In Bezug auf die Verluste, die durch die Vermögensverwaltung der Banken entstanden

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Transkript:

PRIVATE CLIENTS Oktober 2014 Aktuelles zur Haftung von Stiftungsorganen Mit einem bislang wenig beachteten Urteil vom 08.11.2013 (Az. 6 U 50/13) hat sich das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) zur Haftung von Stiftungsorganen geäußert. In dem Fall ging es um eine rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts mit einem (Allein-) Vorstand und einem Kuratorium als Aufsichtsorgan. Das Vermögen der Stiftung von rund EUR 9 Mio. verringerte sich während der Amtszeit der Vorstandes um rund EUR 6 Mio. Dies war zum einen darauf zurückzuführen, dass der Vorstand für den operativen Betrieb Vermögen entnahm und verbrauchte. Zum anderen sind im Rahmen der von einer Bank durchgeführten Vermögensverwaltung Verluste entstanden. Das OLG hat die Auffassung vertreten, dass der Vermögensverlust auf einer schuldhaften Pflichtverletzungen des Vorstandes beruht und eine Schadensersatzpflicht gegenüber der Stiftung bejaht. Der Vorstand habe die ihm nach dem Landestiftungsgesetz, der Stiftungssatzung und seinem Anstellungsvertrag obliegende Pflicht verletzt, das Stiftungsvermögen in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten. In Bezug auf das Vermögen, das für den operativen Betrieb verbraucht wurde, ergab sich die Pflichtverletzung daraus, dass Vorstand und Kuratorium gemeinsam eine Höchstgrenze für die jährlichen Ausgaben der Stiftung festgelegt hatten und die Entnahmen des Vorstandes diese Höchstgrenze überstiegen. In Bezug auf die Verluste, die durch die Vermögensverwaltung der Banken entstanden sind, sah das OLG die Pflichtverletzung des Vorstandes in der von ihm getroffenen Anlageentscheidung. Dies verwundert insofern, als der Vorstand die Vermögensverwaltung auf Banken ausgelagert hatte. Gleichwohl sah das OLG eine Pflichtverletzung im Festhalten an den Anlagegeschäften der Bank: Der [Vorstand] kann sich nicht darauf zurückziehen, die Banken hätten die Käufe getätigt und auch später die Geldanlagen vorgenommen. Bei einer derart hohen Summe muss sich der Vorstand in Wahrnehmung der Vermögensinteressen der [Stiftung] stets erkundigen, wie sich die Geldanlagen entwickeln, notfalls muss [er] einschreiten. Sehr geehrte Damen und Herren, mit großer Spannung erwarten wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dem Erbschaftsteuergesetz. Dass sie die Diskussion über die Reform der Erbschaftsteuer befeuern wird, hat sich schon in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2014 gezeigt. Die Entscheidung soll nun im Herbst verkündet werden. Sobald sie vorliegt, werden wir Sie darüber informieren und erste Handlungsempfehlungen geben. Es gibt aber auch noch andere wichtige Themen, die bei der Nachfolgegestaltung und der Verwaltung von Stiftungen von wesentlicher Bedeutung sind. In dieser Ausgabe unseres Newsletters berichten wir über die Herausforderungen, die mit dem digitalen Nachlass verbunden sind, über die Haftungsgefahren für Stiftungsvorstände, selbst wenn sie eine Bank mit der Vermögensverwaltung beauftragt haben, und über zwei Steuergestaltungen zum Familienwohnheim, denen der Bundesfinanzhof eine Absage erteilt hat. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre dieser Beiträge. Ihr Wolfram Theiss Kürzung des Schadensersatzanspruchs wegen Mitverschulden des Kuratoriums Die Schadensersatzansprüche der Stiftung gegen den Vorstand wurden 1 Private Clients Oktober 2014

vom OLG um 50 % gekürzt, wegen Mitverschulden des Kuratoriums. Dieses Mitverschulden sah das OLG darin, dass das Kuratorium es versäumt habe, dem Vorstand klare Weisungen zu erteilen, obwohl ihm die Verluste bei der Vermögensverwaltung und die Überentnahmen bekannt waren und es nach der Satzung den Vorstand zu überwachen hatte. Ob dieses Vorgehen eine Anspruchskürzung wegen Mitverschulden des Kuratoriums in dieser Allgemeinheit richtig ist, dürfte zumindest fraglich sein. Grundsätzlich müsste ein Mitverschulden des Kuratoriums zu einer gesamtschuldnerischen Haftung von Vorstand und Kuratorium gegenüber der Stiftung führen. In diesem Rahmen würden beide Organe im Verhältnis zur Stiftung jeweils voll haften und könnte das von der Stiftung in Anspruch genommene Organ von dem jeweils anderen Organ anteilig Ausgleich verlangen. Ausnahmsweise kann ein Mitverschulden des Kuratoriums auch dazu führen, dass der Anspruch der Stiftung gegen den Vorstand zu kürzen ist: etwa wenn für beide Organe im Verhältnis zur Stiftung unterschiedliche Haftungsmaßstäbe gelten, der Vorstand etwa für einfache Fahrlässigkeit haftet, das Kuratorium hingegen nur für grobe Fahrlässigkeit. Fällt dem Kuratorium bei der Überwachung des Vorstandes keine grobe Fahrlässigkeit zur Last, haftet es gegenüber der Stiftung nicht. Es entsteht keine Gesamtschuld und der Vorstand kann bei Inanspruchnahme durch die Stiftung keinen Ausgleich von dem Kuratorium verlangen. Die Haftungsprivilegierung des Kuratoriums wirkt sich so zu Lasten des Vorstandes aus. In einem solchen Fall erscheint es recht und billig, den Anspruch der Stiftung gegen den Vorstand um den Mitverschuldensanteil des Kuratoriums zu kürzen. Kürzung des Schadensersatzanspruchs wegen Entlastung durch das Kuratorium Die Schadensersatzansprüche der Stiftung wurden vom OLG weiter gekürzt, weil der Vorstand für die ersten Jahre seiner Tätigkeit vom Kuratorium bereits entlastet worden war. Damit hat sich erstmals ein Gericht zur Wirkung der Entlastung eines Stiftungsorgans geäußert und ausdrücklich Verzichtswirkung angenommen. Bislang waren die Wirkungen einer Entlastung umstritten, wobei gute Argumente für eine Verzichtswirkung sprechen, vor allem dann, wenn nach der Satzung ein Organ ausdrücklich zur Entlastung befugt ist. Fazit Der Fall und die Entscheidung des OLG zeigen, dass der Vorstand sich bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens nicht dadurch von seiner Haftung freizeichnen kann, dass er diese auf professionelle Vermögensverwalter auslagert. Der Vorstand muss die Verwaltung selbst im Blick behalten und erforderlichenfalls einschreiten. Das gilt auch für Aufsichtsorgane. Um das Risiko einer Inanspruchnahme zu reduzieren, sollten Mitglieder von Stiftungsorganen regelmäßig Entlastung beantragen. Dabei ist zu beachten, dass die Entlastung nur dann als Verzicht auf Schadensersatzansprüche wirkt, wenn das entlastende Organ umfassend über die Tätigkeit des zu entlastenden Organs informiert worden ist, insbesondere Kenntnis von potentiell haftungsträchtigen Sachverhalten erhalten hat. Der digitale Nachlass Eine neue Herausforderung für die Nachfolgeplanung Ein verantwortungsvoller Mensch regelt bei Zeiten durch ein Testament, wer ihn im Fall seines Ablebens beerben soll. Sind damit wirklich alle relevanten Fragen der Nachfolgeplanung geregelt? In Zeiten fortschreitender Digitalisierung kann diese Frage leider nicht einfach mit Ja beantwortet werden. Immer stärker vertrauen wir auf und sind abhängig von elektronischen Diensten, von E-Mail-Accounts, digitalen Speicherplätzen ( cloud computing ) und Geschäftsbeziehungen, die nur noch elektronisch gepflegt werden. Ein facebook-account wird nicht mehr nur von Teenagern genutzt, sondern dient Menschen aller Altersklassen zum Austausch, zur Kommunikation. Was passiert mit all diesen Daten, wenn das Leben vorbei ist? Wer benötigt Zugang zu ihnen? Wer erhält Zugriff auf sie? Welcher Aufwand ist hiermit für die Erben verbunden? Unter dem Schlagwort digitaler Nachlass wird dieser Problemkreis verstärkt in der juristischen Beratung relevant. Insbesondere, weil Erben häufig zur Abwicklung des Nachlasses auf Daten angewiesen sind, die nur in digitaler Form vorhanden sind. 2 Private Clients Oktober 2014

Der Vorschlag, einfach den näheren Angehörigen das Masterpasswort mitzuteilen, ist schon im Hinblick auf den Datenschutz nicht empfehlenswert bzw. kaum praktikabel. Schließlich sollen für verschiedene Konten unterschiedliche Passwörter verwendet und diese regelmäßig geändert werden. Wer bereits zu Lebzeiten seine Passwörter kommuniziert, läuft das Risiko, dass Emails von den Angehörigen mitgelesen werden. Das ist kaum gewollt. Aber auch die Hinterlegung einer Liste mit den jeweils aktuellen Passwörtern an einer sicheren Stelle, an der die Erben sie nach dem Tod finden sollen, ist häufig nicht im Interesse des Erblassers. Nicht jeder möchte, dass seine sämtlichen E-Mails und digitalen Dokumente von allen Erben gelesen werden können. In rechtlicher Hinsicht ist mit Blick auf den digitalen Nachlass noch vieles ungeklärt. Während in der juristischen Literatur weitgehend Einigkeit in der Frage herrscht, dass physisch beim Erblasser vorhandene Datenträger, samt den auf ihnen gespeicherten Daten wie Dokumente und E-Mails im Rahmen der Universalsukzession auf die Erben übergehen, ist dies hinsichtlich solcher Daten, die nur bei einem Provider gespeichert sind, umstritten: Soweit E-Mails betroffen sind, ist bereits umstritten, ob ein Zugriff Dritter auf die im Postfach online gespeicherten E-Mails überhaupt rechtlich zulässig ist, oder ob dies abzulehnen ist wegen eines Verstoßes gegen 88 TKG, der das Fernmeldegeheimnis auf Diensteanbieter wie E-Mail-Provider erstreckt. Solange insoweit keine Klarstellung durch Gerichte oder Gesetzgeber erfolgt, sollten E-Mails, die Informationen beinhalten, die der Erbe zur Fortführung eines Betriebs oder sonst zur Abwicklung des Nachlasses dringend benötigt, nicht nur online gespeichert, sondern zumindest auf den eigenen Computer heruntergeladen oder als hard copy aufbewahrt werden. Soweit man den Zugriff Dritter auf online gespeicherte Emails als zulässig ansieht, gilt ebenso wie für sonstige nur online gespeicherte Daten Folgendes: Die herrschende Meinung geht davon aus, dass die Auskunftsansprüche des Erblassers gegenüber dem Provider in Bezug auf die bei diesem gespeicherten 3 Private Clients Oktober 2014 Daten auf die Erben übergehen. Einige bedeutende Stimmen in der juristischen Literatur berufen sich jedoch auf nachwirkende Elemente des Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen und sind der Auffassung, dass jedenfalls bei Dokumenten mit persönlichkeitsrechtlich relevantem Inhalt nicht die Erben, sondern nur die nächsten Angehörigen zur Wahrnehmung dieser Rechte berechtigt sind. Würde man dem folgen, wären bei Dokumenten und E-Mails mit überwiegend vermögensrechtlichem Inhalt die Erben berechtigt, während hinsichtlich schwerpunktmäßig persönlichkeitsrelevanter Dokumente und E-Mails die möglicherweise personenverschiedenen nächsten Angehörigen berechtigt wären. Die Abgrenzungsprobleme liegen auf der Hand. Richtig dürfte deshalb sein, nicht zwischen ideellen und vermögensrechtlichen Inhalten zu unterscheiden und einen Anspruch des Erben auf Herausgabe sämtlicher Daten und Emails zu bejahen. Vielfach besteht aber nicht nur ein ideelles oder informatorisches Interesse an den Daten, vielmehr können auch digitale Vermögenswerte als solche vererbt werden sei es ein populärer Blog mit Werbepartnern und Followern, sei es ein e-bay- oder amazon-marketplace-account mit gutem Leumund oder eine einprägsame, bekannte Internetadresse. Was physisch leicht übertragbar wäre, bedarf in der digitalen Welt aufwändiger Vorgedanken, soll der Transfer leicht und überhaupt möglich sein. Probleme können hier insbesondere auch daraus entstehen, dass viele beliebte online-plattformen und E-Mail-Anbieter allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden, die Sterbefälle überhaupt nicht regeln, oder was meist problematischer ist rechtlich zweifelhafte oder unwirksame Regelungen treffen. Auch hier empfiehlt es sich, als Erblasser durch eine klare letztwillige Verfügung vorzusorgen. Zu bedenken ist auch, dass es durchaus Konstellationen geben kann, in denen der Erblasser einen Zugriff der Erben auf bestimmte online gespeicherte Daten ausdrücklich nicht wünscht. Genauso wie manches Tagebuch oder mancher Brief in vorgerückten Lebensjahren den Weg ins Feuer findet, sind auch nicht alle digital vorhandenen Informationen dazu bestimmt, den Erben in die Hände zu fallen. Wer einen Zugriff seiner Erben auf online gespeicherte Daten verhindern möchte, kann dies nicht allein durch testamentarische Regelungen erreichen. In diesen Fällen bedarf es einer vertraglichen Vereinbarung mit dem jeweiligen Provider, dass der Account nach dem Ableben des Nutzers gelöscht wird. Mittlerweile wird diese Möglichkeit auch von einzelnen Providern in ihren Bedingungen angeboten. Durch ausdrückliche Regelungen können Auseinandersetzungen darüber vermieden werden, ob und wenn ja von wem auf online gespeicherte Daten des Erblassers zugegriffen werden kann. Zugleich wird mit einer umfassenden rechtlichen Lösung auch sichergestellt, dass die Erben die Informationen, die sie dringend brauchen, um den Nachlass zu verwalten und abzuwickeln, rechtzeitig erhalten. Hier können Versäumnisse zu Haftungsproblemen und enormem Aufwand führen. Auch die digitale Nachlassabwicklung wird für die Erben immer wichtiger die Pflicht zur rechtzeitigen Änderung des Impressums bei Internet-Homepages ist nur ein Beispiel. Festgehalten werden kann somit, dass eine Nachfolgeplanung, die Fragen des digitalen Nachlasses außen vor lässt, nicht mehr zeitgemäß ist.

Steuerbegünstigte Übertragung des Familienwohnheims Neueste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in zwei Fällen mit der steuerlichen Begünstigung einer lebzeitigen bzw. letztwilligen Übertragung des Familienwohnheims an den Ehepartner befasst. Beide Fälle betrafen zwar Vorgängervorschriften der aktuellen Begünstigungsregelung. Sie sind jedoch auch für die insoweit im Wesentlichen inhaltsgleiche heutige Fassung des Gesetzes von Bedeutung. Die vom BFH getroffenen Entscheidungen bringen einerseits Klarheit hinsichtlich des Anwendungsbereich des Befreiungstatbestandes, sie werfen andererseits aber auch neue Fragen auf. Nach dem Erbschaftsteuergesetz ist die lebzeitige Übertragung eines im Inland bzw. in einem EWR-/EU- Mitgliedsstaat belegenen selbstgenutzten Familienwohnheims an den Ehegatten von der Schenkungsteuer befreit ( 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG). Das Familienwohnheim kann also steuerfrei auf den Ehegatten übertragen werden, ohne dass der allgemeine Freibetrag (alle 10 Jahre EUR 500.000) angetastet werden muss. Auch von Todes wegen ist ein steuerfreier Erwerb des Familienwohnheims durch den überlebenden Ehegatten möglich, vorausgesetzt, dass der überlebende Ehegatte die Immobilie während der zehn auf den Erbfall folgenden Jahre selbst zu Wohnzwecken nutzt ( 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG). Ferienimmobilie als Familienheim? In einem der vom BFH entschiedenen Fälle ging es um die Frage, ob auch eine selbstgenutzte Zweit- oder Ferienwohnung ein Familienwohnheim im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes darstellt. Konkret ging es um die Schenkung einer exklusiv ausgestatteten Doppelhaushälfte auf Sylt im Wert von etwa EUR 1,2 Mio. Mit Urteil vom 18.07.2013 (Az. II R 35/11) hat der BFH entschieden, dass eine Immobilie nur dann als Familienheim im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes gilt, wenn sich darin im Zeitpunkt der Übertragung der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet. Mit dieser Entscheidung hat der BFH sich der ganz herrschenden Meinung in der Literatur angeschlossen. Eine Ferienimmobilie kann also nur dann steuerfrei auf den Ehepartner übertragen werden, wenn zuvor der Lebensmittelpunkt der Eheleute in diese Immobilie verlagert wurde. Der BFH hat zwar nicht näher konkretisiert, welche Anforderungen im Einzelnen an den Lebensmittelpunkt eines Ehepaares zu stellen sind. Klar ist jedoch, dass es nicht genügt, am Ort der Ferienimmobilie seinen Hauptwohnsitz anzumelden und das bisherige Familienheim zum Nebenwohnsitz zu erklären. Vielmehr ist davon auszugehen, dass wie bei der Definition des Lebensmittelpunktes für Zwecke der Doppelbesteuerungsabkommen maßgebend ist, wo die Eheleute bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles den Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen haben. In den meisten Fällen wird eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes in die Ferienimmobilie daher kaum praktikabel sein. Steuerbegünstigung für die Einräumung eines Wohnungsrechts? Der zweite vom BFH entschiedene Fall betraf die Frage, ob auch die Zuwendung eines lebenslangen Wohnungsrechts an der von den Eheleuten als Familienheim genutzten Immobilie erbschaftsteuerlichen begünstigt ist. In dem konkreten Fall hatte der verstorbene Ehegatte testamentarisch verfügt, dass das Eigentum an dem Familienwohnheim auf die gemeinsamen Kinder übergehen und die Ehefrau ein lebenslanges Wohnungsrecht in der Immobilie erhalten soll. Für den Erwerb des Wohnungsrechts hat die Ehefrau im Rahmen des erbschaftsteuerlichen Veranlagungsverfahrens die Steuerbefreiung für Familienwohnheime beansprucht. Das Finanzamt hat die Steuerbefreiung mit dem Hinweis auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift versagt, wonach die Befreiung nur für den Erwerb von Eigentum oder Miteigentum an dem Familienheim gewährt wird. Dieser Auffassung hat sich der BFH in seiner Entscheidung vom 03.06.2014 (Az. II R 45/12) angeschlossen. Der Erwerb eines Wohnungsrechts an dem Familienheim ist also in vollem Umfang erbschaftsteuerpflichtig. Im entschiedenen Fall mussten die Kinder den Erwerb des Eigentums an der Immobilie vermutlich ebenfalls versteuern, jedenfalls soweit der Freibetrag in Höhe von jeweils EUR 400.000 nicht mehr zur Verfügung stand oder bereits durch den Erwerb des sonstigen Nachlasses aufgezehrt war. Beim Erwerb des Familienheims von Todes wegen kommt eine Befreiung auch für Kinder nämlich nur in Betracht, wenn sie die Immobilie für mindestens 10 Jahre nach dem Erbfall selbst 4 Private Clients Oktober 2014

zu Wohnzwecken nutzen. Die Kinder hätten also in die Immobilie einziehen müssen, um eine Befreiung zu erlangen. In den Fällen, in denen Eheleute davon ausgehen, dass der Überlebende von ihnen das gemeinsame Familienheim nach dem Tod des Erstversterbenden weiter nutzen wird, empfiehlt es sich also aus erbschaftsteuerlicher Sicht, dem überlebenden Ehegatten testamentarisch die Immobilie selbst und nicht nur ein dingliches Nutzungsrecht daran zuzuwenden. Abgesang auf die Steuerbefreiung des Familienheims? Möglicherweise viel gewichtiger als die Entscheidung in der Sache selbst ist die in beiden Entscheidungen vom BFH getroffene Aussage zur Verfassungsmäßigkeit der Steuerbefreiung des Familienheims. Der BFH sieht die steuerliche Befreiung des Familienheims als sehr weitgehend an: Die Steuerbefreiung ist nicht auf die Zuwendung nur eines Familienwohnheims beschränkt; sie kann also nacheinander für mehrere Objekte in Anspruch genommen werden, wenn am jeweiligen Übertagungsstichtag die Voraussetzungen vorliegen. Lebt ein Ehepaar zunächst in Frankfurt und zieht später nach Berlin, könnte das Berliner Familienheim also auch dann steuerfrei übertragen werden, wenn die Steuerbefreiung vor dem Umzug bereits im Zusammenhang mit der Übertragung des Frankfurter Familienheims in Anspruch genommen wurde. Auch wird die Freistellung unabhängig von dem Wert des zugewendeten Familienheims gewährt wird und es erfolgt keine Anrechnung auf den allgemeinen Freibetrag. Aus Sicht des BFH ist diese weitreichende Privilegierung von Grundeigentümern gegenüber Inhabern anderer Vermögenswerte sachlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere könne die Begünstigung nicht mit einem Anspruch auf die steuerliche Freistellung des Gebrauchsvermögens der Familie begründet werden; diesem Anspruch werde bereits durch den allgemeinen erbschaftsteuerlichen Ehegattenfreibetrag Rechnung getragen. Vor diesem Hintergrund hat der BFH ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Steuerbefreiung des Familienheims geäußert. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht in seiner bevorstehenden Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des aktuellen Erbschaftsteuergesetzes auch diesen Aspekt aufgreifen wird. Es kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass im Zusammenhang mit der zu erwartenden Neufassung des Gesetzes die Steuerbegünstigung des Familienheims abgeschafft oder eingeschränkt wird. Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte: Noerr LLP Brienner Straße 28 80333 München Dr. Caroline Picot Rechtsanwältin Fachanwältin für Steuerrecht T +49 89 28628521 caroline.picot@noerr.com Dr. Frank Schuck Rechtsanwalt T +49 89 28628521 frank.schuck@noerr.com www.noerr.com Die Informationen in diesem Newsletter ersetzen nicht die Beratung im Einzelfall. Noerr LLP 2014 5 Private Clients Oktober 2014