadstofffahne Quellensanierung aktuell nicht möglich, Schadstofffahne im Entstehen. Quellensanierung noch nicht durchgeführt, räumliche aushaltende aber begrenzte Schadstofffahne vorhanden 87

88 2. Beschreibung des aktuellen Bearbeitungsstandes der drei Schadensfälle 2.1 Fallbeispiel 1: Ehemalige Kondensatorenfabrik Der erste Fall ist die Hinterlassenschaft eines ehemaligen Herstellers von Industriekondensatoren. Über Jahrzehnte verteilt gelangten immer wieder größere Mengen an LCKW und PCB in den Untergrund. Der letzte größere Eintrag fand in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts statt, als mit PCB gefüllte Transformatoren auf dem Gelände unsachgemäß gereinigt wurden. Zwischen 2002 und 2013 fanden vier aktive Maßnahmen zur Reduzierung des Quellstärkenpotenzials statt (s. Tabelle 1). Maßnahmeort Zeitraum Verfahren Austrag Eintragsstelle Bodenluftabsaugung kg Eintragsstelle Bodenluftabsaugung 750 kg Eintragsstelle Pump &Treat kg Naher Abstrom GZB kg 2. Bauabschnitt In-situ Mikrobiolog. 300 kg Gesamt kg Tabelle 1: Aktive Maßnahmen und Schadstoffaustrag Fallbeispiel 1 Nachdem das Quellstärkenpotenzial um mehr als 95% verringert werden konnte, befindet sich nun die überwiegende Schadstoffmenge (mehrere Tonnen) in der Schadstofffahne, die bei einer Länge von ca m eine Breite im Fahnenkern von m besitzt und sich durch eine geohydraulisch bedingte Tiefenverlagerung zwischen 35 und 45 m ugok befindet. a) b) Abbildung 1: Fahnenstruktur Fallbeispiel 1, a) laterale Ausbreitung und b) Tiefenverteilung und Konzentrationsverlauf Die Konzentrationsverteilung der LCKW innerhalb der Schadstofffahne zeigt dabei ein ungewöhnliches Muster (s. Abbildung 1). Statt des üblichen, von der Eintragsstelle zum Fahnenende hin abnehmenden, Gradienten sind hier über die Fahnenlänge verteilt mindestens 3 Hochlastbereiche mit Maximalkonzentrationen von bis zu µg/l festgestellt worden, die sich mit dem Abstrom entlang des Fahnenkerns bewegen. So wurden noch in einem Abstand von m von der Eintragsstelle LCKW- Konzentrationen von ca µg/l bestimmt. Die LCKW-Zusammensetzung in den Hochlastbereichen unterscheidet sich deutlich von der 88

89 in den dazwischen liegenden Bereichen. In allen Hochlastbereichen stellt das Ausgangsprodukt Trichlorethen den bei weitem überwiegenden Bestandteil, während in den Zwischenbereichen cis-dichlorethen die stärkste Fraktion bildet. Dies trifft auch schon auf die Bereiche zu, die sich in der Nähe der Eintragsstelle befinden. Chlorethen und das Endprodukt der Dechlorierung, Ethen, spielen keine Rolle. Da sich die grundsätzliche Zusammensetzung innerhalb einzelner Fahnenbereiche nicht ändert und offensichtlich auch keine größere Abnahme der Maximalgehalte stattfindet, ist aktuell nur ein geringes natürliches Abbauvermögen zu vermuten. Dies bedeutet auch, dass die Fahnenspitze wahrscheinlich nicht stabil oder sogar rückläufig ist. Das Fallbeispiel 1 ist also dadurch charakterisiert, dass eine erfolgreiche Quellensanierung stattgefunden hat. Wegen des sich bereits in der Fahne befindlichen Schadstoffpotenzials und des im Vergleich dazu geringen Abbauvermögens ist die Schadstofffahne dennoch nicht stationär oder sogar schrumpfend. 2.2 Fallbeispiel 2: Metallverarbeitender Betrieb Auch im zweiten Fall kam es auf dem Gelände eines metallverarbeitenden Betriebes über Jahrzehnte wegen Havarien und Handhabungsverlusten zu einem Eintrag von mehreren Tonnen LCKW in den Untergrund. Die Eintragsbereiche befinden sich dabei unterhalb auch aktuell für die Produktion genutzter Gebäude innerhalb eines kleinräumig inhomogenen, linsenförmigen und sandig ausgeprägten Mergels, der allseitig von dichteren Mergelpaketen umgeben ist. In den sandigen Bereichen wird Grundwasser angetroffen. Der Hauptgrundwasserleiter ist durch eine ca. 1 m mächtige Schluffschicht abgetrennt. Die im Zusammenhang mit der LCKW-Verunreinigung durchgeführten Maßnahmen sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Maßnahmeort Zeitraum Verfahren Austrag Eintragsstelle Bodenluftabsaugung 250 kg Eintragsstelle Bodenluftabsaugung kg Umfeld Eintragsstelle Pump &Treat 320 kg Gesamt kg Tabelle 2: Aktive Maßnahmen und Schadstoffaustrag Fallbeispiel 2 Die mithilfe von Vertikalbrunnen und Horizontalfilterbrunnen durchgeführte Abreinigung der Bodenluft erwies sich als nachhaltig. Da wegen der Nutzung der Produktionshallen an den Eintragsstellen keine Brunnen errichtet werden konnten, wurde versucht, den Quellbereich hydraulisch von außen zu erreichen. Im Hauptgrundwasserleiter wurden mit mengenmäßig geringen Schadstoffausträgen die LCKW- Konzentrationen soweit verringert, dass keine relevanten Schadstofffrachten in den Abstrom gelangen. Für den Eintragsbereich ergab sich allerdings keine nachhaltige Reinigungswirkung, da aufgrund der geringen hydraulischen Durchlässigkeiten und der Heterogenität die Schadstoffquellen nicht erreicht wurden. Da auch alternative Verfahren keine Verbesserung versprachen, wurden die aktiven Maßnahmen zur Reduzierung des Quellpotenzials 2004 eingestellt. 89

90 N a) b) Abbildung 2: a) Ausbreitung LCKW im Hauptgrundwasserleiter und b) Änderung der LCKW-Konzentrationen , Fallbeispiel 2 Im Rahmen der Nachsorge und für eine erste Abschätzung des vorhandenen Rückhalte- und Abbauvermögens wurden dann ab 2005 regelmäßige Monitoringkampagnen durchgeführt. Die seitdem beobachtete Ausbreitung der Schadstoffe bis zur Grundstücksgrenze und auch der Anstieg der Schadstoffkonzentrationen bis in die Nähe der Ausgangsgehalte vor Beginn der hydraulischen Maßnahme belegen das weiterhin vorhandene Nachlieferungspotenzial. Die LCKW im Transferbereich von der Eintragsstelle zum Grundstücksrand bestehen hauptsächlich aus dem ursprünglich eingetragenen Tetra- und Trichlorethen, sodass zumindest im quellnahen Bereich des Hauptgrundwasserleiters kein erhebliches Abbauvermögen zu vermuten ist. Das zweite Fallbeispiel ist dadurch charakterisiert, dass auf absehbare Zeit eine Reduzierung der Quellstärke mit verhältnismäßigen Mitteln nicht möglich erscheint und aktuell erstmals die Ausbildung einer Schadstofffahne zu verzeichnen ist. 90

91 2.3 Fallbeispiel 3: Industrie- und Gewerbeareal Das dritte Fallbeispiel behandelt ein weiterhin intensiv genutztes Industrie- und Gewerbeareal, auf dem mehrere LCKW-Eintragsstellen vorhanden sind. Es lassen sich zwei Schadensbereiche deutlich unterscheiden. Im ersten Bereich, der den flächenmäßig größten Anteil ausmacht, finden sich bereits größere Anteile der Abbauprodukte, hauptsächlich cis-dichlorethen. Die Abbaureaktionen haben zu einem erheblichen Teil auch schon an den Eintragsstellen stattgefunden. Als Elektronendonoren dienen die an gleicher Stelle eingetragenen Mineralölkohlenwasserstoffe. Aufgrund der höheren Mobilität der Abbauprodukte haben sich daraus flächig aushaltende Schadstofffahnen entwickelt, die einen größeren Teil des Geländes umfassen und bis zum Vorfluter am Nordrand des Geländes reichen. Der zweite Schadensbereich, bei dem noch kein wesentlicher Abbau der eingetragenen Stoffe bis zum cis- Dichlorethen stattgefunden hat, findet sich am nordwestlichen Rand des Grundstücks. Auch hier haben sich Schadstoffe mit dem Grundwasserabstrom bis zum Vorfluter ausgebreitet. Aufgrund der sehr hohen Schadstoffgehalte lassen sich hier die LCKW sogar im Vorfluter nachweisen. Abbildung 3: Ausbreitung LCKW, getrennt nach Tetrachlorethen + Trichlorethen und cis-dichlorethen, Fallbeispiel 3 Im Gegensatz zu den beiden anderen Fallbeispielen wurden im Fallbeispiel 3 noch keine aktiven Maßnahmen zur Reduzierung von Quellpotenzialen oder zur Unterbrechung von Transferpfaden durchgeführt, die wesentlich zur Verminderung des Eintrags von Schadstoffen in den Vorfluter beitrugen. Der aktuelle Bearbeitungsstand befindet sich in der Phase der Sanierungsuntersuchung und der konzeptionellen Entwicklung von Maßnahmenoptionen. Die Nutzung des Geländes schließt Maßnahmen zur Quellensanierung, die größeren Installationsaufwand erfordern und räumlich übergreifende Maßnahmen zur Sicherung des Transferpfades aus. Deshalb wurden zunächst im Rahmen der Sanierungsplanung lokal begrenzte Verfahren betrachtet. Im Schadenbereich 1, in dem bereits ein erheblicher Abbau stattfindet, liegt die Durchführung von Maßnahmen, die den mikrobiellen Abbau weiter verstärken, nah. Aus diesem Grund wurde ein Feldversuch durchgeführt, bei dem im Transferbereich die vollständige Dechlorierung der LCKW bis hin zum Ethen nachgewiesen wurde. 91

92 Für das Zentrum des Schadensbereichs 2 wird aktuell die Möglichkeit eines Bodenaushubs untersucht. Das Fallbeispiel 3 befindet sich in einer weit früheren Bearbeitungsphase als die beiden anderen Schadensbeispiele. Eine Quellstärkenreduzierung fand nur untergeordnet statt. Die Schadstofffahne zeigt Hinweise auf ein erhebliches Potenzial für den natürlichen Abbau, das allerdings nicht ausgereicht hat, die Ausbreitung bis zum Vorfluter und den Eintrag von Schadstoffen in den Vorfluter zu verhindern. Darüber hinaus ist ein zweiter Schadensbereich vorhanden, bei dem zum einen kein signifikanter Abbau nachgewiesen wurde und zum anderen der Transferpfad zur Vorflut zu kurz ist, um eine erhebliche Schadstoffreduktion durch natürlichen Abbau zu ermöglichen. 3. Anforderungen an Maßnahmen aus behördlicher Sicht Grundsätzliches Ziel einer Grundwassersanierung ist die Wiederherstellung der natürlichen Grundwasserbeschaffenheit. Dieses Ziel kann in der Regel nur mit einer Dekontamination der gesamten Grundwasserverunreinigung (Quelle und Fahne) erreicht werden. Es ist jedoch neben den Vorgaben des Bodenschutz- und Wasserrechts immer auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen (Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit) zu berücksichtigen. Im Fallbeispiel 1 ist eine Sanierung der Schadstofffahne unverhältnismäßig, eine Sanierung der Schadstoffquellen beim Fallbeispiel 2 derzeit nicht und beim Fall 3 nur teilweise möglich. Daher sind aus behördlicher Sicht folgende Ziele zu verfolgen: Fallbeispiel 1: Stabilisierung der Schadstofffahne durch Verminderung des Schadstoffpotenzials. Fallbeispiel 2: Verhinderung der Ausbildung einer Schadstofffahne Fallbeispiel 3: Verminderung der Schadstoffeinträge in den Vorfluter 4. Ableitung und Auswahl von Handlungsoptionen Obwohl der Beitrag mit dem Begriff Sanierungskonzeptionen überschrieben ist, wird im Weiteren nur der Begriff der Handlungsoption verwendet, da aktuell der Planungs- und Abwägungsprozess zwischen behördlichen Erfordernissen und technologischen Möglichkeiten unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit noch nicht abgeschlossen wurde. Es ist aber schon im aktuellen Bearbeitungsstand ersichtlich, dass die zuvor festgelegten Sanierungsziele in keinem der drei Fallbeispiele allein durch Nutzung des natürlichen Rückhalte- und Abbaupotenzials erreicht werden können. Die drei Fallbeispiele stellen deshalb exemplarisch drei Möglichkeiten für die Einbindung des natürlichen Rückhaltevermögens in die Planung aktiver Maßnahmen dar: 92

93 Fallbeispiel 1: Das natürliche Rückhalte- und Abbaupotenzial dient als Maßstab für die Festlegung der Ziele aktiver Maßnahmen. Fallbeispiel 2: Das natürliche Rückhalte- und Abbaupotenzial spielt keine Rolle, da hier die Vorsorge zur Vermeidung einer Schadstoffausbreitung im Vordergrund steht. Fallbeispiel 3: Hier wird das natürliche Abbaupotenzial lokal durch gezielte Zugabe von Nährstoffen soweit erhöht (ENA- Enhanced Natural Attenuation), dass der weitere Schadstoffeintrag in den Rezeptor Vorfluter vermindert wird. 4.1 Fallbeispiel 1: Unterbrechung der Nachlieferung bis auf das durch NA abbaubare Maß Die Ergebnisse der Monitoringkampagnen der letzten 10 Jahre zeigen, dass sich mehrere Hochlastbereiche, die erhebliche Schadstoffmengen enthalten, mit dem Grundwasserstrom bewegen. Das Rückhalte- und Abbaupotenzial in der Fahne hat bisher nicht ausgereicht, die Ausbreitung der Hochlastbereiche bis ca m von der Eintragsstelle und damit 600 m von der aktuellen Fahnenspitze entfernt zu verhindern. Es ist zu vermuten, dass eine weitere Verlagerung auch über das aktuelle Fahnenende hinaus stattfindet. Eine reine MNA-Maßnahme ist deshalb nicht ausreichend, damit das Ziel, eine weitere Ausbreitung der Schadstoffe über das aktuelle Fahnenende hinaus zu verhindern, erreicht werden kann. Somit sind weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Frachtreduzierung erforderlich. Die Handlungsoption einer vollständigen Entfernung der Schadstoffe ist wegen der lateralen Ausdehnung und Tiefenlage der Fahne nicht mit verhältnismäßigen Mitteln durchführbar. Es sind somit Maßnahmen auszuwählen, mit denen die Schadstoffnachlieferung soweit reduziert wird, das eine weitere Schadstoffverlagerung durch das vorhandene Rückhalte- und Abbaupotential (NA-Potenzial) nachhaltig unterbunden wird. Zunächst muss dazu das vorhandene NA-Potenzial bestimmt werden, da es den Maßstab für die Festlegung der der notwendigen Wirksamkeit der Maßnahmen zur Minderung der Nachlieferung bildet. Hierzu muss das Messstellennetz vor allem im weiteren Abstrom weiter verdichtet werden, um die einzelnen Hochlastbereiche erfassen, die Frachten zu bestimmen und Untersuchungen zur lateralen Verteilung des NA-Potenzials durchführen zu können. Diese Daten können dann für den Aufbau eines reaktiven Strömungs- und Transportmodells genutzt werden, mit dessen Hilfe die Maßnahmen zur Verringerung des Nachlieferungspotenzials optimiert werden können. 93

94 Abbildung 4: Lage der Behandlungszonen zur Unterbrechung des Transferpfades, Fallbeispiel 1 Für die Reduzierung der Schadstoffnachlieferung stehen eine Reihe von Handlungsoptionen zur Verfügung. 1. Durch die Wiederaufnahme der hydraulischen Maßnahmen im Quellbereich kann das restliche Schadstoffpotenzial und damit das Nachlieferpotenzial verringert werden. Die dadurch erzielbare Wirkung ist jedoch gering, da sich mehr als 90% der in der Fahne befindlichen Schadstoffmenge außerhalb des Maßnahmebereichs (s. Abbildung 4) befindet. Damit scheidet die Wiederaufnahme der Quellstärkenreduzierung als nachhaltige und verhältnismäßige Handlungsoption aus. 2. Unterbrechung des Transferpfads an geeigneter Stelle. Die überwiegende Menge der Schadstoffe befindet sich in einem ca. 630 m langen Fahnenbereich. Grundsätzlich würde es ausreichen, den Transferpfad am abstromigen Ende zu unterbrechen. Dies würde aber bedeuten, dass die Abstromsicherung bei den geschätzten Transportgeschwindigkeiten von ca. 40 m/a für Trichlorethen mindestens Jahre betrieben werden müsste, bis alle Schadstoffe aus dem Anstrom die Sicherungszone erreicht haben. Dieser Zeitraum lässt sich halbieren, indem der Transferpfad an mindestens 3 Stellen unterbrochen wird (s. Abbildung 4). Eventuell ist eine vierte Stelle erforderlich, sofern der am weitesten von der Quelle entfernt liegende Hochlastbereich nicht abgefangen werden kann. Die Unterbrechung des Transferpfades ist auf zwei Arten möglich: a) Aufbau und Betrieb von mikrobiologisch aktiven Abbauzonen quer zur Grundwasserfließrichtung. Durch Einleitung und Verteilung von Elektronendonoren wie Lactat, Melasse oder auch Fettsäuren würde in diesen Zonen die reduktive Dechlorierung der LCKW stimuliert. Dieser Prozess entspricht dem des natürlichen Abbaus. Nach der Aktivierung müssen die Zonen dann bis zu 10 Jahre funktional gehalten werden. Das grundlegende Problem dieser Option ist, dass die Abbauaktivität für alle 94

95 Teilschritte über einen Zeitraum von deutlich mehr als 10 Jahren aufrechterhalten werden muss. Obwohl nicht von vorneherein ausgeschlossen, ergeben sich aus biotechnologischen Gründen eine Reihe von Problemen. Die erstmalige Aktivierung der gesamten Abbaukette ist noch mit einer akzeptablen Sicherheit durchzuführen. Vor allem eine Verdrängung der nur langsam wachsenden VC- Abbauer bei (semi)-kontinuierlicher Nährstoffzugabe ist als vornehmliches Risiko zu nennen. b) Aufbau und Betrieb einer hydraulischen Sicherungszone. Hierbei würde auf der anstromigen Seite der Sicherungszone schadstoffbelastetes Grundwasser gefördert, abgereinigt und auf der abstromigen Seite eingeleitet werden. Da hier sehr lange Betriebszeiten zu erwarten sind, muss die erforderliche Förderleistung minimiert und eine kostenseitig stark optimierte Reinigungstechnologie eingesetzt werden Es sollten Verfahren eingesetzt werden, die einen geringen Energieaufwand besitzen, sodass die Stromversorgung eventuell über Photovoltaik zumindest zu einem erheblichen Teil erreicht werden kann. Dies ist allerdings noch nicht Stand der Technik. Die Sicherungszonen wären so lange zu betreiben, bis die Schadstofffracht dem natürlichen Abbauvermögen entspricht. Hier hätte die Variante der mikrobiologischen Sicherungszone den Vorteil, dass auch abstromig der Zone das Abbauvermögen erhöht und sich dadurch der Betriebszeitraum verkürzen würde. Bei beiden Varianten besteht hinsichtlich der Verfahrensstabilität und der Kostenoptimierung ein Entwicklungsbedarf. 4.2 Fallbeispiel 2: Zyklische Abreinigung des Transferpfades zur Verhinderung der Ausbildung einer Schadstofffahne Das vorgegebene Ziel, die Ausbildung einer Schadstofffahne zu verhindern ist über eine reine MNA- Maßnahme nicht zu erreichen. Um überhaupt die natürlichen Rückhalteprozesse quantitativ bewerten und ggf. notwendige zusätzliche Maßnahmen ableiten zu können, müsste die Ausbildung der Schadstofffahne untersucht werden. Dies widerspricht aber dem Sanierungsziel. Weiterhin besteht nur die Möglichkeit, den Transferpfad an der Grundstücksgrenze zu unterbrechen, da die Schadstoffquelle nicht zugänglich ist. Es stehen zwei grundsätzliche Handlungsoptionen zur Verfügung. Beide Maßnahmen müssen vermutlich über einen Zeitraum von deutlich länger als Jahre betrieben werden, da vorher der Quellbereich nicht für Sanierungsmaßnahmen zugänglich sein wird. Die natürliche Selbstreinigung spielt hier keine Rolle. Die beiden Optionen sind: 1. Aufbau einer reaktiven Zone an der Grundstücksgrenze, in der die Schadstoffe abgebaut werden. Die Zone muss eine Länge in Grundwasserfließrichtung von mindestens 20 Meter besitzen, um eine ausreichende Verweildauer der Schadstoffe für einen vollständigen Abbau zu gewährleisten. Das grundlegende Problem dieser Option ist, dass wie bei der Variante 2a im Fallbeispiel 1 Erfahrungen über einen langjährigen Betrieb einer biologisch aktiven Zone nicht vorliegen. Bei einem Zusammenbruch der Abbauleistung käme es dann doch noch zur Ausbildung einer Schadstofffahne. Um die Risiken zu verringern, wäre im Vorfeld und auch begleitend mit einem deutlich erhöhten Aufwand für Untersuchungen zu rechnen. 2. Durch die Eigenförderung auf dem Gelände sowie anschließend durch die Grundwassersanierung konnte der Transferpfad zwischen Schadstoffquelle und Grundstücksgrenze effektiv abgereinigt und 95

96 die Ausbildung einer Schadstofffahne verhindert werden. Die weitgehende Abreinigung des Transferpfades bei der hydraulischen Sanierungsmaßnahme war nach 1 2 Jahren abgeschlossen. Nach Beendigung der Maßnahme hat es dann ca. 8 Jahre gedauert, bis wiederum Schadstoffe bis zur Grundstücksgrenze gelangten. Es ist nun möglich, durch eine erneute, für ca. 2 Jahre betriebene, hydraulische Maßnahme den Transferbereich wieder abzureinigen. Nur durch eine Wiederholung der hydraulischen Maßnahme alle 10 Jahre kann nach derzeitigem Kenntnisstand die Ausbildung einer Schadstofffahne wirksam unterbunden werden. a) b) Abbildung 5: a) Lage der Sanierungsbrunnen im Hauptgrundwasserleiter und b) Änderung der LCKW-Konzentrationen während der Sanierungsmaßnahme, Fallbeispiel 2 96

97 Die zweite Option stellt für das Fallbeispiel 2 die Vorzugsoption dar, deren Umsetzung aktuell geplant wird. Es sind verschiedene Optimierungsmaßnahmen vorgesehen, um die Kosten zu minimieren. Zum Einen werden zusätzliche Brunnen installiert, damit der zweijährige Betriebszeitraum sicher ausreicht. Zum Anderen werden alle Medien- und Stromleitungen so installiert, dass sie anschließend für die achtjährige Ruhephase konserviert werden können. 4.3 Fallbeispiel 3: Quellenbeseitigung durch Bodenaushub und Unterstützung des natürlichen Abbaus (ENA) zur Stabilisierung der Fahne Das grundlegende Problem im Fallbeispiel 3 ist, dass aufgrund der intensiven Geländenutzung nur ein geringer Spielraum für die Errichtung von Brunnen und Anlagentechnik besteht. Eine Ausnahme stellt nur der Hochlastbereich 3 (s. Abbildung 6) dar. Die hohen Konzentrationen nicht nur im Grundwasser sondern auch am Bodenkorn lassen hier den Bodenaushub als wirksames Verfahren zu. Zur Sicherung des Abstroms vor den beim Aushub mobilisierten Schadstoffen ist aushubbegleitend ggf. eine hydraulische Sicherungsmaßnahme erforderlich. Auf dem übrigen Gelände ist sowohl die Reduzierung des Quellpotenzials als auch die Unterbrechung der Transferpfade zum Vorfluter nur an einzelnen Stellen möglich (s. Bereiche 4 und 4a, Abbildung 6). Die Bebauung sowie die im Untergrund vorhandenen Ver- und Entsorgungsleitungen verhindern die Errichtung eines ausreichend dichten sowie auch lateral einfassenden Netzes von Brunnen und Messstellen. Hier steht also die Frage im Vordergrund, ob mit der Durchführung von Maßnahmen auf Teilflächen eine ausreichende Wirkung zur Verminderung des Schadstoffeintrages in den Vorfluter erzielt werden kann. Damit verbunden ist Frage, welche Frachten durch das natürliche Rückhalte und Abbauvermögen beseitigt werden. Die weiteren Handlungsoptionen spalten sich also in zwei Stränge auf. Zum Einen muss ein reaktives Strömungs- und Transportmodell zur Beantwortung der Frage, wie groß das natürliche Rückhalte- und Abbauvermögen ist, erstellt werden. Wie beim Fallbeispiel 1 ist dann ein Maßstab vorhanden, an dem sich die Wirksamkeit der Maßnahmen ablesen lässt. Die Schwierigkeit, die es hierbei zu überwinden gilt ist wiederum, dass das aktuell bestehende Messstellennetz für die Gewinnung der dafür notwendigen Daten über Schadstoffmengen, Konzentrationsverteilungen und Abbauraten entlang von Strombahnen nicht ausreicht und eine Erweiterung durch die Geländenutzung nur sehr eingeschränkt möglich ist. Ob unter diesen Randbedingungen tatsächlich ein belastbares Modell erarbeitet werden kann, muss vorab evaluiert werden. Zum Anderen werden Verfahren untersucht, die sowohl eine lokale Wirkung im Sinne einer Schadstoffreduzierung in einem lateral umgrenzten Bereich haben (Quellstärkenreduzierung) als auch zeitlich und räumlich darüber hinaus wirken und neben einer Sicherungswirkung auch den natürlichen Abbau in den abstromig angrenzenden Bereichen verbessern. Eine mögliche Technologie ist der mikrobiologische Abbau, speziell die stufenweise reduktive Dechlorierung. Hierbei werden nicht nur im eigentlichen Sanierungsfeld die Schadstoffe abgebaut, sondern die Abbauaktivität kann auch zumindest über einige Jahre aufrecht erhalten werden, sodass im Transferpfad eine Sicherungswirkung erreicht wird. Weiterhin gelangen sowohl Nährstoffe als auch schadstoffabbauende Mikroorganismen in den Abstrom des Sanierungsfeldes und erhöhen dort das vorhandene Abbauvermögen. 97

98 In der Zusammenführung der beiden Handlungsstränge muss dann bewertet werden, ob dies für das Erreichen des Ziels, weitere Schadstoffeinträge in den Vorfluter zu verhindern, ausreichend ist bzw. bis auf welche Frachten die Einträge reduziert werden können. Im Ergebnis dieser Bewertung muss die Verhältnismäßigkeit geprüft und ggf. das Sanierungsziel angepasst werden. Auf dem Gelände wurde bereits ein Feldversuch durchgeführt, in dem der vollständige anaerobe Abbau der LCKW nachgewiesen wurde. Dadurch steht diese Technologie grundsätzlich zur Verfügung. Auch die sichernde Nachwirkung konnte belegt werden. Abbildung 6: Mögliche Bereiche für ENA-Maßnahmen, Fallbeispiel 3 5. Fazit Die 3 Fallbeispiele zeigen, dass das natürliche Rückhalte- und Abbauvermögen einen wichtigen Beitrag leistet, jedoch auf aktive Sanierungs- oder Sicherungsmaßnahmen zugunsten einer reinen Überwachung natürlicher Schadstoffminderungsprozesse nicht verzichtet werden kann. Vielmehr ist die Kombination verschiedenster Maßnahmen erforderlich, um die angestrebten Sanierungsziele unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit zu erreichen. 98

99 Auswirkungen der externen Qualitätssicherung auf die Altlastenbearbeitung im Land Berlin Ute Dorgerloh, Bundesanstalt für Materialforschung und prüfung BAM, Berlin 1. Einführung Das Monitoring von Grundwasser erstreckt sich über Zeiträume von mehreren Jahren. Die analytischen Arbeiten der Laboratorien liefern die Datenbasis im Rahmen der Monitoringkampagnen und sind daher von maßgeblicher Bedeutung für den Erfolg des gesamten Projektes. Nicht selten sind auch Entscheidungen großer finanzieller Tragweite von der Qualität der analytischen Arbeiten abhängig. Daher müssen an die Probenahme und die Ausführungen der Analytik höchste Anforderungen für die Qualitätsstandards gestellt werden. Der Nachweis einer gültigen Akkreditierung ist Voraussetzung für die Durchführung der Laborarbeiten in hoher Qualität, allerdings keineswegs ausreichend als alleiniges Kriterium. Bei einer Akkreditierung nach ISO17025 liegt der Schwerpunkt auf der Dokumentation des Managementsystems, nicht auf der Durchführung der eigentlichen Laborarbeiten. Die Qualität der Laborarbeiten wird im Rahmen der Akkreditierung über die Anwendung des Qualitätssicherungssystems sowie über die Teilnahme an Ringversuchen oder Eignungstests nachgewiesen. Die BAM ist 1998 vom Bundesamt für vereinigungsbedingte Sonderaufgabe (BvS) und dem Berliner Senat beauftragt worden, ein Konzept zur externen Qualitätssicherung im Ökologischen Großprojekt Berlin, für die Laboranalytik zu erarbeiten und umzusetzen. An ausgewählten Beispielen werden die einzelnen Teilschritte der Qualitätssicherungsmaßnahmen und die Effekte auf das Grundwassermonitoring dargestellt [ 1 ]. Die Maßnahmen zur externen Qualitätssicherung sind jedoch keine Einbahnstraße in Richtung Laborpraxis. Die Laboratorien sind gehalten, die Quantifizierung der Parameter in den Grundwasserproben nach Normverfahren (DEV-Reihe) durchzuführen. Da die BAM in die Erarbeitung der Normen (DIN, ISO) involviert ist, besteht die Möglichkeit der direkten Einflussnahme auf die Inhalte künftiger Normen (E DIN F43: 2013, VOC mit HS-GC/MS). Aber auch die Aktualität bestehender Normen wird durch Anwendungsbeispiele untermauert und ausgebaut (EN ISO : 2013, Probenkonservierung) oder in Frage gestellt (DIN P2: 1988, VC-Bestimmung). Zum aktuellen Stand der Normung bezüglich der Bestimmung der organischen Parameter in Grundwasser wird eine Übersicht gegeben. 2. Instrumente der Qualitätssicherung 2.1 Eignungstest, Ringversuch Im zweijährigen Rhythmus führte die BAM bis 2007 im Auftrag des Projektträgers einen Ringversuch zur Bestimmung leichtflüchtiger organischer Parameter im Grundwasser durch (s. Tabelle 1). Über die Qualität [ 1 ] Dorgerloh U, Becker R, Lutz A, Bremser W, Hilbert S, Nehls I. How to improve reliability in groundwater analysis: over a decade of experience with external quality control in field campaigns on volatile halogenated compounds. J. Environ. Monit. 14 (2012)

100 der analytischen Ergebnisse aller potentiellen Auftragnehmer (Laboratorien) kann ein Ringversuch zur Bestimmung ausgewählter Parameter Aussagen geben. Nach vereinheitlichten Kriterien für Richtigkeit und Präzision der analytischen Ergebnisse wurden erfolgreich am Ringversuch teilnehmende Laboratorien zu einem Angebot für die anstehenden Arbeiten aufgefordert. Die Organisation und Durchführung eines Ringversuchs ist jedoch mit erheblichen Kosten für den Auftraggeber und für die Laboratorien verbunden. Demgegenüber steht die Aussagekraft der Ergebnisse. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass 80-90% der Teilnehmer Ringversuche zur Quantifizierung von ausgewählten LHKW (inklusive Vinylchlorid) und FCKW erfolgreich bestanden, so dass die erfolgreiche Teilnahme an diesem Ringversuch kein alleiniges Kriterium für den Nachweis der zu erbringenden oder erbrachten Qualität geeigneter Laboratorien mehr war. Da im Ringversuch nur der Stand der Leistungsfähigkeit des Labors unter Modellbedingungen nachgewiesen wird, kann hier nur eine prinzipielle Eignung des Labors für diese Analytik dokumentiert werden. Über die Laborroutine unter Stressbedingungen, wie hohem Probendurchsatz und ungünstige Matrixeinflüsse auf die Analytik, kann über die Auswertung eines Ringversuchs keine Aussage getroffen werden. Darum sind die Ringversuche zur Bestimmung von leicht flüchtigen Parametern im Jahr 2007 eingestellt worden. Die Problematik der Vergleichbarkeit der Anilinbestimmung im Grundwasser hat sich im Lauf der letzten Jahre zugespitzt. Nachdem an einer ausgewählten Messstelle (HyBLib 112/87 UP) aus dem ÖGP, Transferpfad Aniline, nachgewiesen wurde, dass es sich bei den Ursachen nicht um Probleme der Stabilität der Proben oder der Homogenität der Probenahme handelt, wurde im Jahr 2013 ein Ringversuch zur Bestimmung der Aniline im realen und teilweise dotiertem Grundwasser durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass auch unter den Bedingungen eines Ringversuchs nur 60% der Teilnehmer die Bedingungen zur erfolgreichen Teilnahme am Ringversuch erfüllten [2]. Werden Parameter in das Grundwassermonitoring aufgenommen, für die kommerziell keine Ringversuche angeboten werden, so ist die Durchführung eines Ringversuchs zur Bestimmung dieser Parameter durchaus ein Mittel, das Bieterfeld auf Laboratorien einzugrenzen, die prinzipiell in der Lage sind, die Analyten im Rahmen einer vorgegebenen Verfahrensunsicherheit richtig zu identifizieren und zu quantifizieren. Wichtig ist bei der Durchführung solcher Ringversuche, nicht mit synthetischen Modelllösungen zu arbeiten, sondern weitgehend auf reale Grundwasserproben zurückzugreifen. Diese können ggf. um weitere Einzelkomponenten aufgestockt werden. Teilnehmeranzahl Jahr Parameterumfang Matrix (mit Richtigkeit > 80%) 2003 LHKW, FCKW 20 (17) Reales Grundwasser (1) und 2005 LHKW, FCKW, BTEX 20 (16) synthetische Proben (2 Proben) 2007 LHKW, FCKW, BTEX 26 (17) 2013 Aniline Reales Grundwasser (2 Proben) 13 (8, > 75%) Tabelle 1: Durchgeführte Ringversuche (ÖGP) [ 2 ] Im laufenden Monitoring wird die Qualität der Laborarbeiten über Weißproben im Sinne von Eignungstests überprüft. Dafür werden individuell Proben zur Bestimmung von ausgewählten LCKW und FCKW in synthetischen Wässern (z.b. Leitungswasser) hergestellt. Zu Beginn der Monitoringkampagnen werden den [ 2 ] Ringversuchsberichte online: ( ) 100

101 Laboratorien diese Proben mitgegeben. Sie sollen unter denselben Bedingungen wie die Grundwasserproben des laufenden Monitorings bearbeitet werden. Somit wird die Qualität nicht unter Ringversuchsbedingungen sondern an Modelllösungen in der Routine überprüft. Der Vergleich der Laborergebnisse mit den Einwaagewerten der gravimetrischen Herstellung erfolgt konzentrationsabhängig (s. Tabelle 3). 2.2 Kontrollproben Ausgewählte Proben aus dem laufenden Monitoring werden durch Laboratorien der BAM analysiert. Dabei werden Proben ausgewählt, deren Ergebnisse für das Monitoring von Sanierungsverläufen oder unter dem Gesichtspunkt von Folgekosten von besonderer Bedeutung sind. Auch Grundwasserproben, die auf Grund ihrer Matrixzusammensetzung Routinemessungen nach den entsprechenden Normen der Wasseranalytik an ihre Grenzen führen, werden besonders beobachtet. Zusätzlich werden seit 2013 alle Proben des ersten Beprobungstages in der BAM gegengemessen. Es sollen Probleme so frühzeitig wie möglich erkannt werden um früh als möglich entsprechend reagieren zu können. Die BAM hat die Möglichkeit, mit voneinander unabhängigen Methoden Ergebnisse zu erhalten, die einen hohen Anspruch an die Richtigkeit haben und die dem Analysenlabor Hinweise auf entsprechende Anpassung oder Erweiterung der in den Normen festgelegten Arbeiten geben. An der BAM werden für die Analytik der leichtflüchtigen Parameter mehrere Headspace-Systeme verwendet, die von verschiedenen Mitarbeitern betreut werden (Tabelle 2). Es werden soweit möglich, Stammlösungen verschiedener Hersteller verwendet. Die Verdünnungslösungen werden von den Mitarbeitern unabhängig voneinander hergestellt und verwendet. Gerätekombination Bearbeiter Quantifizierung folgender Parameter hs a GC b (VF624ms c ) ECD/FID 1 FCKW, LCKW hs d GC b (VF624 c / DBWax) ECD/FID 2 LCKW hs a GC b (VF624ms c ) MS e (SIM, Scan) 1 FCKW, LCKW (SIM), Screening (Scan) a MPS2XL, Gerstel b HP 6890, agilent c Varian d CombiPAL, CTC Analytics e MSD HP5973N, agilent Tabelle 2: Gerätekonfigurationen Headspaceanalytik, Stand 2013, BAM FB 1.2 Jede Probe wird an allen drei Gerätekombinationen gemessen (3 5-fache Wiederholmessungen). Die Mittelwerte sollten jeweils im Vertrauensbereich (P=0,05; rel. STD < 10%) der Messserien liegen. Der Gesamtmittelwert aller Messungen wird unter Berücksichtigung des Vertrauensbereichs als Referenzwert verwendet. In Zusammenarbeit mit dem Projektcontroller, der Tauw Umwelt GmbH, wurde ein System entwickelt, über das die Kriterien zur Bewertung der Vergleichbarkeit der Analysenwerte transparent gemacht werden. Dabei wird der Konzentrationsabhängigkeit der Analyten in den Proben (Nähe zur Bestimmungsgrenze, mögliche Verdünnungsschritte, s. Tabelle 3) Rechnung getragen. Die Gegenüberstellung der Daten ist graphisch so aufgearbeitet worden, dass Abweichungen sofort erkannt und eingeordnet werden können. 101

102 n-faches der Bestimmungsgrenze für Auftragnehmer (Labor) Tolerierte Abweichung (%) < > 1000 (Verdünnung) 20 Tabelle 3: Konzentrationsabhängige Toleranzgrenzen für Kontrollproben Im Fall von Abweichungen wird unterschieden zwischen systematischen und zufälligen Abweichungen. Die Ursachen für systematische Abweichungen lagen bisher überwiegend in der Kalibration. Beispielsweise führen Analytverluste bei der Herstellung der Verdünnungslösungen und der Kalibrierproben zu einer Kalibriergeraden mit geringerer Steigung. Infolgedessen werden die berechneten Ergebnisse meist durchgehend zu hoch angegeben (Abbildung 1). Aber auch fehlerhafte Herstellerangaben bei einzelnen Chargen von FCKW-Kalibrierstandards sind in der Vergangenheit Ursache für deutliche systematische Abweichun- gewesen. Diese als solche zu identifizieren, ist möglich, indem eine neue Kalibration jeweils mit einer vorangegangenen verglichen wird. Es ist daher sinnvoll, einen Teil der verwendeten Stammlösung einer jeweiligen Charge abzunehmen, separat einzufrieren und zu späteren Vergleichsmessungen zu verwenden area µg/l Abbildung 1: Auswirkung der Kalibration auf den berechneten Messwert 600 µg/l 800 µg/l gen Da für jede durch die BAM zu untersuchende Probe ein GC/MS Screening durchgeführt wird, werden wertvolle Informationen über weitere organische Inhaltsstoffe der Probe erhalten, die Ursache für mögliche Fehlanalysen (falsch-positive Befunde) im Labor sind oder aber dazu führen, dass die Palette der zu untersuchenden Parameter erweitert werden muss. 2.3 Auftraggeberaudit und Konsultationen Von Seiten der Projektgruppe wird in jedem Laboratorium innerhalb des Zeitraums der Monitoringkampagne ein Auftraggeberaudit durchgeführt. Dabei wird durch Fachgutachter der BAM entsprechende fachliche Unterstützung geleistet. Der Zeitpunkt des Audits lag in den Jahren bis 2009 in der Mitte der Messkampagne, um am Beispiel fertig ausgewerteter Proben vor Ort diskutieren zu können. Im Jahr 2011 wurde der Zeitpunkt in die erste Woche verschoben, um Probleme möglichst frühzeitig zu erkennen und zu beheben wurden gezielt alle Proben des ersten Messtages parallel durch die BAM gegengemessen (Erstbeprobung) und auch die Weißproben am ersten Beprobungstag ausgegeben. Der Ergebnisrücklauf innerhalb von 48 h ermöglichte es dann, beim Audit am dritten Tag des Messzeitraum sehr eng an den Problemen zu diskutieren. Zu Problemen der Analytik finden Gespräche und Diskussionen statt, die im Sinne der Arbeiten zu deutlichen Verbesserungen der Ergebnisse und ihrer Interpretation führen. Diese Gespräche werden auch außerhalb des Monitorings weiter verfolgt und führen für die Laboratorien zur Etablierung weiterer Verfahren in der Laborroutine. 102

103 2.4 Zusammenfassung Das Zusammenspiel der einzelnen Schritte der externen Qualitätssicherung führt dazu, dass die Qualität der Analysenergebnisse in Bezug auf die Vergleichbarkeit der Ergebnisse seit 2007 auf einem stabilen Niveau liegt. Einzelne Ausreißer sind teilweise in der Auswahl der Proben begründet. Systematische Abweichungen können den LOSen direkt zugeordnet werden und erleichtern die Behebung der Ursachen. 200% relative Abweichung der Laborergebnisse von den BAM-Vergleichswerten 150% 100% 50% 0% -50% -100% -150% -200% Audit Audit Kontrollproben Audit Audit Audit Audit Kontrollproben Kontrollproben Kontrollproben Kontrollproben Ringversuch Ringversuch Ringversuch Ringversuch Ringversuch Ringversuch Abbildung 2: Gesamtübersicht (LOS1 und LOS2) der relativen Abweichungen der Laborergebnisse von den BAM-Referenzmessungen am Beispiel der Messungen für Vinylchlorid Die regelmäßige Durchführung der Ringversuche als alleiniges Qualifikationsmerkmal hat nicht den gewünschten Effekt auf die Qualität der Ergebnisse gehabt. Auch dass seit 2009 Ringversuche zur Bestimmung von VC nicht mehr Voraussetzung für die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren waren, hat nicht zur Verschlechterung Vergleichbarkeit der Ergebnisse geführt. Das Laboraudit einmalig zu Beginn des jeweiligen Vergabezeitraums im Zusammenspiel mit der Analytik der Kontrollproben (Weißproben) hingegen führt zu gut vergleichbaren Ergebnissen. Bei Bedarf können diese Werkzeuge auch wiederholt werden ( ) um die Qualität der Ergebnisse zu verbessern. 3. Grenzen der Qualitätssicherung Die vorgestellten Maßnahmen der externen Qualitätssicherung werden von den Laboratorien überwiegend angenommen. Sie können allerdings immer nur soweit von Erfolg sein, wie beide Seiten eine offene und ehrliche Diskussion zulassen. Im Einzelfall kann nach Rücksprache mit dem Auftraggeber und dem Projektcontroller die Analytik ausgewählter Parameter (z.b. VC) als Unterauftrag an externe Labore vergeben werden. Sanktionsmaßnahmen von Seiten des Auftraggebers sind nur das letzte Mittel, um entstandenen Schaden zumindest finanziell zu begrenzen. 103

104 4. Stand der Normung relevante Neuerungen im Bereich der Grundwasseranalytik 4.1 Vinylchlorid Im Grundwassermonitoring kommt der Bestimmung des Vinylchlorids (VC) auf Grund kanzerogenen Eigenschaften besondere Bedeutung zu. Der Geringfügigkeitsschwellenwert (GFS) im Anstrom auf die Trinkwasserwerke liegt bei 0,5 µg/l. Daher ist ÖGP diese Konzentration als Bestimmungsgrenze für die Quantifizierung gefordert. Vinylchlorid steht am Ende der schrittweisen Dechlorierung chlorierter Lösungsmittel, die den ursprünglichen Schadstoffeintrag darstellen (s. Abbildung 3). Abbildung 3: Schrittweise Dechlorierung von Tetrachlorethen (PCE) über Trichlorethen (TCE), cis-1.2-dichlorethen (cdce) oder trans-1.2-dichlorethen (tdce) zu Vinylchlorid (VC) [ 3 ] Die physikalischen Eigenschaften von VC (Siedepunkt -13,4 C, Dampfdruck 0,33 MPa bei 20 C, Wasserlöslichkeit bei 20 C 1,1 g/l) machen es erforderlich, diesem Einzelparameter besondere Aufmerksamkeit bei der Probenahme und Analytik zu widmen. Die folgende Tabelle (Tabelle 4) gibt einen Überblick über den Stand der deutschen Normung zur Bestimmung des Vinylchlorid. Norm DEV P2 ISO DEV F43 (Entwurf) DEV F41 DEV F19 Methode hs-gc/fid (gepackte Säule) hs- GC/FID/(ECD) (Kapillarsäule) hs-gc/ms SPME-GC/MS p&t-gc/ms (Kapillarsäule) BG 5 µg/l 1 µg/l 0,1 µg/l 0,1 µg/l 0,5 1 µg/l Tabelle 4: Stand der Normung zur Bestimmung des Vinylchlorids in Wasser DIN P2: 1988 Vinylchlorid (VC) wird gaschromatographisch aus dem Dampfraum (statische Headspace) bestimmt und am FID detektiert. Dabei wird mit gepackten Säulen gearbeitet. Diese Technik entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Es sind nur Bestimmungsgrenzen bis zu 5 µg/l erreichbar. Überlagerungen mit FCKW sind nicht ausgeschlossen. Trotzdem wird die bestehende Norm nicht zurückgezogen, weil sie fachlich nicht falsch ist. Darüber hinaus ist in ihr die gravimetrische Herstellung einer VC-Stammlösung in Methanol aus dem Gas (Druckgasflasche) beschrieben. Die im Monitoring geforderten Bestimmungsgrenzen für VC sind bei [ 3 ] Smidt H., de Vos W.M. Anaerobic microbial dehalogenation. Annu. Rev. Microbiol. 58 (2004),

105 0,5 µg/l festgesetzt. Daher ist die Anwendung dieser Norm ungeeignet. Folgende DIN-Normen bieten sich als Alternative: DIN EN 10301: 1997 (DEV F4) In der weit verbreiteten Standardmethode zur gaschromatographischen Bestimmung von LHKW in Wasser wird VC als Einzelkomponente nicht gelistet. Dennoch ist VC mit diesem Verfahren bis zum Bereich von 1 bis 2 µg/l am FID quantifizierbar. Besser geeignet ist der Photoionisationsdetektor (PID), mit dem Bestimmungsgrenzen bis zu 0,1 µg/l erreicht werden [ 4 ]. Wird am relativ unspezifischen FID detektiert, sind Überlagerungen mit FCKW und Butan nicht auszuschließen. Daher ist die in der Norm vorgesehene Arbeitsweise zur qualitativen Absicherung mittels einer zweiten chromatographischen Trennung an einer Säule anderer Polarität oder die Verwendung eines MS als Detektor (siehe DEV F43 Entwurf) erforderlich, um falschpositive Befunde auszuschließen. DIN F43 (Entwurf): 2013 Die gaschromatographische Bestimmung von VOC (LHKW, FCKW, BTEX bis Biphenyl, Benzinzuschlagstoffe) erfolgt aus dem Dampfraum (HS-GC/MS). Mit dem Verfahren können somit alle LCKW, FCKW und VC in einem Arbeitsschritt quantifiziert werden. Es ähnelt weitgehend der bekannten EN DIN (HS- GC/ECD/FID), wobei wegen der Verwendung des spezifischen Detektors (MS) geringere Bestimmungsgrenzen erreicht werden und falsch-positiv-befunde durch Peaküberlagerungen ausgeschlossen sind. Vinylchlorid wurde seit 2003 teilweise, seit 2007 nahezu durchgängig mit diesem Verfahren quantifiziert. Im ÖGP gefordert war bis 2013 lediglich die qualitative Absicherung der über FID bestimmten VC-Gehalte. Da das für die Labore zusätzliche Arbeitsschritte in der Analytik beinhaltete, haben die verschiedenen Auftragnehmer entweder ausschließlich über MS quantifiziert. Alternativ wurden ausschließlich die positiv-befunde des FID über eine Quantifizierung am MS abgesichert. In beiden Fällen konnten im Ergebnis falsch-positive Befunde ausgeschlossen werden. Seit 2013 ist die Quantifizierung von VC mit GC/MS Vertragsbestandteil. Die Bestimmungsgrenze für VC liegt im Bereich von 0,1 bis 0,5 µg/l. Im April 2013 wurde der Validierungsringversuch zur Normung durchgeführt. Am Ringversuch wurden von 30 Teilnehmern 52 Einzelkomponenten in drei Wasserproben (Trinkwasser, Oberflächenwasser, Abwasser) quantifiziert. Die vorläufigen Ergebnisse belegen die Eignung des Verfahrens. Im Oktober 2013 werden die Ergebnisse über das DIN veröffentlicht. Als Entwurf kann das Verfahren bereits zitiert werden. DIN F41: 2011 / ISO CD 17943: 2013 Über Festphasenmikroextraktion (SPME) aus dem Dampfraum werden VOC (LHKW, BTEX, Geruchsstoffe, Benzinzuschlagstoffe) angereichert und gaschromatographisch bestimmt (HS/SPME-GC/MS). Die Bestimmungsgrenze für VC liegt bei 0,1 µg/l. Die Norm wurde 2011 verabschiedet und befindet sich aktuell in der internationalen Normung (ISO-CD). Der internationale Validierungsringversuch zur ISO fand im Juni 2013 statt, die Auswertung wird für Herbst erwartet. Bisher wird die SPME für die Bestimmung aus dem Dampfraum vorwiegend in Trinkwasserlaboratorien angewendet weil dort sehr niedrige Bestimmungsgrenzen erreicht werden müssen. Die Adaption für Grund- und Abwasser ist jedoch uneingeschränkt möglich. [ 4 ] Stein VB, Narang, RS. Determination of vinyl-chloride in water by headspace analysis with a photo-ionization detector. Bull. Environm. Contam. Toxicol. 27 (1981) v 105

106 DIN EN ISO 15680: 2004 (DEV F19) Über purge and trap (p&t) Anreicherung und thermische Desorption werden VOC (LHKW, BTEX bis Naphthalin) gaschromatographisch bestimmt (p&t-gc/ms). Die erreichten Bestimmungsgrenzen liegen um den Faktor 10 unter denen mit statischer Headspace-Anreicherung erreichten Größenordnungen, für VC bei 0,02 bis 0,1 µg/l. Das Verfahren ist im amerikanischen Raum weit verbreitet (EPA 502, EPA 624, EPA 5030.B), Umweltlabore in Deutschland arbeiten seltener mit der p&t-anreicherung, die apparativen Voraussetzungen selten gegeben sind. 4.2 Alkylphenole in Sickerwasser (informativ) DIN F27: 2012 Die Alkylphenole in Sickerwasser (Probenvolumen nur ca. 10 ml je Einzelbestimmung) werden derivatisiert (Acetylierung) und gaschromatographisch am GC/MS quantifiziert. Das Verfahren ähnelt weitgehend der miniaturisierten DIN EN 12673: 1999 und ist erweitert auf die Bestimmung der Dihydroxybenzene (Hydrochinon, Resorcin, Brenzkatechin) und zur Bestimmung von Phenol, alkylierten und chlorierten Phenolderivaten bis 0,1 µg/l geeignet. Alternativ erfolgt die Derivatisierung der alkylierten und chlorierten Phenole mit Pentafluorobenzoylchlorid (PFBC) entsprechend ISO 8165: In der gaschromatographischen Bestimmung mit ECD werden Konzentrationen bis zu 0,1 µg/l erreicht. 4.3 Probenkonservierung Die aktuelle Fassung der Norm zur Probenkonservierung DIN EN ISO : entspricht der ISO und der deutschen Fassung von Im Allgemeinen sind die Wasserproben aus dem ÖGP relativ stabil, zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung der Wasserproben für die Bestimmung organischer Parameter waren bisher nicht erforderlich. Anders verhält es sich bei Wasserproben aus laufenden Sanierungsmaßnahmen der in-situ-sanierung zum anaeroben und aeroben mikrobiologischen Abbau, ISCO- Maßnahmen (in-situ chemical oxidation) oder on-site-grundwasserreinigungsanlagen in Kombination mit biologischer Grundwasserreinigung. Die Abbauprozesse gehen nach der Probenahme in dem Probenahmegefäß weiter, bis die Nährstoffe oder die Analyten abgebaut sind. Diese Prozesse führen dazu, dass sowohl Unterbefunde der Ausgangssubstanzen (z.b. Tri- und Tetrachlorethen) als auch Überbefunde der Abbausubstanzen (dann cis-1,2-dichlorethen und VC) im Vergleich zum tatsächlichen Zustand im Grundwasserkörper gefunden werden können [ 5 ]. Diesen Spezialfällen wird die ISO nicht in vollem Umfang gerecht. Da die Mikrobiologie vorwiegend an Feststoffe (Schwebstoffe, Bodensatz) gebunden ist, sollte darauf geachtet werden, klare Proben für die Wasseranalytik zu gewinnen. Darüber hinaus hat sich für die Stabilisierung von BTEX-Proben sowie Proben zur Bestimmung von PAK und Phenolen die ph-absenkung auf ph<2 bewährt. Es ist aber zu beachten, dass die Kalibration der Laboranalytik für BTEX den ph-verhältnissen der Proben angepasst werden muss. Wasserproben zur Bestimmung von LCKW sind vorzugsweise über die Zugabe von Azid (1 g/l NaN3) zu stabilisieren. Die Zugabe von Säure hat sich insbesondere bei sehr carbonat- und sulfidhaltigen Proben wegen der Gasentwicklung nicht bewährt. Für die Bestimmung von VOC ist auch die sofortige Tiefkühlung der unmittelbar vor Ort abgefüllten messfertigen Headspacevials (liegend gelagert) möglich. Beim Auftauen der Proben zur Messung sollte aber darauf geachtet werden, dass die Messung der Proben innerhalb der nächsten 4 Stunden abgeschlossen sein sollte, da die Abbauprozesse durch das Ein- [ 5 ] Yang Y, Pesaro M, Sigler W, Zeyer J. Identification of microorganisms involved in reductive dehalogenation of chlorinated ethenes in an anaerobic microbial community. Water Research 39 (2005)

107 frieren nur unterbunden werden. Die mikrobiologische Aktivität setzt nach der Temperierung wieder ein. Grundwasserproben aus laufenden in-situ-sanierungen mit oxydativen Abbauprozessen können über die Zugabe von Reduktionsmittel (Na2S2O3) stabilisiert werden. Die Arbeit entstand in Kooperation mit der IMAGO Umwelt Consult ohg (Herrn Theißen). Die Ergebnisse sind im Bericht zum Projekt des Länderfinanzierungsprogramms (LFP B4.11, ) publiziert [ 6 ]. [ 6 ] Abschlussbericht und Anlagen online: ( ) 107

108 ÖGP Oranienburg - Hochauflösende Erkundung mit innovativen Verfahren und Schlussfolgerungen für die Sanierungsstrategie Dipl.-Geol. Carsten Horeis, Dr. Joachim Schweineberg, Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben BvS 1. Einleitung Für den Umgang mit komplex verbundenen Boden- und Grundwasserschäden im Industrieraum Velten bei Berlin, die über eine mehr als 100 Jahre zählende Historie entstanden sind, sollen Handlungsstrategien entwickelt werden. Es wurde frühzeitig klar, dass zur Beurteilung der Fragen, ob und mit welchen Mitteln eine effektive und effiziente Altlastenbehandlung möglich ist, vorsorgliche Betrachtungen und Untersuchungen zum Untergrundaufbau und zur Schadstoffverfügbarkeit erforderlich sind. Das Grundwasser ist in Velten über zwei Stockwerke im Wesentlichen durch LCKW und BTEX belastet. In Teilbereichen überlagern sich die Kontaminationsbereiche dieser beiden Schadstoffgruppen. Entstanden sind die Verunreinigungen durch mehrere Einträge auf verschiedenen Standorten. Es konnten noch nicht alle Quellen lokalisiert werden. Der Bereich, in dem die Schadstoffe eingetragen wurden und in dem sich die Schadensschwerpunkte befinden, nimmt eine Fläche von ca. 35 ha ein. Die von diesem Bereich historisch ausgehende Schadstofffahne erstreckt sich über etwa 1,8 km. Abbildung 1: Industriegebiet Velten mit Darstellung der Einzelflächen, nach HGN GmbH

109 Finanziert werden alle Untersuchungs- und Sanierungsmaßnahmen durch das Land Brandenburg, vertreten durch das MUGV (Ministerium f. Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg), sowie durch den Bund, vertreten durch die BvS (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben), im Rahmen der Altlasten-Haftungsfreistellung. Insofern haben diese beiden Institutionen ein starkes Interesse an einer Strategie zum Umgang mit dem Schaden, die zielführend ist und den Einsatz erforderlicher Mittel rechtfertigt. 2. Problemstellung Die BvS war in der Vergangenheit bereits für eine Vielzahl von vergleichbaren Grundwasserschäden als Co- Finanzier und damit als fachlich Beteiligter zuständig. Die hierbei gewonnenen Erfahrungen haben gezeigt, dass bei komplexen Altschäden Prognosen über Erfolgsaussichten von Sanierungsmaßnahmen häufig zu optimistisch ausfielen. Unabhängig davon, ob die Grundwassersanierung durch Pump & Treat oder durch in-situ-verfahren erfolgte, wurden Sanierungsziele trotz meist erheblich länger als ursprünglich geplanter Laufzeit nicht annähernd erreicht. Die Gründe für mangelnde Sanierungserfolge liegen nach zumindest prinzipiell wissenschaftlich erreichtem Erkenntnisstand im heterogenen Aufbau und den Eigenschaften des Bodens, der Schadstoffe sowie deren Verteilung und Transportverhalten in den Kompartimenten Grundwasser und Boden. Der Kenntnisstand für die Gewinnung und Auswertung derartiger Daten ist im Detail häufig noch unzureichend. Aus den Erfahrungen resultiert die Verpflichtung, sanierungslimitierende Prozesse durch entsprechende Erkundungsmaßnahmen aufzuklären, bevor lang andauernde und kostenintensive Sanierungsmaßnahmen installiert werden, die sich später als ineffektiv erweisen. 3. Prozesse im Untergrund Effektive und effiziente Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung im Grundwasser setzen voraus, dass die Schadstoffe ausreichend zugänglich sind. Ein Verständnis über Art und Umfang wirksamer Prozesse und Vorgänge im schichtendifferenzierten Untergrund ist daher unbedingt erforderlich (vgl. Abbildung 2). Unter Berücksichtigung geologischer Gegebenheiten ist die Verteilung und der Zusammenhang gelöster Schadstoffe und sekundärer Schadstoffspeicher zu klären, insbesondere in Bezug auf sorbierte, d. h., der adsorbierte und absorbierte Schadstoffphase in wechselnden Schichten: mit hoher / geringer Permeabilität und mit hoher / geringer Absorptionsfähigkeit Entsprechend BBodSchG müssen Maßnahmen in der Lage sein, den bezweckten Sanierungserfolg (hier: Stoffmassenreduktion/nachhaltige Verkleinerung des Grundwasserschadens) herbeizuführen oder ihn jedenfalls zu fördern. Maßnahmen, die diese Ziele nicht erreichen können, scheiden von vorneherein aus. Die zur Verfügung stehenden Verfahren zur Stoffmassenreduzierung (Pump & Treat sowie in-situ-verfahren durch Injektion von Reagenzien) nutzen ausschließlich das Trägermedium Grundwasser, welches durch folgende Massentransferprozesse gekennzeichnet ist: 109

110 Während im Bereich der advektiven Grundwasserströmung vorliegende Schadstoffe relativ schnell aus dem System entfernt werden können, kann der Feinporenraum mit sehr langsamen bzw. stagnierenden Grundwasserbewegungen dort vorliegende Schadstoffe nur durch Diffusion abgeben (vgl. Abbildung 2). Schadstoffanreicherungen in organikreichen Sedimentbereichen werden nur langsam freigesetzt und stehen auch im Umfeld advektiver Grundwasserströmung hydraulisch quasi nicht zur Verfügung. Abbildung 2: Beispiel für die schadensalterabhängige Ausbildung von Sekundärquellen in der Schadstofffahne (Quelle: National Research Council, 2006, Contaminants in the Subsurface) 4. Standortsituation Das Industriegebiet Velten erstreckt sich beidseitig des Veltener Kanals (Abbildung 1), ein Stichkanal, der vom Oder-Havel-Kanal abzweigt. Durch die unterschiedlichen historischen Nutzungsschwerpunkte haben sich deutlich unterscheidbare Kontaminationsschwerpunkte ausgebildet. Im Nordosten dominieren Bodenund Grundwasserbelastungen durch MKW, BTEX sowie weitere teerbürtige Schadstoffe (Abbildung 3). Die Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser erreichen hier lokal Werte, die auf das Vorhandensein von Produktphase schließen lassen. Aus hydraulischer Sicht liegt dieser Abschnitt im Grundwasser-Anstrom. Nach Südwesten schließt sich ein Abschnitt an, in dem Grundwasserverunreinigungen durch LCKW dominieren. Die o.g. Schadstoffe treten hier stark zurück. Die LCKW-Verunreinigungen setzen sich, der historischen Grundwasser-Fließrichtung folgend, bis auf die West-Seite des Veltener Kanals fort. Vom An- zum Abstrom verlagern sich die Schwerpunktbelastungen zunehmend vom 1.GWL in den 2. GWL. Auffällig für den LCKW- Schadensteil ist, dass Primärschadstoffe noch quellnah zu Vinylchlorid abgebaut werden. Die VC-Fahne setzt sich bis zum Wasserwerk Marwitz fort, welches sich 1,8 km südwestlich des Industriegebietes befindet. Im Bereich der Wasserwerksbrunnen ist VC in Konzentrationen bis 10 µg/l nachweisbar. Daher werden hier Abwehrbrunnen als Sicherungsmaßnahme betrieben. 110

111 Die aktuelle Grundwasserfließrichtung wird durch den saisonal schwankenden Wasserstand im Veltener Kanal bestimmt und verläuft z.t. parallel zum Kanal. Zeitweise ist der Grundwasserstrom jedoch auch senkrecht auf den Kanal zu gerichtet. In früheren Zeiten wurde die Hydrodynamik vom Wasserwerk Marwitz bestimmt, das ursprünglich sehr viel höhere Wassermengen förderte. Der größte Teil des Industriegebietes lag ehemals im hydraulischen Einzugsgebiet des Wasserwerkes. Unter den heutigen Förderbedingungen liegt der Standort komplett außerhalb des Einzugsgebietes des Wasserwerks. Zwischen Standort und Wasserwerk befindet sich eine stabile Wasserscheide, deren Lage sich auch zukünftig nicht entscheidend ändern dürfte, da keine wesentlichen Änderungen im Förderregime des Wasserwerkes zu erwarten sind. Schadstoffquellbereiche BTEX + MKW LCKW GWL 1 LCKW GWL 2 histor. Transferbereich zum Wasserwerk LCKW (VC!) GWL 2 Abbildung 3: Schematische Darstellung der Schadensbereiche und -fahnen Der obere Grundwasserleiter (GWL 1) ist unbedeckt und wird von weichsel- und saalekaltzeitlichen Sanden z.t. auch Kiesen, gebildet. Dessen Basis liegt überwiegend zwischen 10 und 20 m unter Gelände. Es schließt sich ein als Grundwasserstauer wirkender, m mächtiger warthestadialer Geschiebemergel an. Lokal sind Fenster im Geschiebemergel nachgewiesen, die eine hydraulische Verbindung zwischen GWL 1 und den unterhalb des Mergels folgenden GWL 2 bilden. Der vom Wasserwerk genutzte GWL 2 wird von drente- bis warthestadialen Sanden mit mittel- bis grobsandiger Körnung gebildet, die in stark schwankenden Mächtigkeiten zwischen 7 m und 45 m nachgewiesen wurden. Die Basis des 2. GWL bilden bindige Sedimente des der Elsterkaltzeit oder tertiäre Sande und Schluffe. Der Grundwasser-Flurabstand ist abhängig von der jeweiligen Lokalität, liegt aber durchweg bei wenigen Metern unter Gelände. 111

112 5. Untersuchungsprogramm Für die Verfeinerung des Standort- und Schadensmodelles sowie die Ableitung eines Sanierungszieles, das mit den Möglichkeiten und Grenzen örtlicher Verhältnisse auch passend im Einklang steht, ist de zentrale Komponente des derzeit laufenden Untersuchungsprogrammes eine hochauflösende Erkundung der gesättigten Zone in emissionsrelevanten Bereichen. Dazu wird eine Kombination von Direct-Push- und konventionellen Bohrungen unter Nutzung neuerer Erkundungsverfahren eingesetzt. Dies sind: CPT (Cone Penetration Testing) zur Ermittlung der Hydrostratigraphie des Grundwasserleiters sowie Unterscheidung von mobiler und immobiler Fazies im Grundwasserleiter. Bei diesem Verfahren wird eine zylindrische Sondierspitze in den Untergrund gedrückt, um durch Messung von Eindringwiderstand und Mantelreibung Rückschlüsse auf den geologischen Untergrundaufbau zu ziehen. MIP (Membrane Interface Probe) Sondierungen zur Untersuchung der räumlichen Schadstoffverteilung in Bezug zu mobilen Fließwegen und immobilen Schadstoffspeichern. Beim MIP-Verfahren werden leicht- bis mittelflüchtige Substanzen mittels eines speziellen Sondenkopfes und in einem Messfahrzeug untergebrachte Detektoren in situ detektiert. Injection Logging und HPT (Hydraulic Profiling Tool) zur Bestimmung der hydraulischen Durchlässigkeit im kontinuierlichen Tiefenprofil. Hierbei werden die hydraulischen Durchlässigkeiten des Bodens in situ halbquantitativ erfasst, in dem über einen entsprechenden Sondenkopf Wasser in den Untergrund verpresst wird und Injektionsdruck sowie Fließrate gemessen werden. Die beide Verfahren Injection Logging und HPT unterscheiden sich in erster Linie im Hinblick auf die injizierte Menge und den Injektionsdruck und werden wechselweise in Abhängigkeit von der zu erwartenden Durchlässigkeit des jeweiligen Sedimentes eingesetzt. In-situ-Slug-Test: Dieser dient der quantitativen Bestimmung der hydraulischen Durchlässigkeit und der Kalibrierung der Messdaten aus den relativen Durchlässigkeitsmessungen (HPT bzw. Injection Logging). Dabei wird mittels Direct Push eine Sonde mit Filterspitze in den Boden gebracht. Durch Beaufschlagung mit Druck wird der Wasserspiegel abgesenkt und der anschließende Wiederanstieg gemessen. Aus den Daten lässt sich die Durchlässigkeit des betrachteten Tiefenintervalls berechnen. Gewinnung von in-situ-grundwasserproben mittels einer Sonde mit Filterspitze. Die Filterspitze wird in der jeweiligen Zieltiefe geöffnet und die Wasserprobe mittels Fußventilpumpe gefördert. Linerprobenahme zur detaillierten Aufklärung des Schichtenaufbaus. Ergänzt wurden die in-situ-messverfahren durch die chemische Analytik der gewonnenen in-situ- Grundwasserproben und des Linermaterials auf Schadstoffe und weitere Parameter, insbesondere dem Gehalt an organischen Kohlenstoff. 112

113 6. Stand der bisherigen Ergebnisse 2011 wurden zunächst an vier Punkten Testsondierungen von verschiedenen Anbietern durchgeführt, um die Geeignetheit der angewandten Verfahren zu ermitteln. Im Ergebnis wurden weitere Sondierungen beauftragt, wobei im Einzelnen die o.g. Verfahren zum Einsatz kommen sollten. Es handelt sich dabei teils um Verfahren, die in Europa erstmalig eingesetzt wurden, so zum Beispiel eine Sonde, die es ermöglicht, die Messverfahren HPT, MIP und CPT in Kombination innerhalb eines Bohrvorganges anzuwenden. Es erwies sich als schwierig, den 2. GWL zu erreichen, da in den hangenden Abschnitten des Stauers und oberhalb davon Steinlagen und Sedimente mit sehr dichter Lagerung den Bohrfortschritt erschwerten bzw. zu Sondenabrissen führten. Für die 2012/2013 durchgeführten Untersuchungen wurden die Verfahren auf Grundlage der Erfahrungen aus den Testsondierungen angepasst, um größere Bohrtiefen zu erreichen. So wurde bei den Bohrungen, die den 2. GWL erreichen sollten, konventionell vorgebohrt und die eigentliche Sondierung dann in einer Stützverrohrung ("Casing") mit Stützflüssigkeit durchgeführt. Dennoch gelang es wiederum nur lokal, den 2. GWL zu erreichen. Unter Berücksichtigung der Neuartigkeit einiger der Untersuchungsverfahren und der vorgenommenen Anpassungen aufgrund der schwierigen Standortsituation wurden auch 2012/2013 zunächst nur vier Sondierpunkte angesetzt. Auch sollte eine Zwischenauswertung vorgenommen werden, bevor weitere Sondierungen zur besseren flächenhaften Erfassung niedergebracht werden. Die vier Sondierungen dieser Phase sind abgeschlossen und die Auswertung wird derzeit durchgeführt. Neben der Wiedergabe technischer Erkenntnisse aus der unmittelbaren Umsetzung ist zu beurteilen, ob die im ersten Schritt gewonnenen und die später ggf. noch gewinnbaren Daten ein ausreichend verfeinerbares Standortmodell liefern. Es sind Einblicke in Art und Ursachen sanierungslimitierender Wirkprozesse zu gewinnen und es ist auf dieser Grundlage im Weiteren zu beurteilen, welcher Erfolg durch geeignete Sanierungsmaßnahmen erreichbar ist. Im vorläufigen Ergebnis der Testsondierungen von 2011 und der 2012/2013 durchgeführten Untersuchungen konnten erste technische Erkenntnisse gewonnen werden: Nur durch die Kombination der verschiedenen Verfahren ist es möglich, die Eigenschaften im Hinblick auf Wegsamkeiten für Schadstoffe ausreichend zu erfassen. So wurde z.b. der Zusammenhang zwischen wechselnden hydraulischen Durchlässigkeiten, unterschiedlichen Lagerungsdichten und der Schadstoffkonzentration im Grundwasser deutlich. Auch zeigte sich, dass innerhalb von petrografisch als einheitlich zu interpretierenden Schichtgliedern dennoch wechselnde Lagerungsdichten und Wasserdurchlässigkeiten auftreten können, die wiederum unterschiedliche Wegsamkeiten für Schadstoffe bedingen. Insbesondere die Lagerungsdichte erwies sich dabei als ein bestimmender Faktor. 113

114 Abbildung4: Lage der Untersuchungspunkte Offenbar durch glazigene und glazitektonische Einflüsse kam es zu Störungsstrukturen innerhalb des Geschiebemergel-Stauers in Form von schräg einfallenden Scherflächen, deren Trenngefüge mit Sanden ausgefüllt war, sowie Sandlagen und -linsen, die wiederum Schadstoffwegsamkeiten bedingen. Auch dieser Sachverhalt fiel erst durch die kombinierte Auswertung der geologischen und petrographischen Daten mit den Schadstoffmessungen auf. Es konnten organikreiche Horizonte, z.t. Torfhorizonte, identifiziert werden, die gegenüber den Schadstoffen eine erhöhte Sorption aufweisen. Auch zur Eignung einzelner Messverfahren lieferten die bisherigen Untersuchungen Erkenntnisse. So haben bereits die Testsondierungen 2011 gezeigt, dass die elektrische Leitfähigkeit des Bodens für die hier anstehenden Fragen keine ausreichenden Erkenntnisse liefert. Daher wurde die elektrische Leitfähigkeit in der jüngsten Untersuchungsphase nicht mehr zur Bewertung herangezogen. 114

115 Abbildung 5: Fotodokumentation des Liners PC 01, FUGRO 2013 Darüber hinaus dienen die gewonnenen Erfahrungen der weiteren technologischen Optimierung der bisherigen Untersuchungsverfahren, um auch im schwierigen Untergrund die erwünschten Daten zu erhalten. Für das weitere Untersuchungsprogramm ist v.a. die Frage von Bedeutung, ob sich die bisher gewonnenen Erkenntnisse so auf die nicht detailliert untersuchten Bereiche des 2. GWL übertragen lassen, dass die fehlende technologische Erreichbarkeit dieses Aquifers für einige der Erkundungsverfahren kompensiert werden kann. Abbildung 6: Stützverrohrung unterhalb der Bohrraupe mit Schlauch für die Stützflüssigkeit, FUGRO 2013 Da bisher nur Probesondierungen an ausgewählten Punkten durchgeführt wurden, geben die bisherigen Erkenntnisse bislang eher einen lokalen Einblick. Im nächsten Untersuchungsschritt soll ein mehr flächenhaftes Bild von den Wirkprinzipien des Schadstoffrückhaltes, -transportes und zu sanierungslimitierenden Prozessen entwickelt werden. 115

116 Die Prinzipien der Schadstoffverteilung lassen sich durch die angewandten Untersuchungsverfahren bis hinab in den Zentimeter-Bereich aufklären. Eine derartige Auflösung ist natürlich nicht flächenhaft machbar und sinnvoll. Es geht jedoch um das Grundverständnis der wirksamen Prozesse. So spielt es für weitere Maßnahmeabwägungen z.b. eine Rolle, ob die Schadstoffverfügbarkeit eher von lateral schwer verfolgbaren feinkörnigen oder dicht gelagerten Einheiten geringer Mächtigkeit bestimmt wird oder ob sich übergeordnete Horizonte mit flächenhafter Ausdehnung und ausreichender Durchlässigkeit ermitteln lassen, die ehemals als Ausbreitungsbahnen dienten. Im Ergebnis der Untersuchungen ist ein möglichst detailliertes Modell des Standortes zu entwickeln, welches die wesentlichen Ausbreitungs- und Rückhaltemechanismen beschreibt. 1. Konsequenzen für Maßnahmenabwägungen Die Untersuchungen verfolgen das Ziel, technisch-physikalisch bedingte Grenzen von Maßnahmen zur Stoffmassen- oder Schadensreduzierung bzw. effektiv erreichbare Sanierungsziele aufzuzeigen und Effizienzkriterien abzuleiten. Eine Komplettsanierung der Schadstoffquellbereiche und der Fahne ist technisch nicht möglich. Die Machbarkeit und der Nutzen einer Schadstoffmassenminderung in den Quellbereichen und deren Auswirkung auf das Stoffausbreitungsverhalten in der Schadstofffahne ist unter den Gesichtspunkten standortspezifischer Eignung und Verhältnismäßigkeit zu beurteilen. Hierfür bildet das Verständnis der Wirkprozesse im Untergrund, welches durch die laufenden Untersuchungsmaßnahmen vervollständigt werden soll, die Grundlage. Sowohl die gewonnenen Erkenntnisse zu den Wirkprozessen am Standort, als auch die gewonnenen Erfahrungen zur teils neuartigen Erkundungstechnologie und strategie können bei der Planung und Auswertung vergleichbarer Untersuchungen an anderen Standorte als Grundlage dienen. Vorteil dieser hochauflösenden Erkundungsstrategie ist u.a. die Bestimmung vergleichsweise sicherer Finanzrahmen für die Abwicklung etwaiger Sanierungsmaßnahmen auf Basis realistischer Sanierungsziele bzw. durch eine klare zeitliche Begrenzung von Sanierungsmaßnahmen. 116

117 ÖGP PCK Schwedt MNA-gestützte Sanierungsstrategien an einem Raffineriestandort Dipl.-Geol. Dr. Ulrich Wöstmann, BvS / ACOS 1. Einleitung Die Petrolchemie und Kraftstoffe AG bzw. PCK Raffinerie GmbH, Schwedt/Oder, ist nach der politischen Wende aus dem ehemaligen VEB Petrolchemisches Kombinat Schwedt hervorgegangen. Das im Kern in den Jahren 1958 bis 1963 errichtete und bis 1988 ständig erweiterte Werk zählt mit einer Gesamtfläche von ca. 940 ha und einer Verarbeitungskapazität von rund 12 Mio. t Rohöl pro Jahr zu den größten europäischen Raffineriestandorten. Das Werksgelände liegt im Nordosten Brandenburgs im Landkreis Uckermark nahe der Stadt Schwedt/Oder. Das Großprojekt umfasst derzeit das gesamte Betriebsgelände der PCK östlich der Bundesstraße B166 einschließlich des Betriebsbahnhofs Stendell sowie die unmittelbar westlich der Bundesstraße liegende betriebseigene Deponie für Mineralboden und Bauschutt. PCK - Raffinerie Abbildung 1: Luftbild PCK Raffinerie GmbH, Schwedt/Oder (Google Earth) Durch den Betrieb der Erdölraffinerie ist es zu signifikanten Kontaminationen des Untergrundes insbesondere durch Mineralölkohlenwasserstoffe gekommen. Die raffinerietypischen Verunreinigungen durch MKW, BTEX und untergeordnet PAK und Schwermetalle haben sowohl die wasserungesättigte als auch die wassergesättigte Bodenzone erfasst - vor allem im Bereich der Produktionsanlagen, der Verladeeinrichtungen und der Tanklager. Weitere Belastungen des Grundwassers durch Ammonium und Nitrat sowie Cyanide (CN) sind an der Düngemittelfabrik und an den sog. NaCN- bzw. ACN-Anlagen entstanden. Die bedeutendsten Primärquellen der Raffinerie stellen die unterirdischen Kanal- und Slopsysteme dar, über die im Allgemeinen bis 117

118 zur Stilllegung der jeweiligen Anlagenteile Stoffeinträge in das Grundwasser erfolgten. Die großräumige Grundwasserbelastung ist teils diffus verteilt und kann nicht immer konkreten Primärquellen zugeordnet werden. Insoweit ist für das Werksgelände eine "petrochemische Grundlast" bei der Altlastenbearbeitung hinsichtlich der Sanierungs- bzw. Maßnahmenziele zu berücksichtigen. Zur Gefahrenabwehr wird im zentralen Grundwasserabstrom der PCK bereits langjährig eine Abwehrbrunnenanlage (AWBA) betrieben. Die passiv-hydraulische Maßnahme dient dazu, auf dem Grundwasser aufschwimmende Produktphasen, aber auch im Grundwasser gelöste und ggf. abdriftende Schadstoffe abzufangen. Die gesamte Abstromsicherung wurde im Jahr 2005 zwischen der PCK, dem Land Brandenburg (BRAN) und der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) abschließend pauschaliert und wird von der PCK daher heute allein getragen. Weitere bisher durchgeführte Gefahrenabwehrmaßnahmen umfassen die Sanierung der sog. Grabentanke und der sog. Bioschlammbecken, den Aushub und die Entsorgung von kontaminiertem Boden bei Baumaßnahmen und bei Hot-Spot-Kontaminationen, die Abschöpfung von Produktphasen, die Umsetzung eines projektübergreifenden Grundwassermonitorings sowie die Entwicklung eines Integrierten Grundwassermanagements zur Grundwasseranreicherung und zur Stimulierung des natürlichen Schadstoffabbaus im kontaminierten Aquifer. Die Sanierung der Altablagerungen (Grabentanke und Bioschlammbecken) konnte mittlerweile erfolgreich abgeschlossen werden. Im Rahmen der Gefahrenabwehr werden die natürlichen Rückhalte- und Abbauprozesse in Boden und Grundwasser berücksichtigt, um die Sanierungsaufwendungen des ökologischen Großprojektes zielorientiert auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Im Großprojekt werden insoweit im Regelfall MNA-gestützte Sanierungsstrategien angewendet (MNA = Monitored Natural Attenuation). 2. Freistellung und Sanierungsrahmenkonzept Die Freistellung der PCK gemäß Umweltrahmengesetz (URG) für das Raffineriegelände ist bis zum begrenzt, wobei die mit dem Land BRAN/BvS abgestimmten Gefahrenabwehrmaßnahmen bezogen auf Schäden, die vor dem entstanden sind, ordnungsgemäß - auch über die Frist hinaus - abzuschließen sind. Darüber hinaus existiert eine Öffnungsklausel zur Verlängerung der Freistellung. Die PCK Raffinerie GmbH hat einen Antrag auf Verlängerung der Freistellung gestellt, der in Bearbeitung ist. Gemäß VA-Altlastenfinanzierung trägt die BvS die freistellungsfähigen Kosten der Gefahrenabwehr anteilig zu 75 %. Das Land BRAN trägt 25 % der Kosten. Der regelmäßige Eigenanteil der PCK beträgt 10 % und ist nicht gedeckelt. PCK ist Projektträger, beauftragt alle Maßnahmen und stellt darüber hinaus das Projektmanagement in Eigenleistung. Nach der Durchführungsanleitung Großprojekte vom (Ziffer 1.3) gehört die Erstellung eines Sanierungsrahmenkonzeptes zu den Grundlagen für die Durchführung der ökologischen Großprojekte. Ziel des Sanierungskonzeptes soll sein, einen Sanierungsrahmen unter Angabe der zu erwartenden Maßnahmen, der Maßnahmenkosten und der Umsetzungszeiträume aufzuzeigen (Maßnahmen-, Zeit- und Finanzplan). Insofern sind der prioritäre Handlungsrahmen des Großprojektes und der zeitliche Ablauf der durchzuführenden Gefahrenabwehrmaßnahmen darzulegen. 118

119 Das Sanierungsrahmenkonzept für das Großprojekt PCK Schwedt wurde bereits im Jahr 1998 erarbeitet. Zusammenfassend wurden vom Konzepterarbeiter Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die insbesondere eine zeitlich begrenzte kombinierte hydraulisch-biologische Sanierung mit unterstützender Phasenabschöpfung sowie eine Beseitigung hochbelasteter Bodenbereiche (sog. Hot-Spot- bzw. Quellensanierung) umfassen. Die Abwehrbrunnenanlage der PCK im Grundwasserabstrom ist nach den Berechnungen eines Grundwassermodells und auf Grundlage der Ergebnisse des Grundwassermonitorings sanierungsbegleitend zu betreiben. Des Weiteren sollten für die Altablagerungen konkrete Sanierungs- bzw. Entsorgungskonzepte erstellt werden. Die im Sanierungsrahmenkonzept abgeleitete Sanierungsstrategie stellt einen groben Leitfaden für das Großprojekt dar, der aus fachtechnischer Sicht vom Land BRAN (heute vertreten durch MUGV) und von der BvS (heute vertreten durch ACOS) grundsätzlich mitgetragen wurde. Im Großprojekt kann nutzungsbedingt nur eine Kombination aus Sanierungs- und Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen realisiert werden. Dabei sind die wirksamen NA-Prozesse zielorientiert zu nutzen. Eine vollständige Dekontamination von Boden und Grundwasser ist bereits rein technisch nicht möglich und unrealistisch. Die letztlich geeigneten, erforderlichen und verhältnismäßigen Maßnahmen der Gefahrenabwehr sowie die einzusetzenden Verfahren werden auf Grundlage entsprechender Detail- und Sanierungsuntersuchungen konkretisiert. Dies gilt insbesondere auch für die Grundwassersanierung. Der im Sanierungsrahmenkonzept für die Maßnahmen aufgestellte Zeit- und Kostenplan war aufgrund erheblicher Kenntnislücken spekulativ. Dies gilt insbesondere für die Quantifizierung des sog. kontaminationsbedingten Grundstücksmangels als Bestandteil der privatisierungsvertraglichen Altlastenregelungen. Der Kostenrahmen für die als erforderlich angesehenen Maßnahmen in Höhe von 166 (1. bis 10. Jahr) bzw. 299 Mio. DM (1. bis 20. Jahr) bzw. 85 bis 153 Mio. EUR war eine grobe Schätzung. Der angegebene Kostenrahmen stellte nur eine Hochrechnung fester Sanierungskosten bezogen auf unterschiedliche Sanierungszeiten dar. Da über den Finanzplan keine Einigung zwischen Land BRAN und BvS erzielt werden konnte, wurde in der Sitzung der GA Land vom das Sanierungsrahmenkonzept mit Ausnahme der Kapitel 11 (kontaminationsbedingter Grundstücksmangel), 12 (Zeitrahmen) und 13 (Finanzrahmen) beschlossen. Die projektübergreifende Sanierungsstrategie steht - ex ante betrachtet - auch im Einklang mit den Regelungen des am in Kraft getretenen Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) und des untergesetzlichen Regelwerkes (Bundes-Bodenschutzverordnung - BBodSchV). Das ökologische Großprojekt wird daher gemäß den Regelungen des Freistellungsbescheides in Verbindung mit dem VA Altlasten und nach der gesetzlichen Systematik bearbeitet. 3. Stand der Maßnahmen und Kosten Für das Großprojekt PCK Schwedt bzw. für die GP-Fläche wurden seit Privatisierung folgende Gesamtkostenschätzungen im Hinblick auf die Altlastensanierung vorgenommen: Privatisierungsvertrag (1991) GA Bund/BvS/Land Brandenburg (1995) Sanierungsrahmenkonzept (1998) Mio. EUR Mio. EUR Mio. EUR 119

120 Im Rahmen des Großprojektes wurden insgesamt 31 vorgezogene Maßnahmen und sechs Teilfinanzrahmen in Verbindung mit dem Sanierungsrahmenkonzept von der PCK zur Freigabe beantragt und durch die Gremien des ÖGP - Arbeitskreis (AK) und GA Bund/BvS/Land BRAN - bestätigt. Aus diesen Maßnahmen wurden bisher folgende Kosten (100 %, netto) im Rahmen der Freistellung anerkannt: Titel Freigabe GA Freigabe AK Ist-Kosten (Plankosten, TEUR) (Plankosten, TEUR) (TEUR) Vorgezogene Maßnahmen (beendet) Teilfinanzrahmen (beendet) 6. Teilfinanzrahmen (aktiv) Zusammenfassend sind seit Einrichtung des ökologischen Großprojektes unter Berücksichtigung der vorgezogenen Maßnahmen und der Maßnahmen aus dem 1. bis 6. Teilfinanzrahmen folgende Ist-Kosten (100 %, netto) angefallen (Stand BvS - Juli 2013): Bisherige Ist-Kosten im ÖGP (1995 bis 07/2013) 40,2 Mio. EUR Im Übrigen hat PCK die Verpflichtung zur Tragung des im Privatisierungsvertrag vereinbarten und von der Freistellung gemäß Umweltrahmengesetz (URG) umfassten Sockelbetrages (Eigenanteil) in Höhe von 2,56 Mio. EUR vollständig erfüllt. Unter Berücksichtigung der vor dem , d.h. vor Einrichtung des Großprojektes, von der THA/BvS gegenüber der PCK anerkannten oder anteilig erstatteten Kosten wurden insgesamt rund 45 Mio. EUR für die altlastbedingte Gefahrenabwehr am Standort ausgegeben. Dies entspricht Kosten für die Umsetzung von freistellungsrelevanten Altlastenmaßnahmen seit Privatisierung der PCK (1991) von durchschnittlich 2,1 Mio. EUR pro Jahr. Auf Grund der bisherigen Projekterfahrungen und der Plankosten des 6. Teilfinanzrahmens ist aus Sicht der BvS derzeit davon auszugehen, dass für die Abarbeitung des Großprojektes Gesamtkosten von 60 Mio. EUR nicht überschritten werden. Die Abarbeitung des Großprojektes über die sukzessive Freigabe maßnahmenbezogener Teilfinanzrahmen hat sich als zweckmäßig und wirtschaftlich herausgestellt, da der stetig zunehmende Erkenntniszuwachs das Erfordernis von weiteren Maßnahmen fokussiert und die Effektivität und Effizienz der Maßnahmenumsetzung positiv beeinflusst hat. Der bei weitem nicht ausgeschöpfte 6. Teilfinanzrahmen ist nach Zeitablauf und nach Verlängerung der Freistellung gemäß URG für die Folgejahre - kostenneutral - durch Beschluss im Arbeitskreis des ÖGP zu erweitern (sog. Flexibilisierung des Teilfinanzrahmens). 120

121 4. MNA-gestützte Sanierungsstrategie Monitored Natural Attenuation (MNA) kann in Bezug auf die Altlastenbearbeitung i. w. S. als "überwachte Selbstreinigung" bezeichnet werden. Im übertragenen Sinne bedeutet NA natürliche Abschwächung bzw. natürliche Konzentrationsabnahme der im Grundwasser gelösten Schadstoffe. Der methodische Ansatz und vor allem das Konzept der kontrollierten Nutzung der natürlichen Rückhalte- und Abbauprozesse im Untergrund wurden in den USA entwickelt. MNA wird dort jedoch stets im Zusammenhang mit Intrinsic (Bio-)Remediation (biologische Selbstreinigung) vornehmlich bei Grundwasserschäden durch wassergefährdende Stoffe genannt. Die Bewertung und die gezielte Nutzung der Rückhalte- und Abbauprozesse im Rahmen der Altlastensanierung stehen auch im Einklang mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG). Allein über die Begrifflichkeit und Definition MNA und die Reichweite der Anwendung im jeweiligen Einzelfall lässt sich kontrovers diskutieren. Die natürlichen Prozesse sind als wichtige Standortfaktoren sowohl bei der Gefährdungsabschätzung im Hinblick auf das Schutzgut Grundwasser als auch bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Sanierungsmaßnahmen zu werten und somit als ein relevantes Kriterium für die Festlegung des weiteren Handlungsbedarfes zur Gefahrenabwehr einzustufen. Die Umsetzung kann im Rahmen von Dekontaminationsmaßnahmen (Beseitigung oder Verminderung von Schadstoffen) oder Sicherungsmaßnahmen (Verhinderung oder Verminderung der Ausbreitung der Schadstoffe) oder aber über sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen (z.b. Nutzungsverbot für Grundwasser) zur Gefahrenabwehr gemäß 4 BBodSchG erfolgen. Für die Planung und Umsetzung MNA-gestützter Sanierungsstrategien ist die Prüfung und Bewertung der spezifischen Stoff-, Standort- und Nutzungscharakteristik im Zuge von Sanierungsuntersuchungen von Bedeutung. Die geologischen und hydraulischen Verhältnisse sowie die Lage von Produktionseinrichtungen und Rezeptoren (z.b. Betriebsbrunnen, Vorfluter) sind für die Ausgestaltung des Monitorings im Rahmen der Grundwasserüberwachung und Sanierungskontrolle relevant. Die Raffinerie befindet sich nordöstlich der Uckermärker Lehmplatte (Hochfläche) im unteren Odertal in unmittelbarer Nachbarschaft zur Oderaue und zwar im Bereich quartärer Talsandterrassen. Die unter geringmächtigen holozänen Sedimenten oder anthropogenen Auffüllungen anstehenden Talsande bestehen vorwiegend aus Sanden und Kiesen der Weichsel-, Saale- und teilweise auch Elsterkaltzeit, in die reliktische Geschiebemergel- und Schlufflagen eingeschaltet sein können. Die Ablagerungen bilden einen meist offenen Grundwasserleiter mit Flurabständen von aktuell etwa 1,5 bis 9 m. Im Liegenden der Terrassenablagerungen folgt bei etwa 15 bis 25 m unter GOK ein kompakter Stauerkomplex aus Geschiebemergel des Elster I - bis Saale I - Glazials sowie stellenweise aus tertiären Schluffen und Tonen. Im Grundwasserabstrom und -seitenstrom der PCK befinden sich die Trinkwasserschutzgebiete der Wasserfassungen Schlosswiesenpolder und Springallee der Stadt Schwedt sowie die Wassergewinnungsanlage Gatow der PCK. Im Rahmen der wasserwirtschaftlichen Nutzung wird teils Grundwasser angereichert und entnommen und teils Uferfiltrat aus der parallel zur Oder verlaufenden Hohensaathen-Friedrichsthaler Wasserstraße gewonnen. Das Werksgelände der PCK liegt jedoch nicht im Bereich der ausgewiesenen Trinkwasserschutzzonen. Die WW-Brunnen werden ausgehend von dem Raffineriegelände auch nicht stofflich beeinflusst. 121

122 Im ÖGP PCK Schwedt ist für die Gefahrenbeurteilung unter Berücksichtigung der Nutzungssituation insbesondere das Schutzgut Grundwasser zu betrachten. Für das Schutzgut menschliche Gesundheit bestehen keine Gefahren aus den bisher festgestellten Boden- und Grundwasserverunreinigungen. Das Schutzgut Grundwasser ist im Bereich des Werksgeländes großflächig geschädigt, wobei auf Grund des früheren Abdriftens von Schadstoffen (vorzugsweise BTEX) über den zentralen Grundwasserstrom Gefahren für die unbeeinflussten abstromigen Grundwasservorkommen und Oberflächengewässer jenseits der Werksgrenze abzuleiten sind. Die projektübergreifende Gefahrenbeurteilung wird durch eine Grundwasserströmungsund Schadstofftransportmodellierung gestützt; eine signifikante Ausbreitung insbesondere der relativ mobilen Monoaromaten über den Grundwasserpfad und eine Exposition relevanter Rezeptoren (Vorfluter Welse) gegenüber den raffinerietypischen Schadstoffen konnte demzufolge nur durch hydraulische Sicherungsmaßnahmen (Sperrfassung AWBA, Infiltrationsbecken) in der Vergangenheit verhindert werden. Das Schutzgut Boden hat im Bereich der Raffinerie einen Großteil seiner natürlichen Schutzgutfunktionen, z.b. durch Überbauungen, Versiegelungen oder anthropogene Auffüllungen, verloren. Die natürlichen Funktionen des Bodens beschränken sich hier auf Filter-, Puffer- und Abbaueigenschaften insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers. Darüber hinaus übernimmt der Boden die Nutzungsfunktion als Träger unter- und oberirdischer Anlagen. Eine Beeinträchtigung relevanter Schutzgutfunktionen des Bodens durch die Kontaminationen ist am Standort der PCK daher nicht bzw. nur sehr eingeschränkt möglich. Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit sind aus den Bodenkontaminationen folglich nur im Hinblick auf das Schutzgut Grundwasser abzuleiten. Die Verunreinigungen des Bodens können partiell zu einem erheblichen weiteren Schadstoffeintrag in das Grundwasser beitragen (Wirkungspfad Boden-Grundwasser). Vor diesem Hintergrund soll im ökologischen Großprojekt eine "Hot-Spot- und Quellensanierung" umgesetzt werden. Im Bereich der wasserungesättigten Bodenzone werden im Wesentlichen nur die Kontaminationen im Rahmen der Gefahrenabwehr saniert, die zukünftig eine signifikante Schadstoffauflastung bzw. - zusatzbelastung für das Grundwasser über den Sickerwasserpfad erwarten lassen (Sickerwasserprognose). In der wassergesättigten Bodenzone werden die signifikanten Schadstoffquellen ebenfalls saniert (z.b. CN- Grundwasserschaden). Für das großflächig geschädigte Schutzgut Grundwasser wird speziell im Hinblick auf die raffinerietypischen Verunreinigungen insbesondere durch BTEX eine Kombination aus aktiven hydraulischen Maßnahmen und passiven Maßnahmen unter Nutzung der natürlichen Rückhalte- und Selbstreinigungsprozesse realisiert. Die BTEX-Grundwasserbelastung ist sehr heterogen und erreicht lokal in Hochlastbereichen - insbesondere mit LNAPL - Konzentrationen von bis zu 250 mg/l BTEX. Allgemein sind die BTEX- Konzentrationen jedoch sanierungs- und abbaubedingt deutlich abnehmend. Die Grundwassersanierung kann wegen der Mobilität bzw. Mobilisierbarkeit der Schadstoffe, die sowohl in funikularer und residualer Phase als auch in gelöster Form zu großflächigen Kontaminationen in der Grundwasserzone geführt haben, nur mit einem großräumigen Konzept in Angriff genommen werden. Das Projektziel soll vor allem auch durch ein "Integriertes Grundwassermanagement" (IGM) erreicht werden - eine Kombination aus örtlicher Grundwasseranreicherung mit Regenwasser oder gereinigtem Grundwasser und ENA (Enhanced Natural Attenuation; ggf. Zugabe von Nährstoffen, Elektronenakzeptoren). Aufgrund der nutzungsbedingt erheblich eingeschränkten Zugänglichkeit der Produktions- und Tankanlagen der Raffinerie soll der kontaminierte Aquifer "durchspült" und der Stoffaustausch und -umsatz - indirekt - gefördert werden. Ein erstes Versuchsfeld soll zeitnah im OK-Tanklager errichtet werden. Begleitend sind die "freien" Produktphasen (LNAPL) abzuschöpfen - aufgrund der relativ guten Wasserlöslichkeit vorrangig die Phasen mit erhöhten Anteilen an Aromaten. 122

123 Konzeptionell sind auch die Grundwasserverunreinigungen durch Ammonium und Nitrat zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind speziell die Sulfatbelastungen des Grundwassers von Interesse, da Sulfat ebenso wie Nitrat als Elektronenakzeptor für den mikrobiellen KW-Abbau unter reduzierenden Bedingungen dient. Die erhöhten Sulfatgehalte im Grundwasser sind landwirtschaftlichen Depositionen im Zustrom der PCK und vor allem der ehemaligen betriebseigenen Schwefelsäureproduktion zuzurechnen, während die Nitratbelastungen vorwiegend aus der früheren Düngemittelfabrikation resultieren. In Fällen der Überlagerung der gelösten BTEX-Fahnen mit den Nitrat- und Sulfatbelastungen des Grundwassers erfolgt bereits langjährig ein anthropogen stimulierter und etablierter mikrobiologischer Schadstoffabbau, der im Rahmen des praktizierten Langzeit-Monitorings über Korrelationen der Schadstoffgehalte mit den Gehalten an Elektronenakzeptoren sowie über das Auftreten von Reaktionsprodukten - z.b. Kohlenstoffdioxid, Eisen (II), Hydrogencarbonat oder Methan - hinreichend (qualitativ) nachgewiesen wurde. Im Rahmen des Monitorings wird das vorhandene Abbaupotenzial regelmäßig abgeschätzt. Für das Jahr 2011 wurde der mikrobiologische Abbau der aromatischen Kohlenwasserstoffe unter nitrat- und sulfatreduzierenden Bedingungen mit rund 22 t überschlägig berechnet. Die natürlichen Abbauraten sind insoweit durchaus mit den aus den hydraulischen Maßnahmen (wie AWBA, Phasensanierung) erzielten Austragsfrachten zu vergleichen. Als Folge sind die gelösten BTEX-Grundwasserfahnen mindestens stagnierend und teilweise sogar deutlich rückläufig. Die durchaus positiven Synergieeffekte, die sich aus dem Vorhandensein der Co-Kontaminanten ergeben, werden weiterhin zielorientiert im Rahmen der Gesamtsanierung genutzt. Das im Rahmen von hydraulischen Maßnahmen gehobene kontaminierte Grundwasser wird generell in die betriebseigene Kläranlage der PCK eingeleitet und nach Reinigung in die Oder abgeschlagen. Eine Totalsanierung im Sinne einer weitgehenden Dekontamination von Boden und Grundwasser, d.h. quasi eine Rückführung der Schutzgüter in den ursprünglichen stofflichen Zustand, ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für das Großprojekt auszuschließen. Eine derartige Sanierung wäre auch rein technisch nicht möglich, da der Raffineriebetrieb fortgeführt werden soll. Aus den genannten Gründen sind die natürlichen Rückhalte- und Abbauprozesse in Boden und Grundwasser zwangsläufig im Gesamtsanierungskonzept zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere auch für die Festlegung von Sanierungszielen. Für große Teile des Werksgeländes der PCK ist von einer langfristigen Nutzungsbeschränkung für das Grundwasser auszugehen, da Restbelastungen aus Altlasten auch nachhaltig nicht zu vermeiden sind. Diese Einschränkung erscheint vor dem Hintergrund der industriellen Nutzungssituation jedoch akzeptabel, solange ein signifikantes Abdriften der raffinerietypischen Schadstoffe über die Werksgrenze der PCK hinaus verhindert oder vermindert wird. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es bedingt durch ein Abströmen von Ammonium und Nitrat aus dem Bereich der ehemaligen Düngemittelfabrik der PCK sowie durch die langjährige Direkteinleitung stickstoffhaltiger Schlämme aus der Düngemittelproduktion in die Kiesgrube Vierraden bereits zu einer großräumigen stofflichen Veränderung bzw. Schädigung des Schutzgutes Grundwasser im Abstrom der Raffinerie gekommen ist, so dass die Werksgrenze der PCK nicht als scharfe Eingriffsschwelle im Hinblick auf die Grundwassersanierung bzw. Abstromsicherung zu verstehen ist. Darüber hinaus werden die Flächen teils landwirtschaftlich intensiv genutzt. Vor dem Hintergrund der Selbstreinigungskräfte und dem Abstand zum nächsten Rezeptor (Welse) ist eine örtlich begrenzte, natürlich biochemische Reaktions- bzw. Pufferzone im Grundwasserabstrom vertretbar. 123

124 Insofern kommt der nachhaltigen Überwachung der Sanierung und des Standortes eine herausragende Stellung zu. Das Grundwassermonitoring zur Erfassung des hydrochemischen Zustands der Schadstoffahnen über Zeit und Raum und zur Kontrolle der Entwicklung der Abbaupotenziale und der biologischen Abbauraten ist konsequent weiter zu entwickeln und langfristig zu betreiben. Neben den Schadstoffkonzentrationen sind die üblichen Feld- sowie relevante Kontrollparameter (z.b. Elektronenakzeptoren, Reaktionsprodukte, ggf. Metabolite wie organische Säuren) zum Nachweis der im Untergrund ablaufenden Redoxreaktionen regelmäßig und systematisch im Grundwasser zu analysieren. Der Lösungsansatz des Gesamtsanierungskonzeptes ist durch das Monitoring und durch konkrete Sanierungsuntersuchungen hinsichtlich der technischen Machbarkeit, der zeitlichen und räumlichen Umsetzung und der Kosten, d.h. im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, kontinuierlich zu untersetzen. Die MNA-gestützte Sanierungsstrategie steht im Einklang mit den Regelungen des BBodSchG und des untergesetzlichen Regelwerkes. Gemäß BBodSchV 4 Abs. 7 sind bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Sanierungsmaßnahmen auch die natürlichen Rückhalte- und Abbauprozesse des Untergrundes zu berücksichtigen. Im Einzelnen ist zu bewerten, ob erhöhte Schadstoffkonzentrationen im Sickerwasser oder andere Schadstoffausträge auf Dauer nur geringe Schadstofffrachten und nur lokal begrenzt erhöhte Schadstoffkonzentrationen in Gewässern erwarten lassen (bei ungehindertem Geschehensablauf). 5. Ausblick Das Sanierungsrahmenkonzept stellte einen formal notwendigen Arbeitsschritt im Zuge der qualifizierten Abarbeitung des ÖGP PCK Schwedt dar. Aus fachtechnischer Sicht handelt es sich um einen groben Leitfaden für die Maßnahmenumsetzung, wobei die letztlich geeigneten, erforderlichen und verhältnismäßigen Einzelmaßnahmen sowie die einzusetzenden Sanierungsverfahren erst auf Grundlage von abschließenden Detail- und Sanierungsuntersuchungen und laufenden Monitoringuntersuchungen sukzessive konkretisiert werden können. Nutzungsbedingt konnten noch nicht alle Teilflächen der Raffinerie abschließend untersucht werden. Dies betrifft im Wesentlichen die wasserungesättigte Bodenzone im Bereich der Produktionsanlagen, so dass hier in der Regel baufeldbezogen in Abhängigkeit von Investitionen der PCK vorgegangen wird (Baufeldfreimachungen). Die weitere, zum Stand Mitte 2013 im ÖGP PCK Schwedt absehbare Maßnahmenplanung lässt sich auf Grundlage des Sanierungsrahmenkonzeptes und der GA-Freigabe zum 6. Teilfinanzrahmen wie folgt zusammenfassen: Durchführung von Detail- und Sanierungsuntersuchungen (Plankosten: 700 TEUR). Realisierung von verhältnismäßigen Hot-Spot- und Quellensanierungen (Plankosten: TEUR). 124

125 Durchführung von Grundwassersanierungsmaßnahmen einschließlich Phasensanierung und Integriertes Grundwassermanagement (IGM) (Plankosten: TEUR). Sanierungskontrolle und Langzeitüberwachung (Monitoring / MNA / Nachsorge) (Plankosten: 400 TEUR). Kontaminationsbedingte Mehrkosten bei Baumaßnahmen (Plankosten: 900 TEUR). Projektmanagement und Projektcontrolling zur Gewährleistung einer qualifizierten fach- und finanztechnischen sowie termingerechten Umsetzung der Maßnahmen (Plankosten: TEUR). Die freigegebenen Maßnahmenblöcke sind durch den Projektträger und das Projektmanagement mit Einzelmaßnahmen und maßnahmenkonkreten Budgetansätzen zeitnah zu untersetzen. Die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen wie auch die zeitliche Flexibilisierung des 6. Teilfinanzrahmens in Höhe von insg. 14 Mio. EUR (netto) werden zwischen dem Land Brandenburg und der BvS im Arbeitskreis des ökologischen Großprojekts - wie bisher - einvernehmlich abgestimmt. 125

126 Erfahrungen mit dem Finanzierungsinstrument des VASA-Altlastenfonds in der Schweiz Dipl.-Ing. Dipl.-Geogr. Thomas Lepke, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bern 1. Einführung In der Schweiz gilt das Verursacherprinzip. Kann kein Verursacher ermittelt werden oder ist dieser zahlungsunfähig, so trägt das zuständige Gemeinwesen die Kosten. Der Bund beteiligt sich in diesen Fällen finanziell an der Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten. Zur Finanzierung dieser Kosten hat er den VASA Altlasten-Fonds geschaffen. Der behördliche Vollzug der Altlastenbearbeitung liegt in der Hoheit der einzelnen Kantone. Die altlastentechnische Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten erfolgt nach den Zielsetzungen und Vorgaben des Umweltschutzgesetzes (USG) und der Altlasten-Verordnung (AltlV). Der Bund beteiligt sich nach Artikel 32e Absatz 3 des Umweltschutzgesetzes an den dabei entstehenden Kosten sowie an den Untersuchungskosten von Standorten, die sich als nicht belastet erweisen. Dazu erhebt er eine Abgabe auf der Ablagerung von Abfällen. Nach Artikel 32e Absatz 4 USG werden die Abgeltungen den Kantonen nach Maßgabe des Aufwandes ausbezahlt und betragen 40 % der anrechenbaren Kosten bzw. anrechenbaren Ausfallkosten. Die Abgeltungen werden nur geleistet, wenn die getroffenen Maßnahmen umweltverträglich und wirtschaftlich sind und dem Stand der Technik entsprechen. Die Ausführungsvorschriften zur finanziellen Beteiligung des Bundes finden sich in der Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA) seit dem Jahr 2001, in der aktuellen Version in Kraft seit dem 1. Januar Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) verwaltet diese Gelder mittels eines eigens dafür geschaffenen Spezialfonds, dem so genannten VASA Altlasten-Fonds und entscheidet über die Gewährung von Abgeltungen. Mit diesem Finanzierungsinstrument soll erreicht werden, dass die gefährlichen Altlasten möglichst rasch saniert und nicht wegen fehlenden Finanzen auf kommende Generationen verschoben werden. 1.1 Ausgangssituation In der Schweiz sind in den nächsten ca. 20 Jahren rund Altlasten zu sanieren. Die Gesamtkosten der Altlastenbearbeitung werden schätzungsweise 5 Milliarden Franken betragen. Oft sind die eigentlichen Verursacher von Altlasten nicht mehr vorhanden oder zahlungsunfähig, so dass das Gemeinwesen die Sanierungskosten tragen muss. In diesen Fällen und bei der Sanierung von Siedlungsabfalldeponien und Schiessanlagen übernimmt der Bund 40% der Kosten. Zur Finanzierung dieser Sanierungsbeiträge hat der Bund am 1. Januar 2001 die Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA) in Kraft gesetzt. Darin ist vorgeschrieben, dass die erforderlichen Mittel mit einer Abgabe auf der Ablagerung von Abfällen im In- und Ausland zu beschaffen sind; somit wird der Finanzhaushalt des Bundes nicht belastet. Mit den in der VASA festgelegten Abgabesätzen für abgelagerte Abfälle werden gegenwärtig jährliche Einnahmen von ca. 35 Millionen Franken realisiert. Diese Mittel sind zweckgebunden und werden den Kantonen ausbezahlt. 126

127 2. Aktueller Stand des VASA-Fonds ( ) Der VASA-Fonds ist in Art. 32e des Umweltschutzgesetztes (USG) und in der Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA) verankert. Die Verordnung regelt sowohl die Einnahmeseite, wie auch die Ausgabeseite des Fonds. Für die Einnahmeseite ist festgelegt, dass über die VASA Abgaben erhoben werden, auf Abfällen die auf schweizerischen und ausländischen Deponien abgelagert werden. Die Abgabesätze betragen zur Zeit für Inertstoffdeponien 3 CHF/Tonne, für Reaktordeponien 15 CHF/Tonne, für Reststoffdeponien 17 CHF/Tonne und für Untertagedeponien 22 CHF/Tonne. Im USG, Art. 32e Absatz 1 und 2 ist festgelegt, dass der Bundesrat die Abgabesätze festlegt und sie höchstens 20% der durchschnittlichen Ablagerungskosten betragen dürfen. Auf einen Mindestabgabesatz wird verzichtet. Eine solche flexible Regelung lässt die Möglichkeit offen, in einigen Jahren gegen Ende der Altlastenbearbeitung auf eine Abgabeerhebung zu verzichten, um die Einnahmen gegen Null steuern zu lassen. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) prüft die Abgabesätze mindestens alle fünf Jahre (Art. 3 Abs. 3 VASA). Die Einnahmen im Jahr 2012 betrugen 35,14 Mio. CHF. Der Großteil, nämlich 51%, der Einnahmen ist mit 18,10 Mio. CHF auf die Abgaben von Reaktordeponien zurückzuführen (siehe Abbildung 1). Die Inertstoffdeponien haben mit 12,68 Mio. CHF 36%, die Reststoffdeponien mit 2,09 Mio. CHF 6% an die VASA-Einnahmen beigesteuert. Die Erträge aus exportieren Abfällen belaufen sich gesamthaft auf 2,37 Mio. CHF (7%). Abbildung 1: Herkunft der VASA-Einnahmen im Jahr

128 Aus Abbildung 2 ist ersichtlich, dass die Einnahmen von 35,14 Mio. CHF im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr (35,31 Mio. CHF) etwa gleich hoch sind. Der kleine Unterschied liegt im normalen Schwankungsbereich der jährlich abgelagerten Abfälle. Abbildung 2: VASA-Einnahmen und Ausgaben von Die von 2002 bis 2012 summierten VASA-Einnahmen betragen 324,21 Mio. Franken und stehen Abgeltungen im Gesamtwert von 149,78 Mio. Franken und Zusicherungen von 122 Mio. Franken gegenüber (siehe Abbildung 3). Die Summe der Abgeltungen und der Zusicherungen ergibt die total verpflichtete Summe von 271,78 Mio. Franken. Die Differenz der summierten VASA-Einnahmen und der verpflichteten Summe zeigt also den effektiven Kontostand per in der Höhe von 52,26 Mio. Franken Zusicherungen Mio. CHF Auszahlungen Verpflichtungen Einnahmen; Summe: Mio. CHF Auszahlungen und Zusicherungen; Summe: 271,74 Mio. CHF 2002 Abbildung 3: Summierte VASA-Einnahmen und Verpflichtungen von

129 Auf der Ausgabeseite sind die Abgeltungsvoraussetzungen, die anrechenbaren Kosten, das Verfahren, wie auch der Vollzug in verschiedenen Vollzugshilfen geregelt. Das Umweltschutzgesetz listet in Artikel 32e Absatz 3 die Maßnahmen auf, für welche die Gelder des VASA- Fonds zu verwenden sind. Der Bund verwendet den Ertrag aus den Abgaben ausschließlich für die Abgeltung der Kosten von folgenden Maßnahmen: Erstellung der Kataster belasteter Standorte, wenn deren Inhabern bis am 1. November 2007 die Gelegenheit gegeben wurde, zur Aufnahme in den Kataster Stellung zu nehmen. Die Abgeltungen betragen pauschal 500 Franken pro Standort. Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten, auf die seit dem 1. Februar 1996 keine Abfälle mehr gelangt sind, wenn: o der Verursacher nicht ermittelt werden kann oder zahlungsunfähig ist. Der Bund beteiligt sich mit 40% an den so genannten Ausfallkosten, d.h. dem Kostenanteil der nicht greifbaren Verursacher. Die Abgeltungen werden den Kantonen nach Maßgabe des Aufwandes ausbezahlt. o auf den Standort zu einem wesentlichen Teil Siedlungsabfälle abgelagert worden sind. Die Bundesbeteiligung beträgt auch hier 40%. Untersuchung, Überwachung und Sanierung von belasteten Standorten bei Schiessanlagen, die nicht einem überwiegend gewerblichen Zweck dienen, wenn: o auf Standorte in Grundwasserschutzzonen nach dem 31. Dezember 2012 keine Abfälle mehr gelangt sind, o auf die übrigen Standorte nach dem 31. Dezember 2020 keine Abfälle mehr gelangt sind; Die Abgeltungen bei 300-m-Schiessanlagen betragen pauschal Franken pro Scheibe, für die übrigen Schiessanlagen betragen sie 40% der anrechenbaren Kosten. Untersuchung von Standorten, die sich als nicht belastet erweisen. Die Abgeltungen betragen 40% der zur Feststellung der Nichtbelastung aufgewendeten Untersuchungskosten. Im Jahr 2012 wurden VASA-Abgeltungen von insgesamt 18,5 Mio. Franken geleistet. Die Sanierung von Altlasten wurde mit 16,8 Mio. Franken, die Untersuchung von belasteten Standorten mit 1,4 Mio. Franken und die Überwachung mit rund Franken mitfinanziert. Darüber hinaus wurde an die Untersuchung von im Kataster eingetragenen Standorten, die sich nachträglich als nicht belastet herausstellten, ein Beitrag von rund Franken geleistet. Bis Ende 2012 sind von den Kantonen insgesamt Gesuche um Zusicherung von Abgeltungen (vor den Massnahmen) bzw. Gesuche um Auszahlung von Abgeltungen (nach erfolgreichem Abschluss der Massnahmen) eingereicht und vom BAFU bearbeitet worden. In den letzten Jahren haben sich diese bei etwa 250 Gesuchen pro Jahr eingependelt. Die Gesuche teilen sich wie folgt auf: 713 Gesuche um Zusicherung oder Auszahlung betreffen Sanierungen, von welchen in 431 Fällen insgesamt ca. 133 Mio. Franken abgegolten werden konnten. Es handelt sich dabei um 336 Schiessanlagen, 76 Deponie- und 19 Betriebsstandorte. 129

130 17 Gesuche um Zusicherung oder Auszahlung betreffen Überwachungen von welchen in 10 Fällen insgesamt Franken ausbezahlt werden konnten. 334 Gesuche um Zusicherung oder Auszahlung betreffen Untersuchungsprojekte, von welchen in 282 Fällen gesamthaft 6,9 Mio. Franken abgegolten werden konnten. Dabei ist der überwiegende Teil an die Untersuchung von ehemaligen Deponien aufgewendet worden. 230 Gesuche um Zusicherung oder Auszahlung betreffen Untersuchungen von im Kataster eingetragenen Standorten, die sich als nicht belastet erwiesen haben. Dabei konnten in 216 Fällen Auszahlungen von rund 1 Mio. Franken getätigt werden. Die gesamthaft ausbezahlten sowie zugesicherten VASA-Abgeltungen der Jahre sind in den Abbildungen 2 und 3 dargestellt. Die VASA-Abgeltungen erreichten im Jahr 2008 einen Höhepunkt und haben danach wieder abgenommen. Die tieferen Werte in den Jahren 2010 bis 2012 sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die geplanten Teilzahlungen an die Sanierung der Sondermülldeponie Kölliken aufgrund verschiedener Abklärungen nicht erfolgen konnten. Im Jahr 2012 sind die Ausgaben trotzdem wieder gestiegen, was durch große Auszahlungbeträge an verschiedene Grossprojekte zu erklären ist. 3. Entwicklung des VASA-Fonds Um Aussagen darüber machen zu können, wie sich die Einnahmen des VASA-Fonds in der Zukunft darstellen werden, müssen sowohl die Zukunftstendenzen der abgelagerten Abfallmengen, wie auch der Ablagerungspreise abgeschätzt werden. Langfristig hat die Schweizer Umweltpolitik zum Ziel, die deponierten Abfälle stark zu reduzieren. Bis 2050 sollen weniger als 5% der anfallenden Abfallmenge in Deponien endgelagert werden (Umwelt und Ressourcen: Ausblick 2050, BAFU, 2012). Eine Rohstoffstrategie, welche erst am Anfang steht, soll dazu weitere Inhalte und Vorgehensweisen aufzeigen. Auf der anderen Seite gibt es Faktoren, die zu einer Vergrößerung der auf Deponien abgelagerten Abfallmenge führen. In den letzten Jahren nimmt die Schweizer Bevölkerung jährlich um über Personen zu (Statistisches Lexikon der Schweiz, BFS, 2010). Gekoppelt mit einer regen Bautätigkeit und dem stetig steigenden Ausgaben der Haushalte für den Endkonsum (Statistisches Lexikon der Schweiz, BFS, 2010), kann davon ausgegangen werden, dass die Abfallmenge eher steigen wird. Fasst man nun die Tendenzen zur Abfallverringerung und diejenigen zur Abfallvergrößerung zusammen, kann man davon ausgehen, dass sie sich gegenseitig kompensieren werden und dass deshalb die Menge der auf Deponien abgelagerten Abfälle bis 2030 ungefähr gleichbleiben oder etwas abnehmen werden. 130

131 4. Wirkung und Akzeptanz des VASA-Fonds Im Vollzug der VASA reichen die Kantone Gesuche um Abgeltung von Maßnahmenkosten beim BAFU ein. Diese werden im BAFU geprüft und entweder abgelehnt (geringer Anteil) oder Abgeltungen zugesichert bzw. ausbezahlt. Der VASA-Altlasten-Fonds hat eine grosse Akzeptanz bei den Kantonen und Gemeinden ( es gibt Geld vom Bund ). Mit durchschnittlich rund 40% der anrechenbaren Gesamtkosten (d.h. der für die Erfüllung der Aufgabe wirklich notwendigen Massnahmen) wird ein genügend großer Anreiz gegeben, mit notwendigen Massnahmen zu beginnen. Viele Kantone fördern die Altlastenbearbeitung ihrerseits ebenfalls in unterschiedlicher Höhe, so dass für die betroffene Gemeinde oft nur ein Anteil von % der Gesamtkosten verbleibt. Da die Gemeinden noch einen nennenswerten Eigenanteil tragen, welcher gering genug ist, um keine Hürde zu sein und groß genug ist, um keine unnötigen Massnahmen durchzuführen (Prinzip: nicht zu wenig nicht zu viel ) funktioniert der Vollzug sehr gut und ist im Fluss. Der Fonds unterstützt sowohl kleinere Projekte, - etwa die Sanierung einer Schiessanlage oder mittlere Projekten wie die Sanierung eines Betriebsstandortes genauso wie Grossprojekte, etwa die Sanierung einer Sondermülldeponie. 5. Resümee Ohne eine solide Finanzierung lässt sich keine erfolgreiche Altlastenbearbeitung betreiben. In der Schweiz wurde mit dem VASA-Fonds ein sehr wirkungsvolles Instrument geschaffen. Die positiven Aspekte sind vor allem: Der Anreiz wirkt (der VASA-Vollzug ist in vollem Gange) Die Gebühren werden auf die Abfallablagerung erhoben, was den positiven Aspekt hat, dass ein Anreiz für die Abfallvermeidung geschaffen wird Die Wirtschaft und der Steuerzahler wird entlastet (z.b. keine Steuererhöhungen) Der kommunale Anteil ist auch für finanzschwachere Gemeinden in der Höhe meist tragbar Fortschritte in den (kantonalen) Katastern der belasteten Standorte sind für alle sichtbar und ein Abschluss aller notwendigen Sanierungsmassnahmen ist absehbar Einzelne Prüfung, ob Voraussetzungen erfüllt sind kein Giesskannenprinzip Als Erfolgsfaktoren lassen sich neben der soliden Finanzierung nennen: Das BAFU bleibt auf dem Laufenden, was den Vollzug und den Fortschritt der Altlastenbearbeitung in den Kantonen betrifft. Mit dem BAFU gibt es nur eine zuständige Stelle für den VASA-Vollzug, welche durch das Parlament autorisiert ist und durch die Eidgenössische Finanzkontrolle regelmäßig geprüft wird. Zwischen dem BAFU und den für die Altlastenbearbeitung zuständigen kantonalen Fachstellen gibt es einen ständigen Austausch. Die gute Kommunikation wird durch regelmäßige Fachtagungen und regionale Arbeitsgruppen ergänzt. 131

132 Anwendung deutscher Sanierungsstandards in urbanen Ballungsräumen Brasiliens Dipl.-Ing. Luciano Ávila, SENAI/RS 1. Einleitung Bei der vom industriellen Fortschritt gekennzeichneten wirtschaftlichen Entwicklung Brasiliens in den späten 60er und frühen 70er Jahren fehlten leider spezifische Umweltvorschriften, weshalb die Qualität der Böden und des Grundwassers erheblich beeinträchtigt wurde. Diese Situation verschärfte sich durch einen wachsenden, wettbewerbsbestimmten Markt, in dem Umweltfragen erst in den frühen 90er Jahren mit der ersten UNO-Umweltkonferenz in Rio de Janeiro thematisiert wurden. Dank der internationalen technischen Zusammenarbeit in verschiedenen Branchen und vor allem mit Deutschland wurde im letzten Jahrzehnt viel verlorener Boden gutgemacht und auch im Umweltsektor Fortschritte erzielt. So werden derzeit Kontaminationsflächen mittels Katastern erfasst und auf der Grundlage von spezifischen Umweltgesetzen und Kontrollmechanismen Grundlagen für einen effizienten Boden- und Grundwasserschutz geschaffen. In diesem Rahmen wird auch die Bevölkerung über die Gefahren informiert, der sie durch verseuchten Boden und/oder verseuchtes Wasser ausgesetzt ist. Dennoch ist festzustellen, dass auf Grund der Größe des Landes und dem Mangel an ausreichend qualifiziertem Fachpersonal im Bereich der Altlastenerkundung, -bewertung und -sanierung noch erhebliche Defizite bestehen. Brasilien ist eine demokratische Bundesrepublik mit 26 Bundesländern, die politisch autonom sind. In diesem föderalen Staatsaufbau hat jedes Bundesland eine autonome Rechtsprechung, die sich folglich auch auf den Umweltsektor erstreckt. Die größten Ballungsräume hinsichtlich ihrer industriellen Bedeutung sind São Paulo ( Einwohner), Rio de Janeiro ( Einwohner), Belo Horizonte ( Einwohner) Salvador ( Einwohner), Curitiba ( Einwohner) und Porto Alegre ( Einwohner). 1.1 Geschichte der Umweltpolitik in Brasilien Das erste Umweltgesetz auf Bundesebene wurde im Rahmen der Politica Nacional de Meio Ambiente (Nationale Umweltpolitik) 1981 erlassen. Dies bedeutete einen Durchbruch in der Umweltpolitik in Brasilien, womit das Verständnis, den Umweltschutz und industriellen Fortschritt im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung in Einklang zu bringen, auf allen Ebenen gestärkt wurde. Mit der Bundesverfassung von 1988 erhielten die Bundesländer und Gemeinden erweiterte Rechte und Pflichten zur Umsetzung einer ökologisch ausgewogenen Entwicklung. Bald darauf wurde im Jahr 1992 das Ministério do Meio Ambiente (Umweltministerium) geschaffen, das oberste Organ, das den politischen Rahmen für den Umweltschutz in Brasilien vorgeben sollte. Damit hat man insbesondere in den 90er Jahren die Struktur der staatlichen Umweltbehörden gefestigt. Einen wesentlichen Impuls setzte dabei die zweite Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (RIO'92), die sich fundamental auf die brasilianische Umweltpolitik auswirken sollte. Diese Konferenz war 132

133 ein wichtiger Meilenstein in der brasilianischen Umweltpolitik, denn neben einer stärkeren Beteiligung der NGOs wurde die Industrie in die Lösung von Umweltfragen mit einbezogen. In Anbetracht dessen, begannen große Unternehmen in ihren Investitionsvorhaben Umweltstandards nach Stand der Technik zu berücksichtigen. Durch RIO'92 wurde die Umweltpolitik in Brasilien mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Umweltkriminalität oder dem Gesetz zum Naturschutz ausschlaggebend verbessert. Die brasilianische Gesellschaft, die Umweltbehörden und die Staatsanwaltschaft verfügten jetzt über ein Werkzeug, mit dem sie schnell und effizient Rechtsverletzungen des Umweltschutzes ahnden konnten. Mit Verabschiedung dieser Gesetze war es erstmals möglich, juristische Personen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. 1.2 Industrielle Entwicklung und erste Altlastenfälle Im Bundesland São Paulo begann in den 30er Jahren vereinzelt die Industrialisierung. Allerdings gab es erst in den 60er Jahren eine erhebliche Anzahl von Unternehmen, die eine gesicherte Beschäftigung garantierten. In diesem Jahrzehnt fand eine dynamische Stadtentwicklung statt, in der alte Industrieviertel neuen Wohnvierteln Platz machten, wodurch eine territoriale Abwanderung zu benachbarten Gemeinden erfolgte und das Stadtgebiet von Stadt São Paulo deutlich wuchs. In den 80er Jahren wurden in der benachbarten Region Baixada Santista erste Bodenkontaminationen registriert, so z. B. in der Stadt Cubatão illegale Deponien mit Rückständen von Organochlorpestiziden. Zur selben Zeit wurde ein weiterer Fall mit Bodenkontaminationen durch Aldrin-Verbindungen aufgedeckt, wobei bei der anwohnenden Bevölkerung Krankheiten wie Dermatosen, Leberfunktionsstörungen sowie neurologische und gastrointestinale Störungen diagnostiziert wurden. An diesem Beispiel ist zu erkennen, dass der öffentliche Druck für eine effektive Umweltgesetzgebung u. a. auch durch massive Gesundheitsschädigungen der Bevölkerung entstand. Obwohl diese Umweltgesetzgebung die Auswirkungen der Industrialisierung derzeit noch nicht ausreichend wirksam bekämpfen kann, angeht, wurden im Bereich der Ordnungsbehörden während der letzten 20 Jahre viele Maßnahmen ergriffen, die vor allem auf den Erfahrungen von entwickelten Industrieländen, vor allem Deutschland, basierten. Die CETESB, das Umweltamt im Bundesland São Paulo, unterzeichnete 1993 über die GTZ (Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) mit der deutschen Regierung ein Abkommen zur technischen Zusammenarbeit, mit dem Ziel, die Ausbildung ihrer Mitarbeiter zu verbessern und das Problem von Altlasten besser anzugehen. 2. Gesetzesentwicklung und wichtigste Ergebnisse der Zusammenarbeit mit Deutschland Die Erarbeitung eines Handbuchs zum Altlastenmanagement und eines Katasters zur Erfassung von Altlasten waren die wichtigsten Ergebnisse dieser technischen Zusammenarbeit. Das Handbuch formuliert Richtlinien zur Erkundung, Bewertung und für das Management von Altlastenflächen. Hier fand auch das deutsche Bodenschutzgesetz von 1999 einschließlich seiner Durchführungsbestimmungen Eingang. Daneben wurden andere Handbücher wie z. B der Leitfaden zur Bewertung von Gebäudekontaminationen von der CETESB verwendet und auf brasilianische Bedingungen angepasst. 133

134 Ferner hat die GTZ gemeinsam mit dem Umweltministerium und der Caixa Economica Federal das Projekt zur Erfassung und Bewertung von Altlastenverdachtsflächen ins Leben gerufen. 2.1 Altlastenmanagement Das im Bundesland São Paulo gemeinsam mit der GTZ erstellte Altlasten-Managementsystem hatte Vorbildcharakter für Brasilien und wurde von anderen Bundesländern als Instrument einer wirkungsvollen behördlichen Altlastenpolitik weitgehend übernommen. Dies erfolgt schrittweise, je nach den Rahmenbedingungen in den einzelnen Bundesstaaten. Das Altlasten-Managementsystem enthält drei Komplexe: Erfassung von Altlasten, Verfahren zur Erkundung und Bewertung von Altlasten und die entsprechenden Verfahren zur Sanierung. Um den Schadensnachweis im Rahmen einer gesetzlichen Grundlage führen zu können, entwickelte die CETESB 2001 eine Liste mit Orientierungswerten für den Boden und das Grundwasser, die 2005 mit einer Durchführungsbestimmung überarbeitet und mit weiteren Altlasten-Richtlinien ergänzt wurde. Die Festlegung der Referenzwerte als natürliche Hintergrundwerte für Schwermetalle im Boden erfolgte mithilfe der Beprobung und Analytik von spezifischen Referenzgebieten, die vom Bundesland São Paulo zuvor bestimmt wurden. In der gleichen Weise wurde für alle im Grundwasser vorkommenden natürlichen Substanzen verfahren. Für Stoffe, die nicht natürlich im Boden oder Grundwasser auftreten, wurden als Referenzwerte die analytischen Bestimmungsgrenzen festgelegt. 2.2 Erfassung von Altlasten Im Jahr 2002 wurde die erste Liste der Altlastenerfassung im Bundesland São Paulo mit 225 bestätigten Altlastenflächen und 600 weiteren Altlastenverdachtsflächen in Bearbeitung veröffentlicht. Dieses Kataster diente der CETESB nicht nur als Instrument zur Abschätzung und Ermittlung des Handlungsbedarfes für die Sanierung von Altlastenflächen, sondern war auch für die Bereiche Stadtplanung und Landnutzung von immenser Bedeutung. Abbildung 1: Entwicklung von erfassten Altlastenflächen im Bundesland São Paulo 134

135 Seitdem veröffentlicht das Bundesland São Paulo jährlich die erfassten Altastenfälle und ermöglicht so einen Überblick zur jeweils aktuellen Altlastensituation. Die Veröffentlichung des Handbuchs zum Altlasten- Management erfolgte parallel zu dem Beschluss des Umwelt-Nationalrats CONAMA Nr. 273/00, in dem für die Errichtung und den Betrieb von Tankstellen eine Umweltgenehmigung festgeschrieben wurde. Aufgrund dieser nunmehr strengen Gesetzgebung ist die Dichtheit von Tanks und vor allem die Sensibilität und Belastung des Bodens und Grundwassers im Umfeld der Tankstellen untersucht worden. Die Abbildung 2 zeigt die Verteilung von Altlasten in Abhängigkeit von Branchen. Hieraus geht hervor, dass sich die im Ergebnis der vom Gesetzgeber erlassenen strikten Umweltvorgaben für Tankstellen deutlich in der Registrierung branchenbezogener Altlastenfälle im Staat São Paulo widerspiegeln. Abbildung 2: Verteilung von Altlasten in Abhängigkeit von Branchen Anhand der Altlastenkataster können außerdem branchenbezogen die wichtigsten Verursacher für Altlastenschäden identifiziert werden, wie sie in Abbildung 3 dargestellt sind. Abbildung 3: Registrierte Altlastenschäden nach Schadstoffgruppen in Brasilien 135

136 3. Schaffung eines Bundesgesetzes und Standardisierung der Bearbeitungsverfahren Seit 2009 gilt ein Behördenerlass, der die Qualitätsanforderungen für Böden und Grundwasser definiert und Richtlinien für die Bearbeitung von Altlastenflächen vorgibt. Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes haben die staatlichen Umweltbehörden eine rechtliche Handhabe, um z. B. auf der Grundlage einer Gefährdungsabschätzung das Erfordernis für die Sanierung festzustellen und dazu ordnungsrechtliche Verfügungen zu erlassen. Damit verfügt der Umweltsektor in Brasilien über ein klar gegliedertes System zur Erkundung, Bewertung und Sanierung von Altlastenschäden, das in der Abbildung 4 kurz zusammengefasst ist. Vorprüfung Ersterkundung IDENTIFIZIERUNG Detaillierte Untersuchung Gefährdungsabschätzung DIAGNOSE Sanierung Überwachung der Sanierung EINGRIFF Abbildung 4: Schema zur Altlastenbearbeitung gemäß Gesetz CONAMA Nr. 420/09 Ein Großteil der Bundesländer Brasiliens hat die Verfahrensweise und Referenzwerte der CETESB und des Bundeslandes São Paulo übernommen, einige Länder verwenden auch Listen mit internationalen Werten aus den Niederlanden bzw. der Stadt Berlin. Andere Behörden haben eigene Listen erstellt, wie zum Beispiel die Stadt Curitiba im Jahr Der o. g. Beschluss führte dazu, dass alle Umweltbehörden der einzelnen Bundesländer gegenüber dem Umweltministerium verpflichtet sind, bis Dezember 2013 ihre Altlastenkataster mit den auf ihrem Staatsgebiet erfassten Altlastenflächen sowie den spezifischen von ihnen angewandten Referenzwerten für Schwermetalle im Boden vorzulegen. Die Tabelle 1 enthält die Liste der aktuellen Referenzwerte zur Beurteilung von Altlastenverdachtsflächen in Brasilien, wobei jeder Bundesstaat die Möglichkeit hat, die Referenzwerte für Schwermetalle und Arsen eigenständig zu verändern. 136

137 Boden (mg/kg) Grundwasser (µg/l) Schadstoffe Prüfwerte Referenzwerte Vorsorgewerte Landwirtschaft Prüfwerte Naturschutzgebiet Wohnfläche Industriegebiet Anorganische Substanzen Arsen E Blei E Chrom E Eisen E Mangan E 400 Quecksilber E 0, Nickel E Organische Substanzen Benzol n.a 0,03 0,06 0,08 0,15 5 Ethylbenzol n.a 6, Toluol n.a 0, Xylol n.a 0, Benzo(a)pyren n.a 0, ,75 Naphtalin n.a 0, ,2 Chlorbenzol n.a 0, Pentaclorphenole (PCP) n.a 0,16 0,35 1, ,1- Dichlorethen n.a _ ,2 -Dichlorethen - CIS n.a _ 1,5 2, ,2 -Dichlorethen - TRANS n.a _ Trichlorethen - TRI n.a 0, Tetrachlorethen - PER n.a 0, Tabelle 1: Liste der bis 12/2013 geltenden Richtwerte für ganz Brasilien 4. Nutzung von Boden und Grundwasser - Gefährdungsabschätzung Die wichtigste Quelle für die öffentliche Wasserversorgung in den brasilianischen Großstädten sind Oberflächengewässer (Flüsse, Seen und Talsperren), deren Wasser vor der Einspeisung in das Versorgungsnetz in kommunalen Anlagen entsprechend behandelt wird. Grundwasser wird in den Städten häufig nur von der Industrie als Brauchwasser für die Produktionsprozesse verwendet. Damit sind zwar in den Städten und Industriezonen vielfach schadstoffverunreinigte Grundwasserleiter vorhanden, ohne dass sie aber als Schutzgut für die Trinkwasserversorgung gelten und diese gefährden. Im ländlichen Sektor dagegen wird meist Grundwasser sowohl für die landwirtschaftliche Produktion als auch im Haushalt für die Wasserversorgung (meist als Einzelwasserversorgung) genutzt. Hier besteht über die große Verteilung von Wasserentnahmen aus dem oberen, teils auch unbedeckten Grundwasserleiter, gebietsweise ein hohes Gefahrenpotential. Allerdings liegen aus diesen Regionen noch nicht genügend Daten zu Schadstoffbelastungen vor, so dass für den ländlichen Raum noch keine abschließenden Risikobeurteilungen vorgenommen werden können. Im Hinblick auf die Nutzung des Bodens gelten die gesetzlichen Regelungen insbesondere für den Expositionspfad Boden-Mensch, so z. B. bei der Grundstücksentwicklung oder Baumaßnahmen. Hier sind die o. g. Referenzwerte entsprechend zu berücksichtigen. Allerdings bleibt festzustellen, dass hierbei in vielen Fällen noch Probleme bei der Durchsetzung der Richtlinien bestehen, so dass nicht bei allen Bauvorhaben die Qualität der jeweiligen Böden untersucht wird. 137

138 5. Sanierungsprozess - Fallstudien Die Umsetzung des o. g. Bundesgesetzes hat den Umweltmarkt deutlich belebt, indem das Angebot an Untersuchungs- und Sanierungsdienstleistungen seit einigen Jahren erheblich erweitert wurde. Dies betrifft die Revitalisierung städtischer Altstandorte bzw. die Umwidmung von Industrie- in Wohnflächen. 5.1 Flächenentwicklung im Gebiet einer ehemaligen Abfallverbrennungsanlage Ein Beispielfall ist das Bauvorhaben Praça Victor Civita im Stadtteil Pinheiros von São Paulo. Das Bauprojekt liegt auf einer kontaminierten Fläche mit belastetem Boden. Die Schadstoffeinträge wurden von einer ehemaligen Abfallverbrennungsanlage von Kommunal- und Krankenhausabfällen verursacht. Die Sanierung des Grundstücks löste nicht nur ein bestehendes Umweltproblem, sondern wertete ein bis dahin vernachlässigtes Brachflächengebiet auf, indem heute an diesem Standort ein Schulungsgebäude für Umwelterziehung entstanden ist Grundstückhistorie Das Grundstück umfasst ca m² und beherbergte bis 1989 eine Abfallverarbeitungsanlage für Krankenhaus- und Kommunalabfälle, danach wurde es zur Wertstoffsortierung genutzt. Da sich die Fläche in Nachbarschaft des SVMA (Umweltsekretariat) und der CETESB befindet, untersuchten die beiden Institutionen das Gelände, u. a. um hieraus Erkenntnisse bei der Erstellung der Gesetzesvorhaben zu erlangen. Hierbei wurden erhebliche Bodenkontamination festgestellt. Die Untersuchungen zeigten eine Schadstoffbelastung durch Dioxine, Furane und anorganische Schadstoffe wie Blei, Aluminium und Zink als Folge der Abfallverbrennung. Das Projekt wurde auch von der GTZ aus Deutschland begleitet. Die Arbeiten begannen mit der Dekontamination des Gebäudes der alten Abfallverbrennungsanlage, in dem heute das Nachhaltigkeits-Museum untergebracht ist. Es folgten die Versiegelung der Bodenkontamination und anschließend der Bau des öffentlichen Platzes, der Ende 2008 eröffnet wurde. Das zwischen einem Verlag und der Stadtverwaltung geschlossene Kooperationsabkommen beinhaltete die Partnerschaft der Behörde mit Bauunternehmen und einer Privatbank sowie mit der Petrobras zur Finanzierung der Maßnahmen, da die Kosten relativ hoch waren (5 Mio. EUR). Da bei einer kompletten Bodensanierung die Kosten noch wesentlich höher gelegen hätten, entschied man sich für eine Unterbrechung des Expositionspfades Boden-Mensch und beließ die Schadstoffe im Boden, da hier keine Auswirkungen auf das Grundwasser zu besorgen waren. Abbildung 5: Ansicht der revitalisierten Fläche 138

139 5.2 Marktübliche Sanierungsverfahren Für die Sanierung von anorganischen Bodenkontaminationen ist die am häufigsten praktizierte Methode der Bodenaushub (Off-Site). Obwohl die mit diesem Verfahren verbundenen Kosten relativ hoch sind, wird es aufgrund der hohen Verfügbarkeit von Deponien zur Aufnahme kontaminierter Böden (Deponien für gefährliche Abfälle) gegenüber in-situ-verfahren bevorzugt. Diese Deponien befinden sich wegen ihres Platzbedarfs in ländlichen oder dünn besiedelten Gebieten, weit von Ballungsräumen entfernt, und laufen auch nicht Gefahr, von der benachbarten Bevölkerung abgelehnt zu werden. Die durchschnittlichen Kosten für die Entsorgung von kontaminierten Böden in Brasilien stellen sich wie folgt dar: Verbrennung: US$/t Weiterverarbeitung in Zementwerken: 350 US$/t Deponien für gefährliche Abfälle: 175 US$/t Abbildung 6: Beispiel eines Bodenaushubs und Ansicht einer Deponie für besonders gefährliche Abfälle Als eine weitere Off-Site-Technologie gewinnt die Bodenwäsche als Alternative zur Entsorgung von kontaminierten Böden, insbesondere in Ballungsräumen, zunehmende Bedeutung. Allerdings bestehen noch zu wenige Anlagen, um als Konkurrenz zur relativ einfachen und kostengünstigen Entsorgung auf Deponien zu gelten. Für organische Kontaminationen wie BTEX, LCKWs, PAKs, wurde die ISCO-Technologie (In Situ Chemical Oxidation) bereits positiv vom Markt angenommen. Die Injektion von Oxidationsmitteln wie Kaliumpermanganat, Wasserstoffperoxid und Natriumpersulfat zeigte für einige Bodenbelastungen in gut durchlässigen Sedimenten in relativ kurzer Zeit akzeptable Ergebnisse und stellt somit eine gute Alternative im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Bilanz dar. Allerdings bestehen aufgrund der geologischen Bedingungen in Städten wie Curitiba und São Paulo weitgehende Limitierungen für die in-situ-methoden, weil hier, z. B. im Gegensatz zu weiten Teilen des Berliner Stadtgebietes, dichte Lehmböden oder Festgestein mit Verwitterungskrusten dominieren. 139

140 Obwohl Grundwasser in den großen Ballungsräumen nicht für die Trinkwasserversorgung verwendet wird, stehen viele Behandlungstechnologien für Grundwasserschäden im Bereich von Tankstellen, Raffinerien und anderen Branchen zur Verfügung und werden auch eingesetzt. Grundwassersanierungsmaßnahmen sind hierbei im Wesentlichen notwendig, um aufschwimmende Phasen zu beseitigen, die u. a. auf Grund der Ausgasung von flüchtigen Komponenten die Arbeitssicherheit an den jeweiligen Standorten gefährden können. Abbildung 7: ISCO Anwendung von Natriumpersulfat zur Ölbeseitigung Für die Entfernung von organischen Schadstoffen aus dem Grundwasser wurde lange Zeit mit der Pump and Treat-Technik gearbeitet. Diese erwies sich jedoch in vielen Fällen nicht als ausreichend, um die behördlichen Zielvorgaben zu erreichen. Insoweit wurde in den letzten Jahren häufig die ISCO-Technologie und das Air Stripping eingesetzt. Die Abbildung 8 zeigt die im Bundesland São Paulo bisher zur Altlastensanierung eingesetzten Technologien, die dem aktuellen Register entnommen wurden. Abbildung 8: Einsatz von Sanierungstechnologien im Bundesstaat Sao Paulo 140

141 6. Schlussfolgerungen - Trends In Brasilien waren die kontaminierten Böden von Altstandorten oder aktuellen Gewerbe- und Industrieflächen lange Zeit kein Gegenstand der Befassung durch die Umweltbehörden. Erst in den letzten 10 Jahren hat die Umweltgesetzgebung auch den Altlastensektor mit eingeschlossen. Die daraufhin ermittelten Ergebnisse der Erfassung und Registrierung von Altlasten in den ersten Bundesstaaten, welche die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt haben, zeigen einen großen Handlungsbedarf an. Dabei zeigt sich, dass in einigen industriellen Ballungsgebieten der Handlungsbedarf zur Erfassung, Bewertung und Sanierung von Altlasten vergleichbar mit dem der entwickelten Industriestaaten ist, auch wenn man das bis vor Kurzem in Brasilien noch nicht in dieser Weise wahrnehmen wollte. Insofern reagiert nunmehr auch die Politik zunehmend auf die ersten Ergebnisse der Altlastenerfassung und bewertung, indem Kontrollmechanismen geschaffen wurden, um die bestehenden gesetzlichen Vorgaben auch durchzusetzen. Bezogen auf das gesammte Land wird dies sicher noch einen Zeitrahmen von mehreren Jahrzehnten erfordern. Die zunehmende Umwidmung von ehemaligen Industrieflächen für Wohnzwecke in Verbindung mit dem in den letzten beiden Jahrzehnten erheblich gestiegenen Lebensstandard sowie einem sich entwickelnden Umweltbewusstsein führte dazu, dass man auch in Brasilien das Altlastenthema als Aufgabe für die Umweltbehörden erkannte. Hierzu orientiert man sich an den Erfahrungen in den entwickelten Industriestaaten, insbesondere an Deutschland. In diesem Rahmen wurde in Brasilien eine Gesetzgebung forciert, welche ausgehend vom deutschen Bundesbodenschutzgesetz viele Komponenten der deutschen Gesetze und Richtlinien als Vorbild für die brasilianische Altlastenpolitik übernommen hat. Vorreiter hierfür war die Umweltbehörde CETESB in São Paulo, deren Regelungen von mehreren anderen brasilianischen Bundesstaaten bisher übernommen wurden. Hinsichtlich der Bearbeitung von Altlastenfällen liegen die von Tankstellen und Tanklagern verursachten MKW- und BTEX-Schäden weit an der Spitze. Als Sanierungstechnologie wird im Grundwasser bisher überwiegend Pump and Treat, zunehmend aber auch die chemische Oxidation und Air Sparging angewandt. Bei der Sanierung von Böden erfolgt die Entsorgung von Bodenaushub weitgehend auf Sonderabfalldeponien, die Bodenwäsche ist erst seit Kurzem in einigen Landesteilen eine marktwirtschaftlich konkurrenzfähige Entsorgungstechnologie. Insgesamt wird eingeschätzt, dass der mit Deutschland praktizierte Erfahrungsaustausch und der Wissenstransfer im Altlastensektor für Brasilien und insbesondere die mit der Altlastenproblematik befassten Umweltbehörden ein wichtiger Bestandteil zur Entwicklung und Durchsetzung von Umweltschutzstandards für Böden und Gewässer darstellen. 141

142 Berliner Böden unter Druck Herausforderungen im Spannungsfeld von Urbanisierung und Nachhaltigkeit Dipl. Geologin Sabine Hilbert, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt 1. Einführung Es lohnt sich, der Frage nachzugehen, wie Boden in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Jeder kennt die Schlagzeilen, die den Berlinteil der Tageszeitungen prägen: die Autobahnverlängerung, der Wohnungsbau und die Ansiedlung von Gewerbe und Einkaufszentren sind dabei die bestimmenden Themen. Die Wahrnehmung von Boden reduziert sich in diesem Zusammenhang häufig darauf, ihn als Bauland anzusehen, als Kaufobjekt mit einer Euro - pro - m² - Dimension. Er ist Deckschicht, bautechnisches Hindernis, Dreck, Zwischennutzung, zu trocken oder zu feucht und erscheint dabei als unendliche Ressource, jederzeit erneuerbar für eine Flächenentwicklung mit der Hochglanzoptik einer Baumarktwerbung. Bodenschützer fühlen sich oft machtlos gegenüber dem Druck von Bauherren und Planern. Anliegen meines Vortrages ist es darum, zum einen die Schutzwürdigkeit und Nützlichkeit des Bodens für eine Großstadt wie Berlin aufzuzeigen und darzustellen, wie im Land Berlin auf die Probleme und Herausforderungen für den Boden in einer urbanen Stadtlandschaft reagiert und noch besser zunehmend agiert wird, um sich zum einen mit praxistauglichen Instrumenten dem alltäglichen Bodenverlust entgegenzustellen. Zum anderen möchte ich aufzeigen, was getan wird, um das Bewusstsein für eine neue Wertschätzung des Bodens zu entwickeln bzw. zu schärfen. Ist Boden eine unendliche Ressource? Jederzeit erneuerbar? Natürlich nicht! Bodenentwicklung ist ein Jahrhundert-, wenn nicht gar Jahrtausendprozess. Für die Bildung von 1 mm Boden braucht es durchschnittlich 150 Jahre. Seine vielfältigen wertvollen Eigenschaften machen ihn neben Wasser und Luft zur Existenzgrundlage und damit zu einem der drei wichtigsten Schutzgüter der Menschheit. Er ist Wasser- und Nährstoffspeicher, Lebensraum für Flora und Fauna, filtert und puffert Schadstoffe, speichert weltweit doppelt soviel CO 2 wie die globale Vegetation und die Atmosphäre zusammen. Boden ist die Produktionsgrundlage für Nahrungs- und Futtermittel und für nachwachsende Rohstoffe. Außerdem bietet er das interessanteste Archiv der Natur- und Kulturgeschichte, angefangen mit eiszeitlichen Fossilund Gesteinsfunden bis hin zu Relikten frühesten menschlichen Lebens. Darüber hinaus besitzt er Nutzungsfunktionen als Rohstofflagerstätte, Fläche für Siedlung und Erholung, für die Land- und Forstwirtschaft, für Verkehr, Ver- und Entsorgung. Das Inkrafttreten des Bundesbodenschutzgesetzes 1998 stellte einen Wendepunkt in der deutschen Umweltpolitik für das vergessene Medium Boden dar, indem bundeseinheitliche Regelungen zum Bodenschutz verabschiedet wurden. Mit dem Gesetz wurde der Boden mit seinen wertvollen und vielfältigen Bodenfunktionen unter Schutz gestellt. Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt jedoch auf den Festlegungen und vollzugstauglichen Vorgaben für die Untersuchung und Sanierung kontaminierter Altlablagerungen und Altstandorte, von denen konkrete Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt ausgehen. Die Vorgaben für den vorsorgenden Schutz des Bodens vor Schadstoffeinträgen, Erosion und Flächeninanspruchnahme, 142

143 seine nachhaltige Nutzung in der Landwirtschaft und für erneuerbare Energien sowie der Schutz des Bodens unter Beachtung klimatischer Veränderungen sind leider nicht in gleichem Maße hinreichend konkret und weitreichend genug formuliert, um sie in der alltäglichen Vollzugspraxis umsetzen zu können. Doch die Bodenschutzprobleme nehmen zu und es gibt sie nicht nur auf fernen Kontinenten, wenn Boden vom Winde verweht wird und die Wüsten wachsen. Bodenschutzprobleme berühren auch unser unmittelbares Lebensumfeld. Die zunehmende Urbanisierung der Landschaft und das rasante Wachstum der Städte führen auch in Deutschland zu einem erheblichen Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr. Dabei handelt es sich um einen Flächenzuwachs, der vor allem zu Lasten der bisher land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen geht, aber auch zum Verschwinden von Grünflächen vor unserer Berliner Haustür und damit zu einem spürbaren Verlust an Lebensqualität führt. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung 2002 das sogenannte 30-ha-Ziel in die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen. Ziel ist, den bundesweiten Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrszwecke bis zum Jahr 2020 auf 30 ha pro Tag zu reduzieren. Derzeit liegt der Wert bei ca. 94 ha pro Tag verabschiedete das Berliner Abgeordnetenhaus die Lokale Agenda 21 Berlin und definierte darin 16 Kernindikatoren für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Kernindikator Nr. 6 ist die Flächenversiegelung. Er beschreibt die Entwicklung der Flächenversiegelung in Berlin unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. Auf das aktuelle Ergebnis der statistischen Auswertung des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg werde ich im Verlauf meines Vortrages eingehen. 2. Rechtlicher und methodischer Rahmen für den Berliner Bodenschutz Nachfolgend möchte ich in diesem Teil meines Vortrages einige der wichtigsten nationalen und landesgesetzlichen Regelwerke und Instrumente, die eine hohe Relevanz für das Schutzgut Boden haben, aufführen, weil sie eine wesentliche Grundlage für die Implementierung des Bodenschutzes in der Praxis darstellen und ich in meinem weiteren Vortrag immer wieder Bezug darauf nehmen werde. 2.1 Vorsorgepflichten nach Bodenschutzrecht Vor dem Hintergrund, dass Böden eine nicht erneuerbare und damit begrenzte Ressource darstellen, sie aber über lange Zeiträume unterschiedlichsten Belastungen von stofflichen Anreicherungen bis hin zu Bodenverdichtungen oder Erosion ausgesetzt sind, soll bereits im Vorfeld der Gefahrenabwehr mit Vorsorgeanforderungen erreicht werden, dass auch langfristig keine nachteiligen Einwirkungen für den Boden eintreten. Dem Vorsorgegedanken wird im Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) insbesondere im 5 Entsiegelung, im 7 mit den Vorsorgepflichten sowie für den landwirtschaftlichen Bereich in 17 Rechnung getragen. 6 stellt die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der BBodSchV zur Erfüllung der Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden dar. In der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) werden Vorsorgeanforderungen sowie konkrete Vorsorgewerte für Metalle und für organische Stoffe sowie zulässige zusätzliche jährliche Frachten an Schadstoffen über alle Wirkungspfade festgelegt, bei deren Überschreitung das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu besorgen ist. Des Weiteren werden die Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden geregelt. Das Berliner Bodenschutzgesetz (Bln BodSchG) weist im 1 Abs. (2) zur Vorsorge ganz klar aus: Behörden und sonstige Einrichtungen des Landes Berlin sowie die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die nicht am Wettbewerb teilnehmen, haben 143

144 bei Planungen, Baumaßnahmen und sonstigen eigenen Vorhaben vor der Inanspruchnahme von nicht versiegelten, baulich nicht veränderten oder unbebauten Flächen zu prüfen, ob stattdessen eine Wiedernutzung von ehemals genutzten oder bereits versiegelten, baulich veränderten oder bebauten Flächen möglich ist. Mit 6 Abs. (1) des Bln BodSchG wird die für den Bodenschutz zuständige Senatsverwaltung ermächtigt, zum Schutz des Bodens und zur nachhaltigen Sicherung der Bodenfunktionen ein Bodeninformationssystem einzurichten, welches die Informationsgrundlage für die Bearbeitung bodenschutzrelevanter Aufgabenstellungen in der Berliner Verwaltung darstellt und diesen ggf. durch weitere Fachdatenbanken zu ergänzen ( 6 Abs. (3)). Das Bundes-Bodenschutzgesetz findet gem. 3 Abs. 1 BBodSchG immer dann Anwendung, wenn und soweit andere Fachrechte keine bodenbezogenen Regelungen enthalten. Da aber andere Fachrechte diesbezügliche Regelungen häufig getroffen haben, lässt sich der vorsorgende Bodenschutz in der alltäglichen Vollzugspraxis gegenwärtig oft nur durch die Hintertür mit der Nutzung dieser gesetzlichen Regelwerke realisieren. Wie bei wahrscheinlich keinem anderen Umweltmedium muss man sich als Fachmann oder Fachfrau für den Bodenschutz gut vernetzen, um den vorsorgenden Bodenschutz entsprechend nachhaltig in der Praxis zu implementieren. 2.2 Eingriffsdefinition nach Naturschutzrecht Aus 15 Abs. 1 und Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ergibt sich für den Verursacher eines Eingriffs in Natur und Landschaft die Verpflichtung, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen, unvermeidbare Beeinträchtigungen auszugleichen oder durch Ersatzmaßnahmen zu kompensieren. Gemäß 1 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG sind zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Böden so zu erhalten, dass sie ihre Funktion im Naturhaushalt erfüllen können. Ist dies nicht möglich, können Beeinträchtigungen schutzgutübergreifend kompensiert werden. Gesetzliche Grundlage sind in Berlin neben den Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes, die 16 ff des Berliner Naturschutzgesetzes, die Beispiele für Eingriffe in Natur und Landschaft aufführen. Nach 14 Abs. 1 BNatSchG stellt die Veränderung von Gestalt und Nutzung von Grundflächen dann einen Eingriffstatbestand dar, wenn die Veränderungen die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen kann. Die Flora-Fauna-Habitat-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP) zielt auf den Schutz des NATURA Netzwerkes der Europäischen Union. Sie ist nach den Vorschriften des Berliner Naturschutzgesetzes durchzuführen. Bereits 1994 wurde das Landschaftsprogramm (LaPro) für Berlin verabschiedet. Aufgabe des LaPro ist es, die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in den gesamtstädtischen Wachstums- und Veränderungsprozess zu integrieren und eine zukunftsorientierte Entwicklung der Stadt zu sichern. Der Boden als Schutzgut wird dabei im Programmplan Naturhaushalt/Umweltschutz betrachtet, bewertet und berücksichtigt. Die Bewertung der Schutzwürdigkeit der Böden erfolgt im LaPro nach dem damaligen Kenntnisstand entsprechend nach der Intensität des menschlichen Einflusses und somit nach Art und Umfang der Nutzung und ihrer Naturnähe sowie andererseits nach ihrer Besonderheit aufgrund geologischer Verhältnisse oder ihrer Seltenheit. Im bisherigen LaPro wird ein sogenanntes Vorrangebiet Bodenschutz ausgewiesen, in welchem seltene, besondere und naturnahe Bodengesellschaften der Wälder, Felder, Moore, grundwasserabhängiger Feuchtgebiete und Bruchwälder sowie Parkanlagen mit weitgehend natürlichem 144

145 Bodenaufbau ausgewiesen werden. Schützenswerte Böden, die sich in Siedlungsgebieten und einen Versiegelungsgrad von mehr als 5 % aufweisen, bleiben dabei unberücksichtigt. Mit der aktuellen Überarbeitung des LaPro ist vorgesehen, die detaillierte Schutzwürdigkeitsbewertung der Böden aus der Umweltatlaskarte Planungshinweise zum Bodenschutz (01.13) in weiten Teilen zu übernehmen und damit dem Boden als abiotisches Schutzgut eine größere Wertigkeit einzuräumen und seine Einbeziehung in den planerischen Abwägungsprozess zu stärken. In der Gesamtstädtischen Ausgleichskonzeption des LaPro (Ergänzung 2004) werden Suchräume und Flächen für Ausgleichs-, aber insbesondere für Ersatzmaßnahmen ausgewiesen. Neben den Ausgleichssuchräumen Innenstadt (erste Priorität) und des Grün- und Freiflächensystems innerhalb des Naherholungsgebietes Berliner Barnim (zweite Priorität) sind die Grundelemente des grünen Achsenkreuzes sowie der innere und äußere Parkring zu entwickeln und zu ergänzen, in denen sich Ausgleichsflächen dritter Priorität befinden. Alle Kompensationsmaßnahmen sind innerhalb einer festgelegten Frist zu realisieren und die Kompensationsflächen sind ausreichend und langfristig zu sichern. Für die dauerhafte Erhaltung ist eine fortdauernde Pflege sicherzustellen. Als methodische Hilfe für die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung steht im Land der Leitfaden Verfahren zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Land Berlin (SenStadtUm 2012) zur Verfügung. Er definiert das Schutzgut Boden anhand des Wertträgers natürliche Funktionen des Bodens und Archivfunktion für die Naturgeschichte, d.h. hier werden (endlich) die Bodenfunktionen gemäß Bundes-Bodenschutzgesetz bewertet. Für die Bewertung werden die natürlichen Funktionen des Bodens und die Archivfunktion für die Naturgeschichte zu Grunde gelegt und mit den Erhebungen zum Versiegelungsgrad verschnitten. In Abhängigkeit von der Schutzpriorität der Bodenfunktionen und dem Versiegelungsgrad erfolgt die Einstufung in den entwickelten Bewertungsrahmen, angefangen von einer sehr geringen Bewertung über eine geringe, mittlere, mittel-hohe, hohe bis hin zu einer sehr hohen Bewertung, z. B. für Böden mit einer hohen Bedeutung für die Archivfunktion für die Naturgeschichte. Die Eingriffsbewertung wird mit Wertpunkten untersetzt, die es ermöglichen den erforderlichen Umfang für Ausgleichs- und /oder Ersatzmaßnahmen u.a. für Eingriffe in den Boden zu monetarisieren. Für kleinräumige, innerstädtische Vorhaben im Rahmen der Bauleitplanung wird in diesem Zusammenhang auch das Verfahren zur Ermittlung von Kostenäquivalenten genutzt. Der Ausgleich von abiotischen Beeinträchtigungen wird anhand eines Versiegelungszuschlags als pauschaler Zuschlag für den generellen Funktionsverlust der abiotischen Komponenten (Boden, Wasser und Klima) ermittelt. Er beträgt pro m² Neuversiegelung 13 Euro netto. Ein Eingriff liegt vor, wenn die geplante Neuversiegelung über das zulässige Maß der baulichen Nutzung nach 34 BauGB hinausgeht. 2.3 Umweltprüfung nach Baurecht Sind hingegen aufgrund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen oder von Satzungen nach Baugesetzbuch (BauGB, 34 Abs. 4 Satz 3 ) Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten, so ist nach 18 BNatSchG über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den bundeseinheitlichen Vorschriften des BauGB zu entscheiden. Mit 1a Abs. 3 BauGB wird der Umgang mit der Eingriffsregelung im Baurecht geregelt. Gemäß 1 a des BauGB gilt der Grundsatz des schonenden Umgangs mit Grund und Boden und der Vermeidung von Versiegelung. 145

146 Bei der Planung und Vorbereitung von Bauvorhaben sind Umwelt- und Naturschutzbelange zwingend zu berücksichtigen. Bei der Anwendung der gesetzlich vorgeschriebenen und zu koordinierenden Prüfinstrumente, die nachfolgend aufgeführt werden, sind auch Bodenschutzbelange zu erfassen und einer fachlichen Bewertung zu unterziehen. Im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) von 1990 wurde die Umweltverträglichkeitsprüfung verankert und im Berliner Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG-Bln) konkretisiert. Unter Einbeziehung der Öffentlichkeit werden die Umweltauswirkungen geplanter Vorhaben umfassend ermittelt, beschrieben und bewertet. Ziel ist es dabei, nachteiligen Umweltauswirkungen entgegen zu wirken. Die Strategische Umweltprüfung (SUP) ist ebenfalls im UVPG verankert. Sie soll gewährleisten, dass Umweltauswirkungen bereits auf der Ebene von Plänen und Programmen ermittelt werden. Die SUP beinhaltet bereits die Erstellung eines Umweltberichts. Die Umweltprüfung in der Bauleitplanung (UP) wurde nach Anpassung des BauGB an die EU-Richtlinie zur Strategischen Umweltprüfung eingeführt und integriert die Anforderungen sowohl der Umweltverträglichkeitsprüfung als auch der Strategischen Umweltprüfung sowie weitgehend auch die der Eingriffsregelung und der FFH-Verträglichkeitsprüfung. Der für die Umweltprüfung zu erstellende Umweltbericht ( 2 Abs. 4 BauGB) muss dabei darstellen, wie die Ziele des Umweltschutzes, die für die Bauleitplanung von Bedeutung sind und die Umweltbelange bei der Aufstellung berücksichtigt wurden. Für den derzeitigen Umweltzustand ist der Bestand zu erfassen und auf dieser Grundlage eine Prognose über die Entwicklung des Umweltzustands bei der Durchführung der Planung und bei Nichtdurchführung der Planung abzugeben. Darauf aufbauend sind geplante Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und zum Ausgleich nachteiliger Auswirkungen zu benennen. Bezug nehmend auf den Boden stellt der Umweltbericht ein wichtiges Instrument für seinen Schutz dar. So sollte im Umweltbericht für das jeweilige Planungsgebiet eine Bestandsaufnahme und Beschreibung der Bodenfunktionen anhand vorhandenen Datenmaterials vorgenommen werden. Dabei ist es wichtig, nicht einfach die Größe der zu versiegelnden Bodenfläche zu betrachten, sondern auch die möglichen Beeinträchtigungen auf der unversiegelten Fläche, wie z.b. Verdichtung durch die Baumaßnahmen, Aufgrabungen und Nutzungsintensivierungen der Restflächen. Im Ergebnis sind Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und zum Ausgleich der nachteiligen Auswirkungen zu beschreiben und zu bewerten und Alternativen aufzuzeigen. Der Flächennutzungsplan (FNP) stellt den Strukturplan für die Flächenentwicklung des Landes Berlin dar und ist das parlamentarisch legitimierte und zentrale Instrument kommunaler Planungshoheit. Er wird seit seiner Aufstellung 1994 durch Änderungsverfahren aktualisiert. Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm sind aufeinander bezogen und ergänzen sich, wobei das LaPro die wesentliche ökologische Bezugsbasis bei Änderung des FNP bildet. Gemäß der hohen Gewichtung von Natur und Landschaft wird bei FNP-Änderungen in der Abwägung eine qualifizierte Auseinandersetzung mit dem LaPro vorgenommen. 146

147 3. Flächenverbrauch und Flächenversiegelung 3.1 Flächenverbrauch Mit der Reduzierung der Flächenverbrauchs beschäftigen sich mittlerweile die Fachministerkonferenzen, deren Arbeitsgremien und verschiedene Bund-/Länderarbeitsgemeinschaften. Dabei geht es um die komplexe Aufgabe der Umsetzung des ehrgeizigen 30-ha-Zieles der Bundesregierung. Unter dem Begriff Flächenverbrauch wird dabei die Inanspruchnahme von bisher land- oder forstwirtschaftlich genutzten Fläche für die Entwicklung als Siedlungs- und Verkehrsfläche (SuV) verstanden. Diese ist jedoch nicht mit versiegelter Fläche gleichzusetzen. In der SuV sind auch Flächen enthalten, die nur wenig versiegelt sind (Hausgärten, Kleingärten, Parkanlagen, Verkehrsgrün etc.). Bei einer bundesweiten Flächenneuinanspruchnahme von aktuell 94 ha pro Tag ist es natürlich interessant zu erfahren, wie die aktuellen Zahlen für Berlin aussehen. Die Kommission Bodenschutz des Umweltbundesamtes (KBU) hat einen Vorschlag zur Verteilung des 30-ha- Zieles auf die Bundesländer erarbeitet. Daraus leitet sich für Berlin ab, den täglichen Flächenverbrauch unter 0,85 ha zu halten. Dies entspricht 310 ha pro Jahr. Nach den aktuellen statistischen Erhebungen des Flächenmonitorings von SenStadtUm blieb der Flächenverbrauch in Berlin im Zeitraum vom 1991 bis 2010 mit durchschnittlich knapp 20 ha pro Jahr deutlich unter den Forderungen der KBU. /4/ Für die kommenden Jahrzehnte wird von SenStadtUm im Ergebnis des aktuellen Flächenmonitorings ein breit gefächertes Angebot an Flächenpotenzialen für die unterschiedlichsten Nutzungen ausgewiesen: für Wohnen ca ha, für Gewerbe ha und für neue Frei- und Erholungsflächen rund ha. Das Potenzialangebot speist sich zum großen Teil aus der Innenentwicklung sowie aus Umstrukturierungen und Nachnutzungen von Flächen. Mit diesen Ansätzen, dem Flächenmonitoring und der Entwicklung des Baulückenmanagements folgt Berlin bereits in weiten Teilen den Forderungen der Fachministerkonferenzen zur Stärkung der Innenentwicklung durch z.b. die Bereitstellung von informellen Instrumenten der Ermittlung von Flächenpotenzialen. Für die weitere Innenentwicklung sind dabei neben bisherigen Gewerbeflächen, Kasernen, Bahn- und Verkehrsflächen, allerdings auch ehemalige Gärtnereien, Kleingärten und unbebaute innerstädtische Freirauminseln mit Flächenanteilen von immerhin ca. 440 ha für die Überbauung vorgesehen. Dem gegenüber steht jedoch auch das ausgewiesene Flächenentwicklungspotenzial für Grün, Wald und Freiraum, einschließlich Renaturierung ab 2011 mit einer Fläche von insgesamt ha, davon 655 ha im Innenstadtbereich. Davon entfallen allein 492 ha auf die Areale der Flughäfen Tempelhof und Tegel. /4/ 3.2 Kernindikator Nr. 6 - Flächenversiegelung Wird der Boden mit festen und undurchlässigen Materialien dauerhaft bedeckt, wird er als versiegelt angesprochen. Dabei wird in die bebaut versiegelte Fläche (Gebäude aller Art) und die unbebaut versiegelte Fläche (Straßen, Parkplätze usw.) unterschieden. Vollständige Bodenversiegelung führt zum Verlust der natürlichen Bodenfunktionen und der Archivfunktion. Schützenswerte Böden, die einen wichtigen Lebensraum für Flora und Fauna darstellen gehen unwiderruflich verloren. Der Verlust von Verdunstungs- und Versickerungsflächen bewirkt Veränderungen des Wasserhaushaltes und des Mikroklimas. Biotope werden zerschnitten oder isoliert. Dies alles bleibt nicht ohne Folgen für den Lebensraum und das Wohlbefinden des Menschen. So sind im Gegenzug positive klimatische Auswirkungen von Parkanlagen auf das menschliche Wohlbefinden bereits ab 1 ha Größe nachweisbar. 147

148 Für die statistische Erfassung von Daten der Flächenversiegelung wird auf die Daten des Umweltatlas Berlin zurückgegriffen. In der Umweltatlaskarte der Versiegelung (01.02, Ausgabe 2012 /18/) erfolgt eine möglichst genaue Abbildung der Versiegelung im Berliner Raum. Für die bebaut versiegelten Flächen werden die Daten der Automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) im Maßstab 1:5.000 genutzt. Für die Erfassung unbebaut versiegelter Bereiche wird eine auf die Auswertung von Satellitenbildern entwickelte Methode verwendet. Vergleichbare Daten liegen für die Jahre 2005 und 2011 vor. Die Fortschreibung ist in einem fünfjährlichen Rhythmus vorgesehen. Bundesweit erfolgt die Erfassung der Flächenversiegelung auf der Grundlage der Festlegungen der Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder (UGRdL). Hierbei werden verschiedenen Nutzungskategorien pauschale Versiegelungsgrade zugeordnet. Versiegelte Flächen außerhalb der SuV werden hierbei nicht berücksichtigt. Die Fortschreibung erfolgt jährlich. Quelle: /12/ Die Entwicklung der Flächenversiegelung zeigt einen für eine Stadt typischen von nur geringen Änderungen geprägten Verlauf. / 12/ Die SuV Berlins beträgt ha, dies entspricht ca. 70 % der Fläche Berlins. Der Versiegelungsgrad Berlins liegt nach UGRdL aktuell bei ha. Er ist mit 35 % relativ hoch und hat sich seit 2000 um 0,9 % erhöht. Dies entspricht einer Fläche von 777 ha in 10 Jahren. Der Umweltatlas gibt einen Versiegelungsgrad von 32,8 % der Gesamtfläche an; die Zunahme liegt damit bei 130 ha/a seit Instrumente des vorsorgenden Bodenschutzes in Berlin 4.1 Wichtige methodische Grundlagen Informationen über den Boden und seine Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Ziele des Bodenschutzes sind im Berliner Umweltatlas /18/ dargestellt. Mit Hilfe der auf die Bodenfunktionen bezogenen großmaßstäblichen Karten ( bis ), der Karte Leistungsfähigkeit der Böden ( ) und der Karte Planungshinweise zum Bodenschutz ist es möglich, korrekte und wirklich genaue Bewertungen des Bodens und seiner Funktionen im jeweiligen Planungsgebiet vorzunehmen. Diese Karten wurden auf der Grundlage von Karten mit vielfältigen anderen bodenschutzfachlichen Kenndaten entwickelt. Dabei handelt es sich um die Bodengesellschaftskarte (01.01), die Karten der Bodenkundlichen Kennwerte ( bis ) mit der Darstellung der Bodenarten, der nutzbaren Feldkapazität, der Humusmenge, der ph- 148

149 Werte, der Kationenaustauschkapazität und der Wassserdurchlässigkeit und um die Karten mit der Darstellungen spezifischer Bodenfunktionen ( bis ), die die Regionale Seltenheit von Bodengesellschaften ausweist, u.a. besondere naturräumliche Eigenarten, Naturnähe und Nährstoffversorgung. 4.2 Die Umweltatlaskarte Planungshinweise zum Bodenschutz (01.13) Die Planungshinweiskarte gehört zu den wichtigsten Arbeitsinstrumenten der bodenschutzfachlich differenzierten Bewertung der Leistungsfähigkeit der Berliner Böden, insbesondere im Rahmen der Bauleitplanung. Für die unter Punkt 2.3 dargestellten Beschreibungen und Bewertungen des Bodens im Umweltbericht nach BauGB können die zuständigen Behörden, in der Regel die Stadtplanungs- und Naturschutzämter, auf die Karte der Planungshinweise zurückgreifen. /18/ Auf der Grundlage der Bewertung der einzelnen Funktionen und spezifischen Leistungen der Böden erfolgte entsprechend den besonderen Bedingungen in Berlin eine unterschiedliche Priorisierung der Bodenfunktionen. - Als überaus schützenswert wurden demnach Archivböden und Böden, die Standorte für naturnahe und seltene Pflanzengesellschaften darstellen, wegen ihrer Unwiederbringlichkeit eingestuft. - Weisen Böden in Bezug auf die Regelungsfunktion für den Wasserhaushalt und auf die Puffer- und Filterfunktion eine hohe Leistungsfähigkeit auf, werden sie als generell schützenswert angesehen. - Erhaltenswert sind Böden, die eine hohe Ertragsfunktion für Kulturpflanzen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen aufweisen. Für die Gesamtbewertung wurden vier Kategorien für die Schutzbedürftigkeit der Böden gebildet, siehe nebenstehende Abbildung. Dabei wurden die Böden differenziert in Tabu (Unzulässigkeitsbereich) Vorrang 1 (Besonders schutzwürdig) Vorrang 2 (Sehr schutzwürdig) Vorrang 3 (Schutzwürdig) bezeichnet. Die übrige Fläche wurde als Unerheblichkeitsbereich Neben der qualitativen Bewertung (Funktionsbewertung) erfolgte die Einbeziehung des Versiegelungsgrades als quantitativer Aspekt. Da der Versiegelungsgrad zu differenziert ist, um direkt kartographisch dargestellt zu werden, wurden drei Versiegelungsklassen gebildet: 0 5 %, 5 30 %, % und die Böden unterschiedlicher Schutzkategorien mit den unterschiedlichen Versiegelungsstufen abgestuft farblich unterlegt. 149

150 Die Einordnung in die beschriebenen Bodenschutzkategorien wird für das gesamte Stadtgebiet flächendeckend dargestellt. Auf dieser Grundlage lassen sich die Auswirkungen von Eingriffen in den Boden bei der Aufstellung und Änderung von FNP oder von B-Plänen beschreiben und abwägen. Aus bodenschutzfachlicher Sicht lassen sich gemäß dem Minimierungsgebot des 1 BauGB für einen sparsamen und schonenden Umgang mit dem Boden konkrete Vorschläge zur Vermeidung und Verringerung (A) bzw. zum Ausgleich (B) nachteiliger Auswirkungen auf den Boden ableiten. Zu (A) zählen vor allem: * Standortalternativen suchen und Flächen mit Böden mit geringerer Schutzwürdigkeit nutzen, * Reduzierung der Flächeninanspruchnahme durch Minimierung zusätzlicher Versiegelung und Nutzung bereits versiegelter Teilflächen. Im Merkblatt zur Berücksichtigung der Belange des vorsorgenden Bodenschutzes in Umweltberichten /13/ werden detaillierte Anforderungen und Maßgaben an die bauplanungsrechtliche Entscheidung aus Sicht des Bodenschutzes für die einzelnen Schutzkategorien des Bodens formuliert. Der Ausgleich (B) nachteiliger Auswirkungen auf den Boden durch Versiegelung ist im Prinzip nur durch Bodenentsiegelung von Flächen gleicher Wertigkeit umzusetzen. Um diese Möglichkeit im bauplanerischen Alltag zu realisieren, wurde durch SenStadtUm u.a. das nachfolgend beschriebene Bodenschutzinstrument entwickelt: 4.3 Entsiegelung der bodenschutzfachliche Ausgleich zur Versiegelung Die Umweltatlaskarte Entsiegelungspotenziale (01.16) Die systematische Erfassung und Bewertung von Flächen mit Entsiegelungspotenzial soll dazu dienen, Flächen im Land Berlin aufzufinden, die im Ausgleich oder als Ersatz zur Versiegelung in absehbarer Zukunft dauerhaft entsiegelt werden können. Soweit möglich, sollen auf diesen Flächen die Funktionsfähigkeit des Bodens wiederhergestellt und naturschutzfachlich wertvolle Lebensräume für Pflanzen und Tiere entwickelt werden. Die gesamtstädtische Erfassung und einheitliche Systematik bei der Bewertung der erfassten Flächen unterstützt die räumliche Entkopplung zwischen den Orten der Beeinträchtigung und der Aufwertung. Im Ergebnis einer mittlerweile dreijährigen Recherchearbeit in den Bereichen Stadtplanung, Umwelt- und Naturschutz und teilweise in den Grünflächenverwaltungen aller 12 Berliner Bezirke wurde für die einzelnen potenziellen Entsiegelungsflächen wichtige Informationen zusammengestellt, die für eine Beurteilung der Eignung der potenziellen Entsiegelungsflächen und für die weitere Planung eine Hilfestellung darstellen sollen. Es handelt sich vor allem um verschiedene Informationen zu * Lage und Größe der Fläche, * Eigentumsverhältnissen, * bestehenden (oder ehemaligen) und geplanten Nutzungen sowie * Art der Versiegelung und Umfang einer möglichen Entsiegelung. Den potenziellen Entsiegelungsflächen wurden weiterhin Informationen zu laufenden oder abgeschlossenen Bebauungsplan- und Landschaftsplanverfahren sowie Informationen aus der Karte "Planungshinweise zum Bodenschutz" zugeordnet, so dass diese Informationen auf einen Blick zur Verfügung stehen. Untersetzt werden die zusammengestellten Sachdaten durch digitale Luftbildaufnahmen, Kartenauszüge und Informationen aus Vorort-Begehungen und Fotos sowie eine Priorisierung, um den unterschiedlich hohen Aufwand der Entsiegelung zu verdeutlichen. 150

151 Zurzeit befinden sich ca. 220 Einzelflächen im Kataster der potenziellen Entsiegelungsflächen. Sie besitzen eine Gesamtfläche von ca ha mit einem Entsiegelungspotenzial von 180 ha und mit Flächengrößen von 20 m² bis m². Die flächenhafte Darstellung erfolgt in der Karte der Entsiegelungspotenziale des Umweltatlas Berlin. Die Datenbank wird kontinuierlich gepflegt und aktualisiert. /18/ Luftbildaufnahme einer Entsiegelungspotenzialfläche Aktuell wird an einer Arbeitshilfe zur Ableitung vereinfachter Kostenansätze für die Kalkulation von Entsiegelungsmaßnahmen gearbeitet. Und auch die Frage, wie Bodenfunktionen nach der Entsiegelung wieder hergestellt werden, wird beantwortet. Hierzu wurde eine Literaturstudie im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Darauf aufbauend werden technische und qualitative Standards zur Wiederherstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht unter Berücksichtigung standörtlicher und planerischer Rahmenbedingungen abgeleitet. Beide Arbeitshilfen werden die zuständigen Behörden und Planungsträger unterstützen und noch in 2013 fertig gestellt. 4.4 Umweltbildung Berliner Böden wir stehen drauf! Der Wille, den Boden stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen, ist groß. Aus diesem Grund haben sich in 2012 Bodenschutzfachleute und Pädagogen der Berliner Humboldt-Universität und der Technischen Universität, der Berliner Behörden, von Umweltverbänden und verschiedenen Planungsbüros sowie Künstler zum Gesprächskreis Bodenschutz als lokales Netzwerk zusammengefunden und treffen sich seitdem 2 bis 3 Mal jährlich, um gemeinsame Projekte zum Boden und Bodenschutz zu planen und zu organisieren. Ein aktuelles Beispiel ist die Lange Nacht der Wissenschaften im Juni 2013, zu der das Geographische Institut der HU ein abwechslungsreiches Programm für die ganze Familie zum Thema Boden organisiert hat. In Kooperation mit den Berliner Gartenarbeitsschulen hat das Bodenschutzreferat von SenStadtUm eine Konzeption zu dem Thema Der BodenGarten entwickelt, der sich als ein speziell gestalteter Gartenbereich innerhalb der Gartenarbeitsschulen präsentiert und sich mit Boden in seinen vielen Facetten auseinandersetzt. Die Gestaltung des Bodengartens greift dabei die besondere Bedeutung des Themas in verschiedenen Lernstationen auf. Im Mittelpunkt steht das aktive und selbstständige Erkunden des Mediums Boden durch die Schüler unterschiedlicher Altersstufen. Der erste Bodengarten wird in der Gartenarbeitsschule Ilse Demme in Charlottenburg Wilmersdorf im 4. Quartal 2013 mit Mitteln von SenStadtUm gebaut. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wurden in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität zu Berlin ein Poster sowie Postkarten zum Thema Berliner Stadtböden entwickelt. Diese Materialien stehen der Öffentlichkeit für die Umweltbildung zur Verfügung. /19/ 151

152 Ausgewählte Postkartenmotive der Berliner Stadtböden /19/ 5. Schlussfolgerungen und Ausblick Hinsichtlich des Bodenschutzes sind wir in Berlin auf dem richtigen Weg, um den bestehenden Druck auf die Böden zu thematisieren und anerkannte Instrumente für bodenschutzfachliche Ausgleichsmaßnahmen zu etablieren. Jedoch fehlen verbindliche Flächensparziele und Folgekostenbetrachtungen für den Ressourcenverbrauch von Böden. Neben der Anwendung und Weiterentwicklung der bestehenden Instrumente sowie der Umweltbildung wird dies eine der Hauptaufgaben der kommenden Jahre für den Bodenschutz sein. 6. Quellen /1/ Baugesetzbuch (BauGB), 23. September 2004, zuletzt geändert 22. Juli 2011 /2/ Berliner Gesetz zur Ausführung des Bundes-Bodenschutzgesetzes (Berliner Bodenschutzgesetz Bln BodSchG), 24. Juni 2004 /3/ Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV), /4/ Flächenentwicklung in Berlin, , SenStadtUm Berlin, Dezember 2011 /5/ Gesetz über die Prüfung von bestimmten Umweltauswirkungen bei bestimmten Vorhaben, Plänen und Programmen im Land Berlin (Berliner Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung UVPG Bln) vom /6/ Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG), , zuletzt geändert 25. Juni 2005 /7/ Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege von Berlin (Berliner Naturschutzgesetz NatSchG Bln), vom 28. Oktober 2003, zuletzt geändert 3. November 2008 /8/ Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), , neugefasst , zuletzt geändert /9/ Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes- Bodenschutzgesetz - BBodSchG), 17. März 1998 /10/ Landschaftsprogramm Artenschutzprogramm 1994, Begründung und Erläuterung, SenStadtUm Berlin 1994, überarbeitet 2004 /11/ J.H. Gerstenberg, W. Siewert, Dr. U. Smettan: Leitbild und Maßnahmenkatalog für einen fachgerechten Bodenschutz in Berlin, Arbeitsgemeinschaft Fachgerechter Bodenschutz, im Auftrag von SenGesUmV, Berlin 2007 /12/ Kernindikatoren zur nachhaltigen Entwicklung Berlins. Datenbericht 2012, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Berlin 2012 /13/ Merkblatt zur Berücksichtigung der Belange des vorsorgenden Bodenschutzes in Umweltberichten nach 2 Abs. 4 BauGB, SenGesUmV, Berlin Ausgabe 2008 /14/ Montgomery, David R., dreck. Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füssen verliert, oekom verlag, 2010 /15/ politische ökologie, 119: Peak Soil. Die unterschätzte Krise der Böden, oekom verlag, April 2010 /16/ Umweltprüfungen Berliner Leitfaden für die Stadt- und Landschaftsplanung, SenStadt, 2006 /17/ Verfahren zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Land Berlin, SenStadtUm, Berlin Juni 2012 Links /18/ Umweltatlas Berlin: /19/ Internetauftritt SenStadtUm VIII C: 152

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