Die Deutsche Bundesratsinitiative zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz



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Transkript:

Die Deutsche Bundesratsinitiative zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz Vizepräsident des Landgerichts Holger Radke 13. Magglinger Rechtsinformatikseminar 18. März 2013

Informationstechnologie heute 77 % der Personen über 10 Jahren nutzen das Internet und zwar jeden Tag oder fast jeden Tag nochmals 5,5 % Steigerung in den letzten 3 Jahren In 82 % aller Unternehmen in Deutschland wird mit Computer und Internet gearbeitet (2004 waren es noch 31 %) Das Internet wird weltweit von mehr als 1,2 Milliarden Menschen genutzt <Quelle: Statistisches Bundesamt, Zahlen für 2012> Folie 2

Deutschland und der elektronische Rechtsverkehr eine Bestandsaufnahme 5,9 Millionen Anträge im Mahnverfahren bundesweit (2012) 95 % 97 % 4,5 Mio. vollständig automatisierte Bearbeitung Einreichung nur maschinell lesbarer Anträge ( Steigerung von ca. 26 % seit 2007) Vollstreckungsbescheide 0,565 Mio. Abgaben an Streitgerichte 0,75 Mio. anderweitige Erledigung (Zahlung/Rücknahme) 150.000 Verfahren weniger als 2011 seit einigen Jahren verstetigt sich rückläufige Tendenz Folie 3

Formen der Antragstellung (Stand: 2011) 3,97 % 1,48 % 76,14 % Dateneingabe/masch. Beleglesung 18,39 % Server Folie 4

Deutschland und der elektronische Rechtsverkehr eine Bestandsaufnahme Seit 01. Januar 2007 erfolgen Eintragungen in das Handelsregister nur noch auf elektronischen Antrag - Abfragen sind nur über das Internet möglich Tatsächliche Nutzung <Stand: April 2012> 183.000 zugelassene Teilnehmer ( regelmäßige Nutzer Steigerung um knapp 19 % seit April 2011) Täglich bis zu 2 Mio. hits Über 170.000 Register- und Dokumentenabrufe pro Tag 4,35 Mio. Registerinformationen verfügbar 80 % der Zugriffe erfolgen aus Deutschland Folie 5

Deutschland und der elektronische Rechtsverkehr eine Bestandsaufnahme streitige gerichtliche Verfahren: LG Stuttgart: 425 signierte Eingänge im Jahr 2011, davon 73 Klageschriften bei insgesamt 8.895 Klageverfahren im gleichen Zeitraum also weniger als 1 % Folie 6

Deutschland und der elektronische Rechtsverkehr eine Bestandsaufnahme Folie 7

Deutschland und der elektronische Rechtsverkehr eine Bestandsaufnahme Der elektronische Rechtsverkehr in kontradiktorischen Gerichtsverfahren flächendeckend nur in Hessen sowie in den Stadtstaaten Berlin und Bremen - weitgehend auch in Brandenburg weitere Bundesländer mit Pilotverfahren in unterschiedlichen Bereichen Die Nutzung steigt in den letzten Jahren langsam an, die Nutzerzahlen bleiben aber überall hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten deutlich zurück Folie 8

Deutschland und der elektronische Rechtsverkehr eine Bestandsaufnahme Ein punktueller Angebots-Flickenteppich ist unattraktiv Die Kommunikation setzt nicht auf die gängigen und weit verbreiteten Produkte wie E-Mail oder soziale Netzwerke Die vorgegebenen Produkte - insbesondere das EGVP - sind nicht bedienerfreundlich und fehleranfällig Authentizität Integrität - Vertraulichkeit je sicherer, desto komplizierter je einfacher, desto riskanter (!?) Es fehlt die Einbindung in gängige Kanzleisoftware Folie 9

Deutschland und der elektronische Rechtsverkehr eine Bestandsaufnahme Der Umstieg auf den ERV bietet dem Anwalt (noch) keinen wirtschaftlichen Nutzen (str.) Ein wenig Mut tut gut (Volk, AnwBl. 2012, 343) Neustrukturierung der Kanzleiorganisation wird gescheut Angst vor Haftung bei Fehlern kein Vertrauen in die Technik unbemerktes Versagen? rechtliche Unwägbarkeiten - Umschlagsignatur breite Skepsis auch innerhalb der Justiz Folie 10

Folie 11

Gesetze sind wie Würste, man sollte besser nicht dabei sein, wenn sie gemacht werden. (Otto von Bismarck) Führungskräfte und die neuen Informationstechnologien, Trier, 12.05.2011

Und bist Du nicht willig. Die Aktivitäten des Gesetzgebers zur Förderung Die E-Justice Bundesratsinitiative der Länder Federführung: Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen 13.06.2012: Beschluss durch die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister 21.09.2012: Einbringung in den Bundesrat 12.10.2012: Beschlussfassung im Bundesrat Der Gegenentwurf des Bundesjustizministeriums 19.12.2012: Verabschiedung durch das Bundeskabinett Februar 2013: Stellungnahme Bundesrat Mitte März 2013: erste Lesung im Deutschen Bundestag Das gemeinsame Ziel ist die Verabschiedung eines (!) Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode (Sommer 2013) Folie 13

Und bist Du nicht willig. Die Aktivitäten des Gesetzgebers zur Förderung Der Faktor Zeit: 01.01.2018 31.12.2019: Jedes Bundesland kann (!) flächendeckend für sein Territorium den elektronischen Rechtsverkehr freigeben. 01.01.2020: Flächendeckend muss an allen deutschen Gerichten die elektronische Einreichung möglich sein 01.01.2020 31.12.2021: Jedes Bundesland kann bezogen auf einzelne Gerichtsbarkeiten die elektronische Einreichung ggü. Rechtsanwälten und anderen professionellen Einreichern obligatorisch vorgeben. 01.01.2022: Rechtsanwälte und andere professionelle Einreicher sind zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten verpflichtet. Folie 14

Und bist Du nicht willig. Die Aktivitäten des Gesetzgebers zur Förderung Der Faktor Sicherheit: Das zwingende Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur für bestimmende Schriftsätze wird aufgegeben. Es genügt, wenn das Dokument auf einem sicheren Übertragungsweg an das Gericht übermittelt wird. Solche Wege sind aktuell: Das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) DE Mail durch Rechtsvorordnung des Bundes können weitere sicherere Wege definiert werden. Die Bundesrechtsanwaltskammer wird eine trusted domain einrichten und dort für alle Rechtsanwälte ein elektronisches Postfach Folie 15

Einschub: Was ist EGVP? Einreichung über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) spezielles Programm zur sicheren Übertragung ( Ende zu Ende Verschlüsselung ) von Dokumenten über den Standard OSCI ( Online Services Computer Interface ) kostenloser Download über www.egvp.de teilweise Integration in Fachanwendungen (Anwaltssoftware, MS-Outlook) Nutzung durch RVOen vorgegeben (Handelsregister, Online - Mahnantrag ) Folie 16

Einschub: Was ist DE Mail? Gesetz zur Regelung von De Mail Diensten. ist am 03.05.2011 in Kraft getreten Ziel: Einfache Handhabung (E-Mail) trotz Gewährleistung grundlegender Sicherheitsanforderungen Verschlüsselte Kommunikation Ende zu Ende optional Nur speziell akkreditierte Anbieter (z.b. Dt. Telekom, GMX, WEB.DE, Dt. Post, Mentana) Verpflichtung der Nutzer zur Authentifizierung (z.b. Post Ident - Verfahren) Folie 17

Und bist Du nicht willig. Die Aktivitäten des Gesetzgebers zur Förderung Der Faktor Sicherheit Eine neue Beweisvorschrift soll dem Scanprodukt einer öffentlichen Urkunde einen höheren Beweiswert verleihen, wenn das Scannen durch Behörde oder Notar erfolgt ist und notwendigen Sicherheitsvorschriften genügt Der Faktor Vereinfachung: Auch gerichtliche Dokumente können künftig an das elektronische Anwaltspostfach rechtswirksam zugestellt werden. Als Zugangsbestätigung dient die automatisiert übermittelte elektronische Eingangsbestätigung Die Zustellung gilt 3 Tage nach dem Eingang des Dokumentes im Empfängerpostfach als bewirkt Folie 18

Und bist Du nicht willig. Die Aktivitäten des Gesetzgebers zur Förderung Der Faktor Vereinfachung: Einführung eines zentralen länderübergreifenden elektronischen Schutzschriftenregisters Eine in diesem Register eingestellte Schutzschrift gilt bei allen deutschen Gerichten als eingereicht Erleichterung insbesondere in den Fällen des fliegenden Gerichtsstands Folie 19

Stresstest Folie 20

Risiken und Unwägbarkeiten Schaffung der technischen und organisatorischen Voraussetzungen in den Gerichten Anpassung der Justizfachverfahren Anpassung der Hardware (Lesegeräte, Speicherkapazitäten, Ausfallsicherheit ) Anpassung der Abläufe (Organisationsuntersuchungen) Keine Regelungen zur elektronischen Aktenführung Akzeptanzmanagement Folie 21

Ich bin Manager. Verbinden Sie mich mit der Wirklichkeit Folie 22

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ende und Aus VielenDank für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit! Folie 24