Ist es unter solchen (?) Bedingungen überhaupt noch sinnvoll, am Begriff des Krieges als einer zusammenfassenden Bezeichnung großräumig organisierter Gewalt festzuhalten? Tatsächlich hat mit dem Ende des staatlichen Gewaltmonopols der Krieg zusehends seine Konturen verloren: kriegerische Gewalt und organisierte Kriminalität gehen immer häufiger ineinander über, und es ist oftmals kaum noch möglich, zwischen kriminellen Großorganisationen, die sich mit politischen Ansprüchen drapieren, und den Überresten einstiger Armeen oder der bewaffneten Anhängerschaft eines Warlords zu unterscheiden, die sich durch Plünderungen und den Handel mit illegalen Gütern alimentieren. So ist Krieg zu einem politisch umstrittenen Begriff geworden.
Militärausgaben
Kriegsopfer 1945-2000
Kriegsopfer 2002
Gewaltbegriff intendierte manifeste GEWALT Nicht intendierte latente
Klassische Kriegsdefinition (Istvan Kende: Kriege nach 1945. Eine empirische Untersuchung, Militärpolitik Dokumentation, Heft 27, Frankfurt am Main 1982 Krieg ist ein bewaffneter Massenkonflikt, der folgende Merkmale aufweist: Zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte sind an den Kämpfen beteiligt, wobei es sich mindestens in einem Fall um eine reguläre Armee oder andere Regierungstruppen handelt. Das Vorgehen beider Teilnehmer entfaltet sich in zentral gelenkter, organisierter Form, auch wenn dies nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg). Die bewaffnete Auseinandersetzung besteht nicht aus spontanen, sporadischen Zusammenstößen. Beide Parteien gehen systematisch vor, unabhängig davon, ob der Krieg auf dem Gebiet eines einzigen Landes oder auf dem mehrerer Länder, ob kurz oder länger geführt wird.
Institute und Forschungseinrichtungen HIIK (Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung www.hiik.de UPPSALA UNIVERSITY OSLO: Gleditsch N.P./Wallensteen P./Eriksson M./Sollenberg M./Strand H. (2002), Armed Conflict 1946-2001: A New Dataset, in: Journal of Peace Research, vo. 39, no. 5, pp. 615-637 SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) www.sipri.org IISS (International Institute for Strategic Studies) www.iiss.org
Definitionen Teil 2 HIIK (Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung) Konflikte sind Interessensgegensätze (Positionsdifferenzen) um nationale Werte (Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Grenzen, Territorien, etc.) von einiger Dauer und Reichweite zwischen mindestens zwei Parteien (Staaten, Staatengruppen, Organisationen, organisierte Gruppen), die entschlossen sind, sie zu ihren Gunsten zu entscheiden. Dabei muss auf mindestens einer Seite die organisierte Staatsmacht involviert sein. Unterscheidung zwischen latenten Konflikten, Krisen, ernsten Krisen und Kriegen
Gleditsch, et.al. Minor Armed conflict (mindestens 25 battlerelated Opfer pro Jahr und weniger als 1000 Tote im gesamten Verlauf des Konflikts) Intermediate Armed Conflict (mindestens 25 aber weniger als 1000 Tote innerhalb eines Jahres) War (mindestens 1000 Tote innerhalb eines Jahres) Major Armed Conflicts includes the two most severe levels of conflict, i.e. intermediate armed conflict and war.
Zunehmende Machtrivalität Krieg Konflikt Krise (latent/offen) Aktuelle Gewalt Strukturelle Gewalt Umschlagpunkt: Zivilisierung des Konflikts Gewaltfreiheit/Gewaltlosigkeit Kooperation Zunehmende Interdependenz Integration Frieden Sicherheit (militärische, politische, ökonomische, soziale)
Kritik des allgemeinen Kriegsbegriffs Herfried Münkler: Die neuen Kriege, Hamburg 2002, S. 11-12 Ist es unter solchen Bedingungen überhaupt noch sinnvoll, am Begriff des Krieges als einer zusammenfassenden Bezeichnung großräumig organisierter Gewalt festzuhalten? Tatsächlich hat mit dem Ende des staatlichen Gewaltmonopols der Krieg zusehends seine Konturen verloren: kriegerische Gewalt und organisierte Kriminalität gehen immer häufiger ineinander über, und es ist oftmals kaum noch möglich, zwischen kriminellen Großorganisationen, die sich mit politischen Ansprüchen drapieren, und den Überresten einstiger Armeen oder der bewaffneten Anhängerschaft eines Warlords zu unterscheiden, die sich durch Plünderungen und den Handel mit illegalen Gütern alimentieren. So ist Krieg zu einem politisch umstrittenen Begriff geworden. Redet man einer Eskalation der Gewalt das Wort, wenn man ihn auf diese Phänomene anwendet? Oder verschließt man die Augen vor den neuen Entwicklungen des Kriegsgeschehens, wenn man, am herkömmlichen Modell des Staatenkrieges festhaltend, den substaatlichen Formen der Gewaltanwendung die Qualität eines Krieges abspricht? Vor allem in der Auseinandersetzung mit den jüngsten Formen des internationalen Terrorismus hat diese Frage erhebliche politische Brisanz gewonnen. Was als Krieg zu bezeichnen ist und was nicht, ist spätestens seit dem 11. September 2001 keine innerakademische Frage mehr, sondern eine Entscheidung von womöglich weltpolitischer Relevanz.
Weiße Flecken MENZEL Ulrich (2000): Das Ende der einen Welt oder Die weißen Flecken auf der Landkarte nehmen wieder zu, in: Joachim Betz/Stefan Brüne (Hg.): Jahrbuch Dritte Welt 2001, München 19-32 Mitten in Afrika gibt es eine einzige große Kriegszone von Angola über die beiden Kongo, Ruanda, Burundi bis in den südlichen Sudan und weiter nach Äthiopien und Eritrea, wobei die klassische Unterscheidung zwischen Krieg und Bürgerkrieg nicht mehr möglich ist. Die weißen Flecken auf der Landkarte nehmen zu, über die lediglich noch mutige Reisebeschreibungen Auskunft geben.
NEUE KRIEGE ENTSTAATLICHUNG DES KRIEGES DIFFUSSION DER GEWALT bzw. PRIVATISIERUNG DER GEWALT ASYMMETRISIERUNG DER KRIEGE GEWANDELTE FINANZIERUNGSQUELLEN WEITERE NEUE DIMENSIONEN DER KRIEGE
Kriterienkatalog zur Kategorisierung kriegerischer Konflikte KONFLIKTFORM: Erste Dimension: ENDOGEN vs. EXOGEN Zweite Dimension: ZWISCHENSTAATLICH vs. INNERSTAATLICH Dritte Dimension: OFFENSIV (Aggression) vs. DEFENSIV (Verteidigung vor Aggressor) Vierte Dimension: Bürgerkrieg Anti-Regime-Kriege Innerstaatliche Machtkämpfe Separationskriege Sezessionskriege Ethnischer Konflikt Ideologischer Konflikt Militärische Intervention
Verursachungsfaktoren Erste Dimension: INTERNE vs. EXTERNE FAKTOREN Zweite Dimension: HISTORISCHE WIRTSCHAFTLICHE IDEOLOGISCHE ETHNISCHE SOZIALE Dritte Dimension: PRIMÄR SEKUNDÄR TERTIÄR
Beschreibung des Konflikts Beginn, Entwicklung, Verlauf Akteursebene Lokale Ebene Kriegsparteien (Anzahl, militärische Kapazitäten, Finanzierung, Organisation,...) Regionale Ebene Nationalstaaten, regionale Organisationen,... Internationale Ebene Nationalstaaten, Internationale Organisationen, NGOs Wirtschaftliche Dimension (z.b. Zerstörung der Infrastruktur, Stärkung des informellen Sektors...) Menschliche Dimension (Todesopfer, Verletzte, Flüchtlinge...) Soziale Dimension (psyhisches Leid, Traumatisierung...)