Annegret-Cl. Agricola Demand Side Management (DSM) in Deutschland Potenziale und Märkte. 27.09.2011, Berlin 1
Übersicht zum Inhalt. Definition Demand-Side-Management Technologien und Potenziale Rahmenbedingungen für Demand-Side-Management DSM-Märkte (Anwendungsmöglichkeiten) Fazit 2
Demand-Side-Management (DSM). Definition: DSM ist die zeitliche Steuerung der Stromnachfrage Ziel: Glättung der Residuallastkurve Bereitstellung von Regelenergie (Netzstabilisierung) Glättung des Tageslastverlaufs (gleichmäßige Kraftwerksauslastung) Reduzierung der Jahreshöchstlast (geringere gesicherte Leistung nötig) Beitrag zur zeitlichen Entkoppelung von Erzeugung und Nachfrage Beitrag zur Flexibilisierung des Stromsystems / Reduktion des Energiespeicherbedarfs Demand-Side-Management soll zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Integration erneuerbarer Energien und damit zu einer sicheren, ökonomischen und ökologischen Energieversorgung leisten. 3
Formen des Demand-Side-Managements. Verschiebung des Verbrauchs zu Schwachlastzeiten Zeitliche Anpassung des Verbrauchs Reduzierung des Verbrauchs zu Spitzenlastzeiten Anreiz zur Leistungsbegrenzung Erhöhung des Verbrauchs zu Schwachlastzeiten Verbrauchserhöhung (kritisch!) Kurzfristige Änderung der Lastkurve kleine Änderungen zur Netzstabilisierung 4
Stromverbrauch in Deutschland. Industrie und Gewerbe haben den größten Anteil am Gesamtstromverbrauch und zudem die größten Einzellasten. Bildquelle: Martin Stötzer, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg 5
Technologien zur Lastverlagerung (Beispiele). Haushalte: Kühl- u. Gefriergeräte, elektrische Warmwasserbereitung, Waschmaschine, Wäschetrockner, Geschirrspüler, Elektromobilität). Gebäude (Nicht-Wohngebäude / Wohngebäude): Wärmepumpen, Heizungspumpen, Klimatisierung/RLT-Systeme, Nachtspeicherheizungen). Industrie (Einzelprozesse): Chloralkalielektrolyse, Zementherstellung, Schmelzflusselektrolyse (Aluminium), Stoffaufbereitung in der Papierindustrie, Elektrostahlproduktion Industrie & Gewerbe (Querschnittstechnologien): Druckluftsysteme, Prozesswärme, Klima/Kältesysteme, Beleuchtung, Informations- und Kommunikationstechnik Kommunale Einrichtungen: Zeitliche Verlagerung der Nutzung von Querschnittstechnologien beispielsweise in Abwasserreinigungsanlagen, Schwimmbädern etc. Quelle: dena-netzstudie II, 2010. 6
Flexibilisierungsoption gemäß dena-netzstudie II: Demand-Side-Management. Technisches Potenzial Wirtschaftliches Potenzial Nutzbarmachung durch geänderte Rahmenbedingungen (Modell) Quelle: dena-netzstudie II, 2010. 7
dena-netzstudie II: Potenziale für Lastmanagement. Es besteht ein technisches Potenzial von 15 GW zur Verlagerung von Lasten auf der Nachfrageseite (Unternehmen/Haushalte) bis 2020. Wirtschaftlich können unter heutigen Rahmenbedingungen 2 GW vor allem im Bereich der industriellen Prozesse (z. B. Chloralkalielektrolyse) bis 2020 erschlossen werden. Bei veränderten Rahmenbedingungen (z. B. Roll-out Smart Meter) könnte ein wirtschaftliches Lastverschiebepotenzial in Höhe 6,5 GW bis 2020 erschlossen werden. Weitere Untersuchungen von Potenzialen unter anderem in der VDE ETG Task Force Demand Side Management 8
Rechtliche Rahmenbedingungen. Angebot lastvariabler Tarife gemäß 40 EnWG Energieversorgungsunternehmen sind verpflichtet den Verbrauchern seit dem 30.12.2010 last- oder tageszeitabhängige Tarif anbieten. Einführung von Smart Meter gemäß 21c EnWG bei Neubauten und im Rahmen von größeren Renovierungen bei einem Jahresverbrauch größer als 6.000 kwh bei Betreibern von Neuanlagen nach dem EEG oder dem KWKG mit einer installierten Leistung von mehr als 7 KW Maßnahmen zur Netzstabilisierung gemäß 13 und 14 EnWG Verstärkte Nutzung von steuerbaren Lasten im Rahmen der marktbezogenen Maßnahmen Standardlastprofil (SLP) Derzeit (noch) Stromversorgung nach SLP durch Lieferanten bei Kunden ohne registrierende Leistungsmessung (auch bei Smart-Meter-Anwendung) 9
Formen des Lastmanagements. Zentrales Lastmanagement Funktionsweise Zentrale Steuerung der Nachfrage via Rundsteueranlagen, Internet oder GSM Anwendungen Wärme-, Kälte- und Druckluftanwendungen Anwendungen mit Zwischenspeicher: Pumpen, Mühlen. Perspektivisch: Elektrofahrzeuge Voraussetzungen Automatisierte Ansteuerung von Lasten Aggregation von Anlagen in Pools Lokales/betriebliches Lastmanagement Funktionsweise Individuelle Reaktion auf Preissignale Großflächige ungesteuerte Reaktion auf Preissignale Anwendungen Anpassung der individuellen Last zur Reduktion von Lastspitzen zur Reduktion der Kosten für bezogene Leistungen Vermeidung von Strombezug in Hochpreiszeiten Voraussetzungen Darstellung von Preissignalen auf Smart Metern und variable Tarife Registrierende Lastgangmessung 10
Übersicht DSM-Märkte (Anwendungsmöglichkeiten). Individuelle Spitzenlastreduktion Zentrales Lastmanagement Reduktion der bezogenen Maximalleistung. Spotmarkt/Intraday Handel von Fahrplanenergie am Strommarkt. Variable Tarife Ausgleich von Bilanzkreisungleichgewichten Reduktion der Ausgleichsenergiekosten. Angebot von Regelenergie Vermarktung von Lasten auf dem Reservemarkt. Stabilität / Engpassmanagement im Stromnetz Steuerung von Lasten durch die Netzbetreiber. Lokales Lastmanagement 11
Individuelle Spitzenlastreduktion. Reduktion der Strombezugskosten ¼ -stündliche registrierende Leistungsmessung ab einem jährlichen Verbrauch von100.000 kwh. Leistungspreis der Netznutzungsentgelte und der Stromversorgung ist abhängig von dem maximalen Leistungsbezug in einer ¼-Stunde. Vorgehen und Voraussetzungen Im Energiemanagementsysteme können Maßnahmen zur Begrenzung der Leistung identifiziert werden Maximumwächter mit Spitzenlastabschaltung Organisatorische Maßnahmen (gestaffelte Nutzung von Verbrauchern) Lokales Lastmanagement zur Spitzenlastreduktion reduziert die individuellen Kosten des Strombezugs steht aber nicht im direktem Bezug zur aktuellen Entwicklung im Stromversorgungssystem (Flexibilisierungsanforderungen). 12
Ausgleich von Bilanzkreisungleichgewichten. Steuerbare Lasten zum Ausgleich von Bilanzkreisungleichgewichten Reduktion des Ausgleichsenergiebezugs vom ÜNB Verringerung der Kosten für die Direktvermarktung von EEG-Strom Vorgehen und Voraussetzungen Zentrales Lastmanagement Poolung von Lasten Hohe Leistungsbandbreite der Pools gefordert Häufiger Einsatz der Lasten, da kontinuierlich Bilanzkreisungleichgewichte auftreten Reduktion der individuellen Ausgleichsenergiekosten der Bilanzkreise. Verringerung der Kosten für die Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien, aber nicht zwangsläufig im gesamten Stromsystem. 13
Bereitstellung von Regelenergie. Steuerbare Lasten zum Ausgleich des Regelzonensaldos Derzeit lediglich Anbieter von Minutenreserve Perspektivisch auch Angebot von Sekundärreserve Vorgehen und Voraussetzungen Zentrales Lastmanagement Pooling kleinerer Anlagen zur Erreichung der Mindestgrößen (hohe Verfügbarkeiten gefordert) Vergütung im Wesentlichen über Leistungspreise mit geringen Abrufen Zukünftig sind steuerbare Lasten verstärkt für die Regelenergiebereitstellung zu nutzen, um die konventionelle Mindestleistung in einem Stromversorgungssystem mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien zu reduzieren. 14
Reaktion auf Preisentwicklungen Spotmarkt. Ausnutzung von Preisunterschieden am Spotmarkt mit steuerbaren Lasten Preisdifferenzen von über 50 /MWh zwischen einzelnen Stunden Verzicht oder Verlagerung des Strombezugs Vorgehen und Voraussetzungen Technische Einrichtungen, um aktuelle Tarifinformationen und Preisprognosen für die Stromverbraucher verfügbar zu machen Lastvariable Tarife erforderlich Automatisierte oder manuelle Steuerung Informationen über die Einspeisungen erneuerbarer Energien sind im Spotmarktpreis enthalten. Durch die Reaktion auf das Preissignal orientiert sich die Nachfrage an der Erzeugungssituation im Stromsystem. /MWh 140 120 100 80 60 40 20 0 00:00 02:00 04:00 06:00 08:00 10:00 12:00 14:00 16:00 18:00 Mittwoch, 15. Dezember 2010 20:00 22:00 Quelle: EPEX-Spot 15
Netzstabilisierung. Stabilisierung des Übertragungsnetzes Steuerbare Lasten sollen im Rahmen marktbasierter Maßnahmen zur Stabilisierung des Stromübertragungsnetzes eingesetzt werden Vorgehen und Voraussetzungen Verträge dürfen eine maximale Dauer von einem Jahr haben Die Vergütung für die abschaltbaren Lasten darf nicht die anteilig verhinderten potenziellen Kosten von Versorgungsunterbrechungen für den ÜNB übersteigen Mindestlastgröße von 50 Megawatt Aufgrund der Verzögerungen beim Netzausbau sind verstärkt Eingriffe der ÜNB in das Stromübertragungssystem erforderlich. Steuerbare Lasten können ein kosteneffizientes Instrument zur Stabilisierung des Netzes sein. 16
Fazit. Demand-Side-Management kann einen Beitrag zur Flexibilisierung des Stromsystems mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien leisten. Es sind relevante DSM-Potenziale, insbesondere im gewerblichen und industriellen Sektor, vorhanden. Der fortschreitende IKT-Ausbau (Smart Meter, Regel- und Steuertechniken, IKT-basierte Energiemanagementsysteme etc.) trägt zur Erschließung von DSM-Potenzialen bei. Es sind vielfältige Märkte vorhanden, die grundsätzlich zur Erschließung von DSM-Potenziale genutzt werden können. Allerdings teilweise nicht mit der Zielsetzung der Integration von erneuerbarer Energien. Demand-Side-Management als Flexibilierungsbaustein erschließen: Informationsangebote insbesondere für gewerbliche Unternehmen Markteintritt neuer Akteure zur Aggregation und Vermarktung der Lasten marktbasierte Preissignale sind ein wichtiger Hebel eine Verknüpfung mit Energieeffizienzzielen ist erforderlich 17
Effizienz entscheidet. Vielen Dank. 18