Wird uns die Welt zu komplex?



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Transkript:

Wird uns die Welt zu komplex? Natur, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft im Zeitalter von Big Data Prof. Dr. Lehrstuhl für Philosophie und Wissenschaftstheorie 1. Evolution von Daten und Information 2. Komplexe soziotechnische Systeme im Zeitalter von Big Data 3. Auf dem Weg zur nachhaltigen Wissensgesellschaft

1. Evolution von Daten und Information Evolution von Daten und Information In der Evolution entwickelten sich neue Formen der Informationsspeicherung: genetische Information neuronale Information extrasomatische Information Beim Menschen werden ca. 10 10 bit genetische Information von ca. 10 14 bit neuronale Information überragt. Seit 10 3 Jahren entwickelt die Menschheit extrasomatische Informationsspeicher (z.b. Bibliotheken, Datenbanken, Internet, Roboter, Cyberphysical Systems), deren Informationskapazität insgesamt die Informationen in einzelnen Gehirnen weit überschritten hat.

Datenexplosion und Rechnerzahl im Internet Die Datenübertragung explodiert von der kontinuierlichen Sprachübertragung zur Übermittlung von Datenpaketen. Die durchschnittliche Zunahme des Datenverkehrs (2003-2010) beträgt ca. 30% pro Jahr. Die Anzahl der ständig an das Internet angeschlossenen Rechner nimmt stetig zu und hat inzwischen die Marke von 400 Mio. überschritten. Die Anzahl der Nutzer liegt im Bereich mehrerer Milliarden Menschen. Zukunft von Rechenkapazität und Informationsverarbeitung: Mooresches Gesetz Nach R. Kurzweil, Homo sapiens 2000, S. 168

Datenexplosion und Big Data Wachsende Datenvielfalt und Komplexität ERP = Entropie-Resource Planning (Unternehmensressourcenplanung) CRM = Costumer Relationship Management (Kundenbeziehungsmanagement) Petabytes Terabytes Gigabytes Megabytes Web Logs Angebote ERP Kaufdetails Zahlungsangaben etc. Sensoren (RFID) Mobiles Netz Klickströme CRM WEB Segmentierung Angebote (Details) Kundenkontakte etc. BIG DATA A/B Test Dynamische Preise Netzwerke Suchmarkt Verhaltensspuren Nutzererzeugte Inhalte Soziale Interaktionen Raum- & GPS Koordinaten Demographie Geschäftsdaten HD Video, Audio, Bilder Sprechtext Produkt- & Service Logs SMS / MMS Wachsende Datenvielfalt & Komplexität Integration komplexer Datenmengen Big Data bezeichnet Datensets, deren Größe und Komplexität (Petabyte Bereich) durch klassische Datenbanken und Algorithmen zum Erfassen, Verwalten und Verarbeiten von Daten zu überschaubaren Kosten und Zeiten nicht möglich ist. Dabei sind drei Trends zu integrieren: - Big Transaction Data: Massives Wachstum von Transaktionsdatenmengen - Big Interaktion Data: Explosionsartiger Anstieg von Interaktionsdaten (z.b. soziale Medien, Sensortechnologie, GPS, Anrufprotokolle) - Big Data Processing: Neue hochskalierbare und verteilt arbeitende Software (z.b. Hadoop (Java) und MapReduce (Google)).

Big Data und Komplexität in der Wirtschaft Mit Big Data Technologie erhält das Management eine deutlich verbesserte Grundlage für zeitkritische Entscheidungen unter wachsender Komplexität. Big Data und Komplexität in der Medizin Eine Patientenakte wird ca. 20 Terabytes umfassen. In 2020 umfassen medizinischen Datenbestände ca. 90 Zettabytes. Der gläserne Patient: Um Krankheitsbilder individuell zu erfassen, müssen Unterschiede bis auf die molekulare Ebene in Daten erfassbar sein: Ein Mensch besteht aus ca. 2 x 10 24 Molekülen. Bei 7 Milliarden Menschen sind 15 x 10 33 Moleküle zu berücksichtigen. Selbst wenn viele Vorgänge redundant sind, bleiben noch 6 x 10 17 Moleküle.

Big Data und Komplexität in Staat und Verwaltung Durch gezielte Auswertung von massenhaft vorliegenden strukturierten und unstrukturierten Verwaltungsdaten können administrative Entscheidungen vorbereitet und Orientierungen für Bürger erstellt werden. Beispiel ist Wirtschaftsförderung durch Prognosen für Konjunktur, Klimaveränderung, Demographie, Städtebau, Verkehrsplanung. Ebenso können Stimmungsbilder für Bürgerforen als Frühwarnsysteme für Infrastrukturmängel erstellt werden (z.b. Planungsfeststellungsverfahren für Großtechnologieprojekte). Big Data Grenzen und Risiken Es gibt klare methodischanalytische und ethisch-rechtliche Grenzen von Big Data: Big Data Technologie liefert nur Korrelationen von Daten als Voraussetzung von Trendprognosen, keine kausale Erklärung. Die Parole Big Data- Ende der Theorie ist in der Wissenschaft irrig und gefährlich (z.b. Medizin). Ethisch-rechtliche Risiken und Grenzen ergeben sich in Politik und Verwaltung. Persönliches Profiling von Bürgerinnen und Bürgern wird immer perfekter. Precriming soll Straftaten im Vorfeld verhindern, kann aber auch zur Spionage (z.b. NSA) ausgenutzt werden. Hier ist der Rechtsstaat herausgefordert, durch internationale Normen und Schutztechnologien Missbrauch von Big Data zu minimieren.

2. Komplexe soziotechnische Systeme im Zeitalter von Big Data Wird unsere Zivilisation zu komplex? Wie lassen sich in einer zunehmend technisierten und globalisierten Welt die immer komplexer werdenden Abläufe robust und resilient steuern?

Erdsystem als komplexes ökosoziales System Das größte soziotechnische System ist das Erdsystem, das nicht nur aus ökologischen Teilsystemen (z.b. Klima, Meere, Biodiversität) besteht. Wir müssen ebenso alle Faktoren der menschlichen Zivilisation (z.b. Bevölkerungswachstum, Wachstum der Industrie, Fortschritt in Wissenschaft und Technik, soziale Konflikte) berücksichtigen, die in nichtlinearen Rückkopplungsschleifen wechselwirken. Sie sind empfindlich gegen lokale Störungen und können sich zu globalen Störungen und Instabilität aufschaukeln (Schmetterlingseffekt ). Lokale Störung globaler Systeme Extreme Störungen im anthropogenen System mit kaskadenhafter nichtlinearer Ausbreitung (z.b. Vulkanausbrüche, Erdbeben, Terrorangriffe) weichen von der Normalverteilung ab. Kausalnetzwerke helfen, die Ausbreitung der Effekte abzuschätzen und ein Krisenmanagement einzurichten.

Globale Informations- und Kommunikationsnetze Die Netzstruktur des World Wide Web erinnert mittlerweile an die Vernetzung von Nervenzellen und Arealen des Gehirns. Intelligente Informationssuche und Selektion orientiert sich an Logik, Lern-, Kognitions- und Gehirnforschung, um geeignete Algorithmen nach dem Vorbild menschlicher Informationsbewältigung ( Soft Computing ) zu entwickeln. IuK-Netze schaffen neue soziale Strukturen Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen wie Facebook und Twitter erzeugen neue soziale Netzwerke, beeinflussen und verändern damit die Gesellschaft weltweit. Facebook entstand als soziales Netzwerk einer Universität (Havard 2004). Soziale und persönliche Daten sind ständig Online. Selbst Wissenschaftsbörsen finden im Netz statt. Insbesondere für Sozial-, Human- und Geisteswissenschaften ergeben sich neue Forschungsperspektiven menschlichen Verhaltens.

Soziales Netzwerk von E-Mail Kommunikation Soziale Netzwerke der Kommunikation können aus Spuren von online Daten rekonstruiert werden. In diesem Fall wird ein Muster der e-mail Kommunikation von 436 Angestellten des Heweltt Packard Research Lab mit der offiziellen Organisationshierarchie abgeglichen. Komplexe Finanznetzwerke von Krediten Ein Netzwerk von Kreditvergaben in Finanzinstitutionen kann genutzt werden, um die Rollen zu analysieren, die verschiedene Funktionsträger im Finanzsystem spielen und wie ihre Wechselwirkungen sie selber und das gesamte System beeinflusssen. Das Netzwerk von Kreditgebern und Kreditnehmern zeigt die Dichte und Konzentration der Interaktionen an.

Soziales Netzwerk von Webseiten Die Links zwischen Webseiten können dichte Vernetzungen zwischen prominenten Websites anzeigen. In diesem Fall zeigt die Netzstruktur politischer Blogs vor der 2004 U.S. Präsidentenwahl zwei genau separierte Custer. Komplexe Handelsnetze von Ländern Eine Netzdarstellung des internationalen Handels zwischen 28 Ländern, in der die Größe jeden Landes den Umfang des Handels anzeigt. Die Dicke jeden Links zwischen zwei Ländern zeigt den Umfang des Handels an. Das Netzwerk illustriert Länder, die mächtige Positionen einnehmen und daraus wirtschaftliche Vorteile ableiten.

Kaskadeneffekte komplexer Netze Wenn Menschen durch das Verhalten ihrer Netznachbarn beeinflusst werden, kann sich die Anpassung an ein neues Produkt oder an eine Innovation kaskadenhaft im Netz ausbreiten. Die Ausbreitung einer epidemischen Krankheit (z.b. Tuberkulose) ist ebenfalls eine Form kaskadenhaften Verhaltens im Netz. Die Ähnlichkeiten und Kontraste zwischen biologischen und sozialen Ansteckungen führen zu interdisziplinären Forschungsfragen. Evolution zum Internet der Dinge, Daten und Dienste Im Rahmen sich selbst organisierender Fach-, Anwendungs- und Interessengruppen entstehen Anforderungen und Nachfragen nach neuen Diensten und integrierten Lösungen. acatech (Ed.): Cyberphysical Systems 2011, 11 (Fig.1) Durch die zunehmend versteckte RFID- und Sensortechnologie entsteht das Internet der Dinge. Für das Internet der Dienste werden Angebote und Technologien im Bereich Online-Handel bzw. Online- Dienstleistungen und Medienwirtschaft immer umfassender ausgebaut.

Smart Cities und Big Data Globale Urbanisierung ist eine Herausforderung des 21.Jahrhunderts. Wegen des gewaltigen datenaufkommens ist eine Stadt als Knotenpunkt menschlichen Lebens auf intelligente Technologien für effiziente und vernetzte Infrastrukturen angewiesen. Von Bürgerservice, Wohnen und Mobilität über Bildung, Energieund Gesundheitswesen bis zur öffentlichen Sicherheit reichen die Anwendungsfelder smarter Technologien. Komplexe und intelligente Stromnetze (Smart Grids) Viele dezentrale Stromversorger aus fossilen Primärenergien und erneuerbaren Energien (z.b. Photovoltaik, Windkraft, Biogas) führen zu komplexen Netzen. Um die Steuerung, Lastenverteilung, Speicherung und Erzeugung elektrischer Energie ganzheitlich zu organisieren, bedarf es intelligenter Informationssysteme. Bei Smart Grids gehen Energiesystem und Informations- und Kommunikationssysteme eine Symbiose ein. Wohn- und Bürohäuser sind zugleich Verbraucher und Produzenten von Energie (z.b. kleine Sonnenkraftwerke). Große Solaranlagen (z.b. Desertec) oder Windräderparks sind ohne Smart Grids nicht denkbar.

Komplexität soziotechnischer Systeme Medizinisches Netzwerk: Wie vermeiden wir Irrtümer? Wie koordinieren wir alles? Klassische Computersysteme trennen physische und virtuelle Welt. Cyberphysical Systems (CPS) erkennen mit Sensoren ihre physische Umgebung, verarbeiten diese Informationen und können die physische Umwelt mit Aktoren auch koordiniert beeinflussen. CPS bestehen aus vielen vernetzten Komponenten, die sich selbstständig untereinander koordinieren. Nur so wird sich die komplexe Infrastruktur von z.b. Energieversorgung, Logistik, Gesundheitsfürsorge, Medizintechnik, Verkehr, Transport, Luftfahrt bewältigen lassen. Komplex vernetzte Dienste der Mobilität und Big Data acatech Studie: Cyberphysical Systems, E. Geisberger/M. Broy (Eds.), 2012, 33

Komplex vernetzte Dienste der Gesundheitsbetreuung und Big Data acatech Studie: Cyberphysical Systems, E. Geisberger/M. Broy (Eds.), 2012, 42 Risiken von komplexen Netzen und Big Data acatech Studie: Cyberphysical Systems, E. Geisberger/M. Broy (Eds.), 2012, 118

Abstraktions- und Integrationsebenen von Big Data in komplexen Systemen acatech (Ed.): Cyberphysical Systems 2011, 20 (Fig.3) Integrierte Modelle und Architekturen von komplexen soziotechnischen Systemen acatech Studie: Cyberphysical Systems, E. Geisberger/M. Broy (Eds.), 2012, 169

3. Auf dem Weg zur nachhaltigen Wissensgesellschaft Nachhaltige Innovationen PRODUKTE MACHEN MARKT (Technology Push) PRODUKTE SCHAFFEN NACHHALTIGKEIT (Sustainability Push) NACHHALTIGKEIT SCHAFFT PRODUKTE (Sustainability Pull) PRODUKTE MARKT MACHT MACHEN PRODUKTE MARKT (Technology Push) Pull)

Grundlagen von Informationsinfrastrukturen Die Modellierung von Informationsinfrastrukturen erfordert eine interdisziplinäre Kooperation der Technik-, Natur-, Sozial- und Humanwissenschaften: z.b. Physik, Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik Kognitionspsychologie, Kommunikationswissenschaft, Soziologie, Philosophie Erforderlich sind Modelle des Wahrnehmens, der Integration, des Wissens, Denkens und Problemlösens bis hin zu System- und Netzwerkmodellen der Techniksoziologie und Technikphilosophie. Ziel ist ein integratives Human Factor Engineering von Informationsinfrastrukturen. Ethik / Ethos von komplexen Sensibilität für Informationsinfrastrukturen zunehmenden Kontrollverlust in offenen (sozialen) Umgebungen mit komplex vernetzten und autonom interagierenden Systemen und Akteuren Verlässlichkeit und Vertrauen der Systeme hinsichtlich Safety, IT- Sicherheit und Privatsphäre Leistung und Energieeffizienz (Umwelt ) Knowhow-Schutz in offenen Wertschöpfungsketten Abschätzung und Bewertung von ungewissen und verteilten Risiken Angemessenes und faires Verhalten bei Zielkonflikten verschiedener Teilsysteme Verbindlich auszuhandelnde Domänen- / Qualitätsmodelle, Regeln und Policies (z. B. Compliance)

Informationsinfrastrukturen und Demokratie 1. Deutlich gestiegene Aufmerksamkeit durch zivilgesellschaftliche Organisationen, NGOs und Öffentlichkeit ( Digitalisierung der Gesellschaft ) Echtzeit-Information, neue ( liquid ) Demokratieformen, höhere Reaktivität ( Netzdichte ), soziale Kaskadeneffekt 2. Forderung nach Veränderung rechtlicher Verfahren ( Planfeststellungsverfahren ) Stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft ( partizipative Demokratie ) 3. Lösungen müssen technische, ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Dimensionen mit einbeziehen Nachhaltigkeit 4. Trotz größerer Partizipation müssen soziotechnische Großprojekte realisierbar bleiben, um den Innovationsstandort Deutschland nicht zu gefährden Robustheit Urteilskraft in der Big Data Welt Am Ende zielen wir auf eine Stärkung unserer Urteilskraft, d.h. die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, das Besondere, wie es bei Kant heißt, mit dem Allgemeinen zu verbinden - - in diesem Fall die Datenflut mit Reflexion, Theorie, Gesetz und Maß, damit eine immer komplexer werdende und von Automatisierung beherrschte Welt uns nicht aus dem Ruder läuft.