OGH: Zugaben an Konsumenten sind grundsätzlich erlaubt

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Transkript:

Wirtschaft W 3 Vorabentscheidung des EuGH OGH: Zugaben an Konsumenten sind grundsätzlich erlaubt Zugabenverbot zwischen Unternehmen weiter aufrecht VON DR. JOHANNES PETER GRUBER*) EuGH kippt Zugabenverbot lauteten im vergangenen November die einschlägigen Schlagzeilen in der Tagespresse. 1 ) Solche schwungvollen Ankündigungen werden von den Medien gerne verwendet, weil sie kurz, eingängig und leicht verständlich sind. Die wahre Rechtslage ist meist um einiges komplizierter, im konkreten Fall aber nicht unbedingt: Der OGH hat jetzt im Anschluss an die Vorgaben des EuGH entschieden, dass Zugaben an Konsumenten grundsätzlich zulässig sind. Sie dürfen nur im konkreten Einzelfall nicht irreführend, aggressiv oder sonst unlauter sein. Zugaben an Unternehmen sind weiterhin verboten. 1. Abendessen mit dem Fußballer des Jahres Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) soll sicherstellen, dass die Unternehmen im Wettbewerb mit den Konsumenten und miteinander ordentlich umgehen. 2 ) Es verbietet in 1 UWG ganz allgemein unlautere Geschäftspraktiken und sieht darüber hinaus einige besondere Regeln für bestimmte Einzelfälle vor. Zu diesen besonderen Regeln gehört auch das Zugabenverbot. 3 ) Danach war es ursprünglich verboten, die Konsumenten durch zusätzliche Geschenke 4 ) zum Kauf einer Ware oder zum Bezug einer Dienstleistung zu überzeugen. 5 ) Zugaben durften weder angekündigt noch angeboten und in nur Ausnahmefällen, nicht aber gegenüber einem größeren Personenkreis, gewährt werden. 6 ) *) Dr. Johannes Peter Gruber ist Rechtsanwalt in Wien. 1 ) Wovon man sich durch Suche bei Google leicht überzeugen kann. 2 ) Diese Rechtsmaterie (Lauterkeitsrecht) wurde früher fälschlich auch als Wettbewerbsrecht bezeichnet. Beide Begriffe sollten aber nicht vertauscht werden: Das Lauterkeitsrecht soll ein lauteres Verhalten der Unternehmen am Markt sicherstellen, das Wettbewerbsrecht (früher: Kartellrecht) hingegen einen gut funktionierenden Wettbewerb. 3 ) 9a Abs. 1 UWG: Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1. in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt, oder Verbrauchern neben periodischen Druckwerken unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt oder 2. Unternehmern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt, kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Unentgeltlichkeit der Zugabe durch Gesamtpreise für Waren oder Leistungen, durch Scheinpreise für eine Zugabe oder auf andere Art verschleiert wird. 4 ) Als unentgeltliche Zugaben waren z. B. verboten: die Teilnahme an einem Gewinnspiel (z. B. OGH 30. 1. 2008, 3 Ob 273/03d ORF-Teletext; 20. 10. 1992, 4 Ob 87/92 Welt des Wohnens), Gratisreparaturen beim Kauf von Orientteppichen (OGH 10. 1. 1989, 4 Ob 103/88, RdW 1989, 92 = wbl 1989, 149), ein Brillenetui beim Kauf einer Brille (OGH 30. 1. 1979, 4 Ob 411/78, ÖBl 1979, 139), ein Gratisbuch für jedes neue Mitglied eines Buchklubs (OGH 19. 3. 1974, 4 Ob 304/74, ÖBl 1974, 1109). 5 ) Im Jahr 1929 wurde das Zugabenverbot damit begründet, dass der Käufer über den wirklichen Wert der Ware getäuscht werde, indem ihm neben dieser noch ein besonderer Vorteil als scheinbar unentgeltliche Zuwendung in Aussicht gestellt werde. Der Wert der Zugabe sei aber bereits im Preis enthalten. Das Zugabenwesen schädige darüber hinaus die Volkswirtschaft, weil der Verbraucher die Ware nicht dort suchen würden, wo sie die beste Qualität zum niedrigsten Preis erhielten (sondern weil sie sich bei der Auswahl in erster Linie durch die in Aussicht gestellte Zugabe bestimmen ließen). Die Erzeuger würden deshalb nicht mehr bestrebt sein, möglichst gute Waren zu möglichst geringen Gestehungskosten zu liefern; Kapferer, Das österreichische Zugabenrecht (1996) 26 32, unter Verweis auf ErlRV 203 BlgNR 3. GP, 2 f. 6 ) 1 Abs. 1 ZugabenG: Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehr neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anzubieten, anzukündigen oder einem größeren Kreis von Personen zu gewähren. Es ist belanglos, ob die Zugaben im vorhinein, gleichzeitig mit der Ware oder Leistung oder erst später gewährt werden sollen oder gewährt werden und ob sie in Waren oder Leistungen bestehen. SWK-Heft 10 1. April 2011 579

W 4 Wirtschaft Der Gesetzgeber hat dieses ursprünglich relativ strenge Zugabenverbot im Jahr 1992 etwas gelockert. Seither war es nur mehr verboten, Zugaben einem größeren Personenkreis von Konsumenten anzukündigen, also damit Werbung zu machen. 7 ) Zugaben durften aber beim Geschäftsabschluss angeboten und gewährt werden. 8 ) Nur bei periodischen Druckwerken 9 ) und zwischen Unternehmen war nach wie vor das Ankündigen, Anbieten und tatsächliche Gewähren 10 ) verboten, 11 ) weil man eine Einschränkung der Medienvielfalt befürchtete (was wie der Anlassfall zeigt selbstverständlich nicht bedeutete, dass dieses Verbot auch immer tatsächlich eingehalten wurde). 12 ) Im konkreten Fall hatte die von der Mediaprint 13 ) beklagte Tageszeitung Österreich 14 ) zur Wahl des Fußballers des Jahres aufgerufen. Wer abstimmte, nahm an einer Verlosung teil. Dem Gewinner der Verlosung wurde ein Abendessen mit dem österreichischen Fußballer des Jahres versprochen. Die Konsumenten konnten die Zeitung kaufen und mit dem dort abgedruckten Stimmzettel an der Abstimmung teilnehmen. Es wurden aber auch Fotokopien dieser Stimmzettel zugelassen. 15 ) Darüber hinaus war eine Abstimmung per Internet möglich. 2. Entscheidung des EuGH Die erste Frage für die österreichischen Gerichte war zunächst: Ist die Möglichkeit, an einem Gewinnspiel teilzunehmen, eine Zugabe? Das war im konkreten Fall besonders zweifelhaft, weil ja auch die Teilnahme per Internet möglich war. Die Tageszeitung Österreich musste nicht gekauft werden, sodass könnte man argumentieren niemand durch das Gewinnspiel zu einem Kauf verlockt wurde. Das Gericht erster Instanz (Handelsgericht Wien) gab der Klage dennoch statt: Nicht alle Konsumenten würden über einen Internetanschluss verfügen; zumindest diese seien mehr oder weniger gezwungen gewesen, die Zeitung zu kaufen, um an der Verlosung teilzunehmen. Das Oberlandesgericht Wien hatte hingegen keine Bedenken gegen das Gewinnspiel. Die Teilnahmescheine könnten auch kopiert werden, sodass die Konsumenten ohne Internetanschluss ohne Weiteres in der Lage waren, den Kauf der Zeitung zu umgehen. 16 ) Der OGH hatte dagegen Zweifel an der bestehenden Gesetzeslage und bat den EuGH im Jahr 2008 um Überprüfung, ob das bestehende österreichische Zugabenverbot der aktuellen europäischen Richtlinie 17 ) gegen unlautere Geschäftspraktiken 18 ) ent- 7 ) ErlRV 338 BlgNR 18. GP. 8 ) Oder bloß anzubieten. 9 ) Ein periodisches Druckwerk ist nach 1 Abs. 1 Z 5 MedienG ein Druckwerk, das unter demselben Namen in fortlaufenden Nummern wenigstens viermal im Kalenderjahr in gleichen oder ungleichen Abständen erscheint und dessen einzelne Nummern, mag auch jede ein in sich abgeschlossenes Ganzes bilden, durch ihren Inhalt im Zusammenhang stehen. 10 ) Und das bloße Anbieten. 11 ) ErlRV 965 BlgNR 18. GP. 12 ) Vgl. 9a Abs. 1 UWG. 13 ) Die Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co KG (Mediaprint), Wien, gibt konkurrierende Zeitungen heraus. 14 ) Österreich-Zeitungsverlag GmbH (Österreich), Wien. 15 ) Was sich allerdings nur mittelbar aus der vom OGH zusammengefassten Entscheidung des OLG Wien ergibt. 16 ) Im Übrigen sei so das OLG Wien auch der Preis nicht sonderlich attraktiv, weil man damit rechnen müsse, mit dem Spieler eines gegnerischen Vereins zusammenzutreffen. 17 ) Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern, ABl. Nr. L 149 vom 11. 6. 2005, S. 22. 18 ) Nach Art. 3 der RL 2005/29/EG gilt diese für unlautere Geschäftspraktiken [ ] zwischen Unternehmen und Verbrauchern vor, während und nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts. 580 SWK-Heft 10 1. April 2011

Wirtschaft W 5 spricht. 19 ) Der EuGH antwortete zwei Jahre später: 20 ) Ein allgemeines (= von einem unlauteren Verhalten unabhängiges) Zugabenverbot widerspricht der EU-Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken. Ein Gewinnspiel ist nicht schon deshalb unlauter, wenn es zumindest für einen Teil der angesprochenen Verbraucher das ausschlaggebende Motiv für den Kauf dieser Zeitung bildet. Der OGH hat daher am 15. 2. 2011 die Klage der Mediaprint abgewiesen. 21 ) 3. Aktuelle Rechtslage Die aktuelle Rechtslage kann daher wie folgt zusammengefasst werden: 3.1. Verbraucher Das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern ist nur dann unzulässig, 22 ) wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist. Die Koppelung des Warenbezugs mit einem Gewinnspiel verstößt als solche nicht gegen das UWG. In Zukunft kann auch mit Zugaben geworben werden ( Mitteilung an einen größeren Personenkreis ); das Anbieten und tatsächliche Gewähren war schon bisher erlaubt. Diese Regelung gilt nun auch für periodische Druckwerke. Unzulässig sind nach wie vor irreführende, aggressive oder sonst unlautere Maßnahmen im Zusammenhang mit Zugaben. Zugaben sollten daher wenn man sichergehen will zumindest handelsüblich oder mit handelsüblichen Zugaben vergleichbar sein. Da es aber immer auf den Einzelfall ankommt, gibt es natürlich keine absolute Sicherheit. 3.2. Unternehmer Die Entscheidung des OGH gilt nicht für Zugaben an Unternehmen, weil die Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken nur Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern regelt. Es ist daher davon auszugehen, dass dieser Teil des Zugabenverbots weiter aufrecht ist. 23 ) 19 ) OGH 18. 11. 2008, 4 Ob 154/08 p. 20 ) EuGH 9. 11. 2010, Rs. C-540/08, Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag/Österreich-Zeitungsverlag. 21 ) OGH 15. 2. 2011, 4 Ob 208/10g. 22 ) 9a Abs. 1 Z 1 UWG. 23 ) Vgl. 9a Abs. 1 UWG. Aktuelle Rechtsprechung des OGH Arbeitsrecht gewerblicher Rechtsschutz Privatstiftungsrecht Strafverfahrens recht VON DR. JOHANNES PETER GRUBER UND DR. HELEN PELZMANN*) Die folgende Übersicht fasst wichtige aktuelle Entscheidungen des OGH aus den verschiedensten Bereichen des Wirtschaftsrechts im weitesten Sinn kurz und kompakt zusammen. 1 ) 1. Arbeitsrecht Arbeitsunfall: Verletzt der Insasse eines Kraftfahrzeugs die Sicherheitsgurtenpflicht, entfällt bei einem Unfall (nur) sein Anspruch auf Schmerzengeld; ein weiteres *) Dr. Johannes Peter Gruber ist Rechtsanwalt in Wien; Dr. Helen Pelzmann, LL.M. (LSE), ist Rechtsanwältin in Wien. 1 ) Volltexte der Entscheidungen können schnell und bequem unter Eingabe der Geschäftszahl in der Suchmaske in Lindeonline, http://www.lindeonline.at, eingesehen werden. SWK-Heft 10 1. April 2011 581

W 6 Wirtschaft 2. Gewerblicher Rechtschutz 3. Privatstiftungsrecht 4. Strafverfahrensrecht Mitverschulden braucht er sich deshalb nicht zuzurechnen lassen. Diese Regelung für Kraftfahrzeuge gilt nicht analog für einen Arbeitsunfall, bei dem der Kläger aus einer umkippenden Arbeitsbühne geschleudert wurde, weil er das Sicherheitsgeschirr nicht ordnungsgemäß benutzt hatte ( OGH 8. 7. 2010, 2 Ob 105/10w). Irreführung (I): Irreführende Geschäftspraktiken sind verboten. 2 ) Unvollständige Angaben sind irreführend, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck entsteht. 3 ) Das gilt auch dann, wenn die beanstandete Aussage bei isolierter Betrachtung wahr ist. 4 ) Eine um 200 Stück höhere Druckauflage berechtigt eine Tageszeitung nicht zu der Behauptung, sie sei die neue Nummer eins in Wien. Die entscheidenden Kriterien dafür sind die Anzahl der Leser und die Anzahl der verkauften Exemplare ( OGH 31. 8. 2010, 4 Ob 132/10f). Irreführung (II): Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte auch der Gebrauch einer Firma oder eines Firmenbestandteils eine unzulässige irreführende Angabe (jetzt: irreführende Geschäftspraktik ) sein. 5 ) Eine Angabe war irreführend, wenn sie die beteiligten Verkehrskreise über die Art des Unternehmens in die Irre führen konnte. 6 ) Die UWG-Novelle 2007 hat diese Rechtslage nicht geändert. Eine als Unternehmensberater tätige Gesellschaft darf sich daher nicht Bau & Recht GmbH nennen, wenn sie keine baurechtliche Rechtsberatung anbietet ( OGH 31. 8. 2010, 4 Ob 135/10x). Irreführung (III): Zu den irreführenden Geschäftspraktiken gehört auch die Werbung mit rechtlichen Selbstverständlichkeiten. Eine solche Werbung liegt insbesondere vor, wenn bereits nach dem Gesetz zwingend zustehende Ansprüche als Besonderheit präsentiert werden. Unter Besonderheit ist dabei ein Merkmal zu verstehen, welches das beworbene Angebot vom Angebot anderer Unternehmer unterscheidet und daher eine Eigenheit des werbenden Unternehmens ist ( OGH 13. 7. 2010, 4 Ob 121/10p). Vergütung: Die Stiftung kann dem Stiftungsvorstand eine einmalige Vergütung für den Verkauf eines Unternehmens auch ohne gerichtliche Genehmigung zahlen, wenn sich der Stifter die Änderung der Stiftungserklärung vorbehalten hat, die Zuwendung vom Stifter gewollt ist und die Interessen der Begünstigten nicht gefährdet sind. Die Interessen der Begünstigten sind jedenfalls dann nicht gefährdet, wenn der Stifter der einzige Begünstigte ist ( OGH 10. 8. 2010, 1 Ob 214/09s). Vernehmung: Die Hauptverhandlung darf ohne den Angeklagten durchgeführt werden, wenn ihm nur ein Vergehen 7 ) vorgeworfen wird, wenn ihn das Gericht bereits zur Anklage vernommen und wenn ihm die Ladung zur Hauptverhandlung persönlich zugestellt wurde. Die Vernehmung durch einen Rechtspraktikanten reicht dafür nicht (es sei denn, der Vernommene hat seine Angaben nachträglich vor einer vernehmungsberechtigten Person bestätigt) ( OGH 11. 8. 2010, 15 Os 80/10v). 2 ) 2 UWG. 3 ) OGH 13. 11. 2001, 4 Ob 212/01g u. a., RIS-Justiz RS0121669. 4 ) OGH 11. 5. 2010, 4 Ob 7/10 y. 5 ) OGH 20. 2. 1990, 4 Ob 36/90 u. a., RIS-Justiz RS0078717. 6 ) Z. B. OGH 19. 12. 1989, 4 Ob 135/89, S-Real-Service. 7 ) Verbrechen sind vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind; alle anderen strafbaren Handlungen sind Vergehen ( 17 StGB). 582 SWK-Heft 10 1. April 2011

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