Das Ende der Armut? Wie die Nachhaltigen Entwicklungsziele die globale Armut beenden wollen. Gabriele Köhler UNRISD senior research associate

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Transkript:

Das Ende der Armut? Wie die Nachhaltigen Entwicklungsziele die globale Armut beenden wollen Gabriele Köhler UNRISD senior research associate

Die Ausgangsfragestellung Was sind die Ursachen und Konsequenzen von Armut und Ungleichheit? Welche Bedeutung hat die weltweite Armutsbekämpfung für eine nachhaltige Entwicklung? Was können wir als engagierte Bürger*Innen gegen die wachsende Spaltung in Arm und Reich tun?

Vortragspunkte 1.) Die Situation: Armut und ihre Ursachen 2.) Die Reaktion: Weltweite Armutsbekämpfung als Aufhänger und ihre Grenzen 3.) Die Transformation: Um-Denken und konzertiertes Handeln

1.) Die Situation

Einkommensarmut ($1,25) 1000 Sub-Saharan Africa (developing only) East Asia & Pacific (developing only) China Low income countries 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1990.0 1993.0 1996.0 1999.0 2002.0 2005.0 2008.0 2010.0 2011.0 6

7

Ausbeuterische Arbeit 8

Ausbeuterische Arbeit 2013 Dhaka: Rana Plaza Riga: Solitüd-Einkaufszentrum 9

Kinderarbeit 168 Millionen Kinder arbeiten

Migration Myanmar-Thailand

Gender-Ungleichheit

Sich verstärkende Ungleichheiten 13

F T H C U L

65 Millionen Flüchtlinge 15

Der ausgebeutete Planet 17

Constant US$, 2000 value Intra and inter-country Inequality, 2007 Source: Ortiz and Cummins (2011) UNICEF Source: Ortiz and Cummins. 2011. Global Inequality. UNICEF

20

Die 8 reichsten Menschen besitzen das gleiche Vermögen wie 3.5 Mrd Menschen

Die Situation umfassende Armut und ihre Ursachen Fehlen von produktiver, gerecht entlohnter Beschäftigung Ungleichverteilung von produktivem Eigentum & Zugang zu Ressourcen Fehlen sozialer Sicherungssysteme Machtgefälle in globalen Produktionsketten Mechanismen der globlalen Produktionsketten & internationalen Handelspolitik Raubbau am Planeten

Die Situation umfassende Armut und ihre Ursachen Fehlen von produktiver, gerecht entlohnter Beschäftigung Ungleichverteilung von produktivem Eigentum & Zugang zu Ressourcen Fehlen sozialer Sicherungssysteme Machtgefälle in globalen Produktionsketten Die Mechanismen der internationalen Handelspolitik Raubbau am Planeten

2.) Die Reaktion weltweite Armutsbekämpfung als Aufhänger und ihre Grenzen

Die Vereinten Nationen 25

Menschenrechtserklärungen Allgemeine Menscherechtserklärung (1948) Internationaler Kompakt zu wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten und zu politischen und Zivilrechten (beide 1964) Konvention gegen Rassendiskrimienung (1969) Konvention gegen Frauendiskriminierung (1979) Kinderrechtskonvention (1990) Konvention zu den Rechten der Menschen mit Behinderung (1996) 26

ILO-Konventionen Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen C87 (1948), C98 (1949) Mindesalter C138 (1973) Kinderarbeit C 182 (1999) Heimarbeit C177 (1996) Rechte von Hausangestellten C 189 (2011) ILO Empfehlung soziale Grundsicherung für alle R202 (2012) 27

Sustainable Development Goals 31

Sustainable Development Goals 32

Ziel 1. Armut in allen ihren Formen und überall beenden 1.1 Bis 2030 extreme Armut 1,25 Dollar- beseitigen 1.2 Anteil der Männer, Frauen und Kinder, die in Armut leben, mindestens halbieren 1.3 Sozialschutzsysteme und -maßnahmen umsetzen, einschließlich eines Basisschutzes 1.4 Gleiche Rechte auf wirtschaftliche Ressourcen, grundlegende Dienste, Grundeigentum/Verfügungsgewalt über Grund und Boden, geeignete neuen Technologien und Finanzdienstleistungen 1.5 Widerstandsfähigkeit der Armen und der Menschen in prekären Situationen erhöhen

Ziel 5. Geschlechtergleichstellung erreichen; Frauen & Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen, 5.1 Alle Formen der Diskriminierung beenden 5.2 Alle Formen von Gewalt gegen alle Frauen und Mädchen beseitigen 5.3 Schädlichen Praktiken beseitigen 5.4 Unbezahlte Pflege- und Hausarbeit durch öffentliche Dienstleistungen, Sozialschutzmaßnahmen, Förderung geteilter Verantwortung anerkennen und wertschätzen 5.5 Die volle und wirksame Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit bei Führungsrollen sicherstellen

Ziel 8. Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung, menschenwürdige Arbeit für alle 8.5 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen und Männer; gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen 8.6 Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern 8.7 Zwangsarbeit abschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel beenden Verbot und die Beseitigung von Kinderarbeit 8.8 Arbeitsrechte schützen

Ziel 10. Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern 10.5 Regulierung/Überwachung der globalen Finanzmärkte und -institutionen verbessern 10.6 Bessere Vertretung und verstärkte Mitsprache der Entwicklungsländer in den globalen internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen 10.7 Sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen erleichtern

Pariser Abkommen zum Klimawandel 37

CO No P 2 v. 3 20 17

Die Reaktion und ihre Grenzen Wenig Reflexion über Ursachen der Armut und des Klimawandels Wenig konkrete Politikempfehlungen Keine Analyse von Machtkonstellationen

3.) Transformation?

Transformation Strukturen analysieren Machtmuster hinterfragen Gegenentwürfe präsentieren Um-Denken und Konzertiertes Handeln!

Transformation I Strukturen analysieren Machtmuster hinterfragen

Struktur- und Machtanalysen Systemanalysen: der Machtverhältnisse auf allen Ebenen Logik der kapitalistischen Globalisierung

Tägliche Arbeitszeiten

Ungleicher Handel

Ungleichverteilung

SDG 1, 5, 8, 10 Soziale und GenderGerechtigkeit herstellen

SDG 11, 12, 13, 14, 15 Produktions und Konsummuster umkrempeln!

Öko-soziale Politik

Transformation II Demokratische, inklusive Prozesse mit neuen Koalitionen schaffen

Zusammenfassung SITUATION Nicht hinnehmbar REAKTION Internationale Abmachungen einfordern: SDGs UND Paris! TRANSFORMATION Ökosoziale Politik denken und umsetzen Umverteilen in der Sorgeökonomie Produktive Arbeit, gerechte Löhne, Grundeinkommen Transformative Steuerpolitik Neue Handelspolitik Klimagerechtigkeit Zivilgesellschaftliche Bewegung stärken

Kontakt Gabriele Köhler UNRISD; WECF; DGVN gabrielekoehler@posteo.de www.gabrielekoehler.net