Zur Weihe der Corveyer Abteikirche vor dreihundert Jahren

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Transkript:

Zur Weihe der Corveyer Abteikirche vor dreihundert Jahren Die im Jahr 844 geweihte, schon bald darauf erweiterte Corveyer Abteikirche hatte im Lauf der Jahrhunderte, besonders aber durch die lange Kriegszeit 1618-1648, schwere Schäden erlitten. Im Jahr 1646 heißt es einmal, daß in der Kirche kein Gottesdienst mehr stattfinde aus Furcht vor unvermutetem Einsturz. Eine Beschreibung von 1662 bezeichnet die Kirche als völlig verfallen und teilweise zerstört" (totaliter ruinosa et ex parte destructa). Die Mönche haben lange Zeit im Johannischor ihren Gottesdienst gehalten, was wegen der zeitbedingt geringen Stärke des Konvents auch keine Schwierigkeiten gemacht hat. Doch bei zunehmender Normalisierung der Verhältnisse und allmählichem Anwachsen der Mönchszahl mußte man doch ernsthaft an einen Neubau der Kirche denken. Als im Jahr 1662 der Münstersche Bischof Christoph Bernhard von Galen zum Administrator der Abtei Corvey gewählt wurde, vereinbarte man in der vorher abgeschlossenen Wahlkapitulation, daß der Bischof die Einkünfte aus den Lehnsgütern zum Neubau der baufälligen Kirche ansparen bzw. verwenden solle. Die Planung trat nun bald in ein akutes Stadium, seit 1664 liegen mehrere Vorschläge für den Neubau vor, die allerdings nicht zur Ausführung kamen. Allen von verschiedenen Architekten gelieferten Entwürfen ist gemeinsam, daß immer eine Saalkirche geplant wurde, zuweilen mit sehr weiten Gewölben. Ein Plan des in Diensten des Corveyer Administrators stehenden Ingenieurs Bernhard Spöde sah für die Kirche von über 120 Fuß Länge nur drei Joche vor, zwei für das Langhaus und eins für den Chor. Obwohl dieser Entwurf einen Vermerk vom 14. Februar 1667 trägt, daß die Kirche nach ihm gebaut werden solle, hat er nichts mit dem heutigen Bau zu tun. Von den insgesamt fünf heute noch vorliegenden Plänen für den Neubau stammen allein drei von dem Hildesheimer Kapuzinerpater Polykarp. Zwei davon, die er bereits im Jahr 1664 anfertigte, wurden später verworfen, doch der dritte vom 3. Januar 1667 zeigt weitgehende Übereinstimmung mit dem jetzigen Bau, wenn er ihm auch nicht genau entspricht. Man kann aber, kombiniert mit der Interpretation der Bauverträge, den Beweis erbringen, daß der heutige Kirchenbau auf den Entwurf von 1667 zurückgeht, daß also Pater Polykarp tatsächlich der Architekt der Kirche ist. Der Plan von 1667 sieht für das Langhaus vier Joche mit nach innen gestellten Strebepfeilern vor, während an dem dreijochigen, um eine Mauerstärke

eingezogenen Chor die Strebepfeiler außen angebracht sind. Der Chorabschluß wird durch drei Seiten eines Achtecks gebildet. Der erste Kontrakt mit dem Baumeister Nikolaus Dentel vom 30. November 1666 gibt die Länge der Kirche mit 126 Fuß an, das entspricht genau dem Plan des Paters Polykarp, wonach das Langhaus 66 und der Chor 60 Fuß lang sind. Da aber im Kontrakt nur 12 Strebepfeiler genannt werden statt der sechzehn des Planes, muß dieser insofern geändert worden sein, als bei gleicher Länge je ein Joch wegfiel, daß also das Langhaus dreijochig, der Chor zweijochig gebaut werden sollten. Durch die Ausmaße der Kirche bedingt, stieß der Chor an das Schlafhaus der Mönche an, so daß dort laut Kontrakt nur drei Fenster vorgesehen waren (außer den sechs Fenstern im Langhaus). Ihre Breite von acht Fuß entspricht ebenfalls genau dem Plan, die Höhe von 24 Fuß läßt sich am Grundriß naturgemäß nicht nachweisen. Die Fenster sollten durch zwei Mittelpfosten unterteilt werden und oben ein zierliches Gespreng" zeigen, die gotische Gestaltung war also von Anfang an vorgesehen. Durch einen Zusatzkontrakt vom 4. Juni 1667 wurde eine den Chor betreffende Änderung vereinbart. Er wurde um ein ganzes Joch (27 Fuß) verlängert, erhielt damit den heutigen Zustand von drei Jochen. Weiterhin wurde aus Gründen der Feuersgefahr bestimmt, den Chor nicht direkt mit dem Schlafhaus unter einem gemeinsamen Dach zu verbinden, sondern einen niedrigeren Zugang mit einem Gewölbe zum Schlafhaus zu bauen. Dadurch war eine bessere Beleuchtung des Chores möglich mit je zwei hohen Fenstern auf beiden Seiten im 1. und 3. Joch, während im mittleren Joch ein hoch gelegenes rundes Fenster angebracht werden sollte. Außerdem wurde der Chorabschluß vergrößert, es sollte ein in sechs Ecken gebrochener Stern" werden, heute ist es ein 5/8-Schluß. Dort waren 5 hohe schmale Fenster geplant mit einem Mittelpfosten sowie 5 Strebepfeiler. Durch den späteren Bau der Benediktkapelle durch Abt Maximilian ist die Situation dort geändert worden. Der Bau war nun auf 153 Fuß Länge erweitert. Damit erreichte er fast genau die Länge der mittelalterlichen Kirche. Weil auf der Nordseite zum Schlafhaus hin nicht genügend Platz für eine Sakristei war, wurde diese im mittleren Chorjoch nach Süden geplant, ist aber offenbar nicht ausgeführt worden. Bei der Erneuerung des Putzes konnte man deutlich an dieser Stelle eine zugemauerte Türöffnung erkennen. Durch diese Darlegung ist die Urheberschaft des Paters Polykarp wohl genügend nachgewiesen. Glücklicherweise sind uns einige Nachrichten zum Leben dieses Architekten erhalten geblieben. Er war etwa 1601 in Münster geboren, trat 1624 in den Kapuzinerorden ein und feierte am Neujahrsfest 1630

in Frankfurt seine Primiz. Das 50-jährige Ordens- und Priesterjubiläum war ihm zu begehen vergönnt, am 23. Januar 1683 starb er in Hildesheim. Er war mehrfach in verschiedenen Klöstern seines Ordens als Novizenmeister, Superior oder Guardian tätig, auch als Fabricarius", d.h. daß ihm zeitweilig die Bauleitung innerhalb der Ordensprovinz unterstand. In seinem Nachruf heißt es, er habe eine nicht gewöhnliche Erfahrung in der Architektur" (Architecturae haud vulgarem peritiam habuit) gehabt. Seine Tätigkeit für Corvey wird leider nicht erwähnt, nur Kapuzinerklöster werden aufgezählt, in denen er Bauten errichtet hat, so in Xanten, Bingen, Engelberg, Brakel, und vor allem Hildesheim. Fast alle erwähnten Bauten sind später durch Neubauten ersetzt oder im letzten Krieg zerstört worden (Hildesheim), so daß wir uns keine Vorstellung mehr von der Kunst des Paters Polykarp machen können. Wir dürfen ihn aber ohne weiteres in die Reihe der schon bekannten Kapuzinerarchitekten wie Ambrosius von Oelde, Bonitius von Trier oder Michael von Gent einfügen. Der Neubau der Corveyer Kirche begann im März 1667, am 18. November wurde feierlich der Grundstein gelegt, wobei Abt Ambrosius Langen von Marienmünster die Pontifikalhandlungen vornahm. Die silberne Platte des Grundsteins mit dem Namen des Bauherren ist durch einen glücklichen Zufall wieder gefunden worden. Die Bauausführung lag, wie die Kontrakte vom 30. November 1666, 2. April und 4. Juni 1667 zeigen, bei dem aus Oberdeutschland stammenden Nikolaus Dentel. Sein Meisterknecht, der ständig in Corvey anwesend war und die Abrechnungen geführt hat, war ebenfalls ein Bayer oder Tiroler namens Wolfgang Huber. Nach deren Weggang schloß der Maurer Hans Lorenz Linten am 23. April 1671 einen Vertrag ab, um den Kirchenbau zu vollenden. Zu dieser Zeit muß der Bau schon weit fortgeschritten sein, denn vom 29. Juli 1671 ist die Nachricht überliefert, daß der letzte Gewölbestein feierlich gesetzt wurde. Nach Fertigstellung des Rohbaus beschafften die Mönche in den folgenden Jahren die Innenausstattung. Vom 27. Februar 1674 stammt der Vertrag mit dem Bildhauer Johannes Sasse aus Attendorn, der für 1200 Taler den Hochaltar, zwei Nebenaltäre und das Chorgestühl zu liefern hatte nach den Entwürfen des Paderborner Malers Johann Georg Rudolphi. Dem Bildhauer wurde eine Frist von höchstens vier Jahren gestellt, er durfte auch vor Beendigung seiner Arbeit keine neuen Aufträge annehmen. Am 28. März 1674 begann Sasse seine Arbeit mit dem Hochaltar, nach drei

Jahren quittierte er bereits die gesamte ihm vertraglich zustehende Entlöhnung am 16. März 1677. Der Hochaltar ist auf das Jahr 1675 datiert und zeigt über dem Altarbild das Wappen des Administrators Christoph Bernhard von Galen, der die Kosten für den Neubau der Kirche großenteils aufgebracht hat. Bereits am 10. Dezember 1674 wurde ein Vertrag mit dem Maler Anton Spliethoven aus Beckum abgeschlossen, den den Hochaltar zu illuminieren hatte. Er sollte bei eigener Gestellung der Farben und Materialien dafür 525 Taler erhalten, am 22. August 1676 bewilligte man ihm einen Nachschuß von 125 Talern. Am 12. September 1676 wurde der Vergoldung des Hochaltars die letzte Hand angelegt". Wer die Kanzel und das Vitusmonument gearbeitet hat, geht aus den Akten nicht hervor. Am ehesten kommt dafür der Bildhauer Thomas Frede in Frage, der sich nach dem Weggang seines Meisters Sasse in Höxter niedergelassen hatte. Ehemalige Reichsabtei Corvey - Blick auf den Hauptaltar der Kirche zeigen sie eine ganz andersartige farbige Fassung. Auch über den Meister der Beichtstühle, der Kirchenbänke und des großen Schrankes (mit dem Wappen von Abt Florenz) sagen die Akten nichts. Diese Ausstattungsstücke sind wesentlich jünger als die Arbeiten von Sasse, auch Die Fassung der Nebenaltäre stammt ebenfalls von Anton Soliethoven. Er berechnete im Jahr 1680 für jeden Altar 260 Taler, insgesamt also 520 Taler. Die Altarbilder werden der Kunst des Johann Georg Rudolphi verdankt. Im linken Altar ist die Verkündigung zu sehen, im rechten die Kreuzigung Christi, diese datiert und signiert 1682. Über beiden Altären ist das Wappen des Paderborner Bischofs Ferdinand von Fürstenberg angebracht, doch ist er nicht der Stifter im eigentlichen Sinn. Sein Zuschuß in Höhe von 450 Talern wurde für die Fassung der Altäre verwendet. Das letzte große Ausstattungsstück ist die Orgel von Andreas Schneidau, der Vertrag mit ihm datiert vom 12. Februar 1681. Die große Springladenorgel mit 32 Registern gehört zu den bedeutendsten Instrumenten im östlichen

Westfalen. Der bildhauerische Schmuck kann teilweise von Thomas Frede sein, ganz sicher hat aber auch Heinrich Papen aus Giershagen an der Orgel gearbeitet, am 9. März 1684 erhielt er 40 Taler, am 30. März noch einmal 25 Taler. Erst als die Orgel fertiggestellt war, erfolgte die feierliche Kirchweihe, doch waren provisorische Weihen schon vorausgegangen. Der Corveyer Prior Nicolaus von Zitzewitz hatte bereits am Ostersamstag des Jahres 1674 (24. März) die Kirche benediziert. Der gleiche Prior weihte am 26. April 1676 (Sonntag Jubilate) die beiden Nebenaltäre, und zwar den linken zu Ehren der Muttergottes, den rechten zur Ehre der Corveyer Nebenpatrone Justinus, Mercurius und Martinus. Die provisorischen Weihen sind verständlich, denn die Mönche wollten möglichst bald in ihrer neuen Kirche ihren Gottesdienst feiern. Bereits am 16. Juli 1683 hatte Abt Christoph von Bellinghausen von dem Apostolischen Nuntius in Köln Ercole Visconti, Erzbischof von Damiette, die Vollmacht erhalten Kirchen zu weihen (am 1. August war die Weihe in Bödexen). Am 11. November, dem Fest des hl. Martinus, erfolgte die feierliche Weihe der neuen Abteikirche und des Hochaltars, nachdem sich die Mönche am Vortag mit Fasten und Gebet darauf vorbereitet hatten. Im Hochaltar, der den Hauptpatronen Stephanus und Vitus gewidmet ist, wurden Reliquien der hl. Vitus, Justinus, Mercurius, Sebastian und Justus beigesetzt. Die Zeremonie dauerte bis gegen 12 Uhr. Die Berichte der Zeit überliefern uns die wichtige Nachricht, daß am Martinstag auch die Kirchweihe der mittelalterlichen Kirche gefeiert wurde. Man kann daraus schließen, daß der hl. Martin in der Frühzeit des Klosters eine wichtige Rolle gespielt hat. Vielleicht war er tatsächlich, wie ein Bericht aus dem 17. Jahrhundert behauptet, Patron der Klosterkirche in Hethis, bevor im Jahr 822 Ludwig der Fromme anläßlich der Verlegung an die Weser Reliquien des hl. Stephanus schenkte. Somit war am 11. November 1683, genau vor 300 Jahren, der Corveyer Abteikirche, die eine der bedeutendsten Barockkirchen in Westfalen darstellt, zum Abschluß der Bauarbeiten und zur Vollendung der inneren Einrichtung die Weihe erteilt worden, die den Bau erst zum Gotteshaus erhob. Der vielfältige Segen, den diese Kirche den Bewohnern des Corveyer Landes gebracht hat, sollte uns mit freudiger Dankbarkeit erfüllen. Dr. Brüning