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4. Grenzflächenspannung 1 4. GRENZFLÄCHENSPANNUNG 1. Aufgabe Mit Hilfe der Ringmethode soll die Grenzflächenspannung als Funktion der Konzentration einer grenzflächenaktiven Substanz gemessen werden. Für die Messungen stehen zwei Tenside Brij 30 (C 1 E 4 ) und C 4 E 1 bereit. Aus den Messergebnissen sollen die relativen Grenzflächenkonzentrationen, die kritischen Mizellbildungskonzentrationen und der minimale Kopfgruppenbedarf der Tensidmoleküle ermittelt werden.. Theoretischer Teil.1. Grenzflächenaktive Substanzen Betrachtet man eine Lösung in einem Gefäß, sind die Moleküle im Inneren der Lösung anderen Kräften ausgesetzt als die an der Grenzfläche. Im Inneren der Lösung wirken auf jedes Molekül von allen Seiten gleiche Kräfte durch die Nachbarmoleküle. An der Grenzfläche dagegen können diese Wechselwirkungen mit Nachbarmolekülen nur in der Lösung selbst wirken, woraus eine nach innen gerichtete Kraft F r resultiert. Daher besitzen die Moleküle an der Grenzfläche eine höhere Energie als die in der Lösung. Diese zusätzliche Energie wird Oberflächenenergie genannt. Sie ist dafür verantwortlich, dass Flüssigkeiten immer eine möglichst kleine Oberfläche ausbilden. Luft F Lösung Abb. 1: Schematische Darstellung der Kräfte, die auf Moleküle an einer Flüssig/Gas- Grenzfläche und in Lösung wirken. Vergrößert man also die Oberfläche A um da, so muss man Arbeit leisten. Die dabei aufgewendete Arbeit dw, um das Molekül aus der Volumenphase an die Grenzfläche zu bringen, ist direkt proportional zur Grenzflächenspannung σ. dw = σ da (1) σ ist die Oberflächenspannung der Lösung in J m - bzw. N m -1. Die Oberflächenspannungen von reinen Substanzen und Lösungen unterscheiden sich. Letztere hängt von der Konzentration des gelösten Stoffes ab. Besonders stark ändert sich die Oberflächenspannung

4. Grenzflächenspannung in Anwesenheit von grenzflächenaktiven Substanzen. Dazu gehören z.b. Tenside, Fettsäuren und Alkohole. Sie bestehen aus einem hydrophilen (polaren) und einem hydrophoben (unpolaren) Molekülteil. Im weiteren Verlauf werden nur noch Tenside behandelt. In Abb. sind exemplarisch einige Tenside dargestellt. Es gibt unterschiedliche Arten von Tensiden: nichtionische, kationische, anionische und zwitterionische Tenside. Abb. : Drei Beispiele für grenzflächenaktive Substanzen. SDS (Natriumdodecylsulfat) ist ein anionisches, C 1 TAB (Dodecyl-trimethylammoniumbromid) ein kationisches und C 1 E 5 (Pentaethylenglykol-monododecylether) ein nichtionisches Tensid. Gibt man nun ein Tensid in ein Lösungsmittel, z.b. Wasser, so werden sich die Moleküle aufgrund ihrer amphiphilen Struktur an der Grenzfläche anlagern. Dabei bleibt der hydrophile Teil im Wasser, der hydrophobe Teil ragt in die Luft. Dadurch ändert sich die Oberflächenspannung der Lösung. Grund dafür ist, dass für die Anlagerung dieser Tenside an der Grenzfläche weniger Energie aufgewendet werden muss, als für Wassermoleküle an der Oberfläche. Die Tenside gehen aufgrund ihrer Struktur bevorzugt an die Grenzfläche. Dadurch wird die Oberflächenarbeit kleiner und damit auch die Oberflächenspannung geringer. In Abb. 3 ist die Oberflächenspannung σ als Funktion der Tensidkonzentration c dargestellt. σ cmc Luft log c Wasser Abb. 3: Schematische Darstellung der Abhängigkeit der Oberflächenspannung σ vom Logarithmus der Tensidkonzentration c. Mit steigendem c nimmt σ ab, bis bei einem bestimmten Wert ein Plateau erreicht wird. Die Konzentration, bei der dieses Plateau beginnt wird, ist die kritische Mizellbildungskonzentration (cmc, critical micelle concentration).

4. Grenzflächenspannung 3 Mit steigender Tensidkonzentration sinkt die Oberflächenspannung, weil sich Tensidmoleküle an der Grenzfläche anlagern. Ab einer gewissen Konzentration wird ein Plateauwert erreicht, ab dem sich die Oberflächenspannung nicht mehr ändert. Das liegt daran, dass die Oberfläche jetzt vollständig mit Tensidmolekülen belegt und die Volumenphase mit monomer gelösten Tensidmolekülen gesättigt ist. Wird die Konzentration weiter erhöht, können die Moleküle weder an der Oberfläche adsorbieren noch sich monomer in der Volumenphase lösen. Um den ungünstigen Wechselwirkungen zwischen hydrophobem Molekülteil und Wasser aus dem Weg zu gehen, lagern sie sich daher zu sogenannten Mizellen zusammen. Dies sind Aggregate aus Tensidmolekülen, die mit ihren hydrophilen Köpfen nach außen und ihren hydrophoben Ketten nach innen zusammengelagert sind. Die Konzentration, ab der die Oberflächenspannung nicht mehr weiter sinkt, wird kritische Mizellbildungskonzentration (cmc, critical micelle concentration) genannt... Methoden zur Messung von Grenzflächenspannungen Es gibt verschiedene Methoden, um Grenzflächenspannungen zu messen. Hier sei auf die unten zitierten Lehrbücher verwiesen. Im Praktikum wird mit der Ringmethode gearbeitet, weil sie mit Abstand am häufigsten verwendet wird. Literatur: (a) H.-D. Dörfler, "Grenzflächen und kolloid-disperse Systeme", Kap. 3, Springer Verlag Berlin, 00. (b) G. Brezesinski, H.-J. Mögel, "Grenzflächen und Kolloide", Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 1993. Ring-Methode nach Du Noüy Die Oberflächenspannung σ ist die physikalisch messbare Kraft, der die Oberflächenmoleküle einer flüssigen Phase ausgesetzt sind. Eine Methode, um diese Kraft zu messen, ist die Ringmethode nach Lacomte Du Noüy von 1919. Dabei wird ein horizontal aufgehängter Platinring mit dem Radius R in die zu untersuchende Flüssigkeit eingetaucht und anschließend herausgezogen (siehe Abb. 4). Abb. 4: Querschnitt der Ringmethode; V hydrostatisch wirksames Flüssigkeitsvolumen. Während des Hochziehens wirkt dabei auf den Ring neben dem hydrostatischen Gewicht der unter ihm hängenden Flüssigkeit die Kraft, die aus der Oberflächenspannung resultiert. Diese Kraft wird mittels Torsionswaage bestimmt und ist kurz vor dem Abreißen der Flüssigkeitslamelle am größten. Nimmt man an, dass von dem Ring eine Flüssigkeitslamelle in Form eines Zylindermantels hochgezogen wird, gilt für die Kraft Fmax: F = ( πr)σ V max () Da sowohl an der Außen- als auch an der Innenseite des Zylindermantels eine neue Oberfläche gebildet wurde, ist hier der doppelte Umfang des Ringes (πr) zu berücksichtigen. Somit steht die Kraft mit der Grenzflächenspannung in folgendem Zusammenhang:

4. Grenzflächenspannung 4 σ = F 4 max πr Der wesentliche Nachteil der Ringmethode liegt in der Notwendigkeit, den Messwert nachträglich korrigieren zu müssen, da in der Realität die Flüssigkeit nicht in Form eines Zylindermantels hochgezogen wird, sondern eine gewisse Krümmung aufweist (vgl. Abb. 3). σ = σ Ring f (4) In der Regel verwendet man als Kalibriersubstanz Wasser, dessen Grenzflächenspannung gegenüber Luft als Funktion der Temperatur T gegeben ist durch: σ = 7.9 0.155 ( T 18 ) (5) H C O Im Praktikum wird f bestimmt, indem man die Grenzflächenspannung von Wasser misst und mit dem theoretischen Wert bei der entsprechenden Temperatur vergleicht. Die Messungen der Oberflächenspannung erfolgen im Praktikum an einem Ringtensiometer der Firma KRÜSS (Hamburg). Dieses Gerät wurde vom Hersteller kalibriert. Demnach ist die Skalenablesung σ exp mit einem Wert σ zu korrigieren. Dieser Korrekturwert kann Abb. 5 entnommen werden und bezieht sich auf eine Eichung des Tensiometers mit Wasser und auf Ringdimensionen R = 9.558 mm, r = 0.185mm (R: Radius des Platinringes; r: Radius des Platindrahtes). Somit ergibt sich als gemessene Grenzflächenspannung: σ = σ f = exp ( σ + σ) f Ring (6) (3) Abb. 5: Korrekturwerte σ für das Ringtensiometer der Firma KRÜSS, das im Praktikum verwendet wird.

4. Grenzflächenspannung 5.3. Die Gibbssche Adsorptionsisotherme Die zentralen Fragen der Grenzflächenadsorption betreffen die Anreicherung bzw. Verarmung einer Substanz in der Grenzfläche sowie die Abhängigkeit σ(c) der Grenzflächenspannung von der Konzentration c der Substanz in der Volumenphase. Zur Beschreibung dieser Zusammenhänge beschränken wir uns auf eine flüssige Mischung zweier Komponenten 1 und (Komponente 1: Wasser, Komponente : Butanol) und beschreiben ihre Oberfläche A, d.h. ihre Grenzfläche zum Gasraum (vgl. Abb. 6). Wir ordnen der Oberflächenphase eine gewisse (endliche) Dicke d zu, die groß genug ist, alle oberflächenspezifischen Phänomene zu beinhalten, und führen zur Beschreibung der Oberflächenphase die Oberflächenkonzentrationen Γ 1 und Γ ein, die jeweils über die Stoffmengen n 1 und n der beiden Komponenten 1 und pro Flächeneinheit definiert sind, d.h. n 1 n Γ = 1 A ; Γ = A (7) Die derart definierten Oberflächenkonzentrationen beziehen sich nicht auf die Volumeneinheit der Grenzflächenphase und vermeiden damit die genaue Angabe der Dicke. Abb. 6: Grenzflächen- und Volumenphase einer flüssigen Mischung zweier Komponenten 1 und. Ziel der folgenden Ableitungsschritte sind zunächst der Gibbs-Duhem-Gleichung entsprechende Gleichungen. Hierbei werden Volumenphase und Grenzflächenphase völlig analog behandelt. Im thermodynamischen Gleichgewicht sind alle intensiven Zustandsvariablen im Grenzflächensystem und im Volumensystem gleich: T σ = T = const, p σ = p = const, µ 1 σ = µ 1 und µ σ = µ. Hierbei kennzeichnet σ die Oberflächenphase. Für Mischungskomponenten gilt für die Volumenphase: dg = µ 1 dn 1 + µ dn. (8) Wird diese Gleichung bei konstantem chemischen Potential µ integriert und anschließend wieder differenziert, ergibt sich: dg = µ 1 dn 1 + n 1 dµ 1 + µ dn + n dµ. (9) Vergleich mit Gleichung (8) liefert die Gibbs-Duhem-Gleichung: n 1 dµ 1 = - n dµ bzw. c 1 dµ 1 = - c dµ (10)

4. Grenzflächenspannung 6 Für die Oberflächenphase unter Berücksichtigung der Oberfläche für eine infinitesimale Änderung der freien Enthalpie G gilt: dg σ = σ da + µ 1 dn 1 σ + µ dn σ. (11) Wird diese Gleichung bei konstantem σ und µ integriert, indem wir die Grenzfläche von einer beliebig kleinen Fläche bis auf A anwachsen lassen, so ergibt sich: G σ = σ A + µ 1 n 1 σ + µ n σ. (1) Durch die Bildung des totalen Differenzials, ergibt sich: dg σ = σda + Adσ + µ 1 dn 1 σ + n 1 σ dµ 1 + µ dn σ + n σ dµ. (13) Da G σ eine Zustandsfunktion ist, muss gelten: (11) = (13). Setzt man diese Gleichungen gleich, ergibt sich für die Oberflächenphase: - A dσ = n 1 σ dµ 1 + n σ dµ. (14) Führt man in diese Gibbs-Duhem-Gleichung die Oberflächenkonzentrationen Γ 1 und Γ ein, erhält man die Gibbssche Adsorptionsgleichung: dσ = - Γ 1 dµ 1 - Γ dµ. (15) Um Gleichung (1) für praktische Anwendungen geeignet umzuformen, setzen wir Gleichung (7) ein: c dσ = Γ Γ 1 dµ. (16) c1 Da die Konzentration c sehr niedrig ist, kann für das chemische Potential µ die Gültigkeit der Beziehung für eine ideal verdünnte Lösung vorausgesetzt werden: µ c. (17) * = µ + RT ln Oder in differenzierter Form: d R dc µ = T. (18) c Wir setzen Gleichung (18) in Gleichung (16) ein und erhalten die Gibbssche Adsorptionsisotherme: dσ RT c = Γ Γ 1. (19) dc c c1 Die Größe (Γ - Γ 1 c /c 1 ) wird als Oberflächenüberschuss (Grenzflächenexzesskonzentration) bezeichnet und ist unabhängig von der Dicke d der Oberflächenphase. Im Falle einer oberflächenaktiven Substanz reichert sich diese in der Grenzfläche an. Hier ist der Oberflächenüberschuss positiv und es folgt dσ/dc < 0. Mit zunehmender Konzentration an grenzflächenaktiver Substanz c in der Volumenphase nimmt die Grenzflächenspannung σ ab. Für stark grenzflächenaktive Verbindungen kann folgende Näherung angenommen werden:

4. Grenzflächenspannung 7 Γ c Γ1 Γ c1. (0) Mit dieser Näherung vereinfacht sich die die Gibbssche Adsorptionsisotherme zu: 1 dσ.303 dσ Γ = bzw. RT d ln c Γ = (1) RT d logc Zur Charakterisierung von grenzflächenaktiven Verbindungen kann aus der Grenzflächenexzesskonzentration der minimale Kopfgruppenbedarf bestimmt werden: 1 a s =. () N Γ A Dabei ist a s der minimale Kopfgruppenbedarf, N A Avogadro Konstante und Γ die Grenzflächenexzesskonzentration. Literatur: G. Adam, P. Läuger. G. Stark, Physikalische Chemie und Biophysik, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 009. 3. Experimenteller Teil 3.1. Korrekturfaktor f Zur Bestimmung des Korrekturfaktors werden drei Messungen mit Wasser durchgeführt. Der hierbei gemessene Wert der Oberflächenspannung σ exp wird mit σ korrigiert. Der Korrekturfaktor f ergibt sich aus Gleichung 4 unter Berücksichtigung der theoretisch berechneten Grenzflächenspannung bei gegebener Temperatur (Gl. 5) als: σ HO f = σ exp. (3) + σ 3. Messungen der Grenzflächenspannung tensidischer Lösungen (a) Grenzflächenspannung von Brij 30-Lösungen (C 1 E 4 ) Mit Hilfe der Ringmethode ist die Grenzflächenspannung wässriger Brij30-Lösungen als Funktion der Brij 30-Konzentration bei konstanter Temperatur zu bestimmen. Gemessen werden 10 Konzentrationen im Konzentrationsbereich 1 10-6 M < c < 10 - M. Aus der Stammlösung, die das Tensid in der Konzentration c Brij 30 = 10 - mol l -1 enthält, werden durch Verdünnung 10 Lösungen mit den in Tabelle 1 gegebenen Konzentrationen erstellt. Aus den Messergebnissen ist mit Hilfe der Gibbsschen Adsorptionsgleichung (Gl. 1) die relative Grenzflächenexzesskonzentration Γ von Brij 30 sowie die kritische Mizellbildungskonzentration (cmc) zu ermitteln. Die Grenzflächenspannung wird als Funktion des Logarithmus der Konzentration von Brij 30 aufgetragen. Unter der Annahme, dass die Exzesskonzentration in einer Schichtdicke von einem Moleküldurchmesser lokalisiert ist, ist der minimale Kopfgruppenbedarf (Gl. ) eines Brij 30-Moleküls abzuschätzen.

4. Grenzflächenspannung 8 Tab. 1: Konzentrationen der herzustellenden Brij 30-Lösungen. c / M 1 1 10 6 5 10 6 3 1 10 5 4 5 10 5 5 1 10 4 6 5 10 4 7 1 10-3 8 5 10 3 9 1 10 10 10 (b) Grenzflächenspannungen von C 4 E 1 -Lösungen Mit Hilfe der Ringmethode ist ebenfalls die Grenzflächenspannung wässriger C 4 E 1 -Lösungen als Funktion der C 4 E 1 -Konzentration bei konstanter Temperatur zu bestimmen. Gemessen werden 10 Konzentrationen im Konzentrationsbereich 0.0 M < c < 4 M. Aus der Stammlösung, die das Tensid in der Konzentration c C4E1 = 5 mol l -1 enthält, werden durch Verdünnung 10 Lösungen mit den in Tabelle gegebenen Konzentrationen erstellt. Aus den Messergebnissen ist mit Hilfe der Gibbsschen Adsorptionsgleichung (Gl. 1) die relative Grenzflächenexzesskonzentration Γ von C 4 E 1 sowie die kritische Mizellbildungskonzentration (cmc) zu ermitteln. Die Grenzflächenspannung wird als Funktion des Logarithmus der Konzentration von C 4 E 1 aufgetragen. Unter der Annahme, dass die Exzesskonzentration in einer Schichtdicke von einem Moleküldurchmesser lokalisiert ist, ist der Flächenbedarf eines C 4 E 1 -Moleküls abzuschätzen. Die erhaltene kritische Mizellbildungskonzentration und der Flächenbedarf der C 4 E 1 -Messung sind mit den entsprechenden Größen der Brij 30-Lösung zu vergleichen. Tab. : Konzentrationen der herzustellenden C 4 E 1 -Lösungen. c / M 1 0.0 0.04 3 0.06 4 0.08 5 0.10 6 0.50 7 1.00 8.00 9 3.00 10 4.00

4. Grenzflächenspannung 9 3.3 Chemikalien Summenformel M / [g/mol] ρ 5 C / [g/ml] R-Sätze S-Sätze Brij 30 C 0 H 4 O 5 36.54 0.950 36/37/38 6-36 C 4 E 1 C 6 H 14 O 118.17 0.90 0/1/- 36/38 36/37-46