Umweltwirtschaft in der Region

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Transkript:

Endbericht Umweltwirtschaft in der Region München Strukturmerkmale, Innovations- und Gründungsgeschehen Bildequelle: istock LL28

Endbericht Umweltwirtschaft in der Region München Strukturmerkmale, Innovations- und Gründungsgeschehen Von Jannis Lambert Johann Weiß Richard Simpson Alina Berner Im Auftrag der Landeshauptstadt München, Referat für Arbeit und Wirtschaft Abschlussdatum August, 2018

Das Unternehmen im Überblick Prognos wir geben Orientierung. Wer heute die richtigen Entscheidungen für morgen treffen will, benötigt gesicherte Grundlagen. Prognos liefert sie - unabhängig, wissenschaftlich fundiert und praxisnah. Seit 1959 erarbeiten wir Analysen für Unternehmen, Verbände, Stiftungen und öffentliche Auftraggeber. Nah an ihrer Seite verschaffen wir unseren Kunden den nötigen Gestaltungsspielraum für die Zukunft - durch Forschung, Beratung und Begleitung. Die bewährten Modelle der Prognos AG liefern die Basis für belastbare Prognosen und Szenarien. Mit rund 150 Experten ist das Unternehmen an acht Standorten vertreten: Basel, Berlin, Düsseldorf, Bremen, München, Stuttgart, Freiburg und Brüssel. Die Projektteams arbeiten interdisziplinär, verbinden Theorie und Praxis, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Unser Ziel ist stets das eine: Ihnen einen Vorsprung zu verschaffen, im Wissen, im Wettbewerb, in der Zeit. Geschäftsführer Christian Böllhoff Präsident des Verwaltungsrates Dr. Jan Giller Handelsregisternummer Berlin HRB 87447 B Umsatzsteuer-Identifikationsnummer DE 122787052 Rechtsform Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht; Sitz der Gesellschaft: Basel Handelsregisternummer CH-270.3.003.262-6 Gründungsjahr 1959 Arbeitssprachen Deutsch, Englisch, Französisch Hauptsitz Prognos AG St. Alban-Vorstadt 24 4052 Basel Schweiz Tel.: +41 61 3273-310 Fax: +41 61 3273-300 Weitere Standorte Prognos AG Goethestr. 85 10623 Berlin Deutschland Tel.: +49 30 5200 59-210 Fax: +49 30 5200 59-201 Prognos AG Domshof 21 28195 Bremen Deutschland Tel.: +49 421 5170 46-510 Fax: +49 421 5170 46-528 Prognos AG Résidence Palace, Block C Rue de la Loi 155 1040 Brüssel Belgien Fax: +32 280 89-947 Prognos AG Schwanenmarkt 21 40213 Düsseldorf Deutschland Tel.: +49 211 913 16-110 Fax: +49 211 913 16-141 Prognos AG Heinrich-von-Stephan-Str. 23 79100 Freiburg Deutschland Tel.: +49 761 766 1164-810 Fax: +49 761 766 1164-820 Prognos AG Nymphenburger Str. 14 80335 München Deutschland Tel.: +49 89 954 1586-710 Fax: +49 89 954 1586-719 Prognos AG Eberhardstr. 12 70173 Stuttgart Deutschland Tel.: +49 711 3209-610 Fax: +49 711 3209-609 Seite III

info@prognos.com www.prognos.com www.twitter.com/prognos_ag Seite IV

Inhaltsverzeichnis Tabellen und Boxen Abbildungsverzeichnis VII VIII Vorwort 1 1 Einleitung 2 2 Management Summary 3 3 Methodisches Vorgehen 7 3.1 Definition und Systematisierung der Querschnittsbranche 7 3.2 Statistisches Abgrenzungsmodell 8 3.3 Analyse des Innovations- und Gründungsgeschehen 12 3.4 Fachgespräche zum Innovations- und Gründungsgeschehen 13 3.5 Durchführung eines Workshops 16 4 Die Umweltwirtschaft in der Region München 17 4.1 Überblick und ökonomische Eckdaten 17 4.2 Die Leitmärkte der Umweltwirtschaft 19 4.2.1 Leitmarkt Energieeffizienz 21 4.2.2 Leitmarkt Rohstoff- und Materialeffizienz 22 4.2.3 Leitmarkt umweltfreundliche Mobilität 24 4.2.4 Leitmarkt umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung 26 4.2.5 Leitmarkt Kreislaufwirtschaft 28 4.2.6 Leitmarkt Wasserwirtschaft 30 4.2.7 Leitmarkt Schutztechnologien 31 4.2.8 Leitmarkt umweltfreundliche Landwirtschaft 33 4.2.9 Leitmarkt nachhaltige Forst- und Holzwirtschaft 35 Seite V

5 Innovations- und Gründungsgeschehen 37 5.1 Forschungseinrichtungen und Gründerzentren in der Region München 37 5.2 Patentanalyse 42 5.3 Gründungen und Start-ups 44 5.4 Innovations- und Gründungsgeschehen in der Münchner Umweltwirtschaft 49 Quellenverzeichnis Impressum IX X Seite VI

Tabellen und Boxen Tabelle 1: Indikatoren und Datenquellen für die Analyse der Umweltwirtschaft in der Region München 11 Tabelle 2: Übersicht der Gesprächspartner 14 Tabelle 3: Forschungseinrichtungen und Gründerzentren in der Region München 37 Box 1: Das Umweltwirtschaftsmodell envigos 8 Box 2: Bruttowertschöpfung und Auslandsumsätze 18 Box 3: Betriebliches Umweltmanagement mit ÖKOPROFIT 51 Seite VII

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Leitmärkte und Marktsegmente der Umweltwirtschaft 7 Abbildung 2: Erwerbstätige der Umweltwirtschaft in der Region München, Bayern und Deutschland, 2017 17 Abbildung 3: Erwerbstätige und Umsätze der Umweltwirtschaft in der Region München 18 Abbildung 4: Erwerbstätige in der Region München und Entwicklung in % p.a. (2010 2017) nach Leitmärkten 20 Abbildung 5: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Energieeffizienz 21 Abbildung 6: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Rohstoff- und Materialeffizienz 23 Abbildung 7: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts umweltfreundliche Mobilität 25 Abbildung 8: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung 28 Abbildung 9: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Kreislaufwirtschaft 29 Abbildung 10: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Wasserwirtschaft 31 Abbildung 11: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Schutztechnologien 32 Abbildung 12: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts umweltfreundliche Landwirtschaft 35 Abbildung 13: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft 36 Abbildung 14: Angemeldete Patente in der Umweltwirtschaft in München und den patentstärksten Bundesländern, 2010 und 2015, in % 43 Abbildung 15: Angemeldete Patente in der Umweltwirtschaft in den fünf größten deutschen Städten, 2010 und 2015, in % 44 Abbildung 16: Anteil Münchens an den deutschlandweit erteilten Patenten nach Leitmärkten der Umweltwirtschaft, 2010 bis 2015, in % 44 Abbildung 17: Anzahl der Gewerbeanmeldungen und Betriebsgründungen in München, 2010-2017 45 Abbildung 18: Anteil der grünen Betriebsgründungen an allen Betriebsgründungen, 2010-2017 46 Abbildung 19: Anteile der Wirtschaftszweige bei den grünen Betriebsgründungen, 2016 47 Abbildung 20: Anteil der Leitmärkte an den Start-up-Gründungen in der Umweltwirtschaft (2010 2017) 48 Seite VIII

Umweltwirtschaft in der Region München Einleitung Vorwort Wer für Umwelt- und Klimaschutz etwas bewegen möchte, benötigt neue Lösungen. Die Münchner Umweltwirtschaft leistet dazu mit ihren innovativen Produkten, Prozessen und Dienstleistungen einen wichtigen Beitrag. Dabei zählen zur Umweltwirtschaft alle Produkte und Dienstleistungen, die einen direkten Umweltnutzen generieren. Mit rund 90.000 Beschäftigten in der Region (2017) umfasst die Querschnittsbranche Umweltwirtschaft die klassischen Bereiche wie Wasser- und Kreislaufwirtschaft, Teile des Maschinenbaus, weitere Industriebranchen, verschiedene Dienstleistungsbereiche und Teile des Baugewerbes. Damit durchdringt die Umweltwirtschaft viele Bereiche der Münchner Wirtschaft. Mit einem Anteil von 5,5 Prozent aller Erwerbstätigen in München hat die Umweltwirtschaft einen solchen Stellenwert erlangt, dass sie zu den Schlüsselpositionen der Münchner Wirtschaft zählt. In den besonders ausgeprägten Leitmärkten Energieeffizienz, umweltfreundliche Mobilität sowie Rohstoff- und Materialeffizienz ist die Umweltwirtschaft auch besonders innovativ. Die Umweltwirtschaft ist in vielen Teilbereichen technologiegetrieben und gehört zu den innovativsten Wirtschaftsbereichen. Entsprechend wichtig für die Zukunftsfähigkeit der heimischen Umweltwirtschaft sind daher Forschung und Entwicklung. Am High-Tech- und Wissenschaftsstandort München bieten sich vielfältige Möglichkeiten für Forschungskooperationen, insbesondere auch zu künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen sowie Prozessoptimierung durch Digitalisierung. Die vorliegende Untersuchung der Prognos AG macht deutlich, dass ein besonderer Innovationsschwerpunkt der Münchner Umweltwirtschaft auf der Entwicklung nachhaltiger Mobilitätslösungen liegt. Insbesondere die Weiterentwicklung von alternativen Antriebstechnologien, Car-Sharing und multimodalen Mobilitätsangeboten bieten vielversprechende Marktentwicklungen. Josef Schmid 2. Bürgermeister Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München Seite 1

Umweltwirtschaft in der Region München Einleitung 1 Einleitung Die Zukunftsbranche Umweltwirtschaft befindet sich in Bayern und Deutschland auf Wachstumskurs, wie unter anderem die 2017 veröffentlichte Studie Umweltwirtschaft in Bayern zeigt. In Anbetracht disruptiver Trends wie der Digitalisierung und globaler ökologischer Herausforderungen ist die Umweltwirtschaft als eine Branche der Transformation zu sehen, die die großen Herausforderungen unserer Zeit vom Klimawandel zur Urbanisierung, von Ressourceneffizienz zur Dekarbonisierung mit neuen Ideen, innovativen Technologien und hochentwickelten Dienstleistungen meistert. Für die etablierten Schlüsselbranchen, etwa den Maschinen- oder Fahrzeugbau, wirkt die Umweltwirtschaft dabei integrierend, denn in ihr bündeln sich Kompetenzen und Innovationen mit nachhaltigen Wachstumsperspektiven. In der Region München, einem der stärksten und dynamischsten Wirtschaftszentren in der Bundesrepublik, ist auch die Umweltwirtschaft stark ausgeprägt. Diese Studie arbeitet den aktuellen Stellenwert, die Schwerpunkte und Bedarfe der Umweltwirtschaft in der Region München heraus. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf einem umfassenden methodischen Ansatz zur differenzierten Erfassung der regionalen ökonomischen Kennwerte in den verschiedenen Leitmärkten der Umweltwirtschaft sowie auf der Analyse des Innovationspotenzials und der grünen Start-up Landschaft. Im Rahmen des vorliegenden Berichts werden der methodische Ansatz, die Ergebnisse der modellgestützten Analyse auf Basis amtlicher wirtschaftsstatistischer Daten (envigos) und die Erkenntnisse der qualitativen Analyse präsentiert. Seite 2

Umweltwirtschaft in der Region München Management Summary 2 Management Summary Mit einem Beschäftigungsanteil von 5,5 % an der Gesamtwirtschaft, Umsätzen von etwa 23 Mrd. Euro und dynamischen Wachstumsraten ist die Umweltwirtschaft in der Region München ein maßgeblicher Wirtschaftsfaktor mit erfreulichen Zukunftsaussichten. Die Umweltwirtschaft ist eine Querschnittsbranche, die sich aus verschiedenen Wirtschaftszweigen zusammensetzt. Sie vereint klassische Bereiche, wie etwa die Kreislauf- o- der Wasserwirtschaft, mit Teilen des Maschinenbaus und anderen Industriebranchen, verschiedenen Dienstleistungsbereichen und Teilen des Baugewerbes. Zur Umweltwirtschaft zählen alle Produkte und Dienstleistungen, die einen direkten Umweltnutzen generieren und/oder ein umweltfreundliches Substitut darstellen. Auf dieser Definition der Umweltwirtschaft basiert das Abgrenzungsmodell, mit dem die sekundärstatistischen Quellen analysiert werden können (vergleiche Box 1: Das Umweltwirtschaftsmodell envigos, S. 8). Innovative Technologien zur Abwasserreinigung haben beispielsweise eine direkte, positive Auswirkung auf den Umweltschutz. Erneuerbare Energien stellen eine umweltfreundliche Alternative zur konventionellen Energiegewinnung dar. Beide Produkte sind demnach Teil der Umweltwirtschaft. Basierend auf dieser Grundannahme, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung der Umweltwirtschaft einen umweltfreundlichen Nutzen und/ oder Substitutionseffekt erzielen muss, wird die Querschnittsbranche in neun thematische Leitmärkte untergliedert, die verschiedene Marktsegmente enthalten (vergleiche Abbildung 1, S. 7). Die Umweltwirtschaft bietet Chancen für etablierte Unternehmen aus verschiedenen Branchen und ermöglicht innovative Neugründungen in den unterschiedlichsten Märkten. München, als Technologiestandort mit vielen innovativen Unternehmern sowie exzellenten Forschungseinrichtungen und Universitäten, kann durch das Ergreifen dieser Chancen auch künftig ökonomisch erfolgreich bleiben. Die Bedeutung der Querschnittsbranche in München Die Umweltwirtschaft nimmt in der Region München einen bedeutenden Stellenwert ein. Dies wird u.a. im Hinblick auf die Zahl der Erwerbstätigen deutlich. Insgesamt sind in der Region München etwa 89.500 Erwerbstätige in der Umweltwirtschaft beschäftigt: 58 % (51.600 Beschäftigte) davon entfallen auf die Stadt München und 42 % (37.900 Personen) auf das Umland (vergleiche Abbildung 3, S. 18). Im Jahr 2017 fanden 5,5 % der Erwerbstätigen in der Stadt München in der Umweltwirtschaft eine Beschäftigung, womit sie nur knapp hinter dem Fahrzeugbau (6,0 %) oder der Finanz- und Versicherungsbranche (6,6 %) lag. Der bayerische Vergleichswert liegt bei 6,2 %. Die Umweltwirtschaft in München kann zudem als eine dynamische Zukunftsbranche beschrieben werden. Dies verdeutlicht das überdurchschnittlich hohe Wachstum der Umweltwirtschaft im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Während die Gesamtwirtschaft zwischen 2010 und 2017 um 2,7 % p.a. stieg, wuchs die Zahl der Erwerbstätigen in der Umweltwirtschaft in der Stadt München um 4,8 % p.a. und in der übrigen Region München um 4,0 % p.a. Seite 3

Umweltwirtschaft in der Region München Management Summary Auch der Umsatz der Umweltwirtschaftsbranche in München weist eine positive Entwicklung über die letzten Jahre auf (vergleiche Abbildung 3, S.18). Im Jahr 2015 erzielte die Umweltwirtschaft in der Region München mit einem Umsatz von 23,2 Mrd. Euro etwa 31 % des Umsatzes der bayerischen Umweltwirtschaft. Die bedeutendsten Leitmärkte der Umweltwirtschaft Zu den beschäftigungsstärksten Teilmärkten der Münchner Umweltwirtschaft zählen die Leitmärkte Energieeffizienz (32,3 % Beschäftigungsanteil und 2.400 Unternehmen), umweltfreundliche Mobilität (30,2 % und 600 Unternehmen) sowie Rohstoff- und Materialeffizienz (15,3 % und 400 Unternehmen). Diese Leitmärkte entwickelten ebenfalls die größte Dynamik von 2010 bis 2017 mit sehr hohen jährlichen Wachstumsraten zwischen 5 % und 7 %. Die klassischen Kernbereiche der Umweltwirtschaft (die Leitmärkte Kreislaufwirtschaft und Wasserwirtschaft) sind in der Stadt München mit jeweils etwa 2.500 Erwerbstätigen vertreten. Diese Leitmärkte entwickelten sich vor allem im Münchner Umland positiv (vergleiche Abbildung 4, S.20). Mit Blick auf die Anzahl sowohl der Erwerbstätigen als auch der Unternehmen und deren Umsätze ist die Energieeffizienz mit Abstand der stärkste Leitmarkt in der Münchner Umweltwirtschaft. Über 16.000 Menschen sind im Bereich der Energieeffizienz in der Stadt München tätig. Der Leitmarkt entwickelte sich mit einem Wachstum von 5,8 % p.a. sehr dynamisch. In der Stadt München dominiert das Marktsegment Energieeffiziente Produktion (vergleiche Abbildung 5, S. 21). Der Leitmarkt Rohstoff- und Materialeffizienz umfasst knapp 8.000 Erwerbstätige und 400 Unternehmen in der Stadt München. Der Leitmarkt weist mit 7,0 % p.a. ein besonders dynamisches Wachstum der Erwerbstätigkeit auf. In der Stadt München dominiert das Marktsegment Materialeffiziente Produktion (vergleiche Abbildung 6, S. 23). Da in München zwei große Fahrzeughersteller sowie zahlreiche Zulieferbetriebe ansässig sind, geht vom Leitmarkt umweltfreundliche Mobilität in München eine hohe Beschäftigungswirkung aus. In der Stadt München sind 15.600 Erwerbstätige in diesem Leitmarkt beschäftigt. Zwischen 2010 und 2017 ist die Erwerbstätigenzahl jährlich um 5,3 % gestiegen. Die Erwerbstätigkeit ist im Marktsegment Umweltfreundliche Logistik- und Mobilitätsdienstleistungen mit 7.500 Erwerbs-tätigen am größten (vergleiche Abbildung 7, S. 25). Für den Leitmarkt umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung ist das Münchner Umland von besonderer Bedeutung. In der Stadt München umfasst der Leitmarkt knapp 4.000 Erwerbstätige und ca. 350 Unternehmen, wogegen im Münchner Umland knapp 5.000 Erwerbstätige in über 1.100 Unternehmen beschäftigt sind. Der Umsatz entwickelte sich in beiden Regionen zwischen 2010 und 2017 leicht rückläufig (vergleiche Abbildung 8, S. 28). Der Leitmarkt Kreislaufwirtschaft umfasst knapp 3.000 Erwerbstätige und 74 Unternehmen in der Stadt München. Die Erwerbstätigkeit sowie die Anzahl der Unternehmen sind mit jeweils ca. 1,1 % p.a. nur leicht gestiegen von 2010 bis 2017, dagegen hat sich der Umsatz mit 13,2 % p.a. von 2010 bis 2015 fast verdoppelt. In der Stadt München dominiert das Marktsegment Abfallbehandlung und -verwertung (vergleiche Abbildung 9, S. 29). Seite 4

Umweltwirtschaft in der Region München Management Summary In der Wasserwirtschaft sind in der Stadt München etwa 2.600 Erwerbstätige in 450 Unternehmen beschäftigt. Obwohl sich die Erwerbstätigkeit seit 2010 leicht rückläufig entwickelt hat, wuchs der Umsatz mit knapp 15 % außergewöhnlich dynamisch. In der Stadt München dominiert das Marktsegment Wasserschutz (vergleiche Abbildung 10, S. 31). In der Stadt München sind etwa 1.300 Erwerbstätige in dem Leitmarkt Schutztechnologien tätig. Mit einem Wachstum der Erwerbstätigkeit von über 5% p.a. haben die Schutztechnologien mit Abstand das größte Wachstum in der Gruppe der klassischen Leitmärkte. Knapp 60 % der Erwerbstätigen sind in dem Marktsegment Luftreinhaltung beschäftigt (vergleiche Abbildung 11, S. 32). Aufgrund der relativ wenigen Bodennutzungsflächen und Waldflächen in der Stadt München tragen die Leitmärkte umweltfreundliche Landwirtschaft und nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft nur wenig zur Beschäftigung in der Umweltwirtschaft bei. Die umweltfreundliche Landwirtschaft entwickelte sich allerdings insbesondere im Umland Münchens seit 2010 sehr positiv. In der Stadt München dominiert das Marktsegment Umweltfreundliche Technologien für die Landwirtschaft mit über 75 % der Erwerbstätigen (vergleiche Abbildung 12, S. 35). Die Erwerbstätigkeit in der nachhaltigen Holz- und Forstwirtschaft ist in der Stadt relativ konstant geblieben und im Umland Münchens leicht gestiegen. Die Umsätze sind jedoch in beiden Regionen leicht gesunken. Knapp 50 % der Erwerbstätigen sind in dem Marktsegment Nachwachsende Holzbaustoffe beschäftigt (vergleiche Abbildung 13, S. 36). Innovations- und Gründungstreiber Im Jahr 2015 wurden 11 % aller bundesweiten Patente, die dem Bereich Umweltwirtschaft zugeordnet werden können, von Forschern und Entwicklern aus München angemeldet (vergleiche Abbildung 14, S. 43). Seit 2010 ist der Anteil Münchens um 2 Prozentpunkte gestiegen. Aufgrund dieser besonders positiven Entwicklung nimmt München im Vergleich zu den fünf größten Städten Deutschlands eine Spitzenstellung ein (vergleiche Abbildung 15, S. 44). Ein Grund für die hohe Innovationsdynamik in München ist die gut aufgestellte Forschungslandschaft, welche gute Rahmenbedingungen für die interdisziplinäre Forschung und Entwicklung bietet sowie international angesehen ist (vergleiche Tabelle 3, S. 37). Auch die Fachgespräche mit Unternehmen und Universitäten der Umweltwirtschaft ergaben, dass die Rahmenbedingungen für Innovationen in München sehr gut sind. Insbesondere die exzellente Ausbildung von Talenten durch die Universitäten und Hochschulen in München sowie das unternehmerische Umfeld (ein guter Mix aus KMU, Konzernen und Start-ups) wurden betont. Auch die Fördermöglichkeiten für Forschung werden als gut beschrieben (vergleiche Kap. 5.4, S. 49). Die Innovationsschwerpunkte der Umweltwirtschaftsbranche in München liegen bei der umweltfreundlichen Energieerzeugung und -speicherung, der umweltfreundlichen Mobilität und den Effizienzsteigerungen. Dies zeigen die Patentanalyse sowie die Fachgespräche mit Unternehmen und Universitäten zum Innovationsumfeld in München. Über 22 % aller Münchner Umweltwirtschafts-Patente wurden im Leitmarkt umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung und jeweils etwa 15 % in den Leitmärkten Energieeffizienz und umweltfreundliche Mobilität angemeldet (vergleiche Abbildung 16, S. 44). Die Interviewpartner vermuten, dass die zukünftige Entwicklung der Energiewirtschaft und der Mobilität die Entwicklung der Umweltwirtschaftsbranche maßgeblich beeinflussen werden. Seite 5

Umweltwirtschaft in der Region München Management Summary Des Weiteren werden die Digitalisierung, der Klimawandel und zukünftige Umweltregulierungen als maßgebliche Faktoren für die Entwicklung der Umweltwirtschaftsbranche genannt (vergleiche Kap. 5.4, S. 49). Aufgrund der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt ist das Gründungsinteresse in München wie in ganz Deutschland in den letzten Jahren konstant gesunken. Daher sind auch die Betriebsgründungen seit 2010 jedes Jahr zurückgegangen. Dieser Abwärtstrend lässt sich auch bei den grünen Gründungen erkennen. Über den gesamten Zeitraum 2010 bis 2017 liegt der Anteil der grünen Gründungen in München bei 5,1 %. Die neu gegründeten Unternehmen sind überwiegend Dienstleistungs- oder Handelsunternehmen. Bei den Start-ups, die sich durch ihre hohe Innovationskraft von anderen Betriebsgründungen unterscheiden, ist der Anteil der grünen Start-ups mit 17 % deutlich höher als bei den Betriebsgründungen. Diese Start-ups fokussieren sich insbesondere auf die umweltfreundliche Energieerzeugung und - speicherung, nachhaltige Mobilitätslösungen und Effizienzsteigerungen (vergleiche Kap. 5.3, S. 44). Die Rahmenbedingungen für Gründungen in München werden in Fachgesprächen überwiegend als gut beschrieben. In München gibt es eine belebte und schnell wachsende Start-up- Szene. Zudem gibt es gute Netzwerkstrukturen und ein großes Beratungs- und Unterstützungsangebot für die Start-ups, insbesondere durch die Gründerzentren. Allerdings wurde angeregt, dass in Zukunft mehr fachspezifische Networking-Events und Beratungen angeboten werden könnten. Außerdem gibt es einen sehr guten Talentpool aufgrund des hohen Ausbildungsniveaus an den Universitäten und Hochschulen. Die Start-ups konkurrieren jedoch (oft ohne Erfolg) mit den etablierten Unternehmen um die Talente. Die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen wird zunehmend besser, aber bleibt weiterhin ausbaufähig. Insbesondere den mittelständischen Unternehmen muss zumeist der Mehrwert einer Kooperation mit Start-ups aufgezeigt werden. Die hohen Lebenshaltungskosten, die knappen und teuren Büroflächen sowie das hohe Gehaltsniveau stellen alle Start-ups in München vor große Herausforderungen. Zudem ist es für alle Start-ups insbesondere in den frühen Phasen relativ schwer ein höheres Risikokapital zu erhalten wegen der hohen Anforderungskriterien der Förderprogramme. Aufgrund der steten Unsicherheit über zukünftige politische Rahmenbedingungen und der zumeist kapital- und zeitintensiven Produktentwicklung haben es Start-ups der Umweltwirtschaft oft besonders schwer, Investoren von ihrem Produkt zu überzeugen. Des Weiteren kann die hohe Komplexität der Produkte eine weitere Hürde darstellen. Auf Basis der Fachgespräche wurden insgesamt vier Handlungsbedarfe zur Optimierung der Rahmenbedingungen für Innovationen und Gründungen in München identifiziert und entsprechende Handlungsempfehlungen für die Stadt München entwickelt, u.a. eine noch aktivere Rolle in der Gründungs- und Innovationsförderung von Unternehmen der Umweltwirtschaft sowie der Ausbau der Vernetzungsmöglichkeiten der umweltwirtschaftlichen Akteure untereinander. Seite 6

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen 3 Methodisches Vorgehen 3.1 Definition und Systematisierung der Querschnittsbranche Die Umweltwirtschaft umfasst alle Unternehmen, die umweltschützende beziehungsweise umweltfreundliche und ressourceneffiziente Produkte und Dienstleistungen anbieten. Als Querschnittsbranche setzt sich die Umweltwirtschaft aus verschiedenen Wirtschaftszweigen zusammen. Neben klassischen Bereichen vereint sie unter anderem auch Teile des Maschinenbaus und weiterer Industriebranchen, verschiedene Dienstleistungsbereiche oder Teile des Baugewerbes. Zur Umweltwirtschaft zählen alle Produkte und Dienstleistungen, die einen direkten Umweltnutzen generieren und/oder ein umweltfreundliches Substitut darstellen (siehe auch Box 1, S. 8). Innovative Technologien zur Abwasserreinigung haben beispielsweise eine direkte, positive Auswirkung auf den Umweltschutz. Erneuerbare Energien stellen eine umweltfreundliche Alternative zur konventionellen Energiegewinnung dar. Beide Produkte sind demnach Teil der Umweltwirtschaft. Die thematischen Schwerpunkte der Umweltwirtschaft lassen sich anhand verschiedener Leitmärkte systematisieren (vergleiche Abbildung 1). Abbildung 1: Leitmärkte und Marktsegmente der Umweltwirtschaft Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Erneuerbare Energien Intelligente Energiesysteme und Netze Speichertechnologien Energieeffizienz Energieeffiziente Gebäude Energieeffiziente Produktion Energieeffiziente Geräte Rohstoff- u. Materialeffizienz Materialeffiziente Produktion Nachwachsende Rohstoffe Umweltfreundliche Mobilität Umweltfreundliche Mobilitäts- und Antriebstechnologien Umweltfreundliche Mobilitäts- und Logistikdienstleistungen Intelligente Verkehrsmanegmentsysteme und Infrastruktur Prognos AG 2018 Umweltwirtschaft Kreislaufwirtschaft Abfallsammlung und transport Abfallbehandlung und verwertung Technik für die Abfallwirtschaft Wasserwirtschaft Abwasserreinigung und -aufbereitung Wasserinfrastruktur Wasserschutz Schutztechnologien Bodenschutz Luftreinhaltung Lärmschutz/-minderung Nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft Nachhaltige Forstwirtschaft Holzbearbeitung und Holzwerkstoffe Nachwachsende Holzbaustoffe Umweltfreundliche Landwirtschaft Ökologische und Regionale Landwirtschaft Umweltfreundliche Technologien für die Landwirtschaft Seite 7

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen Sie erstrecken sich von der nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft über klassische Bereiche wie die Kreislauf- oder Wasserwirtschaft sowie Schutztechnologien bis zu neuen Themenfeldern wie umweltfreundliche Mobilität, Energie- und Materialeffizienz sowie Erneuerbare Energien. Die Leitmärkte lassen sich weiter untergliedern in Marktsegmente und Technologiebereiche. Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Leitmärkte und der jeweils berücksichtigten Produkte und Dienstleitungen lässt sich Kapitel 4.2 entnehmen. 3.2 Statistisches Abgrenzungsmodell Im Unterschied zu klassischen Schlüsselbranchen wie z.b. dem Maschinen- oder Fahrzeugbau stellt die Umweltwirtschaft kein definiertes Segment in der amtlichen Wirtschaftsklassifikation dar. Ihre Aktivitäten sind stattdessen über zahlreiche der bestehenden Wirtschafts- und Güterzweige verteilt. Erkenntnisse über die ökonomische Bedeutung und Entwicklung der Querschnittsbranche können daher nicht direkt aus den vorliegenden Daten der statistischen Ämter gewonnen werden. Stattdessen ist ein Abgrenzungsmodell erforderlich, mit dem die verfügbaren statistischen Daten genutzt werden können. Es werden zwar seit einiger Zeit auch Informationen explizit zur Umweltwirtschaft veröffentlicht, aber die bestehenden Datensätze aus der umweltökonomischen Gesamtrechnung (UGR) bzw. der Erhebung der Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz eignen sich nicht, die Branche und ihre ökonomischen Implikationen umfassend darzustellen. Insbesondere beinhalten die Datensätze keine regionalisierten Informationen. Die vorliegende Studie greift zur Erfassung und Analyse der Umweltwirtschaft in der Region München auf das envigos-modell der Prognos AG zurück. Dabei handelt es sich um ein bewährtes Abgrenzungsmodell, das die Querschnittsbranche sowohl funktional als auch sektoral im Rahmen der statistischen Klassifikationssysteme erfasst (Box 1). i Box 1: Das Umweltwirtschaftsmodell envigos Das Modell envigos (Model for environmental industry, goods and services) der Prognos AG zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, sämtliche Bereiche der Querschnittsbranche Umweltwirtschaft auf Basis amtlicher Wirtschaftsstatistiken bis auf die Ebene von Leitmärkten, Marktsegmenten und Technologiebereichen abzubilden. Es kombiniert dabei einen funktionalen und einen sektoralen Ansatz. Die funktionale Abbildung der Umweltwirtschaft bildet die Grundlage für die Analyse. Basierend auf einem von der OECD und Eurostat entwickelten Verfahren wird dazu jede in der Güterklassifikation enthaltene Produktgruppe auf ihren Einsatzzweck ( Funktion ) hin hinterfragt. Auf Basis definierter Selektionskriterien (s.u.) können so Produkte und Dienstleistungen identifiziert werden, die ihrem Einsatzzweck nach einen Umwelt(schutz-)nutzen erfüllen. Mit diesem funktionalen Ansatz lassen sich relevante Umwelttechnikprodukte äußerst präzise erfassen, da vorhandene Güterklassifikationen (GP2009 1 ) sehr detailliert differenziert sind. 1 GP 2009 stellt die Gliederung des Güterverzeichnisses für Produktionsstatistiken dar, Ausgabe 2009, hrsg. Vom Statistischen Bundesamt, Wiesbaden, 2008. Seite 8

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen Mittels Gewichtungsfaktoren berücksichtigt das Abgrenzungsverfahren anteilig auch so genannte Dual-Use-Güter. Dabei handelt es sich um multifunktionelle Produkte, die sowohl einen Umweltschutzzweck als auch einen anderen Zweck erfüllen können (bspw. können Vliesstoffe sowohl zur Luftfilterung oder Wärmedämmung als auch zu umweltfernen Zwecken verwendet werden). Folgende Selektionskriterien wurden für die funktionale Abgrenzung herangezogen: Direkter Umweltnutzen eines Produkts: Diese Einordnung orientiert sich an einer von OECD/Eurostat 2 entwickelten Definition umweltrelevanter Wirtschaftsaktivitäten: Das Messen, Kontrollieren, Sanieren, Vermeiden, Behandeln, Minimieren und Erforschen von sowie das Sensibilisieren für Umweltschäden an Luft, Wasser und Boden sowie Probleme bezüglich Abfall, Lärm, Biodiversität und Landschaften und Ressourcenerschöpfung. Umweltfreundliche Substitute: Produkte, deren Hauptzweck nicht primär im Umweltschutz liegt, sondern die als sauberere oder ressourceneffiziente Technologien umweltfreundliche Alternativen zu konventionellen Produkten darstellen. Um diese abgrenzen zu können, wird auf die transformative Wirkung der Produkte geachtet. Eine solche ist dann gegeben, wenn von ihnen auf Grund ihrer Technologie bzw. Produktbeschaffenheit eine Transformations- bzw. Verdrängungswirkung auf konventionelle Standardprodukte mit demselben Produktzweck ausgeht. Ein Beispiel sind etwa erneuerbare Energien, die zur Transformation des Energiesystems beitragen. Spezifische Weiterentwicklungen auf systemischer Ebene (Prozessinnovationen, neue Geschäftsmodelle, etc.) werden hier ebenfalls berücksichtigt. Unterstützende Wertschöpfungsfunktionen: Mit diesem Hilfskriterium wird der Betrachtungshorizont um grundlegende Tätigkeiten erweitert. Dabei wird die Wertschöpfungsfunktion einer Wirtschaftsaktivität im Zusammenhang mit Umweltwirtschaftsprodukten betrachtet. Neben den technologischen Enablern (d.h. Anbieter von technologischen Produkten und Komponenten, durch deren Einsatz ein Umweltnutzen entsteht), wird so die wichtige Funktion von sog. Transmittern ebenfalls gewürdigt. Dabei handelt es sich um spezialisierte Dienstleister an der Schnittstelle zwischen Technologieentwicklung und Marktdiffusion von Umwelttechnikprodukten (z.b. spezifische Ingenieurdienstleistungen und Handwerksleistungen, IT- Services, Ökodesign). Sie tragen maßgeblich zur Entwicklung bzw. Verbreitung von Umwelttechnologien bei. Der darauf aufbauende sektorale Ansatz bildet die Grundlage für die weitere ökonomische Potenzialabschätzung der Umwelttechnikbranche. Dabei handelt es sich um ein Wirtschaftszweig-basiertes Abgrenzungsmodell, das über Zuordnungsschlüssel mit dem funktionalen Abgrenzungsmodell verbunden ist. Mit Hilfe dieses Ansatzes kann die wirtschaftliche Bedeutung der Branche über regionalspezifische 2 OECD/Eurostat (1999): The Environmental Goods & Services Industry. Manual for Data Collection and Analysis, Paris. Seite 9

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen Kennzahlen, wie z.b. von Erwerbstätigenzahlen und der Bruttowertschöpfung vorgenommen werden. Dieser Ansatz entspricht einem angebotsseitigen Analyseverfahren. Dieses richtet den Blick direkt auf die Unternehmen und deren Beschäftigte, die Umweltwirtschaftsprodukte herstellen. Im Gegensatz zum nachfrageseitigen Ansatz, der ökonomische Effekte indirekt auf Basis von Input-Output Verflechtungen und Arbeitskoeffizienten berechnet, sind die genutzten Datenquellen (u. a. zu Beschäftigung, Umsätzen und Patenten) direkt mit der Angebotsseite verknüpft und nach Gütern und Wirtschaftszweigen der Umweltwirtschaftsunternehmen aufgeschlüsselt. Das Abgrenzungsmodell erlaubt eine Nutzung der als Vollerhebung vorliegenden amtlichen wirtschaftsstatistischen Daten. Daten für die Erfassung der Erwerbstätigen, Unternehmen und Umsätze der Umweltwirtschaft liegen detailliert auf Kreisebene vor und können dezidiert für die Region München ausgewertet werden. Schwieriger gestaltet sich die Analyse der regionalisierten Bruttowertschöpfung der Querschnittsbranche. Hierzu stehen keine detaillierten Daten zur Verfügung. Eine Annäherung erfolgt mit Hilfe von Daten zur regionalen Erwerbstätigkeit und zur Produktivität. Auch zur Exportleistung erfassen die statistischen Ämter keine Daten auf Ebene der Regionen bzw. Kreise. Eine Annäherung zur Analyse der Auslandsverflechtung auf Kreisebene lässt sich jedoch für das verarbeitende Gewerbe auf Basis der Produktionserhebung durchführen. Dort werden die erwirtschafteten Auslandsumsätze nach Kreisen auf übergeordneter Branchenebene (WZ 2-Steller) erfasst. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Indikatoren und die jeweiligen Datenquellen. Seite 10

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen Tabelle 1: Indikatoren und Datenquellen für die Analyse der Umweltwirtschaft in der Region München Indikator Beschreibung Datenquelle Erwerbstätige Anzahl der Unternehmen Umsätze Umfassen sozialversicherungspflichtig Beschäftige (am Arbeitsort) sowie Selbstständige. Geringfügig Beschäftigte und Beamte sind in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt. Erfasst steuerpflichtige Unternehmen auf Basis der Umsatzsteuerstatistik (mit einem jährlichen Mindestumsatz von 17.500 Euro). Erfasst sind die gemeldeten Umsätze von Unternehmen an ihrem jeweiligen nationalen Hauptsitz (oberhalb einer Mindestumsatzschwelle von jährlich 17.500 Euro). Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit; Erwerbstätigenstatistik des statistischen Landesamts Umsatzsteuerstatistik des statistischen Landesamts Umsatzsteuerstatistik des statistischen Landesamts Bruttowertschöpfung Auslandsumsätze Bezeichnet den Gesamtwert der im Produktionsbzw. Leistungsprozess erzeugten Waren und Dienstleistungen abzüglich des Wertes der Vorleistungen. Da auf regionaler Ebene keine detaillierten Daten zur Verfügung stehen, erfolgt eine Annäherung mit Hilfe der für München ermittelten Erwerbstätigkeit und Daten zur jeweiligen Produktivität in den 38 Wirtschaftsabschnitten in Bayern. Um ein differenziertes Bild für die Umweltwirtschaft zu erhalten, wurden sektorspezifische Bruttowertschöpfungskoeffizienten mit den detailliert vorliegenden Zahlen der Erwerbstätigen gewichtet. Zur Exportleistung erfassen die statistischen Ämter keine Daten auf Ebene der Regionen bzw. Kreise. Eine Annäherung zur Analyse der Auslandsverflechtung auf Kreisebene lässt sich jedoch für das verarbeitende Gewerbe auf Basis der Produktionserhebung durchführen. Dort werden neben den Gesamtumsätzen die erwirtschafteten Auslandsumsätze nach Kreisen auf übergeordneter Branchenebene (WZ 2-Steller) erfasst. Dies erlaubt die Berechnung der Exportquote der Münchner Umweltwirtschaft. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder Produktionserhebung des statistischen Landesamts Patentanmeldungen Für die Abschätzung des Anteils Münchens an der Forschungstätigkeit im Bereich der Umweltwirtschaft werden Daten zur Patenttätigkeit auf Basis der europäischen Patentklassifikation herangezogen. Dabei werden die angemeldeten Patente (die für die Teilbereiche der Umweltwirt- PATSTAT Seite 11

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen schaft relevant sind) anteilig auf jene Postleitzahlregionen aufgeteilt, in denen die beteiligten Forscher ihren jeweiligen Wohnsitz haben. Prognos AG, 2018 Prognos AG 3.3 Analyse des Innovations- und Gründungsgeschehen Die quantitative Untersuchung des Innovationsgeschehens der Münchner Umweltwirtschaft erfolgt auf Basis einer Patentanalyse. Datengrundlage bildet die PATSTAT Datenbank (EPO Worldwide Patent Statistical Database) des Europäischen Patentamtes. In dieser Datenbank sind über 75 Mio. Patente von mehr als 80 nationalen und internationalen Patentämtern und damit aller ökonomisch bedeutenden Staaten der Erde hinterlegt. Die Daten liegen regionalisiert auf Postleitzahlenebene vor. Damit ist eine sehr gute Regionalisierbarkeit der Innovationsanalyse gewährleistet. In der Analyse wird die Abgrenzung der Umweltwirtschaft in die IPC (International Patent Classification) Patentklassifikation der World Intellectual Property Organisation mit über 640 IPC-Technologieklassen übertragen. Auf Grundlage einer Konkordanztabelle lässt sich bestimmen, welchen Technologieklassen die identifizierten Güter aus dem Bereich Umweltwirtschaft zugeordnet sind. Im Ergebnis lässt sich darstellen, in welchen Umweltwirtschaftsbereichen die Stadt München eine besonders hohe Patenttätigkeit und damit eine hohe Innovationskraft aufweist. Die quantitative Analyse des Münchner Gründungsgeschehens im Bereich der Umweltwirtschaft erfolgt auf Basis der Unternehmensdatenbank ORBIS, welche Informationen zu über 130.000 Unternehmen in der Region München enthält. ORBIS ist die größte Unternehmensdatenbank weltweit und erlaubt umfassende Auswertungsmöglichkeiten. Neben der räumlichen Fokussierung auf die Region München und einer zeitlichen Eingrenzung des Gründungsjahres auf den Zeitraum 2010 2017 ermöglicht ORBIS die Analyse von grünen Startups auf Basis ihrer Branchenzugehörigkeit oder Tätigkeitsprofile. Um grüne Gründungen zu identifizieren, wurden im ersten Schritt die Tätigkeitsbeschreibungen junger Münchner Unternehmen nach bestimmten Schlagwörtern durchsucht. Diese Schlagwörter umfassen die relevantesten Technologien und (Dienst-)Leistungen der einzelnen Leitmärkte der Umweltwirtschaft. Im nächsten Schritt erfolgte eine Überprüfung der Branchenzugehörigkeit in Verbindung mit dem Abgrenzungsmodell der Umweltwirtschaft. Bestimmte Wirtschaftszweige wurden dabei von der Analyse ausgeschlossen, da sie keinen Bezug zur Umweltwirtschaft aufweisen (z.b. die Freizeit- und Unterhaltungsbranche). Dagegen wurden Gründungen aus Wirtschaftszweigen, die sich vollständig der Umweltwirtschaft zuordnen lassen (bspw. aus der Abfallwirtschaft) ergänzt, sofern sie nicht bereits über die Tätigkeitsbeschreibung identifiziert wurden. Insgesamt wurden auf diese Weise knapp 24.000 Gründungen aus den folgenden Wirtschaftszweigen analysiert: A Land- und Forstwirtschaft, Fischerei C Verarbeitendes Gewerbe D Energieversorgung Seite 12

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen E Wasserversorgung, Abwasser - und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen F Baugewerbe G Handel H Verkehr und Lagerei J Information und Kommunikation M Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (ohne 701: Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben, 741: Ateliers für Textil, Schmuck, Grafik- u ä. Design, 742: Fotografie und Fotolabors, 743: Übersetzen und Dolmetschen, 75: Veterinärwesen) N Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen S Erbringung von sonstigen Dienstleistungen (nur: 95 Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und Gebrauchsgütern & 9609: Erbringung von sonstigen Dienstleistungen. Anschließend erfolgte eine Fokussierung der Ergebnisse auf Start-ups im engeren Sinn. Diese unterscheiden sich von anderen Unternehmensgründungen durch ihr junges, innovatives und wachstumsorientiertes Umfeld. 3 Diese Unterscheidung ist auf Basis der ORBIS Datenbank nur begrenzt möglich. Viele Gründungen mit Innovationscharakter gehören allerdings der Hightech-Branche an. Daher kann ein Näherungswert für Start-up-Gründungen insgesamt über die Fokussierung auf Wirtschaftszweige, die sich dem Hightech-Bereich 4 zuordnen lassen, bestimmt werden. Diese Wirtschaftszweige werden anhand ihrer Forschungs- und Entwicklungs-(FuE)-Intensität identifiziert. Der Hightech-Bereich untergliedert sich in die Bereiche Spitzentechnologie (FuE-Intensität: > 7%), hochwertige Technik (FuE-Intensität: 2,5-7%) sowie technologieorientierte Dienstleistungen. Durch die Fokussierung auf den Hightech-Bereich bleiben jedoch wiederum einige relevante Wirtschaftszweige der Umweltwirtschaft unberücksichtigt. Daher wurde zur weiteren Analyse die Start-up-Landschaft in der Umweltwirtschaft näherungsweise durch den Ausschluss bestimmter Wirtschaftszweige und Unternehmensgruppen erfasst, die sich eindeutig nicht als Start-up charakterisieren lassen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Holdings, Verwaltungsunternehmen, Zweigniederlassungen oder weite Teile des Handwerks. Im letzten Schritt wurden die Ergebnisse für jeden Leitmarkt stichprobenartig mit anderen Datenbanken und den Start-up-Portalen MUNICH STARTUP und Start Green überprüft und gegebenenfalls ergänzt. 3.4 Fachgespräche zum Innovations- und Gründungsgeschehen In Ergänzung zu den skizzierten quantitativen Analysen wurden weiterführende Erkenntnisse zum Innovations- und Gründungsgeschehen über Fachgespräche mit relevanten Akteuren der Münchner Umweltwirtschaft gewonnen. Dabei handelt es sich um etablierte Unternehmen, Start-ups, Gründerzentren und Vertreter aus der Wissenschaft. 3 Bundesverband Deutsche Startups e.v. & KPMG (2017): Deutscher Start-up Monitor 2017, Berlin. 4 Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (2014): Die Bereitstellung von MUP-Indikatoren zum Gründungsgeschehen in Deutschland für externe Datennutzer, Mannheim. Seite 13

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen Ziel der Fachgespräche war es, über die Datenanalyse hinausgehende Erkenntnisse zum Gründungs- und Innovationsgeschehen der Münchner Umweltwirtschaft zu erhalten, insbesondere zu den Umfeldbedingungen und potenziellen Handlungsbedarfen. Die Fachgespräche wurden zum Teil vor Ort und zum Teil telefonisch geführt. Es handelt sich um leitfadengestützte, semi-strukturierte Tiefeninterviews. Dieses Befragungsdesign verbindet eine strukturierte Informationserhebung mit flexiblen, kontextabhängigen Vertiefungsmöglichkeiten. Für jede der befragten Akteursgruppen wurde ein spezifischer Leitfaden entwickelt. Das Befragungssample deckt unterschiedliche Akteure aus den verschiedenen Leitmärkten der Umweltwirtschaft ab. Insgesamt wurden 22 Interviews geführt: 10 Interviews mit Start-ups und Gründerzentren zum Gründungsgeschehen in München sowie 12 Interviews mit etablierten Unternehmen und Vertretern aus der Wissenschaft zum Innovationsgeschehen in München (vergleiche Tabelle 2). Die Auswahl der Interviewpartner bei den Start-ups erfolgte in enger Abstimmung mit MUNICH STARTUP. Tabelle 2: Übersicht der Gesprächspartner Unternehmen Name Funktion Primäre Leitmärkte Abfallwirtschaftsbetrieb München Günther Langer Leiter des Büros der Werkleitung Kreislaufwirtschaft Arqum Jörn Peter Geschäftsführer Energieeffizienz Baywa AG Verena Nanut Head of Business Development Agroinnolab Umweltfreundliche Landwirtschaft BMW Forschung und Technik GmbH Dr. Jury Witschnig Corporate Planning and Product Strategy Nachhaltige Mobilität MAN SE Felix Kybart Leiter Alternative Antriebe Nachhaltige Mobilität Rohde & Schwarz Johann Schrödl Leiter Umweltschutz/ Umweltmanagement Energieeffizienz Siemens AG Dr. Sebastian Schunk, Ralph Grothmann Leiter Nachhaltigkeit, Corporate Technology Nachhaltige Mobilität Stadtwerke München Pia Eichenseer Leiterin für Gesellschafterangelegenheiten Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung & Nachhaltige Mobilität Seite 14

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen Universitäten Name Funktion Primäre Leitmärkte Hochschule München Prof. Oliver Bohlen Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung & Nachhaltige Mobilität LMU München Prof. Dr. Wolfram Mauser Lehrstuhl für Geographie und geographische Fernerkundung Umweltfreundliche Landwirtschaft Technische Universität München Dr.-Ing. Christoph Wieland Geschäftsführer der Munich School of Engineering & Gruppenleiter beim Institute for Energy Systems Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Technische Universität München Nils Horstmeyer Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft Wasserwirtschaft Start-ups Name Funktion Primäre Leitmärkte CAALA GmbH Dr. Alexander Hollberg Geschäftsführer Energieeffizienz Eluminocity GmbH Kim Wlach Business Development & Marketing Manager Nachhaltige Mobilität Hawa Dawa GmbH Karim Tarraf Geschäftsführer Schutztechnologien Voltstorage GmbH Jakob Bitner Geschäftsführer Sinn Power GmbH Michael Kopp Finance & Office Manager Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Gründerzentren Name Funktion Garchinger Technologie- und Gründerzentrum (GATE) Christian Heckemann Geschäftsführer LMU Entrepreneurship Center Andy Goldstein Geschäftsführer Social Impact Hub anonym Startup-Support und Förderprogramme UnternehmerTUM Mark Stabel Finance & HR Seite 15

Umweltwirtschaft in der Region München Methodisches Vorgehen Werk1 Dr. Florian Mann Geschäftsführer 3.5 Durchführung eines Workshops Im Rahmen eines Expertenworkshops wurden die gewonnenen Ergebnisse diskutiert und vertieft. Hierzu wurden Expertinnen und Experten mit Bezug zur Münchner Umweltwirtschaft, darunter Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, Verbänden, der Landeshauptstadt München, von MUNICH STARTUP, der Wissenschaft sowie der Handwerkskammer für München und Oberbayern und der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern geladen. Insgesamt hatte der Workshop 14 Teilnehmer. Seite 16

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München 4 Die Umweltwirtschaft in der Region München 4.1 Überblick und ökonomische Eckdaten Die Umweltwirtschaft hat in der Region München eine hohe ökonomische Bedeutung. Dies wird u.a. im Hinblick auf die Zahl der Erwerbstätigen deutlich. Im Jahr 2017 waren etwa 89.500 Personen in der Querschnittbranche beschäftigt. In ganz Bayern waren es 375.000 Personen. Die Region München stellt damit knapp ein Viertel (24 %) der bayerischen Umweltwirtschaft, 4 % bundesweit (vergleiche Abbildung 2). Abbildung 2: Erwerbstätige der Umweltwirtschaft in der Region München, Bayern und Deutschland, 2017 Region München: 89.500 Bayern: 375.000 Deutschland: 2.188.600 Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des statistischen Landesamts Rund 51.600 Personen der Erwerbstätigen in der Region München 5 (58 %) entfallen auf die Stadt München, weitere 37.900 (42 %) sind in den umliegenden Landkreisen tätig (Abbildung 3). Die Fokussierung auf das urbane Zentrum zeigt sich damit ähnlich stark ausgeprägt wie in der Beschäftigtenverteilung der Gesamtwirtschaft (59 zu 41 %). Umsatzseitig ist eine stärkere Konzentration der Umweltwirtschaft auf die Stadt München zu beobachten (76 %). Dies lässt sich mit der hohen Dichte international agierender Konzerne in der Stadt München erklären, deren Umsätze häufig an ihrem jeweiligen Hauptsitz verbucht werden. Insgesamt erwirtschaftete die Umweltwirtschaft in der Region München im Jahr 2015 einen Umsatz von 23,2 Mrd.. In ganz Bayern wurde ein Umsatz von 74,0 Mrd. erwirtschaftet. 5 Berücksichtigt wurde die Planungsregion 14, d.h. die Landeshauptstadt München und die Landkreise Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech, München und Starnberg sowie deren Städte und Gemeinden. Seite 17

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Abbildung 3: Erwerbstätige und Umsätze der Umweltwirtschaft in der Region München Erwerbstätige in der Umweltwirtschaft Umsätze 60.000 51.600 2010-17: +4,8% p.a. 2017 20.000 18.000 18,1 Mrd. 2010-15: +2,8% p.a. 2015 50.000 16.000 40.000 37.900 2010-17: +4,0% p.a. 14.000 12.000 30.000 10.000 20.000 8.000 6.000 5,1 Mrd. 2010-15: +3,3% p.a. 10.000 4.000 2.000 - München Planungsregion 14 (ohne München) - München Planungsregion 14 (ohne München) Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des statistischen Landesamts Insgesamt stellt die Umweltwirtschaft 5,5 % aller Erwerbstätigen in der Stadt München (zum Vergleich: in ganz Bayern beträgt dieser Anteil 6,2 %). Dies verdeutlicht die wirtschaftliche Bedeutung der Querschnittsbranche. Sie hat einen ähnlich hohen ökonomischen Stellenwert wie andere Schlüsselbranchen, beispielsweise der Fahrzeugbau 6 (6,0 %) oder die Finanz- und Versicherungsbranche 7 (6,6 %). Mit Blick auf die Wachstumsraten präsentiert sich die Umweltwirtschaft in München als eine dynamische Zukunftsbranche. Die Erwerbstätigenentwicklung zwischen 2010 und 2017 lag im Durchschnitt jährlich bei 4,8 % in der Stadt München und 4,0 % in der übrigen Region München. Die Gesamtwirtschaft in München legte dagegen im gleichen Zeitraum nur um 2,7 % p.a. zu. i Box 2: Bruttowertschöpfung und Auslandsumsätze Auf Grund eingeschränkter Datenverfügbarkeit auf Ebene der Städte und Kreise können die Höhe der erwirtschafteten Bruttowertschöpfung und die Auslandsumsätze der Münchner Umweltwirtschaft nur näherungsweise abgeschätzt werden (vergleiche Kapitel 3.2) 6 Basierend auf den Wirtschaftszweigen 29 und 30. 7 Basierend auf den Wirtschaftszweigen 64 bis 66. Seite 18

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Für das Jahr 2015 kann die Bruttowertschöpfung der Querschnittsbranche in der Region München auf etwa 6 Mrd. beziffert werden. Seit 2010 stieg der Wert jährlich um stattliche 6,0 % an. Die Bruttowertschöpfung der Umweltwirtschaft wuchs im Betrachtungszeitraum somit schneller als die Umsätze (2,9 % p.a.). Die Verflechtung mit dem Ausland kann nur für die Umweltwirtschaftssegmente des verarbeitenden Gewerbes grob abgeschätzt werden. Der Anteil der Auslandsumsätze an allen Umsätzen in der Umweltwirtschaft (Exportquote) liegt im Betrachtungszeitraum 2010 2016 zwischen 53 % und 60 %. Im Durchschnitt liegt die Exportquote bei 56,2 %. Dies verdeutlicht die hohe Bedeutung internationaler Absatzmärkte für die Münchner Unternehmen. Gleichwohl ist die Umweltwirtschaft etwas stärker auf dem Heimatmarkt verankert als das verarbeitende Gewerbe insgesamt. Die Exportquote beläuft sich hier im Durchschnitt auf 68,8 %. 4.2 Die Leitmärkte der Umweltwirtschaft Die Leitmärkte Energieeffizienz (32,3 %), umweltfreundliche Mobilität (30,2 %) und Rohstoff- und Materialeffizienz (15,3 %) stellen mit Blick auf die Erwerbstätigkeit die bestimmenden Themen der Umweltwirtschaft in der Stadt München dar. Mit über 16.700 Erwerbstätigen im Jahr 2017 weist der Leitmarkt Energieeffizienz mit Abstand die größte Beschäftigung auf. Diese verteilen sich auf rund 2.400 Unternehmen in diesem Leitmarkt (2015). Dahinter folgt der Leitmarkt Umweltfreundliche Mobilität, der 15.000 Erwerbstätige umfasst. Diese konzentrieren sich auf eine deutlich geringere Unternehmenszahl (600). Der Leitmarkt Rohstoff- und Materialeffizienz umfasst knapp 8.000 Erwerbstätige und 400 Unternehmen. Die klassischen Kernbereiche der Umweltwirtschaft (die Leitmärkte Kreislaufwirtschaft und Wasserwirtschaft) sind in der Stadt München mit jeweils etwa 2.500 Erwerbstätigen ähnlich stark vertreten. Trotzdem gibt es in der Wasserwirtschaft etwa fünfmal so viele Unternehmen wie in der Kreislaufwirtschaft. Dies spricht dafür, dass es in der Wasserwirtschaft mehr Kleinbetriebe gibt (vergleiche Abbildung 4). In fast allen Leitmärkten der Umweltwirtschaft ist ein positives Unternehmens- und Erwerbstätigenwachstum zu verzeichnen. In der Stadt München entwickeln sich vor allem die Leitmärkte Rohstoff- und Materialeffizienz (7,0 % p.a.), Energieeffizienz (5,5 % p.a.) und umweltfreundliche Mobilität (5,3 % p.a.), welche bereits eine hohe Erwerbstätigkeit aufweisen, sehr dynamisch. Die Zahl der Unternehmen, die in diesen Leitmärkten tätig sind, hat sich von 2010 bis 2017 ebenfalls erhöht. Allerdings ist vor allem im Leitmarkt Rohstoffund Materialeffizienz die jährliche Wachstumsrate der Unternehmen (0,9 % p.a.) deutlich geringer als die der Erwerbstätigen (7,0 % p.a.). Dies spricht dafür, dass sich das Erwerbstätigenwachstum vor allem durch die Erhöhung der Mitarbeiterzahl etablierter Unternehmen erklären lässt. Im Leitmarkt Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung zeigt sich ein entgegengesetztes Bild: die Zahl der Unternehmen stieg deutlich stärker (5,3 % p.a.) als die der Erwerbstätigen (2,8 % p.a.). Auch in den Leitmärkten Kreislaufwirtschaft und umweltfreundliche Landwirtschaft ist die Entwicklung positiv, allerdings ist die jährliche Wachstumsrate vergleichsweise gering. Nur in der Wasserwirtschaft hat sich die Zahl Seite 19

Nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft Umweltfreundliche Landwirtschaft Schutztechnologien Wasserwirtschaft Kreislaufwirtschaft Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Rohstoff - und Materialeffizienz Umweltfreundliche Mobilität Energieeffizienz 2010 2017 2010 2017 2010 2017 2010 2017 2010 2017 2010 2017 2010 2017 2010 2017 2010 2017 Zahl der Erwerbstätigen Anzahl der steuerpflichtigen Unternehmen Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München der Unternehmen (-0,6 % p.a.) und der Erwerbstätigen (-0,2 % p.a.) leicht rückläufig entwickelt (vergleiche Abbildung 4). 30.000 25.000 Erwerbstätigkeit in der Planungsregion 14 Erwerbstätigkeit in der Stadt München Anzahl der steuerpflichtigen Unternehmen in der Stadt München Anzahl der steuerpflichtigen Unternehmen in der Planungsregion 14 2.500 2.000 20.000 1.500 15.000 1.000 10.000 5.000 500 0 0 Abbildung 4: Erwerbstätige in der Region München und Entwicklung in % p.a. (2010 2017) nach Leitmärkten Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit. Ein Blick auf die Umsätze bestätigt die hervorzuhebende Bedeutung des Leitmarkts Energieeffizienz in der Stadt München. Dieser erwirtschaftete fast doppelt so hohe Umsätze (7,5 Mrd. Euro) wie der zweitumsatzstärkste Leitmarkt umweltfreundliche Mobilität (3,9 Mrd. Euro). Der Leitmarkt umweltfreundliche Mobilität glänzt wiederum mit einem sehr hohen Umsatzwachstum in Höhe von 8,6 % p.a (vergleiche Abbildung 7, S.25). Auch die Leitmärkte Rohstoff- und Materialeffizienz sowie umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung erzielen in der Stadt München einen Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Euro. Während sich die Umsätze im Leitmarkt Rohstoff- und Materialeffizienz von 2010 bis 2015 sehr positiv entwickelt haben (+4% p.a.) (vergleiche Abbildung 6, S.23), sind die Umsätze im Bereich umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung im selben Zeitraum mit über 5 % p.a. stark gesunken (vergleiche Abbildung 8, S.28). Die klassischen Leitmärkte (Kreislaufwirtschaft, Wasserwirtschaft, umweltfreundliche Landwirtschaft und Seite 20

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Schutztechnologien) erzielen zwar im Vergleich zu den transformativen Leitmärkten relativ geringe Umsätze, aber sie weisen mit über 8 % p.a. eine sehr hohe jährliche Umsatzwachstumsrate auf. Die Erwerbstätigkeit entwickelt sich in diesen Leitmärkten dagegen nur langsam oder verhält sich sogar rückläufig. Dies deutet darauf hin, dass vor allem etablierte Unternehmen durch Produktivitätszuwächse ihre Umsätze steigern konnten. 4.2.1 Leitmarkt Energieeffizienz Der Leitmarkt Energieeffizienz umfasst Technologien und Dienstleistungen, die eine Reduktion des Energieverbrauchs erzielen und somit eine effizientere Nutzung von Energie ermöglichen. Da Effizienzsteigerungen neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien die Grundlage der Energiewende bilden, ist die Bedeutung dieses Themas in den letzten Jahren stark angestiegen. Zunehmender Kostendruck vor allem durch steigende Energiepreise und gesetzliche Regulierung stimulieren die Nachfrage nach Effizienztechnologien zusätzlich. Abbildung 5: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Energieeffizienz Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Seite 21

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München In der Region München hat der Leitmarkt Energieeffizienz eine hohe ökonomische Bedeutung. Dies wird sowohl bezogen auf die Zahl der Erwerbstätigen als auch auf die erwirtschafteten Umsätze deutlich. Knapp 30.000 Menschen sind im Bereich der Energieeffizienz in der Region München tätig. Vor allem in der Stadt München zeigt der Leitmarkt ein dynamisches Wachstum. Die 3.500 Unternehmen des Leitmarkts sind relativ gleichmäßig auf die Stadt München und die Region München verteilt. Unter den Unternehmen finden sich Dienstleister und Hersteller aus unterschiedlichen Branchen, vom Baugewerbe über den Maschinenbau bis hin zu digitaler Informations- und Kommunikationstechnik. Die von diesen Unternehmen bereitgestellten Produkte und Dienstleistungen tragen auf vielerlei Weise zur Reduktion des Energieverbrauchs von Unternehmen oder Endverbrauchern bei. Dies kann durch die Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden, Effizienzsteigerungen von Produktionsprozessen oder die Entwicklung von energieeffizienten Geräten erreicht werden. In der Stadt München dominiert vor allem das Marktsegment energieeffiziente Produktion. Knapp 70 % der 16.700 Erwerbstätigen im Energieeffizienz-Leitmarkt sind in diesem Segment tätig. Das starke jährliche Wachstum der letzten Jahre zeigt, dass vor allem Technologien und Produkte zur Energieeffizienzsteigerung von Produktionsprozessen immer stärker nachgefragt werden. Ein Grund für die hohe Bedeutung dieses Marktsegments in München ist die hohe Industriedichte in der Region. Neben Beratungsleistungen für energieeffiziente Prozesse sind unter anderem spezifische Lösungen für die Automatisierung und bessere Steuerung von Prozessen, Prozessleit- und digitale Vernetzungstechnik (Stichwort Industrie 4.0 ), Wärmeregulierung und -rückgewinnung sowie Abwärmenutzungssysteme in diesem Marktsegment vertreten. Auch das Marktsegment energieeffiziente Gebäude hat einen hohen Stellenwert in München. Über 30 % der Erwerbstätigen im Energieeffizienz-Leitmarkt lassen sich diesem Marktsegment zuordnen. Die steigende Bedeutung von energieeffizienten Gebäuden und das bisherige Wachstum von über 5% p.a. verspricht eine weitere Stärkung dieses Segments in der Zukunft. Dieses Marktsegment umfasst Produkte und Dienstleistungen, die die Energieeffizienz von Wohn- und gewerblich genutzten Gebäuden erhöhen. Hierzu zählen insbesondere Bau- und Installationsleistungen. Die Münchner Umweltwirtschaft bietet darüber hinaus technologische Lösungen, etwa in den Bereichen intelligente Gebäudetechnik oder Dämmmaterialien. Das Marktsegment energieeffiziente Geräte, das die Herstellung von elektronischen Endgeräten umfasst, die sich durch einen besonders niedrigen Energieverbrauch auszeichnen, ist in München, wie auch in Deutschland insgesamt, nicht sehr stark ausgeprägt. Aus dem leicht negativen jährlichen Wachstum in den letzten Jahren kann abgeleitet werden, dass dieses Segment auch in Zukunft keine größere ökonomische Bedeutung in München erlangen wird. 4.2.2 Leitmarkt Rohstoff- und Materialeffizienz Die Produkte, Technologien, Verfahren und Dienstleistungen des Leitmarkts Rohstoff- und Materialeffizienz dienen dem schonenden und gleichzeitig effizienten Umgang mit Ressourcen. Neben wirtschaftlichen Herausforderungen in Folge der steigenden und schwankenden Rohstoffpreise birgt ein hoher Rohstoffverbrauch auch ökologische und soziale Herausforderungen. Rohstoffverbrauch hat stets Auswirkungen auf die Umwelt, etwa durch die Frei- Seite 22

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München setzung von Treibhausgasen oder Schadstoffen in Luft, Wasser und Boden. Außerdem übersteigt die Nutzung der Ressourcen bereits heute deutlich die Regenerationsfähigkeit der Erde. Daher ist ein schonender und gleichzeitig effizienter Umgang mit natürlichen Ressourcen eine Schlüsselkompetenz zukunftsfähiger Gesellschaften. In der Region München gewinnt der Leitmarkt Rohstoff- und Materialeffizienz an Bedeutung. Er zählt zu den Leitmärkten mit der höchsten Erwerbstätigkeit in der Stadt und in der Region München. Zudem ist auch ein besonders dynamisches Wachstum zu erkennen. Der Umsatz der Unternehmen nahm von 2010 bis 2015 in der Stadt München um 4 % p.a. zu. Im Münchner Umland stieg der Umsatz im gleichen Zeitraum um 3,2 % p.a. Abbildung 6: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Rohstoff- und Materialeffizienz Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Seite 23

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München In der Stadt München sind fast alle Erwerbstätigen (99,8 %) in diesem Leitmarkt im Marktsegment materialeffiziente Produktion beschäftigt. Dieses Marktsegment umfasst Technologien, die zu einer Steigerung der Materialeffizienz industrieller Produktionsprozesse beitragen. Ressourcenschonende, abfallarme Produktionsverfahren können durch die Anwendung innovativer Prozessteuerung, Regeltechnik, Sensorik oder Prozessteuerungssoftware erreicht werden. Auch der Einsatz von alternativen Werkstoffen, sowie die Reduzierung des Bedarfs an Schmiermitteln, Verschleißteilen und Zusatzstoffen kann die Rohstoffeffizienz von Produktionsprozessen erhöhen. Die hohe Erwerbstätigkeit in diesem Marktsegment hängt auch stark mit der Ballung von IT- Unternehmen in München zusammen. IT-Unternehmen, die Planungs- und Beratungsleistungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie anbieten und Datenverarbeitungseinrichtungen für Dritte betreiben, sind ein wesentlicher Pfeiler dieses Marktsegments. Informations- und Kommunikationstechnik (IKT), kurz Green IT, kann die Material- und Ressourceneffizienz von Produktionsprozessen anderer Unternehmen maßgeblich beeinflussen. Durch intelligente Datensysteme, mobile Anwendungen oder die Vernetzung industrieller Prozesse können Kapazitäten optimal ausgenutzt und der Energie- und Materialverbrauch deutlich gesenkt werden. Das Marktsegment nachwachsende Rohstoffe ist in München wirtschaftlich unbedeutend. Zu diesem Marktsegment zählen nachwachsende Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte. Dazu gehören beispielsweise Biokunststoffe, pflanzliche Werkstoffe, Bio-Farben und -Lacke, sowie Bio Wasch- und -Reinigungsmittel. 4.2.3 Leitmarkt umweltfreundliche Mobilität Die bestehenden Mobilitätssysteme stehen vor einem tiefgreifenden Wandel. Nicht nur die Welt der Automobilhersteller und der Zuliefererindustrie steht vor einem Paradigmenwechsel. Die vier Treiber des Umbruchs lassen sich durch das Akronym ACES zusammenfassen: Autonomes Fahren, Connecitivity (Digitalisierung), Elektromobilität, Sharing. Diese Entwicklung hat zudem Folgewirkungen auch für die Bereiche Logistik, ÖPNV sowie Verkehrslenkung und Parkraumbewirtschaftung in Städten und Kommunen. Zudem stellen der Klima- und Umweltschutz eigene Anforderungen an eine zukunftsfähige Mobilität. Rund 20 % der globalen anthropogenen CO 2-Emissionen gehen auf den Verkehr zurück. Zusätzlich stellen verkehrsbedingte Schadstoff- und Lärmbelastungen viele Städte vor Herausforderungen. Die Transformation globaler Mobilitäts- und Logistikstrukturen hin zu einer umweltfreundlicheren Mobilität zählt daher zu den grundlegenden strategischen Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung. Durch technische Lösungen wie alternative Antriebe und Kraftstoffe oder emissionsmindernde Technologien kann die Umweltwirtschaft diese Transformation weitreichend unterstützen. Neben diesen innovativen Technologielinien umfasst der Leitmarkt auch bereits etablierte Mobilitätsalternativen und Dienstleistungen wie beispielsweise ÖPNV oder Car- Sharing. Auch Produkte und Dienstleistungen, die zu einer Minderung von Lärmemissionen führen, werden aufgrund ihres Beitrags zu einer umweltfreundlichen Mobilität hier berücksichtigt. Die Unternehmenslandschaft des Leitmarkts ist sehr heterogen und umfasst Unternehmen aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau, öffentlich und privat organisierte Mobilitäts- und Logistikdienstleister unterschiedlicher Größenordnung sowie Planungs- und Bauunternehmen. Seite 24

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München In der Region München geht vom Leitmarkt umweltfreundliche Mobilität eine hohe Beschäftigungswirkung aus. Gemessen an der Erwerbstätigkeit stellt er mit 20.000 Erwerbstätigen den zweitgrößten Leitmarkt der Umweltwirtschaft dar. In der Stadt München sind etwa drei Viertel der Erwerbstätigen der Region in über 600 Unternehmen beschäftigt. Als Hauptsitz von zwei großen Fahrzeugherstellern, die auch einen großen Teil ihrer Forschungs- und Entwicklungszentren vor Ort angesiedelt haben, sowie zahlreicher Zulieferbetriebe verfügt die Stadt München hier über ein herausragendes Kompetenzfeld. Die Erwerbstätigkeit ist seit 2010 dynamisch gewachsen. Gemessen am Umsatz stellte die umweltfreundliche Mobilität im Jahr 2010 noch den drittgrößten Leitmarkt der Umweltwirtschaft dar. Durch das starke Umsatzwachstum ist er 2017 der zweitumsatzstärkste Leitmarkt in der Region München. Abbildung 7: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts umweltfreundliche Mobilität Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Seite 25

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Die Erwerbstätigkeit ist im Marktsegment umweltfreundliche Logistik- und Mobilitätsdienstleistungen mit 7.500 Erwerbstätigen am größten. Dieses Marktsegment umfasst verschiedene Dienstleistungen des Personen- und Güterverkehrs, die ressourcen- bzw. klimaschonende Alternativen zum motorisierten Individualverkehr bzw. Straßengüterverkehr darstellen. Die hohe Erwerbstätigkeit in diesem Marktsegment hängt mit der hohen Mitarbeiterzahl des ÖPNV und des öffentlichen Personenverkehrs durch Züge und Fernbusse zusammen. Aufgrund des starken Bevölkerungswachstums in München stößt der Nahverkehr immer mehr an seine Grenzen. Die Erweiterung des Nahverkehrs erklärt zum Teil das dynamische Wachstum des Marktsegments von über 6 % p.a. Zusätzlich leistet die steigende Bedeutung von Car-Sharing einen Einfluss zu dieser positiven Entwicklung. Das Marktsegment umweltfreundliche Mobilitäts- und Antriebstechnologien ist vor dem Hintergrund vorhandener Kompetenzen im Fahrzeugbau ebenfalls relativ stark in der Stadt München vertreten. Das Marktsegment umfasst ein breites Spektrum an Enabler-Technologien. Es reicht von Technologien zur Verbesserung konventioneller Antriebsformen (z.b. Hybridmotoren) über alternative Kraftstoffe (Biokraftstoffe, Wasserstoff) bis hin zu alternativen Antrieben (E-Fahrzeuge, Ladeelektronik, Brennstoffzellentechnologie). Die in München ansässige Automobilindustrie treibt Entwicklungen in diesem Bereich voran. Die BMW Group baut beispielsweise ihr Forschungs- und Innovationszentrum FIZ im Münchner Norden umfangreich aus. Im neuen Forschungszentrum will sich BMW schwerpunktmäßig auf die Themen E-Mobilität, IT und künstliche Intelligenz konzentrieren. Alternative Antriebe, wie z.b. die Elektromobilität, spielen auch im Nutzfahrzeugbau eine immer wichtigere Rolle. MAN setzt ebenfalls auf E-Mobilität im Nutzfahrzeugbereich. Bis 2020 soll ein neues Entwicklungszentrum in München entstehen, in dem an umweltfreundlichen LKWs und Bussen gearbeitet wird. Entwicklungen sollen dabei u.a. mittels Rapid-Prototyping und 3D-Druck- Verfahren vorangetrieben werden. Darüber hinaus zählen zu diesem Marktsegment auch Emissionsminderungstechnologien und Antriebstechnologien bzw. Mobilitätsprodukte, die eine grundsätzliche Alternative zu umweltschädlicheren Mobilitätsvarianten darstellen, wie z. B. Schienen-, Fahrrad- sowie Schiffsgüterverkehr. Dem Marktsegment intelligente Verkehrsmanagementsysteme und Infrastruktur kommt eine steigende Bedeutung in der Stadt München zu. Dies zeigt das dynamische Wachstum der Erwerbstätigkeit von 6,5 % p.a. zwischen 2010 und 2017. Zum Marktsegment zählen Produkte und Aktivitäten zur Optimierung der Verkehrssteuerung wie beispielsweise Navigationssysteme oder Software für Verkehrsanalyse und -management. Umweltfreundliche Mobilität ist zudem auf eine möglichst gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur angewiesen. Daher berücksichtigt das Marktsegment auch den Bau von Schienen, Trassen, Bahnverkehrsstrecken und Ladestationen für E-Fahrzeuge, die Bereitstellung und den Betrieb von Bahnhöfen und Häfen sowie lärmmindernde Infrastruktur wie Flüsterasphalt oder Schallschutzwände. 4.2.4 Leitmarkt umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Die Energiewende ist nach wie vor eine der großen Transformations- und Zukunftsaufgaben unserer Gesellschaft. Der Leitmarkt umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung umfasst Technologien, Produkte und Dienstleistungen, die zur klimafreundlichen Transformation des Energiesystems beitragen. Seite 26

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München In der Region München wird der Einsatz alternativer Energien vorangetrieben und die Unternehmen der Energiewirtschaft haben sich ehrgeizige Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien gesetzt. Daher weist der Leitmarkt umweltfreundliche Energieerzeugung und - speicherung auch eine relativ hohe Erwerbstätigkeit in der Region München auf. Für diesen Leitmarkt ist das Münchner Umland von besonderer Bedeutung. Die Zahl der Unternehmen sowie die Zahl der Erwerbstätigen fallen hier deutlich höher aus als in der Stadt München. Besonders stark ist der Unterschied bei der Unternehmensdichte: im Münchner Umland sind über 1.100 Unternehmen angesiedelt. In der Stadt München sind weniger als 400 Unternehmen tätig. Die Stadt München liegt jedoch im Hinblick auf die Unternehmensumsätze vorne. Dies lässt darauf schließen, dass in der Stadt München größere und umsatzstärkere Unternehmen vertreten sind. In beiden Regionen ging der Umsatz im Leitmarkt in den letzten Jahren jedoch stark zurück. Ein Erklärungsansatz hierfür ist die wachsende Konkurrenz von Unternehmen vor allem aus China. In der Folge kam es zu einem Preisverfall bei zahlreichen umweltfreundlichen Technologien und ihren Komponenten (z. B. bei Solarmodulen). Darüber hinaus sind in Bayern die Ausbaumöglichkeiten der Windkraft, die in anderen Bundesländern stark wächst, durch die 10H-Abstandsregelung der bayerischen Landesbauordnung beschränkt. In der Stadt München dominiert im betrachteten Leitmarkt das Marktsegment erneuerbare Energien. Hier sind die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen und die Herstellung der zugehörigen Anlagen bzw. Systemkomponenten enthalten. Erneuerbare Energiequellen umfassen Wind-, Solar- und Wasserkraft sowie Geothermie und Biomasse. In der Stadt München fokussieren sich die Unternehmen vor allem auf die Energieerzeugung aus Solarenergie, Wasserkraft und Biomasse. Gemessen an der Zahl der Erwerbstätigen entwickelten sich diese Bereiche zwischen 2010 und 2017 positiv. Der Umsatz ging allerdings bei der Nutzung von Wasserkraft und Bioenergie zurück. Um witterungs- und saisonabhängige Fluktuationen von erneuerbaren Energien zu kompensieren eignen sich Energiespeicher. Durch die elektrochemische, mechanische oder thermische Speicherung von Energie können erneuerbare Energieträger trotz ihrer Volatilität optimal genutzt werden und fossile Energieträger ersetzen. Derzeit sind die Speichertechnologien jedoch noch vergleichsweise teuer und technisch oft nicht ausgereift. Es wird allerdings erwartet, dass sich der Markt durch starke Innovationsschübe in den kommenden Jahren gründlich ändert. In der Stadt München gibt es derzeit noch relativ wenige etablierte Unternehmen, die sich mit Speichertechnologien erfolgreich auf dem Markt positioniert haben. Als Forschungs- und Entwicklungsthema gewinnt es jedoch an Bedeutung. Zusätzlich umfasst der Leitmarkt intelligente Energiesysteme und Netze. Dazu gehören alle Produkte und Dienstleistungen, die für die Infrastruktur erneuerbarer Energiesysteme notwendig sind, u.a. Netzausbau, Netztechnik, Dienstleistungen zur Elektrizitätsübertragung und -verteilung sowie Smart-Grid Technologien. Gemessen an der Erwerbstätigkeit und dem Umsatz ist in der Stadt München vor allem die Netztechnik stark vertreten. Seite 27

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Abbildung 8: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik. 4.2.5 Leitmarkt Kreislaufwirtschaft Die Kreislaufwirtschaft zählt zum klassischen Kern der Umweltwirtschaft. Der Leitmarkt umfasst Abfallsammlungs- und Entsorgungsleistungen, Recycling und Verwertungsleistungen, aber auch die benötigte technische Infrastruktur für eine effektive Kreislaufwirtschaft. Unter dem Stichwort circular economy erfährt die Kreislaufwirtschaft zudem eine transformative Bedeutung für das Wirtschaftssystem. Gemeint ist eine Abkehr vom derzeitigen linearen Wirtschaftsmodell zu geschlossenen Stoffkreisläufen. Dabei sollen Produkte und Rohstoffe noch konsequenter als heute längstmöglich genutzt werden und Abfälle durch Wiederverwendung und Reparatur bestehender Produkte vermieden werden. Am Ende des Produktzyklus werden die Rohstoffe wieder in ihre Ausgangsstoffe zerlegt und als Grundlage für neue Produkte aufbereitet. In der Region München ist der Leitmarkt mit jeweils knapp 3.000 Erwerbstätigen gleichermaßen auf die Stadt München und die Planungsregion 14 verteilt. Von 2010 bis 2017 hat Seite 28

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München sich die Zahl der Erwerbstätigen vor allem in der Region München sehr dynamisch entwickelt. Die Unternehmen der Kreislaufwirtschaft sind zum großen Teil im Münchner Umland aktiv. Dies sind dann zumeist kleine und mittlere Unternehmen. Der Umsatz des Leitmarkts hat sich vor allem in der Stadt München sehr stark zwischen 2010 und 2017 entwickelt. Die Sekundärrohstoffbranche wächst in ganz Deutschland sehr rasant und zählt zu den am schnellsten wachsenden Marktsegmenten. Zusätzlich wirkt sich die anhaltend positive Wirtschaftslage positiv auf den Umsatz der Branche aus, da diese sehr konjunkturabhängig ist. In der Stadt München dominiert das Marktsegment Abfallbehandlung und -verwertung, welches die fachgerechte Beseitigung von Abfällen sowie Recyclingtätigkeiten zur stofflichen und energetischen Verwertung umfasst. Hierzu zählt etwa die Erzeugung von Sekundärmaterialien, Materialanalysen und die thermische Abfallbehandlung. In der Stadt München liegt der Fokus auf der Stoffverwertung beziehungsweise Recycling. In diesem Segment sind besonders viele Unternehmen und Erwerbstätige aktiv. Hier werden auch die höchsten Umsätze erzielt. Abbildung 9: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Kreislaufwirtschaft Seite 29

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Im Marktsegment Technik für die Abfallwirtschaft sind rund 350 Erwerbstätige in der Stadt München beschäftigt. In diesem Marktsegment werden Anlagen, Fahrzeuge und technische Hilfsmittel für die Abfallwirtschaft zusammengefasst. Gemessen an der Erwerbstätigkeit sind vor allem die Anlagen- und die Fahrzeugtechnik in der Stadt München von Bedeutung. Dazu zählen u.a. Müllfahrzeuge und -behälter, Abfallfördereinrichtungen, Sortieranlagen, Filtermaterialien und -maschinen, Messeinrichtungen oder Technologien zur Deponiesicherung. In diesen Bereichen weist die Erwerbstätigkeit auch ein positives Wachstum von knapp 4 % p.a. auf. Gemessen an der Zahl der Erwerbstätigen ist das Marktsegment Abfallsammlung und -transport in der Stadt München nur von untergeordneter Bedeutung. Es beinhaltet insbesondere Dienstleistungen zur Sammlung von Haushalts-, Industrie- und Gewerbeabfällen, zur Sammlung von recyclingfähigen Stoffen und den Betrieb von Umladestationen. Häufig sind Unternehmen aus diesem Segment auch im Bereich der Abfallbehandlung und -verwertung aktiv, weshalb ein enger Zusammenhang zum o.g. Marktsegment besteht. 4.2.6 Leitmarkt Wasserwirtschaft Der Leitmarkt Wasserwirtschaft stellt ebenfalls einen klassischen Bereich der Umweltwirtschaft dar. Der Leitmarkt umfasst Technologien und Leistungen zur umweltgerechten Nutzung und Aufbereitung von Wasser sowie die benötigte Infrastruktur. Der Schutz des Grundwassers und der Gewässer ist für die Gesundheit der Bevölkerung, zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und als Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar. In der Wasserwirtschaft sind in der Region München rund 3.500 Erwerbstätige aktiv. In der Stadt München hat sich die Zahl seit 2010 leicht rückläufig entwickelt, wogegen die Erwerbstätigkeit im Münchner Umland um 3 % p.a. gestiegen ist. Die Zahl der Unternehmen ist in beiden Regionen leicht gesunken. In der Stadt München stieg der Umsatz deutlich an, wogegen der Umsatz der Unternehmen im Münchner Umland leicht gesunken ist. In der Stadt München ist das Marktsegment Wasserschutz von besonderer Bedeutung. Dies zeigt sich an der vergleichsweise hohen und deutlich steigenden Erwerbstätigenzahl in diesem Segment. Dieses Marktsegment umfasst hydrologische Geräte, Wasserproben und Wasseranalysegeräte sowie Dienstleistungen im Bereich der Wasseranalyse und zur ökologisch verträglichen Planung von Wasserinfrastruktur. Im Marktsegment Wasserinfrastruktur prägt das Thema Effizienz aktuelle Entwicklungen. Neben Energieeinsparungen durch verbesserte technologische Lösungen geht es darum, Ressourcen gezielter zu nutzen und den Gesamtaufwand zu reduzieren. Als Arbeitgeber verliert das Segment vor diesem Hintergrund an Bedeutung, wie der starke Rückgang der Erwerbstätigenzahl von über 8 % p.a. zeigt. Allerdings ist die Zahl der Unternehmen in diesem Segment leicht gestiegen und auch der Umsatz weist in den letzten Jahren keinen Rückgang auf. Das Segment deckt wasserwirtschaftliche Infrastruktur wie Rohre, Pumpen, Kanalisationsbau oder Regelungs- und Messtechnik zur Instandhaltung ab. Außerdem zählen hierzu Technologien zur effizienten Wassernutzung im häuslichen, industriellen und gewerblichen Bereich. Seite 30

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Das Marktsegment Abwasserreinigung und -aufbereitung, welches u.a. Kläranlagentechnik, Filterapparate und Technologien und Chemikalien zur Wasserreinigung und -aufbereitung sowie Wärmerückgewinnung aus Abwasser enthält, weist eine vergleichbare Entwicklung zur Wasserinfrastruktur in der Stadt München auf. Die Zahl der Erwerbstätigen ist leicht gesunken, wogegen die Unternehmensanzahl konstant geblieben ist und der Gesamtumsatz gewachsen ist. Abbildung 10: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Wasserwirtschaft Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik. 4.2.7 Leitmarkt Schutztechnologien Der Leitmarkt Schutztechnologien ist ein klassisches Element der Umweltwirtschaft. Er deckt Technologien und Dienstleistungen ab, die die Entstehung von Verschmutzungen und Emissionen an der Quelle vermeiden oder bereits entstandene Umweltverschmutzungen verringern oder beseitigen. Insbesondere sind dies sogenannte additive Umweltschutztech- Seite 31

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München nologien (End-of-Pipe-Technologien). Diese Technologien bleiben trotz zunehmender Fortschritte integrativer Technologien in anderen Leitmärkten (Rohstoff- und Materialeffizienz, Energieeffizienz) weiterhin von hoher Bedeutung. In der Region München sind knapp 3.000 Erwerbstätige in diesem Leitmarkt tätig. Insbesondere in der Stadt München zeigen die Schutztechnologien ein dynamisches Wachstum von über 5 % p.a. Dies ist mit Abstand das größte Wachstum in der Gruppe der klassischen Leitmärkte. Auch die Unternehmenszahl und der Gesamtumsatz sind seit 2010 in der Stadt München deutlich gestiegen. Abbildung 11: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts Schutztechnologien Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Knapp 60 % der Erwerbstätigen in diesem Leitmarkt sind in dem Marktsegment Luftreinhaltung beschäftigt. Das Segment deckt in erster Linie technologische Produkte zur Eindämmung von Luft emissionen ab. Hierzu zählen u.a. Filtertechnik und Katalysatoren, Lüftungstechnik und Abgasrückführungssysteme, Produkte der Lüftungstechnik, die zu einer Seite 32

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München sauberen Luft beitragen oder für die CO 2-Speicherung eingesetzt werden. In der Stadt München liegt der Fokus auf der Messtechnik und den Dienstleistungen. Allerdings wächst die Bedeutung der Filtertechnik und Katalysatoren. Insgesamt unterstreicht das dynamische Wachstum der Erwerbstätigenzahl und des Gesamtumsatzes den steigenden Stellenwert dieses Marktsegments in der Stadt München. Das Marktsegment Lärmschutz/-minderung entwickelt sich in der Stadt München ebenfalls positiv. Dieses Marksegment umfasst u.a. Materialien zur Schalldämmung, Lärmschutzwände sowie gebäudeintegrierte Schalldämmsysteme. In der Stadt München wird dieses Marktsegment von Unternehmen, die sich auf eine Lärmminderung in Gebäuden fokussieren, dominiert. Über 90 % der Beschäftigten sind in diesen Unternehmen aktiv. Vor dem Hintergrund der hohen Besiedelungsdichte und der damit verbundenen Lärmschutzanforderungen ist dies nicht verwunderlich. Die Herstellung von Produkten zur Lärmminderung durch den Verkehr trägt weniger stark zur Beschäftigung bei. Das Marktsegment Bodenschutz ist vergleichsweise klein. In den letzten Jahren ging die Erwerbstätigenzahl in diesem Segment, welches Leistungen und Technologien zur Beseitigung von ländlichen Umweltverschmutzungen und zur Bodensanierung umfasst, zurück. Der Fokus in der Stadt München liegt auf der Bodensanierung. 4.2.8 Leitmarkt umweltfreundliche Landwirtschaft Der Leitmarkt umweltfreundliche Landwirtschaft umfasst zum einen ökologische Landwirtschaftsprodukte, die nachhaltige Substitute zu konventionell hergestellten Produkten sind, und zum anderen Technologien, die zu einer umweltschonenderen Landbewirtschaftung beitragen. Der Landwirtschaft kommt beim Schutz und Erhalt der natürlichen Ressourcen eine große Bedeutung zu. Eine umweltfreundliche Landwirtschaft trägt dazu bei, Umweltbelastungen zu vermindern oder zu vermeiden. Im Stadtgebiet München stehen nur etwa 15 % der Bodennutzungsfläche für die Landwirtschaft zur Verfügung. Folglich ist die Erwerbstätigkeit in der umweltfreundlichen Landwirtschaft in der Stadt München vergleichsweise gering. Das Münchner Umland bietet mehr Bodennutzungsflächen für die Landwirtschaft. Daher trägt die Planungsregion 14 hauptsächlich zur Erwerbstätigkeit in der Region bei. In beiden Regionen zeigt das dynamische Wachstum aller Teilbereiche, dass die umweltfreundliche Landwirtschaft auch in München zunehmend wichtiger wird. In München dominiert das Marktsegment umweltfreundliche Technologien für die Landwirtschaft. Es umfasst anwendungsbezogene Maschinen und Hilfsmittel, die zu einer umweltschonenden Landbewirtschaftung beitragen. Hierzu gehören einerseits Gerätschaften, die speziell für die Methoden der ökologischen Landwirtschaft benötigt werden und in konventionellen Betrieben unüblich sind. Andererseits fallen darunter auch Maschinen, die zur Verbesserung des Umweltschutzes in konventioneller Landwirtschaft beitragen. Dabei muss nicht notwendigerweise der gesamte Produktionsprozess den Grundsätzen ökologischer Landwirtschaft entsprechen. Da die Stadt München nur relativ wenig Flächen für die Landwirtschaft bietet, ist die Erwerbstätigenzahl im Marktsegment ökologische und regionale Landwirtschaft relativ gering. Dieses Marktsegment beinhaltet den ökologischen Anbau von Pflanzen und die ökologische Tierzucht. Seite 33

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Seite 34

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München Abbildung 12: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts umweltfreundliche Landwirtschaft Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik 4.2.9 Leitmarkt nachhaltige Forst- und Holzwirtschaft In Deutschland ist rund ein Drittel der Landfläche mit Wald bedeckt. Dieser erfüllt vielfältige Funktionen für Mensch und Umwelt. Eine nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft sollte so gestaltet werden, dass die biologische Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit und Vitalität der Wälder erhalten wird. Zudem sollte eine nachhaltige Forstwirtschaft anderen Ökosystemen keinen Schaden zufügen. In der Region München ist der Anteil der Waldfläche aufgrund der hohen Besiedelungsdichte relativ gering. Daher trägt der Leitmarkt nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft nur wenig zur Beschäftigung in der Umweltwirtschaft bei. Im Münchner Umland ist die Zahl der Erwerbstätigen deutlich höher. Allerdings repräsentiert dieser Leitmarkt in beiden Regionen den Leitmarkt mit der niedrigsten Erwerbstätigkeit. Die Zahl der Unternehmen ist in der gesamten Region relativ konstant geblieben. Der Umsatz ist leicht gesunken. Seite 35

Umweltwirtschaft in der Region München Die Umweltwirtschaft in der Region München 50 % der Erwerbstätigen in diesem Leitmarkt sind im Marktsegment nachwachsende Holzbaustoffe tätig. Die Erwerbstätigenzahl ist dabei seit 2010 leicht zurückgegangen. Die nachhaltige Forstwirtschaft beschäftigt rund 30 % der Erwerbstätigen des Leitmarkts. Das dynamische Wachstum deutet daraufhin, dass dieses Marktsegment in Zukunft an Bedeutung gewinnen könnte. Gemessen an der Erwerbstätigkeit hat das Marktsegment. Holzbearbeitung und Holzwerkstoffe den geringsten Stellenwert in der Stadt München. Abbildung 13: Zentrale Strukturdaten des Leitmarkts nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten der Bundesagentur für Arbeit und des Bayerischen Landesamtes für Statistik. Seite 36

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen 5 Innovations- und Gründungsgeschehen Die Umweltwirtschaft ist in vielen Teilbereichen technologiegetrieben und gehört damit zu den vergleichsweise forschungsintensiven Wirtschaftsbereichen. Entsprechend wichtig für die Zukunftsfähigkeit der heimischen Umweltwirtschaft sind daher Forschung und Entwicklung nur ein konstant hohes Innovationsniveau kann den Unternehmen der Umweltwirtschaft helfen, langfristig zu den global führenden Anbietern in ihren jeweiligen Leitmärkten zu zählen. Eine Voraussetzung dafür ist auch eine gut aufgestellte Forschungslandschaft. Nachfolgende Ausführungen stellen das Forschungs- und Innovationsgeschehen der Münchner Umweltwirtschaft dar. Zunächst wird der Blick auf die institutionelle Ebene gerichtet. Dabei werden einige bedeutende Forschungseinrichtungen und Gründerzentren der Region München vorgestellt. Anschließend erfolgt auf Basis einer Patentanalyse eine quantitative Einordnung des Innovationsgeschehens der Münchner Umweltwirtschaft im Vergleich zu anderen Ballungsräumen und Regionen. Schließlich geht die Analyse auf das Umfeld und die Rahmenbedingungen für Innovation und Gründungen ein. 5.1 Forschungseinrichtungen und Gründerzentren in der Region München Münchens Forschungslandschaft ist international angesehen und bietet gute Rahmenbedingungen für die interdisziplinäre Forschung und Entwicklung in der Umweltwirtschaft. Darüber hinaus verfügt die Stadt über ein breites Netzwerk zur Gründungsförderung. Basierend auf qualitativen Recherchen präsentiert dieses Kapitel eine Bestandsaufnahme der bedeutendsten Forschungs- und Gründungseinrichtungen der Münchner Umweltwirtschaft. Tabelle 3: Forschungseinrichtungen und Gründerzentren in der Region München Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen Helmholtz Zentrum München Das Helmholtz Zentrum München ist das Deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, welches Therapien für bisher unheilbare Krankheiten finden und die Lebensgrundlage des Menschen langfristig sichern möchte. Einige Institute haben daher einen umweltwirtschaftlichen Forschungsschwerpunkt. Besonders hervorzuheben sind das Institut für Grundwasserökologie, das den Abbau und Transport von Schadstoffen im Grundwasser erforscht und das Institut für biochemische Pflanzenpathologie, das neue Verfahren für eine nachhaltige Landwirtschaft entwickelt. Bezug zu Leitmärken der Umweltwirtschaft: Wasserwirtschaft Nachhaltige Landwirtschaft Seite 37

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Ausgründungen: Isodetect GmbH (Umweltmonitoring mit Isotopenanalyse) Helmholtz Water Network (Bündnis mit universitären Partnern) In Weihenstephan sitzt das Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung. Es entwickelt innovative und nachhaltige Verpackungen sowie hochwertige Lebensmittel. Das Institut verfolgt das Ziel, Rohstoffe effizient einzusetzen und Umweltlasten zu minimieren. Daher werden auch Recycling-Verfahren für kunststoffhaltige Abfallströme erforscht. Fraunhofer Institut - Verfahrenstechnik und Verpackung Bezug zu Leitmärkten der Umweltwirtschaft: Material- und Ressourceneffizienz Kreislaufwirtschaft Kooperationspartner: Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie & Verpackung e.v. ZLV Zentrum für Lebensmittel & Verpackungstechnologie e.v. Sowie diverse Universitäts- und Hochschulkooperationen auf bayerischer und Bundesebene Universitäten mit angeschlossenen Gründerzentren Die Technische Universität München weist ein breites umweltthematisches Spektrum auf. Es gibt zahlreiche fakultätsübergreifende Forschungsinitiativen, die verschiedene Fragestellungen der Umweltwirtschaft untersuchen. Die folgenden Forschungsaktivitäten sind dabei besonders hervorzuheben: Technische Universität München TUM.Energy (Forschungsschwerpunkte: Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit im Bauwesen, Elektromobilität) TUM Wasser Cluster (Wasserforschung z.b. Wasser als regenerativer Energieträger) TUM.wood (Holzforschung entlang der gesamten Wertschöpfungskette) Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcenökonomie am Wissenschafts zentrum Weihenstephan (Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels auf die landwirtschaftliche Produktion und den Ressourceneinsatz) Bezug zu Leitmärkten der Umweltwirtschaft: Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Energieeffizienz Nachhaltige Mobilität Wasserwirtschaft Nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft Seite 38

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Nachhaltige Landwirtschaft UnternehmerTUM Zentrum für Innovation & Gründung Die Technische Universität München zählt zu den Top-Gründerhochschulen in Deutschland. Insbesondere die UnternehmerTUM unterstützt hier technologieorientierte Gründerinnen und Gründer u.a. durch Beratung und Coaching. Zusätzlich vernetzt das internationale dreimonatige Accelerator Programm TechFounders Tech-Start-ups mit Industriepartnern und Risikokapitalgebern. An der LMU forscht unter anderem das Department für Geographie an umweltthematischen Fragestellungen. Ein Fokus liegt hier auf dem nachhaltigen Management von Wasserressourcen, der effizienten Landnutzung im Klimawandel und der Entwicklung von nachhaltigen Mobilitätskonzepten. Bezug zu Leitmärkten der Umweltwirtschaft: Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) Nachhaltige Mobilität Wasserwirtschaft Nachhaltige Landwirtschaft LMU Entrepreneurship Center Auch die LMU München kann als Top-Gründungsuniversität bezeichnet werden. Das LMU Entrepreneurship Center unterstützt Studenten oder Absolventen bei der Gründung einer Unternehmung. Das LMU EC Accelerator Programm unterstützt jedes Semester etwa 15 Start-ups. Diese Start-ups erhalten ein kostenloses Büro, Coaching und Zugang zu einem Netzwerk. Weitere Hochschuleinrichtungen mit angeschlossenen Gründerzentren Center for Digital Technology and Management (CDTM) Das CDTM, ein gemeinsames Forschungs- und Lehrinstitut der Technischen Universität München und der Ludwig-Maximilians-Universität München, fördert hochbegabte Studierende, die sich besonders für Informations- und Kommunikationstechnologien interessieren. Neben der Ausbildung sind interdisziplinäre Forschungsaktivitäten ein wichtiger Zweig des CDTM. Derzeit erforscht das CDTM unter anderem neue Informations- und Kommunikationstechnologien, die die Einbeziehung von erneuerbaren Energien in die Energienetze der Zukunft ermöglichen. Bezug zu Leitmärkten der Umweltwirtschaft: Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Seite 39

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Ein weiterer Schwerpunkt des Programms ist die Förderung von Unternehmertum insbesondere von Start-ups mit innovativen digitalen Technologien. Es werden zahlreiche Entrepreneurship-Veranstaltungen organisiert, Büroräume zur Verfügung gestellt und Studenten mit erfahrenen Unternehmern und Investoren in Kontakt gebracht. Seite 40

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Die Hochschule München bietet mehrere grüne Ingenieurstudiengänge und bedient damit insbesondere die Forschungsschwerpunkte regenerative Energien, Elektromobilität und energieeffiziente Gebäude. Die Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik bietet Studiengänge mit dem Fokus regenerative Energien und Elektromobilität an und betreibt zugleich Forschung in diesen Bereichen. Das Competence Center Energieeffiziente Gebäude und Quartiere forscht zu unterschiedlichen Themen der energieeffizienten Gebäudetechnik. Hochschule München Bezug zu Leitmärkten der Umweltwirtschaft: Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Nachhaltige Mobilität Energieeffizienz Hochschule ohne Gründungszentrum Strascheg Entrepreneurship Center Die Hochschule München verfügt mit dem Strascheg Entrepreneurship Center über einen eigenen Start-up-Inkubator. Das Center fördert Innovation und Entrepreneurship durch interaktive Bildungsangebote, Startup Support und Netzwerkaktivitäten. Hochschule Weihenstephan (-Triesdorf) Die Hochschule Weihenstephan (-Triesdorf) hat sich konsequent auf grüne Ingenieurstudiengänge spezialisiert. In Freising wird beispielsweise der Studiengang Management Erneuerbarer Energien angeboten, der sich auf die Erzeugung und die energetische Umsetzung von erneuerbaren Energien (v.a. Biomasse) fokussiert. Des Weiteren erforscht die Fakultät Wald und Forstwirtschaft die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern und bietet entsprechende Studiengänge an. Neben Forschung und Lehre macht sich die Hochschule außerdem in der anwendungsorientierten Forschung sowie im Wissens- und Technologietransfer mit Unternehmen stark. Bezug zu Leitmärkten der Umweltwirtschaft: Umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung Nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft Seite 41

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Weitere Gründerzentren Garchinger Technologie- und Gründerzentrum (Gate) Münchner Technologiezentrum Munich Startup Munich Impact Hub Nutrion Business Incubator Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB) BioM Biotech Cluster Development GmbH Das Garchinger Technologie und Gründerzentrum bietet jungen Hightech-Unternehmen günstige Büroräume und eine kostenlose Unternehmensberatung durch einen Business Coach. Zusätzlich werden informative Veranstaltungen und Networking-Events organisiert, um die Startups bestmöglich zu unterstützen. Das Münchner Technologiezentrum ist ein Teil der Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft mbh und unterstützt Startups aus allen Technologiebereichen durch das Bereitstellen geeigneter Flächen und intensivem Coaching. Munich Startup ist das offizielle Portal für Start-ups in München und der Region und soll als erste virtuelle Anlaufstelle für diese dienen. Ziel ist es, durch eine neutrale Darstellung der Inhalte und Akteure, die Transparenz innerhalb der Gründerszene zu erhöhen und die Vernetzung zwischen Start-ups und möglichen Partnern, Investoren und Mentoren zu fördern. Das Munich Impact Hub unterstützt Start-Ups, die sich sozialen und ökologischen Herausforderungen stellen und die Gesellschaft wegweisend verändern wollen. Den Start-ups werden professionelle Arbeitsräume und ein branchenübergreifendes Netzwerk zur Verfügung gestellt. Der Nutrion Business Incubator bietet eine gezielte Förderung für Startups in der Wachstumsphase sowie geeignete Büroflächen an. Das Team von Nutrion verfügt unter anderem über exzellente Netzwerke und fundiertes Know-how in den Bereichen E-Commerce & Nachhaltigkeit. Das Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie zählt zu den Top Ten Biotechnologiezentren der Welt. Start-ups mit dem Schwerpunkt medizinische Biotechnologie erhalten am Standort Planegg-Martinsried Büro- und Laboreinheiten zu vergünstigten Preisen und exzellente Netzwerke. Am Standort Freising-Weihenstephan unterstützt das IZB Unternehmensgründungen aus dem Bereich Life Science. Die BioM unterstützt Gründer im Bereich der Biotechnologie von der Idee bis zur Finanzierung und Gründung des Unternehmens. Start-ups können durch einen geeigneten Mentor Unterstützung erhalten, verschiedene Workshops besuchen und bei Netzwerktreffen Kontakte knüpfen. Prognos AG 2018 5.2 Patentanalyse Weite Teile der Querschnittsbranche Umweltwirtschaft unterliegen einem schnellen und kontinuierlichen Wandel, der vor allem durch den technologischen Fortschritt getrieben wird. Die heimischen Unternehmen können nur dann im globalen Wettbewerb mithalten, wenn sie selbst zu den Treibern des Wandels gehören und diesen mit Produktinnovationen oder neuen Leistungsangeboten aktiv mitgestalten. Entsprechend wichtig sind eine hohe Innovationsdynamik und damit ein starker Stellenwert von Forschung und Entwicklung. Seite 42

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Wie ist die Region München und ihre Unternehmen im Innovationswettbewerb aufgestellt? Einen detaillierten Einblick in die Innovationstätigkeit des Standorts im Vergleich zu den übrigen großen Ballungsgebieten und Regionen in Deutschland erlaubt eine Patentanalyse. Das Zentrum der Innovationstätigkeit in der deutschen Umweltwirtschaft liegt im Süden der Republik. Über die Hälfte der Umweltwirtschaftspatente wurden 2010 und 2015 in Bayern und Baden-Württemberg angemeldet (vergleiche Abbildung 14). Bayern verdankt seine starke Stellung insbesondere der hohen Innovationskraft seiner Landeshauptstadt: Im Jahr 2010 gingen 9 % aller deutschlandweit angemeldeten Patente auf Forscher mit Wohnsitz in München zurück. Bis 2015 stieg dieser Wert auf 11 % an. Abbildung 14: Angemeldete Patente in der Umweltwirtschaft in München und den patentstärksten Bundesländern, 2010 und 2015, in % Übrige Länder 24% 2010 Bayern (ohne München) 16% Übrige Länder 22% 2015 Bayern (ohne München) 16% Hessen 5% München 9% Hessen 7% München 11% Nordrhein- Westfalen 19% Baden- Württemberg 27% Nordrhein- Westfalen 20% Baden- Württemberg 24% Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von PATSTAT 2018. Eine unangefochtene Spitzenstellung belegt München bei einem Vergleich zwischen den fünf größten deutschen Städten. Berlin und Hamburg belegen mit einem Anteil an den deutschlandweit angemeldeten Umweltwirtschaftspatenten im Jahr 2015 mit großem Abstand Platz zwei und drei (vergleiche Abbildung 15). Es zeigt sich, dass München in einigen Leitmärkten der Umweltwirtschaft besonders hohe Anteile aufweist. So lag der Wert im Leitmarkt umweltfreundliche Energieerzeugung und - speicherung (EES) im Jahr 2015 bei über 22 % (vergleiche Abbildung 16). Auch in den Leitmärkten Energieeffizienz (EEF) und umweltfreundliche Mobilität (UMO) ist der Anteilswert mit rund 15 % sehr hoch. Hier macht sich bemerkbar, dass in der Stadt sowohl große als auch zahlreiche kleine Unternehmen aus dem Kraftwagen- und Maschinenbau sowie der Elektrotechnik mit einer hohen Forschungstätigkeit beheimatet sind und sich in großem Umfang auch mit grünen Themen auseinandersetzen. Schlusslicht bildet der Leitmarkt Nachhaltige Holz- und Forstwirtschaft (NHF). Seite 43

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Abbildung 15: Angemeldete Patente in der Umweltwirtschaft in den fünf größten deutschen Städten, 2010 und 2015, in % München Berlin 2015 2010 Hamburg Köln Frankfurt 0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von PATSTAT 2018. Abbildung 16: Anteil Münchens an den deutschlandweit erteilten Patenten nach Leitmärkten der Umweltwirtschaft, 2010 bis 2015, in % Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von PATSTAT 2018 5.3 Gründungen und Start-ups Wie in ganz Deutschland hat die Gründungsaktivität in München in den letzten Jahren konstant abgenommen. Die Gewerbeanmeldungen, sowie die Betriebs(neu)gründungen, zeigen Seite 44

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen im betrachteten Zeitraum von 2010 bis 2017 einen deutlichen Rückgang (vergleiche Abbildung 17). Die folgende Auswertung fokussiert sich auf Betriebsneugründungen (im Folgenden vereinfacht Betriebsgründungen genannt). Diese umfassen Neugründungen durch juristische Personen, Personengesellschaften oder natürliche Personen (Einzelunternehmer). 8 Die Zahl der Gewerbeanmeldungen umfasst darüber hinaus auch Kleingewerbetreibende. In der Region München sind die Betriebsgründungen insbesondere zwischen 2012 und 2014 mit über 10 % p.a. sehr stark gesunken. Von 2015 bis 2017 reduzierte sich die Anzahl der Betriebsgründungen um etwa 7 % p.a. Dies hängt vor allem mit dem hohen Beschäftigungsniveau auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Die hohe Nachfrage nach Fachkräften schafft aus Sicht vieler Absolventen attraktivere Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt als eine risikobehaftete Selbstständigkeit. Dieser Trend ist auch auf Bundes- und Landesebene zu beobachten. Die Gründungsaktivität ist in der Stadt München stärker als im Umland zurückgegangen. Im Jahr 2010 fanden noch über 60 % der Betriebsgründungen in der Stadt München statt, wogegen sich der Anteil bis 2017 auf knapp 40 % reduziert hat (vergleiche Abbildung 17). In beiden Regionen liegt der Schwerpunkt bei den Gründungen auf Dienstleistungs- und Handelsunternehmen sowie auf Unternehmen im Baugewerbe. Abbildung 17: Anzahl der Gewerbeanmeldungen und Betriebsgründungen in München, 2010-2017 Quelle: Prognos AG 2018, auf Basis von Daten vom Bayerischen Landesamt für Statistik 8 Bei einer natürlichen Person, die eine Hauptniederlassung anmeldet, ist Voraussetzung, dass sie entweder in das Handelsregister eingetragen ist oder aber eine Handwerkskarte besitzt oder mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt. Die Definition für Betriebsgründungen wurde vom Bayerischen Landesamt für Statistik übernommen. Seite 45

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Über den gesamten Zeitraum haben grüne Betriebsgründungen einen durchschnittlichen Anteil von 5,1 % an den gesamten Betriebsgründungen in der Region München. 9 Im Jahr 2010 war der Anteil mit 6 % am höchsten. In den folgenden Jahren ist der Anteil der grünen Gründungen fast jedes Jahr leicht gesunken. Seit 2015 ist der Abwärtstrend jedoch gestoppt und leichte Steigerungen sind zu erkennen (vergleiche Abbildung 18). Abbildung 18: Anteil der grünen Betriebsgründungen an allen Betriebsgründungen, 2010-2017 Prognos AG 2018: auf Basis von Daten des Bayerischen Landesamt für Statistik und der Unternehmensdatenbank ORBIS Die neu gegründeten Betriebe der Münchner Umweltwirtschaftsbranche sind überwiegend Dienstleistungs- und Handelsunternehmen (vergleiche Abbildung 19). Dies deckt sich mit Ergebnissen anderer Untersuchungen, die den Schwerpunkt der grünen Gründungen in Deutschland bei Dienstleistungsunternehmen verorten, die sich auf den Handel oder auf gebäudebezogene Installationen verlegt haben. 10 Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft gibt es in der Umweltwirtschaft jedoch auch besonders viele Gründungen im verarbeitenden Gewerbe und in der Energieversorgung. Der Anteil der IKT-Branche ist bei den grünen Betriebsgründungen allerdings deutlich geringer als im Durchschnitt aller Betriebsgründungen. 9 Im Vergleich dazu beziffert eine Studie des Borderstep Instituts den Anteil grüner Gründungen deutschlandweit auf 14,5 % (langjähriges Mittel von 2006 bis 2016), vgl. Borderstep Institut & Universität Oldenburg (2018): Green Economy Gründungsmonitor 2017, Berlin, Oldenburg. Die Unterschiede ergeben sich durch verschiedene Betrachtungszeiträume (2010-2017 vs. 2006-2016), Fokusregionen (München vs. Deutschland) und Unterschiede in den Erhebungsmethoden. Zwar ist die Analyse des Borderstep Instituts ist ebenfalls auf Basis der Unternehmensdatenbank ORBIS/Creditreform erfolgt. Auch die Definition der Umweltwirtschaft orientiert sich ebenso wie das hier herangezogene envigos-modell auf der EGSS-Abgrenzung der Branche durch Eurostat (vgl. S. 8). Jedoch bestehen unterschiedliche Herangehensweisen bei der letztlichen Identifikation der relevanten Unternehmensgründungen in der ORBIS Datenbank. Während das Borderstep Institut eine Stichprobe der Unternehmensgründungen einer manuellen Überprüfung und Zuordnung unterzieht, ist der hier verwendete Ansatz breiter angelegt. Dabei wird die Gesamtheit der Unternehmensgründungen in ORBIS durchsucht und anhand von Suchbegriffen den Leitmärkten der Umweltwirtschaft zugeordnet (vgl. S. 12). 10 Borderstep Institut & Universität Oldenburg (2018): Green Economy Gründungsmonitor 2017, Berlin, Oldenburg. Seite 46

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen Abbildung 19: Anteile der Wirtschaftszweige bei den grünen Betriebsgründungen, 2016 Quelle: Prognos AG 2018: auf Basis von der Unternehmensdatenbank ORBIS Im Folgenden werden Start-up-Gründungen in den Fokus der Analyse gestellt. Dabei handelt es sich um junge, wachstumsorientierte und hoch-innovative Unternehmen. Start-ups können als eine spezielle Untergruppe der Betriebsgründungen angesehen werden. Insbesondere durch ihre hohe Innovationsfähigkeit unterscheiden sie sich signifikant von anderen Unternehmensgründungen. Laut dem KfW-Gründungsmonitor 2018 betreiben etwa 14 % aller Gründer in Deutschland Forschung und Entwicklung, um eine technologische Innovation zur Marktreife zu bringen. Der Anteil von Gründern mit Marktneuheiten liegt bei 15 % (in 2017). Diese Ergebnisse basieren auf einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage. 11 Empirisch ist die genaue Zahl der Start-up-Gründungen aufgrund des unscharfen Innovationsbegriffs jedoch nur schwer zu erfassen. Eine Möglichkeit, einen Näherungswert für Start-up-Gründungen zu ermitteln, besteht in der Fokussierung auf Wirtschaftszweige, die sich dem Hightech-Bereich zuordnen lassen. Viele Start-ups mit Innovationscharakter stammen aus diesem Bereich. Demnach lassen sich 17 % der Betriebsgründungen in der Region München über den betrachteten Zeitraum 2010-2017 als Start-ups charakterisieren. Die Umweltwirtschaft kommt innerhalb dieser Gruppe auf einen Anteil von 6%, leicht höher als bei den Betriebsgründungen insgesamt (5,1%). Die Hightech-Branche wurde anhand fest definierter Wirtschaftszweige identifiziert. Allerdings bleiben durch die Fokussierung auf den Hightech-Bereich viele Wirtschaftszweige der Umweltwirtschaft unberücksichtigt. Die Abgrenzung der Start-ups muss daher näherungsweise durch einen selektiven Ausschluss bestimmter Gründungen und Wirtschaftszweige erfolgen, die sich eindeutig nicht als Start-up charakterisieren lassen. Mit diesem Ansatz erhält man einen Anteil der Umweltwirtschaft über den gesamten Zeitraum (2010-2017) von durchschnittlich etwa 17 % an allen Start-up-Gründungen. In den Jahren 11 KfW Bankengruppe (2018): KfW-Gründungsmonitor 2018, Frankfurt am Main. Seite 47

Umweltwirtschaft in der Region München Innovations- und Gründungsgeschehen 2010 und 2011 lag der Anteil über 20 %. Bis 2017 ist der Anteil der grünen Start-up-Gründungen allerdings wieder leicht gesunken. Abbildung 20: Anteil der Leitmärkte an den Start-up-Gründungen in der Umweltwirtschaft (2010 2017) Quelle: Prognos AG 2018: auf Basis von Daten der Unternehmensdatenbank ORBIS und des Bayerischen Landesamt für Statistik Bei den Start-up-Gründungen dominieren die Leitmärkte umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung und nachhaltige Mobilität. Knapp 50 % der Start-ups konzentrieren sich auf diese Leitmärkte (vergleiche Abbildung 20). Die Start-ups im Leitmarkt umweltfreundliche Energieerzeugung und -speicherung zielen darauf ab, durch innovative Ideen und Technologien (z.b. Speichertechnologien, Solarstraßen) die erneuerbaren Energien weiterzuentwickeln. In ganz Deutschland war der Anteil von Start-ups im Leitmarkt erneuerbare Energieerzeugung und speicherung mit 36 % bis 2014 auch besonders hoch. Allerdings ist der Anteil in den Jahren 2015 und 2016 stark abgesunken (vergleiche Green Economy Gründungsmonitor 2017). In der Region München ist auch ein Rückgang der Start-up- Gründungen in diesem Leitmarkt insbesondere ab 2012 zu beobachten. Ein Viertel der Start-ups hat ihren Schwerpunkt in den Leitmärkten Energieeffizienz (13 %) und Rohstoff- und Materialeffizienz (14 %). Die klassischen Leitmärkte der Kreislaufwirtschaft und Wasserwirtschaft haben jeweils einen Anteil von 8 %. Die Schlusslichter bilden Start-ups, die neue Schutztechnologien entwickeln oder sich auf die nachhaltige Landwirtschaft oder die Holz- und Forstwirtschaft fokussieren. Seite 48