Frauen sind in den Gesamtbelegschaften vieler Unternehmen, in Vorständen und Aufsichtsräten sowie in hohen Managementfunktionen unterrepräsentiert,



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Transkript:

Berufsorientierung, Berufseinstieg, Karriereplanung Knotenpunkte im Lebensverlauf: für Frauen immer noch ein Spagat zwischen der Vereinbarkeit von Familie oder Alleinerzieherin und Beruf. Frauen sind nach wie vor struktureller Diskriminierung und Benachteiligung (offener und versteckter) ausgesetzt: die Metapher der gläsernen Decke ist bekannt; Daten und Fakten belegen den geringen prozentualen Anteil von Frauen in Leitungspositionen; Untersuchungen zu Gender Pay Gap zeigen die Unterschiede in der Entgeltung. Nicht selten werden Knotenpunkte und Brüche im Karriereverlauf von Frauen individualisiert. Zwar ist richtig, dass sich Frauen qua Sozialisation zuweilen scheuen, Leitungspositionen anzustreben, diesbezüglich Verantwortung zu übernehmen, doch kann heute nicht mehr gesagt werden, dass es keine Frauen gibt: Qualifizierte Ausbildungen, Weiterbildungen, Coachings, Trainings für Leitungskräfte und vieles mehr stehen Frauen zur Verfügung und sie nützen das auch. In meinem kurzen Input zeige ich, dass die Gestaltung der Karriere für Frauen in Bezug auf Leitungspositionen immer noch eine gesellschafts-politische Frage ist. Erlauben Sie mir, zunächst kurz auf den Ist-Stand zu kommen: 1

Frauen sind in den Gesamtbelegschaften vieler Unternehmen, in Vorständen und Aufsichtsräten sowie in hohen Managementfunktionen unterrepräsentiert, so die Erklärung der DAX30-Unternehmen, die zwar das Land Brandenburg nicht explizit betrifft, die aber dennoch einen Gesamtblick für Deutschland erlaubt (konkrete Zahlen zum Land Brandenburg werden während dieser Tagung Kolleg_innen vorstellen). Vor diesem Hintergrund, so die Erklärung weiter, bekräftigen wir unser Bekenntnis zur Chancengleichheit von Frauen und Männern im Berufsleben und verpflichten uns, die systematische Förderung und Beteiligung von Frauen noch stärker als bisher in der Personalentwicklung und bei der Weiterentwicklung der Unternehmenskultur zu verankern. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht nur Worthülsen sind. Doch es hat sich etwas getan, wenn wir uns die de facto Frauenanteile in Leitungspositionen ansehen. Hier ein paar Beispiele: 2

Ziehen wir Studien heran, die einen Ländervergleich zeigen, dann zeigt sich 3

Wird bedacht, dass Gender Mainstreaming seit 1999 mit dem Amsterdamer Vertrag alle EU-Mitgliedstaaten dazu auffordert, Maßnahmen zur Chancengleichheit von Frauen und Männern zu treffen, so lassen 16 % erstaunen. Welche Zielsetzung geben die DAX-Unternehmen bekannt? 4

Zielsetzung ist eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete solide, unternehmensspezifische Basis der Personalentwicklung sowie eine angemessene Vertretung von Frauen in Führungspositionen insbesondere auch im Top- Management. Die individuell angegebenen Ziele reichen je nach Unternehmen von 12 % bis 35 % Erhöhung des Frauenanteils mit unterschiedlichen Fristen, innerhalb derer dieses Ziel erreich werden soll. Zu fragen ist, was Angemessenheit meint. Erinnerbar an dieser Stelle wären Forderungen in frühen feministischen Kontexten, die für Frauen den halben Kuchen beanspruchten, also 50%. Dass es zur Erreichung dieses Zieles in Bezug auf Leitungspositionen vieler Maßnahmen bedarf, ist evident. Wer soll/muss etwas tun? Aus der Perspektive der Unternehmen, d.h. dem Bekenntnis der DAX-30 Unternehmen wird das zu Recht folgend artikuliert: Unternehmensspezifische Maßnahmen müssen mit veränderten staatlichen Rahmenbedingungen und einem gesamtgesellschaftlichen Kulturwandel einhergehen. Hier sind nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Politik und jeder Einzelne gefordert. Sehen wir uns an, welche Diskussionen hierzu u.a. im Gange sind: 5

Gegen eine Quotierung in der Wirtschaft gibt es zahlreiche Stimmen. Sie stellen einer Quotierung folgende Haltung entgegen: Jeder kann alles werden, er muss nur hartnäckig genug sein! (gemeint sind Frauen), so Ulrike Meiritz (Geschäftsführerin bei Thyssen VDM, Ressort Controlling) in einem Interview in der WAZ (betitelt mit der Überschrift Frauen müssen besser sein als Männer ). Dieser Slogan, in anderer Form bekannt mit Du kannst es, wenn Du es nur wirklich willst, verschiebt die Problematik der Benachteiligung von Frauen in die Sphäre des Individuell-Privaten: So mag es die eine oder andere Frau schaffen, so mögen wir von der Einen oder Anderen wichtige Strategien lernen, so mögen Frauen individuell alles gegen ihre Erziehung tun : in der Individualisierung findet kein Kulturwandel statt, der Chancengleichheit und Gerechtigkeit mit sich brächte. Gefordert wird auch eine Flexi-Quote: Dr. Kristina Schröder meint dazu: Um den Frauenanteil in Führungspositionen zu steigern, möchte ich die Flexi-Quote einführen. Die Flexi-Quote ist eine gesetzliche Regelung und sieht für Unternehmen eine Pflicht zur Selbstverpflichtung vor. Unternehmen müssen sich dann selbst eine individuelle Frauenquote geben, diese veröffentlichen und einhalten - sonst drohen Sanktionen. Das ist auch eine Möglichkeit. Ist aber die These der Studie Frauen in Führungspositionen von 2010 (Frauen in Führungspositionen Barrieren und Brücken Heidelberg, März 2010; Sinus Sociovision GmbH, Heidelberg; Dr. Carsten Wippermann) richtig, dass Männer unbewusst Hüter der gläsernen Decke sind, dann kommen zu Recht Zweifel auf, dass die Selbstverpflichtung plötzlich die tatsächlich angemessene Erhöhung des Frauenanteils in Leitungspositionen realisiert. Eine Quotierung wird wohl so lange nötig sein, solange dies Unbewusste seine Wirkungskraft beibehält. Eng verknüpft mit Fragen nach Quotierungen sind notwendige staatliche Rahmenbedingungen: 6

Stichworte sind bekannt wie Erhöhung der Anzahl von Kita-Einrichtungen, Öffnungszeiten von Kitas, Unterstützung bei der Versorgung von zu pflegenden Angehörigen und vieles mehr Sie verbinden sich mit der Frage der Quotierung und mit der Frage nach einem Kulturwandel. 7

Wollen Frauen die Karriereleiter hoch, dann bremsen nach wie vor die klassisch-traditionellen Rollenzuweisungen an Frauen im Kontext von Sozialisierung und Kulturalisierung (fürsorglich, pflegend, mütterlich, haushaltlich u.v.m.), die Frauen teilweise auch verinnerlicht haben: Gesprochen wird hier in Studien von Brüche im Karriereverlauf, weil sich die fürsorglichen Frauen lieber um die Kinder kümmern würden als Männer; von Knotenpunkte im Leben, weil Frauen lieber Männer in ihren Karrieren unterstützen als umgekehrt und insgesamt von der Mentalität der fürsorglich, pflegend, mütterlich, haushaltlichen Frauen, die gegen das Platznehmen in Leitungspositionen spricht. Ein Kulturwandel im engeren Sinne könnte bedeuten, u.a. - eine moderne Personalpolitik zu gestalten, die einen pro-aktiven Zugang fokussiert: d.h. dass Frauen explizit für Leitungspositionen gesucht werden. - Elternzeit für Männer, die Leitungsposition inne haben, zu schüren oder gar als Bedingung anzusetzen. - Im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den Arbeitszeiten widerzuspiegeln. - Und vieles mehr. Ein Kulturwandel im weiteren Sinne - würde bedeuten, u.a. dass - Jene Rollenzuschreibungen und Stereotypen von Frauen als fürsorglich, pflegend, mütterlich, haushaltlich aufzubrechen (das beginnt mit Projekten und Maßnahmen bei Kindern, also im elementarpädagogischen Bereich). - eine Sozialisation anzustreben, die Frauen wie Männer Möglichkeiten eröffnet, sich zu entscheiden (das beginnt schon bei Berufsberatungen, die immer noch gendersensibel dahingehend operiert, dass Mädchen die weiblichen, Jungen die männlichen Berufe schmackhaft macht (Stichwort: Top Ten Berufswahl bei Mädchen und bei Jungen als klassisch-traditionelle Berufswahl. In der Wissenschaft wird hier von einem Doing Gender und im Sinne der Praxen, traditionelle Bilder im Kopf zu dekonstruieren, aufzubrechen, von einem Undoing Gender gesprochen. Vielleicht würde eine veränderte Sozialisierung auch die Unbewusstheit (wenn es so genannt werden mag) des Hütens der gläsernen Decke aufbrechen. Neben all dem, was es noch zu tun gibt, ist doch deutlich: es werden viele Maßnahmen zugunsten der Erhöhung des Frauenanteils an Leitungspositionen gesetzt. Doch zu fragen ist: sind wir auf dem richtigen Weg? Stellen wir die richtigen Weichen? Erlauben Sie mir als Philosophin noch einen kritischen Blick, den ich als Dilemmata des Denkens im existierenden System bezeichnen möchte: 8

Wir denken in einem System, dass Chancengleichheit vielleicht schlicht nicht möglich macht. Hier ein simples, aber anschauliches Beispiel: Stellen wir uns eine Frau und einen Mann mit Kindern vor. Beide wollen eine Leitungsposition inne haben, beide trauen sich das zu, beide hätten Angebote. Es funktioniert nicht. Solange beide oder einer der zweien die Kinder betreuen möchte (oder Angehörige pflegen möchte) und solange die Arbeitsnormen bei 40 Stunden+ liegen. Wir müssten andere Weichen stellen, andere Wege bahnen vielleicht auch ein wenig utopisch denken als konkrete Utopie, die nicht zuletzt auch verwirklichbar wäre. Ich möchte gerne zwei Möglichkeiten andenken und zur Diskussion stellen, die neben den zweifelsohne notwendigen Maßnahmen (Projekte, Beratungen u.v.m.) die konkrete Utopie als gleichzeitigen Weg einfordert. Schaubild 1: Würden wir eine veränderte Sozialisation voraussetzen, uns die gläserne Decke, spezifische Rollenbilder von Frauen wegdenken, wären gesellschaftliche, gesetzliche Rahmenbedingungen, auch das Wollen der Unternehmen gegeben, dann

dann könnten die Arbeitsnormen sich weiterhin auf 40Stunden+ beziehen, Frauen wie Männern stünden nichts im Weg für eine angemessene Beteiligung an Leitungspositionen wenn die Pflege und Kinderbetreuung aus dem bestehenden System genommen werden würde. Die Frage ist, wer das wollen würde? Schaubild 2: Würden wir das Genannte voraussetzen, also z.b. eine veränderte Sozialisation, keine gläserne Decke, Dekonstruktion traditioneller Rollenbilder von Frauen etc., diesmal aber die Kinder und zu pflegenden Angehörigen wieder in das bestehende System hineinnehmen, dann stünde beiden, Frauen wie Männern, nichts im Weg für eine angemessene Beteiligung an Leitungspositionen, wenn

wenn ein Kulturwandel bezüglich der Arbeitsnormen stattfände. Vorstellbar wären Begrenzungen von Arbeitsstunden (20 Stunden) auch in Leitungspositionen, vorstellbar wäre Arbeitssharing auch in Leitungspositionen u.v.m. Dagegen finden sich schnell Argumente. Aber eines ist gewiss: die Vorstellung von Arbeit/Lohnarbeit, das, worüber wir unser Dasein bestätigen, unsere Identität, unser Bild von und unseren Status bei anderen bestimmen, war nicht immer so, wie wir es heute kennen. Ich komme zum Ende und möchte es mit einer Metapher und fragend auszudrücken: Vielleicht bedarf es wieder einmal einer neuen Weiche im Wechsel der Fahrspur? Jedenfalls eines Wechsels, der sich gegen die Individualisierung einer gesellschafts-politischen Frage wendet. Und zumindest bedarf es, neben allen Maßnahmen, die begrüßenswert sind, vermehrt transdisziplinärer Zusammenkünfte, Orte, an denen Kitas, Schulen, Hochschulen, Berufsbildung, Politik und Wirtschaft etc. zusammen kommen und im systemischen Denken ausgedrückt ihr Wissen zugunsten neuer Modelle der Gleichstellungsförderung zusammen tun. Wir könnten jedenfalls in der Fahrspur, in der wir jetzt fahren, um Vieles schneller sein zugunsten von Gleichstellung. Dabei ist Gleichstellung

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Gudrun Perko, 16.12.1962 in Österreich, lebt seit 13 Jahren in Berlin. Mag. Dr., Philosophin, Wissenschaftscoach, Mediatorin. Mitbegründerin des Instituts Social Justice und Diversity sowie Trainerin und Ausbilderin für Social Justice und Diversity. Seit 2010 Gastprofessorin an der FH-Potsdam zu Gender und Diversity (Fachbereich Sozialwesen) und zentrale Gleichstellungsbeauftragte. Letzte Publikationen (Monografien) u. a.: Lehrbuch Gender und Queer. Grundlagen, Methoden und Praxisfelder, gem. mit Leah Carola Czollek und Heike Weinbach, Juventa, Berlin 2009. Lehrbuch: Ethik für soziale Berufe, gem. mit Ruth Großmaß, Schöningh/UTB, Paderborn 2001. Praxishandbuch Social Justice und Diversity. Theorien, Training, Methoden, Übungen, gem. mit Leah Carola Czollek und Heike Weinbach, Beltz/Juventa, Weinheim/München 2012. 12