Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2008

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Transkript:

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2008

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2008 Begründet 1993 von Hermann Weber Herausgegeben von Ulrich Mählert Bernhard H. Bayerlein Horst Dähn Bernd Faulenbach Ehrhart Neubert Peter Steinbach Stefan Troebst Manfred Wilke im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Wissenschaftlicher Beirat: Bülent Bilmez (Istanbul) Thomas Wegener Friis (Odense) John Earl Haynes (Washington) Stefan Karner (Graz) Norman LaPorte (Pontypridd) János Rainer (Budapest) Krzysztof Ruchniewicz (Wrocław) Brigitte Studer (Bern) Oldřich Tůma (Prag) Alexander Vatlin (Moskau)

Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2008 Hermann Weber zum 80. Geburtstag gewidmet Enthält / including: The International Newsletter of Communist Studies XIV (2008), no 21 Aufbau-Verlag

Mit 37 Abbildungen Redaktion: Karin Jaeger Adresse: Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Redaktion JHK Kronenstraße 5 D - 10117 Berlin Tel.: + 49 (0)30 / 31 98 95 0 Fax: + 49 (0)30 / 31 98 95 224 E-Mail: jhk@stiftung-aufarbeitung.de www.stiftung-aufarbeitung.de Für Manuskriptangebote wenden Sie sich bitte an die Redaktion. ISSN 0944-629X ISBN 978-3-351-02688-2 Aufbau ist eine Marke der Aufbau Verlagsgruppe GmbH 1. Auflage 2008 Aufbau Verlagsgruppe GmbH, Berlin 2008 Einbandgestaltung Ute Henkel / Torsten Lemme Satz: Thomas Klemm, Leipzig Druck und Binden AALEXX Druck GmbH, Großburgwedel Printed in Germany www.aufbau-verlag.de

Inhalt Editorial... I Komintern und kommunistische Bewegung in der Vorkriegszeit Wladislaw Hedeler / Alexander Vatlin: Wer gründete die Komintern? Zur Geschichte einer Fotografie... 1 Jean-François Fayet: Eine internationale Sprache für die Weltrevolution? Die Komintern und die Esperanto-Frage... 9 Jerzy Holzer: Das einzige Vaterland des Proletariats die Sowjetunion: Ob gut oder schlecht, sie ist mein Land!... 24 Ottokar Luban: Die Finanzierung der illegalen Antikriegsflugschriften im Ersten Weltkrieg: Spartakusgruppe und linksbürgerliche Pazifisten im Bund»Neues Vaterland«... 32 Verena Moritz / Hannes Leidinger: Kommunismusbekämpfung. Das Wiener Beispiel 1918 1921... 46 Marcel Bois: Vergessene Kommunisten. Die»Weddinger Opposition«der KPD... 58 Norman LaPorte / Kevin Morgan: Der Rote Frontkämpfer und der militante Gewerkschafter: Konstruktionen der proletarischen Führerfigur in Deutschland und Großbritannien... 68 Studien zur sowjetischen Hegemonialpolitik, zur SED- und DDR-Geschichte Stefan Karner / Peter Ruggenthaler: Stalin, Tito und die Österreichfrage. Zur Österreichpolitik des Kreml im Kontext der sowjetischen Jugoslawienpolitik 1945 bis 1949... 81 Bernd Bonwetsch: Die Stalin-Note 1952 kein Ende der Debatte... 106 Wilfriede Otto: Erinnerung an einen gescheiterten Schauprozess in der DDR... 114 Ulrich Mählert: Der»Fall Lohagen«und der Machtkampf im SED-Politbüro zur Jahreswende 1951/52... 131 Gerhard Wettig: Der Kreml und die Machtkämpfe in der SED-Führung 1953 1958... 146

VI JHK 2008 Inhalt Christoph Kleßmann: Gewerkschaften im Prozess der»volksdemokratisierung«vergleichende Aspekte zu Polen und zur SBZ / DDR... 159 Siegfried Suckut: Willy Brandt in der DDR. Oder: Die Schwierigkeiten des MfS mit der»autoritätsperson im Weltmaßstab«... 170 Ilko-Sascha Kowalczuk: Außenseiter, Aufsteiger, Absteiger. Vom Angehörigen der Funktionselite zum»funktionshäftling«. Eine biographische Studie... 183 Konzepte, Protagonisten und Tendenzen Kevin McDermott: Hermann Webers Konzept der»stalinisierung«der KPD und der Komintern. Eine kritische Bewertung... 197 Jens Hüttmann:»Erfahrungsgesättigte Rationalität«. Hermann Weber im Feld der bundesdeutschen DDR-Forschung seit den 1950er-Jahren... 207 Brigitte Studer: Arbeit am Selbst im Arbeiterstaat. Neue Quellen des Stalinismus und ihre Deutung... 223 Bernd Faulenbach:»Antikommunismus«als Problem der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Skizze über einen ungeklärten Begriff der Nachkriegsepoche... 231 Jan Foitzik: Stalinismus/Entstalinisierung als Geschichtstypus und Periodisierungsmerkmal. Anmerkungen zur semantischen Begriffsdifferenz... 239 Karl Wilhelm Fricke: Desinformation und selektive Wahrheit. Stasi-Geschichtsrevisionismus in der Offensive... 248 Forum Werner Müller: Kontinuität und Wandel im deutschen Kommunismus... 261 Klaus Schönhoven: Alternativen zum Reformismus? Zur linken Gewerkschaftskritik und kommunistischen Gewerkschaftspraxis in Deutschland... 274 Biographische Skizzen Mike Schmeitzner: Proletarische Diktatur oder freiheitliche Demokratie? Die Wandlungen des Curt Geyer... 285 Lars Björlin: Zwischen Sozialdemokratie und Bolschewismus der schwedische Politiker Zeth Höglund... 296 Kurt Schilde: Flucht über die Balkonmauer. Politische Biographie des Kommunisten Josef Schlaffer... 310 Reinhard Müller: Heinz Neumanns Bußrituale auch ein Nachtrag zum Protokoll der»brüsseler Konferenz«der KPD... 319 Gabor Székely: Béla Kun, György Lukács, Imre Nagy und die Säuberungen in Moskau... 329

Inhalt JHK 2008 VII Andreas Herbst:»Unteroffiziere der Revolution«. Zum Schicksal von Kursanten der M-Schule der Kommunistischen Internationale... 339 Andreas Pehnke: Max Kosler Ein Kämpfer gegen Antisemitismus und ideologische Zwänge... 351 Manfred Wilke: Jiří Pelikán: die Wandlung eines tschechischen Kommunisten... 361 Dokumentation Stand und Perspektiven der historischen Kommunismusforschung. Protokoll eines internationalen Forschungskolloquiums am 17. April 2007 in Berlin... 373 Das Jahr 1937 und die Gegenwart. Thesen von MEMORIAL... 419 Newsletter The International Newsletter of Communist Studies Der Internationale Newsletter der Kommunismusforschung La newsletter internationale des recherches sur le communisme Международный бюллетень исторических исследований коммунизма... 427 Anhang Tabula Gratulatoria... 473 Mitarbeiterinnenverzeichnis... 476 Abbildungsverzeichnis... 485 Aus dem Inhalt des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung 2006... 486 Aus dem Inhalt des Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung 2007... 488

Editorial 1993, im selben Jahr, in dem sich der Nestor der historischen Kommunismus- und DDR- Forschung in Deutschland, der Mannheimer Zeithistoriker und Politikwissenschaftler Professor Dr. Dr. h. c. Hermann Weber, emeritieren ließ, erschien die erste Ausgabe des von ihm an der Universität Mannheim begründeten Jahrbuchs für Historische Kommunismusforschung (JHK). Unter seiner Ägide wurde das Jahrbuch rasch zu dem wichtigsten deutschsprachigen Forum einer international und interdisziplinär ausgerichteten Forschung über die Geschichte der kommunistischen Bewegungen, Parteien und Regime im 20. Jahrhundert. Diese Forschungslandschaft hatte durch die Öffnung der Archive in Russland und den anderen ostmitteleuropäischen Staaten, für die sich Hermann Weber dezidiert und erfolgreich eingesetzt hatte, starken Auftrieb und wichtige Impulse erhalten. Seit 1993 sind im Jahrbuch auf nunmehr gut 6500 Druckseiten rund 500 Abhandlungen, Miszellen, biographische Skizzen, Quellendokumentationen, Forschungsberichte und Rezensionen erschienen. Sie berührten nicht nur die großen, sondern ebenso oftmals übersehene,»kleine«ereignisse der Kommunismusgeschichte. Immer wieder wurden neben prominenten auch unbekanntere Akteure und Funktionäre in den Blick genommen; die Studien beschränkten sich dabei keineswegs auf Deutschland und die Sowjetunion. Wer die Jahrbücher zur Hand nimmt, betritt eine Forschungslandschaft, die sich seit der ersten Ausgabe gleichermaßen im Hinblick auf Zeiten und Räume weitet. Die Beiträge spannen einen Bogen von den Anfängen der kommunistischen Bewegung, die im Völkergemetzel des Ersten Weltkriegs ihren Ausgang nahm, bis zum Ende des»kurzen«20. Jahrhunderts, als überwiegend friedlich verlaufende Revolutionen die im Namen des»realen Sozialismus«herrschenden Diktaturen überwanden. Zugleich öffnen die Artikel die Augen für die höchst unterschiedlichen Ausformungen, die diese Bewegung in jenen gut sieben Jahrzehnten kennzeichneten. Die Jahrbücher erschließen die Geschichte des Kommunismus in ihrer ganzen Ambivalenz. Aus unterschiedlichsten Perspektiven versuchen viele Beiträge zu beleuchten, wie der Kommunismus Legitimation totalitärer Regime in der Sowjetunion, in ihren»satellitenstaaten«oder auch auf dem asiatischen Kontinent sein konnte, deren Opfer viele Millionen zählen. Andere Texte zeigen, dass die kommunistische Bewegung andernorts und bisweilen gleichzeitig emanzipatorische politische Ziele verfolgen konnte, die Intellektuelle und Arbeiter gleichermaßen in ihren Bann zogen und im Kampf gegen soziale und politische Ungerechtigkeit einten.

X JHK 2008 Editorial Auf welche Weise dieser emanzipatorische Impetus schließlich fast immer und überall von Ideologien und»ismen«im Namen eines Stalin, Mao oder von deren Epigonen zersetzt, überformt und ausgeschaltet wurde, durchzieht als zentrale Fragestellung die Jahrbücher wie ein roter Faden. Immer wieder aufs Neue beleuchtet das Jahrbuch, wie aus einer emanzipatorischen Idee und aus leidenschaftlichen Revolutionären, die die Arbeiterklasse von Ausbeutung befreien wollten, Stalinisten, Bürokraten, Menschenschinder und auch -mörder wurden und wie dieselben kommunistischen Funktionäre, die vor dem»klassenfeind«heldenmut bewiesen, sich wenig später bedingungslos einer Parteilinie unterwarfen. Und immer wieder lenkt das Jahrbuch die Aufmerksamkeit auf die innerkommunistische Opposition und den Widerstand gegen den Stalinismus, der von diesem mit unerbittlicher Härte bekämpft und liquidiert wurde. All dies sind Fragen, die Hermann Weber als Begründer des Jahrbuchs, der mittlerweile auf ein halbes Jahrhundert eigene Kommunismusforschung zurückblickt, nicht loslassen. Hermann Webers gesamtes publizistisches und wissenschaftliches Wirken war und ist»darauf gerichtet, der Quasi-Annexion der Geschichte der modernen sozialen Bewegungen durch die Stalinisten und Poststalinisten zu widersprechen, die Säuberung der Vergangenheit aufzudecken und auf diese Weise einen grundlegenden, niemals aufzuhebenden Widerspruch des kommunistischen Etatismus ins öffentliche Bewusstsein zu heben«, wie es Peter Brandt unlängst so treffend formulierte. Hermann Weber hat mit der Veröffentlichung des Jahrbuchs 2007 sein Ausscheiden aus dessen Herausgeberkreis erklärt. In den Jahren zuvor hatte er die Zukunft seines Jahrbuches gesichert, indem er die materielle Verantwortung in die Hände der Bundesstiftung Aufarbeitung legte und jüngere Kollegen für die Herausgeberschaft gewinnen konnte. Die Herausgeber des Jahrbuchs wie auch die Bundesstiftung Aufarbeitung kamen rasch überein, das JHK 2008 seinem Begründer zu widmen, der im August des Erscheinungsjahres seinen 80. Geburtstag feiern wird. Für das Jahrbuch 2008 haben 35 namhafte Historikerinnen und Historiker aus dem In- und Ausland Beiträge verfasst, die auf vielfältige Weise die verschiedenen»lebensthemen«hermann Webers aufgreifen und fortschreiben. Allein sieben Artikel widmen sich der Geschichte der Komintern und der kommunistischen Bewegung in der Vorkriegszeit. Die sowjetische Hegemonialpolitik in der Nachkriegszeit, die Transformation der SED zur stalinistischen Staatspartei sowie Fragen der DDR-Geschichte werden in acht Studien thematisiert. Zu beiden Themenkomplexen hat Hermann Weber seit den fünfziger Jahren bahnbrechende Abhandlungen vorgelegt, die bis heute Bestand haben. Seine Weiterentwicklung der»stalinisierungsthese«der kommunistischen Bewegung seit Ende der zwanziger Jahre zu einem grundlegenden Konzept der Analyse bestimmt die historische Kommunismusforschung bis in die Gegenwart, wie der dritte Themenblock des Jahrbuchs deutlich macht. Hier finden sich sechs Beiträge, die sich direkt und indirekt mit Webers Erklärungsansätzen auseinandersetzen und diese fortschreiben. Dass die Auseinandersetzung mit der Kommunismusgeschichte stets eine politische Dimension in sich trug und weiter trägt, zeigen sowohl der Artikel, der Hermann Webers Rolle in der bundesdeutschen DDR-Forschung gewidmet ist, als auch jener, der die aktuelle geschichtsrevisionistische Offensive ehemaliger MfS-Kader beschreibt.

Editorial JHK 2008 XI Die in der Rubrik Forum publizierten zeithistorischen Essays resümieren die Geschichte des deutschen Kommunismus und dessen Wechselverhältnis zur Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis in die Gegenwart. Auch im Jahrbuch 2008 nimmt der biographische Zugang zur Geschichte mit acht (kollektiv-)biographischen Studien wieder breiten Raum ein. Nicht von ungefähr behandeln vier der Beiträge politische Lebenswege, die in der kommunistischen Bewegung ihren Ausgang nahmen und in der Sozialdemokratie ihren Abschluss fanden, ist doch der Begründer des Jahrbuchs eben diesen Weg gegangen. Vier biographische Skizzen sind den Opfern der kommunistischen Säuberungen gewidmet, denen Hermann Weber schon immer große Aufmerksamkeit schenkte. Der von Mitherausgeber Bernhard H. Bayerlein herausgegebene Internationale Newsletter der Kommunismusforschung informiert wie gewohnt über Neuerscheinungen, Konferenzen und aktuelle Forschungsvorhaben. Eine ausführlichere Fassung des Newsletters findet sich zudem als Online-Zeitschrift im Internet. Die Herausgeber danken den Autorinnen und Autoren des Jahrbuches 2008 für ihre instruktiven Beiträge. Dank gilt auch den internationalen Beiräten des Jahrbuches, die seine Erarbeitung engagiert befördert haben. Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED- Diktatur hat auch 2007 / 2008 die finanziellen Voraussetzungen für das Jahrbuch geschaffen, das wiederum mit Mitteln der Hermann-Weber-Stiftung (Mannheim) sowie der Gerdaund-Hermann-Weber-Stiftung (Berlin) finanziell unterstützt wurde. Allen Institutionen sei hiermit herzlich und ausdrücklich gedankt! Unser Dank geht auch an Heiko Hänsel, der das Jahrbuch bis einschließlich der Ausgabe 2007 als Redakteur fachkundig betreute und sich nun neuen beruflichen Aufgaben zugewandt hat. Das Lektorat des JHK 2008 wurde von Karin Jaeger exzellent besorgt, die dabei von der Lektorin des Aufbau-Verlags, Maria Matschuk, mit weit mehr Engagement begleitet wurde, als dies im heutigen Verlagsgewerbe sonst üblich ist. Den Satz des Jahrbuchs übernahm Thomas Klemm in Leipzig. Ihnen allen sei hier ausdrücklich gedankt. Vor allem möchten die Herausgeber jedoch Hermann Weber ihren großen Respekt und Dank bekunden er gilt einem halben Jahrhundert engagierten Forschens und Lehrens auf den Gebieten Kommunismus- und DDR-Forschung! Hermann Weber hat dieses Feld wie kein anderer geprägt, ein außergewöhnliches wissenschaftliches Oeuvre und mit dem Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung ein Forum geschaffen, das auch in Zukunft garantiert, dass die Forschungen seines Gründers weiterwirken und noch lange aufgegriffen werden. Die Herausgeber sind sich der Aufgabe bewusst, die eingeschlagenen Pfade zu ergänzen und weiterzuentwickeln. Die Herausgeber, Beiräte, Autorinnen und Autoren des Jahrbuchs wie auch die Unterzeichner der Tabula Gratulatoria am Ende dieses Bandes sind dem Wissenschaftler und dem Menschen Hermann Weber auf unterschiedlichste Weise verbunden. Sie alle wünschen ihm eine glückliche Vollendung seines 80. Lebensjahres und ihm und seiner Frau Gerda alles erdenklich Gute, anhaltende Gesundheit und Schaffensfreude! Berlin, den 20. Dezember 2007 Die Herausgeber