Dr. Ulrike Köhler 1

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Transkript:

30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 1

in der palliativen Situationoder Mundpflege und Lagerung Was ist sinnvoll? Weiterbildung für Pflegekräfte 25.03.2015 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 2

Öffentliche Diskussion: Verhungern und verdursten lassen? Mit einem Bein im Gefängnis? Vorenthalten eines menschenwürdigen Todes? 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 3

Warum essen und trinken wir? Weil wir Hunger und Durst haben Weil wir ein Geschmackserlebnis haben wollen Aus rationalen Erwägungen Versorgung mit Nährstoffen und Flüssigkeit 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 4

Was ist für einen Menschen am Lebensende wichtig, wenn er nicht mehr essen und trinken kann, oder dies verweigert? Stillen von Hunger und Durst Positives Geschmackserlebnis Befeuchten der Mundschleimhaut Versorgung mit Nährstoffen/ Flüssigkeit? 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 5

Menschen in der Sterbephase Was sagt die Bundesärztekammer? Die Hilfe besteht in palliativmedizinischer Versorgung und damit auch im Beistand und Sorge für Basisbetreuung. Dazu gehören nicht immer Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, da sie für Sterbende eine große Belastung darstellen können. Jedoch müssen Hunger und Durst als subjektive Empfindungen gestillt werden. KVB 2008 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 6

Welche Belastungen können künstliche und Flüssigkeitszufuhr beim Sterbenden beinhalten? Völlegefühl, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall Lungenstauung mit Atemnot, Lungenödem Notwendigkeit von Fixierungsmaßnahmen 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 7

und Flüssigkeitsversorgung mittels PEG gegenwärtig in Deutschland 140.000 PEG- Sondenanlagen pro Jahr, davon 65% bei älteren Menschen, 8-9% der Pflegeheimbewohner. Sondenernährung steigert nur selten die Lebensqualität 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 8

PEG bei Menschen mit schwerer Demenz: Kein Verhindern von Aspiration Meist keine bedeutsame Verbesserung des szustandes Keine verbesserte Wundheilung bei Dekubitus Kein Beleg für eine Verlängerung der Überlebenszeit 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 9

Ziel: Natürliche Nahrungsaufnahme erhalten Pflege und Hauswirtschaft gefordert Kaustörungen? Schluckstörungen bei fester oder flüssiger Nahrung? Nur noch Geschmacksempfindung relevant? 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 10

Möglichkeiten: Andicken von Flüssigkeiten Fingerfood Smoothfood Hochkalorisch angereicherte Nahrungsmittel Ggf. Trinknahrung 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 11

Entscheidungskriterien künstliche Mögliche Alternativen: zumutbare pflegerische / therapeutische Maßnahmen Nutzen/ Schaden: Lebensverlängerung / Lebensqualität Schmerzen / Erbrechen Freiheitsentziehende Maßnahmen Wille / mutmaßlicher Wille: 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 12 Betreuer, Patientenverfügung

Dilemma der Entscheidung: Vielleicht bin ich Schuld am Tod meines Vaters, weil ich der künstlichen nicht zugestimmt habe Vielleicht bin ich Schuld am Leiden meines Vaters, weil ich der künstlichen zugestimmt habe 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 13

Flüssigkeit am Lebensende -Sinnvoll oder Unsinn 1.Durst ist das physiologische Verlangen nach Flüssigkeitsaufnahme. Das Durstgefühl ist Teil der Triebsteuerung des Menschen und basiert auf komplexen Prozessen, die das Durstgefühl auslösen, das dann durch Trinken befriedigt bzw. gestillt werden kann. 2.terminale Dehydratation beschreibt den klinischen Zustand von sterbenden Patienten, die nicht mehr in der Lage sind, eine adäquate 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 14 Flüssigkeitsmenge zu sich zu nehmen.

3.Terminalphase = Präfinalphase: Tage bis Wochen, in der es zu einer zunehmenden Schwäche, Desinteresse an Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme und überwiegender Bettlägerigkeit kommt. 4.Finalphase = eigentliche Sterbephase, in der Regel die letzten 72 Stunden 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 15

In der letzten Lebensphase: Besteht eine katabole Stoffwechsellage Ist daher Gewichtsverlust nicht zu verhindern Können normale Nahrungsmengen nicht mehr verabfolgt werden Reichen kleinste Mengen aus, um Durst und Hunger zu stillen 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 16

DGEM-Leitlinien 2008 für die Sterbephase: Eine künstliche ist nicht erforderlich Es werden nur minimale Mengen an Wasser und Nahrung benötigt. Das Durstgefühl am Lebensende korreliert mit der Trockenheit der Mundschleimhaut, nicht mit der Menge der zugeführten Flüssigkeit. 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 17

Es ist immer leichter etwas zu tun, als etwas zu lassen 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 18

Das A und O in der Terminal- und Finalphase ist eine gute Mundpflege Kann sehr gut von Angehörigen übernommen werden. Ist individuell auf jeden einzelnen Patienten abgestimmt - Biographie 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 19

Die Auseinandersetzung mit dem Thema: Flüssigkeit am Lebensende ist auch immer eine Frage nach dem Tod und Sterben an sich. Essen hält Leib und Seele zusammen Im Sterbeprozess wollen sich aber Leib und Seele trennen.! 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 20

Jetzt gebe ich ab an unsere Pflegekräfte: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. Ulrike Köhler 30.03.15 Dr. Ulrike Köhler 21