Prof. Dr. Thomas Rüfner, Römisches Privatrecht 12

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Transkript:

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Kauf, Locatio conductio (= Miete, Pacht, werk- und Dienstvertrag), Auftrag, Gesellschaft, Leihe, u.u. auch Verwahrung und Pfandvertag bonae fidei iudicium. Stipulation, Darlehen, u.u. auch Verwahrung und Pfandvertrag strengrechtliche Klage.

Die Rechtsfolgen hängen vom Aufbau der Formel ab: Weites richterliches Ermessen bei der Bestimmung der Rechtsfolgen bei den bonae fidei iudicia: Der Beklagte wird verurteilt zu quidquid ob eam rem Numerium Negidium Aulo Agerio dare facere oportet ex fide bona. Keinerlei Ermessen bei der actio certae creditae pecuniae. Andere strengrechtliche Klagen: Condictio certae rei: Schätzung des Sachwerts gibt dem Richter mehr Spielraum. Noch weiteres Ermessen bei den auf ein incertum gerichteten Klagen (actio ex stipulatu): quidquid ob eam rem Numerium Negidium Aulo Agerio dare facere oportet. Formel ähnlich wie bei den bonae fideii iudicia, i aber ohne Erwähnung der bona fides.

Die anfängliche Unmöglichkeit führt zur Nichtigkeit des Geschäfts: At si quis rem, quae in rerum natura non est aut esse non potest, dari stipulatus fuerit, veluti Stichum, qui mortuus sit, quem vivere credebat, aut hippocentaurum, qui esse non possit, inutilis erit stipulatio. Wenn sich aber jemand eine Sache hat versprechen lassen, die nicht existiert, oder die nicht existieren kann wie zum Beispiel Stichus, der tot ist, während der Versprechensempfänger glaubte, er lebe, oder einen Hippocentaurus, den es nicht geben kann, dann ist die Stipulation unwirksam. (IJ. 3, 19, 1) 4

Bei zufälligem Untergang der geschuldeten Sache wird der Schuldner frei: si fundus chasmate perierit, Labeo ait utique aestimationem non deberi Labeo sagt, wenn ein [geschuldetes] Grundstück in einer Erdspalte untergegangen ist, werde der Schätzwert keinesfalls geschuldet (Ulpian D. 30, 47, 6). Bei verschuldetem Untergang tritt die perpetuatio obligationis ein: Der Schuldner haftet weiter auf den Sachwert. veteres constituerunt, quotiens culpa intervenit debitoris, pepetuari obligationem Die Alten haben festgelegt, dass das Schuldverhältnis fortbesteht, wenn ein Verschulden des Schuldners dazwischentritt (Paulus D. 45, 1, 91, 3). Dasselbe gilt, wenn die geschuldete Sache während des Schuldnerverzuges zufällig untergeht. 5

Anfängliche Unmöglichkeit führt zur Nichtigkeit des Vertrages (so früher 306 BGB a.f.). Nachträgliche Unmöglichkeit befreit den Schuldner, sofern er die Unmöglichkeit nicht verschuldet hat, ansonsten haftet er weiter auf den Wert der geschuldeten Sache (so früher 275, 280, 325 BGB, jetzt 275, 283 BGB). Bei Schuldnerverzug haftet der Schuldner auch für zufälliges Unmöglichwerden der Leistung ( 287 BGB).

Keine perpetuatio obligationis nötig. Bei verschuldeter nachträglicher Unmöglichkeit folgt aus der Formel quidquid q ob eam rem Numerium Negidium Aulo Agerio dare facere oportet, dass der Schuldner Schadensersatz zu leisten hat. Aus der Formel wird außerdem hergeleitet t der Anspruch auf Ersatz von Verzugszinsen. Ersatz von Begleitschäden.

Si vas aliquod mihi vendideris et dixeris certam mensuram capere vel certum pondus habere, ex empto tecum agam, si minus praestes. sed si vas mihi vendidieris ita, ut adfirmares integrum, si id integrum non sit, etiam id, quod eo nomine perdiderim, praestabis mihi. Hast du mir ein Gefäß verkauft und mir zugesichert, dass es ein bestimmtes Fassungsvermögen oder Gewicht hat, kann ich aus Kaufvertrag gegen dich klagen, wenn du weniger leistest. Aber wenn du mir das Gefäß mit der Behauptung verkaufst, es sei dicht, musst du mir, wenn es nicht dicht ist, auch ersetzen, was ich deshalb verloren habe.

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