31/SN-131/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 1 von 7 Präsidium des Nationalrates Parlament Dr. Karl-Renner-Ring 3 1017 Wien GZ: 94000/1-I/B/6/04 Wien, am 12.03.2004 Betreff: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird; Begutachtung Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen übermittelt die ho. Stellungnahme zu dem im Betreff genannten Gesetzesentwurf in elektronischer Form sowie in 25-facher Ausführung zur gefälligen Kenntnisnahme. Beilagen Mit freundlichen Grüßen Für die Bundesministerin AIGNER Für die Richtigkeit der Ausfertigung: Dr. Jörg Eidher, Abteilung I/B/6
2 von 7 31/SN-131/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) Bundesministerium für Justiz z.hd. Leitender Staatsanwalt Dr. Stormann und SC Dr. Hopf Museumstraße 7 1070 Wien GZ: 94000/1-I/B/6/04 Wien, am 12.03.2004 Betreff: Entwurf einer Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes; B e g u t a c h t u n g Sehr geehrte Damen und Herren! Zu dem im Betreff genannten Gesetzesentwurf erlaubt sich das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen folgende Stellungnahme abzugeben: Positiv und im Sinne des ho. Ressorts sind die Ausweitung der Aufbewahrungsmöglichkeit auch für Hoden- und Eierstockgewebe sowie grundsätzlich auch die Ausdehnung der zulässigen Aufbewahrungsdauer, das neu geschaffene Erfordernis einer höchstens ein Jahr zurückliegenden Zustimmung zur Einbringung von Samen, Eizellen und entwicklungsfähigen Zellen in den Körper der Frau sowie die Beseitigung des bisherigen Überlassungsverbotes an andere Krankenanstalten zu werten. Dem gegenständlichen Entwurf wird jedoch seitens des ho. Ressorts nur zugestimmt, sofern die Aufbewahrungsfrist mit einer bestimmten Jahresfrist (zwischen 5 und 10 Jahren samt Ausnahmebestimmungen für Kryokonservierung von Samen, Eizellen, Hoden- oder Eierstockgewebe auf Grund einer Erkrankung) festgelegt wird. Zu den einzelnen Bestimmungen wird Folgendes angemerkt: zu Artikel I zu Ziffer 1 ( 2 Abs. 2): Durch die Neuformulierung des 2 Abs. 2 FMedG soll Hoden- und Eierstockgewebe explizit in den Geltungsbereich des Fortpflanzungsmedizingesetzes einbezogen werden.
31/SN-131/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 3 von 7 Der Entwurf enthält in 2 Abs. 2 im Wesentlichen eine Möglichkeit zur längerfristigen (ivm 17 Abs. 1 des Entwurfes) Aufbewahrung von Samen, Eizellen, Hodenoder Eierstockgewebe, wenn durch ein körperliches Leiden oder dessen dem Stand der Wissenschaft entsprechende Behandlung eine ernste Gefahr besteht, dass eine Schwangerschaft nicht mehr durch Geschlechtsverkehr herbeigeführt werden kann. Gedacht ist hier wohl in erster Linie an Carcinompatienten, die vor einer Chemotherapiebehandlung Gameten für die Erfüllung eines möglichen späteren Kinderwunsches aufbewahren möchten. Seitens des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen wird diese Erweiterung begrüßt. Die derzeitige Formulierung ist jedoch weitreichender. Nach ho. Auffassung besteht hier auch die Möglichkeit der Aufbewahrung von Gameten für Personen, die sich freiwillig einer Sterilisation unterziehen. Nach einer Sterilisation liegt auch ein körperliches Leiden vor, bei dem mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Schwangerschaft nicht mehr durch Geschlechtsverkehr herbeigeführt werden kann. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass somit Personen, die sich einer Sterilisation unterzogen haben, diese Möglichkeit offen steht, während Personen, die diesen Schritt nicht setzen, eine Kryokonservierung nicht durchführen lassen dürfen. Es wäre zu hinterfragen, ob diese Ungleichbehandlung, wonach in Verbindung mit einer Sterilisation eine Aufbewahrung jedenfalls eröffnet wird, tatsächlich beabsichtigt ist. Darüber hinaus ist nach Ansicht des ho. Ressorts die kürzlich erfolgte Anregung des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen betreffend die Schaffung einer zweifelsfreien Rechtsgrundlage für In-vitro-Fertilisation auch ohne Vorliegen von Sterilität bei einem Partner - beispielsweise künstliche Befruchtungen von Partnerinnen HIVpositiver Männer - mit dieser Bestimmung nicht eindeutig umgesetzt, obwohl dies seitens des Bundesministeriums für Justiz positiv beurteilt wurde. Etwa im Fall HIV-positiver Männer (oder mit anderen schweren und durch Geschlechtsverkehr übertragbaren Krankheiten infizierter Männer, z.b. Hepatitis C) kann eine Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr weiterhin herbeigeführt werden, doch ist dies nicht zumutbar (gemäß 9 Abs. 1 FMedG ivm 2 Abs. 2 FMedG wurde mit Zustimmung des Bundesministeriums für Justiz eine Zulässigkeit einer IVF in derartigen Fällen auch ohne Vorliegen von Sterilität bejaht). Eine Ergänzung (zumindest Klarstellung) im Sinne der Unzumutbarkeit der Fortpflanzung durch Geschlechtsverkehr wegen übertragbarer Krankheiten wird nochmals angeregt. Abschließend wird aus Gründen der Übersichtlichkeit angeregt, die Erweiterung in einem eigenen Absatz ( 2 Abs. 3) zu regeln. zu Ziffer 3 ( 9 Abs. 2) Reproduktives Klonen wird international abgelehnt und die gesundheitlichen Gefahren für geklonte Kinder sind beim derzeitigen Wissensstand in keinster Weise ab-
4 von 7 31/SN-131/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) schätzbar. Jede Verstrengerung der Rechtslage in diesem Zusammenhang ist daher fachlich und rechtspolitisch zu begrüßen. Die Beurteilung einer allfälligen Zulässigkeit des therapeutischen Klonens ist hingegen differenzierter zu sehen und die Meinungen dazu sind gespalten. Das therapeutische Klonen befindet sich zwar derzeit noch im Forschungsstadium und ist als experimentell anzusehen, könnte aber in der Zukunft zur Gewinnung embryonaler Stammzellen herangezogen werden. Von Bedeutung könnte therapeutisches Klonen unter anderem bei Transplantationen durch Vermeidung von Abstoßungsreaktionen werden. Geforscht wird im Zusammenhang mit embryonalen Stammzellen auch an der Behandlung von neurologischen Erkrankungen, wie Morbus Parkinson, bei Herzerkrankungen (Ersatz zerstörter Zellen nach Herzinfarkt) sowie bei der Behandlung von Diabetes Typ I (Ersatz von Langerhansschen Zellen). Inwieweit es ethisch akzeptabel ist, dass dafür embryonale Zellen herangezogen werden, ist eine gesellschaftspolitische Entscheidung, die noch umfassender Diskussionen bedarf. Da der derzeitige Wortlaut des 3 Abs. 1 ivm 9 Abs. 1 FMedG bereits ein Verbot des reproduktiven Klonens enthält und die Meinungen betreffend das therapeutische Klonen gespalten sind bzw. es auf Grund der künftigen ungewissen mediz inischwissenschaftlichen Erkenntnisse einer weiteren umfassenden gesellschaftspolitischen und ethischen Diskussion bedarf, wird seitens des ho. Ressorts angeregt, die derzeitige Bestimmung beim gegenständlichen Diskussionsstand beizubehalten und von einer Erweiterung des 9 Abs. 2 FMedG abzusehen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen schlägt aber aus der eingangs erwähnten Position zum reproduktiven Klonen in diesem Zusammenhang vor, einen eigenen strafgerichtlichen Straftatbestand für reproduktives Klonen, etwa als gerichtliches Nebenstrafrecht im FMedG (vgl. etwa LMG, SMG) zu schaffen. Dadurch könnte der einhelligen gesellschaftspolitischen Meinung über die Ablehnung des reproduktiven Klonens entsprochen werden. In den Materialien dazu sollte klar zum Ausdruck gebracht werden, dass durch diese Regelung kein Schluss auf die Bewertung des therapeutischen Klonens erlaubt sein darf. zu Ziffer 4: zu 17 Abs. 1: Die Ausweitung der Aufbewahrungsfrist ist dringend geboten. Die nunmehr vorgeschlagene Lösung der Anknüpfung der Aufbewahrungsdauer an das Alter des Mannes bzw. der Frau kann jedoch seitens des Bundesministeriums
31/SN-131/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 5 von 7 für Gesundheit und Frauen obwohl die meisten mit der Einjahresfrist verbundenen Probleme damit beseitigt werden aus folgenden Gründen nicht befürwortet werden: In 17 ist die Ausdehnung der Aufbewahrungsfrist für Samen, Hodengewebe, Eizellen, Eierstockgewebe und entwicklungsfähigen Zellen bis zum 50. Lebensjahr der Frau bzw. des Mannes vorgesehen. Im Hinblick auf die Änderungen in 2 erscheint eine Verlängerung der Aufbewahrungsfrist für Samen, Hodengewebe, Eizellen und Eierstockgewebe bis zum 50. Lebensjahr unter Berücksichtigung der biologischen Reproduktionsphase durchaus zweckmäßig. Die Miteinbeziehung von entwicklungsfähigen Zellen, die auf diese Weise statt bisher ein Jahr nun theoretisch auch 30 Jahre und sogar länger aufbewahrt werden könnten, erscheint jedoch problematisch. Es ist nicht anzunehmen, dass eine derartige Regelung aus ethischer Sicht akzeptiert werden würde (Generationensprünge, Missbrauchs- und Verwechslungsgefahr). Es erscheint fraglich, ob die neugeschaffene Bestimmung in 8 Abs. 5 FMedG, nach der die Zustimmung des betreffenden Paares nicht älter als ein Jahr sein darf, dafür ausreichend ist. Überdies scheint zumindest die Grenzziehung mit dem 50. Lebensjahr zu eng zu sein. Die Vollziehung des IVF-Fonds-Gesetzes hat gezeigt, dass in zahlreichen Fällen ein Kinderwunsch z.b. bei Männern Ende vierzig mit jüngeren Frauen besteht bzw. in der Mehrzahl der Beziehungen der Mann älter als seine Partnerin ist. Daher ist mit der vorgeschlagenen Regelung z.b. folgende Problematik verbunden: - Ein Mann, der z.b. im 49. Lebensalter eine Kryokonservierung von Samen oder Hodengewebe zwecks künstlicher Befruchtung durchführen lässt, darf diese nur bis zu seinem 50. Lebensjahr (unter Umständen weniger als ein Jahr) aufbewahren lassen. Da die rechtlich zulässige Aufbewahrungsdauer sich über einen sehr langen Zeitraum erstrecken kann (bei Kryokonservierung von Embryonen einer 20-jährigen Frau unter Umständen für 30 Jahre), ergeben sich in diesem Zusammenhang Ungleichbehandlungen zwischen Personen, die bereits in jungen Jahren steril sind und solchen, die erst später steril oder infertil werden. Die Altersgrenze wurde offensichtlich im Hinblick auf die Möglichkeit einer langen Aufbewahrungsdauer für junge Carcinompatienten/-innen geschaffen. Dies wird seitens des ho. Ressorts auch außerordentlich begrüßt. Jedoch würde mit dieser Regelung für Carcinompatienten, die ihren Samen oder ihr Hodengewebe im Alter von Ende 40 kryokonservieren lassen wollen, eine mediz i- nisch unterstützte Fortpflanzung de facto unmöglich gemacht. Seitens des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen wird daher - nach ausführlicher Prüfung - die Schaffung einer Altersgrenze (50. Lebensjahr) für die Aufbewahrung von Samen- und Eizellen, Hoden- und Eierstockgewebe sowie von Embryonen als nicht optimale Lösung abgelehnt.
6 von 7 31/SN-131/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) Da jedoch die Ausweitung der Aufbewahrungsfrist eine unbestrittene Forderung von sämtlichen Fachkreisen darstellt (vor allem im Hinblick auf Paare, die sich noch weitere Kinder wünschen), ist aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen eine zeitlich fixierte Ausweitung der Aufbewahrungsfrist für entwicklungsfähige Zellen zweckmäßiger. Es wird daher angeregt, die Bestimmung auf Grund der oben genannten Bedenken zu überarbeiten und eine absolute Aufbewahrungsdauer von höchstens 10 Jahren (international üblichen Fristen) zu normieren und eine Ausnahmebestimmung für jene Personen festzuschreiben, die auf Grund einer Krankheit ihre entwicklungsfähigen Zellen kryokonservieren lassen. Unter Umständen wäre auch eine unterschiedliche Regelung für Gameten und Embryonen denkbar. zu 17 Abs. 2: Die Aufhebung des Überlassungsverbotes an andere Krankenanstalten zum Zwecke der künstlichen Befruchtung wird seitens des ho. Ressorts begrüßt. Regelungsbedarf besteht auch in diesem Zusammenhang hinsichtlich der Zustimmung zu einer Überlassung. Die Bestimmung sollte entsprechend ergänzt werden. Eizell- und Samenspende bei In-vitro-Fertilisationen: Nicht behandelt hat der Entwurf die Frage der Zulässigkeit von Samenspenden im Rahmen von medizinisch unterstützten Fortpflanzungen im Rahmen von 1 Abs. 2 Z 2 bis 4 FMedG. Dies ist derzeit nicht zulässig, ist aber aus medizinischer Sicht nicht begründbar und wird von Fortpflanzungsmedizinern auch immer wieder gefordert. Insbesondere hinsichtlich der Drittsamenspende ist es nicht nachvollziehbar, warum der von einer dritten Person gespendete Samen für eine Insemination, jedoch nicht für eine In-vitro-Fertilisation verwendet werden darf. Seitens des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen wird angeregt, die Zulässigkeit der Drittsamenspende bei In-vitro-Fertilisationen in die Reformüberlegungen miteinzubeziehen. Da mit der gleichfalls nicht im Entwurf angesprochenen Eizellenspende weitreichende zivilrechtliche, gesellschaftspolitische und ethische Fragestellungen verbunden sind, werden diesbezüglich allerdings noch weitere Diskussionen zu führen sein, bevor auch diese Frage einer allfälligen gesetzlichen Regelung zugeführt werden kann. Sprachliche Gleichbehandlung: Der Gesetzestext sollte im Hinblick auf die sprachliche Gleichbehandlung von Mann und Frau überarbeitet werden.
31/SN-131/ME XXII. GP - Stellungnahme zu Entwurf (gescanntes Original) 7 von 7 Das Vorblatt und die Erläuterungen sind jedenfalls geschlechtsneutral zu formulieren (Ministerratsvortrag vom 2. Mai 2001). Mit freundlichen Grüßen Für die Bundesministerin AIGNER Für die Richtigkeit der Ausfertigung: