Fachübergreifende Modulprüfung Europäische und internationale Grundlagen des Rechts Einführung in das Europarecht Europäisches Verfassungsrecht 21. April 2015 FAMILIENNAME VORNAME MATRIKELNUMMER PUNKTE 1. Frage (2P): a) Weshalb verfügte der EWG-Vertrag in seiner ursprünglichen Fassung über keinen geschriebenen Katalog von Grund- und Menschenrechten? (1P) b) Nennen Sie eine bekannte Entscheidung, in der der EuGH die Grund- und Menschenrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze des EU-Rechts qualifiziert hat! (1P)
2. Frage (5P): a) Welche Funktion kommt den sogenannten Schlussanträgen zu und wer erstellt diese? (2P) b) Welches Unionsorgan entscheidet über die Auslegung der Verträge? In welchem Verfahren erfolgt dies? Nennen Sie die entsprechende Vertragsbestimmung! (2P) c) Weshalb darf ein nationales Gericht einen Unionsrechtsakt nicht einfach für ungültig erklären? (1P)
3. Frage (4P): Grenzen Sie folgende Grundfreiheiten voneinander ab: Gehen Sie dabei auf das hierfür wesentliche Unterscheidungsmerkmal ein! a) Niederlassungsfreiheit Dienstleistungsfreiheit (1P) b) Arbeitnehmerfreizügigkeit Niederlassungsfreiheit (1P) c) Warenverkehrsfreiheit Dienstleistungsfreiheit (2P)
4. Frage (6P): Nehmen Sie zu folgenden Aussagen Stellung und geben Sie an, ob diese richtig oder falsch sind. Begründen Sie Ihre Antwort jeweils in ein paar Sätzen. Unionsrechtswidriges Verhalten von Privatpersonen kann einen Staatshaftungsanspruch nach sich ziehen. (1P) Verstößt ein Gericht eines Mitgliedstaats gegen Unionsrecht kann dies bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen zu einem Staatshaftungsanspruch führen. (1P) Setzt ein Mitgliedstaat eine Richtlinie nicht um, so liegt jedenfalls ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht vor. (1P) Der EuGH hat das Konzept der Staatshaftung in der bekannten Leitentscheidung Costa/ENEL entwickelt. (1P) Für die Geltendmachung eines Staatshaftungsanspruchs ist Verschulden erforderlich. (1P) Der Staatshaftungsanspruch wird vor dem EuG geltend gemacht. (1P)
5. Frage (7P): Die Richtlinie 85/577 räumt bei sogenannten Haustürgeschäften ein Widerrufsrecht ein. Dies gilt auch für Verträge, die anlässlich eines vom Gewerbetreibenden organisierten Ausflugs außerhalb seiner Geschäftsräume geschlossen wurden. Das deutsche Ehepaar Wolfgang und Waltraud Wohl hat sich in Italien anlässlich einer solchen organisierten Freizeitveranstaltung an einem Abend mehrere teure Wolldecken aufschwatzen lassen. Am nächsten Tag stellt Frau Wohl fest, dass die Wolldecken schlecht verarbeitet wurden und das Preis-Leistungs-Verhältnis miserabel ist. Die Umsetzungsfrist ist bereits abgelaufen, aber die Richtlinie wurde in Italien noch nicht umgesetzt. Kann sich das Ehepaar Wohl in diesem Fall erfolgreich auf die Richtlinie berufen, um den Vertrag zu widerrufen? Unter welchen Voraussetzungen wäre dies grundsätzlich möglich? Argumentieren Sie anhand einer Leitentscheidung des EuGH!
6. Frage (6P): Der dänische Privatfernsehsender Sirius TV bekommt keinerlei staatliche finanzielle Unterstützung, während dem öffentlich-rechtlichen dänischen Fernsehsender Dansk Channel vom Staat Dänemark regelmäßig ein großzügiger Zuschuss gewährt. Sirius TV ist der Ansicht, dass dieses Vorgehen gegen das EU-Beihilferecht verstößt und legt im November 2012 bei der Kommission Beschwerde ein. Die Entscheidung der Kommission lässt jedoch sehr lange auf sich warten. Trotz mehrfacher Nachfrage gibt es in dieser Angelegenheit keine Bewegung. Im November 2014 fordert Sirius TV in einem Schreiben die Kommission schließlich auf, tätig zu werden. Die Kommission reagiert darauf jedoch nicht. a) Können gerichtliche Schritte eingeleitet werden? Nennen Sie die einschlägige Bestimmung und erklären Sie das Ziel der Klage! (2P) b) Schildern Sie das Verfahren in Grundzügen! (3P) c) Kann mit dieser Klage auch ein Mitgliedstaat dazu angehalten werden, eine Richtlinie umzusetzen? (1P)