Effektive bodenhydraulische Eigenschaften. von Großlysimetern für

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Transkript:

Effektive bodenhydraulische Eigenschaften von Großlysimetern ULRIKE JANSEN, WOLFGANG DURNER UND JOHANN FANK Zusammenfassung In den Umwelt- und Geowissenschaften besteht ein großer Bedarf nach genauen und zuverlässigen Methoden zur in-situ Charakterisierung der oberflächennahen hydraulischen Bodeneigenschaften. Es bestehen jedoch beträchtliche Wissenslücken zur Existenz und Bestimmbarkeit effektiver hydraulischer Eigenschaften heterogener Böden. Dieser Beitrag diskutiert, unter welchen Bedingungen aus Messungen an Lysimetern die Identifikation hydraulischer Eigenschaften möglich ist und mit welchen Unsicherheiten die damit ermittelten Parameter und Funktionen behaftet sind. Zur Erreichung dieser Ziele musste zunächst die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit inverser Simulationsverfahren zur Identifikation hydraulischer Eigenschaften poröser Medien optimiert werden. Einer Reihe grundlegender Fragen konnte dann durch die Analyse synthetisch erzeugter Messdaten untersucht werden. Die Validität der so erhaltenen Aussagen sowie die Prüfung der Prozessannahmen zu realen Wasserflüssen sollte schließlich durch die Analyse von Daten des Großlysimeters Wagna geprüft werden. Die Analyse der synthetischer Daten ergab, dass Tensiometermessungen und präzise bestimmte Ausflussdaten aus Lysimetern genügend Informationsgehalt besitzen, um effektive hydraulische Eigenschaften homogener und einfach geschichteter Lysimeter über inverse Modellierung zu bestimmen. Bei der Ausweitung auf echte Systeme ergeben sich größere Schwierigkeiten durch die Unsicherheiten in Hinblick auf eine möglichst geeignete Schichteneinteilung des Systems, sowie aufgrund des Entzugs von Wasser durch Pflanzenwurzeln. Sofern die- Wurzelwasseraufnahme nicht valide parametrisiert wird, können hydraulische Eigenschaften nur mit erheblichen Unsicherheiten bestimmt werden. Abstract The accurate characterization of the hydraulic properties of unsaturated soils is critical in addressing many problems in agriculture and water management. Inverse modeling as a tool to evaluate transient flow experiments has become a widely used method to determine the hydraulic properties of soil samples in the laboratory. The method works fast, is accurate, and efficient. However, the experimental scale does not match the scale of interest. Thus, an extension of inverse modeling procedures from the laboratory to the field scale is required. This opens questions concerning the e- xistence, the uniqueness, the type and the uncertainty of effective hydraulic properties of large soil bodies with internal heterogeneity. Furthermore, a variety of effects must be considered that play only a minor role at the laboratory scale, but are important in the field. Examples are temperature effects, temporal variability, water uptake by plant roots, and the change of system properties by plants. To investigate these problems, data from advanced large lysimeters are of particular advantage, because they are on the appropriate length scales and allow an accurate monitoring of water fluxes. In this paper, we demonstrate the current state of estimating unsaturated soil hydraulic properties of large lysimeters, by investigating synthetic data and real data of the lysimeter station Wagna, Austria. Our study shows the potential of inverse method, but also illustrates the complexity of the phenomena involved. Einleitung Die korrekte Beschreibung der hydraulischen Eigenschaften von Böden ist von großer Bedeutung für die der Landwirtschaft und bei der Bewirtschaftung von Wasserressourcen. Mit der Verbesserung der Rechnerleistungen entwickelte sich die inverse Modellierung als leistungsfähige Methodik zur Schätzung der hydraulischen Parameter. Hierbei erfolgt die Anpassung von simulierten an gemessene Daten mit Hilfe der Prozessmodellierung. Die Bestimmung der Parameter erfolgt durch Minimierung der Differenz von Modellvorhersagen und Messdaten mit Hilfe eines Optimierungsalgorithmus. Für die Auswertung instationärer Fließexperimente an Bodenproben im Labor ist das Verfahren als schnell, präzise und effizient anerkannt (Hopmans et al., 2002). Problematisch bei der Untersuchung von Laborproben ist allerdings, dass die Skala der Messungen und die Skala der Anwendungen weit auseinander klafft. Deshalb ist eine Ausweitung der Prozedur von der Labor- zur Feldskala erforderlich. Dies wirft Fragen hinsichtlich der Existenz, der Eindeutigkeit, der Art und der Unsicherheit effektiver hydraulischer Eigenschaften großer Bodenkörper mit internen Heterogenitäten auf. Außerdem muss eine Vielfalt an Effekten betrachtet werden, welche auf der Laborskala nur eine untergeordnete Rolle spielen, jedoch wichtig im Feld sind. Beispiele dafür sind Frost, zeitliche Variabilität, Wasseraufnahme durch Pflanzen und die Änderung von Systemeigenschaften durch Pflanzen. Zur Bearbeitung diese Fragen sind Daten von Großlysimetern geeignet, da sie eine vertikale Distanz auf der Interressenskala besitzen und aufgrund der Kontrolle der Ränder eine korrekte Beschreibung des Wasserflusses ermöglichen. In diesem Beitrag wird die Bestimmung bodenhydraulischer Eigenschaften von Großlysimetern für synthetische Daten und reale Daten der Lysimeterstation Wagna in Österreich gezeigt. Unsere Studie zeigt das Potential der inversen Methode auf, beschreibt aber auch die Komplexität der auftretenden Phänomene. Autoren: Ulrike JANSEN und Prof. Dr. Wolfgang DURNER, Abt. Bodenphysik, Institut für Geoökologie, TU Braunschweig, Langer Kamp 19c, D-38106 BRAUNSCHWEIG. Johann Fank, Institute of Water Resources Management, Joanneum Research, Graz 12. Gumpensteiner Lysimetertagung, 17. und 18. April 2007 Bundesanstalt für Alpenländische Landwirtschaft Gumpenstein, A-8952 Irdning 1

U. JANSEN, W. DURNER und J. FANK Abbildung 1: Links: Synthetische Messdaten und invers simulierter kumulativer Ausfluss (Q), Matrixpotentiale (h) und Wassergehalte (θ) in einem zwei Meter hohen homogenen Sand-Lysimeter unter natürlichen Randbedingungen eines Jahres. Rechts: Ergebnis der Parameteridentifikation. Oben die Ergebnisse für die Schätzung mit dem im Programm HYDRUS implementierten Levenberg-Marquardt-Algorithmus, Unten die Ergebnisse für die Schätzung mit dem global konvergenten SCE-UA. Material und Methoden A) Synthetische Messdaten Zur Untersuchung grundlegender Aspekte wurden synthetische Messdaten für homogene und geschichtete Lysimeter erzeugt. Die Datenerzeugung erfolgte durch Vorwärtsmodellierung mit dem Programm HYDRUS-1D (Simunek et al., 1998). Als Messdaten wurden Wassergehalte und Tensionen in verschiedenen Tiefen, sowie der Ausfluss über den unteren Lysimeterrand ausgegeben. Die simulierten Daten wurden auf Tageswerte ausgedünnt und mit einem normalverteilten Fehler versehen, der dem typischen Messfehler von Tensiometern, TDR-Sonden, und Wägefehlern von Lysimetern entspricht. Nähere Angaben hierzu finden sich in Jansen (2005) und Durner und Jansen (2007). Die Vorwärtssimulationen wurden für 2 m hohe Lysimeter über die Periode eines Jahres unter natürlichen klimatischen Randbedingungen vorgenommen, wie sie am Standort Wagna typisch sind. Als Böden wurden einerseits homogene Profile aus Sand, Schluff und Ton simuliert, andererseits Profile mit zwei Schichten aus unterschiedlichen Bodenarten. Die Kombination von Schluff und schluffigem Lehm (Profil I) ergab ein schwach heterogenes Profil, die von Schluff und lehmigen Sand (Profil II) ein stark heterogenes Profil. Die Parametrisierung der hydraulischen Eigenschaften der Einzelschichten erfolgte nach dem van Genuchten/Mualem-Modell. Die Eigenschaften der homogenen Profile wurden Durner und Flühler (2005) entnommen, die Eigenschaften der Schichten in den heterogenen Profilen ergeben sich aus der in HYDRUS implementierten Bodenartendatenbank. Die Anfangsbedingungen sämtlicher Simulationen wurden durch das Matrixpotential festgelegt. Dazu wurde eine Matrixpotentialverteilung ausgewählt, die sich nach einem Simulationszeitraum vom einem Jahr in der Säule eingestellt hatte. Dieser Endzustand wurde als Anfangsbedingung für eine weitere Simulationsperiode von einem Jahr des eigentlichen Simulationszeitraumes verwendet. Als Anfangsbedingung für die erste Simulationszeit diente eine homogene Matrixpotentialverteilung von 50 hpa. Die untere Randbedingung des Lysimeters wurde als so genannte seepage face -Bedingung eingestellt, was einem frei drainenden Feldzustand entspricht. B) Reale Daten Aufgrund der Intensivierung der Landwirtschaft in der Region Leibnitzer Feld traten in den 80er Jahren Qualitätsprobleme im Grundwasser auf (Fank, 1999). Zur Untersuchung der Problematik wurde im Jahr 1991 die Forschungsstation Wagna (Steiermark) eingerichtet. Seit Herbst 2004 ist die Forschungsstation mit zwei wägbaren Lysimetern (Oberfläche 1 m², Tiefe 2 m) ausgestattet. Die Lysimeter sind am unteren Rand absaugbar und können aufgrund eines abnehmbaren Randes identisch zum umliegenden Feld bewirtschaftet werden. Der ungestörte Bodenaufbau im Lysimeter ist geschichtet, mit einem feintexturierten Oberboden und einem sandigen, stark skeletthaltigen Unterboden. Das hier näher untersuchte konventionell bewirtschaftete Lysimeter wurde zusätzlich mit TDR-Sonden und Tensiometer in mehreren Tiefen instrumentiert. Die hier simulierte Untersuchungsperiode umfasst den Zeitraum Herbst 2004 bis Januar 2006. In dieser Zeit wurden verschiedene Pflanzen angebaut. Für die inverse Simulation des ungesättigten Wassertransports wurde eine 38- tägige Simulationsperiode im herbst 2005 ausgewählt, in der ausgehend von einem sehr feuchten Bodenzustand ein durchgehender Austrocknungsvorgang stattfand. Damit wurde Problemen mit 2 12. Gumpensteiner Lysimetertagung 2007

Effektive bodenhydraulische Eigenschaften von Großlysimetern Abbildung 2: Links: Synthetische Messdaten und invers simulierte kumulativer Ausfluss (oben) Tensionsdaten (Mitte) und Wassergehalte (unten) mit Unsicherheitsbanden (95%-Konfidenz-Intervall) in zwei Tiefen eines 2 m hohen Lysimeters. Szenario: Schwache heterogene Schichtung, Profil I. Natürliche Randbedingungen. Rechts: Durch den SCE-UA invers identifizierte effektive hydraulische Eigenschaften mit grau unterlegten Unsicherheiten (95%-Konfidenz- Intervall). Als graue Linien sind zum Vergleich die realen Eigenschaften der beiden Bodenmaterialien gezeigt. der Hysterese der hydraulischen Eigenschaften ausgewichen. C) Inverse Parameterbestimmung Die bodenhydrologischen Eigenschaften wurden nach dem van Genuchten/Mualem-Modell (VGM, synthetische Studien) sowie nach dem bimodalen Modell (Durner, 1994) bzw. als frei geformt (Bitterlich et al., 2004) angenommen (Realdaten). Die VGM- Funktionen umfassen die Parameter gesättigter Wassergehalt θ s, Residualwassergehalt θ r, Porengrößenparameter α, Porenweitenparameter n, und gesättigte Wasserleitfähigkeit K s. In der Parameterschätzung der synthetischen Daten wurde qs als extern gemessen angenommen, die anderen vier Parameter wurden geschätzt. In der Objektfunktion wurden tägliche Ausflüsse, sowie tägliche Tensions- und Wassergehaltsmessungen aus jeweils 2 Tiefen berücksichtigt, die Gewichtung erfolgte invers zum Messfehler des jeweiligen Datentyps. Am unteren Rand wurde eine free Drainage (synthetische Daten) bzw. Druckrandbedingung angelegt, wie sie bei der Absaugung der Wagna-Lysimeter realisiert wird (Realdaten). Die Systeme wurden zunächst als intern homogen simuliert. Für die geschichteten synthetischen Lysimeter und die Realdaten mussten Parameter zweier Schichten geschätzt werden, da eine quasi-homogene Abbildung des Wasserregimes im Lysimeter aufgrund des Textursprungs im Profil nicht möglich war. Zur Parameterschätzung wurde der in HYDRUS implementiert Levenberg- Marquardt-Algorithmus (synthetische Daten), sowie alternativ der global konvergente shuffled complex evolution Algorithmus (SCE-UA; synthetische und reale Daten) verwendet. Der SCE-UA wurde in MATLAB, Version 6.5 implementiert und mit dem Hydrus-Kern Version 7 als direktem Solver verknüpft. Die Unsicherheitenanalyse erfolgte nach der First order second moment Methode. Details hierzu finden sich in Jansen (2005). Ergebnisse Die Auswertung der synthetischen Messdaten ergab sehr vielversprechende Ergebnisse. Dies ist illustriert in Abb. 1, welche eine perfekte Wiedergabe der Messwerte durch die inverse Simulation zeigt. Die Identifikation der originalen hydraulischen Eigenschaften war für die homogenen Szenarien unter Vorgabe von Ausflüssen und Tensionen in der Objektfunktion in der Regel richtig und präzise, erforderte allerdings den Einsatz des globalen Schätzverfahrens. (Abb. 1, rechte Seite un- 11. Gumpensteiner Lysimetertagung 2005 3

U. JANSEN, W. DURNER und J. FANK Abbildung 3: Wie Abb. 2, für ein geschichtetes Lysimeter mit intern stark heterogenen Bodeneigenschaften. ten). Die Verwendung des in HYDRUS implementierten lokalen Optimierers ergab dagegen keine verlässliche Resultate (Abb. 1, rechte Seite oben). Nach der erfolgreichen Identifikation der Eigenschaften homogener Lysimeter wurden im nächsten Schritt die geschichteten Profile untersucht. Es zeigte sich, dass die Ausflüsse aus einem geschichteten Lysimeter selbst unter der Fehlannahme effektiver Homogenität in der Regel sehr gut zu treffen sind (Abb. 2 und 3). Geschichtete interne Heterogenität kann aus Ausflussdaten somit nicht erkannt werden. Dies impliziert, dass bei alleinigem Interesse an Wasserflüssen über den unteren Rand des Systems interne Schichtungen gegebenenfalls in der Simulation vernachlässigt werden können. Sollen zusätzlich Systemvariablen wie Wassergehalte oder Tensionen richtig getroffen werden, so wird das Bild differenzierter. Bei nur schwacher Ausprägung der Heterogenität der Schichten (Profil I) war die Übereinstimmung zwischen beobachteten und simulierten Wassergehalten und Tensionen noch relativ gut, so dass man unter Realbedingungen nicht auf Schichtung rückschließen würde. Dagegen führte eine starke Heterogenität der Schichten (Profil II) zu eindeutigen Abweichungen. Die Hydrodynamik solcher Lysimeter kann nicht als quasihomogenes System mit effektiven Eigenschaften repräsentiert werden (Abb. 3). Dies bestätigte sich für die Simulation der Realdaten der Wagna-Lysimeter. Um den Verlauf der Austrocknungsphase vom 4.10.2005 bis 10.11.2005 befriedigend wiedergeben zu können, mussten mindestens zwei Schichten angenommen werden (0-65 cm und 65-180 cm). Darüber hinaus musste für die hydraulischen Eigenschaften mindestens ein bimodales Modell verwendet werden, bei dem insgesamt 12 Parameter simultan zu schätzen waren. Noch etwas bessere Ergebnisse ergaben sich unter Annahme sogenannter frei geformter hydraulischer Funktionen (Bitterlich et al., 2004). Abbildung 4 zeigt dies für die gemessenen und die simulierten Daten. Es fällt auf, dass die Ausflüsse sehr gut, und der Verlauf der Tensionen und Wassergehalte gut getroffen werden. Nicht getroffen werden dagegen die Absolutwerte der Wassergehalte. Unter Annahme von zwei Schichten lässt sich hier grundsätzlich keine bessere Übereinstimmung erzielen. Die zugehörigen freeform Funktionen für den Oberboden sind in Abb. 5 dargestellt. Bei der Vorwärtssimulation einer ganzen Vegetationsperiode (hier nicht gezeigt; siehe Abb. 4.22 bis 4.26 in Durner und Jansen, 2006) ergaben sich unter Vorgabe der aus dem Kalibrierungszeitraum ermittelten hydraulischen Funktionen zusätzliche Probleme. Diese sind zurückzuführen auf (i) die Hysterese der hydraulischen Eigenschaften unter instationären Fließbedingungen, (ii) die Unsicherheiten bei der Simulation der Wurzelwasseraufnahme, (iii) Frost- und Schneeereignisse, sowie (iv) eine mögliche zeitliche Variabilität der oberflächennahen hydraulische Eigenschaften. Insbesondere zeigte sich, dass die in der Vegetati- 4 12. Gumpensteiner Lysimetertagung 2007

Effektive bodenhydraulische Eigenschaften von Großlysimetern Abbildung 4: Links: Vergleich der gemessenen und simulierten kumulativen Ausflüsse sowie der Wassergehalte in 10, 60 und 90 cm Tiefe aus der inversen Simulation des konventionell bewirtschafteten Lysimeters Wagna unter Berücksichtigung von zwei Bodenschichten bei Verwendung der frei geformten Parametrisierung der hydraulischen Funktionen im Zeitraum vom 04.10.2005 bis zum 10.11.2005. Symbole: Messdaten, Linien: simulierte Daten. Rechts: Vergleich der gemessenen und simulierte Matrixpotentiale in den Tiefen 10, 20, 35, 60 und 90 cm. onsperiode Mai bis September 2005 am Standort Wagna angebauten Kürbisse aufgrund ihres enormen Wasserentzugs über die Wurzeln einen entscheidenden Einfluss auf den Wasserhaushalt ausübten. Diskussion Unsere Untersuchungen zeigen, dass sich aus der Messung von Tensionen und präzise gemessenen Ausflüssen die hydraulischen Eigenschaften von Lysimetern unter natürlichen meteorologischen Bedingungen richtig und mit geringen Unsicherheiten bestimmen lassen. Dies ist möglich, da bei Lysimetern im Gegensatz zum freien Feld eine sehr präzise Erfassung der Wasserflüsse sowohl über den oberen Rand als auch den unteren Rand möglich ist. Sind die untersuchten Lysimeter intern heterogen aufgebaut, so ist die daraus resultierende Ausflussdynamik selbst unter Annahme eines quasi-homogenen Aufbaus nachbildbar, erfordert aber flexible hydraulische Funktionen. Die Dynamik der Wasserbewegung im Lysimeter, die über die Statusvariablen Wassergehalt oder Tension abgebildet wird, ist allerdings nur für schwach heterogene Systeme mit der Annahme effektiv homogener Eigenschaften verträglich. Bei starken Textursprüngen muss jedoch eine explizite Ausweisung von Schichten mit eigenen hydraulischen Eigenschaften erfolgen. Es ist möglich, die hydraulischen Eigenschaften der einzelnen Schichten durch inverse Simulation simultan und zu schätzen. Diese positiven Ergebnisse müssen vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die Parameteroptimierung an synthetischen Daten eine Machbarkeitsstudie unter optimalen Bedingungen repräsentiert. Es ist hierbei sichergestellt, dass bei der inversen Simulation kein Modellfehler in Hinblick auf das Prozessmodell (Richards-Gleichung), kein Fehler in Hinblick auf das Modell für die hydraulischen Eigenschaften (van Genuchten/Mualem, ohne Hysterese), und keine systematischen Datenfehler bei den Messdaten vorliegen. All diese Fehlertypen kommen jedoch in der Realität vor. Die Auswertung der Daten des konventionell bewirtschafteten Lysimeters Wagna ergab dementsprechend Abweichungen zwischen beobachteten Messdaten und Simulation. Es zeigt sich ferner, dass die Annahme einfach geformter hydraulischer Eigenschaften eher die Ausnahme als die Regel darstellt, und eine gute Übereinstimmung zwischen Beobachtungen und Simulation nur mit flexiblen Funktionen (mehrmodale oder frei geformte Funktionen) erreichbar ist. Besonders problematisch ist die Darstellung der Funktion von Pflanzen in der inversen Simulation. Die Wasseraufnahme durch Pflanzenwurzeln muss im Modell richtig abgebildet und geeignet parametrisiert werden. Fehler in der Simulation der Wasseraufnahme durch Pflanzenwurzeln führen sonst unweigerlich zu Folgefehlern in der Schätzung der hydraulischen Funktionen. 11. Gumpensteiner Lysimetertagung 2005 5

U. JANSEN, W. DURNER und J. FANK Abbildung 5: Frei geformte effektive hydraulische Funktionen des Oberbodens des konventionell bewirtschafteten Lysimeters Wagna. Schlussfolgerungen Eines der Kernprobleme bei der Integration bodenhydrologischer Prozesse in großräumige hydrologische Systemmodellierungen liegt in der Skalenproblematik. Um die bestehende Skalenlücke zwischen Labor und Feld zu schließen, wurde in diesem Beitrag die Lysimeterskala gewählt. Dazu wurde die inversen Modellierung des ungesättigten Wassertransports in Lysimetern in synthetischen Studien sowie unter Berücksichtigung von Messdaten der Lysimeterstation Wagna in Österreich vorgenommen. Diese beinhaltete Messdaten eines kurzen Zeitraums, in welchem lediglich ein langer Austrocknungsvorgang stattfand, sodass das der Prozess der Hysterese in den Simulationen vernachlässigt werden konnte. Die beste Übereinstimmung von gemessenen und simulierten Daten wurde im Fall des konventionell bewirtschafteten Lysimeters für ein Simulationsszenarium mit zwei Bodenschichten bei Einbindung der frei geformten Parametrisierung der hydraulischen Funktionen erzielt. Die Anpassung erforderte die Verwendung eines globalen robusten Parameterschätz- Algorithmus mit entsprechend sehr langen Simulationszeiten. Gegenwärtig verhindert die begrenzte Leistungsfähigkeit der PCs die routinemäßige Bestimmung frei geformter hydraulischer Funktionen für längere Zeiträume und/oder Systeme mit mehr als zwei Schichten. Verbesserungen sind durch eine Parallelisierung des inversen Codes zu erwarten. Eine Verbesserung der Simulationsergebnisse könnte außerdem durch stabilere numerische Verfahren zur Lösung des direkten Problems erzielt werden. Die Verwendung des Galerkin- Finite-Elemente- Verfahren, welches in HYDRUS-1D eingebunden ist, führte in vielen Fällen zu Konvergenzproblemen der direkten Simulationsläufe während der inversen Prozedur. Die Vorhersage des langfristigen hydraulischen Verhaltens auf Basis der aus der Kalibrierperiode ermittelten effektiven Eigenschaften erwies sich als problematisch. Schwierigkeiten bereitete etwa die Auftrennung der Verdunstung in Evaporation und Transpiration, wobei sich insbesondere die Wurzelwasseraufnahme von Kürbissen und Grasvegetation in der inversen Simulation als kritisch erwies. Weitere Unsicherheiten ergaben sich aus schlecht definierten Anfangsbedingungen. Außerdem musste die Schneeund Frostperiode durch das manuelle Ändern der oberen Randbedingung an die tatsächlichen Beobachtungen angepasst werden, was wiederum zu Fehlern geführt haben könnte. Zu diesem Themenkreis besteht weiterer Forschungsbedarf. Literatur Bitterlich, S., W. Durner, S. C. Iden und P. Knabner. 2004. Inverse Estimation of the Unsaturated Soil Hydraulic Properties from Column Outflow Experiments Using Free-Form Parameterizations. Vadose Zone Journal, 3, 971-981. Durner, W. (1994): Hydraulic conductivity estimation for soils with heterogeneous pore structure, Water Resour. Res. 30, 211-223. Durner, W. und H. Flühler. 2005. Soil Hydraulic Properties. In: Anderson, M.G. (Ed., 2005): Encyclopedia of Hydrological Sciences, Chapter 74, 1103-1120. 1. edn. John Wiley & Sons, Ltd. Durner, W. und U. Jansen. 2006. Modellierung des Bodenwasserhaushalts und des Tracertransports auf der Lysimeterskala. Abschlussbericht eines Vorhabens für das Joanneum Research Graz, 85 pp (unveröffentlicht). Fank, J. 1999. Die Bedeutung der ungesättigten Zone für Grundwasserneubildung und Nitratbefrachtung des Grundwassers in quartären Lockersediment-Aquiferen am Beispiel des Leibnitzer Feldes (Steiermark, Österreich). Beiträge zur Hydrologie, 49/50, 101-388. Hopmans, J.W., J. Šimunek, N. Romano, und W. Durner. 2002. Simultaneous determination of water transmission and retention properties - Inverse methods. p 963-1008., In J.H. Dane and G.C. Topp (Eds.): Methods of Soil Analysis, Part 4: Physical Methods. 4th Edition. SSSA Book Series No. 5, American Society of Agronomy and Soil Science Society of America, 2002. Jansen, U. 2005. Bestimmung effektiver hydraulischer Eigenschaften geschichteter Böden auf der Lysimeterskala durch inverse Modellierung. Unpublished Diploma Thesis, Institute for GeoEcology, Technical University, Braunschweig (unveröffentlicht). Simunek, J., K. Huang, M. Sejna, M. und M.T: van Genuchten. 1998. The HYDRUS-1D Software Package for Simulating the One- Dimensional Movement of Water, Heat and Multiple Solutes in Variably-Saturated Media, Version 2.02. 6 12. Gumpensteiner Lysimetertagung 2007