Patient mit Gastroenteritis im Krankenhaus 13.09.2018 1
REGIOMED Hygieneinstitut Umgang mit Patienten mit Diarrhö Dr. med. Torsten Kessler, MBA 11.09.2018
Patient mit Diarrhö Infektionen im Magen-Darm-Trakt sind der häufigste Grund für Übelkeit, Erbrechen und Durchfall Diarrhö 3 ungeformte Stühle in 24 h, bei verminderter Konsistenz In der Regel hören akute Durchfälle innerhalb weniger Tage von selbst wieder auf. Ursache sind unterschiedlicher Erreger und Toxine. In circa 60 Prozent der Fälle werden Durchfallerkrankungen durch Viren ausgelöst. 13.09.2018 3
Patient mit Diarrhoe- Wie groß ist das Problem? Wie viele Patienten leiden täglich in einem Krankenhaus an Diarrhö oder Erbrechen? Bis zu 10%!! Wieviel davon sind infektionsbedingt? von ca. 2% aller Patienten Stuhlproben entnommen Davon zeigen ca. 30% einen positiven Erregernachweis. https://www.kliniken-koeln.de/upload/1_vor_mattner_5 Koelner_Hygienetag nosokomiale_gastroenterotiden_fm_092014_9221.pdf Zahl der stationären Aufnahmen von 2001bis 2011 wegen infektiöser Gastroenteritis verdoppelt(127.000 auf 282.000) 13.09.2018 4
Patient mit Diarrhoe- Wie groß ist das Problem? In entwickelten Ländern 1,5 Episoden/Person/Jahr, junge Eltern 2-3mal so häufig Patienten sind im Schnitt 3,7 Tage krank Ursachen der Akuten Diarrhoe 1.infektiös (>90%) 2.medikamentös 3.toxisch 4.ischämisch 13.09.2018 5
Patient mit Diarrhö- Wie groß ist das Problem? Norovirus-, Rotavirus-, Adenovirusinfektionen und Clostridium difficile Infektionen stellen die krankenhaushygienisch relevanten Erreger dar. Durch Viren hervorgerufenen Gastroenteritiden können im Krankenhaus leicht zu Ausbrüchen führen. Das Hygienemanagement bei diesen Infektionen sollte sich auf die Ausbruchsprävention konzentrieren. 13.09.2018 6
Patient mit Diarrhö- Wie groß ist das Problem? Gastroenteritiden sind aufgrund der klinischen Symptomatik kaum differenzierbar einer zeitnahen und richtigen Labordiagnostik kommt eine große Bedeutung zu um die spezifische Therapie des betroffenen Patienten zu initiieren und durch Implementierung effektiver Hygienemaßnahmen das Übertragungsrisiko zu senken. 13.09.2018 7
Epidemiologie 13.09.2018 8
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Nosokomiale Ausbrüche Nosokomiale Ausbrüche (n = 1.444) nach Erreger, Deutschland,2016 Norovirus 76 % Bakterien 8,9 % Influenzavirus 6,4 % Rotavirus 6,4 % Norovirus-Gastroenteritis 84.575 davon 39.501 Fälle hospitalisiert https://www.rki.de/de/content/infekt/jahrbuch/jahrbuch_2016.pdf? blob=publicationfile 13.09.2018 10
Norovirus-Ausbrüche außerhalb von Kliniken Zweite Massenerkrankung im Ferienlager: Desinfektions-Teams rücken wieder an: Innerhalb von zwei Wochen muss das Ferienlager Rauenstein in Südthüringen zum zweiten Mal umfassend desinfiziert werden. In der vergangenen Woche hatten erneut 50 Jugendliche und Betreuer über Brechdurchfall geklagt. Bereits Ende Juni waren 45 Gäste in Rauenstein am Norovirus erkrankt https://www.thueringen24.de/thueringen/article214869963/zweite-massenerkrankung-im-ferienlager-desinfektions-teams-ruecken-wieder-an.html 13.09.2018 11
Norovirus-Ausbrüche außerhalb von Kliniken https://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/erneut-jugendliche-im-ferienlager-erkrankt-ursache-offenbar-kein-norovirus-1780295451 13.09.2018 12
Noroviren als Krankheitserreger 1929 Beschreibung der sog. Winter Vomiting Disease 1968 Ausbruch von akuter Gastroenteritis an einer Grundschule in Norwalk, Ohio: Norwalk-Virus (NV) 100 Primärfälle (Schüler, Lehrer), 132 Kontaktfälle (Familie) 1981 Klassifizierung als Calicivirus 2002/2003, 2004/2005, 2006/2007, 2007/2008 und 2016/17wurde eine erhebliche Zunahme an Norovirus-Ausbrüchen in Deutschland gemeldet 13.09.2018 13
Ziel rasche Erregerindentifikation um hygienische Maßnahmen einzuleiten https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-024l_s2k_infektiöse_gastritis_2015-02-verlaengert.pdf 13.09.2018 14
Noroviren Elektronenmikroskopische Aufnahme von Noroviren (http://www.bfr.bund.de/cm/350/bfr-jahresbericht-2012.pdf, S.33) 13.09.2018 15
Klinische Symptomatik heftiges, schwallartiges Erbrechen starke Durchfälle Abdominale Schmerzen Übelkeit Kopfschmerzen, Myalgien, Mattigkeit kein oder nur mäßiges Fieber symptomatische Phase 12 bis 48 Stunden leichtere oligosymptomatische Verläufe möglich 13.09.2018 16
Epidemiologie Noroviren Infektionen mit Noroviren treten das ganze Jahr über auf, saisonaler Gipfel in den Monaten Oktober bis März Noroviren sind weltweit verbreitet und für einen Großteil der nicht bakteriell bedingten Gastroenteritis- Fälle bei Kindern (ca. 30%) und Erwachsenen (bis zu 50%) verantwortlich. Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir des Erregers. 13.09.2018 17
Dauer der Ansteckungsfähigkeit Infektiosität bereits kurz vor der symptomatischen Phase (Speichel?) hohe Infektiosität während der gesamten symptomatischen Phase und bis mindestens 48 Stunden danach Virusausscheidung bis zu 2 Wochen und länger nach Ende der Erkrankung möglich mehrmonatige Ausscheidung bei Immunsupprimierten beschrieben (Gallimore et al., 2003) 13.09.2018 18
Ausbrüche die rasche klinische Abgrenzung von anderen, z.b. durch Lebensmitteltoxine verursachten Gastroenteritiden, bildet bei Noroviren-Infektionen die Grundlage einer effektiven Ausbruchsprävention. Bei typischer Symptomatik und wenn epidemiologische Merkmale auf eine Norovirus- Infektion hindeuten, sind präventive Maßnahmen rasch und konsequent zu ergreifen, auch ohne die Bestätigung durch virologische Untersuchungen 13.09.2018 19
Diagnostik Zur ätiologischen Klärung ist die gezielte Diagnostik durchzuführen. Zur Zeit gilt als sicherster Nachweis für Noroviren die RealTime-PCR aus dem Stuhl (Goldstandard). Bei größeren Ausbrüchen ist es nicht notwendig, alle Betroffenen zu untersuchen. Hier genügt der Nachweis bei maximal 5 der betroffenen Personen, um dann bei den anderen Erkrankten aus der gleichen Umgebung mit ähnlichen Symptomen eine Norovirus-Infektion zu diagnostizieren. 13.09.2018 20
Übertragung Hohe Infektiosität, minimale Infektionsdosis(10 Viruspartikel) Erkrankte Personen sind hoch ansteckend. Infektionsweg für alle viralen Durchfallerreger ist die fäkal-orale Route Die Übertragung erfolgt direkt von Mensch zu Mensch indirekt über kontaminierte Flächen, Gegenstände, HÄNDE Über Aerosole bei Erbrechen möglich über Nahrungsmittel (Salate, Krabben, Beeren u. ä.) oder Wasser 13.09.2018 21
Hygienemaßnahmen bei Diarrhö Schutzkleidung Mundschutz, Schutzkittel, Einmalhandschuhe bei patientennahen Tätigkeiten und bei Kontakt mit kontaminiertem Material verwenden. Schutzkleidung ist im Patientenzimmer zu verwerfen. Patientennahe Gegenstände Pflegeutensilien, Medizinprodukte im Patientenzimmer belassen. Aufbereitung mit entsprechend wirksamen Desinfektionsmitteln oder thermisch Wäsche Schmutzwäsche im Patientenzimmer in den Wäschesack abwerfen, bei Durchfeuchtung einen Plastikübersack verwenden 13.09.2018 22
Persönliche Schutzausrüstung 13.09.2018 23
Persönliche Schutzausrüstung 13.09.2018 24
Hygienemaßnahmen Geschirr keine besonderen Maßnahmen, übliche Geschirraufbereitung Abfälle Sammlung im Patientenzimmer, üblicher Abtransport und Entsorgung Schlussdesinfektion übliche Maßnahmen mit entsprechend wirksamen Desinfektionsmitteln Angehörige, Besucher, Stationsfremde MitarbeiterInnen Anmeldung im Stützpunkt, Unterweisung bzgl. Händedesinfektion und Schutzkleidung. Besuchsverbot bei Akutpatienten (d.h. bei noch bestehendem Durchfall oder Erbrechen)? Nicht mehrere Besucher gleichzeitig? 13.09.2018 25
Hygieneplan 13.09.2018 26
Hygienemaßnahmen Flächendesinfektion und Reinigung Dreimal tägliche Wischdesinfektion aller patientennahen Flächen, aller Flächen mit Handkontakt (Türklinken, Lichtschalter, Klingeln, Handläufe usw.) sowie der Sanitärräume Sorgfältige Reinigung des Fußbodens. Falls Fußboden oder andere Flächen sichtbar verunreinigt, sofortige gezielte Wischdesinfektion durchführen, um eine Weiterverbreitung zu verhindern. 13.09.2018 27
Akute infektiöse Gastroenteritis mit Verdacht auf Norovirus-Infektion Hygieneplan 13.09.2018 28
Patientennahe Umgebung ansonsten sind die Noroviren im Krankenhaus kein Thema mehr https://m.mainpost.de/regional/main-spessart/nur-noch-fuer-scherze-zu-gebrauchen;art129810,8543711 13.09.2018 29
Toilettenhygiene Beim Spülvorgang der Toilette können kontaminierte Aerosole entstehen, die zu einer Weiterverbreitung von Krankheitserregern führen, deshalb Toilettendeckel schließen. https://www.rki.de/de/content/infekt/krankenhaushygiene/kommission/downloads/immunsuppr_rili.pdf? blob=publicationfile 13.09.2018 30
Personal und Diarrhö Empfohlene Maßnahmen zum Schutz vor/ bei Norovirus-Ausbrüchen in Krankenhäusern erkranktes Personal bis 48 h nach Auftreten der letzten Symptome freistellen. (für weitere 7-14d sorgfältige Sanitär-und Händehygiene) Personal, das in betroffenen Bereichen gearbeitet hat, frühestens 48 h nach Ende der letzten Schicht in anderen Bereichen einsetzen 13.09.2018 31
Hygieneplan 13.09.2018 32
Ist erkranktes Personal ein Problem? 13.09.2018 33
Zusammenfassung Die wichtigsten virologischen Gastroenteritis-Erreger sind in absteigender Bedeutung: Noroviren, Rotaviren, Adenoviren, Astroviren Charakteristika der Noroviren sind: hohe Stabilität, geringe effektive Infektionsdosis Übertragung Mensch zu Mensch kontaminierte Gegenstände Aerosole Nahrungsmittel 13.09.2018 34
Zusammenfassung Im Krankenhauskontext treten weit über 100.000 Gastroenteritiden jährlich in Deutschland auf (CDAD 200.000?) Sie haben einen hohen Morbiditätsimpact Noroviren, Rotaviren (und Adenoviren) führen häufig zu nosokomialen Ausbrüchen Sowohl für die spezifische Therapie als auch für krankenhaushygienische Präventionsmaßnahmen ist eine gute Erregerdiagnostik im Stuhl wichtig. 13.09.2018 35
Zusammenfassung Hygienemaßnahmen sollten Erreger-adaptiert angewendet werden Häufig ist der Erreger zum Zeitpunkt/Beginn der Symptomatik noch nicht bekannt bzw. wird keine Erregerdiagnostik angestrebt In diesen Fällen ist ein symptomorientiertes Vorgehen nach den Grundlagen der Basishygiene anzustreben. 13.09.2018 36
Praktischer Umgang Patienten mit Diarrhöen Bei Verdacht, auf eine infektiöse Gastroenteritis, ist eine Einzelzimmerisolierung notwendig Auf jedem Fall feste Zuordnung von Toiletten/Nachtstühlen bei symptomatischen Patienten. Bei Durchfall und/oder Erbrechen ist der großzügiger Einsatz von Handschuhen/ Kittel/Schürze/Mund-Nasen-Schutz bei Patientenkontakt zwingend notwendig. Die Krankenhaushygiene ist umgehend bei gehäuftem Auftreten von Durchfallerkrankungen zu Informieren 13.09.2018 37
Praktischer Umgang Patienten mit Diarrhöen Im Ausbruchsfall ist die schnelle Identifizierung von betroffenen Mitarbeitern, um das Ausbruchsgeschehen zu unterbrechen In Ausbruchsituationen sind Patienten-, Personal- sowie Besucherbewegungen einzuschränken. (z.b. keine Springer auf der betroffenen Station, zugeordnetes Reinigungspersonal) Die Frequenz der laufenden (täglichen) Flächendesinfektion mit einem Flächendesinfektionsmittel mit nachgewiesener Wirksamkeit gegen unbehüllte Viren ist zu erhöhen. 13.09.2018 38
Praktischer Umgang Patienten mit Diarrhöen Kontaktpersonen (Angehörige, Besucher) sollten auf das Übertragungsrisiko hingewiesen und in die korrekte Händedesinfektion eingeführt werden. Alle Pflegeartikel, Medizinprodukte und diagnostische Geräte (Stethoskop, Thermometer etc.) sind patientenbezogen einzusetzen oder nach Gebrauch zu desinfizieren Die Dauer der Isolierungsmaßnahmen sollte bis 2 Tage nach Beendigung der Symptomatik fortbestehen. 13.09.2018 39
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. med. Torsten Kessler Kontaktdaten: REGIOMED-KLINIKEN GmbH REGIOMED-Hygieneinstitut Neustadter Str. 61 96515 Sonneberg Telefon 03675 8217092 E-Mail Torsten.Kessler@regiomed-kliniken.de 13.09.2018 40