Trans-Identität Nürnberg, 22. Dezember 2016 Konzept: Tobias Müller

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Transkript:

Nürnberg, 22. Dezember 2016 Konzept: Tobias Müller

trans lateinisch: über hinaus Identität lateinisch īdem: derselbe, dasselbe cis lateinisch: diesseitig

Identität Geschlechtsidentität Begehren Geschlechtsrolle Rolle Geschlecht Begehren biolog. Geschlecht

Geschlechtsidentität als wen sehe ich mich selbst Geschlechtsrolle ausschließlich innerlich wahrnehmbar als wen sehen mich andere von außen beobachtbar (z.b. Kleidung, Frisur, Verhalten) z.t. von außen zugewiesen (Ausweis) Begehren mit wem will ich Sex biolog. Geschlecht körperliche Ausstattung Anatomie, Genetik, Hormone

Geschlechtsidentität Frau-sein Mann-sein Vier (von unendlich vielen möglichen) Kombinationen Frau Mann two-spirit geschlechtslos Geschlechtsrolle maskulin feminin Vier (von unendlich vielen möglichen) Kombinationen Mann Frau androgyn geschlechtsneutral biologisches Geschlecht weiblich männlich Vier (von unendlich vielen möglichen) Kombinationen weiblich männlich intersexuell männl. ID Begehren (sexuelle Orientierung) Männer/Männlichkeit Frauen/Weiblichkeit Vier (von unendlich vielen möglichen) Kombinationen Frauen Männer bisexuell asexuell

Ist Transidentität eine Krankheit??

Historischer Rückblick: Ist Homosexualität eine Krankheit? 19. Jh.: Krankheit selten gesellschaftlich geächtet strafbar ( 175 StGB [1872-1994]) Heute: Normvariante (keine Krankheit) Häufigkeit ca. 2-3 % (Zunahme in neueren Umfragen) gesellschaftlich akzeptiert (z.b. Wowereit, Westerwelle) 175 StGB aufgehoben

Ist Transidentität eine Krankheit? ICD-10 International Classification of Diseases (WHO) F64.-Störungen der Geschlechtsidentität F64.0 Transsexualismus F64.1 Transvestitismus unter Beibehaltung beider Geschlechtsrollen F64.2 Störung der Geschlechtsidentität des Kindesalters F64.8 Sonstige Störungen der Geschlechtsidentität F64.9 Störung der Geschlechtsidentität, nicht näher bezeichnet

Ist Transidentität eine Krankheit? keine sicher fassbaren Ursachen weder körperlich (Gehirn, Hormone, Genetik, etc.) noch psychologisch (Erziehung, Trauma, etc.) Transidentität universell zu allen Zeiten schon im antiken Griechenland beschrieben Mittelalter/ frühe Neuzeit: Piratinnen in allen Kulturen (aber unterschiedliche Akzeptanz) Gibt es einen Sinn von Transidentität? (Biologie, Evolution)

Ist Transidentität eine Krankheit? DSM-V (Diagnostic and Statistic Manual of Mental Disorders) 302.85 Geschlechtsdysphorie Deutliche Inkongruenz zwischen dem Geschlechtsidentitätserleben/ Geschlechtsrollenverhalten und dem zugewiesenen Geschlecht Leiden an der erlebten Inkongruenz (= Dysphorie ) Nicht das Geschlechtsidentitätserleben ist krankhaft, sondern das Leiden unter der wahrgenommenen Inkongruenz kann krankheitswertig werden.

Milderung des Leidensdrucks bei Geschlechtsdysphorie medizinische Maßnahmen Psychotherapie hormonelle Behandlung operative Maßnahmen (Logopädie) administrative Maßnahmen Änderung des Vornamens Änderung des Personenstands

medizinische Maßnahmen Leitlinien der gesetzlichen Krankenkassen: Vor Hormonbehandlung: 12 Monate Psychotherapie 12 Monate Alltagstest Vor Brustaufbau-OP (Mann-zu-Frau) 18 Monate Psychotherapie 18 Monate Alltagstest 24 Monate Hormonbehandlung Vor beidseitiger Brustentfernung (Frau-zu-Mann) 18 Monate Psychotherapie 18 Monate Alltagstest 6 Monate Hormonbehandlung Vor genitalangleichender OP 18 Monate Psychotherapie 18 Monate Alltagstest 6 Monate Hormonbehandlung

Milderung des Leidensdrucks bei Geschlechtsdysphorie administrative Maßnahmen Änderung des Vornamens Änderung des Personenstands Das deutsche Transsexuellengesetz (TSG) wurde im Jahre 1980 mit Wirkung ab 1. Januar 1981 unter dem Titel Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz TSG) verabschiedet.

Beispiele unsichtbarer Privilegien von Cis-gender-Menschen: Benutzung öffentlicher Toiletten ohne, beschimpft oder beleidigt zu werden, körperlich bedroht zu werden oder gar festgenommen zu werden (USA). wir können Umkleideräume (Bad, Fitnessstudio) benutzen, ohne angestarrt zu werden ohne Angst vor anzüglichen oder abwertenden Bemerkungen. Fremde fragen nicht selbstverständlich danach, wie unsere Geschlechtsteile aussehen, wie wir Sex haben, welche sexuelle Orientierung unsere Partner haben. unsere Anerkennung als Mann oder Frau ist nicht davon abhängig, wie viele Operationen wir hinter uns haben, oder wie gut wir als nicht-trans wahrgenommen werden. wir können einfach durch die Welt gehen und uns unter die Leute mischen, ohne ständig angestarrt, oder begafft zu werden ohne, dass über uns getuschelt, auf uns gezeigt oder über uns gelacht wird. es gibt akzeptable Rollenvorbilder (z.b. Hollywood-Filme) unser Zustand wird nicht pathologisiert ( Störung der Geschlechtsidentität )

Vielen Dank! Präsentation als pdf unter: www.psychiater-nuernberg.de/aktuelles