61 Beate Brechmann
62 UNTER VIER AUGEN Beate Brechmann Kompetenzzentrum der FHM, Bielefeld Bitte stellen Sie sich unseren Leser/-innen vor! Mein Name ist Beate Brechmann. Ich bin Diplom-Psychologin und habe hier in Bielefeld studiert. Schon während meines Studiums hatte ich Psychologie in der Wirtschaftswelt und im Arbeitsleben als Schwerpunkt. Nach meinem Studium war ich erst als Trainerin aktiv, bevor ich bei einer kleinen Unternehmensberatung gearbeitet habe. Welche Kompetenzen gibt es? Die Kompetenzen sind in 4 Kompetenz-Bereiche aufgeteilt. Das ist zum Einen der Bereich der personalen Kompetenz. Hier geht es darum, wie ich mich im Bezug auf die eigene Person organisiere. Wie wichtig sind mir eigene Werte? Wie wichtig ist es mir, Verantwortung zu übernehmen oder meinen eigenen Standpunkt zu vertreten? Seit 2005 bin ich an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) tätig und arbeite hier im FHM-Kompetenzzentrum. Wir sind Ansprechpartner für Unternehmen und Organisationen in der Wirtschaft in allen Fragen, bei denen es um Personalauswahl und -entwicklung geht. Der zweite Bereich ist die Aktivität- und Handlungskompetenz. Hier wird geschaut, in wieweit ich jemand bin, der sich aktiv und willensstark für ein Ziel einsetzt. Bin ich zum Beispiel eine Person, die sich gut an die Spitze von Projekten setzen kann, Dinge voran treiben kann oder bin ich eher zurückhaltend? Wofür steht die Abkürzung KODE? KODE steht für Kompetenz-Diagnostik und Entwicklung. Es ist ein Instrumentarium, mit dem überfachliche Kompetenzen einer Person erfasst werden können. Mit KODE kann ich erfassen, wo die Stärken einer Person liegen und eine Bestandsaufnahme von den Kompetenzen einer Person machen. Das Wort Entwicklung im Namen weist daraufhin, dass sich Kompetenzen über die Zeit verändern können. Dann gibt es den Bereich der Fach- und Methodenkompetenz. Bin ich jemand, dem sachliche Lösungen wichtig sind, der vielleicht sehr strukturiert vorgeht und versucht Schritt für Schritt Aufgaben zu planen und dann auch umzusetzen? Oder bin ich jemand, der aus dem Bauch heraus agiert, sozusagen los läuft und dann schaut, was sich unterwegs ergibt? Der vierte Bereich ist die sozial-kommunikative Kompetenz. Hier wird erfasst, wie sich eine Person in Bezug auf andere Leute organisiert. Wie wichtig ist mir die Meinung oder die
63 Anerkennung anderer Leute? Wie wichtig ist es für mich gemeinsame Lösungen zu finden? Bin ich jemand, der ein Gespür für die Meinungen und die Gefühle anderer Personen hat? Inwieweit versuche ich, gemeinsame Lösungen und Kompromisse zu finden, zu vermitteln? Oder bin ich vielleicht sehr unabhängig von der Meinung anderer und kann gut mein eigenes Ding machen? Wer hat KODE entwickelt? KODE fußt auf einer Theorie von den Professoren Volker Heyse und John Erpenbeck. Sie haben Mitte der 1990er Jahre die Kompetenztheorie wissenschaftlich formuliert und das Verfahren entwickelt. Das Verfahren wird ständig weiterentwickelt. Das heißt, dass es weiter Forschungsarbeiten dazu gibt, deren Erkenntnisse dann wiederum in das Verfahren eingespeist werden. Mit welchem Ziel setzen Unternehmen KODE ein? Die Ziele sind ganz vielfältig. Ein Bereich ist die Personalentwicklung. Ein Unternehmen kann z. B. schauen, wo die Stärken seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegen. Bei der Laufbahn- oder Karriere-Entwicklung bekommen Unternehmen Aussagen dazu, wo Mitarbeitende ihre Stärken gut einsetzen können und besonders gut in einem Unternehmen oder einem Unternehmensfeld agieren können. Eine weitere Möglichkeit ist die Planung von Weiterbildung. Wenn ein Mitarbeiter eine bestimmte Position bekleiden soll, kann sich das Unternehmen Gedanken machen, wie die Person aufgestellt sein muss, um den Anforderungen an die Position gut gerecht zu werden. Ich kann den Soll-Zustand mit dem Ist-Zustand bei einer Person abgleichen und weiß dann, wo die Person noch Unterstützung braucht. Man kann das KODE -Verfahren auch im Coaching einsetzen oder um Teams zusammenzustellen. Wenn ein bestimmtes Team mit einer bestimmten Aufgabe zusammengestellt werden soll, müssen die Teammitglieder als Ganzes bestimmte Anforderungen erfüllen. KODE hilft hier, Teammitglieder auszuwählen. Selbst bei Konflikten zwischen verschiedenen Parteien haben wir KODE schon eingesetzt. Indem die Ergebnisse besprochen werden, findet man einen Zugang, um wieder ins Gespräch zu kommen und um Konflikte oder Streitereien ein Stück weit anzugehen und sich mit dem anderen auseinanderzusetzen.
64 UNTER VIER AUGEN Wie ist KODE aufgebaut? Bei KODE handelt es sich um einen Fragebogen. Darin sind immer kurze Situationen geschildert mit 4 verschiedenen Antwort- Möglichkeiten. Für jede Situation muss einschätzt werden, welche der Antwort- Möglichkeiten am meisten auf mich zutrifft, welche am zweit meisten, welche am dritt meisten und welche am viert meisten. Den Fragebogen gibt es als Papierversion, aber auch Internet-basiert. Diese Version wird von den meisten Unternehmen angewandt. Den Fragebogen gibt es zum einen als Selbsteinschätzung. Dass heißt, eine Person füllt den Fragebogen für sich selber aus, um sich selbst einzuschätzen. Darüber hinaus es gibt ihn als Fremdeinschätzung. Dabei schätzt z. B. ein Kollege oder ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter ein. Was passiert nach dem Ausfüllen? Wenn der Bogen ausgefüllt wurde, wird er an uns geschickt und wir werten ihn im Kompetenzzentrum der FHM aus. Das machen sie auch für unser Unternehmen? Ja. Sobald ein Fragebogen von wertkreis Gütersloh online ausgefüllt worden ist, können wir ihn abrufen, die Ergebnisse aus-werten und dann ein so genanntes KODE - Gutachten, erstellen. Bei Ihnen im Hause erhalten die Bildungsbegleiter das Gutachten für eine bestimmte Person und setzen sich dann mit der jeweiligen Person zusammen, um das Ergebnis gemeinsam zu besprechen und zu überlegen, welche Ziele und Maßnahmen man daraus im Hinblick auf die Aufgaben und Arbeitssituation ableiten kann. Die KODE - Auswertung bildet dabei eine gute Grundlage, die für alle nachvollziehbar und die objektiv/ standardisiert verfasst ist. Auf dieser Basis kann dann gemeinsam überlegen werden, wie jetzt weiter vorgegangen werden soll. Bei uns wird KODE für die Berufliche Bildung von Mitarbeitenden mit Behinderungen eingesetzt. Was sagt das über die Qualität von KODE aus? Das KODE -Verfahren verfügt nicht nur über gute Werte im Hinblick auf die Testgütekriterien, sondern es umfasst auch eine sprachlich vereinfachte Fragebogen-Version, die auch bei wertkreis Gütersloh zum Einsatz kommt. Das Verfahren fokussiert auf die einzelne Person und ihre individuellen Kompetenzen. Es wird erfasst, wo eine Person ihre Stärken hat und wie sie an Aufgaben herangeht. Damit ist das Verfahren sehr wertschätzend, denn jeder Mensch hat Kompetenzen in jedem Bereich. Es gibt keine Minuspunkte.
65 Das Schöne bei KODE ist auch, dass man in relativ kurzer Zeit ein recht umfassendes Bild von den verschiedenen Stärken einer Person erhält, denn das Ausfüllen des Fragebogens dauert nur ungefähr 20 Minuten. Welche Unternehmen setzen KODE denn ein? Das KODE -Verfahren wird in verschiedenen Unternehmen und Organisationen eingesetzt. Im klassischen Industrieproduktions-Bereich genauso wie im sozialen oder im kommunalen Bereich, sowie eben auch im Berufsbildungsbereich. Dabei geht es in der Regel um den ersten Arbeitsmarkt. Die Unternehmen, die KODE einsetzen, sind ganz unterschiedlich. Ein Beispiel ist das Industrieunternehmen Polysius AG in Beckum, die zur ThyssenKrupp-Gruppe gehören. Die Gauselmann AG in Espelkamp setzt ebenso wie das Klinikum Bielefeld oder auch Kraftverkehr Nagel in Versmold das Verfahren ein. Auch die von Bodelschwinghschen Stiftungen nutzen KODE für Führungsnachwuchskräfte und im Bereich Mitarbeiterplanung. Das heißt, wir sind als Träger der Eingliederungshilfe eher eine Ausnahme? Bisher ist wertkreis Gütersloh unser einziger Kunde, der KODE im Bereich der Eingliederungshilfe nutzt. Es gibt aber vermehrt Anfragen aus dem Berufsbildungsbereich bzw. Reha-Bereich. Dies hängt sicher auch mit dem Umdenken in dem gesamten Bereich zusammen und den Anforderung durch das HEGA-Konzept der Bundesagentur für Arbeit. Danach muss ein standardisiertes Verfahren eingesetzt werden, welches unabhängig davon, wie ich den Mitarbeiter mit eigenen Worten beschreiben würde, seine Kompetenzen erfasst. Dabei gewinnt man ein Stück weit mehr Objektivität, denn man ermittelt nicht nur die Aspekte einer Person, die einem vielleicht gerade vor Augen stehen, sondern es wird ein Kompetenz-Rahmen abgefragt. Der führt die Kompetenzen auf und ist für alle gleich verständlich. In diesem Rahmen bewegen wir uns und können sagen, wo eine Person Stärken hat. Bei Ihnen im Unternehmen ist KODE eines von mehreren Instrumenten der Personalentwicklung, denn es gibt auch Angebote der fachlichen Weiterbildung. Ich denke, dass diese Kombination und auch die Herangehensweise, gemeinsam auf die Stärken einer Person zu schauen, mit ihr ins Gespräch zu gehen über die nächsten Schritte mit ihr zu sprechen, das Umdenken insgesamt voran bringen wird. Vielen Dank für das Gespräch!