Januar 2015- Einen Monat reisen! Antonia Kamp Asociacion Santa Dorotea Cajamarca, Peru Nach entspannten Strandtagen in Mancora ging es mit viel Vorfreude auf ein Wiedersehen mit unseren Mitfreiwilligen vom Bistum Mainz im Gepäck nach Santa Cruz, Bolivien. Kaum aus dem Flugzeug ausgestiegen werden Carla und ich von dem heiß-feuchten Klima überrascht, dazu ein Geruch wie im Tropenhaus vom Zoo. Eine Woche verbringen wir im Kolping-Haus mit rund 30 Freiwilligen, von verschiedenen Organisationen, die in ganz Südamerika verteilt ihren Freiwilligendienst absolvieren. So eine Vielfalt an Erfahrungen und Erzählungen aus unterschiedlichen Ländern, Kulturen und Arbeitswelten findet man wirklich selten. In kleinen Gruppen behandelten wir, meist mit Begleitung von einem Teamer, Themen, die uns beschäftigen und bewegen. Als Grundstein diente dafür eine Reflexion über die vergangenen Monate, die jeder zunächst für sich auf einem Plakat visualisierte und dann der Kleingruppe vorstellte. Gerade bei der Vorstellung meiner Zeichnung, voll mit kleinen Notizen und Anmerkungen, merkte ich erst mal, wie viel hier auf mich einprasselt, was ich alles gelernt habe und worüber ich mir auch Sorgen mache. Besonders der Monat in Lima mit Kasandra rückte in den Vordergrund, und mir wurde bewusst, wie viel mir dieses liebenswürdige, tapfere Mädchen bedeutet. Aber auch was sonst um mich rum in diesem Land und Cajamarca passiert, ist mir wichtig geworden. Gerade das politische Leben, in Cajamarca oder auf nationaler Ebene, finde ich spannend. Auch in diesem Bereich boten sich mir reichlich Möglichkeiten, mich mit anderen Freiwilligen auszutauschen und zu diskutieren. Insgesamt hat mir das Seminar wirklich viel gebracht, oft haben sich mir und den anderen durch die Impulse der Teamer auch ganz andere Blickwinkel eröffnet. Nach diesen intensiven Tagen ging es dann auf große Reise. Mit Annika, einer Freiwilligen vom Bistum, die ihr Jahr in Brasilien verbringt, reisten wir zunächst nach Sucre. Ihrem zweiten Namen, die weiße Stadt, wird sie durchaus gerecht. Imposante Bauten aus hellem Gestein prägen das Stadtbild. Die wunderschöne Plaza de Armas (Hauptplatz), bepflanzt mit großen Palmen und bunten Blumen, bildet den Ausgangspunkt für sämtliche Erkundungstouren in der Innenstadt. Einer dieser Spaziergänge führte uns zum Museum für Ethnologie und Folklore, welches eine vielfältige Maskenausstellung zu bieten hat. Die Masken werden vor allem zu Karneval getragen, jede von ihnen repräsentiert einen Gott, eine Völkergruppe oder auch Figuren des Familienlebens, wie den Großvater (welcher meiner Meinung nach aber etwas zu gruselig aussah...). Weiter gings dann nach Uyuni. Diese kleine Stadt dient als Ausgangspunkt für mehrtägige Ausflüge in die Salar de Uyuni. Wir buchten eine dreitägige Jeep-Tour durch die Salar und Umgebung. Vor tausenden von Jahren war dies ein See, der Salzwasser enthielt. Mit der Entstehung der Anden wurde der See angehoben, und das Salz kristallisierte an der Oberfläche. So entstand eine dicke Kruste, die befahren werden kann. Wenn es regnet, entstehen am Boden Flächen, in denen sich die Wolken und auch einige Foto-schießende Touris spiegeln. Einen Stopp machten wir bei der Isla Incahuasi, eine Insel, die mit Kakteen bewachsen ist. Hat man den höhenbedingt anstrengenden Aufstieg zu dessen höchstem Punkt geschafft, wird klar, wie riesig diese Salzwüste doch ist. Lustig, irgendwie ist die Salar nur eine Wüste, aber trotzdem gibt es Inseln, unter der Kruste befindet sich ja immer noch der See. Deshalb muss unser Fahrer auch genau die Beschaffenheit des Untergrundes kennen, auf dem er mit dem schweren Allradfahrzeug fährt, denn wenn es regnet, ist die Salzkruste an manchen Stellen zu dünn.
Salar de Uyuni Die erste Nacht verbringen wir in einer Unterkunft, die komplett aus Salz besteht: Wände, Stühle, Betten, Tische, alles aus festen Salzsteinen. Die nächsten Tage fahren wir durch die Umgebung, wo es viele Lagunen und Flamingos zu sehen gibt. Auch Lamas und Alpakas können wir beobachten. Am eindrucksvollsten fand ich einen Ausflug zu Geysiren, die wir bei Tagesanbruch zu Gesicht bekamen. Ziemlich mystisch, wenn zwischen den Dampfwolken der zischenden, stinkenden und blubbernden Geysire die Sonne aufgeht. In Uyuni wieder angekommen, geht s auch direkt weiter für Carla und mich: La Paz heißt die nächste Station. Die höchste Großstadt der Welt erreichen wir nach 10 Stunden holpriger Busfahrt. Gerade bei den Bussen fällt uns auf, dass da in Peru schon ein höherer Standard herrscht, auch die Straßen sind besser in Schuss. In La Paz nutzen wir die Zeit, mal in paar Tage zu entspannen. Angenehm, mal ohne Zeitdruck durch die Stadt schlendern zu können, das ein oder andere Museum anzuschauen und sich auf der Straße einen frisch gepressten Orangensaft zu gönnen. Viele Stunden verbrachten wir auch in Artesanias (Kunsthandwerksläden), wo wir Alpakapullis und besonderen Schmuck kauften. Als wir dann nach zwei Nächten morgens früh unausgeschlafen am Busterminal standen (die Tickets hatten wir am Vortag gekauft), wurden wir mal wieder von der Südamerikanischen Spontaneität überrascht: Wegen einer ganz plötzlichen Veranstaltung des bolivianischen Präsidenten, die wohl auch ganze Straßen blockierte, konnten wir nicht abreisen. Also noch eine Nacht in La Paz. Am nächsten Tag gings dann weiter nach Arequipa, Peru, wo wir uns mit unseren Mitfreiwilligen aus Cajamarca, Pia und Philipp, trafen. Abends um elf Uhr angekommen blieben uns nur wenige Stunden Schlaf: Nachts um drei starteten wir nämlich zu einer Wanderung durch den Colca-Canyon. Los gings mit drei Stunden Abstieg ins Tal, was bei mir Knieschmerzen und große Blasen nach sich zog... Dann wanderten wir dort unten noch etwa zwei Stunden entlang, leider in starkem Gewitter. So konnten wir die Landschaft dort zwar nicht in vollen Zügen genießen, aber doch erahnen, wie wunderschön diese bei gutem Wetter doch sein muss. Colca-Canyon
Feigenbäume säumen unseren kleinen Wanderweg, deren süße Früchte uns des öfteren Kraft geben. Doch der anstrengendste Teil stand für den nächsten Tag bevor: Die tausend Höhenmeter, die wir hinuntergegangen sind, mussten wir auch wieder hoch (ohne Frühstück!). Mit Muskelkater vom Vortag, Blasen und dünner Luft keine besonders angenehme Angelegenheit. Nach mehreren Stunden Beinarbeit sind wir endlich oben angekommen: der Ausblick entschädigte dann doch für einiges. Und das Gefühl, den tiefsten Canyon der Welt bezwungen zu haben, ist auch nicht schlecht.total fertig wurden wir im Auto zu heißen Quellen gebracht, um die beanspruchten Muskeln im warmen Wasser zu entspannen- eine sehr sinnvolle Maßnahme. Dennoch schmerzten die Beine am nächsten Tag sehr, und jede Treppe erschien uns wie ein unüberwindbares Hindernis... Dafür hatten wir das Gefühl, wenigstens ein paar Gramm der in Peru zugenommenen Pfunde wieder losgeworden zu sein. Einen weiteren Tag verbrachten wir noch in Arequipa, wo wir uns das Kloster Santa Catalina anschauten. Uns wurde erklärt, wie Novizinnen und Nonnen dort lebten, welche Vorzüge solch ein Leben hatte, aber auch inwieweit Einschränkungen galten. So war es ein Privileg, eine der Töchter im Kloster unterbringen zu können, was nur reichen Familien vorbehalten war. Dort wurde ihr ein sicheres Leben geboten, Schulbildung inklusive. Allerdings war das Verlassen des Klosters nur in besonderen Fällen möglich, und hierfür musste außerdem die Erlaubnis des Bischofs eingeholt werden. Ansonsten war der Kontakt zur Außenwelt sehr eingeschränkt, ein vergittertes Fenster war die einzige Möglichkeit, die Familie zu sehen. So einsam oder langweilig das auch klingt, im Gegensatz zu einer Hochzeit im Kindesalter wohl doch nicht so schlecht... Santa Catalina Nach Arequipa hieß die nächste Station dann Puno, am Titicacasee. Dort kamen wir in einem familiären, wenn auch sehr einfachen Hostel unter. Puno wird in sämtlichen Reiseberichten als nicht beosnders sehenswert beschrieben, wir hatten aber einen guten Eindruck von der Stadt. Gerade das Fest Virgen de la Calendaria stellte einen Höhepunkt unserer gesamten Reise dar. Den ganzen Tag zogen Gruppen durch die Straßen, die traditionelle Darbietungen in Tanz und Musik zeigten. Bunte Röcke flogen umher, in fellige Kostüme eingepackte Männer tanzten um uns herum, dazu lebhafte Panflötenmusik.
Puno stellte auch unseren Ausgangspunkt für einen Ausflug auf die bolivianische Seite des Titicacasees dar. Vom kleinen Örtchen Copacabana nahmen wir dann ein Boot zur Isla del Sol (Sonneninsel). Erste Herausforderung: Die Escaleras del Inka (Inkatreppen). An sich nicht so viele Stufen, aber wieder einmal ist es die Höhe, die uns nach wenigen Schritten schwer atmen lässt. Dann hatten wir aber den größten Berg erstmal geschafft, und von dort aus wandert es sich sehr gut auf dieser kleinen, malerischen Insel. Isla del Sol Oben auf dem Bergkamm entlang, rechts und links vom Wanderweg fällt das Gelände ab zum See, der sich bis zum Horizont zu allen Seiten erstreckt. Gerade nachmittags, wenn die schräg stehende Sonne das Seewasser zum glitzern bringt, scheint dies der schönste Ort auf Erden zu sein. Eine Nacht verbrachten wir noch am Strand von Challapampa, bevor es dann am nächsten Morgen zurück zum Festland und nach Puno ging. Die nächste Busfahrt ging dann zur ehemaligen Inka- Hauptstadt Cusco. Die Inka wählten diesen Ort als Koordinationszentrum ihrer Handlungen aufgrund der strategisch klugen Lage: In der Mitte des Hochlandes gelegen, gings gen Osten und Westen nur bergab. Rund um Cusco, im Heiligen Tal, sind einige Ruinen gelegen, die man besichtigen kann- mit dem Highlight Machu Picchu. Mit Pia besuchte ich die Ruinen Pisac und Ollantaytambo. In Pisac gibt es den größten Friedhof der Inka zu sehen, welcher aus tiefen Löchern in der Felswand besteht. In Ollantaytambo hat mich besonders deren Kühlschrank verwundert: An einer besonders windigen Stelle bauten die Inka Kammern, in denen sie verderbliche Lebensmittel lagerten. In jeder der Stätten, auch in Machu Picchu, finden sich Tempel, die oft auch als Kalender dienten. Stand die Sonne an einer bestimmten Stelle, die speziell gekennzeichnet wurde, so war ein Jahr vergangen. Auch die Bauwerke zeugen von einer großen Portion Intelligenz: die Steine wurden so genau behauen und angepasst, sodass kein Zement benötigt wurde, um die Stabilität der Gebäude zu gewährleisten. Die Inka spalteten die großen Steinbrocken, indem sie Löcher hinein hauten. In diese wurden dann Holzpflöcke gesteckt, welche wiederum gewässert wurden: Das Holz quoll auf, und der Stein brach entzwei. So wurden, mit viel Sorgfalt und schweißtreibender Arbeit, die beeindruckenden Stätten errichtet. So viel Genialität, verbunden mit der gigantischen Landschaft drumherum, lockt natürlich eine Menge Touristen an. Gerade Machu Picchu hat darunter zu leiden: Jährlich sinkt es um einen Centimeter ab, sodass in Zukunft wohl nur noch eine limitierte Anzahl an Besuchern diesen magischen Ort erkunden dürfen. Irgendwann werden wohl gar keine Touristen mehr zugelassen sein. Das gibt so einer Tour dahin auch wieder einen negativen Nachgeschmack... Aber schließlich gibt es auch in Cusco viel zu entdecken. So wurde die berühmte Kathedrale, die die Spanier erbauten, mit Steinen der Inka-Ruine Sacsaywaman errichtet. Mehrere Bauten sind so eine Mischung aus Inka- und Kolonialstil.
Schon etwas erschöpft vom vielen Entdecken und den langen Busfahrten, steuerten wir unser letztes Ziel an: Paracas, am Meer. Vor dessen Küste liegen die Islas Ballestas, die auch Galapagosinseln für Arme genannt werden. Die Inseln dürfen nicht betreten werden, jedoch kommt man mit dem Boot auch schon sehr nah heran. Es gibt dort Seebären zu beobachten, und zwar eine ganze Menge! An den flachen Küstenabschnitten liegen sie zuhauf und grölen sich an. Auch einige Jungtiere konnten wir erblicken, sowie drei Humboldtpinguine und unzählige Vögel. Auf jeden Fall ein lohnenswerter Besuch und guter Abschluss unserer tollen Reise. Jetzt bin ich aber auch wirklich froh, wieder im vertrauten Cajamarca zu sein und mich auf dem schönen Porongo etwas entspannen zu können!