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HIV-Infektion und AIDS- ein Vergleich zwischen Subsahara-Afrika, insbesondere Uganda, und Deutschland Die HIV-Erkrankung ist eine chronische Infektion mit dem HI-Virus, die zu einem langsam fortschreitenden Immundefekt führt. Nach einer langjährigen Symptomfreiheit treten 2 bis 4 Jahre nach der Infektion leichtere Erkrankungen und 8 bis 10 Jahre danach die so genannten AIDS-definierenden Erkrankungen auf, an denen die Patienten ohne wirksame Therapie innerhalb weniger Jahre versterben. Eine effektive antiretrovirale Therapie (ART) gibt es seit 1995/1996. Unter einer ART kommt es meist zu einer ausreichenden Wiederherstellung des Immunsystems, so dass AIDS-definierende Erkrankungen ausheilen können. Die Wirksamkeit der Behandlung hält aber nur so lange an, wie die ART weitergeführt wird. In Deutschland gab es 2014 etwa 83.000 Personen, die mit dem HI-Virus infiziert sind, das sind 0,1% der Bevölkerung. 80% davon sind Männer und 20% Frauen. Entsprechend dem Risiko der Infektion haben Zweidrittel der infizierten Männer Sex mit Männern gehabt (MSM), 20% der Infizierten haben sich durch heterosexualen Geschlechtsverkehr infiziert, 7900 Personen durch intravenösem Drogenkonsum, 450 durch intravenöse Blutprodukte (Hämophilie) und 400 Kinder durch eine Mutter- Kind-Transmission. 3200 Personen haben sich 2015 neu infiziert. 450 Personen starben an AIDS. 2014 hat UNAIDS das 90-90-90-Ziel proklamiert. Danach sollen große Anstrengungen gemacht werden, um bis 2020 das Ziel zu erreichen, dass 90% der HIV-Infizierten diagnostiziert, 90% mit antiretroviralen Medikamenten behandelt und in 90% eine Suppression des Virus erreicht ist, so dass es nicht mehr nachweisbar ist. An dieser Zielsetzung gemessen waren 2015 in Deutschland 85% der wahrscheinlich bestehenden HIV-Infektionen diagnostiziert, 84% davon behandelt und in 93% war das Virus nicht mehr nachweisbar. Die Diagnose AIDS bedeutet heute in Deutschland nicht mehr die Ankündigung des baldigen Lebensendes, sondern eher bedingte Gesundheit, solange eine effektive

- 2 - ART durchgeführt wird. Somit handelt es sich bei HIV/AIDS heute bei uns eher um ein medizinisches Randproblem. In Subsahara-Afrika ist die Situation gänzlich anders. Von weltweit circa 37 Millionen mit dem HI-Virus infizierten Personen sind etwa 50 Prozent Frauen. Davon leben allein 26 Millionen Erwachsene und Kinder in Subsahara-Afrika, das am schwersten betroffen ist. Die HIV-Prävalenzrate lag hier 2014 bei durchschnittlich 4,7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung und war damit etwa 50-mal höher als in Deutschland. Dahinter verbergen sich jedoch erhebliche Unterschiede. Während die Raten in Zentral- und Ost-Afrika einen Wert zwischen 5% und 10% der erwachsenen Bevölkerung aufweisen, liegen sie in Südafrika und den angrenzenden Ländern bei 20% und in einigen Landesteilen sogar noch höher. AIDS ist in Subsahara-Afrika zur häufigsten Todesursache überhaupt geworden. Jeder fünfte Todesfall in Afrika ist inzwischen auf HIV/AIDS zurückzuführen, die Lebenserwartung ist in einigen Ländern um bis zu 20 Jahre gesunken. Weit über 10 Millionen Kinder wurden bereits zu Waisen, weil ihre Eltern an AIDS verstorben sind. 2014 starben in Subsahara-Afrika etwa 790.000 Menschen an AIDS. Während in Deutschland vor allem schwule Männer von HIV/AIDS betroffen sind, ist der Hauptübertragungsweg in Subsahara-Afrika der heterosexuelle Geschlechtsverkehr, wobei sich mehr Frauen als Männer infizieren. Ein großes Problem ist aber auch die Mutter-Kind-Übertragung. Ohne adäquate Behandlung werden bis zu 40% der Kinder HIV-infizierter Mütter ebenfalls infiziert. Mit einer effektiven ART lässt sich diese Quote auf unter 1 Prozent senken. Für die armen Länder in Subsahara-Afrika ist bedeutsam, dass antiretrovirale Medikamente immer noch sehr teuer sind und die für das Gesundheitswesen zur Verfügung stehenden Mittel weit überschreiten. Deshalb sind die meisten dieser Länder auf Medikamentenspenden internationaler Organisationen angewiesen. Auch wenn in den letzten 10 Jahren sicherlich Fortschritte bei der Behandlung von HIV/AIDS erzielt worden sind, zeigt eine aktuelle Studie, dass wir derzeit noch sehr

- 3 - weit von dem 90-90-90 Ziel von UNAIDS entfernt sind. Das gilt vor allem für die armen Länder in Subsahara-Afrika, zu denen auch Uganda gehört. 2017 gab es in Uganda 1,4 Millionen Menschen (15-49 Jahre), die mit einer HIV- Infektion lebten. Das waren 6,5% der erwachsenen Bevölkerung. Frauen sind davon überproportional betroffen: 7,6% der Frauen waren gegenüber 4,7% der Männer infiziert. Weitere besonders betroffene Gruppen sind Prostituierte, junge Mädchen, Homosexuelle und intravenöse Drogengebraucher. In jedem Jahr werden 52.000 neue Infektionen und 28.000 Todesfälle durch AIDS registriert. In den letzten Jahren ist es zu einem langsamen Anstieg der behandelten HIV-Infizierten gekommen. Unter Berücksichtigung des 90-90-90-Ziels von UNAIDS ist in Uganda 74% ihr HIV-Status bekannt und 67% der Infizierten erhalten eine antiretrovirale Behandlung, aber nur 47% der infizierten Kinder. Das bedeutet, dass 2016 rund 33%der infizierten Erwachsenen und 53% der infizierten Kinder nicht behandelt wurden. Anhaltende Ungleichheiten bleiben bestehen, die bestimmen, wer eine Behandlung erhält, und viele Infizierte erfahren Stigmatisierungen und Diskriminierungen. Abschließend werden die demographischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen von HIV/AIDS in Subsahara-Afrika betrachtet. AIDS ist die wichtigste Todesursache noch vor Tuberkulose und Malaria und für jeden 5. Todesfall verantwortlich. Ein großes soziales Problem sind die AIDS-Waisen. Besonders im Bildungsbereich und im Gesundheitswesen ist es zu erheblichen Ausfällen gekommen, da hier viele gut ausgebildete jüngere Beschäftigte entweder erkrankt oder an AIDS verstorben sind. Nicht zuletzt sind verheerende wirtschaftliche Auswirkungen zu verzeichnen. Durch den vorzeitigen Tod beziehungsweise Ausfall vieler Menschen im produktiven Alter erleidet die Wirtschaft massive Einbrüche und es ist zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion und des Wachstums gekommen. Während der 90er Jahre war Uganda ein Beispiel für ein Land, in dem eine erfolgreiche Prävention von HIV-Infektionen und AIDS gelungen war. Die Rate der HIV-Infektion fiel von 15% auf 5% in der erwachsenen Bevölkerung. Im letzten Jahrzehnt ist es wieder zu einem signifikanten Anstieg gekommen. Das ist eine

- 4 - große Herausforderung für die gesamte Gesellschaft in Uganda, für das Gesundheitswesen und für die kommunalen Einrichtungen. Wir sollten darüber diskutieren, auf welchem Wege die Einrichtungen in Rukararwe und der Freundschaftsverein Kronshagen- Bushenyi/ Ischaka die Bemühungen zur Prävention von HIV-Infektion und AIDS unterstützen können. 2017 gab es in Uganda 52.000 neue HIV-Infektionen, vor allem bei jungen Leuten und Heranwachsenden und in einer größeren Anzahl bei jungen Frauen und Mädchen als bei Männern. Davon ausgehend sollte ein effektives Präventionsprogramm vor allem folgende Zielsetzungen verfolgen: Es sollte die Verbreitung von Safer Sex - Verhalten fördern und das Risikoverhalten vermindern (z. B. durch die Verfügbarkeit und den Gebrauch von Kondomen) Es sollte die Akzeptanz von biomedizinischen Interventionen im Rahmen von integrierten Gesundheitsprogammen fördern (z. B. die Beschneidung bei Männern) Es sollte sich darum bemühen, den zugrunde liegenden sozio-kulturellen, geschlechtsbezogenen und weiteren Faktoren, die die HIV-Epidemie antreiben, entgegenzuwirken (z. B. durch erzieherische Maßnahmen) Literaturangaben und Links: 1. Kolenda. KD. HIV-Infektionen und AIDS- ein Vergleich zwischen Subsahara- Afrika und Deutschland. https://www.nachdenkseiten.de/?p=41544 2. Badenschier F. AIDS- In Uganda steigt die HIV-Infektionsrate wieder. http://www.deutschlandfunk.de/aids-in-uganda-steigt-die-hiv-infektionsratewieder.724.de.html?dram:article_id=285047 3. https://www.avert.org/professionals/hiv-around-world/sub-saharanafrica/uganda 4. http://www.unaids.org/en/regionscountries/countries/uganda Autor: Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Kolenda; E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de