Grünbuch der EU-Kommission: Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung Lehren aus der Krise (BR-Drucksache Nr. 641/10 vom

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Grünbuch der EU-Kommission

Transkript:

Kommission Generaldirektion Binnenmarkt u. Dienstleistungen - Direktion F 4 - Frau Nathalie de Basaldua Head of Audit Policy Unit Rue de Spa/Spastraat 2 B-1000 Brüssel BELGIEN 07.12.2010 /ce Grünbuch der EU-Kommission: Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung Lehren aus der Krise (BR-Drucksache Nr. 641/10 vom 13.10.2010) Sehr geehrte Frau de Basaldua, wir danken Ihnen für die Übermittlung der BR-Drucksache Nr. 641/10 zum Grünbuch der EU- Kommission: Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung Lehren aus der Krise vom 13.10.2010. Die Gelegenheit zur Stellungnahme nehmen wir gerne wahr. Allgemeine Anmerkungen Die Absicht der EU-Kommission, nach den negativen Erfahrungen der Finanzmarktkrise einen positiven Einfluss auf die Prüfungsqualität und Corporate Governance zu nehmen, ist zu unterstützen. Das Grünbuch kann als Chance für den Berufstand bewertet werden um die Leistungen des Abschlussprüfers transparenter zu machen und die Qualität der Abschlussprüfung weiter zu erhöhen. Das Grünbuch greift in einigen Punkten sinnvolle Ansätze auf, um auch für den Berufstand der Wirtschaftsprüfer angemessene Lehren aus der Krise zu ziehen. Die EU-Kommission darf nicht das ursächliche Problem der Finanzkrise die Fair-Value-Bewertung nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) durch das demokratisch nicht legitimierte International Accounting Standard Board (IASB) in London aus den Augen verlieren....

Die Qualität der Rechnungslegung muss kritisch hinterfragt und das Übel an der Wurzel gepackt werden. Ohne eine Abkehr von der Fair-Value-Bewertung bleiben die angedachten Maßnahmen im Bereich der Abschlussprüfung ohne Wirkung. In diesem Zusammenhang muss über eine Neukonzeption der Standardsetzung in Europa bzw. durch das IASB nachgedacht werden. Die Sponsoren des privaten Standardsetzers IASB sind zugleich deren Anwender. Eine sinnvolle Lehre aus der Finanzkrise wäre, bei der EU-Kommission eine unabhängige Expertenkommission anzusiedeln, die entsprechend dem Demokratieprinzip eine Beteiligung aller von der Standardsetzung betroffenen Interessen vorsieht und die Übernahme der vom IASB entwickelten internationalen Rechnungslegungsstandards in europäisches Recht einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle unterwirft (Änderung des Endorsementverfahrens) oder zumindest eine politische Legitimation des IASB vorzusehen. Darüber hinaus kann auf eine zeitnahe Bilanzierung nach dem Fair Value verzichtet werden, da für rund 95 % der Vermögensgegenstände keine aktuellen Marktwerte (Fair Values) vorliegen 1. Zu den einzelnen Punkten des Grünbuchs der EU-Kommission zum Weiteren Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung haben wir nachfolgende Anmerkungen: Zu Punkt 2. Rolle des Abschlussprüfers: Die Aussage des Grünbuchs, dass geprüfte Rechnungslegungsinformationen eine faire Abbildung der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen geben müssen, ist zu unterstützen. Die jeweiligen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS und nationale GAAP z. B. HGB) müssen den Gedanken einer vorsichtigen und nachhaltigen Bilanzierung aber auch umsetzen. Die Fair-Value-Bewertung nach den IFRS erlaubt den Ausweis von Scheingewinnen, die oftmals gar nicht entstehen. Die Fair-Value-Bewertung gilt als Mitverursacher bzw. Brandbeschleuniger der Finanzkrise. Die Jahresabschlüsse der Unternehmen müssen wieder verlässliche und objektive Werte beinhalten, d. h. eine Gewinnverwendung darf erst nach Realisierung erfolgen. Was nützt ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk, wenn die internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) aufgrund der Fair-Value-Bewertung sehr komplex sowie mit zahlreichen Schwachstellen und einer Vielzahl von Bewertungswahlrechten versehen sind. Die Regelungen werden von den Experten der bilanzierenden Unternehmen und deren Abschlussprüfer nicht mehr verstanden und haben demzufolge zu einer bislang nicht gekannten Fehlerhaftigkeit der Rechnungslegung geführt. Derartige Rechnungslegungsstandards sind nicht verlässlich und nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Nach Ansicht der DPR (Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung) steht ein Großteil der festgestellten Fehler in allen Bereichen der Rechnungslegung im Zusammenhang mit der Ermittlung von Zeitwerten (Fair Values). Zusätzliche Informationen im Anhang (Notes) bzw. Lagebericht sind nicht zielführend, solange der Bilanzansatz nach dem Fair-Value-Konzept erfolgt und Scheingewinne zugelassen werden. Eine Bilanzierung nach dem Vorsichtsprinzip mit verlässlichen und vorsichtigen Wertansätzen ist den umfangreichen, die falschen Wertansätze erklärenden Angaben im Anhang (Notes) beim IFRS-Abschluss dringend vorzuziehen. 1 Vgl. Schürmann, Christof: Schlecht gebrüllt Die EU will den Wirtschaftsprüfern an den Kragen, übersieht aber das ursächliche Problem (Kommentar); in: Wirtschaftswoche, 18.10.2010, Seite 144 Seite 2 von 9

Geschäftsberichte im Umfang eines Versandhauskatalogs mit mehreren hundert Seiten sind nicht zielführend. Weniger Erklärungen der unsicheren Wertansätze im Anhang (Notes), sondern zutreffende und vorsichtige Wertansätze, würde den Jahresabschluss verlässlicher und sicherer machen. Die Aussagefähigkeit des Bestätigungsvermerks gegenüber der Öffentlichkeit (Adressat des Prüfungsurteils) würde allein schon auf diese Weise erheblich verbessert und zu einer deutlichen Verringerung der Erwartungslücke beitragen. Der Bestätigungsvermerk hätte damit nicht nur eine reine Ordnungsmäßigkeit der angewandten Rechnungslegungsgrundsätze als Grundlage. Nachfolgende Abbildung veranschaulicht ein mögliches Konzept für eine nachhaltige Bilanzierung: Zu Punkt 2.1 Information des Abschlussprüfers an die Interessengruppen Das Grünbuch fordert eine klare Definition, welche Art von Informationen der Abschlussprüfer in seinem Prüfungsurteil und seinen Ergebnissen liefern sollte. Eine gezielte Modifikation des Bestätigungsvermerks zur Reduzierung der Erwartungslücke durch die Aufnahme zusätzlicher Informationen über die Prüfungsmethode ist grundsätzlich zu unterstützen. Die geforderte intensivere Kommunikation zwischen dem Abschlussprüfer und den Stakeholdern ist zu befürworten; jedoch ist zu bedenken, dass die unterschiedlichen Adressaten auch unterschiedliche Informationsinteressen (keine Homogenität) haben. Im Rahmen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist bereits eine intensive Kommunikation zwischen dem Abschlussprüfer und dem geprüften Unternehmen sowie dem Aufsichtsrat vorgesehen. Die Forderung der EU-Kommission nach mehr Transparenz der Prüfungsmethoden und -grundlagen ist durchaus sinnvoll. Die in Deutschland übliche schriftliche Berichterstattung durch den Abschlussprüfer an die Unternehmensorgane (Vorstand und Aufsichtsrat) im Prüfungsbericht bzw. Bestätigungsvermerk hat sich grundsätzlich bewährt. Seite 3 von 9

Höheres Maß an Sicherheit für die Interessengruppen Die von der EU-Kommission gewünschte sehr hohe Sicherheit der Prüfungsaussagen ist zwar grundsätzlich zu unterstützen, jedoch in der Praxis kaum umzusetzen. Es sollte keine Abkehr vom risikoorientierten Prüfungsansatz vorgenommen werden. Vielmehr ist eine sinnvolle Kombination von System- und Einzelfallprüfungen praxisbezogen und sinnvoll. Verhalten des Abschlussprüfers Das Grünbuch fordert, dass der Abschlussprüfer gegenüber dem geprüften Unternehmen die berufsübliche Sorgfalt walten lassen muss. Die notwendige kritische Grundhaltung gehört bereits jetzt zu den Berufspflichten des Abschlussprüfers. Eine Ergänzung der zentralen Abschlussangaben im Bestätigungsvermerk durch die Hervorhebung (wesentlicher bzw. ungewöhnlicher) Sachverhalte könnte durchaus sinnvoll sein. Eingeschränkter Bestätigungsvermerk Im Grünbuch wird kritisch dargelegt, dass nur relativ selten eingeschränkte Bestätigungsvermerke erstellt werden. Dies liegt unseres Erachtens darin begründet, dass die Unternehmen überwiegend die Möglichkeit nutzen, festgestellte Mängel im Rahmen der Prüfung zu beheben. Die auf diese Weise geänderten Jahresabschlüsse sind folglich mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen. Bessere Kommunikation nach außen und innen Das Grünbuch fordert eine Ausweitung der Berichtspflichten des Abschlussprüfers zu den ausgeübten Bilanzierungswahlrechten sowie von Ermessensspielräumen. Dies ist unseres Erachtens zu weitgehend. Der Bestätigungsvermerk kann nicht den Umfang eines Prüfungsberichts haben. Dies könnte eher kontraproduktiv sein. Vielmehr müsste eine abgestufte Berichterstattung vorgesehen werden. Gezielte Modifizierungen des Bestätigungsvermerks mit dem Ziel einer Senkung der Erwartungslücke sowie eine Fokussierung auf die Krisenwarnfunktion des Abschlussprüfers sind grundsätzlich zu befürworten. Die angedachte Ausweitung der Prüfung zukunftsbezogener Aussagen bzw. Informationen im Lagebericht kann nur mit einer Haftungsbeschränkung für den Abschlussprüfer erfolgen. Hier geben wir zu bedenken, dass lediglich in Deutschland der Lagebericht in die Abschlussprüfung einzubeziehen ist und nicht nur auf Einklang mit dem Abschluss zu beurteilen ist. Das GenG in Deutschland sieht eine Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung vor. Im Rahmen der Durchführung der Abschlussprüfungen erfolgt ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen dem Prüfer und dem Aufsichtsrat. Die Prüfungsergebnisse werden durch den Abschlussprüfer in einer Schlussbesprechung angemessen erörtert. Sofern Mängel festgestellt wurden, sind die Organe der Genossenschaften verpflichtet im Rahmen einer sog. Rückberichterstattung über die eingeleiteten Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Mängel zu berichten. Die Überlegungen im Grünbuch zur Stärkung der Kommunikation zwischen dem Abschlussprüfer und dem Aufsichtsrat sind zu begrüßen. Der Prüfungsbericht enthält zahlreiche Informationen. Die Inhalte des Prüfungsberichts zu analysieren und ggf. vorhandene Feststellungen abzustellen ist jedoch von den Unternehmensorganen selbst durchzuführen. Die Verantwortung für den Unternehmenserfolg bleibt bei den Unternehmensorganen (Vorstand und Aufsichtsrat). Seite 4 von 9

Zu Punkt 2.2 International Standards on Auditing (ISA) Bei einer ISA-Übernahme muss darauf geachtet werden, dass diese als prinzipienbasierende Standards generell für sämtliche Abschlussprüfungen anwendbar sind. Ein übermäßiger Dokumentationsaufwand ist zu vermeiden. Die Anwendung der ISA muss auf jeden Prüfungsauftrag zugeschnitten werden können - die ISA müssen skalierbar sein. Ebenso muss der Grundsatz der verhältnismäßigen Anwendung der Prüfungsstandards auch bei der Qualitätskontrolle und Sonderuntersuchungen verankert werden. Erleichterungen müssen insbesondere für KMU-Betriebe vorgesehen werden (d. h. Trennung nach kapitalmarktorientierten und nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen). Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer ist bisher ohnehin schon sowohl organisatorisch als auch fachlich enorm (über-)reguliert. Ferner müssen die ISA den risikoorientierten Prüfungsansatz unterstützen. Auch die Übernahme der ISA in europäisches und damit in deutsches Recht ( due process des IAASB ) sollte ebenso wie die Standardsetzung bei den IFRS in einem demokratisch legitimierten Verfahren erfolgen, das alle betroffenen Interessen angemessen beteiligt. Zu Punkt 3. Governance und Unabhängigkeit von Prüfungsgesellschaften Bestellung und Vergütung von Prüfern Das Grünbuch stellt zur Diskussion, ob eine Beauftragung des Abschlussprüfers durch eine staatliche Stelle erfolgen soll. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollte getestet werden, ob die Bestellung, Vergütung und die Dauer eines Prüfungsauftrags von einem Dritten (nicht vom zu prüfenden Unternehmen) durch eine Regulierungsbehörde erfolgen soll. Die Pflichtmitgliedschaft einer Genossenschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband hat sich in der Vergangenheit bewährt. Nicht umsonst weisen die Genossenschaften die niedrigste Insolvenzquote auf. Den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden kommt dabei auch die intensive Kenntnis der zu prüfenden Unternehmen zu gute. Externe Rotation Das Grünbuch stellt erneut die Frage nach einer verpflichtenden externen Rotation. Hier geben wir zu bedenken, dass gerade nach einem Prüferwechsel die Gefahr von Fehlurteilen deutlich erhöht ist. Zudem kann ein externer Wechsel des Abschlussprüfers wegen steigender Prüfungsdauer zur Einarbeitung und Neuausrichtung der Prüfungshandlungen zusätzliche Kosten verursachen. Wir sind der Auffassung, dass sich die bestehende Regelung bewährt hat. In der 8. EU- Abschlussprüferrichtlinie (2006/43/EG) aus dem Jahr 2006 ist die externe Rotation nicht vorgeschrieben. In einigen europäischen Ländern (Österreich, Spanien) wurde die bereits eingeführte externe Rotation wieder abgeschafft. Vergütungsstruktur Die finanzielle Unabhängigkeit des Abschlussprüfers vor einem Mandatsverlust soll ggf. durch eine Umsatzgrenze gestärkt werden. Für genossenschaftliche Prüfungsverbände ist dies kaum relevant. Seite 5 von 9

Veröffentlichung des Abschlusses Die bestehenden Verpflichtungen der Prüfungsgesellschaften zur Veröffentlichung sind unseres Erachtens ausreichend. Die WPG sind u. a. bei 319a HGB-Mandaten (kapitalmarktorientierte Unternehmen) verpflichtet, einen sog. Transparenzbericht auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Darüber hinaus bestehen rechtsformspezifische Publizitätspflichten. Genossenschaftliche Prüfungsverbände sind von der Netzwerkproblematik i. d. R. nicht betroffen. Organisatorische Anforderungen Ein zusätzlicher Kodex zu den bereits bestehenden Organisationsanforderungen an die Prüfungsgesellschaften (Qualitätssicherungssystem; regelmäßige externe Qualitätskontrollen; Inspektionen) zur weiteren Begrenzung von Interessenkonflikten und der Stärkung der Unabhängigkeit der WPG würde zu einer Überregulierung führen und ist deshalb abzulehnen. Überprüfung der Eigentumsverhältnisse und Gesellschaftsanteile Die Öffnung des Gesellschafterkreises für externe Investoren um der Konzentration auf dem Prüfermarkt zu begegnen und die Haftungsmasse zu erhöhen stellt die Unabhängigkeit der Prüfungsgesellschaften in Frage. Eine uneingeschränkte Beteiligungsmöglichkeit externer Investoren ist nicht zielführend. Ob durch externe Investoren die Konzentration auf dem Prüfermarkt beseitigt werden kann, muss ebenfalls bezweifelt werden. Ob sich Investoren für kleine und mittlere WPG finden ist fraglich. Diese werden ihr Kapital nicht nur als Haftungsmasse zur Verfügung stellen, sondern auch angemessene Renditen erzielen wollen. Gruppen- (Konzernabschluss-)prüfungen Die Forderung nach einem konzernweiten Abschlussprüfer ist überzogen. Dies würde vermutlich zu einer weiteren Konzentration auf dem Prüfermarkt führen. Zu Punkt 4. Beaufsichtigung Mit der Implementierung einer supranationalen Aufsichtsbehörde soll die Zusammenarbeit nationaler Kontrollsysteme bei der Beaufsichtigung der WPGs auf europäischer Ebene und die Beseitigung von Inkongruenzen zwischen europaweit tätigen Prüfungsnetzwerken und der nationalen Aufsicht geregelt werden. Eine eigenständige europäische Aufsichtsbehörde für internationale Prüfungsnetzwerke ist grundsätzlich zu befürworten. Damit eine möglichst hohe Effizienz der Aufsicht erreicht wird, sollte im Rahmen der Verbesserung der Zusammenarbeit der Länderaufsichtsbehörden auf EU-Ebene klare Regelungen geschaffen werden. Seite 6 von 9

Ein mangelnder Austausch zwischen dem Abschlussprüfer und der Finanzaufsicht liegt zumindest in Deutschland nicht vor. Alle Prüfungsberichte gehen lückenlos innerhalb vorgegebener Fristen an die Finanzaufsicht (BaFin und Deutsche Bundesbank). Wichtiger als zusätzliche Regelungen zur Beaufsichtigung ist eine klare Sprache der Abschlussprüfer im Prüfungsbericht sowie im Bestätigungsvermerk und die daraus resultierenden Reaktionen der Unternehmensorgane sowie der Finanzaufsicht. Zudem unterliegen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände in Deutschland bereits jetzt einer doppelten Aufsicht: Der Staatsaufsicht durch die jeweiligen Länderministerien sowie einer Fachaufsicht durch die Wirtschaftsprüferkammer. Zu Punkt 5. Konzentration und Marktstruktur Joint Audits / Audit-Konsortien Das Grünbuch stellt zur Diskussion, ob durch eine stärkere Beteiligung mittelständischer Prüfungsgesellschaften an der Prüfung börsennotierter Unternehmen im Rahmen eines Joint-Audit die Konzentration am Prüfermarkt reduziert werden könnte. Eine derartige Regelung könnte zu einer Erhöhung der Aussagekraft des Bestätigungsvermerks führen. Abweichende Auffassungen sollten in diesen Fällen im Bestätigungsvermerk dargestellt werden. Joint-Audits führen in der Regel zu einem erhöhten Koordinationsaufwand sowohl zwischen den Prüfungsgesellschaften als auch im Verhältnis zum Mandanten. Audit-Konsortien sollten nicht generell vorgeschrieben werden. In einigen Fällen könnte jedoch die Durchführung von Abschlussprüfungen im Rahmen von Co-Prüfungen durchaus sinnvoll sein. Behebung der Marktverzerrung durch die Big Four Die Einführung eines europäischen Qualitätszertifikats für WPG, mit dem die Fähigkeit zur Durchführung von Abschlussprüfungen großer börsennotierter Unternehmen anerkannt würde, könnte zu einer Behebung der Marktverzerrung beitragen. Zu Punkt 6. Schaffung eines europäischen Marktes Diese Überlegungen der EU-Kommission sind grundsätzlich zu unterstützen, jedoch ist zu bedenken, dass bei der Abschlussprüfung in erheblichem Umfang nationale Rahmenbedingungen insb. im Gesellschafts- und Steuerrecht zu berücksichtigen sind. Die Einführung eines Europäischen Passes für Abschlussprüfer ist zum derzeitigen Zeitpunkt ohne vorherige Harmonisierung nicht umsetzbar. An dem bisherigen Erfordernis einer Eignungsprüfung bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten eines Wirtschaftsprüfers sollte festgehalten werden. Seite 7 von 9

Zu Punkt 7. Erleichterungen für KMU Das Grünbuch stellt zur Diskussion, ob für KMU eine abgespeckte Variante der Abschlussprüfung ( begrenzte Prüfung ) eingeführt werden sollte. Unseres Erachtens sollte von der Einführung einer Audit-Light Abstand genommen werden. Die Abschlussprüfung dient dem Gläubigerschutz. Dieser sollte nicht durch die Abschaffung oder Aufweichung der Prüfungspflicht eingeschränkt werden. Die Einführung differenzierter Prüfungsanforderungen und erleichterte Unabhängigkeitsanforderungen für kleine und mittlere Prüfungsgesellschaften birgt die Gefahr einer Zweiteilung des Berufstands der Wirtschaftsprüfer. F A Z I T: Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfung Eine Qualitätsverbesserung kann durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit von Abschlussprüfer und Aufsichtsrat erfolgen. Der Dialog zwischen dem Abschlussprüfer sowie dem Aufsichtsrat könnte gestärkt werden. Die in Deutschland übliche schriftliche Berichterstattung durch den Abschlussprüfer an den Aufsichtsrat im Prüfungsbericht ( long form report ) hat sich bewährt. Eine gezielte Modifizierung des Inhalts der Prüfungsberichte bzw. Bestätigungsvermerke ist durchaus sinnvoll. Die Organe des geprüften Unternehmens (Vorstand und Aufsichtsrat) müssen jedoch selbst die notwendigen Konsequenzen aus den Feststellungen im Prüfungsbericht ziehen. Verbesserung der Qualität der Rechnungslegung Abkehr vom Fair Value Die EU-Kommission darf nicht das ursächliche Problem der Finanzkrise die Fair-Value- Bewertung nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) durch das demokratisch nicht legitimierte International Accounting Standard Board (IASB) in London aus den Augen verlieren. Die Qualität der Rechnungslegung muss kritisch hinterfragt und das Übel an der Wurzel gepackt werden. Ohne eine Abkehr von der Fair-Value-Bewertung bleiben die angedachten Maßnahmen im Bereich der Abschlussprüfung ohne Wirkung. In diesem Zusammenhang muss über eine Neukonzeption der Standardsetzung in Europa bzw. durch das IASB nachgedacht werden. Die Sponsoren des privaten Standardsetzers IASB sind zugleich deren Anwender. Eine sinnvolle Lehre aus der Finanzkrise wäre, bei der EU-Kommission eine unabhängige Expertenkommission anzusiedeln, die entsprechend dem Demokratieprinzip eine Beteiligung aller von der Standardsetzung betroffenen Interessen vorsieht und die Übernahme der vom IASB entwickelten internationalen Rechnungslegungsstandards in europäisches Recht einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle unterwirft (Änderung des Endorsementverfahrens) oder zumindest eine politische Legitimation des IASB vorzusehen. Darüber hinaus kann auf eine zeitnahe Bilanzierung nach dem Fair Value verzichtet werden, da für rund 95 % der Vermögensgegenstände keine aktuellen Marktwerte (Fair Values) vorliegen 2. 2 Vgl. Schürmann, Christof: Schlecht gebrüllt Die EU will den Wirtschaftsprüfern an den Kragen, übersieht aber das ursächliche Problem (Kommentar); in: Wirtschaftswoche, 18.10.2010, Seite 144 Seite 8 von 9

Externe Rotation Die Einführung einer externen Rotation wurde bei Überarbeitung der 8. EU-Abschlussprüferrichtlinie im Jahr 2006 ausgiebig diskutiert und schließlich mit überzeugenden und heute noch gültigen Argumenten abgelehnt. Joint Audit / Co-Prüfungen Die Arbeitsteilung zweier Prüfungsgesellschaften im Rahmen von Joint-Audits ( Co- Prüfungen ) sollte nicht gesetzlich vorgeschrieben werden. In einigen Fällen könnte die Durchführung von Abschlussprüfungen im Rahmen von Co-Prüfungen durchaus sinnvoll sein. International Standards on Auditing (ISA) Bei einer ISA-Übernahme muss darauf geachtet werden, dass diese als prinzipienbasierende Standards generell für sämtliche Abschlussprüfungen anwendbar sind. Ein übermäßiger Dokumentationsaufwand ist zu vermeiden. Die Anwendung der ISA muss auf jeden Prüfungsauftrag zugeschnitten (skaliert) werden können. Ebenso muss der Grundsatz der verhältnismäßigen Anwendung der Prüfungsstandards auch bei der Qualitätskontrolle und Sonderuntersuchungen verankert werden. Erleichterungen müssen insbesondere für KMU- Betriebe vorgesehen werden (d. h. Trennung nach kapitalmarktorientierten und nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen). Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer ist bisher ohnehin schon sowohl organisatorisch als auch fachlich enorm (über-)reguliert. Ferner müssen die ISA den risikoorientierten Prüfungsansatz unterstützen. Auch die Übernahme der ISA in europäisches und damit in deutsches Recht ( due process des IAASB ) sollte ebenso wie die Standardsetzung bei den IFRS in einem demokratisch legitimierten Verfahren erfolgen, das alle betroffenen Interessen angemessen beteiligt. Überprüfung der Notwendigkeit zur Erstellung eines Lageberichts Die Verpflichtung zur Erstellung eines Lageberichts für bestimmte Rechtsformen sollte ggf. überprüft werden. Ein Lagebericht muss nur in Deutschland in die Abschlussprüfung einbezogen werden und ist nicht nur auf Einklang mit dem Jahresabschluss zu beurteilen. Dies geht über die EU-Richtlinien hinaus. Mit freundlichen Grüßen Genossenschaftsverband Bayern e.v. Dr. h.c. Stephan Götzl Erhard Gschrey Seite 9 von 9