48 PARODONTOLOGIE i zahnärztliche chirurgie INDIVIDUELL-GEFRÄSTER KNOCHENBLOCK ALS ALTERNATIVE ZU KNOCHENERSATZMATERIALIEN Dr. Sebastian Stavar M.Sc. (Operateur) Die Autoren Dr. SebAStiAn StAvAr, M.Sc. und Dr. rasmus Sperber, M.Sc. beschreiben im folgenden Artikel Die behandlung eines patienten Mit umfassenden und verschiedenen Aug Men tativen verfahren und MAteriAlien, für eine festsitzende versorgung, wie es Der wunsch DeS patienten war. Text / Bilder Dr. Sebastian Stavar, M.Sc. (operateur) und Dr. rasmus Sperber, M.Sc. Dr. Rasmus Sperber M.Sc. 1 Der 40-jährige patient stellte sich im Mai dieses Jahres mit dem wunsch nach festsitzendem zahnersatz bei Dr. Sebastian Stavar, M.Sc., in der niederländischen zahnarztpraxis tandeelkunde houton centrum vor. zu dieser zeit war der patient mit einer insufizienten Modellgussprothese versorgt und hatte den wunsch nach einer festsitzenden, gaumenfreien versorgung. geplant war zunächst, mit einem langzeitprovisorium eine bisserhöhung um 4 mm zu schaffen. AUSGANGSSITUATION UND ÜBERLEGUNG nach der kontrollaufnahme, deren gründlicher Analyse und einer ausführlichen beratung, wurde eine brückenversorgung aufgrund der geringen wertigkeit von 18 und 28 ausgeschlossen. Dem patienten wurde in der beratung die notwendigkeit einer umfassenden Augmentation dargelegt, um eine festsitzende lösung überhaupt realisieren zu können. nach der einverständniserklärung, die wir uns in unserer praxis standardmäßig mit einem beratungsprotokoll bestätigen lassen, begannen wir mit der umfangreichen planung. Die frontalaufnahme aus der u1 (Abb. 2) zeigt uns nach erfolgter präparation für das provisorium die bei bereits starkem knochenverlust im ersten und zweiten Quadranten. Das orthopantomogramm (siehe Abb. 1) zeigt stark ausgeprägte, pneumatisierte Sinusiden. zur genaueren planung wurde eine digitale volumentomographie angefertigt. Dies ist auch allein aus forensischer Sicht bei großen augmentativen verfahren immer indiziert. Die bilder des Dvts (Abb. 3) zeigen einen starken knochenverlust sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Dimension sowie in der höhe und Dicke des Alveolarforsatzes. Der patient verließ anschließend die praxis mit einem langzeitprovisorium (Abb. 4). im ersten Quadranten fand ein stärkerer lateraler knochenabbau statt, als im zweiten. Dafür ist die vertikale knochendimension zwischen 23 und 25 relativ stabil geblieben. in regio 16 und 26 kann man deutlich eine restknochenhöhe von <4 mm erkennen (links 1 mm und rechts 3 mm). um hier eine sichere und großlächigere laterale und vertikale knochenaugmentation zu erhalten, haben wir uns im ersten Quadranten für einen individuell-gefrästen knochenblock (humanpräparat, bonebuilder) der firma botiss entschieden. im zweiten Quadranten nutzten wir für die laterale und vertikale Augmentation ein knochengranulat aus rinderknochen der firma botiss und eine titanverstärkte Membran der firma cytoplast. Außerdem entschlossen wir uns für eine beidseitige Sinusbodenaugmentation. Die eigentliche implantation wurde dann für eine zweite operation, also in einem zweitzeitigen vorgehen geplant.»
ZAHNÄRZTLICHE CHIRURGIE I PARODONTOLOGIE 49 1 OPG 2 Frontalaufnahme 2 4 3 Ausschnitte aus der DVT-Aufnahme 4 vor OP mit Langzeitprovisorium 5 zu OP-Beginn 6 8 Schnittführung zweiter Quadrant 9 Präparation des Knochenfensters 3 10 Stumpfes Ablösen der Schneider schen Membran 5 6 7 8 9 10 www.barometer-online.info 06_2013
50 PARODONTOLOGIE I ZAhNäRZTLIChE ChIRURGIE 11 Stumpfes Ablösen der Schneider schen Membran 12 13 Einbringen des Knochenersatzmaterials Aufgrund der deutlich geringeren, wannenförmigen lateralen Resorption in Regio 24 und der stabilen vertikalen Dimension haben wir uns im zweiten Quadranten für die Augmentation mit bovinen Knochenersatzmaterial entschieden. Die Literatur zeigt derzeit keine signiikanten Unterschiede der beiden operativen Verfahren. 14 15 Vorbereitung der Membran 11 WISSENSCHAFTLICHE GRUNDLAGE Die Kombination mit allogenen und xenogenen Knochenersatzmaterialen und Membran zur Guided Bone Regeneration wurde bereits 1990 durch Buser et. al. erfolgreich untersucht. Knochenblöcke, welche durch e-ptfe Membranen zusätzlich abgedeckt wurden, zeigten in mehreren Studien eine signiikant geringere Knochenresorption als ohne. 12 Die Sinusbodenaugmentation zur Schaffung eines besseren Implantatlagers wird bereits seit den späten 70er-Jahren praktiziert. Veröffentlichungen zu diesem Thema sind seit 1980 zu inden. 13 2012 zeigten Cabezas-Mojón et. al. in ihrer Metaanalyse eine Erfolgsrate von 94,3 Prozent. Wobei die Art des gewählten Knochenersatzmaterials keine Rolle spielt, allerdings das zweitzeitige Vorgehen dem einzeitigen Vorgehen etwas überlegen ist. In den meisten Lehrbüchern wird empfohlen, bei einer geringeren Restknochendicke im Sinusboden von <4 mm eine zweitzeitige Augmentation durchzuführen. KLINISCHES VORGEHEN Nach Vorbereitung des Patienten mit einem Langzeitprovisorium in beiden Quadranten (siehe Abb. 4) wurde die OP auf eine Sitzung geplant. 14 Die Abbildung 5 zeigt die klinische vor der OP nach dem entfernen des Langzeitprovisoriums. Auf den Bildern 6, 7 und 8 ist die Schnittführung im zweiten Quadranten in Vorbereitung auf die piezochirurgische Sinusbodenaugmentation zu erkennen. 15 SINUSBODENAUGMENTIERUNG UND LATERALE AUGMENTATION Die Präparation des Knochenfensters nach piezochirurgischem Vorgehen ist in Abbildung 9 dargestellt. In diesem Fall verwendeten wir Woodpecker der Firma Implantis. Nachdem die Schneider sche Membran vorsichtig abgelöst war (Abb. 10 und 11), wurde der Bereich mit dem Knochenersatzmaterial gefüllt (Abb. 12 und 13). Anschließend wurde sowohl das Augmentat (Firma Botiss) als auch das Sinusfenster mit einer resorbierbaren Prikardmembran (ebenfalls von der Firma Botiss) abgedeckt (Abb.»
ZAHNÄRZTLICHE CHIRURGIE FACHBEREICH I PARODONTOLOGIE I RUBRIK 51 16 17 Abdecken des Augmentats und des Sinusfensters mit einer Membran 18 19 Wundverschluss 16 17 20 22 Schnittführung und Bildung eines Mukoperiostlappens 23 24 Sinuslift erster Quadrant 25 27 Augmentatlager und individuellgefräster Knochenblock von Botiss 18 19 20 21 22 28 30 Einprobe des Knochenblocks und Vorbereitung des Augmentatlagers 31 Fixierung des Knochenblocks mit einer Titanschraube 23 24 25 26 27 28 29 30 31 www.barometer-online.info 06_2013
52 PARODONTOLOGIE I ZAHNäRZTLICHE CHIRURGIE 32 33 erste und zweite Abdeckung mit Pericardmembran 34 35 Wundverschluss 36 OPG post OP 14 bis 17) und abschließend nach Periostschlitzung spannungsfrei vernäht (Abb. 18 und 19). 32 33 (Rehydrierung). Währenddessen muss das Augmentationslager von sämtlichen Periost- und Faserresten gesäubert werden. Um eine stärkere Einblutung in das Augmentat zu erreichen, empiehlt es sich, die Kompakta des Augmentationslagers zu perforieren (Abb. 25 und 26). Nun wird der Knochenblock einprobiert (Abb. 27 bis 30). In unserem Fall hatten wir eine 100-prozentige Passung. Das Augmentat entwickelte eine eigene Saugkraft, sodass wir uns entschlossen, es lediglich mit einer Fixationsschraube zu ixieren (Abb. 31). Nach der Abdeckung mit einer Pericardmembran (Abb. 32 und 32) erfolgte der spannungsfreie Wundverschluss (Abb. 34 und 35). Die abschließende Röntgenaufnahme (Abb. 36) zeigt die Situation sieben Tage post OP. 34 35 In einem zweiten Eingriff ist nun eine Implantation geplant, welche nach einer drei-monatigen Einheilungszeit prothetisch mit festsitzendem Zahnersatz versorgt wird. INDIVIDUELLER KNOCHENBLOCK VON BOTISS Die Planung für die Herstellung des individuellgefrästen Knochenblocks ist verhältnismäßig einfach. Man benötigt eine CT- oder DVT-Aufnahme. Diese wird an die Firma Botiss gesendet, die dem Behandler einige Zeit später einen Vorschlag für die Größe und Form des Augmentates zuschickt. Das Augmentat selbst wird in einem 3D-Bild dargestellt. Nach der Freigabe durch den Behandler erfolgt dann die Lieferung an die Praxis. Dies geschieht innerhalb von wenigen Tagen. Auf den Abbildungen 20 bis 23 sieht man, wie für die Versorgung im ersten Quadranten ein Mukoperiostlappen gebildet und im Anschluss daran ein Sinuslift (extern) durchgeführt wurde. Zunächst muss der Knochenblock mindestens 30 Minuten in steriler Kochsalzlösung gelagert werden ZUSAMMENFASSUNG Dieser Fallbericht soll gezielt die einfache Handhabung des individuell-gefrästen Knochenblocks von Botiss darstellen. Durch die genaue 3D-Planung erhielten wir ein perfekt passendes Knochenblockaugmentat, welches in kürzester Zeit ixiert werden konnte. Es war uns damit möglich, die OP-Zeit um 50 Prozent zu reduzieren. Dies ist nicht nur für den Patienten angenehmer. Auch die Post-OP- Komplikationen werden deutlich reduziert. Betrachten wir die Tatsache, dass sich die Bakterienzahl im Operationsgebiet alle 30 Minuten verdoppelt, so ist davon auszugehen, dass die Gefahr einer postoperativen Wundinfektion deutlich reduziert wird. Auch lassen sich durch den Block die augmentativen Dimension besser planen. Trotz der größeren Augmentation im ersten Quadranten lag die Operationszeit dort mit circa 30 Minuten deutlich unter der Operationszeit im zweiten Quadranten (60 Minuten). Zukünftig bleibt die Überlegung auch bei kleineren Knochendefekten bereits auf das zwar teurere Bonebuilderverfahren zurückzugreifen, um kürzeste OP-Zeiten zu ermöglichen. DB 36 INTERNETADRESSEN www.tandheelkundehouten.nl www.sachsen-praxen.de