Wer ist Sachverständiger? Wie werde ich Sachverständiger? Die Bezeichnung Sachverständiger ist in Deutschland nicht geschützt. Jeder darf sich Sachverständiger nennen, sofern er nicht gegen die Regeln des unlauteren Wettbewerbs verstößt, indem er die Bezeichnung zum Beispiel irreführend verwendet. Dies ist dann anzunehmen, wenn eine entsprechende Fachausbildung sowie eine mehrjährige fachbezogene Berufspraxis nicht nachgewiesen werden können. Man unterscheidet: Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige zertifizierte Sachverständige freie und allgemein anerkannte Sachverständige Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige gibt es ausschließlich in Deutschland. Die gesetzliche Grundlage findet sich in 91 der Handwerksordnung oder in 36 der Gewerbeordnung (GewO). Die Bestellung kann durch eine Industrie- und Handelskammer, eine Handwerkskammer, eine Landwirtschaftskammer, eine Architekten- oder Ingenieurkammer oder durch das Regierungspräsidium eines Landes erfolgen. Im Gegensatz zur allgemeinen Bezeichnung Sachverständiger ist die Bezeichnung Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (Abkürzung: ö.b.v.) gesetzlich geschützt. Zertifizierte Sachverständige Nach der DIN EN ISO/IEC 17024 können Personen zertifiziert werden. Die Norm regelt die Anforderungen an die Stellen, die Sachverständige zertifizieren. In Deutschland ist der Deutsche Akkreditierungsrat (DAR) die oberste Hierarchiestufe der Zertifizierungsstellen. Im Zuge der weiteren konsequenten Umsetzung der EU-Richtlinien werden die zertifizierten Sachverständigen eine zunehmende Bedeutung erlangen, weil die ö.b.v. Sachverständigen in dieser Form keinerlei Entsprechung in anderen EU-Mitgliedsländern finden.
Freie und allgemein anerkannte, qualifizierte Sachverständige Personen mit entsprechenden persönlichen und fachlichen Voraussetzungen, mit besonderer Fachkenntnis und Sachkunde sowie Berufserfahrung können als Sachverständige tätig werden. Die berufliche Zusatzbezeichnung ist nicht geschützt, gleichwohl müssen die einschlägigen Anforderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Strafgesetzbuches (StGB) beachtet werden. Freie Sachverständige können unter bestimmten Voraussetzungen einem der Sachverständigenberufsverbände beitreten. Bei Gerichtsverfahren wird der verbandsanerkannte Sachverständige i.d.r. nicht bevorzugt, hier wird nach den Grundsätzen der Zivilprozessordnung (ZPO) vornehmlich der Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige zum Einsatz kommen. Sachverständigenverbände Vereinigung Zertifizierter Sachverständiger in der Europäischen Union EWiV - Kurzbezeichnung: ZERT Bundesverband Deutscher Grundstückssachverständiger (BDGS) Bundesverband Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter (BDSF) Bundesverband freier Sachverständiger (BVFS) Berufsfachverband für das Sachverständigen- und Gutachterwesen (BSG) Deutsche Sachverständigen Gesellschaft (DESAG) Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS) Bundesverband der Zertifizierten und Qualifizierten Sachverständigen (BZS ev) European Association of Chartered and Qualified Surveyors (EurAS) Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Seite 2
Beispielhafte Veröffentlichungen verschiedener Bestellungskörperschaften Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar Wer kann Sachverständiger werden? Die Bestellung wirkt bundesweit Ausbildung zum Sachverständigen Den Industrie- und Handelskammern obliegt gemäß 36 Gewerbeordnung und ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen in wirtschaftlichen und technischen Bereichen. Voraussetzung ist, dass ein Sachverständiger die besondere Sachkunde auf einem Sachgebiet besitzt. Die Vereidigung stellt sicher, dass der Sachverständige seine Gutachten unparteiisch, unabhängig, weisungsfrei und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet. Aus diesem Grunde kann eine Bestellung zum IHK-Sachverständigen regelmäßig erst dann erfolgen, wenn der Sachverständige bereits einige Jahre gutachterlich als freier Sachverständiger tätig war. Nur so verfügt er über die nötige Erfahrung, die ihn prädestiniert, das Gütesiegel eines von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu tragen. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung wirkt bundesweit. Alle Industrie- und Handelskammern und auch die Ingenieurkammern haben aus diesem Grund in ihrem Satzungsrecht ähnliche Sachverständigenordnungen geschaffen, die die Formalien der Sachverständigenbestellung und Tätigkeit regeln. Die Industrie- und Handelskammern sind bestellende Körperschaften für Sachverständige, sie bilden Sachverständige nicht aus. Es obliegt dem Sachverständigen, seine besondere Sachkunde, die Fähigkeit Gutachten zu erstatten und seine Rechtskenntnisse nachzuweisen. Ein formaler Antrag auf öffentliche Bestellung und Vereidigung macht deshalb erst dann Sinn, wenn diese drei genannten Voraussetzungen vom Sachverständigen erfüllt sind. Oft empfiehlt es sich auch, mit einem bereits auf diesem Gebiet bestellten Sachverständigen Kontakt aufzunehmen, im Regelfall helfen die Kollegen Interessenten hier gerne weiter. Seite 3
Ingenieurkammer Bau Nordrhein-Westfalen Was ist ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger? Was sind die Aufgaben des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen? Wie werden Sie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger? Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige sind Experten auf einem bestimmten Sachgebiet, die durch eine öffentlichrechtliche Institution bestellt und vereidigt wurden. Sie haben sich in einem formalen Verfahren verschiedenen Prüfungen unterzogen und dabei ihre besondere Sachkunde und persönliche Integrität, Vertrauenswürdigkeit und Neutralität nachgewiesen. Sachverständige öffentlich zu bestellen und zu vereidigen und auf Anfrage von Behörden, Gerichten und Dritter namhaft zu machen, gehört zu den Pflichtaufgaben der Ingenieurkammer-Bau NRW. Typische Sachgebiete eines ö.b.v.sv sind das Erstellen von Gutachten über Mängel und Schäden an Gebäuden, regelmäßige Überprüfungen und Überwachungen, das Erstellen von Analysen, die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, die Technische Gebäudeausrüstung und schiedsgutachterliche Tätigkeiten. Um die öffentliche Bestellung zu erhalten, muss der Interessent einen schriftlichen Antrag an die Ingenieurkammer-Bau NRW stellen. Für den Antrag benötigen Sie u.a. folgende Unterlagen und Voraussetzungen: Berufserfahrung fünf bis sieben Gutachten neueren Datums als Arbeitsproben; Objektliste aller in den letzten drei Jahren vor Antragstellung gefertigten Gutachten tabellarischer Lebenslauf Nachweise über die bisherige berufliche Tätigkeit unter Darlegung der besonderen Sachkunde Nachweis über eine ausreichende Haftpflichtversicherung Prüfungszeugnisse polizeiliches Führungszeugnis (nicht älter als drei Monate) Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Finanzamt Namen und Anschriften von mindestens fünf Personen, die bereit sind, über die persönliche und fachliche Eignung des/der Antragstellers/in Auskunft zu geben Der gestellte Antrag und die erforderlichen Nachweise werden nach der Einreichung einer umfangreichen Prüfung unterzogen. Die Antragsteller müssen in der Regel einen schriftlichen und mündlichen Sachkundenachweis erbringen. Seite 4
Wer entscheidet über die öffentliche Bestellung und wer vereidigt? Welche Pflichten sind mit der öffentlichen Bestellung verbunden? Über die öffentliche Bestellung entscheidet der Vorstand der Ingenieurkammer-Bau NRW auf Vorschlag einer Sachverständigenkommission, unterstützt durch ein Fachgremium, die sich intensiv mit den Fähigkeiten des Antragstellers befasst haben. Die Vereidigung des Sachverständigen erfolgt durch den Präsidenten der Ingenieurkammer-Bau NRW. Pflicht zur unabhängigen, weisungsfreien, gewissenhaften und unparteiischen Aufgabenerfüllung Pflicht zur Gutachtenerstattung Schweigepflicht Fortbildungspflicht Literatur Walter Schwenk Zertifizierung Walter Schwenk Öffentlich-rechtliche Bestellung und privatrechtliche ZfV 2002 Qualifizierungssysteme der Immobilienbewertung FORUM 2002 Witten, 11.12.2006 Meinolf Korte Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der IK-Bau NRW für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken Seite 5