Begriff Der Dickdarm (lat.: Colon) ist der sich den Dünndarm anschließende Teil des Verdauungstraktes. Anatomisch unterscheidet man einen aufsteigenden (Colon ascendens), einen querverlaufenden (C. transversum) und einen absteigenden Ast (C. descendens), sowie einen S-förmig verlaufenden Anteil (C. sigmoideum). Zusammengenommen messen diese Abschnitte zusammen ca. 120 cm. Das C. sigmoideum (Sigma) mündet in den Mastdarm (= Rectum). Funktion und Pathologie Der Dickdarm dient als Speicher für den Darminhalt. In ihm werden dem Stuhl Flüssigkeit und Elektrolyte (Blutsalze) entzogen, er wird eingedickt. Das Sigma ist dabei einem erhöhten Druck ausgesetzt, da sich der Stuhlgang hier sammelt, was möglicherweise der Bildung von Divertikeln (Schleimhautaussackungen, die sich durch die Muskulatur des Darmes nach außen hin vorwölben) Vorschub leistet (Divertikulose). Chronische Verstopfung (Obstipation) kann ebenfalls zur Divertikelbildung führen. Im Falle einer Entzündung handelt es sich um eine (Sigma-) Divertikulitis. Daneben können im Dickdarm gut- und bösartige Tumoren entstehen (Polypen, Karzinome), welche ggf. operativ entfernt werden müssen. Auch chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), wie Colitis ulcerosa oder (seltener) Morbus Crohn, betreffen den Dickdarm und können eine Operation notwendig machen. Symptomatik Polypen Vielfach sind Polypen asymptomatisch, ggf. können sie bluten, Schleim absondern und langfristig auch bösartig entarten. Karzinome Frühsymptome sind untypisch. Blut im Stuhl oder Schleimbeimengungen können im fortgeschrittenen Stadium auftreten. Daneben sind Stuhlveränderungen wie vermehrte Blähungen und Durchfall sowie Verstopfung im Wechsel, ungewollter Gewichtsverlust und unklares Fieber sowie auch Blutarmut abklärungsbedürftige Signale. Eine neu auftretende chronische Verstopfung muss untersucht werden. Divertikel Die Divertikulose betrifft das mittlere und höherer Lebensalter, bei den über 70- Jährigen sind >80 % der Untersuchten betroffen. In 95 % der Fälle ist das Sigma beteiligt, in 80 % ausschließlich. Eine unkomplizierte Divertikulose stellt noch keine Krankheit dar, sollte aber diätetisch behandelt werden (keine Körner, keine Verstopfung, Trinkmenge mind. 2 l/tag). Seite 1 von 6
Die Erkrankung wird vielfach erst in der Entzündung symptomatisch (10-25% der Betroffenen): Neben Verstopfung können auch Durchfall oder schmerzhafter Stuhldrang (Tenesmen) auftreten. Oft reicht in der akuten Phase eine konservative stationäre Behandlung mit Antibiotika und künstlicher Ernährung aus. Die schwerste Komplikation besteht in einer Undichtigkeit des Darmes mit Ausbildung einer Bauchfellentzündung, welche sofort operativ behandelt werden muss. Colitis ulcerosa Hier entwickelt sich im Dick- oder Mastdarm eine chronische Entzündung der Schleimhaut, welche zu blutig-schleimigen Stuhlgängen führt und Schmerzen bei der Verdauung verursacht. Langzeitig vernarbt die Schleimhaut und verliert ihre Funktionsfähigkeit. Nach jahrelangem bis Jahrzehnte dauerndem Verlauf können auf dem Boden der chronischen Entzündung bösartige Entartungen (Karzinome) entstehen. Ursachen des Dickdarmkrebses Begünstigend wirken hochkalorische, fettreiche und wahrscheinlich auch ballaststoffarme Ernährung. Auch der regelmäßige Genuss von größeren Mengen an rotem Fleisch (Schwein, Rind) und Wurst können das Risiko steigern. Der schädliche Einfluss von Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel und krebserregenden Stoffwechselprodukten (z.b. Nitrosamine) ist bisher nicht sicher bewiesen. Omega-3- Fettsäuren, welche in Fisch enthalten sind, können dagegen das Risiko vermindern. Chronisch-entzündliche Darmkrankheiten wie die Colitis ulcerosa (deutlich geringer auch der Morbus Crohn) bergen ein höheres Risiko. Eine seltene angeborene Erkrankung ist die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP, über 100 Polypen im Darm, Veränderung des Chromosoms 5), aus der zwangsläufig ein Tumor entsteht. Eine weitere aber seltene erbliche Erkrankung, die mit einem deutlich erhöhten Risiko für die Entwicklung von Darmkrebs bereits ab dem 40. Lebensjahr einhergeht, ist das vererbbare (hereditäre) nicht-polypöse kolorektale Karzinom (HNPCC, Lynch-Syndrom). Hier kann es neben bösartigen Darmtumoren auch gehäuft zu Brustkrebs, Endometriumkarzinomen und Eierstockkrebs kommen. Auch Menschen mit Verwandten ersten Grades mit kolorektalem Karzinom sind vermehrt gefährdet (Amsterdam- und Bethesda-Kriterien). Das Karzinom kann sich sowohl aus gutartigen Veränderungen (Polyp, Adenom) entwickeln, welche man durch Vorsorgeuntersuchungen erkennen kann, als auch direkt aus der Darmschleimhaut entstehen. Seite 2 von 6
Diagnostik: Polypen Dickdarmspiegelung (Coloskopie) mit Probeentnahme (Röntgen-Kontrastmitteldarstellung) mit geringerer Aussagekraft Karzinom Anamnese (Änderung der Stuhlgewohnheiten, Blut auf Stuhl) Vorsorgeuntersuchung mit Testung auf Blut im Stuhl Dickdarmspiegelung mit Probenentnahme (Coloskopie) Ultraschall Leber (Sonographie) zum Metastasenausschluß Labor (Tumormarker, Hämoglobinwert) Im Einzelfall Computertomographie (CT) Abb. 1: T-Stadium Zunehmende Eindringtiefe eines Tumors in die Darmwand von T 1-3 (siehe auch unter Rektumkarzinom) Divertikel Ultraschall (Sonographie) Labor Dickdarmspiegelung (Coloskopie) im entzündungsfreien Intervall Computertomographie (CT) mit Kontrastmitteleinlauf Colitis ulcerosa Regelmäßige Dickdarmspiegelungen (Coloskopie) mit Probeentnahme Ultraschall (Sonographie) Seite 3 von 6
Operationsmethoden Polypen Therapie der Wahl ist die endoskopische Abtragung des oder der Polypen. Falls dies technisch oder aufgrund der Größe des Polypen nicht möglich sein sollte, ist die operative Entfernung des betroffenen Darmabschnittes erforderlich. Karzinome Unterschieden werden kurative Maßnahmen mit dem Anspruch auf Heilung von palliativen Therapieansätzen, die das Leiden lindern und eine möglichst lange beschwerdefreie Zeit ermöglichen sollen. Abb.2: Operationsausmaß Darstellung der Operationsregion am Beispiel eines Tumors im aufsteigenden rechten Dickdarmabschnitt. Der rot gekennzeichnete Bereich wird zusammen mit allen dazugehörigen Lymphknoten entfernt. Der durchtrennte Dünndarm wird dann mit dem quer verlaufenden Dickdarm mittels Naht verbunden (Anastomose). Kurative Resektion: Der durch den Tumor befallene Dickdarmabschnitt wird mit Sicherheitsabstand und unter Mitnahme der zu- und abführenden Blut- bzw. Lymphgefäße, sowie Lymphknoten entfernt (Radikale onkologische Resektion). Unter bestimmten Umständen ist auch ein minimal invasives Vorgehen ( Schlüsselloch-Chirurgie ) möglich. Palliative Resektion: Der durch den Tumor eingeengte Darmabschnitt wird entfernt. Es kann auch eine Umgehungsoperation mit Anlage eines Kurzschlusses zwischen zu- und abführenden Darmschlingen durchgeführt werden. Auf die Anlage eines künstlichen Darmausganges soll möglichst, kann aber nicht immer verzichtet werden. Seite 4 von 6
Nachfolgend wird in Abhängigkeit vom Ausmaß der Erkrankung (Befall von Lymphknoten) eine mehrmonatige ambulante Chemotherapie nach der Operation empfohlen. Daneben werden in regelmäßigen Abständen Nachsorgeuntersuchungen über 5 Jahre erforderlich, die durch den Hausarzt veranlasst werden. Divertikel Konservativ ist beim unkomplizierten Verlauf eine Ernährungsanpassung nach entsprechender Beratung empfohlen. Die Entzündung kann ggf. konservativ, d.h. ohne Operation angegangen werden. Bei Komplikationen ist dann die Entfernung des erkrankten Dickdarmabschnittes erforderlich, welche möglicherweise der Anlage eines künstlichen Darmausgangs zeitlich begrenzt bedarf. Diese Operation kann bei immer wieder auftretenden Entzündungsschüben geplant auch in minimal invasiver Technik erfolgen. Colitis ulcerosa Im Falle eines komplizierten Verlaufes kann die segmentale bis vollständige Entfernung des Dickdarmes erforderlich werden. Hier ist möglicherweise auch die Anlage eines künstlichen Darmausganges (temporär oder dauerhaft) notwendig. Zur Heilung muss die gesamte Dickdarmschleimhaut bis zum Analkanal entfernt werden. Das fast- track- Konzept in der Dickdarmchirurgie Als Ergebnis aktueller Studien hat sich ein neuer Ansatz in der Planung und Durchführung von Dickdarmeingriffen etabliert. Wesentliche Punkte des fast- track- Konzeptes sind: Die Einhaltung einer möglichst kurzen prä- (max. 2 Std.) und postoperativen (max. 6 Std.) Nüchternheit. Verzicht auf die belastende Darmspülung vor der Operation. Eine bereits vor der Operation beginnende Schmerztherapie mit Epiduralanästhesie ( Rückenmark-Katheter ) in Kombination mit Schmerzmitteln. Die Verhinderung einer intra- und postoperativen Auskühlung des Patienten. Operation über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie = Schlüsselloch- Chirurgie ) oder einen kleinen queren Oberbauchschnitt. Nach Möglichkeit der Verzicht auf Wund- oder Sekretdrainagen und ggf. die frühzeitige Entfernung eingelegter Drainageschläuche ab dem ersten Tag nach der Operation. Die frühzeitige postoperative Mobilisation, beginnend am Operationstag, unterstützt durch physiotherapeutisches Personal. Seite 5 von 6
Der frühzeitige Kostaufbau (Tee, Wasser, Suppe) des Patienten, beginnend noch am Operationstag. Entlassung aus der Klinik frühestens ab dem 5. postoperativen Tag. Das Ziel dieses neueren Operationsverfahrens ist die raschere Erholung des Operierten bei gleichzeitig verkürzter stationärer Behandlungsdauer. Für die fast- track- Chirurgie geeignete Krankheitsbilder oder Verfahren: CED (M. Crohn / Colitis ulcerosa) gutartige kolorektale Tumoren (Adenome / Polypen), die endoskopisch nicht abtragbar sind Kolektomie (vollständige Dickdarmentfernung, z.b. bei Colitis ulcerosa) Colonkarzinom (bösartiger Tumor) Segmentresektion des Dickdarms bis hin zur halbseitigen Entfernung (Hemikolektomie rechts oder links) Sigmaresektion, z.b. bei Divertikulose Seite 6 von 6