Festigkeitsprüfung (Zug)

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TU Ilmenau Ausgabe: September 2018 Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Dr. Bre, DI Scha Institut für Werkstofftechnik 1 Versuchsziel Festigkeitsprüfung (Zug) Bestimmung von Festigkeits- und Verformungskennwerten aus dem durch quasistatische Belastung im Zugversuch ermittelten Spannungs-Dehnungs-Diagramm. 2 Versuchsgrundlagen Die Festigkeit, d. h. die Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Kräften bzw. mechanischen Momenten, sowie die Verformbarkeit spielen beim Einsatz bzw. der Bearbeitung von Werkstoffen eine wesentliche Rolle. Zur Bestimmung von Festigkeits- und Verformungsparametern wird sehr häufig der Zugversuch eingesetzt. Die allgemein gültigen Festlegungen zum Zugversuch, einschließlich Definition der Messgrößen und abgeleiteten Größen sowie Angaben über Entnahme und Gestaltung der Messproben und -verfahren, sind in den Normen DIN EN ISO 6892-1 [1] und DIN 15125 [2] verankert. (Die Vorgängernorm zur DIN EN ISO 6892-1, die DIN EN 10002 [3], ist für ältere Prüfmaschinen, wie sie im Praktikumsversuch verwendet wird, eine praktikablere und z.t. einfacher verständliche Norm. Deshalb wird im Praktikumsversuch mehr auf diese alte Norm Bezug genommen.) Beim Zugversuch wird die Probe einer quasistatischen Zugbelastung unterzogen. Dazu wird sie mit steigender Zugkraft mit niedrigen Dehn- bzw. Spannungszunahmegeschwindigkeiten bis zum Bruch gedehnt und der Zusammenhang zwischen Zugkraft F und Längenänderung L registriert. Zumindest zu Beginn der Verformung kann die Belastung als einachsig angesehen werden. Um einen quantitativen Vergleich der Festigkeits- und Verformungswerte zu ermöglichen, muss der Zugversuch unter definierten bzw. standardisierten Prüfbedingungen erfolgen. Der Prüfkörper kann u. a. als Rundstab oder Flachstab ausgeführt werden. Am Ende besitzt er Einspannköpfe mit einem vergrößerten Querschnitt. Da die gemessenen Parameter zum Teil von der Probengeometrie abhängen, sind zur Gewährleistung vergleichbarer und reproduzierbarer Ergebnisse bestimmte Bedingungen hinsichtlich Probenform und -abmessungen zu berücksichtigen. Insbesondere ist ein bestimmtes Verhältnis von Messlänge zu Probendurchmesser D o bzw. Probenquerschnitt S o einzuhalten. Man setzt bevorzugt Proportionalstäbe ein, für die = 5, 65 S o (1) (für Rundstäbe = 5 D o ) gilt. Die Anfangsmesslänge darf der Prüfnorm entsprechend nicht kleiner als 20 mm sein. Wenn der Probenquerschnitt zu klein ist, um diese Bedingung bei k = 5,65 zu erfüllen, darf ein größerer Faktor (z. B. k = 11,3 - frühere Bezeichnung: langer Proportionalstab) oder eine nichtproportionale Probe verwendet werden. Bei letzteren kann die Anfangsmesslänge unabhängig vom TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 1

Anfangsquerschnitt gewählt werden. Die Normabweichung ist im Prüfprotokoll zu vermerken, da sie Auswirkungen auf die Messwerte haben kann. Es ist weiterhin zu beachten, dass der Probenquerschnitt über die Messlänge konstant ist und die Eigenschaften des Materials bei der Probenpräparation nicht beeinflusst werden (zur Probennahme siehe [1, 3, 4]). Durch die Einführung der Größen Spannung R (Normalspannung, als allgemeines Symbol für mechanische Spannungen ist auch σ gebräuchlich) und Dehnung ε R = F S o (2) ε = L oder ε = L 100% [%] (3) bzw. bei Verwendung einer Längenänderungsmesseinrichtung (z. B. induktiver Dehnungsmesser) mit ε = L L e L e (4) F... Zugkraft S o... Anfangsquerschnitt des Probekörpers... Anfangsmesslänge L e... Gerätemesslänge L bzw.l L e... Längenänderung infolge der Zugbelastung lässt sich der im Zugversuch ermittelte Zusammenhang zwischen Zugkraft und (absoluter) Längenänderung in ein Spannungs-Dehnungs-Diagramm umrechnen, aus dem sich die von der Probenform weitgehend unabhängigen Festigkeitsparameter ableiten lassen (s. Bild 1). Kurve (1): Kurve (2): für eine Werkstoff mit stetigem Übergang von elastischem zu plastischem Verformungsbereich Spannungs-Dehnungs-Diagramm für einen Werkstoff mit ausgeprägtem Streckgrenzenverhalten (R el, R eh untere bzw. obere Streckgrenze) Der Anfangsteil der Kurve kennzeichnet den Bereich reversibler Verformung. Für den häufig anzutreffenden Fall linear-elastischer Verformung gilt das Hookesche Gesetz [5, 6]. Unter Annahme eines (quasi)isotropen Werkstoffes hat es folgende Form R = E ε (5). Aus dem Anstieg der Hookeschen Geraden lässt sich der Elastizitätsmodul E als wichtige mechanische Materialkenngröße ermitteln. Der Maximalwert der Belastung, bei der noch elastische Verformung auftritt, wird als Elastizitätsgrenze R p0 bezeichnet. Messtechnisch kann dieser Wert kaum exakt erfasst werden. Man bestimmt ersatzweise als technische Elastizitätsgrenze die Spannnung, bei der eine definierte bleibende Dehnung auftritt (genormter Wert R p0,01, d. h. die Spannung, die zu 0,01% bleibender Dehnung führt). TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 2

Bild 1: Spannungs-Dehnungs-Diagramm mit einigen werkstoffspazifischen Kennwerten Außer bei sehr sprödem Material, bei dem bereits am Ende des elastischen Bereichs der Bruch eintritt, beginnt nach Überschreiten der Elastizitätsgrenze die irreversible (plastische) Verformung des Werkstoffes. Zur Charakterisierung des Übergangs von plastischen Verformungen einzelner Kristallite (Mikroplastizität) zur bleibenden Verformung im gesamten Probenvolumen wird die Dehngrenze R p0,2 d.h. die Spannung, die zu 0,2% bleibender Dehnung führt, definiert. Zur Ermittlung der Dehngrenzen R p0,01 und R p0,2 wird in dem nach einmaliger Belastung aufgezeichneten Spannungs- Dehnungs-Diagramm ausgehend vom vorgeschriebenen Wert der plastischen Dehnung eine Parallele zur Hookeschen Gerade gezogen. Aus ihrem Schnittpunkt mit der Spannungs-Dehnungskurve können die gesuchten Spannungswerte abgelesen werden (s. Bild 2). Bei weichgeglühten Stählen und einigen anderen Werkstoffen tritt in Zusammenhang mit dem Übergreifen der elastischen Verformung auf das gesamte Probenvolumen eine mehr oder weniger ausgeprägte Unstetigkeit im Spannungs-Dehnungs-Diagramm auf (Streckgrenzenerscheinung) [5 7]. Die entsprechenden Grenzspannungen werden als obere Streckgrenze R eh und untere Streckgrenze R el bezeichnet. Für eine genaue Bestimmung des Elastizitätsmoduls sowie der Dehngrenzen ist die Verwendung eines Dehnungsmessers unerlässlich, der die Verlängerung der Gerätemesslänge, L L e, direkt anzeigt. Häufig werden hierfür induktive Dehnungsmesser eingesetzt [4, 8]. L e ist in diesem Fall der ursprüngliche Abstand der beiden Messschneidenpaare. Durch Verfestigung des Materials steigt die Spannung bis zu einem Maximalwert, der Zugfestigkeit R m, an. Hier beginnt eine Einschnürung an der schwächsten Probenstelle. Da die Querschnittsfläche dadurch merklich geringer wird als S 0, treten dort sehr große Spannungen auf, wodurch es an der Einschnürstelle verhältnismäßig schnell zum Bruch kommt. Zur Bestimmung der Bruchdehnung A werden am Probestab vor dem Einspannen zwei Messmarken im Abstand angebracht. Nach dem Zugversuch werden die beiden Stabenden möglichst versatzfrei zusammengelegt. Mit dem nunmehr vorliegenden Messmarkenabstand L u ergibt sich A = L u 100% (6) TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 3

Bild 2: Zur Ermittlung der Dehnungsgrenzen R p0,01 (technische Elastizitätsgrenze) und R p0,2 Die Bruchdehnung setzt sich aus Gleichmaßdehnung (tritt vor dem Erreichen von R m auf) und Einschnürdehnung (nach R m ) zusammen. Dadurch wird der Messwert von der Probengeometrie und u.u. von der Lage der Bruchstelle relativ zu den Messmarken abhängig. Mit Abnahme des Verhältnisses von Anfangslänge zum Anfangsquerschnitt der Messprobe nimmt beispielsweise die Bruchdehnung zu, da der Einfluss der Einschnürung auf die Gesamtdehnung bei kürzeren Stäben stärker ins Gewicht fällt. Damit wird es bei der Angabe der Bruchdehnung notwendig, Abweichungen von der genormten Proportionalprobe durch Index zu kennzeichnen. Die Berechnung der Bruchdehnung setzt einen Bruch voraus, der etwa in der Probenmitte auftritt. Bei stark außermittigem Bruch sind gegebenenfalls Korrekturmethoden anzuwenden (s. DIN EN 10002-1 [3]). Die Querschnittsänderung infolge der Einschnürung an der späteren Bruchstelle lässt sich durch die Brucheinschnürung Z = S o S u S o 100% (7) (S u Querschnitt an der Bruchstelle) charakterisieren. Neben dem konventionellen Zugversuch werden auch zahlreiche Modifikationen angewendet (Prüfung realer Bauteile, mehrachsige, inhomogene Belastung, Zugversuch bei hohen oder tiefen Temperaturen u.ä.). Als Haftzugversuch wird eine Versuchsvariante zur Bestimmung der Haftfestigkeit von Schichten eingesetzt. 3 Vorbereitungsaufgaben 1. Informieren Sie sich über den Mechanismus von reversibler (elastischer) und von irreversibler (plastischer) Verformung [5, 6]! a) Welche Vorgänge laufen bei einer elastischen Verformung auf atomarer Ebene ab? b) Wie lässt sich aus diesen Vorgängen das Hookesche Gesetz plausibel erklären? TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 4

c) Auf welche mikroskopischen Prozesse ist eine plastische Formänderung im Wesentlichen zurückzuführen? d) Welche Ursachen hat die Kaltverfestigung? e) Was sind die atomaren Ursachen für das Auftreten eines ausgeprägten Streckgrenzen-- effektes? 2. Welche praktischen Erkenntnisse können aus den gemessenen Größen E; R p0 bzw. R p0,01 / R p0,2 oder R eh / R el ; A; Z jeweils gewonnen werden. Welche Aussagen können sie für den Einsatz sowie bei der Bearbeitung der Werkstoffe liefern? 4 Praktikumsaufgaben 1. Bestimmen und markieren Sie für die vorliegenden Messproben die Messlänge. 2. Bereiten Sie den Zugversuch mit Hilfe der am Versuchsplatz ausliegenden Bedienvorschriften vor. Während des Versuches sind diese sowie die Anweisungen des Versuchsbetreuers unbedingt einzuhalten! 3. Ermitteln Sie den Elastizitätsmodul sowie die Dehngrenzen R p0,01 und R p0,2 unter Zuhilfenahme des induktiven Dehnungsmessers. 4. Nehmen Sie das komplette Spannungs-Dehnungs-Diagramm auf und berechnen Sie daraus die Zugfestigkeit, die Bruchdehnung und die Brucheinschnürung. 5. Diskutieren Sie die erhaltenen Werte (Messfehler, Vergleich mit bekannten Werten aus der Literatur,...). Eine detaillierte Aufgabenstellung liegt am Versuchsplatz im Meitnerbau, G.-Kirchhoff-Str. 5, Raum 3.2.311 aus! Literaturliste [1] Metallische Werkstoffe - Zugversuch, Teil 1: Prüfverfahren bei Raumtemperatur. In: Deutsche Norm DIN EN ISO 6892-1 (2017) [2] Prüfung metallischer Werkstoffe - Zugproben. In: Deutsche Norm DIN 50125 (2016), S. 18 [3] Metallische Werkstoffe - Zugversuch, Teil 1: Prüfverfahren bei Raumtemperatur. In: Deutsche Norm DIN EN 10002, (2001) [4] Blumenauer, H.: Werkstoffprüfung. 6. korr. Auflage. Weinheim : VCH-Verlagsgesellschaft, 1994. 426 S. ISBN 978 3342005476 [5] Schatt, W. ; Pompe, W. ; Worch, H.: Werkstoffwissenschaft. 10. Auflage. Weinheim : Wiley-VCH Verlag, 2011. 578 S. ISBN 978 3527323234 [6] Bergmann, W.: Werkstofftechnik - Teil1: Grundlagen. 6. Auflage. München, Wien : Hanser-Verlag, 2008. ISBN 978 3446225763 [7] Heine, B.: Werkstoffprüfung. 2. Auflage. Leipzig : Hanser Fachbuchverlag, 2011. 398 S. ISBN 978 3 446 42553 8 [8] Macherauch, E. ; Zoch, H.-W.: Praktikum in Werkstoffkunde. 11. Auflage. Wiesbaden : Vieweg+Teubner Verlag, 2011. 602 S. ISBN 978 3 8348 0343 6 TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 5