Ein Studiensemester an der Beykent Üniversitesi in Istanbul (B.A. Soziale Arbeit, Sommersemester 2013) Vorbereitung Während des zweiten Semesters meines Studiums haben meine Kommilitonin und ich zufällig über das Erasmus-Programm, welches Studierenden ermöglicht ein oder mehrere Semester im Ausland zu studieren, erfahren. Wir haben nicht lange darüber nachgedacht, denn wir Beide wollten unbedingt ein Auslandssemester in Istanbul machen. Obwohl wir erst am Anfang unseres Studiums waren, informierten wir uns sofort im International Office darüber. Im International Office haben wir Beide die Einverständniserklärung am Erasmus-Programm teilnehmen zu dürfen, bekommen. Dafür mussten wir uns jedoch erst an der Gasthochschule bewerben. Dieses geschah durch die Hilfe des International Offices. Dazu gehörten auch, ein Motivationsschreiben, einen Lebenslauf anzufertigen und auch an einem Sprachtest teilzunehmen. Eine andere Kommilitonin bekam von unserem Vorhaben mit und entschied sich mitzumachen. Das mehrere Studenten an einem Auslandssemester interessiert waren, gab mir mehr Mut und Kraft meinem Wusch näher zu kommen. Nachdem wir drei an der Gasthochschule angenommen wurden, fingen wir an uns um unsere Learning Agreements zu kümmern. Wir bekamen die Kurspläne der Beykent Universität zugeschickt und mussten uns Seminare auswählen, die mit unseren Seminaren auf der Alice- Salomon-Hochschule übereinstimmen. Dieses war jedoch nicht sehr einfach, denn viele Seminare stimmten nicht überein und würden uns nicht angerechnet werden. Der Studiengang Soziale Arbeit wird in ganz Istanbul nicht angeboten. Deshalb suchten wir uns acht Seminare aus den Studiengängen Psychologie, Soziologie und Kultur aus. Diese sollten wir auf der Gasthochschule belegen. Von diesen acht würden uns jedoch nach Absprache mit unseren Modulbeauftragten nur drei angerechnet werden. Trotz der ganzen Schwierigkeiten, haben wir alle drei zusammengehalten und alle Formalitäten (auch Auslandsbafög beantragen) erledigt und letztendlich unsere Flugtickets gebucht. Unterkunft Eine Unterkunft zu finden ist uns nicht leicht gefallen. Uns war von Anfang an klar, dass wir zu dritt wohnen werden, egal ob in einem Studentenwohnheim oder in einer privaten Wohnung. Wohnungen und Heime konnten wir uns nur über das Internet angucken. Zu unserem Pech haben wir keine zu unserem Budget passenden Studentenwohnheime gefunden. Entweder waren sie zu überteuert oder überfüllt.
Hilfreiche Seiten bei der Wohnungssuche sind 9flats.com oder flatshare.com. Auf der 9flats Seite haben wir dann rechtzeitig vor Abreise eine passende Wohnung gefunden. Die Wohnung vermietet ein türkischer Student aus Berlin. Sofort haben wir ihn kontaktiert und uns ins Berlin zu einem Gespräch getroffen. Die Wohnung war in Beylikdüzü und nach der Meinung des Vermieters vierzig Minuten vom Zentrum Istanbuls entfernt. Dort angekommen trug die Entfernung bis Taksim ungefähr zwei Stunden. Wir gerieten in Verzweiflung, denn der Weg zur Universität würde uns ganze drei bis vier Stunden kosten. Deshalb ging es weiter mit unserer Wohnungssuche. Da wir so kurzfristig keine Wohnung finden konnten, hausten wir einen Monat in Beylikdüzü. Durch die Hilfe unserer Gasthochschule haben wir einen Mann kennen gelernt, welcher Wohnungen für Erasmusstudenten vermietet. Er zeigte uns eine Wohnung, die uns gefiel und wir beschlossen sie zu mieten. Das Problem war jedoch, dass er ein ganzes Hochhaus an Erasmusstudenten vermietet und uns bat er eine private Wohnung in einem anderen Viertel an. Wir sollten niemandem erzählen, dass wir seine private Wohnung mieten. Das schüchterte uns ein und wir beschlossen, nach nur einem Tag aus der Wohnung auszuziehen. Unsere letzte Hoffnung war eine Wohnung zu mieten, die ein Immobilienverkäufer anbot. Diese Wohnung hatte leider nicht genügend Räume für jeden Einzelnen. Dieses war uns nach den vielen Erlebnissen nicht mehr wichtig und wir mieteten uns die Wohnung. Diese Wohnung war in Levent, im Zentrum Istanbuls und auch sehr nah zur Universität. Letztendlich hatten wir doch Glück und verbrachten sehr schöne vier Monate in unserer kleinen Wohnung. Natürlich wäre die Wohnungssuche einfacher gewesen, wenn man alleine auf der Suche gewesen wäre. Denn für einen Einzelnen findet sich immer ein Raum in einer Wohnung, anstatt drei auf einmal. Auch wäre es von Vorteil, wenn man nach Wohnungen sucht, die extra für Erasmusstudenten vermietet werden, denn für eine kurze Zeit vermieten viele Besitzer ihre Wohnungen nicht. Studium an der Gasthochschule In vielen Fragen, Problemen und Schwierigkeiten stand uns die Mitarbeiterin im International Office der Beykent Universität tatkräftig zur Seite. Mein Campus war in Ayazaga. Die Beykent Universität hat zwei Standorte. Einen in Ayazaga und einen in Beylikdüzü. In zwanzig Minuten kann man mit dem Bus von Levent zur Universität gelangen. Am Anfang des Semesters wurden wir jedoch mit einer schlechten Nachricht überrascht. Von den acht Seminaren, die wir in Berlin ausgewählt hatten und besetzen wollten, sollten jetzt nur noch vier angeboten werden. Und von diesen vier sollten uns jetzt nur noch zwei angerechnet werden. Deshalb konnten wir nur noch die Seminare: Cultural Theory, Social Psychology, Familiy Psychology und Research Methods for Social Sciences belegen. Drei unserer Seminare waren auf Türkisch und eins auf Englisch. Unterschiede in den Seminaren zwischen unserer Heimatuniversität und der Gasthochschule gab es viele. Meist wurden nur Power Point Präsentationen gehalten (auch von den Dozenten), die nur abgelesen wurden. Auch wurden wir während des ganzen Semesters mit unangekündigten Tests konfrontiert, Hausarbeiten in den Midterms mussten abgegeben werden und es wurden mehrere Prüfungen pro Seminar geschrieben. Das heißt, es gab
sogenannte Midterms und die Final Exams. Auf der Alice-Salomon-Hochschule müssen wir nur eine Prüfung pro Seminar ablegen. Die Beziehung zu unseren Professoren war sehr freundschaftlich und gut. Auch viele türkische Mitstudierende waren sehr nett und immer hilfsbereit. Alltag und Freizeit Natürlich hatten wir einen festen Semesterplan und verbrachten unsere Zeit bis mittags meistens in der Universität. Nach der Universität verabredeten wir uns meistens mit anderen Erasmusstudenten oder Unifreunden zu Ausflügen zu den schönsten Plätzen in Istanbul, zu Spaziergängen etc. Jeden Tag neue Plätze und Orte Istanbuls zu entdecken und erleben, löste in mir Begeisterung und Lebensfreude aus. Auch organisierten die Istanbuler Universitäten Festivals und Konzerte, extra nur für Studenten, die wir auch besuchten. Somit hatten wir die Gelegenheit andere Universitäten zu besichtigen und Studenten aus anderen Universitäten kennen zu lernen. An Wochenenden war es dann Zeit für die berühmt berüchtigten Nächte in Istanbul. Viele Studenten veranstalteten Partys für Erasmusstudenten wie die Erasmus Welcome Party, wo man natürlich wieder neue Leute aus den verschiedensten Ländern kennen lernen konnte. Denn Istanbul wird von den unterschiedlichsten Menschen aus aller Welt bewohnt. Diese Partys fanden meist in Taksim statt und die Eintrittspreise und Getränke waren günstig. Wer etwas luxuriöser feiern will, sollte die Stadtteile Bebek, Ortaköy und Nisantasi bevorzugen. Es ist interessant, aber auch traurig zu sehen, wie Istanbul sich in zwei Hälften aufteilt. In der einen leben die Reichen und Stars und die anderen in ärmeren Verhältnissen.
Fazit Ich war mir von Anfang an sicher, dass nicht alles so laufen würde, wie ich es mir vorgestellt habe. Jedoch bereue ich nichts und bin froh diesen Schritt gewagt zu haben. Istanbul ist eine facettenreiche Millionenstadt, deren Vielfältigkeit mich bewundert und fasziniert. Unter den Istanbulern verbreitet sich das Gerücht, welches besagt, dass Menschen die einst nach Istanbul reisen sich in die Stadt verlieben und sich nicht mehr trennen können. Dieser Behauptung kann ich persönlich nur zu stimmen, denn ich könnte jederzeit zurückkehren und ein Leben dort anfangen. Trotz der wenigen Seminare, die wir belegt haben und obwohl wir deshalb nicht sehr viel fachliches Wissen mitnehmen können, war dieses halbe Jahr mehr als erfahrungs- und erlebnisreich. Am Anfang meines Erasmusaufenthaltes hatte ich Schwierigkeiten mich an das neue Leben in einer wildfremden Stadt zu gewöhnen. Da diese Stadt einfach nur groß, durcheinander und voller Dynamik steckt. In Istanbul auf sich alleine gestellt zu sein, hat in mir Angst erregt. Alles wurde besser, nachdem man neue Leute aus Istanbul kennen lernt, die die Stadt in- und auswendig können und helfen. Das heißt, die sehenswertesten Orte, den Verkehr und alles andere zu erleben und kennen. Auch hier sollte man aufpassen, welchen Menschen man trauen und welchen nicht trauen kann. Wenn man in Istanbul anfängt zu leben, kommt man an seinem Verkehr nicht vorbei. Ich habe schon mal erlebt, dass ich von meiner Wohnung aus, einen Ort, welcher normalerweise 20 Minuten dauert, auch mal mit dem Bus in zwei Stunden erreicht habe. Diese ganzen stressigen Erfahrungen verfliegen und werden vergessen, wenn man die positiven und schönen Seiten Istanbuls erlebt. Am Bosporus entlang spazieren oder sich in ein Cafe in Taksim setzen und mit Einheimischen, aber auch Erasmus-Freunden über die Universität, Politik in der Türkei oder auch über Istanbul zu quatschen und nebenbei einen Cay trinken oder auch die vielen Sehenswürdigkeiten besichtigen. Dies alles und noch viel mehr hat mich fasziniert. Hätte ich die Gelegenheit diesen Schritt noch einmal zu wagen, würde ich nicht eine Sekunde zögern und zustimmen, denn diese Zeit hat mich selbstbewusster und reifer gemacht. Diese Zeit ist für mich unvergesslich.