Bericht der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission. zum Ratschlag Änderung des Bürgerrechtsgesetzes

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Transkript:

225 Grosser Rat des Kantons Basel-Stadt Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK) An den Grossen Rat 15.1221.02 11.5053.04 Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission Basel, 29. Juni 2016 Kommissionsbeschluss vom 29. Juni 2016 Bericht der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission zum Ratschlag Änderung des Bürgerrechtsgesetzes sowie zur Beantwortung der Motion David Wüest-Rudin und Konsorten betreffend Einbürgerung mit 18 anbieten Den Mitgliedern des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt zugestellt am 1. Juli 2016 Seite 1/9

Inhalt 1. AUSGANGSLANGE... 3 2. VORGEHEN DER KOMMISSION... 3 2.1 Wichtige Diskussionspunkte... 3 2.1.1 Gleichstellung von Schweizerinnen und Schweizern mit Ausländerinnen und Ausländern... 3 2.1.2 Ausweitung auf minderjährige Bewerberinnen und Bewerber... 4 2.1.3 Umfang der Gebührenbefreiung... 4 2.1.4 Überprüfung der Integrationskriterien im Rahmen des Einbürgerungsgesprächs... 5 2.1.5 Relevantes Alter... 7 2.2 Änderungen des Bürgerrechtsgesetzes... 7 3. MOTION DAVID WÜEST-RUDIN... 7 4. ANTRAG... 8 Beilage Entwurf Grossratsbeschluss Seite 2/9

1. Ausgangslange Mit Beschluss vom 16. November 2011 hat der Grosse Rat die Motion David Wüest-Rudin und Konsorten betreffend Einbürgerung mit 18 anbieten (künftig Motion) dem Regierungsrat, entgegen dessen Antrag zur Überweisung als Anzug, zur Ausarbeitung einer Vorlage mit Frist bis zum 16. November 2015 überwiesen. In seinem Ratschlag betreffend Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. April 1992 (SG 121.100) (künftig Ratschlag) beantragt der Regierungsrat, den in der Schweiz geborenen und aufgewachsenen Migrantinnen und Migranten ab dem 18. Geburtstag ein Jahr lang die Möglichkeit anzubieten, sich kostengünstig einbürgern zu lassen. Zu diesem Zweck sollen sie von den kommunalen und kantonalen Einbürgerungsgebühren befreit werden und nur noch Gebühren für die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung bezahlen müssen. Für die näheren Ausführungen wird auf den Ratschlag verwiesen. Der Grosse Rat hat das Geschäft an seiner Sitzung vom 9. März 2016 der Justiz-, Sicherheitsund Sportkommission (JSSK) überwiesen. 2. Vorgehen der Kommission Die JSSK hat sich an insgesamt 5 Sitzungen (16. März, 20. April, 11. und 18. Mai sowie 29. Juni 2016) mit der Vorlage befasst. An der ersten Sitzung hat sich die Kommission den Ratschlag durch den Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD) Baschi Dürr, den Leiter Bevölkerungsdienste und Migration Lukas Huber sowie den Leiter Einbürgerungen und Bewilligungen Oliver Meury vorstellen lassen. Anlässlich der ersten Sitzung hat die Verwaltung eine Korrektur zu ihrem Gesetzesentwurf (Ratschlag, S. 7) vorgelegt und sich für den Fehler entschuldigt. Am 20. April 2016 wurden Vertreter der Bürgergemeinden der Stadt Basel (Stefan Wehrle, Statthalter Bürgerrat der Bürgergemeinde der Stadt Basel und Präsident Einbürgerungskommission, Fabienne Beyerle, Bürgerrätin der Bürgergemeinde der Stadt Basel und Statthalterin der Einbürgerungskommission), der Gemeinde Riehen (Martin Lemmenmeier, Präsident Bürgerrat Riehen) und der Gemeinde Bettingen (Guy Trächslin, Präsident Bürgerrat Bettingen) zusammen mit den Vertretern des JSD zu einem Hearing eingeladen. In der Sitzung vom 16. März 2016 hat die Kommission mit 12 zu 1 Stimme Eintreten auf die Vorlage beschlossen. In der Schlussabstimmung vom 29. Juni 2016 hat die Kommission einstimmig mit 10 Stimmen beschlossen, den nachfolgenden Beschlussentwurf dem Grossen Rat zur Genehmigung zu unterbreiten. 2.1 Wichtige Diskussionspunkte 2.1.1 Gleichstellung von Schweizerinnen und Schweizern mit Ausländerinnen und Ausländern Die Frage der Gleichstellung von Schweizerinnen und Schweizern mit Ausländerinnen und Ausländern in Bezug auf den Gebührenerlass auf Kantons- und Gemeindeebene bildete einen wichtigen Diskussionspunkt. Die Kommission bemängelt, dass nur Ausländerinnen und Ausländer von einer Gebührenbefreiung profitieren sollen. Im Sinne der Rechtsgleichheit müsste diese Erleichterung auch jungen Schweizerinnen und Schweizern zustehen. Die Vertreter der Bürgergemeinden haben sich anlässlich des Hearings zur kostenlosen Einbürgerung junger Schweizerinnen und Schweizern, die Bürger einer der Basler Gemeinden werden wollen, positiv geäussert. Die weitergehende Frage, ob auch Schweizerinnen und Schweizer erfasst werden sollen, welche nicht in der Schweiz geboren wurden, wurde kontrovers diskutiert. Dies könnte insbesondere Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer betreffen. Seite 3/9

Die Mehrheit äussert Bedenken hinsichtlich einer möglichen Diskriminierung von (Ausland-) Schweizerinnen und (Ausland-) Schweizern und plädiert im Sinne einer breiten Einbürgerungspolitik für eine attraktive Ausgestaltung der Einbürgerung für alle Schweizerinnen und Schweizer unabhängig vom Geburtsort. Eine Minderheit vertritt die Meinung, dass die geringe Anzahl betroffener Schweizerinnen und Schweizer vernachlässigbar und eine gewisse Einschränkung nicht willkürlich sei. Schliesslich sei das Hauptkriterium für die finanzielle Erleichterung der Geburtsort und das Aufwachsen in der Schweiz und damit sollen vor allem Ausländerinnen und Ausländer zu einer Einbürgerung motiviert werden. Die Verwaltung schätzt, dass aufgrund der Erweiterung der Gebührenbefreiung für Schweizerinnen und Schweizer die maximalen zusätzlichen Kosten für den Kanton bei Fr. 400 000 liegen. Die Kommission stimmte mit 8 zu 5 Stimmen der Gebührenbefreiung auf Kantons- und Gemeindeebene für junge Schweizerinnen und Schweizern unabhängig vom Geburtsort zu. 2.1.2 Ausweitung auf minderjährige Bewerberinnen und Bewerber Aus der Mitte der Kommission wurde die Kritik an der Beschränkung auf das 18. Altersjahr geäussert. Diese Beschränkung habe etwas Zufälliges und lasse sich nur schwer begründen. Theoretisch könnte es bei einer Ausweitung auf alle minderjährigen Bewerberinnen und Bewerber in einem Jahr zu einem Mehrfachen an Gesuchseingängen kommen. Da beim Bürgerrecht weder auf Bundesebene noch auf kantonaler Ebene ein Mindestalter besteht, können die Eltern für ihr Kind bereits ab dem 2. Altersjahr eine Einbürgerung beantragen. Bei den Ausländerinnen und Ausländern kann ein Minderjähriger frühestens im Alter von 11 Jahren das Gesuch um Einbürgerung stellen. Dies aufgrund der bundesrechtlichen Regelung, wonach Voraussetzung der Einbürgerung eine Wohnsitzdauer von 12 Jahren in der Schweiz ist, wobei die Zeit, während welcher der Bewerber zwischen seinem vollendeten 10. und 20. Lebensjahr in der Schweiz gewohnt hat, doppelt gerechnet wird. Die Verwaltung hat auf der Basis des Jahrgangs 1998 die Zahl der potentiell von der Kostenbefreiung profitierenden Personen sowie die damit verbundenen maximalen Gebührenausfälle berechnet. Mit dem Jahrgang 1998 erfüllen rund 200 ausländische Personen und rund 500 Schweizerinnen und Schweizer die erforderlichen Wohnsitzfristen. Daraus könnte für Gesuche von Ausländerinnen und Ausländern ein maximaler Gebührenausfall von rund Fr. 300 000 und für Gesuche von Schweizerinnen und Schweizern ein solcher von rund Fr. 400 000 resultieren. Die Gesamtkosten bzw. Mindereinnahmen für den Kanton könnten somit maximal ca. Fr. 700 000 pro Jahrgang betragen. Die Ausweitung auf alle Bewerberinnen und Bewerber bis zum 19. Lebensjahr erweitert zwar den Kreis der Jahrgänge, die jeweils von einer gebührenfreien Einbürgerung profitieren können, ohne dass sich jedoch die Gesamtzahl pro jeweiligem Jahrgang und damit die Gesamtkosten einer Gebührenbefreiung verändern. Letztlich bleibt es ein theoretisches Zahlenspiel, da davon auszugehen ist, dass, trotz der entfallenden Gebühren, nicht jeder Schweizer Bürger bzw. Basler, Riehener oder Bettinger Bürger werden will. Die Mehrheit unmündiger Kinder wird zudem mit der Familie eingebürgert, was schon heute kostenlos ist. Die Kommission beschliesst einstimmig, dass Bewerberinnen und Bewerber bis zur Vollendung des 19. Lebensjahres in den Genuss der Gebührenbefreiung kommen. 2.1.3 Umfang der Gebührenbefreiung Die Frage nach dem Umfang der Gebührenbefreiung gab ebenfalls zu kontroversen Diskussionen Anlass. Es wurde die Meinung vertreten, dass die heutigen Gebühren bereits sehr moderat sind und die Einbürgerung einen gewissen Wert haben müsse. Es wurden auch Bedenken geäussert, dass die Vorbereitung auf das Einbürgerungsgespräch weniger seriös erfolge, wenn das Verfahren nichts koste und somit eine Wiederholung problemlos möglich ist. Seite 4/9

Da aber die Bundesgebühren bestehen bleiben, handelt es sich bei der Umsetzung der Motion nur um eine Gebührenerleichterung und nicht um eine Gebührenbefreiung. Seitens des Vertreters des Bürgerrats der Bürgergemeinde der Stadt Basel wurde darauf hingewiesen, dass die Gebühren für viele Personen eine grosse Rolle spielen. Dass die Gebührenbefreiung unabhängig des Erfolges gewährt wird, wurde mehrheitlich als richtig erachtet. Das Kostenrisiko, welches im Falle der Erfolgsabhängigkeit auf Bewerberinnen und Bewerbern lasten würde, würde dem Anliegen der Motion zuwider laufen. Die von den Bürgergemeinden gepflegte Praxis, wonach Bewerberinnen und Bewerbern beim Einbürgerungsgespräch gegen Gebühr eine zweite Chance geboten wird, ohne nochmals ein neues Gesuch einreichen zu müssen, wird von der Kommission als sinnvoll erachtet. Es erschwert die aktuelle Legiferierung insofern, als dass diese Usanz bis anhin noch keine ausdrückliche Grundlage in Gesetz und Verordnung hat. Die Kommission musste zudem entscheiden, ob die Kostenbefreiung nur für die Gesuchseinreichung mit einem Einbürgerungsgespräch oder auch für ein zweites Einbürgerungsgespräch gilt, falls die Bürgergemeinden informell eine zweite Chance ermöglichen. Die Befürworter der Varianten Übernahme der Grundgebühr inkl. eines Zusatzgesprächs (1) und Übernahme der Gebühren für das erste Gesuch inkl. aller Zusatzgespräche nach Sistierung durch Bürgergemeinden bis zum rechtskräftigen Entscheid (2) wollen dadurch eine mögliche Ungleichbehandlung gegenüber gebildeteren Bewerberinnen und Bewerbern, die in den Einbürgerungsgesprächen in der Regel selbstsicherer resp. weniger nervös sind, verhindern. Das Risiko einer drohenden Gebühr erachten sie nicht als geeignetes pädagogisches Mittel für die Vorbereitung auf das Einbürgerungsgespräch. Die Befürworter der Variante Übernahme der Grundgebühr ohne Zusatzgespräche (3) begrüssen die Herabsetzung der Hürde für Einbürgerungen durch die Übernahme der Grundgebühr. Sie wollen aber, dass die Einbürgerungen einen gewissen Wert haben und die Bewerberinnen und Bewerber nur belohnt werden, wenn sie sich gut auf das Einbürgerungsgespräch vorbereiten. Zusatzgespräche wegen mangelnder Vorbereitung sollen klar zu Lasten von Bewerberinnen und Bewerbern gehen. Zudem sind Zusatzgespräche gesetzlich nicht vorgesehen und daher besteht die Befürchtung, dass die Kostenübernahme dazu führen könnte, dass die Bürgergemeinden künftig auf ihre Praxis verzichten könnten. Die Verwaltung hat sich klar für die Übernahme nur des ersten Gesprächs resp. Beschränkung auf die Grundgebühr ausgesprochen und auf die Ausführungen der Bürgergemeinden anlässlich des Hearings hingewiesen, wonach die Rückstellungsziffer bei den Jungen am höchsten liege und in den meisten Fällen auf mangelnder Vorbereitung beruhe. Bei jährlich 500 bis 600 Einbürgerungsgesuchen, belaufe sich die Durchfallquote auf unter 1 Prozent. In den Jahren 2014 und 2015 sei es lediglich zu zwei Ablehnungen gekommen. Die JSSK stimmt in einer Eventualabstimmung mit 9 zu 4 Stimmen für die Übernahme der Grundgebühr inkl. eines Zusatzgesprächs gegenüber der Variante Übernahme der Grundgebühr inkl. sämtlicher Zusatzgespräche. In der Hauptabstimmung zieht die Kommission mit 7 zu 6 Stimmen die Übernahme der Grundgebühr ohne Zusatzgespräche der Variante Übernahme der Grundgebühr inkl. eines Zusatzgesprächs vor. Die JSSK spricht sich schliesslich mit 12 zu 1 Stimme gegen den Antrag aus, wonach Bewerberinnen und Bewerber lediglich von zwei Dritteln der Gebühren befreit werden sollen. 2.1.4 Überprüfung der Integrationskriterien im Rahmen des Einbürgerungsgesprächs Da der Ratschlag nur die finanzielle Erleichterung der Einbürgerung umsetzt, wurde in der Kommission die Prüfung der Vertrautheit mit den Schweizerischen Lebensverhältnissen intensiv diskutiert. Die Motion verlangt eine Abschaffung dieser sogenannten Prüfung. Die Verwaltung hat im Rahmen der Beratungen nochmals darauf hingewiesen, dass die Kantone zwar frei seien, in welcher Form sie die Prüfung der Integrationskriterien (erfolgreiche Integration, Seite 5/9

Vertrautheit mit den schweizerischen Lebensverhältnissen, keine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit) vornehmen wollen, die automatische Einbürgerung gewisser Gruppierungen aber nicht zulässig sei. Gemäss Bundesrecht muss die Eignung jeder einzelnen Bewerberin und jedes einzelnen Bewerbers individuell abgeklärt werden. Dafür ist auf Bundesebene die Initiative Die Schweiz muss ihre Kinder anerkennen mit ähnlicher Stossrichtung wie die Motion David Wüest-Rudin hängig. In den Beratungen wurde die Frage aufgeworfen, ob bei den hier geborenen und aufgewachsenen jungen Ausländerinnen und Ausländern im Sinne einer Vereinfachung des Verfahrens auf eines der Gespräche entweder das Einbürgerungsgespräch bei den Bürgergemeinden oder dem Migrationsamt - verzichtet werden könne. Denn wer hier aufgewachsen ist, verfüge über mindestens so viele Kenntnisse, wie Schweizerinnen und Schweizer und deshalb könne auf die explizite Überprüfung der Vertrautheit mit den schweizerischen Lebensverhältnissen verzichtet werden resp. die Abklärung der erforderlichen Integrationsvoraussetzungen durch das Migrationsamt könne genügen. Während die vorausgehenden Gespräche beim Migrationsamt der Erstellung des Erhebungsberichts (Lebenslauf, Motivation, etc.) dienen, prüfen die Bürgergemeinden im Rahmen des Einbürgerungsgesprächs die spezifischen Voraussetzungen zur Integration wie die Vertrautheit mit den schweizerischen Lebensverhältnissen. Auf die Erbringung eines Sprachnachweises wird bereits heute verzichtet, wenn der Nachweis einer ununterbrochenen dreijährigen Ausbildung in der Schweiz (oder in den deutschsprachigen Nachbarländern) erbracht wird. Insofern reduziert sich die Beurteilung bei der Zielgruppe im Wesentlichen ohnehin schon auf die Prüfung der integrationsrelevanten Unterlagen und das Gespräch bei den Bürgergemeinden. Das Auslassen des persönlichen Einbürgerungsgesprächs bei den Bürgergemeinden wird in der Kommission als politisch heikel eingestuft. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat auf entsprechende Anfrage, ebenfalls die Haltung vertreten, das Einbürgerungsgespräch bei den Gemeinden stelle einen wichtigen Bestandteil der Integrationsabklärung dar und eine effiziente Alternative dazu sei nicht bekannt (Ratschlag S. 3). Die Verwaltung befürchtet zudem, dass das SEM, welches für das Erteilen der eidgenössischen Einbürgerungsbewilligung zuständig ist, ohne individuelle Prüfung der Integrationsvoraussetzungen, Einbürgerungsgesuche zurückweisen könnte. Aus der Kommission wurde weiter kritisiert, dass hinsichtlich der Vertrautheit mit den Schweizerischen Lebensverhältnissen eine Ungleichbehandlung zwischen Schweizerinnen und Schweizern einerseits und Ausländerinnen und Ausländern andererseits bestehe und angeregt, die Vermutung genügender Geographie und Staatskundekenntnisse aufgrund des obligatorischen Schulbesuchs in Analogie zur Vermutung hinreichender Sprachkenntnisse zuzulassen. Der fremde Pass rechtfertige keinesfalls die Annahme, dass Ausländerinnen und Ausländer, die hier geboren und die Schulen besucht haben, weniger verstanden haben als Schweizerinnen und Schweizer. Die Überprüfung des obligatorischen, regelmässigen und ordnungsgemässen Schulbesuchs stelle eine gleichwertige Alternative zu den Einbürgerungsgesprächen dar, zumal die Durchführung von Tests aufgrund des Verordnungsentwurfs des Bundesrechts nicht zwingend sei. Inwiefern es aufgrund des Bundesrechts möglich ist, auf eine aktive Prüfung gewisser Integrationskriterien zu verzichten und stattdessen wie bei den Sprachkenntnissen eine Vermutung durch den Schulbesuch aufzustellen, konnte in den Beratungen nicht definitiv geklärt werden. Seitens der Bürgergemeinden wurde darauf hingewiesen, dass Ausländerinnen und Ausländer mit der Einbürgerung das Stimm- und Wahlrecht erhalten, über das sie auch Bescheid wissen sollten. Bei Ausländerinnen und Ausländern gehe es um die Integration in ein anderes Land, deshalb rechtfertige sich eine tatsächliche Überprüfung. Das Durchlaufen der Schule sei keine Garantie für genügend Kenntnisse über das politische System. Die Verwaltung hält an der zentralen Bedeutung der Einbürgerungsgespräche bei den Bürgergemeinden für die Abklärung der Integration fest. Inwiefern das Verfahren bei dem Migrationsamt vereinfacht werden könnte, soll im Rahmen der Revision des Bürgerrechtsgeset- Seite 6/9

zes aufgrund der Änderung des Bundesrechtes geprüft werden. Die Verwaltung geht davon aus, dass das Bundesrecht die Vermutung genügender Geographie und Staatskundekenntnisse allein aufgrund des obligatorischen Schulbesuchs nicht zulasse, insbesondere weil der Verordnungsentwurf des Bundesrechts diese Vermutung explizit auf die Sprachkenntnisse eingeschränkt habe. Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass im Zusammenhang mit dem neuen Bundesrecht, welches voraussichtlich auf den 1. Januar 2018 wirksam werden soll, das kantonale Bürgerrechtsgesetz ohnehin überarbeitet werden muss. Die Regierung wird deshalb einstimmig darum ersucht, diese Thematik im Rahmen der geplanten Revision aufzunehmen und zu gegebener Zeit entsprechende Abklärungen beim SEM zu tätigen. 2.1.5 Relevantes Alter Die JSSK begrüsst die gebührenfreie Einbürgerung für eine möglichst grosse Anzahl junger Ausländerinnen und Ausländer sowie Schweizerinnen und Schweizern. Die Kommission hat deshalb einstimmig (13 Stimmen) beschlossen, alle Jahrgänge bis zum 19. Lebensjahr zu erfassen. 2.2 Änderungen des Bürgerrechtsgesetzes Entsprechend den obigen Ausführungen beantragt die JSSK dem Grossen Rat folgende Änderungen des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. April 1992. Vorschlag Regierungsrat (Korrektur vom 16. März 2016 kursiv) Antrag JSSK 17 Abs. 2 wird aufgehoben unverändert 17a. Gebühren 17a. Gebühren 1 Die Aufnahme in das Bürgerrecht erfolgt gegen Entrichtung kommunaler und kantonaler Gebühren. 2 Bewerberinnen und Bewerber, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sowie im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung 18 Jahre alt sind, werden von den Gebühren nach Abs. 1 befreit. Der Kanton trägt die Kosten. unverändert 2 Ausländerinnen und Ausländer, die in der Schweiz geboren sind, sowie Schweizer Bürgerinnen und Bürger werden bis zur Vollendung des 19. Lebensjahres bei der erstmaligen Gesuchseinreichung von den Gebühren nach Abs. 1 befreit. Der Kanton trägt die Kosten. Die Änderungen im Absatz 2 halten fest, dass - Ausländer wie Schweizer von der kostenlosen Einbürgerung profitieren können; - Ausländer in der Schweiz geboren sein müssen, Schweizer demgegenüber nicht; - die Gebühren nur bei der erstmaligen Gesuchseinreichung entfallen; - alle Jahrgänge bis zum 19. Lebensjahr erfasst werden. 3. Motion David Wüest-Rudin Gemäss 43 Abs. 5 des Gesetzes über die Geschäftsordnung des Grossen Rates (GO) ist mit der Unterbreitung der vom Grossen Rat verlangten Vorlage die Motion erfüllt. Mit dem Eintreten auf die Vorlage entscheidet der Grosse Rat gleichzeitig auch über die Abschreibung der Motion, so dass eine gesonderte formelle Abschreibung nicht erforderlich ist. Seite 7/9

Die Kommission stellt fest, dass der regierungsrätliche Vorschlag nur die Umsetzung eines finanziellen Anreizes vorsieht und nicht auch die Vereinfachung des Einbürgerungsverfahrens für junge Ausländerinnen und Ausländer, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind, wie es die Motion fordert. Die Forderungen der Motion werden somit nicht vollumfänglich erfüllt. Aufgrund der Ausführungen im Ratschlag ist aber davon auszugehen, dass eine Umsetzung weiterer Erleichterungen aufgrund des Bundesrechts nur sehr beschränkt möglich ist. Dennoch sollen weitere Erleichterungen nach Inkrafttreten des neuen Bundesrechts im Rahmen der Revision des kantonalen Bundesrechts geprüft werden. 4. Antrag Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beantragt die JSSK dem Grossen Rat dem nachstehenden Entwurf zum Grossratsbeschluss betreffend Änderung des Bürgerrechtsgesetzes zuzustimmen. Die Kommission hat diesen Bericht einstimmig mit 10 Stimmen genehmigt und ihre Präsidentin zur Sprecherin bestimmt. Im Namen der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission Dr. Tanja Soland Präsidentin Beilage Entwurf Grossratsbeschluss Seite 8/9

Grossratsbeschluss Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. April 1992 (SG 121.100) (vom [Datum eingeben]) Der Grosse Rat des Kantons Basel Stadt, nach Einsichtnahme in den Ratschlag des Regierungsrates Nr. 15.1221.01vom 2. Februar 2016 sowie in den Bericht der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission vom 29. Juni 2016 beschliesst: I. Das Bürgerrechtsgesetz (BüRG) vom 29. April 1992 wird wie folgt geändert: 17 Abs. 2 wird aufgehoben. Es wird folgender neuer 17a. neu eingefügt: 17a. Gebühren 1 Die Aufnahme in das Bürgerrecht erfolgt gegen Entrichtung kommunaler und kantonaler Gebühren. 2 Ausländerinnen und Ausländer, die in der Schweiz geboren sind, sowie Schweizer Bürgerinnen und Bürger werden bis zur Vollendung des 19. Lebensjahres bei der erstmaligen Gesuchseinreichung von den Gebühren nach Abs. 1 befreit. Der Kanton trägt die Kosten. II. Dieser Beschluss ist zu publizieren. Er untersteht dem Referendum und wird nach Eintritt der Rechtskraft auf den 1. Januar 2017 wirksam. Seite 9/9