Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Ressourcenmanagement: Neue Ansätze zur Optimierung der Tropfbewässerung Großprojekt Sommerach Veröffentlichung in Rebe & Wein 6 / 2011 M.Sc. Daniel Hessdörfer, Dr. Arnold Schwab Weinbau- und Qualitätmanagement Abteilung Weinbau Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau An der Steige 15, 97209 Veitshöchheim Tel. 0931/9801-566, weinbau@lwg.bayern.de
Bewässerung in Trockenphasen Ressourcenschonung Ökonomie Ansätze im Großprojekt Sommerach Mit dem vorhergesagten Klimawandel werden in Zukunft immer häufiger extreme Witterungsereignisse mit zunehmend wärmeren und trockeneren Vegetationsperioden erwartet. 2010 waren die ersten Sommermonate extrem heiß und trocken, mit einer anschließender nicht enden wollenden langen Nässeperiode. Die Tendenz geht in Richtung wärmerer Witterungsbedingungen, aber mit starken Schwankungen. Bei den vorhergesagten Klimaveränderungen ist mit einer zunehmenden Verbreitung von Tropfbewässerungssystemen im deutschen Weinbau zu rechnen. Frühere Erfahrungen mit der Überkronenbewässerung stehen dem Ressourcenschutz durch hohen Wasserverbrauch entgegen. Ein wassersparendes Bewässerungsmanagement für das nachhaltige Bewirtschaften der Weinberge wird in Zukunft immer wichtiger werden. Die genaue Ermittlung der Bewässerungsbedürftigkeit ist in den hiesigen Weinbaugebieten aufgrund der teils ergiebigen Sommerniederschläge qualitätsentscheidend. Dabei kommt dem richtigem Einsatzzeitpunkt und der Menge an der notwendigen Wassergabe die größte Bedeutung zu. Ziel der Untersuchungen im Bewässerungsprojekt Sommerach ist, diese zwei Faktoren jahresspezifisch und qualitätsfördernd aufeinander abzustimmen. Bewässerungsgroßprojekt Sommerach Das Bewässerungspilotprojekt in Sommerach (Bayern, Deutschland) wurde im Frühsommer 2007 fertiggestellt. In diesem größten Projekt zur Bewässerung von Reben in Deutschland, wird auf einer Gesamtfläche von circa 200 ha ein wassersparendes Bewässerungsmanagement etabliert. Aufgrund der umfangreichen bewässerbaren Rebfläche besteht eine große Variabilität des pflanzenverfügbaren Wasserspeichervermögens der Böden (Abb.1). Dazu ist eine standortspezifische Differenzierung des Einsatzzeitpunktes und des Gesamtbedarfs an Zusatzwasser notwendig. Abb.1: Karte der Wasserspeicherfähigkeit der Weinbergsböden in Sommerach. Grüne Flächen mit hoher nutzbare Feldkapazitäten (nfk-wert) entsprechen gute pflanzenverfügbare Wasserspeicherfähigkeiten, rote Flächen mit niedrigen nfk- Werten entsprechen geringe pflanzenverfügbare Wasserspeicherfähigkeit.
Methodik Im Rahmen dieses Projektes wird ermittelt, mit welchen Kriterien und Hilfsmitteln die Versuchsfläche in Trockenstress-Gefährdungsklassen einzuteilen ist. Die Klasseneinteilung ermöglicht eine Beurteilung der standortspezifischen Trockenstressgefährdung und Bewässerungsstrategie. An drei stark unterschiedlichen Standorten in der Versuchsfläche (siehe Tab. 1) wird mittels unterschiedlicher Messinstrumente und Methoden die Bewässerungsbedürftigkeit ermittelt. Diese drei Standorte (Referenzflächen) dienen dann zur Klasseneinteilung für die gesamte Bewässerungsfläche. Die drei Referenzflächen sind jeweils mit Silvaner bestockt. Methoden der Trockenstressermittlung: 1. Ermittlung des Bodenwassergehaltes in verschiedenen Tiefen mittels Diviner 2000 (Fa. Sentek) 2. Kontrolle des frühmorgendlichen Wasserpotentials mittels Scholander Kammer (Fa. WMG) 3. Messung des tatsächlichen Wasserverbrauchs mittels Xylemfluss Sensoren (Fa. WMG) Ab der Vegetationsperiode 2011 werden als zusätzliches Kontrollinstrument die neu entwickelten Turgordruck Messsonden (Fa. ZIM-Plant-Technologie) eingesetzt und hiermit deren Einsatzfähigkeit an Reben getestet. Aufgrund der bereits vorliegenden Bodenkartierung (Bodentiefe, Bodenart, Wasserspeicherfähigkeit) der Gesamtfläche können dann die einzelnen Parzellen zu den entsprechenden Trockenstressklassen zugeordnet werden. Die Bewässerungsbedürftigkeit richtet sich jedoch nach weiteren Kriterien wie z.b. dem Alter der Anlage, der Rebsorte und dem Ertragsziel. Tab.1: Kenndaten zu Referenzflächen. Messung des Bodenwassergehaltes Der Bodenwassergehalt wird mittels Diviner 2000 (Fa. Sentek) nach der Methode der Frequency Domain Reflectometry (FDR) ermittelt. Hierbei wird die elektrische Kapazität zwischen zwei Elektroden gemessen, wobei diese abhängig von der Dielektrizitätskonstante aus dem Verhältnis Boden Wasser Luft ist. Mit dieser Methode kann in 10cm Schritten der jeweilige Bodenwassergehalt im Wurzelraum gemessen und somit der Austrocknungsgrad im Boden ermittelt werden.
Frühmorgendliches Wasserpotential Am aussagekräftigsten ist in Trockenperioden das frühmorgendliche Wasserpotential, das den Trockenstress der Rebe direkt anzeigt und den Bewässerungszeitpunkt bestimmt. Für die Messung des frühmorgendlichen Wasserpotentials wird jeweils ein Blatt eines Rebstockes kurz vor Sonnenaufgang abgeschnitten und in einer Scholander Druckkammer eingespannt. Der aufgebrachte Druck, der nötig ist, um das Wasser gerade aus dem Stiel des Blattes zu drücken, entspricht dem Wasserpotentialwert (ψ). Bei dieser Messmethode werden die Werte jeweils in Megapascal (MPa) angegeben. Die Messung muss vor Sonnenaufgang durchgeführt werden, da nach Sonnenaufgang sich die Schließzellen der Blätter öffnen und die Rebe beginnt, Wasser zu transpirieren. Dabei sinkt das Wasserpotential in den Blättern (ψ Blatt; Abb.2). Da in der Nacht keine Transpiration stattfindet, aber noch Wasser zu den Reborganen nachströmt, gleichen sich die Potentialwerte der Blätter wieder dem Bodenwasserpotential (ψ Boden) allmählich an (Schultz und Berthold, 2002). Somit kann kurz vor Sonnenaufgang indirekt an den Blättern die Saugspannung gemessen werden, mit denen die Wurzeln das Wasser dem Boden entziehen (Xavier Choné et al., 2001). Abb.2: Dynamik der verschiedenen Wasserpotentialwerte (ψ) mit zunehmender Trockenheit (nach Slayter 1967). Bewässerungsschwellenwert Bei den meisten Pflanzen reagiert das vegetative Wachstum sensibel auf Trockenstress. Die Photosyntheseleistung reagiert hingegen etwas träger auf Wassermangel. Auf Basis dieser Eigenschaft der meisten Pflanzen sollte ein Bewässerungsschwellenwert gewählt werden. Schultz et al. (1997) ermittelten für Reben in der hiesige Weinbauzone einen Schwellenwert der Bewässerung von ca. -0,25 MPa (gemessen als frühmorgendliches Wasserpotential). Bei diesem Wert macht man sich zu Nutze, dass die Rebe noch keine starke Reduzierung der Assimilationsleistung, aber schon eine größere Reduzierung der vegetativen Leistung aufzeigt. Dies hat zur Folge, dass die Rebe auf der einen Seite zwar etwas weniger Zucker produziert, auf der anderen Seite aber wesentlich weniger Zuckerbausteine für das vegetative Wachstum verschwendet (Schultz und Berthold, 2002). Bilanziert kann die Rebe hierdurch sogar mehr Zucker in den Trauben einlagern.
Erste Ergebnisse 2010 Die ersten Ergebnisse aus der kurzen Trockenperiode von Anfang Juni bis Mitte Juli 2010 zeigten bereits deutliche Differenzierungen in den drei Referenzflächen. Die tiefgründigen Böden der Referenzflächen 1 und 2 mit ihren guten bis mittleren Wasserspeicherfähigkeiten konnten die Trockenperiode im Juni/Juli gut abpuffern. Der flachgründige Boden mit einer geringen Wasserspeicherfähigkeit in Referenzfläche 3 konnte in dieser Vegetationsperiode nicht genügend Wasser den Reben zur Verfügung stellen, sodass erste Trockenstresssymptome messbar waren. Wie in Abb. 3a zu sehen ist, wurde der gut wasserspeichernde sowie tiefgründige Boden in der Trockenphase nur oberflächlich bis in Tiefen von 30-40 cm nennenswert ausgetrocknet. Somit konnten die Reben den unteren Bodenschichten noch genügend Wasser entziehen. Bei der einsetzenden Nässeperiode ab den 22 Juli füllten sich die Bodenwasservorräte wieder auf. Durch die anhaltenden Regenfälle im August konnten keine weiteren Austrocknungen der Bodenschichten gemessen werden. Ein anderes Bild zeigt das Bodenwasserprofil von Referenzfläche 2 (Abb.3b). Durch den leichten Sandboden und der defizitären Wiederauffüllung der Bodenwasservorräte im Winter/Frühjahr 2009/2010 zeigte sich schon zu Beginn der Bodenwassergehaltsmessung eine leichte Austrocknung bis in tiefere Bodenschichten. Die gute Wasserinfiltration von Sandböden verdeutlicht ebenfalls Abb.3b. Hier führten die ersten Niederschlagsereignisse zwischen den 11.Juli bis zum 16. Juli zu einer kurzzeitigen Durchfeuchtung der oberen, vorher ausgetrockneten Bodenschichten. Jedoch trocknete der Oberboden bei sommerlichen Temperaturen rasch wieder ab. Auch in Referenzfläche 2 wurden die Bodenwasservorräte durch die einsetzende Nässeperiode wieder vollständig aufgefüllt. In Referenzfläche 3 (Abb.3c) konnte ab der ersten Bodenwassergehaltsmessung Anfang Juni ein steter Abfall der Wasservorräte bis in die unteren Bodenschichten nachge- Abb.3: Verlauf der Bodenwassergehalte in den einzelnen Referenzflächen (3a, 3b, 3c) mit Witterung und jeweiligem Bodenprofil wiesen werden. Diese enorme Austrocknung des Bodens verdeutlicht die starke Trockenstressgefährdung dieser Parzelle. Wie in den anderen Referenzflächen füllten sich die Bodenwasservorräte mit Beginn der Nässeperiode am 22.Juli wieder auf.
In Abb.4 sind die Verläufe der frühmorgendlichen Wasserpotentiale dargestellt. Bei der ersten Messung am 2.Juli befanden sich alle Referenzflächen auf gleichem Niveau und waren noch keinem Trockenstress ausgesetzt. Bei der nächsten Messung, eine Woche später, wurde ein signifikanter Abfall der Wasserpotentialwerte in Referenzfläche 3 gemessen. Dieser Abfall der Messwerte korreliert mit den gemessenen Bodenwassergehalten (Abb.3c) in dieser Parzelle. Ab diesem Zeitpunkt war die Referenzfläche 3 unterhalb des vorher festgesetzten Bewässerungsschwellenwerts von -0,25 MPa. Durch die anhaltend trockene und heiße Witterung konnte ein stetiger Abfall der Wasserpotentialwerte gemessen werden. Trotz kurzzeitiger Regenereignisse zwischen den 11.Juli bis 16. Juli war keine Trockenstresserholung der Reben in Referenzfläche 3 messbar. Der geplante Bewässerungstermin in Referenzfläche 3 wurde jedoch durch die ab 22.Juli eintretende Nässeperiode überflüssig. Die durchgeführten frühmorgendlichen Wasserpotentialmessungen in den Referenzflächen 1 und 2 erbrachten keine Bewässerungsbedürftigkeit der Reben in der Trockenperiode 2010. Abb.4: Verlauf der frühmorgendlichen Blattwasserpotentialmessungen in den einzelnen Referenzflächen (RF). Unterschiedliche Buchstaben zu einem Messtermin entsprechen signifikante Unterschiede (p 0,05). Fazit: Bei einem, durch falsche Bewässerung hervorgerufenen, zu hohen Wasserangebot profitiert vor allem das vegetative Wachstum der Reben. Dies wäre nicht qualitätsfördernd und zugleich ein verschwenderischer Umgang mit der Ressource Wasser (Gruber et al. 2006). Wie in der kurzen Trockenperiode im Juni/Juli 2010 zu messen war, muss eine differenzierte Beurteilung der Bewässerungsbedürftigkeit von Parzellen im Großprojekt Sommerach stattfinden. Inwieweit sich Rebsortenunterschiede, Alter der Rebanlage oder weitere weinbauliche Unterschiede auf die Bewässerungsbedürftigkeit von Reben auswirken, soll noch erfasst werden. Grundsätzlich wird mit diesem neu konzipierten Bewässerungsmanagement angestrebt, möglichst schonend mit der sich verknappenden Ressource Wasser umzugehen. Es gilt die Effizienz des eingesetzten Wassers für die Mengen- und Gütesicherung der erzeugten Trauben zu optimieren und hiermit das hohe Qualitätsstreben der ansässigen Winzer zu fördern.
Die Förderung des Projektes erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung. Bild 1: Messung des Bodenwassergehaltes mittels Diviner 2000 (Quelle: LWG) Bild 2: Bewässerung von Reben in Sommerach (Quelle: Bayerischer Rundfunk)