HERZLICH WILLKOMMEN Herzlich Willkommen 1
Reiserecht Referent: Christian Graf Diplom Jurist und Assessor iur. 2
Reiserechtliche Vorschriften 651 a m BGB (Reisevertragsgesetz) Informations- und Nachweispflichten von Reiseveranstaltern (Info-VO) Personenbeförderungsgesetz (Busreisen) Luftverkehrsgesetz (Flugreisen innerdeutsch) Montrealer Übereinkommen (Internat. Flugreisen) ehemals Warschauer Abkommen Athener Übereinkommen (Seereisen) Eisenbahnverkehrsordnung 701 704 BGB (Gastwirtsvertrag od. Beherbergungsvertrag) 662 675 BGB (Geschäftsbesorgungsvertrag) 84 92 HGB (Handelsvertreterrecht) 3
Abgrenzung Vermittler - Veranstalter 651 a BGB Vertragstypische Pflichten beim Reisevertrag Durch den Reisevertrag wird der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Der Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen. Die Erklärung, nur Verträge mit den Personen zu vermitteln, welche die einzelnen Reiseleistungen ausführen sollen (Leistungsträger), bleibt unberücksichtigt, wenn nach den sonstigen Umständen der Anschein begründet wird, dass der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt. 4
Der Reisebegriff im Sinne von 651 a BGB Mindestens 2 einzelne (Haupt-) Reiseleistungen. Bündelung der Leistungen, d.h., diese werden nach einem im Voraus festgelegten Programm als Leistungspaket angeboten. Eine Reise kann auch vorliegen, wenn ein Reisebüro vor Vertragsschluss mehrere Reiseleistungen zusammenstellt, dieses Paket als eigene Leistung im eigenen Namen in Rechnung stellt und den Gesamtreisepreis vereinnahmt. Maßgeblich ist die Erkennbarkeit für den Kunden, ob das Reisebüro ein Paket als eigene Leistung und im eigenen Namen anbietet (Reisevertrag), oder die Bestandteile des Pakets als Fremdleistungen vermittelt (Geschäftsbesorgungsvertrag). 5
Reiseveranstaltung = mindestens 2 Hauptleistungen Beförderung und Unterkunft Unterkunft und Hobbykurs Unterkunft und Sportveranstaltung (z.b. New York Marathon) Beförderung (Flug) und Mietwagen Unterkunft und Mietwagen Kreuzfahrt mit Verpflegung Unterkunft und Kunstführer Beförderung und Kulturveranstaltung (z.b. Musical) Ausnahme: Ferienwohnung, Wohnmobil, Hausboot = 1 Hauptleistung. Hier wird das Reisevertragsrecht analog angewendet. 6
Beispiele für untergeordnete Nebenleistungen Flug/Transport mit Visabeschaffung Flug/Transport mit Bordverpflegung Flug/Transport mit Transfer Beförderung mit Reisegepäck- oder Rücktrittskostenversicherung Unterkunft mit örtlicher Reiseleitung Autoreisezug Beförderung mit Schlafwagen = keine Reiseveranstaltung 7
Rechtsverhältnis Paketer und Veranstalter Paketer Werkvertrag 631 BGB Veranstalter Reisender 8
Ansprüche des Reisenden Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. 9
Gewährleistungssystem des Reisevertragsrechts 651 c Abhilfe 651 d Minderung - verschuldensunabhängig 651 e Kündigung - erhebliche Beeinträchtigung mehr als 25% 651 f II Schadensersatz erhebliche Beeinträchtigung mehr als 50 % - Verschulden!! 651 j Kündigung wegen höherer Gewalt - erhebliche Beeinträchtigung mehr als 25 % und höhere Gewalt 10
Merke!! Minderung ist verschuldensunabhängig Minderung tritt ein: Bei jeder ungünstigen Abweichung der erhaltenen Reiseleistung oder bei Nichteinhaltung zugesagter Leistung / zugesicherter Eigenschaften. Beachte hierzu: Die Frankfurter Tabelle oder die Kemptener Tabelle. Kemptener Tabelle unter : www.fuehrich.de 11
Merke!! Schadensersatz ist verschuldensabhängig Nach 276 BGB hat der Reiseveranstalter für das Verschulden seiner Leistungsträger wie für eigenes Verschulden einzustehen. Mit der Reform des Schuldrechts wurde 253 II BGB eingeführt Hierbei handelt es sich um einen vertraglichen Schmerzensgeldanspruch. Es reicht aus, dass innerhalb des Reisevertrages dem Kunden ein Gesundheitsschaden widerfährt, der von einem Leistungsträger verursacht wurde. Folge: Der Reisende hat einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. 12
Fallbeispiele aus der Praxis Kunde verbrüht sich unter plötzlich und unerwartet heiß werdender Dusche. Folge: Erhebliche Verbrühungen an Oberschenkeln und im Genitalbereich. Kundin rutscht in der Badewanne aus, durchschlägt beim Sturz den Wannenboden und fügt sich neben Hämatomen erhebliche Schnittverletzungen zu. Über 100 Kreuzfahrt-Passagiere erkranken wegen verdorbener Nahrung an Salmonellenvergiftung. Der Rest des Urlaubs wird teils unter behördlich angeordneter Quarantäne in der Kabine, in jedem Fall aber unter starken Krämpfen auf der Toilette verbracht. Ein Gast verletzt sich an einer defekten Kachel im Swimmingpool. (Kurz vor der Gesetzesänderung wurden vom LG Hamburg Schmerzensgeldansprüche abgelehnt, weil ein solcher (versteckter) Mangel der Reiseleitung nicht hat auffallen müssen. Das Verschulden eines Leistungsträgers ist ausreichend. Es gibt für den deutschen Reiseveranstalter keine Exkulpationsmöglichkeit. 13
Anspruchsanmeldung durch den Kunden Der Kunde muss seine Ansprüche innerhalb eines Monats nach Reiseende beim Veranstalter geltend machen. Nicht 4 Wochen oder 30 Tage. Wenn diese Frist nicht eingehalten wird, sind die Ansprüche nicht mehr durchsetzbar. Ausnahme: Der Anspruchsteller war schuldlos an der Geltendmachung gehindert. Reisevertragliche Ansprüche verjähren nach 2 Jahren. Der Reiseveranstalter hat allerdings die Möglichkeit, diese Frist auf 1 Jahr zu verkürzen. Wichtig: Während der Verhandlungen mit dem Reiseveranstalter ist die Verjährungsfrist gehemmt. 14
Empfehlung Trotz sorgfältigster Arbeitsweise des Reiseveranstalters, birgt diese Tätigkeit ein finanzielles Risiko. Denn der Reisende hat als Verbraucher sehr weitgehende Rechte. Durch geeigneten Versicherungsschutz lässt sich dieses Risiko eindämmen und kalkulieren. Spezialhaftpflichtversicherung gegen Personen- und Sachschäden Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Reiseveranstalter 15
Sicherungsschein 651 k BGB Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, Kundengelder gegen Insolvenz abzusichern. Zahlungen auf den Reisepreis dürfen vor Beendigung der Reise nur gefordert werden, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wird. 16
Übersicht über die Ausgabe von Sicherungsscheinen. Die Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir übernehmen keine Gewähr für eine Übereinstimmung mit der tatsächlichen Rechtslage. Geschäftsvorfall Sicherungsschein Bemerkung Im voraus aus mindestens 2 Leistungen zusammengestellte und als Paket zu einem Gesamtpreis verkaufte Reise, z.b.: - Hotel und Beförderung - Fly & Drive Programme - Kreuzfahrten - Unterkunft und Hobbykurs - Hotelarrangements aus dem Katalog - Incentive Reisen - Stop-over-Programme - Pauschalangebote von Fremdenverkehrsämtern - Leserreisen etc. JA x NEIN Vermietung von Ferienwohnungen, Yachten, Hausbooten oder Wohnmobilen aus einem Katalog oder Prospekt. Verkauf einer Einzelleistung (Flugticket, Mietwagen, Bahnkarte, Hotelübernachtung etc.) ohne Katalog. x x 17
Geschäftsvorfall Sicherungsschein Bemerkung JA NEIN Veranstaltung von Gruppenreisen (sofern die Reise nicht von der Gruppe selbst organisiert wird). x Sicherungsschein für jedes einzelne Gruppenmitglied erforderlich Reisen, die nicht länger als 24 Stunden dauern und keine Übernachtung beinhalten und nicht teurer als 75,-- Euro sind. Reisen nichtgewerblicher Gelegenheitsveranstalter (Privatpersonen, Vereine, Verbände, karitative Gruppen etc., die nicht mehr als 2 Reisen pro Jahr und ohne Prospekt oder Katalog veranstalten.) x x Ist ein Kriterium nicht erfüllt, muss ein Sicherungsschein ausgegeben werden Gewerbetreibende (Verlage, Banken, Warenhäuser, Reisebüros etc.) sind bereits bei der 1. Reise absicherungspflichtig 18