NEWSLETTER I. QUARTAL 2013



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Aktuelles aus Recht und Praxis 2. Informationspflichten Durch das Patientenrechtegesetz werden nun einige bereits höchstrichterlich anerkannte Informationspflichten des Arztes in 630c BGB gesetzlich geregelt. Kristina Kreul Rechtsanwältin Praxisrelevante Neuerungen des Patientenrechtegesetzes Am 26.02.2013 ist das Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Damit ist das bislang entwickelte Richterrecht zum Arzthaftungsrecht sowie zur ärztlichen Behandlung nun ins Bürgerliche Gesetzbuch übernommen worden. Darüber hinaus sind die Bundesärzteordnung sowie das SGB V um einzelne Regelungen ergänzt worden. Diese betreffen insbesondere die Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung sowie das praxis- bzw. krankenhausinterne Qualitätsmanagement. Der Gesetzgeber bezweckte mit dem Patientenrechtegesetz mehr Rechtsklarheit und Transparenz im Verhältnis von Ärzten und Patienten zu schaffen. Seitens der Ärzte werden jedoch Bürokratisierung und Verrechtlichung dieses Verhältnisses sowie höhere Haftungsrisiken befürchtet. Wesentliche Änderungen sind mit dem Patienterechtegesetz allerdings nicht einhergegangen. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Neuerungen und die damit für Sie verbundenen Folgen vor. I. Änderungen im BGB 1. Behandlungsvertrag Mit der Neuregelung des 630a BGB bleibt der Behandlungsvertrag auch zukünftig grundsätzlich ein Dienstvertrag, mit der Folge, dass ein bestimmter Handlungserfolg nicht geschuldet wird. Der Arzt schuldet wie bisher eine Behandlung nach dem allgemein anerkannten medizinischen Standard. Neu ist insoweit die Pflicht des Arztes, den Patienten auf Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher Risiken über Umstände zu informieren, welche auf einen Behandlungsfehler schließen lassen. Diese Neuregelung ist sehr umstritten, da bislang eine solche Offenbarungspflicht überwiegend abgelehnt wurde. Unklar bleibt, welche Konsequenzen dem Arzt drohen, falls er diese Information dem Patienten nicht offenbart. Jedenfalls wenn durch den nicht erfolgten Hinweis auf einen Behandlungsfehler ein Patient geschädigt wird, ist der Arzt für diesen Schaden einstandspflichtig. Ist der Hinweis ordnungsgemäß erteilt worden und kommt es anschließend zu einem Strafverfahren z.b. wegen fahrlässiger Körperverletzung, darf ohne Zustimmung des Arztes dieser Hinweis nicht zu Beweiszwecken verwendet werden. Ob dies auch im Zivilprozess gelten soll, ist jedoch bislang nicht geklärt. Den Arzt trifft gem. 630c Abs. 3 BGB zudem eine wirtschaftliche Informationspflicht. Er muss den Patienten vor Beginn der Behandlung darüber aufklären, wenn ihm bekannt oder dies den Umständen nach ersichtlich ist, dass die Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten (private oder gesetzl. Krankenversicherung) nicht gesichert ist. Diese Verpflichtung war auch früher bereits durch die Rechtsprechung anerkannt. Nun hat sie aber schriftlich zu erfolgen. Dies bringt einen erhöhten Verwaltungsaufwand mit sich. Wird die wirtschaftliche Aufklärung unterlassen, kann das zum Verlust des Honoraranspruchs führen. Wir empfehlen, jede erteilte Auskunft möglichst detailliert zu dokumentieren, damit der konkrete Inhalt der Auskunft später nachgewiesen werden kann. Um Streitigkeiten bei der Geltendmachung des Honorars zu vermeiden, sollte darauf geachtet werden, sorgfältig zu dokumentieren, dass der

Patient ordnungsgemäß über die Kosten der Behandlung aufgeklärt wurde. Da dies der gesetzlichen Regelung zufolge in Textform zu erfolgen hat, sollte sich der Arzt den Aufklärungsbogen möglichst auch vom Patienten unterzeichnen lassen und eine Kopie zu der Patientenakte nehmen. Die Informationspflichten sowie die damit verbundenen Rechtsfolgen treffen nicht nur den behandelnden Arzt, sondern auch das Krankenhaus als Vertragspartner des Behandlungsvertrages. 3. Aufklärung und Einwilligung Neben den genannten Informationspflichten bleibt es mit der Neuregelung des 630e BGB bei den bislang geltenden Aufklärungspflichten. Die Aufklärung hat rechtzeitig, mündlich und verständlich zu erfolgen. Aufzuklären ist über alle für die Einwilligung wesentlichen Umstände, insbesondere über Art, Umfang und Durchführung der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, ihre Erfolgsaussichten, mögliche Risiken und Behandlungsalternativen. Wie auch bislang ist außerdem gem. 630d BGB vor Beginn der Behandlung vom Patienten die ausdrückliche und unmissverständliche Einwilligung einzuholen. Beim Einwilligungsunfähigen ist dessen mutmaßlicher Wille, eine Patientenverfügung und ansonsten die Einwilligung des gesetzlichen Betreuers oder Bevollmächtigten maßgeblich. Bei der Dokumentation der Aufklärung und Einwilligung ist nun mit der Neuregelung des 630e Abs. 2 BGB darauf zu achten, dass dem Patienten Abschriften von allen Unterlagen auszuhändigen sind, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung und Einwilligung unterschreibt. Unterzeichnet Ihr Patient zukünftig Unterlagen im Zusammenhang mit einer Aufklärung bzw. Einwilligung, lassen Sie sich gleichzeitig mit seiner Unterschrift bestätigen, dass er Abschriften dieser Unterlagen erhalten hat. Ihre Aufklärungs- bzw. Einwilligungsunterlagen können sie wie nachfolgend ergänzen: Hiermit bestätige ich, dass ich eine Abschrift dieser Unterlagen erhalten habe. So können Sie problemlos nachweisen, die Unterlagen an den Patienten ausgehändigt zu haben. 4. Dokumentationspflichten Der Arzt ist nun gem. 630f BGB gesetzlich verpflichtet, die aus fachlicher Sicht gebotenen, wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse in der Patientenakte aufzuzeichnen. Wird eine solche medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme nicht aufgezeichnet, wird zu Lasten des Arztes gem. 630h BGB vermutet, dass er eine solche Maßnahme auch nicht getroffen hat. Dies stellt eine erhebliche Beweiserleichterung für den Patienten beim Nachweis eines Behandlungsfehlers dar. Nachträgliche Berichtigungen oder Änderungen von Eintragungen müssen nun den ursprünglichen Inhalt erkennen lassen sowie wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen. Die Dokumentation muss insbesondere Anamnese, Diagnose, Untersuchungen und deren Ergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen umfassen. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Sie sollten auch weiterhin möglichst umfassend dokumentieren. Arzthaftungsprozesse können allein wegen einer lückenhaften Dokumentation verloren werden! II. Änderung der Bundesärzteordnung Mit der Neuregelung des 6 Abs. 1 Nr. 5 der Bundesärzteordnung kann nun das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn der Arzt nicht über eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung verfügt. Damit existiert nun eine bundesrechtliche Sanktion für den Fall, dass der Arzt keine bzw. keine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung vorweisen kann. III. Änderung des SGB V Durch den neu eingefügten 137 Abs. 1d SGB V müssen Krankenhäuser und Ärzte nach noch festzulegenden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zukünftig ein Risikomanagement- und

Fehlermeldesystem in ihrem bestehenden Qualitätsmanagement einrichten. Bezüglich der Einzelheiten ist noch die Richtlinie des GBA abzuwarten, welche bis zum 26.02.2014 zu erlassen ist. Fest steht bereits jetzt, dass Krankenhäuser über die Umsetzung in ihren Qualitätsberichten informieren müssen. Der GBA wird auch verpflichtet, die Voraussetzungen für einrichtungsübergreifende Fehlermelde-systeme zu regeln, um nach 17 Abs. 1 S. 5 KHG neu zu vereinbarende Vergütungszuschläge für teilnehmende Krankenhäuser zu begründen. Im Rahmen ihres Qualitätsmanangements wird Krankenhäusern mit der Neuregelung des 135a Abs. 2 Nr. 2 SGB V zudem auferlegt, ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement einzurichten. Durch die Beschwerdemöglichkeit und Dokumentation vor Ort über Beinahefehler etc., soll die Patientensicherheit verbessert werden. Fazit: Das Patientenrechtegesetz übernimmt weitgehend nur die bereits durch die Rechtsprechung langjährig entwickelten Grundsätze im Arzthaftungs- und Behandlungsrecht. Da die politischen Forderungen nach einer generellen Beweislastumkehr nicht berücksichtigt wurden, ändert sich für den Arzthaftungsprozess nichts Grundlegendes. Allerdings sind die Dokumentationspflichten deutlich kokretisiert worden. Ärzte sind daher angehalten, zukünftig noch sorgfältiger als bisher zu dokumentieren. Ob das Gesetz tatsächlich die vorhergesagte Rechtssicherheit für die Beteiligten auf beiden Seiten bringen wird, bleibt noch abzuwarten. Dr. Christopher F. Büll Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht Beratung vor Regress: Bundesrat stimmt rückwirkender Anwendung zu Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 21.09.2012 unter anderem der Änderung des 106 Abs. 5e SGB V und damit der rückwirkenden Anwendung des Grundsatzes Beratung vor Regress zugestimmt. Hierdurch wurde klargestellt, dass der durch das Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) eingeführte Grundsatz Beratung vor Regress ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des GKV- VStG zum 01.01.2012 für alle laufenden und nachfolgenden Verfahren gilt, auch soweit sie Prüfzeiträume vor 2012 betreffen. Die Gesetzesänderung wirkt sich in der Praxis damit auf Richtgrößenprüfungen der letzten Jahre aus, bei denen die Prüfgremien eine Überschreitung des Richtgrößenvolumens von mehr als 25 % festgestellt und deshalb ein Regressverfahren eingeleitet haben. Von dieser Neuregelung profitieren alle Vertragsärzte, die gegen den Regressbescheid einer Prüfstelle Widerspruch eingelegt haben, sofern über diesen Widerspruch zum 01.01.2012 noch nicht entschieden worden war. Diese Ärzte haben jetzt einen Anspruch auf Beratung bzw. sofern der Regress bereits festgesetzt wurde, auf Aufhebung desselben und Umwandlung in eine Beratung. Für einige Fälle ist die Gesetzesänderung sogar von doppeltem Nutzen. Bei mehreren offenen Richtgrößenprüfungen mit einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens von mehr als 25 % beispielsweise in den aufeinander folgenden Jahren 2009 und 2010 bewirkt die Neuregelung Folgendes: Für die erste Richtgrößenprüfung (2009) kann aufgrund der Neuregelung des 106 Abs. 5e SGB V nur eine Beratung ausgesprochen werden. Bei einer erneuten Überschreitung kann ein Erstattungsbetrag aber erstmals für den

Prüfzeitraum nach der Beratung festgesetzt werden. Da die Beratung jedoch frühestens im laufenden Jahr 2012 bzw. 2013 stattfinden wird, ist der hierauf folgende Prüfzeitraum das Jahr 2013 bzw. 2014. Das Verfahren für den Prüfzeitraum 2010 müsste demnach ohne weitere Maßnahmen eingestellt werden. Achtung: Vertragsärzte sollten also bei Regressforderungen wegen eines erstmaligen Verstoßes darauf drängen, dass diese zuerst in Beratungen umgewandelt werden. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie nicht der Meinung sind, dass sich die Überschreitungen durch Praxisbesonderheiten erklären lassen. Sollte dies der Fall sein, dürfte nämlich auch keine Beratung ausgesprochen werden. Hier wäre vielmehr die Feststellung der Anerkennung von Praxisbesonderheiten zu beantragen. Bei bereits vor dem 01.01.2012 abgeschlossenen Widerspruchsverfahren findet die Neuregelung hingegen keine Anwendung. Dies gilt selbst dann, wenn gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses noch eine Klage anhängig ist. SG Berlin: RLV-Wachstum für neu zugelassenes MVZ (SG Berlin, Urteil vom 27.06.2012, Az: S 83 KA 223/11) Das SG Berlin hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Zum 01.01.2008 wurde ein neues MVZ gegründet und zugelassen, indem ein zuvor niedergelassener Facharzt für Nervenheilkunde auf seinen Sitz zugunsten einer Anstellung im MVZ verzichtete. Die so entstandene Arztstelle wurde aufgeteilt und noch ein weiterer Arzt hierauf angestellt. Für das Quartal 1/2009 wurde dem MVZ ein RLV zugewiesen, das für jeden der im MVZ tätigen Ärzte unterhalb des Fachgruppendurchschnitts lag. Das MVZ machte geltend, dass der Honorarbescheid für das Quartal 1/2009 rechtswidrig sei. Denn es seien die Voraussetzungen der Wachstumsregelung des Honorarverteilungsvertrages erfüllt, so dass für jeden neu angestellten Arzt im MVZ innerhalb der ersten drei Jahre das sofortige Wachstum des RLV bis zum Erreichen des Fachgruppendurchschnitts zu ermöglichen sei. Das SG Berlin hat der Klage des MVZ im Ergebnis stattgegeben. Jedoch ist es der Begründung des MVZ nicht gefolgt. Das MVZ hatte die Ansicht vertreten, die Wachstumsregelung des Honorarverteilungsvertrages gelte unmittelbar auch für die auf einer Arztstelle im MVZ angestellten Ärzte. Denn aus der Formulierung neu niedergelassener Arzt lasse sich nicht ableiten, dass die Vorschrift nur für selbständige Vertragsärzte gelte. Denn auch an anderer Stelle des Honorarverteilungsvertrages würden die Begriffe Arzt, Vertragsarzt, Praxis und Arztpraxis verwendet, ohne dass zweifelhaft sei, dass diese Regelungen auch auf MVZ bzw. auf die dort angestellten Ärzte Anwendung fänden. Dieser Argumentation ist das SG Berlin nicht gefolgt. Es kommt vielmehr zu dem Ergebnis, dass der Wortlaut des Honorarverteilungsvertrages ein Wachstum nur für neu zugelassene Vertragsärzte vorsehe. Die Wachstumsregelung sei für in einem MVZ angestellte Ärzte weder direkt noch entsprechend anwendbar. Auch sei die Anstellung eines Arztes bzw. die Übernahme einer Arztstelle durch einen zugelassenen Leistungserbringer nicht mit der neuen Niederlassung eines Arztes vergleichbar und falle damit nicht unter die Jungpraxenregelung. Die Jungpraxenregelung beruht auf der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.2009, Az: B 6 KA 5/08 R). Dieses hat entschieden, dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die Möglichkeit haben sollten, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Dem Vertragsarzt müsse die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Da das BSG mit seiner Rechtsprechung auf die Wettbewerbssituation am Markt abstelle, könne dies aber dem SG Berling zufolge nicht für die in einem MVZ angestellten Ärzte gelten. Denn nicht diese, sondern das MVZ selbst nehme als Wettbewerber am Markt teil. Das BSG halte eine völlige Freistellung von Wachstumsbegrenzungen jedoch nur in der Aufbauphase einer Praxis für erforderlich. Dieser Aufbauphase sei aber die Anstellung eines Arztes auch in Verbindung mit der Übernahme einer weiteren (neuen) Arztstelle im Wege der Nachbesetzung nicht vergleichbar. Der Sinn und Zweck der Privilegierung von Jungpraxen liege darin, einer neu zugelassenen Arztpraxis zu ermöglichen, im Wettbewerb Fuß zu fassen. Bei einem angestellten Arzt sei eine solche Förderung aber gar nicht zweck-

mäßig. Denn dieser steige in der Regel in einen schon bestehenden Betrieb ein. Konsequenterweise hat das SG Berlin aber dem MVZ als solchem die Wachstumsmöglichkeit zugestanden. Denn die der Wachstumsregelung zugrunde liegende Rechtsprechung des BSG beziehe sich nicht ausschließlich auf einzelne Ärzte, sondern auf Praxen in der Aufbauphase. Insbesondere würde aber eine Nichtgeltung der Wachstumsregelung für MVZ und dasselbe gelte auch für Gemeinschaftspraxen, eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung gegenüber in Einzelpraxis tätigen Vertragsärzten darstellen und damit gleichzeitig einen Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit begründen. Im Ergebnis müsse es auch einem MVZ mit unterdurchschnittlichen Umsätzen aufgrund unterdurchschnittlicher Fallzahlen im Vorjahresquartal möglich sein, jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der jeweiligen Fachgruppe zu wachsen. Fazit: Die Entscheidung des SG Berlin ist zu begrüßen. Die Gleichstellung eines MVZ mit einer Einzelpraxis auch auf die Wachstumsregelung für Jungpraxen im RLV-Bereich zu erstrecken, ist nur konsequent. Der Grundgedanke der Entscheidung dürfte im Ergebnis auch auf die nun geltende Regelung im jeweiligen HVM übertragbar sein.